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Förderung des lebenslangen Lernens: Individuelle Lernkonten und ...

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Förderung <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong>: <strong>Individuelle</strong> <strong>Lernkonten</strong><br />

<strong>und</strong> University for Industry: die britische Beurteilung<br />

1 Einführung<br />

Die strategische Perspektive der britischen Regierung sieht die Entwicklung einer kognitiven<br />

Gesellschaft vor, in der jeder sein Leben lang Gelegenheiten zum Lernen routinemäßig nutzt.<br />

Dem <strong>lebenslangen</strong> Lernen wird entscheidende Bedeutung bei der Schaffung <strong>und</strong> Erhaltung<br />

einer integrativen, kohärenten <strong>und</strong> wohlhabenden Gesellschaft beigemessen, deren Wirtschaft<br />

im globalen Wettbewerb konkurrieren kann.<br />

Die britische Regierung setzt bei der Förderung <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> vor allem auf<br />

folgende Maßnahmen:<br />

▲ Veränderung der Einstellung gegenüber dem Lernen<br />

▲ Verbesserung der Beteiligung an Lernmaßnahmen<br />

▲ Entwicklung <strong>und</strong> Verbesserung reaktionsfähiger Umsetzungssysteme<br />

▲ Förderung der Zusammenarbeit staatlicher Stellen <strong>und</strong> Förderung von Partnerschaften<br />

Lebenslanges Lernen muß die Regel werden, <strong>und</strong> mehr Menschen aus allen Gruppen der<br />

Gesellschaft müssen an Maßnahmen zur allgemeinen <strong>und</strong> beruflichen Bildung teilnehmen.<br />

Dienstleistungen <strong>und</strong> Aktivitäten der Umsetzungssysteme müssen besser auf die Bedürfnisse<br />

der Bürger abgestimmt werden. Zur Förderung <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> ist eine<br />

Zusammenarbeit von Regierungsstellen, öffentlichen Organisationen außerhalb der Regierung<br />

<strong>und</strong> privaten Organisationen erforderlich.<br />

Am 8. <strong>und</strong> 9. September 1999 fand das Treffen zum Peer Review <strong>des</strong> Programms<br />

„Lebenslanges Lernen“ im Vereinigten Königreich statt. Dieser Peer Review unterschied sich<br />

insofern von früheren Beurteilungstreffen, als das beurteilte Programm noch nicht voll<br />

operational ist. Aus diesem Gr<strong>und</strong> läßt sich noch keine Aussage zu seiner Effektivität <strong>und</strong><br />

Effizienz machen. Gegenstand <strong>des</strong> Reviews war daher eine Art Vorab-Beurteilung <strong>des</strong><br />

geplanten bewährten Verfahrens.<br />

Im Mittelpunkt <strong>des</strong> Peer Review standen zwei bereits eingeführte spezifische Maßnahmen zur<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Förderung einer kognitiven Gesellschaft, nämlich individuelle <strong>Lernkonten</strong><br />

(Individual Learning Accounts, ILA) <strong>und</strong> die Industriefachhochschule (University for<br />

Industry, UfI). Die <strong>Lernkonten</strong> sollen Einzelpersonen den (häufigeren) Zugang zu<br />

Lernmaßnahmen ermöglichen. Die UfI ist als neues lan<strong>des</strong>weites, verteiltes Online-<br />

Bildungsnetz für Einzelpersonen <strong>und</strong> Unternehmen geplant.<br />

Angesichts der großen Zahl der interessierten Peer-Länder (insgesamt neun) <strong>und</strong> <strong>des</strong> breiten<br />

Spektrums <strong>des</strong> Programms für lebenslanges Lernen wurde entschieden, zwei parallele<br />

Sitzungen zu diesen beiden spezifischen <strong>und</strong> wichtigen Aspekten <strong>des</strong> Programms zu<br />

organisieren. Auf diese Weise sollten Diskussionen auf hohem Niveau <strong>und</strong> mit einem<br />

spezifischen Fokus ermöglicht werden. Zu beachten ist, daß sowohl die UfI als auch die<br />

<strong>Lernkonten</strong> nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern im Kontext <strong>des</strong><br />

Gesamtprogramms für lebenslanges Lernen gesehen werden müssen. Darüber hinaus sind sie<br />

als komplementär zu betrachten: Ist eines der Konzepte erfolgreich, ist der Erfolg <strong>des</strong> anderen<br />

vorprogrammiert.<br />

1


Dieser Bericht enthält eine Zusammenfassung aller vor dem Treffen erstellten Schriftstücke<br />

sowie separate Zusammenfassungen der Diskussionen bei den beiden Sitzungen. Zunächst<br />

jedoch wird die Bildungssituation im Vereinigten Königreich skizziert.<br />

2 Die Bildungssituation im Vereinigten Königreich <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Überlegungen<br />

Bei einer Betrachtung der gegenwärtigen Bildungssituation im Vereinigten Königreich ergibt<br />

sich als Hauptproblem der allgemeinen Gr<strong>und</strong>bildung (Altersstufe 3-16 Jahre), daß<br />

Jugendliche die Schule vorzeitig mit unzureichenden oder ganz ohne Qualifikationen<br />

verlassen. Dies ist auch der Gr<strong>und</strong> für die niedrigen Schülerzahlen weiterführender<br />

schulischer Einrichtungen. Das Ergebnis ist ein Mangel an Gr<strong>und</strong>fertigkeiten bei einem<br />

großen Teil der Bevölkerung. Jeder fünfte z. B. hat Probleme beim Lesen, Schreiben <strong>und</strong><br />

Rechnen.<br />

In den Industrieländern ist in den letzten Jahren eine verstärkte Nachfrage nach Arbeitskräften<br />

mit höheren Qualifikationen zu beobachten. Als Gründe hierfür werden u. a. das Tempo <strong>des</strong><br />

industriellen Wandels, der härtere internationale Wettbewerb <strong>und</strong> die Verschiebung der<br />

demographischen Struktur genannt. Dieser Bedarf an höheren Qualifikationen gibt im<br />

Vereinigten Königreich Anlaß zur Besorgnis. Eine Reihe von Erhebungen hat nämlich<br />

ergeben, daß britische Arbeitskräfte gegenüber der Konkurrenz in anderen Ländern<br />

Fertigkeiten- <strong>und</strong> Qualifikationsdefizite aufweisen. So liegt das Vereinigte Königreich, was<br />

den Anteil der Erwerbstätigen mit zumin<strong>des</strong>t gr<strong>und</strong>legenden Qualifikationen angeht, z. B.<br />

hinter Frankreich <strong>und</strong> Deutschland. Dieser Anteil liegt im Vereinigten Königreich bei 45%<br />

gegenüber 65% in Frankreich <strong>und</strong> 70% in Deutschland.<br />

Die genannten Fakten werfen Fragen hinsichtlich der Effizienz <strong>und</strong> Effektivität <strong>des</strong><br />

allgemeinen <strong>und</strong> beruflichen Bildungssystems im Vereinigten Königreich auf. In den letzten<br />

Jahren hat sich die Diskussion mehr auf den Versuch verlagert, die Beteiligung der gesamten<br />

Bevölkerung an Lernmaßnahmen zu fördern. Eines der Hauptziele <strong>des</strong> Programms für<br />

lebenslanges Lernen ist es, die Wertschätzung <strong>des</strong> <strong>Lernens</strong> in der Gesellschaft insgesamt zu<br />

erhöhen. Das Programm ist außerdem stark durch den Gedanken geprägt, eine soziale<br />

Ausgrenzung zu verhindern. So wird die Forderung erhoben, daß alle Mitglieder einer<br />

Gesellschaft die Möglichkeit haben sollten, sich lebenslang weiterzubilden <strong>und</strong><br />

weiterzuentwickeln.<br />

Welche Hemmnissen stehen der Weiterbildung im Vereinigten Königreich entgegen? In der<br />

Erhebung zum Lernverhalten der Erwachsenen (National Adult Learning Survey, NALS) im<br />

Jahre 1997 wurden die folgenden Faktoren genannt (in absteigender Reihenfolge nach ihrer<br />

Bedeutung):<br />

▲ Zeitmangel<br />

▲ Kosten<br />

▲ Unzureichende Informationen <strong>und</strong> Unterstützung<br />

▲ Schlechte Erfahrungen (z. B. in der Schule)<br />

▲ Fehlen von echtem Interesse<br />

▲ Ungünstiges Angebot<br />

Es gibt Belege dafür, daß Arbeitnehmer mit einem höheren Bildungsniveau eher bereit sind,<br />

sich am Arbeitsplatz beruflich weiterzubilden. Die Wahrscheinlichkeit der Teilnahme an<br />

