Auftrag_277_150dpi.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten
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GESELLSCHAFT NAH UND FERN<br />
– Fehlende Sinn- und Lebensorientierung:<br />
das Beispiel Abtreibung<br />
– Sicherheitsmängel.<br />
These dieses Beitrages ist, dass<br />
alle sechs Konfliktebenen schon in<br />
der Ära der Apartheid und auch unter<br />
Präsident Mandela latent vorhanden<br />
waren. Aufgrund der politischen<br />
Spannungen um den neuen ANC-<br />
Führer und Präsidenten Südafrikas<br />
Zuma und aufgrund einer Verschärfung<br />
der internationalen Konfliktlagen<br />
und der Weltwirtschaft kommt<br />
Südafrika unter politischen Druck<br />
und die sechs Konfliktebenen werden<br />
wirkungsmächtiger.<br />
Hinzu kommt eine ausschnitthafte,<br />
deutsche Wahrnehmung vom<br />
südlichen Afrika. Die Medien berichten<br />
über Afrika nur bei dramatischen<br />
Ereignissen, wie den politischen<br />
Zuspitzungen in Zimbabwe<br />
um Präsident Mugabe und der dortigen<br />
Cholera-Epidemie. Viele Wahrnehmungen<br />
von Deutschen reduzieren<br />
sich auf zwei- oder dreiwöchigen<br />
Reisen im südlichen Afrika, die oft<br />
nur in isoliert gelegenen Safari-Unterkünften<br />
und bestens von der südafrikanischen<br />
Alltagswirklichkeit abgeschirmten<br />
Hotelghettos gesammelt<br />
werden. Die Masse der Deutschen<br />
kennt weder den tagtäglichen Überlebenskampf<br />
der Menschen in Afrika<br />
noch in Südafrika. Dies stellt sich<br />
etwa in Großbritannien anders dar:<br />
die Medienpräsenz und der persönliche<br />
Kontakt mit Afrikanern – nicht<br />
zuletzt durch die hohe Zahl von Gastarbeitern<br />
aus Commonwealth-Staaten<br />
– ist dort eine ganz andere.<br />
Korruption und Parteistreitigkeiten<br />
des ANC<br />
Parteistreitigkeiten und Richtungskämpfe<br />
innerhalb des ANC hat es<br />
immer gegeben. Erinnert sei nur an<br />
die unglückliche Rolle von Mandelas<br />
einstiger Ehefrau Winnie, der langjährigen<br />
Führerin der Frauen-Liga des<br />
ANC. Winnie Mandela konnte nachgewiesen<br />
werden, dass sie westliche<br />
Hilfsgelder für ihre Privathäuser in<br />
Soweto abgezweigt hatte.<br />
In so weit stellte es nichts Neues<br />
dar, dass das ANC-Mitglied Jacob<br />
Zuma der Korruption beschuldigt wurde.<br />
Korruption stellt sich als Grundübel<br />
in nahezu allen afrikanischen<br />
Staaten dar, welches teilweise noch<br />
AUFTRAG <strong>277</strong> • MÄRZ 2010<br />
aus der Kolonialzeit stammt. Heute<br />
wissen wir aus Veröffentlichungen des<br />
Kapstädter Instituts für Sicherheitsstudien,<br />
dass das Apartheid-Regime<br />
in Südafrika ebenfalls korrupt war,<br />
jedoch in einem anderen Verständnis<br />
als jenes von der persönlichen Bereicherung<br />
durch Einzelne. So sind in<br />
den vergangenen vier Jahren geheime<br />
Fonds der Apartheid-Regierung in<br />
einem Umfang von 3,5 Mrd Franken<br />
(Wert 2005) bekannt und nachgewiesen<br />
worden. Aufgrund der weltweiten<br />
Sanktionspolitik gegen das damalige<br />
Apartheid-Regime wurden Wege<br />
gesucht und gefunden, um auf dem<br />
Schwarzmarkt Öl, Waffen und technisches<br />
Gerät zu erwerben – auch zur<br />
nuklearen Rüstung.<br />
Im Falle Zumas ging es aber nur<br />
oberflächlich um den Vorwurf der Korruption,<br />
sondern um einen Richtungskampf<br />
zwischen Zuma und Thabo<br />
Mbeki. Während Mbeki für ein Wirtschaftssystem<br />
im Sinne einer Sozialer<br />
Marktwirtschaft à la Ludwig Erhard<br />
stand, welches sich zudem seit fast<br />
fünfzehn Jahren bewährte, verkörpert<br />
Zuma den eher sozialistisch orientierten<br />
