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Auftrag_277_150dpi.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

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GESELLSCHAFT NAH UND FERN<br />

zu machen. Als Seelsorger hat er sich<br />

von Anfang an mit den posttraumatischen<br />

Belastungsstörungen (PTBS)<br />

der Afghanistan-Heimkehrer befasst.<br />

Bereits in einer Presseerklärung der<br />

EKD vom 08./09. März des Jahres<br />

hat er von der deutschen Öffentlichkeit<br />

gefordert, dieses Problem mehr<br />

zu diskutieren. Die <strong>Soldaten</strong> seien ja<br />

nicht auf eigenen Wunsch in Afghanistan.<br />

Deshalb könne man nicht von<br />

einem ‚normalen‘ Berufsrisiko sprechen,<br />

wenn Bundeswehr-Angehörige<br />

traumatisiert oder körperlich versehrt<br />

zurückkehrten.<br />

In seinem Kurzbericht an die<br />

EKD-Synode vom September 2009<br />

schreibt er ungeschminkt über seine<br />

Eindrücke: „<strong>Soldaten</strong> bemängelten,<br />

dass die politisch Verantwortlichen<br />

die Ziele des Einsatzes nicht präzise<br />

genug bestimmt hätten und dass nicht<br />

zu erkennen sei, wann und wie der<br />

militärische Einsatz beendet werden<br />

könnte. Irritierend war ein Gespräch<br />

mit Vertretern ziviler Hilfsorganisationen,<br />

die am Aufbau Afghanistans<br />

beteiligt sind. Nicht nur ich hatte den<br />

Eindruck, dass die Arbeit dieser zivilen<br />

Kräfte viel zu wenig koordiniert<br />

ist. Unsere Soldatinnen und <strong>Soldaten</strong><br />

riskieren in den Einsätzen, in die der<br />

Deutsche Bundestag sie geschickt hat,<br />

ihre Partnerschaften, ihre körperliche<br />

und seelische Gesundheit, ja ihr Leben.“<br />

(S.2 des Berichtes)<br />

Der Militärbischof resumiert<br />

dann: „In der öffentlichen Diskussion<br />

über das militärische Engagement der<br />

Bundesrepublik Deutschland kommt<br />

bisher die Rolle der zivilen Akteure<br />

deutlich zu kurz. Eine militärische<br />

Intervention hat aber nur dann Sinn,<br />

wenn sie mit zivilem Engagement verbunden<br />

wird.“( Er beruft sich dabei<br />

auf die Friedensdenkschrift der EKD<br />

von 2007, in der der Vorrang ziviler<br />

Konfliktlösung vor dem Gebrauch militärischer<br />

Zwangsmittel unmissverständlich<br />

betont wird).<br />

Nach dem folgenreichen Luftangriff<br />

auf zwei von den Taliban entführte<br />

Tanklaster hat der Militärbischof<br />

eine Vorverurteilung des betroffenen<br />

Oberst Klein abgelehnt, aber auch<br />

eine rasche Untersuchung des Vorfalls<br />

gefordert. Er sagte am 6. November<br />

2009, im Gebiet der Bundeswehr<br />

herrsche Ausnahmezustand. Kriegerische<br />

Auseinandersetzungen seien<br />

AUFTRAG <strong>277</strong> • MÄRZ 2010<br />

immer unübersichtlich, dabei passierten<br />

auch Fehler. Das sei jedoch<br />

keine Entschuldigung für ein Fehlverhalten.<br />

Er sagte weiter, dass nach<br />

der Friedensdenkschrift der EKD der<br />

Einsatz „rechtserhaltender Gewalt“<br />

nur in ganz engen Grenzen möglich<br />

sei. „Dazu gehört unter anderem, dass<br />

der Gewaltgebrauch an ein Gesamtkonzept<br />

gebunden ist.” An einem solchen<br />

stimmigen und umsetzbaren Gesamtkonzept<br />

für den zivilen Aufbau im<br />

Lande fehle es aber weiterhin. Einen<br />

schnellen, überhasteten Abzug der<br />

Bundeswehr lehnte er ab.<br />

Der Friedensbeauftragte der EKD<br />

Der Friedensbeauftragte der<br />

EKD, Renke Brahms, erläuterte in<br />

einem ausführlichen Beitrag im Rheinischen<br />

Merkur vom 17. September<br />

2009 seine grundsätzliche Position<br />

zu Afghanistan. „Dieser Krieg ist<br />

aussichtslos“ lautet der Titel; er gibt<br />

den Grundtenor des Aufsatzes wieder.<br />

Er zählt die vielen Misserfolge im<br />

Land auf, das gescheiterte Bemühen<br />