2


allgemeinen <strong>und</strong> beruflichen Bildungsmaßnahmen steht ferner in engem Zusammenhang mit<br />

früheren oder Lernaktivitäten der jüngsten Zeit, für die auch kulturelle Faktoren <strong>und</strong><br />

bestehende Klassennormen bestimmend sind. Man könnte daher argumentieren, daß der<br />

Einführung von solchen Maßnahmen besondere Bedeutung zukommt, mit denen die<br />

traditionelle Gruppe der "Nicht-Lernenden" für irgendeine Form <strong>des</strong> <strong>Lernens</strong> gewonnen<br />

werden kann, um so eine positive Einstellung gegenüber künftigen Lernaktivitäten zu fördern.<br />

Im Rahmen <strong>des</strong> Programms für lebenslanges Lernen werden die Beschäftigten in kleinen <strong>und</strong><br />

mittleren Unternehmen (KMU) als wichtige Zielgruppe angesehen. KMU liegen, was die<br />

Bereitstellung von Ausbildungs- <strong>und</strong> Entwicklungsmöglichkeiten angeht, weiter hinter<br />

größeren Organisationen. Im allgemeinen haben KMU Schwierigkeiten, den finanziellen <strong>und</strong><br />

zeitlichen Aufwand zu rechtfertigen, der mit einer Ausbildung einhergeht. Diese Tatsache,<br />

verb<strong>und</strong>en mit dem Mangel an eindeutigen Belegen dafür, daß die Beteiligung an<br />

Ausbildungsmaßnahmen für das Unternehmen insgesamt von Nutzen ist, bedingt eine<br />

mangelnde Bereitschaft der KMU, solche Maßnahmen anzubieten. Hierbei ist zu<br />

berücksichtigen, daß nicht nur die Größe eines Unternehmens ein wichtiger Faktor für ein<br />

(fehlen<strong>des</strong>) Angebot an Ausbildungsmaßnahmen ist, sondern auch der jeweilige<br />

Industriezweig. Es wird davon ausgegangen, daß einige der genannten Hemmnisse mit Hilfe<br />

der vorgestellten Maßnahmen <strong>des</strong> Programms für lebenslanges Lernen beseitigt werden<br />

können.<br />

Das Programm für lebenslanges Lernen im allgemeinen sowie die UfI <strong>und</strong> die <strong>Lernkonten</strong> im<br />

besonderen versuchen, die geschilderten Hemmnisse abzubauen, die dem Lernen<br />

entgegenstehen. Darüber hinaus ist es eines ihrer erklärten Ziele, die bestehenden kulturellen<br />

Werte in bezug auf das Lernen zu beeinflussen <strong>und</strong> zu ändern <strong>und</strong> auf das Entstehen einer<br />

lernenden oder kognitiven Gesellschaft hinzuwirken. Um eine Messung der weit gefaßten<br />

Ziele zu ermöglichen, wurden für das Jahr 2002 spezifische Vorgaben gemacht. Dabei sollen<br />

gegenüber der Situation im Jahre 1998, als das Projekt für lebenslanges Lernen auf den Weg<br />

gebracht wurde, bestimmte prozentuale Anteile von Personen in verschiedenen Altersgruppen<br />

<strong>und</strong> mit unterschiedlichem Qualifikationsniveau erreicht werden 1 . In Abschnitt 3 werden wir<br />

auf die Indikatoren noch gesondert eingehen.<br />

3 Gestaltung <strong>und</strong> Umsetzung<br />

3.1 University for Industry<br />

Die Industriefachhochschule (University for Industry, UfI) ist eine öffentlich-private<br />

Partnerschaft mit dem Ziel, die Nachfrage nach lebenslangem Lernen sowohl in Unternehmen<br />

als auch bei Einzelpersonen zu fördern 2 . Diese Partnerschaft wird Einzelpersonen <strong>und</strong><br />

Unternehmen dabei unterstützen, ihren Lernbedarf zu ermitteln. Außerdem wird sie die<br />

Verfügbarkeit <strong>und</strong> Zugänglichkeit relevanter, hochqualitativer <strong>und</strong> innovativer Lernangebote,<br />

insbesondere durch die Nutzung von Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien,<br />

fördern. Die UfI wird eine Vermittlerfunktion übernehmen <strong>und</strong> mit Hilfe moderner<br />

Technologien den Zugang zu hochqualitativen Produkten <strong>und</strong> Dienstleistungen im Bereich<br />

Lernen zu Hause, am Arbeitsplatz <strong>und</strong> in Bildungszentren lan<strong>des</strong>weit ermöglichen. Der<br />

1<br />

2<br />

Die meisten spezifischen Vorgaben zielen auf eine höhere prozentuale Beteiligung (+5 bis 10 Prozent gegenüber 1998) auf jeder<br />

Bildungsstufe ab. Außerdem sollen bis 2002 45 % der mittleren bis großen Organisationen <strong>und</strong> 10 000 kleine Organisationen als<br />

Investoren anerkannt sein (19 % bzw. 2 334 im Jahre 1998). Schließlich soll der Anteil der Nicht-Lernenden auf 7 % reduziert werden<br />

(26 % im Jahre 1998).<br />

Deptartment of Education and Employment (DfEE), University for Industry, Engaging people in learning for life, Pathfinder<br />

Prospectus, London, 1998<br />

3


Schwerpunkt wird dabei auf dem Lernen außerhalb der traditionellen Bildungsstätten liegen.<br />

Auch wird die UfI nicht alle Ausbildungsangebote selbst zur Verfügung stellen. In Kasten 8.1<br />

sind die geplanten Aktivitäten aufgelistet, mit denen die UfI die gesteckten Ziele<br />

verwirklichen will.<br />

Kasten 8.1<br />

Sechs Kernaktivitäten der UfI<br />

i) Analyse <strong>des</strong> markt- <strong>und</strong> interessentenbezogenen Bedarfs sowie von<br />

Qualifikationslücken<br />

ii) Ankurbeln der Nachfrage nach Lernangeboten durch Massenmarketing <strong>und</strong><br />

Werbung<br />

iii) Bereitstellung von Informationen, Beratung <strong>und</strong> Unterstützung, damit<br />

Interessenten rasch ihrem Bedarf entsprechende Lernangebote finden können<br />

iv) Bilden von Partnerschaften, um die Verfügbarkeit bedarfsgerechter<br />

hochqualitativer Lernprogramme sicherzustellen <strong>und</strong> sie K<strong>und</strong>en zugänglich zu<br />

machen<br />

v) Beauftragung neuer Inhalte, wenn die bestehenden Lücken zwischen Angebot<br />

<strong>und</strong> Nachfrage nicht anderweitig überbrückt werden können. Dazu zählen<br />

neuartige Angebote für bestimmte prioritäre K<strong>und</strong>engruppen, die<br />

voraussichtlich nicht mit einer wirtschaftlichen Versorgung durch<br />

kommerzielle Anbieter rechnen können, oder die Finanzierung von neuen<br />

Technologien <strong>und</strong> Ausbildungsmethoden<br />

vi) Sicherstellen von Produkten <strong>und</strong> Dienstleistungen, aufbauend auf vorhandenen<br />

Mechanismen <strong>und</strong> Standards<br />

Quelle:Department of Education and Employment (DfEE), University for Industry, Engaging<br />

people in learning for life, Pathfinder Prospectus, London, 1998.<br />

Zur Durchführung der obengenannten Kernaktivitäten wurden bzw. werden zwei wichtige<br />

Dienste eingerichtet, nämlich der Telefonberatungsdienst „Learning Direct“ <strong>und</strong><br />

Bildungszentren (Learning Centres).<br />

Der Telefonberatungsdienst „Learning Direct“<br />

Im Februar 1998 wurde ein nationaler Telefonberatungsdienst eingerichtet, der Erwachsenen<br />

bei Fragen zu Lernangeboten <strong>und</strong> zu ihrer beruflichen Karriere Auskunft gibt. Ziel von<br />

„Learning Direct“ ist es, qualitativ hochwertige Informationen <strong>und</strong> Beratungsleistungen<br />

anzubieten <strong>und</strong> die Anrufer so bei Entscheidungen in bezug auf Lernaktivitäten <strong>und</strong> ihre<br />

berufliche Karriere zu unterstützen. Die Telefonberatung bietet Informationen zum gesamten<br />

Spektrum der Lernmöglichkeiten, zur Finanzierung, entsprechenden<br />

Kinderbetreuungseinrichtungen <strong>und</strong> zu Beratungsangeboten. Ab Mai 2000 wird zusätzlich ein<br />

internetbasierter Online-Dienst zur Verfügung stehen 3 . Über diese Website werden<br />

Ratsuchende auf eine nationale Datenbank von Lernmöglichkeiten <strong>und</strong> eine Reihe von<br />

Diagnose-Tools zugreifen können, die von der Telefonberatung unterstützt werden.<br />