Zweig des ANC mit seinen Vorstellungen<br />
einer Staats- und Planwirtschaft.<br />
Parteiintern kann sich Zuma<br />
im Dezember 2007 als Vorsitzender<br />
des ANC gegen Mbeki durchsetzen.<br />
Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft<br />
von Pietermaritzburg vom Dezember<br />
2007, Zuma strafrechtlich wegen<br />
Korruption, Geldwäsche, Betrug<br />
und Erpressung zu verfolgen, stellt<br />
sich politisch nur als eine Etappenentscheidung<br />
dar. Mbeki steht in Verdacht,<br />
hinter dem Korruptionsverfahren<br />
gegen Zuma zu stehen oder politisch<br />
auf dieses Verfahren Einfluss<br />
genommen zu haben.<br />
Im September 2008 erklärte ein<br />
Gericht in Pietermaritzburg die Entscheidung<br />
vom Dezember 2007 wegen<br />
Verfahrensfehlern für „null und<br />
nichtig“. Auf politischer Ebene gerät<br />
Südafrikas Wirtschaft immer mehr in<br />
eine Schieflage, da es als Lieferant<br />
von Rohstoffen und Automobilzulieferer<br />
vom US-Absatzmarkt abhängig<br />
ist. Als diese im Zuge der weltweiten<br />
Banken- und Finanzkrise, die immer<br />
stärker zu einer Krise der Automobilwirtschaft<br />
aufwächst, zu massiven<br />
Einbrüchen in Südafrikas Wirtschaft<br />
führt, werden politische Rufe nach<br />
einer staatlich gelenkten Wirtschaft<br />
Südafrikas lauter und Mbeki gerät in<br />
wachsendem Maße unter politischen<br />
Druck. Schließlich muss Mbeki, dessen<br />
Mandat als Staatspräsident eigentlich<br />
noch bis Mitte 2009 laufen sollte,<br />
zugunsten von Zuma im September<br />
2008 aufgeben. Insgesamt gesehen<br />
haben sich seither planwirtschaftliche<br />
Entscheidungen der südafrikanischen<br />
Regierung gehäuft, etwa bei<br />
dem Ausbau des Wohnungsbaus und<br />
des Gesundheitswesens.<br />
Problem Wanderarbeiter<br />
Wanderarbeiter haben im südlichen<br />
Afrika eine lange Tradition<br />
und ihr Einsatz in Südafrika war<br />
stets mit Problemen verknüpft. Schon<br />
um 1860 erachteten es die Behörden<br />
der damaligen Vorgängerstaaten Südafrikas<br />
für notwendig, den Zufluss<br />
schwarzer Wanderarbeiter gesetzlich<br />
zu regeln. Während die Wanderarbeit<br />
bei den Männern zu Beginn landwirtschaftlichen<br />
Beschäftigungen galt<br />
und deshalb saisonal blieb, gab es ab<br />
ca. 1890 eine vermehrte Nachfrage<br />
nach körperlich starken und tüchtigen<br />
Schwarzen aus Südafrikas Industrie<br />
für einfache Arbeiten. Aus den<br />
Gebieten des heutigen Namibia und<br />
Simbabwe sowie aus Botsuana, Lesotho<br />
und Mozambik strömten schwarze<br />
Wanderarbeiter in Südafrikas Minen<br />
und Fabriken. Die Wanderarbeiter<br />
nahmen vor allem Arbeiten wahr, die<br />
südafrikanische Schwarze nicht machen<br />
wollten – und dies blieb so bis<br />
etwa 1994. Seit Anfang der achtziger<br />
Jahre sank die Rentabilität der Gruben<br />
drastisch, vor allem der Goldminen.<br />
Unter der neuen ANC-geführten<br />
Regierung Südafrikas bestand eine<br />
Präferenz für einheimische Arbeitskräfte<br />
in Südafrika, auch wenn diese<br />
nicht immer so leistungsstark wie<br />
die Wanderarbeiter waren. Diese Entwicklung<br />
sei in Zahlen beispielhaft an<br />
Lesotho verdeutlicht: 1976 hatte fast<br />
jeder männliche Bürger Lesothos in<br />
der Altersgruppe von 20-54 Jahren<br />
eine Anstellung in den Gruben Südafrikas,<br />
während es 1986 nur noch 38<br />
Prozent und im Jahr 2000 nur noch 15<br />
Prozent waren.<br />
Hinzu kommt, dass die Wanderarbeiter<br />
oftmals unter schlechteren<br />
Arbeitsbedingungen wie ihre südafrikanischen<br />
Kollegen arbeiten, was<br />
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