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Auftrag_277_150dpi.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

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SICHERHEIT UND FRIEDENSETHIK<br />

Nuklearmächten abzuschließen. Irans<br />

Außenminister Mottaki präzisierte auf<br />

der 46. Münchner Sicherheitskonferenz<br />

die Einlassung seines Präsidenten<br />

insoweit, als der Iran hinsichtlich<br />

des Uranaustausches stets selber entscheiden<br />

will, z.B. zu welchem Zeitpunkt,<br />

welche Menge, an welchen Ort<br />

etc. Damit degradierte er das ganze<br />

scheinbare Entgegenkommen zu einem<br />

neuerlichen Scheinangebot, um<br />

drohende Sanktionen zu vermeiden<br />

oder zumindest zu verzögern.<br />

Falls der Westen noch über den<br />

Kurs Irans im Atomstreit gerätselt haben<br />

sollte, dann hat Mahmud Ahmadinedschad<br />

mit seinen Erklärungen<br />

Hilfestellung gegeben: Anfang Dezember<br />

2009 zehn neue Urananreicherungsanlagen<br />

bauen zu wollen<br />

und Anfang Februar 2010 Uran auf<br />

20 % im Iran anzureichern sowie bei<br />

den Feierlichkeiten zum 31. Revolutionstag<br />

am 11.02.2010, als er Iran<br />

einen „Atomstaat“ nannte. In Teheran<br />

verglich der Präsident die Gegner<br />

mit lästigen Mücken, prahlte mit<br />

den Errungenschaften seines Landes<br />

und machte deutlich, dass Iran dem<br />

Westen nicht traut. Dies könnte erklären,<br />

warum das Mullah-Regime<br />

auf alle Vermittlungsvorschläge so<br />

widersprüchlich reagierte und warum<br />

Teheran es mit einer Einigung, wenn<br />

überhaupt, nicht eilig hat und sogar<br />

mit einer Eiszeit droht.<br />

Die Verhandlungsstrategie ist ein<br />

Musterbeispiel an Zeitlupen-Diplomatie.<br />

Seit Wiederaufnahme der umstrittenen<br />

Urananreicherung vor drei<br />

Jahren warf Ahmadinedschad der<br />

Staatengemeinschaft immer wieder<br />

Brosamen hin, wenn es ungemütlich<br />

wurde, und wendete so den großen<br />

Krach gerade noch ab. Je häufiger die<br />

Weltöffentlichkeit bei diesem Katzund<br />

Mausspiel ausgetrickst wurde,<br />

desto mehr verbreitete sich die Überzeugung,<br />

dass die Atombombe das eigentliche<br />

Ziel der Iraner sei. Nur eine<br />

echte und offene Zusammenarbeit mit<br />

der IAEA könnte das Land von dem<br />

Verdacht reinwaschen, dass es an der<br />

Entwicklung eben dieser Bombe arbeitet.<br />

Auch wenn man die Weigerung<br />

einer großen und stolzen Nation zur<br />

Annahme eines empfundenen Diktats<br />

verstehen kann, es gilt nicht, ein<br />

Diktat anzunehmen, sondern ein Kooperationsangebot.<br />

AUFTRAG <strong>277</strong> • MÄRZ 2010<br />

Aber die Atompolitik ist für die<br />

Herrscher in Teheran nicht allein ein<br />

Mittel ihrer Außenpolitik. Es ist eines<br />

der höchsten Ziele des Programms,<br />

die Bevölkerung auf die islamistische<br />

Staatsführung einzuschwören. Und je<br />

stärker der Druck von außen auf Iran<br />

wird, desto leichter wird es, die Oppositionellen<br />

als Landesverräter und<br />

Agenten des Westens abzustempeln.<br />

Die Atombombe soll die herrschenden<br />

Eliten an der Macht halten.<br />

Innenpolitisch herrscht – für den<br />

Westen fatalerweise – im Atomstreit<br />

kein ernsthafter Druck, Kompromisse<br />

einzugehen. Der Westen schaut zunehmend<br />

genervt, zu, weil ihm anderes<br />

zurzeit nicht möglich ist. So können<br />

sich Ahmadinedschad und seine<br />

Hardliner als Verteidiger der Ehre<br />

und der nukleartechnischen Errungenschaften<br />

profilieren. Besonders<br />

verführerisch dürfte für den Präsidenten<br />

die Chance sein, die seit der<br />

umstrittenen Wahl aufgebrochene innenpolitische<br />

Kluft zu überbrücken:<br />

Das Atomprogramm erfüllt selbst seine<br />

Gegner mit Stolz. An dieser Stelle<br />