3<br />

Weitere Informationen finden Sie unter http://www.lifelonglearning.co.uk/ufi.<br />

4


Bildungszentren<br />

Derzeit wird ein nationales Netzwerk von Bildungszentren (Learning Centres) der UfI<br />

entwickelt, das Einzelpersonen <strong>und</strong> Unternehmen den Zugang zu Einrichtungen ermöglicht,<br />

die zu Hause oder in kleineren Unternehmen nicht verfügbar sind. Die Bildungszentren<br />

werden von Konsortien aus Arbeitgebern, Gewerkschaften, Freiwilligenorganisationen,<br />

Colleges, Universitäten <strong>und</strong> Ausbildungsträgern betrieben. Die Auswahl dieser Konsortien<br />

erfolgt im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung. Die Zentren werden in städtischen <strong>und</strong><br />

ländlichen Gemeinden angesiedelt, <strong>und</strong> zwar an leicht zugänglichen Standorten wie Sport-,<br />

Einkaufs- <strong>und</strong> Gemeindezentren, Fußball- <strong>und</strong> Rugby-Clubs, Kirchen <strong>und</strong> Bahnhöfen,<br />

Berufsschulen, Bibliotheken sowie bei Arbeitgebern. Besucher haben in den Bildungszentren<br />

Zugang zu Computern <strong>und</strong> zum Internet als zusätzlichen Lernhilfen.<br />

Neben der Unterhaltung der Telefonberatung „Learning Direct“ <strong>und</strong> der Bildungszentren wird<br />

die UfI sich für eine verbesserte Verfügbarkeit <strong>und</strong> Nutzung moderner Produkte <strong>und</strong><br />

Dienstleistungen einsetzen, indem sie selbst Mittel für die Markteinführung von<br />

Lernprodukten zur Verfügung stellt.<br />

Im ersten Jahr ihres Bestehens werden folgende Punkte im Mittelpunkt der Aktivitäten der<br />

UfI stehen:<br />

▲ Vermittlung von Gr<strong>und</strong>kenntnissen in Lesen, Schreiben <strong>und</strong> Rechnen<br />

▲ Vermittlung von Kenntnissen der Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnik für den<br />

Arbeitsplatz<br />

▲ Schaffung von Zugangsmöglichkeiten zu qualitativ hochwertigen Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildungsmöglichkeiten für kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen<br />

▲ Erstellung individuell zugeschnittener Lernprogramme für den Qualifikationsbedarf<br />

spezifischer Sektoren zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Folgende Sektoren<br />

wurden ausgewählt: Automobil-, Multimedia-, Umwelttechnik- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungssektor sowie Groß- <strong>und</strong> Einzelhandel.<br />

Die obengenannten Prioritäten wurden gewählt, da hier mit einer großen Nachfrage zu<br />

rechnen ist.<br />

Die UfI wird in England, Wales <strong>und</strong> Nordirland tätig werden <strong>und</strong> eng mit der schottischen UfI<br />

zusammenarbeiten. In Schottland wird es eine eigene UfI geben, die auf die spezifischen<br />

Bildungssysteme <strong>und</strong> Institutionen sowie auf die besondere industrielle Struktur in Schottland<br />

zugeschnitten wird.<br />

Da die UfI eine öffentlich-private Partnerschaft ist, wird sie zunächst vom öffentlichen Sektor<br />

betreut, der auch die Finanzierung der ersten Entwicklungsphase der UfI-Aktivitäten<br />

sicherstellen wird. Es wird davon ausgegangen, daß das Interesse <strong>des</strong> privaten Sektors an<br />

einer Finanzierung <strong>des</strong> wachsenden Kapitalbedarfs der UfI durch direkte Investitionen in ihre<br />

Aktivitäten mit der Zeit wachsen wird. Für den Zeitraum 1998-1999 hat die Regierung<br />

Anfangskapital in Höhe von 15 Millionen GBP bereitgestellt. Nach der Anfangsphase wird<br />

der öffentliche Sektor in erster Linie Mittel für die Unterstützung bestimmter Zielgruppen<br />

bereitstellen. Von den individuellen <strong>Lernkonten</strong> (siehe nächster Abschnitt) erhofft man sich<br />

eine Steigerung der Ausgaben für Lernmaßnahmen <strong>und</strong> eine Belebung <strong>des</strong> Marktes für<br />

entsprechende Angebote. Die mit den <strong>Lernkonten</strong> verb<strong>und</strong>enen höheren Investitionen werden<br />

ebenfalls einen Beitrag zur Finanzierung der UfI leisten, die ihre Einkünfte aus den beiden<br />

angebotenen Diensten <strong>und</strong> der Infrastruktur für die Bereitstellung dieser Dienste bezieht.<br />

5


Die UfI wird im Herbst 2000 den Betrieb aufnehmen. Den Entwicklungsplänen zufolge sollen<br />

bis März 2001 bis zu 1 000 UfI-Bildungszentren die Arbeit aufnehmen. Die Zahl der<br />

beratenen Personen wird bis zum Jahr 2002 auf jährlich 2,5 Millionen anwachsen <strong>und</strong> bis zum<br />

Jahr 2004 zu einem Bedarf von bis zu 1 Million Kursen <strong>und</strong> Lernpaketen führen.<br />

3.2 <strong>Individuelle</strong> <strong>Lernkonten</strong> 4<br />

<strong>Individuelle</strong> <strong>Lernkonten</strong> (Individual Learning Accounts, ILA) sollen das Qualifikationsniveau<br />

der britischen Arbeitskräfte erhöhen. Den <strong>Lernkonten</strong> liegt das Konzept zugr<strong>und</strong>e, daß<br />

Einzelpersonen ein besonderes Konto eröffnen, auf dem sie selbst Geld für ihre eigenen<br />

Lernaktivitäten ansparen. Das Konto deckt jedoch nicht nur die Kursgebühren, sondern auch<br />

Auslagen beispielsweise für die Kinderbetreuung. Auf diese Weise wird der einzelne<br />

ermutigt, größere Verantwortung für die Finanzierung <strong>und</strong> Planung <strong>des</strong> eigenen<br />

lebensbegleitenden <strong>Lernens</strong> zu übernehmen. Unterstützt wird der einzelne dabei vom Staat<br />

sowie in einigen Fällen vom Arbeitgeber, abhängig von <strong>des</strong>sen Einstellung zu Lernaktivitäten.<br />

Hervorzuheben ist, daß die vom einzelnen, vom Staat <strong>und</strong> evtl. vom Arbeitgeber gemeinsam<br />

getragene Verantwortung für die Nutzung der <strong>Lernkonten</strong> auch einen kulturellen Wandel<br />

erfordert.<br />

Prinzipiell richtet sich das Konzept der <strong>Lernkonten</strong> an alle Erwachsenen. In den<br />

Pilotprojekten <strong>und</strong> bei der Schaffung der Gr<strong>und</strong>lagen auf nationaler Ebene richtet sich die<br />

Maßnahme jedoch an besondere Gruppen der erwerbstätigen Bevölkerung:<br />

▲ Bezieher niedriger bis mittlerer Einkommen, die sich verbessern wollen<br />

▲ Jüngere Arbeitnehmer (einschließlich junge Eltern)<br />

▲ Berufsrückkehrer<br />

▲ Angehörige ethnischer Minderheiten<br />

Personen, die eine Vollzeitausbildung absolvieren, sowie Arbeitslose sind keine Zielgruppen<br />

<strong>des</strong> Lernkonto-Konzepts, da für diese Gruppen andere Formen der Unterstützung bei Lern<strong>und</strong><br />

Qualifizierungsmaßnahmen existieren. Daraus folgt aber auch, daß die Regierung <strong>des</strong><br />

Vereinigten Königreichs <strong>Lernkonten</strong> als potentielles Mittel zur Reformierung der Ausgaben<br />

für die allgemeine <strong>und</strong> berufliche Bildung ansieht. Andererseits wird die Entwicklung <strong>des</strong><br />

Lernkonto-Konzepts dadurch eingeschränkt, daß es mit anderen existierenden Lern- <strong>und</strong><br />

Qualifizierungsmaßnahmen in Einklang gebracht werden muß.<br />

4<br />

Die Informationen in diesem Abschnitt geben die Situation zur Zeit <strong>des</strong> Treffens zum Peer Review wieder (September 1999). Das<br />

Programm wurde seitdem stark modifiziert. Detaillierte Informationen zum aktuellen Status <strong>des</strong> Programms erhalten Sie beim<br />

Department for Education and Employment (DfEE), Learning Accounts Team Line unter der Nummer +44 114 259 3933 oder auf der<br />

Lernkonto-Website (www.dfee.gov.uk/ila).<br />

6


In Kasten 8.2 sind die wichtigsten Merkmale der <strong>Lernkonten</strong> zusammengestellt.<br />