Frieden zu schaffen, die vielen zivilen<br />

Opfer der militärischen Einsätze<br />

und demzufolge den Ansehensverlust<br />

der ausländischen Truppen. Die<br />

Zentralregierung habe keine Stabilität<br />

im Land geschaffen. Die Bedrohung<br />

der deutschen <strong>Soldaten</strong> habe zugenommen.<br />

Der Friedensbeauftragte<br />

schreibt: „Die Strategie, Fortschritt<br />

im Land, Demokratie und Menschenrechte<br />

durch Schutztruppen zu etablieren<br />

und dem Terrorismus den Nährboden<br />

zu entziehen, greift offensichtlich<br />

nicht.“ Nach seiner Überzeugung<br />

„müssen die Kriegsgegner als Partner<br />

für Waffenstillstandsverhandlungen<br />

anerkannt und für Friedensgespräche<br />

gewonnen werden. Das schließt<br />

Sicherheitsgarantien für alle Konfliktparteien<br />

ein. In den Überlegungen<br />

kommt bisher die Rolle zivilgesellschaftlicher<br />

Akteure, auch der Religionsgemeinschaften,<br />

viel zu kurz. Es<br />

wäre vornehmste Aufgabe der deutschen<br />

Politik, auf die Vereinbarung eines<br />

derartigen Stufenplans zu drängen<br />

und sich für eine legitime afghanische<br />

Regierung und einen schrittweisen<br />

Rückzug der Truppen einzusetzen.“<br />

So wenig seine kritische Sicht der<br />

afghanischen Krisenlage zu bemängeln<br />

ist, so problematisch sind seine<br />

eigenen Vorschläge. Er verfügt als<br />

Friedensbeauftragter über keine bessere<br />

Informationslage als andere Analysten<br />

und Sachverständige und kein<br />

besseres Urteilsvermögen als andere<br />

Fachleute. Die Frage, wie ziviler Aufbau<br />

verstärkt werden kann ohne mehr<br />

militärische Präsenz in der Fläche ist<br />

gerade unter den deutschen Hilfsorganisationen<br />

umstritten. Er fragt nicht,<br />

ob das Erstarken der Taliban in den<br />

letzten Jahren nicht auch eine Folge<br />

von viel zu wenig internationaler Militär-<br />

und Polizeipräsenz im Land gewesen<br />

ist, ein Manko, auf das Generäle<br />

schon seit Jahren hinweisen. Der<br />

Rückzug vieler Hilfsorganisationen<br />

aus zivilen Projekten hängt durchwegs<br />

mit der fehlenden Sicherheit<br />

zusammen. Wer jetzt einen baldigen<br />

Truppenabzug fordert, von einem sofortigen<br />

ganz zu schweigen, arbeitet<br />

den Taliban in die Hände.<br />

Die Stellungnahme der EKD<br />

vom 25. Januar 2010<br />

Im Blick auf die bevorstehende<br />

internationale Afghanistan-Konferenz<br />

in London am 28. Januar 2010, aber<br />

auch zur Beendigung der Kontroverse<br />

um die EKD-Ratsvorsitzende Bischöfin<br />

Margot Käßmann hat die EKD<br />

drei Tage zuvor „ein evangelisches<br />

Wort zu Krieg und Frieden in Afghanistan“<br />

veröffentlicht. Die Verfasser<br />

wollen auf der Basis der EKD-Friedensdenkschrift<br />

einige Gesichtspunkte<br />

in der aktuellen Afghanistan-Diskussion<br />

geltend machen. Die beiden<br />

Leitgedanken der Denkschrift werden<br />

zitiert: „Christinnen und Christen leben<br />

aus Gottes Frieden und sollen für<br />

gerechten Frieden sorgen.“ Die Erklärung<br />

wendet sich an Bundestag und<br />

Bundesregierung mit der Bitte, sich<br />

für sieben aufgezählte Gesichtspunkte<br />

auch international einzusetzen.<br />

Die Erklärung fordert unter Ziff.<br />

2: „Das politische Konzept für Afghanistan<br />

hat neben der zivilen auch<br />

eine militärische Seite. Sie ist von<br />

vornherein unter dem Gesichtspunkt<br />

zu betrachten, wie der Aufbau der Zivilgesellschaft<br />

geschützt und gefördert<br />

werden kann. Wir werben dafür,<br />

dass nicht die militärische Logik das<br />

Denken, Planen und Organisieren für<br />

Afghanistan beherrscht.“<br />

Die Bilanz des bisherigen zivilen<br />

Aufbaus, der „erste Erfolge zu<br />

verzeichnen“ habe, bleibe insgesamt<br />

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