kann der Westen den Hebel von<br />

Druck und Drohung bestimmt nicht<br />

ansetzen. Ahmadinedschad sagt, die<br />

Feinde hätten ihre Möglichkeiten ausgeschöpft,<br />

doch die iranische Nation<br />

stehe kraftvoll da. Nein, Iran glaubt<br />

nicht an Verhandlungen.<br />

Teheran zeigt sich unbeeindruckt<br />

von der Drohung mit neuen Sanktionen<br />

wie einem Lieferembargo für Ölprodukte.<br />

Bereits jetzt muss der Erdölproduzent<br />

Iran 40 % seines Benzinbedarfs<br />

und anderer Ölprodukte importieren.<br />

Iran und seine Bevölkerung<br />

sitzen seit Jahren Strafmaßnahmen<br />

aus. Vorerst scheint Teheran auf die<br />

Bedeutung der Vorgespräche zu setzen,<br />

die neue Kommunikationskanäle<br />

zu den USA eröffnet haben und weigert<br />

sich unverändert, die Atomfrage<br />

wieder in der Sechserrunde zu behandeln.<br />

Teherans Theokraten sitzen am<br />

längeren Hebel: Die amerikanischen<br />

Annäherungsversuche, einschließlich<br />

eines redlichen Kompromissangebots<br />

der Urananreicherung im Ausland,<br />

haben keine Wirkung gezeigt. Im Gegenteil<br />

– das Regime kündigte den<br />

energischen weiteren Ausbau seiner<br />

Atomanlagen an.<br />

In dieses Bild passt die Nachricht<br />

vom Sitz der IAEA in Wien, dass sich<br />

der Iran um die Lieferung von Uran<br />

aus Kasachstan bemüht. Demnach<br />

soll der Abschluss einer Vereinbarung<br />

über die Einfuhr von 1350 Tonnen<br />

„gereinigten Urans“ unmittelbar bevorstehen.<br />

Gemeint ist der sogenannte<br />

„Yellowcake“, ein pulverförmiges<br />

Produkt, das schon am Abbauort aus<br />

natürlichem Uranerz gewonnen wird.<br />

Weil die Lieferung von Uran wegen<br />

der vom UN-Sicherheitsrat gegen Iran<br />

verhängten Sanktionen illegal wäre,<br />

soll ein überhöhter Preis von 450 Millionen<br />

Dollar angeboten worden sein.<br />

Dass Iran versucht, Uran für sein Nuklearprogramm<br />

zu importieren, wird<br />

schon seit einiger Zeit vermutet. Der<br />

Abbau von Erzvorkommen an zwei Orten<br />

im eigenen Land reicht dafür nicht<br />

aus, und der Vorrat an Yellowcake, der<br />

schon in den siebziger Jahren, noch<br />

während der Herrschaft des Schah in<br />

Südafrika gekauft wurde, soll weitgehend<br />

zu Uranhexafluorid (UF 6<br />

)verarbeitet<br />

worden sein. Zur Anreicherung<br />

von Uran wird das gasförmige UF 6<br />

in<br />

Kaskaden mit einer Vielzahl von Zentrifugen<br />

eingespeist. Der iranische Vorrat<br />

an UF 6<br />

beläuft sich angeblich auf<br />

mehr als 300 Tonnen – was für eine<br />

größere Anzahl von Nuklearwaffen<br />

ausreichen würde. Aufgrund des „Safeguards<br />

Agreement“ mit der IAEA<br />

wäre Iran verpflichtet, der Wiener<br />

Behörde den Import von uranhaltigem<br />

Material zu melden. Die drei von<br />

UN-Sicherheitsrat beschlossenen Resolutionen,<br />

in denen das Regime im<br />

Iran aufgefordert wurde, alle mit der<br />

Anreicherung von Uran verbundenen<br />

Aktivitäten einzustellen, verbieten<br />

anderen Ländern den Export von<br />

Materialien, die bei der Anreicherung<br />

Verwendung finden könnten.<br />

Die kasachische Regierung erklärt,<br />

das Land beachte alle Vorschriften<br />

der IAEA; „deshalb kann von<br />

einem Uranverkauf außerhalb des<br />

IAEA-Regimes keine Rede sein“. Kasachstan<br />

gehört nach Kanada und<br />

Australien zu den drei größten Uranproduzenten<br />

der Welt.<br />

Iran provoziert. Der Westen reagiert.<br />

Mit starken Worten. Was bleibt<br />

ihm übrig? Nach Jahren des Taktierens<br />

und Täuschens, nach einer langen<br />

Zeit der auch vom Westen verpassten<br />

Chancen, droht der Konflikt<br />

auf eine Entscheidung zuzutreiben.<br />

Die US-Außenministerin beharrt, sie<br />

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