Kasten 8.2<br />

Hauptmerkmale der <strong>Lernkonten</strong><br />

▲<br />

▲<br />

▲<br />

▲<br />

▲<br />

▲<br />

Ein Lernkonto ist ein Finanzierungsmechanismus, der den einzelnen beim Sparen<br />

für Lernaktivitäten unterstützt. Es besteht auch die Möglichkeit, Geld zur Deckung<br />

<strong>des</strong> Lernbedarfs zu leihen.<br />

Die Regierung <strong>des</strong> Vereinigten Königreichs will ein System schaffen, in dem<br />

Konten ohne Probleme eröffnet <strong>und</strong> geführt werden können.<br />

Der einzelne Sparer kann seine Einlagen jederzeit <strong>und</strong> ohne Angabe von Gründen<br />

abheben. Das Abheben von Mitteln aus anderen Quellen (öffentliche Mittel oder<br />

Arbeitgeberleistungen) unterliegt Beschränkungen der jeweiligen Quelle. Im<br />

allgemeinen müssen diese Mittel für die Bezahlung von berufsspezifischen<br />

Lernmaßnahmen aufgewandt werden.<br />

Die Regierung wird steuerliche Anreize für Personen schaffen, die ein Konto<br />

eröffnen <strong>und</strong> für die Bezahlung von Lernaktivitäten nutzen.<br />

Kontoinhaber werden durch örtliche Beratungs- <strong>und</strong> Berufsberatungsstellen<br />

informiert <strong>und</strong> beraten, um so eine f<strong>und</strong>ierte Entscheidung über Form <strong>und</strong> Inhalt<br />

der gewählten Lernaktivität treffen zu können.<br />

Es ist vorgesehen, daß <strong>Lernkonten</strong> nicht nur einmal, sondern regelmäßig eröffnet<br />

<strong>und</strong> genutzt werden.<br />

Die im Kasten erwähnten steuerlichen Anreize wurden von der Regierung im März 1999<br />

budgetiert. Sie sollen sowohl Einzelpersonen als auch Arbeitgeber zur Nutzung der<br />

<strong>Lernkonten</strong> ermutigen. Nachfolgend die verschiedenen Anreize im Überblick:<br />

▲ Die erste Million Inhaber sogenannter ILA-„Starterkonten“ (Starter Accounts) erhalten<br />

im ersten Jahr einen Betrag von 150 GBP aus öffentlichen Mitteln in Form eines<br />

Lernkredits (Credit to Learn). Voraussetzung ist eine Eigenleistung <strong>des</strong> Kontoinhabers in<br />

Höhe von 25 GBP. Der Kontoinhaber erhält 150 GBP auf ein virtuelles Konto, d. h. der<br />

Betrag wird seinem Konto gutgeschrieben. Im Kontoauszug wird der Betrag als<br />

Fremdeinlage gebucht, allerdings erfolgt zu keiner Zeit tatsächlich eine Überweisung auf<br />

das Konto. Das Geld wird dann verfügbar, wenn der Kontoinhaber die Teilnahme an<br />

einem Kurs bezahlt.<br />

▲ Inhabern von <strong>Lernkonten</strong> wird auf zwei Arten von Kursen ein Rabatt gewährt. Bei<br />

Kosten für wählbare Kurse von bis zu 500 GBP im Jahr beträgt der Rabatt 20 Prozent<br />

(bei „Starterkonten“ allerdings erst ab dem zweiten Jahr), bei bestimmten festgelegten<br />

Kursen, z. B. zum Erwerb von Computergr<strong>und</strong>kenntnissen, beträgt der Rabatt 80 Prozent.<br />

▲ Auf Lernkonto-Leistungen der Arbeitgeber für wählbare Kurse müssen Arbeitnehmer<br />

weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge entrichten, sofern der Arbeitgeber die<br />

Leistungen auch den am niedrigsten bezahlten Arbeitkräften im Unternehmen unter<br />

vergleichbaren Bedingungen zugänglich macht.<br />

▲ Arbeitgeberleistungen für <strong>Lernkonten</strong> sind steuerlich abzugsfähig.<br />

Die gewählten Kurse müssen nicht notwendigerweise berufsbezogen sein, können jedoch mit<br />

dem Ziel belegt werden, einen besseren Arbeitsplatz zu finden. Berufsbezogene<br />

Ausbildungsmaßnahmen werden eher als Aufgabe der Arbeitgeber angesehen. Die Schaffung<br />

von Anreizen <strong>und</strong> die Motivierung von Nicht-Lernenden zur Teilnahme an allgemeinen <strong>und</strong><br />

beruflichen Bildungsmaßnahmen ist unter Umständen einfacher über ein obligatorisches<br />

Programm der Arbeitgeber für sämtliche Angestellten zu bewerkstelligen. Die Arbeitgeber<br />

7


stehen der Idee der <strong>Lernkonten</strong> im allgemeinen recht positiv gegenüber, da diese die<br />

Bedeutung der Tatsache hervorheben, daß der einzelne selbst die Verantwortung für seine<br />

Lernaktivitäten <strong>und</strong> damit für die Erhaltung seiner Beschäftigungsfähigkeit auf den flexiblen<br />

<strong>und</strong> im Wandel begriffenen Arbeitsmärkten trägt.<br />

Eines der Hauptziele der <strong>Lernkonten</strong> ist die Motivierung zum Lernen. Eine Anpassung der<br />

Lernangebote an die individuellen Bedürfnisse <strong>und</strong> ein entsprechend flexibles<br />

<strong>Lernkonten</strong>programm sind daher unabdingbar. Eine interessante Frage ist die, welche<br />

Kriterien zur Bestimmung der Lernmöglichkeiten herangezogen werden, die für eine<br />

steuerliche Begünstigung in Frage kommen. Während der Pilotphase von Juni 1998 bis März<br />

1999 (weitere Informationen siehe Abschnitt 4.2) entschieden die Ausbildungs- <strong>und</strong><br />

Unternehmensräte (Training and Enterprise Councils, TEC) darüber, welche Maßnahmen<br />

über <strong>Lernkonten</strong> finanziert werden konnten. Die Regierung <strong>des</strong> Vereinigten Königreichs plant<br />

die Errichtung eines nationalen Akkreditierungssystems, die Konzentration der gesamten<br />

Verwaltung der <strong>Lernkonten</strong> in einer Dienststelle mit zentraler Informationsstelle <strong>und</strong> zentraler<br />

Zulassungsprüfung. Diese zentrale Verwaltung könnte auch einer möglichst effektiven<br />

Verwaltung <strong>des</strong> gesamten Programms förderlich sein.<br />

4 Bewertungsergebnisse <strong>des</strong> Pilotprojekts<br />

4.1 University for Industry<br />

Da sich die UfI noch in der Entwicklungsphase befindet, lassen sich noch keine Aussagen<br />

über ihre Effektivität <strong>und</strong> Effizienz machen. Allerdings gab es eine -unabhängig von den<br />

Aktivitäten der Regierung - geplante <strong>und</strong> durchgeführte Pilotinitiative, die eventuell<br />

Rückschlüsse auf das Konzept der UfI zuläßt. Im Rahmen dieser Initiative kamen nämlich<br />

einige Mechanismen zum Einsatz, die gr<strong>und</strong>legende Bestandteile der UfI sind. Da die UfI<br />

jedoch diesem Pilotprogramm nicht exakt entspricht, kann die Interpretation der Ergebnisse<br />

nicht ohne weiteres auf die UfI übertragen werden.<br />

Das Pilotprojekt, das im September 1997 im Nordosten von England gestartet wurde,<br />

verfolgte folgende Ziele:<br />

▲ Bereitstellung eines Informations- <strong>und</strong> Beratungsangebots über ein Call Centre<br />

▲ Durchführung weitreichender Marketingaktivitäten, um Interesse an Lernmöglichkeiten<br />

zu wecken <strong>und</strong> einen entsprechenden Bedarf zu erzeugen<br />

▲ Errichtung eines Netzes von Bildungszentren an günstig gelegenen Standorten mit dem<br />

Ziel, weitere Nicht-Lernende zu gewinnen<br />

▲ Eingehen auf die Bedürfnisse potentieller Nutzer<br />

▲ Bereitstellung eines neutralen Beratungs- <strong>und</strong> Unterstützungsangebots<br />

Die Bewertung dieses Pilotprojekts ergab eine sehr positive Einschätzung der Leistung <strong>des</strong><br />

Call Centres, <strong>und</strong> zwar insbesondere in bezug auf die Unparteilichkeit <strong>und</strong> Hilfsbereitschaft<br />

<strong>des</strong> Personals. Anscheinend führten die Beratungen tatsächlich zu Anmeldungen für<br />

allgemeine <strong>und</strong> berufliche Bildungsmaßnahmen. Das Telefon scheint demnach eine wichtige<br />

Rolle bei der Förderung der Teilnahme an solchen Maßnahmen zu spielen. Auch die<br />

Partnerschaften zwischen Organisationen <strong>des</strong> öffentlichen <strong>und</strong> privaten Sektors wurden<br />

positiv bewertet.<br />

8


Auch die Beteiligung an sogenannten Schnupperkursen konnte erfolgreich stimuliert werden.<br />

Solche Kurse sind kostenlos <strong>und</strong> geben interessierten Teilnehmern eine Einführung in<br />

umfangreichere Kurse. Die Anzahl der Personen, die im Anschluß an einen Schnupperkurs an<br />

den kompletten Kursen teilnahm, war allerdings enttäuschend. Der Erfolg der UfI wird<br />

demnach insbesondere davon abhängen, ob es gelingt, eine strukturelle oder lebenslange<br />

positive Einstellung gegenüber dem Lernen zu erzeugen.<br />

Eine Herausforderung für die UfI, die im Zuge <strong>des</strong> Pilotprojekts ins Blickfeld geraten ist, ist<br />

die Beteiligung <strong>des</strong> privaten Sektors <strong>und</strong> insbesondere die der KMU. Es ist allgemein<br />

bekannt, daß Interesse <strong>und</strong> Beteiligung der KMU an der Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung ihrer<br />

Mitarbeiter begrenzt sind. Dafür sind die verschiedenen Hemmnissen wie hohe Kosten,<br />

Zeitmangel <strong>und</strong> ein scheinbar unausgewogenes Verhältnis von Aufwand <strong>und</strong> Ergebnis<br />

verantwortlich. Diese Ansicht wurde wieder einmal bestätigt, als sich während <strong>des</strong><br />

Pilotprojekts beispielsweise erwies, daß Unternehmen nur schwer als Standort eines<br />

Bildungszentrums zu gewinnen sind.<br />

Ein weiteres Problem ist die Frage, ob die intensive Nutzung neuer<br />

Kommunikationstechnologien wie <strong>des</strong> Internets der richtige Weg ist, um Randgruppen zum<br />

Lernen zu animieren. Eine der größten Herausforderungen wird darin bestehen, die UfI so zu<br />

konzipieren <strong>und</strong> umzusetzen, daß diese Gruppen auch tatsächlich erreicht werden.<br />

4.2 <strong>Individuelle</strong> <strong>Lernkonten</strong><br />

Zwischen Juni 1998 <strong>und</strong> März 1999 wurden im Rahmen von 15 Pilotprojekten in<br />

verschiedenen Regionen <strong>des</strong> Vereinigten Königreichs unterschiedliche Ansätze für<br />

<strong>Lernkonten</strong> getestet. In den meisten Fällen handelte es sich dabei um Initiativen von relativ<br />

geringem Umfang. Insgesamt wurden während der Pilotphase 3 500 individuelle <strong>Lernkonten</strong><br />

eröffnet. In ganz England wurden bislang 14 500 Konten eröffnet. Da bei jedem der<br />

Pilotprojekte zu individuellen <strong>Lernkonten</strong> ein anderer Ansatz getestet wurde, können ihre<br />

Bewertungsergebnisse nicht direkt miteinander verglichen werden.<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage der Pilotprojekt-Ergebnisse soll etwa ab Frühjahr 2000 ein lan<strong>des</strong>weites<br />

Rahmenwerk für <strong>Lernkonten</strong> bereitstehen. Es sind noch umfangreiche Arbeiten erforderlich,<br />

bis ein Rahmenwerk präsentiert werden kann, in dem alle in der Pilotphase aufgetretenen<br />

Probleme <strong>und</strong> Hemmnisse beseitigt wurden. Aus den Bewertungen der Pilotprojekte kann<br />

geschlossen werden, daß ein einfaches <strong>und</strong> flexibles Konzept ein wesentlicher Faktor für die<br />

Sicherung der Integration von <strong>Lernkonten</strong> in andere Aktivitäten <strong>und</strong> Dienste ist. Es wird sehr<br />

schwierig sein, <strong>Lernkonten</strong> als eigenständiges Produkt zu vermarkten.<br />

Im Rahmen der Pilotprojekte wurden die <strong>Lernkonten</strong> über die Ausbildungs- <strong>und</strong><br />

Unternehmensräte (TEC) angeboten. Trotz regionaler Unterschiede bei der Konzeption der<br />

Pilotprogramme bestand die Hauptzielgruppe jeweils aus weiblichen Berufsrückkehrern<br />

sowie KMU <strong>und</strong> gering qualifizierten Arbeitnehmern. Die Pilotprogramme wandten sich<br />

jedoch auch erfolgreich an Selbständige. Es wurden verschiedene Wege untersucht, diese<br />

Gruppen zu erreichen.<br />

Der Zuschuß in Höhe von 150 GBP aus öffentlichen Mitteln wird gewährt, sobald sich ein<br />

Kontoinhaber tatsächlich für einen Kurs anmeldet <strong>und</strong> diesen bezahlt. Allerdings ist kein<br />

formaler Follow-up-Mechanismus vorgesehen, der eine langfristige Nutzung der Konten <strong>und</strong><br />

die Fortsetzung <strong>des</strong> Lernprozesses sicherstellt. Um die nachhaltige Wirksamkeit <strong>des</strong><br />

9


Lernkonto-Programms sicherzustellen, muß es vollständig in den Ansatz <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong><br />

<strong>Lernens</strong> integriert werden. Durch wiederholte Anreize müssen die Kontoinhaber zum<br />

fortlaufenden Sparen für Lernaktivitäten angehalten werden. Bislang werden die Konten <strong>und</strong><br />

der Lernkredit hauptsächlich als einmaliger Zuschuß angesehen.<br />

Eines der Hauptprobleme im Zusammenhang mit <strong>Lernkonten</strong> ist ihr Mitnahmeeffekt.<br />

<strong>Lernkonten</strong> sollen Menschen mit einer offenen Einstellung gegenüber dem Lernen<br />

ansprechen. Dies könnte dazu führen, daß Menschen erreicht werden, die ohnehin nach<br />

Lernmöglichkeiten Ausschau gehalten hätten. Dafür spräche auch, daß nicht ausdrücklich<br />

Personen mit niedrigerem Bildungsstand Zielgruppe <strong>des</strong> Lernkonto-Programms sind.<br />

Leider liegen keinerlei Informationen zum Bildungshintergr<strong>und</strong> der Personen vor, die bislang<br />

ein individuelles Lernkonto eröffnet haben. Das Pilotprojekt erreicht hauptsächlich jüngere<br />

Arbeitnehmer <strong>und</strong> weibliche Berufsrückkehrer. Die gewählten Lernmaßnahmen waren sehr<br />

unterschiedlich <strong>und</strong> individuell. Auch wiesen sie nicht nur einen beruflichen Bezug auf,<br />

sondern waren auch freizeit- oder hobbybezogen.<br />

Am zweiten Tag <strong>des</strong> Treffens zum Peer Review wurde das Lernkonto-Pilotprojekt in<br />

Nordwestengland präsentiert. Der Projektmanager stellte die spezielle Konzeption für diese<br />

Region vor <strong>und</strong> präsentierte einige Ergebnisse sowie den aktuellen Stand <strong>des</strong> Projekts. Im<br />

Nordwesten wurden während der Pilotphase insgesamt 565 Konten eröffnet (bis zum 30.<br />

April 1999).<br />

Eines der vom Projektmanager vorgelegten Ergebnisse war, daß das Konzept der <strong>Lernkonten</strong><br />

für die Mehrzahl der Menschen schwer zu erfassen ist. Einige Faktoren, wie die<br />

Notwendigkeit, ein Bankkonto zu eröffnen, werden als verwirrend <strong>und</strong> abschreckend<br />

empf<strong>und</strong>en. Anscheinend erkennt nur eine begrenzte Zahl von Personen das Potential <strong>des</strong><br />

Lernkontos für die Planung <strong>und</strong> das Ansparen von Mitteln für zukünftige Lernaktivitäten. Der<br />

finanzielle Beitrag <strong>des</strong> TEC (150 GBP) ist eindeutig einer der wichtigsten<br />

Motivationsfaktoren. Ergebnisse einer Erhebung unter Kontoinhabern zeigen jedoch, daß<br />

<strong>Lernkonten</strong> Personen motivieren, die bereits „lernbewußt“ sind. Dieselbe Erhebung besagt,<br />

daß viele Personen auch ohne Lernkredit für Lernaktivitäten bezahlt hätten, was wiederum auf<br />

die Existenz von Mitnahmeeffekten hindeutet. 50 Prozent der Lernkonto-Inhaber im<br />

Nordwesten hätten ihre Lernaktivitäten auch ohne den zusätzlichen Lernkredit aufgenommen,<br />

25 Prozent hätten ohne Lernkredit keine Kurse begonnen, die übrigen 25 Prozent waren sich<br />

nicht sicher. Um Nicht-Lernende für die Idee <strong>des</strong> <strong>Lernens</strong> zu gewinnen, sind vor der<br />

Eröffnung eines Lernkontos wesentlich intensivere begleitende Arbeiten erforderlich.<br />

Das Profil der Personen, die im Nordwesten ein Lernkonto eröffnen, stellt sich wie folgt dar:<br />

▲ Der Anteil von Frauen <strong>und</strong> Männern ist gleich.<br />

▲ 50 Prozent der Personen, die ein Lernkonto eröffnen, sind zwischen 25 <strong>und</strong> 49 Jahren alt.<br />

▲ Die Mehrzahl der Personen, die ein Lernkonto eröffnen, ist weiß (81 Prozent).<br />

▲ 43 Prozent der Personen sind gering qualifiziert oder verfügen über keinerlei formale<br />

Qualifikationen.<br />

▲ 27 Prozent der Personen verfügen über eine hohe (berufliche) Qualifikation.<br />

Eine wichtige Bedingung für den Erfolg <strong>des</strong> Lernkonto-Projekts ist die mögliche Kooperation<br />

mit einem Finanzinstitut. Im Rahmen <strong>des</strong> Lernkonto-Programms kann jeder unabhängig von<br />

seiner finanziellen Situation ein Konto eröffnen. Daraus resultiert ein erheblicher<br />

Verwaltungsaufwand für die betroffenen Finanzinstitute, ohne daß Gewißheit über eventuelle<br />

spätere Gewinne herrscht.<br />

10


Abschließend ist zu bemerken, daß die Idee der individuellen <strong>Lernkonten</strong> in den Regionen<br />

zwar mit großem Enthusiasmus aufgenommen <strong>und</strong> entwickelt wurde <strong>und</strong> auch einige positive<br />

Rückmeldungen von seiten der Beteiligten selbst eingingen, daß aber dennoch schwer<br />

vorhersehbar ist, welche Auswirkungen dieses Programm unter dem Strich langfristig haben<br />

wird. Weitere Bewertungen <strong>und</strong> Beobachtungen werden hier mehr Klarheit bringen <strong>und</strong> sind<br />

daher von großer Bedeutung.<br />

5 Bedarfsanalyse für die Peer-Länder<br />

Deutschland<br />

Der deutsche Experte wies in seinem Schriftstück zunächst darauf hin, daß das deutsche<br />

System der Lehrlingsausbildung eine gute Basis für Lern- <strong>und</strong> Qualifizierungsaktivitäten<br />

darstellt. Allerdings könnte die Fortbildung stimuliert werden, indem zum einen die<br />

Arbeitgeber dazu gebracht werden, der Fortbildung einen größeren Stellenwert einzuräumen,<br />

<strong>und</strong> zum anderen Fortbildungskurse im privaten Sektor entwickelt <strong>und</strong> angeboten werden.<br />

Fortbildungsmaßnahmen werden in Deutschland nur begrenzt durchgeführt, da das Recht auf<br />

Fortbildung nicht gesetzlich verankert ist. Sowohl in den neuen als auch in den alten<br />

Bun<strong>des</strong>ländern ist daher sicherlich eine größere Dynamik bei der Fortbildung vonnöten.<br />

Darüber hinaus ist in deutschen KMU das Interesse an Lern- <strong>und</strong> Ausbildungsaktivitäten<br />

gering, da häufig Zweifel am Nutzen derartiger Investitionen bestehen. Der deutsche<br />

Regierungsvertreter ist außerdem der Ansicht, daß die Qualität der allgemeinen <strong>und</strong><br />

beruflichen Bildung in Deutschland durch eine Verbesserung <strong>des</strong> Verhältnisses zwischen<br />

Angebot <strong>und</strong> Nachfrage weiter gesteigert werden kann. Dies unterstreicht auch die Bedeutung<br />

der Koppelung von Maßnahmen <strong>und</strong> Instrumenten zur Stimulierung <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong><br />

mit der Beschäftigungspolitik. Diese Koppelung verhindert nämlich, daß neu erworbene<br />

Qualifikationen nicht genutzt werden.<br />

Die Niederlande<br />

Die Gesamtbeteiligung an Maßnahmen der Erwachsenenbildung in den Niederlanden stieg<br />

von 15 Prozent in siebziger Jahren auf etwa 38 Prozent in den neunziger Jahren. Dies<br />

bedeutet, daß etwa 38 Prozent der gesamten niederländischen Bevölkerung zwischen 16 <strong>und</strong><br />

65 Jahren jährlich an min<strong>des</strong>tens einer organisierten Bildungsmaßnahme mit einer Dauer von<br />

sechs St<strong>und</strong>en oder länger teilgenommen hat. Daraus könnte man schließen, so der<br />

niederländische Experte, daß die Niederlande auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft sind.<br />

Dennoch liegt aber die jährliche Beteiligungsquote immer noch hinter der von beispielsweise<br />

Schweden (53 Prozent) <strong>und</strong> <strong>des</strong> Vereinigten Königreichs (44 Prozent). Der Experte verweis<br />

außerdem auf die Tatsache, daß circa 10 Prozent der niederländischen Bevölkerung immer<br />

noch Probleme mit Gr<strong>und</strong>fertigkeiten wie Lesen, Schreiben <strong>und</strong> Rechnen hat.<br />

Der niederländische Aktionsplan mißt dem <strong>lebenslangen</strong> Lernen im Hinblick auf den<br />

Arbeitsmarkt große Bedeutung bei. Dabei wird besonders die Beschäftigungsfähigkeit, d. h.<br />

die Fähigkeit einer Person, einen Arbeitsplatz zu finden <strong>und</strong> zu behalten, hervorgehoben. Die<br />

britischen Maßnahmen zur Förderung <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> sind allem Anschein nach<br />

breiter angelegt <strong>und</strong> besser koordiniert als in den Niederlanden, wo verschiedene<br />

dezentralisierte Initiativen aufgenommen wurden, die jedoch nicht durch die Zentralregierung<br />

koordiniert werden.<br />

11


Frankreich<br />

Der französische Experte bestätigte, daß die Hemmnisse für das lebenslange Lernen in<br />

Frankreich mit denen im Vereinigten Königreich vergleichbar sind. Niedrigqualifizierte<br />

Arbeitskräfte, Frauen <strong>und</strong> Arbeitskräfte in KMU sind bei Ausbildungsmaßnahmen<br />

unterrepräsentiert. Auch betreffen Investitionen in die Ausbildung in erster Linie Personen in<br />

Positionen <strong>des</strong> mittleren <strong>und</strong> oberen Managements. Bedingt durch die unzureichende<br />

Diversifizierung der Lern- <strong>und</strong> Ausbildungsorte sowie der Lern- <strong>und</strong><br />

Ausbildungsmöglichkeiten in Frankreich kann zudem den unterschiedlichen Bedürfnissen<br />

nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden. Den Angaben <strong>des</strong> französischen<br />

Regierungsexperten zufolge beabsichtigt man in Frankreich daher die Entwicklung neuer<br />

Ausbildungsmethoden in kleinerem Rahmen auf lokaler Ebene. Ebenso wie die UfI müssen<br />

auch diese neuen Initiativen mit einem Beratungsdienst <strong>und</strong> finanziellen Partnerschaften<br />

gekoppelt werden. Außerdem ist eine spezifische Ausrichtung auf KMU erforderlich.<br />

Dänemark<br />

Laut Aussage <strong>des</strong> dänischen Regierungsvertreters ist der Arbeitsmarkt in Dänemark<br />

gegenwärtig durch einen ernstzunehmenden Arbeitskräftemangel geprägt. Die<br />

Arbeitslosenquote in Dänemark liegt derzeit bei nur fünf Prozent. Die dänische Politik hat<br />

daher einen anderen Schwerpunkt als die britische. Das Hauptanliegen ist derzeit die<br />

Sicherung eines ausreichenden Arbeitskräfteangebots. Eine der wichtigsten Fragen ist dabei,<br />

wie der Abgang älterer Arbeitnehmer reduziert werden kann. Für diese Zielgruppe können das<br />

Konzept <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> <strong>und</strong> insbesondere die UfI interessante Ideen liefern.<br />

Italien<br />

Die italienische Expertin wies darauf hin, daß der Bildungsgrad der erwachsenen<br />

Bevölkerung in Italien im Vergleich zu den Durchschnittswerten der EU <strong>und</strong> der OECD<br />

niedrig ist. Zwei Drittel der Arbeitskräfte verfügt höchstens über das obligatorische<br />

Bildungsniveau. Trotz <strong>des</strong> allgemein niedrigen Bildungsniveaus sind Angebot <strong>und</strong> Nachfrage<br />

in Bezug auf lebenslanges Lernen begrenzt. Die Nachfrage nach Ausbildungsangeboten ist<br />

aufgr<strong>und</strong> der Merkmale der italienischen Produktionsstruktur, die hauptsächlich auf KMU<br />

basiert, gering. Wie auch ihr deutscher Kollege brachte die italienische Expertin zum<br />

Ausdruck, daß es in KMU häufig an der Überzeugung mangelt, daß sich Investitionen in<br />

Humanressourcen in Form von Ausbildungsmaßnahmen bezahlt machen. Außerdem bleiben<br />

die wenigen beruflichen Ausbildungsmaßnahmen, die Arbeitnehmern angeboten werden,<br />

meist Personen mit höherem Bildungsniveau vorbehalten, da ihnen das größte produktive<br />

Potential zugeschrieben wird.<br />

Auf der Angebotsseite ist die Hauptschwachstelle die beträchtliche institutionelle<br />

Fragmentierung <strong>des</strong> Bildungswesens. Die Verantwortung für verschiedene Teile <strong>des</strong><br />

Bildungswesens liegt bei unterschiedlichen Ministerien, was eine strenge Trennung zwischen<br />

dem regulären Schulsystem, dem beruflichen Ausbildungssystem <strong>und</strong> dem Produktionssystem<br />

zur Folge hat. Die verschiedenen Trägerinstitutionen der allgemeinen <strong>und</strong> beruflichen Bildung<br />

sind kaum oder gar nicht koordiniert <strong>und</strong> integriert.<br />

Im letzten Jahrzehnt ist man sich in Italien zunehmend der Bedeutung einer Förderung der<br />

Investitionen in Humanressourcen <strong>und</strong> lebenslanges Lernen bewußt geworden. In diesem Jahr<br />

wurde von der Zentralregierung ein Entwicklungsplan zur Stärkung <strong>und</strong> Reformierung <strong>des</strong><br />

italienischen allgemeinen <strong>und</strong> beruflichen Bildungssystems ausgearbeitet. Unter anderem ist<br />

vorgesehen, unterschiedliche Bildungssysteme <strong>und</strong> das Produktionssystem zu integrieren, die<br />

Kompetenzen im Bereich der Bildungs- <strong>und</strong> der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu<br />

12


dezentralisieren <strong>und</strong> regionalen sowie lokalen Behörden zu übertragen sowie Investitionen in<br />

die Infrastruktur sowie in Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien zu tätigen.<br />

Angesichts dieses Plans könnten die britischen Initiativen, insbesondere jedoch die UfI, für<br />

Italien von Interesse sein.<br />

Irland<br />

Der irische Experte legte die gegenwärtige Haltung Irlands gegenüber dem Konzept <strong>des</strong><br />

<strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> dar. Eine kürzlich erstellte Studie belegt, daß ein Viertel der irischen<br />

Erwachsenen nur über geringe Fertigkeiten im Lesen <strong>und</strong> Schreiben verfügt. Dies hat die<br />

Debatte über die Notwendigkeit <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> belebt. Der Mangel an<br />

Gr<strong>und</strong>fertigkeiten ist teilweise durch die späte Einführung <strong>des</strong> kostenlosen<br />

Sek<strong>und</strong>arunterrichts in Irland zu erklären (1967), die sich heute in einer breiten Kluft im<br />

Bildungsniveau von jüngeren <strong>und</strong> älteren Menschen äußert. Das gegenwärtige beispiellose<br />

Wirtschaftswachstum hat zu einer Verknappung <strong>des</strong> Arbeitskräfteangebots geführt <strong>und</strong> macht<br />

die Qualifikationsdefizite der Arbeitskräfte deutlich. Schließlich gibt es aufgr<strong>und</strong> der<br />

fehlenden Entwicklung einer Infrastruktur für die Erwachsenenbildung kaum Möglichkeiten<br />

für gering qualifizierte Erwachsene, noch einmal in Lernmaßnahmen einzusteigen.<br />

Die genannten Faktoren machen das Konzept <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> für Irland äußerst<br />

interessant. Im Mittelpunkt der Debatte zum <strong>lebenslangen</strong> Lernen steht in Irland die<br />

Notwendigkeit, Lernen als lebensbegleitenden Prozeß für alle Menschen anzusehen <strong>und</strong> auch<br />

die am stärksten benachteiligten Gruppen in diesen Prozeß einzubinden. Der irische Experte<br />

wies darauf hin, daß eine genaue Überwachung <strong>und</strong> Bewertung der Ergebnisse <strong>des</strong><br />

Pilotprojekts von großer Bedeutung ist, da sie zur Zeit die einzigen Informationen zur<br />

Effektivität <strong>und</strong> zu möglichen Resultaten sind.<br />

Portugal<br />

Die portugiesischen Vertreter legten dar, daß Portugal noch weit davon entfernt ist, ein so<br />

weitreichen<strong>des</strong> Programm für lebenslanges Lernen in Erwägung zu ziehen wie das Vereinigte<br />

Königreich. Für bestimmte Zielgruppen wurden verschiedene Maßnahmen, z. B. steuerliche<br />

Anreize <strong>und</strong> Ausbildungsgutscheine, augelegt, um die Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen<br />

zu stimulieren. Die politischen Entscheidungsträger in Portugal sind jedoch zur Zeit mit zwei<br />

anderen wichtigen Problemen konfrontiert. Zum einen muß die Wettbewerbsfähigkeit im<br />

allgemeinen weiter verbessert werden, indem z. B. den portugiesischen Unternehmern bewußt<br />

gemacht wird, daß Ausbildung nicht nur Kosten verursacht, sondern auch nutzbringend ist.<br />

Zum anderen bedarf die hohe Rate der Schulabbrecher besonderer Aufmerksamkeit.<br />

Im Zusammenhang mit dem britischen Programm sehen die portugiesischen Vertreter ein<br />

Problem darin, daß die individuellen <strong>Lernkonten</strong> anscheinend eine sehr weit gefaßte <strong>und</strong> stark<br />

diversifizierte Zielgruppe mit unterschiedlicher Lernmotivation <strong>und</strong> unterschiedlichen<br />

Bedürfnissen ansprechen. Das Programm wird zwar gut vermarktet, aber wie groß ist der<br />

entsprechende Bedarf in der Gesellschaft?<br />

Finnland<br />

Wie der finnische Experte darlegte, unterscheidet sich der Lernkontext in Finnland erheblich<br />

von dem Kontext, wie er für die anderen Länder geschildert wurde. 50 Prozent aller<br />

finnischen Erwachsenen nehmen an (hauptsächlich berufsbezogenen) Bildungsmaßnahmen<br />

teil. Daraus ergibt sich ein anderes Problem, nämlich die Organisation der erforderlichen<br />

Ausbildungsinfrastruktur.<br />

13


Die Finanzierung <strong>und</strong> die Festlegung der Inhalte der allgemeinen <strong>und</strong> beruflichen Bildung<br />

lagen schon immer hauptsächlich in der Hand <strong>des</strong> finnischen Staates. Vor kurzem wurde zu<br />

einer bedarfsorientierteren Ausrichtung übergegangen, die mit dem britischen Bildungsmodell<br />

vergleichbar ist. Dennoch wird der Staat in Finnland auch weiterhin eine wichtigere Rolle<br />

spielen als der offene Markt für Lernangebote.<br />

Österreich<br />

Der österreichische Experte betrachtet die allgemeine <strong>und</strong> die berufliche Bildung als wichtige<br />

Faktoren für die wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Entwicklung. Unzureichende Bildung <strong>und</strong><br />

Qualifikationen tragen einerseits zu wirtschaftlicher Not <strong>und</strong> sozioökonomischer<br />

Ausgrenzung bei <strong>und</strong> schwächen andererseits das Wirtschaftswachstum. Wie stellt sich die<br />

Bildungssituation in Österreich dar? Bei einem Vergleich <strong>des</strong> Niveaus der Gr<strong>und</strong>fertigkeiten<br />

(Lesen, Schreiben, Rechnen) in den USA <strong>und</strong> in Österreich kam der Experte zu dem Ergebnis,<br />

daß es keine wesentlichen Unterschied zwischen den Kompetenzniveaus gibt. Das Vereinigte<br />

Königreich war bei der Senkung <strong>des</strong> Anteils gering qualifizierter junger Menschen in der<br />

Bevölkerung erfolgreicher. In Österreich steht daher die Verringerung der Zahl gering<br />

qualifizierter junger Menschen, z. B. durch Anwendung von Systemen zur<br />

Lehrlingsausbildung, im Mittelpunkt. Außerdem liegt Österreich zurück, was den Zugang zur<br />

Hochschulbildung <strong>und</strong> die Zahl der Hochschulstudenten angeht.<br />

6 Übertragbarkeit<br />

Deutschland<br />

Sowohl der deutsche Regierungsvertreter als auch der deutsche Experte vertraten die<br />

Auffassung, daß das Konzept der UfI einige interessante Elemente beinhaltet, die auch für<br />

Deutschland von Nutzen sein könnten. Der deutsche Regierungsvertreter bewertete den<br />

netzbasierten Ansatz der UfI als sehr positiv. Aber auch die Anwendung der neuen<br />

Kommunikationstechnologien wurde als interessant eingestuft. Darüber hinaus ist die<br />

Umsetzung <strong>des</strong> Programms im Rahmen eines kleineren Pilotprojekts ein auf Deutschland<br />

übertragbarer Ansatz, da er eine Analyse der bei der Umsetzung auftretenden Schwierigkeiten<br />

<strong>und</strong> eine Modifizierung <strong>des</strong> Programms vor der Umsetzung im größeren Rahmen ermöglicht.<br />

Ein weiterer attraktiver Aspekt <strong>des</strong> britischen Ansatzes ist die Verwendung von öffentlichen<br />

Investitionen zur Stimulierung umfangreicher privater Investitionen in einer späteren Phase.<br />

Dennoch äußerten die beiden deutschen Teilnehmer Zweifel an den Möglichkeiten zur<br />

Finanzierung einer Initiative wie der UfI in Deutschland. Der Regierungsvertreter wies ferner<br />

darauf hin, daß die Schaffung eines zusätzlichen Instruments wie der UfI nicht die einzige<br />

Aktivität zur Förderung <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> sein sollte. Vielmehr sollte auch das<br />

reguläre Bildungswesen in Deutschland entsprechend angepaßt werden.<br />

In bezug auf die individuellen <strong>Lernkonten</strong> hoben beide deutschen Experten den Aspekt der<br />

Kofinanzierung mit Mitteln aus unterschiedlichen Quellen hervor. Im allgemeinen ist in<br />

Deutschland ein Trend zur einer eher bedarfsorientierten Finanzierung von Lernaktivitäten zu<br />

verzeichnen, der in Einklang mit dem erwähnten Aspekt der Kofinanzierung steht.<br />

Niederlande<br />

Der niederländische Experte stellte bei den vorgesehenen Maßnahmen einige Ähnlichkeiten<br />

zwischen dem niederländischen <strong>und</strong> dem britischen Ansatz fest. So sind beide Ansätze<br />

hauptsächlich bedarfsorientiert. Einer der Hauptunterschiede ist die im Vergleich zum eher<br />

14


zentralisierten Ansatz im Vereinigten Königreich dezentralisiertere Umsetzung in den<br />

Niederlanden. Außerdem wird in den Niederlanden die vorhandene Infrastruktur genutzt,<br />

während die UfI im Vereinigten Königreich erhebliche Änderungen dieser Infrastruktur mit<br />

sich bringt. Einige der in den Niederlanden entwickelten Initiativen basieren auf Beispielen<br />

aus dem Vereinigten Königreich. Leider wurden diese Initiativen nach dem<br />

Regierungswechsel teilweise aufgegeben, da sie noch nicht ausreichend in die Gesellschaft<br />

integriert waren, um von Dauer zu sein. Der niederländische Experte äußerte Zweifel, ob (<strong>und</strong><br />

ggf. wie) die UfI dem gesamten Spektrum ihrer unterschiedlichen Funktionen gerecht werden<br />

kann. Der niederländische Experte sieht hier einige Interessenskonflikte. Nach seiner<br />

Auffassung ist eine unveränderte Übertragung der UfI auf die Niederlande unwahrscheinlich,<br />

da die institutionellen Unterschiede zu groß sind. Die UfI vermittelt jedoch einen Einblick in<br />

die methodischen Aspekte, die zu berücksichtigen sind, wenn Personen zur Aufnahme von<br />

Lernaktivitäten bewegt werden sollen. Der niederländische Regierungsvertreter gab ferner zu<br />

bedenken, daß sich Systeme anderer Länder zwar nicht importieren lassen, daß sie aber, wie<br />

im Fall der UfI für die Niederlande, eine wichtige Inspirationsquelle darstellen.<br />

Frankreich<br />

Nach Auffassung <strong>des</strong> französischen Regierungsvertreters sind mehrere Elemente der UfI für<br />

Frankreich von Interesse. Zunächst lobte der französische Teilnehmer die offene <strong>und</strong> flexible<br />

Auslegung <strong>des</strong> Systems. Die UfI steht jedermann offen <strong>und</strong> ist theoretisch in der Lage, alle<br />

individuellen Bedürfnisse zu decken. Sie gibt jedem die Möglichkeit, zu jedem beliebigen<br />

Zeitpunkt <strong>und</strong> an jedem beliebigen Ort zu lernen. Der französische Experte sah ferner in der<br />

Plazierung der Bildungszentren an häufig besuchten Orten sowie in der kostenlosen direkten<br />

Telefonberatung wichtige Pluspunkte der UfI. Alle diese Elemente sollten bei dem Versuch<br />

berücksichtigt werden, in der französischen Gesellschaft den Wandel zur kognitiven<br />

Gesellschaft anzustoßen. Sowohl der Regierungsvertreter als auch der Experte äußerten<br />

jedoch Zweifel in bezug auf eine direkte Umsetzung <strong>des</strong> UfI-Konzepts in Frankreich. Ein<br />

wichtiger institutioneller Unterschied zwischen dem Vereinigten Königreich <strong>und</strong> Frankreich<br />

ist die Bedeutung <strong>des</strong> sozialen Dialogs in Frankreich, der die Arbeitsmarktpolitik <strong>und</strong> damit<br />

auch die Bildungs- <strong>und</strong> Ausbildungspolitik bestimmt. Eine Umsetzung der UfI in Frankreich<br />

würde daher einen anderen Ansatz erfordern. Weitere Probleme sind die Finanzierung der UfI<br />

sowie die Akkreditierung der von der UfI vermittelten Ausbildungsmaßnahmen. Die<br />

Zertifizierung stellt für viele Personen einen wichtigen Anreiz dar, eine Lernmaßnahme zu<br />

beginnen. Lebenslanges Lernen sollte nicht per se gefördert werden, sondern auch für eine<br />

größere Mobilität sorgen, wie der französische Experte darlegte.<br />

Dänemark<br />

Der dänische Regierungsvertreter stimmte mit seinem niederländischen Kollegen darin<br />

überein, daß es nicht möglich sei, ein System zu kopieren oder komplett auf die dänische<br />

Situation zu übertragen. Wie bereits angedeutet, kommen jedoch einige Elemente <strong>des</strong><br />

britischen bewährten Verfahrens für eine nähere Betrachtung in Dänemark in Frage. Die<br />

Dänen erkennen die Notwendigkeit der Entwicklung von Strukturen an, die dem einzelnen die<br />

Möglichkeit zur Formulierung der eigenen persönlichen Bedürfnisse geben. Außerdem<br />

verfügt die Arbeitsverwaltung über große Erfahrung bei der Entwicklung individueller<br />

Aktionspläne. Der dänische Vertreter äußerte jedoch einige Vorbehalte hinsichtlich der<br />

direkten Übertragbarkeit der britischen Maßnahme auf Dänemark. Er warf die Frage auf,<br />

inwieweit die dänische Tradition <strong>des</strong> sozialen Dialogs mit dem System <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong><br />

<strong>Lernens</strong> vereinbar sei, wie es im Vereinigten Königreich entwickelt wurde. Wie auch sein<br />

französischer Kollege wies er darauf hin, daß der institutionelle Kontext im Vereinigten<br />

Königreich in dieser Hinsicht vom dänischen abweicht.<br />

15


Italien<br />

Die britischen Aktivitäten zur Förderung <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> sind angesichts <strong>des</strong><br />

mangelnden Interesses an allgemeiner <strong>und</strong> beruflicher Bildung in Italien <strong>und</strong> angesichts der<br />

gegenwärtigen Anstrengungen zur Reformierung der Bildungsinfrastruktur für das Land von<br />

großem Interesse. Besonders das Konzept der UfI ist vielversprechend, da eine Organisation<br />

nach dem Vorbild der UfI die Koordination <strong>und</strong> Kooperation der verschiedenen am<br />

Bildungswesen beteiligten Institutionen fördern <strong>und</strong> vereinfachen kann. Aspekte <strong>des</strong><br />

britischen Ansatzes, die in Betracht gezogen werden können, sind die Anwendung eines<br />

allgemeinen Maßnahmen-Rahmenwerks, das in unterschiedliche Programme mit jeweils<br />

spezifischer Zielsetzung <strong>und</strong> Zielgruppe unterteilt ist, sowie die besondere Bedeutung, die der<br />

Beteiligung von Unternehmen, insbesondere KMU, beigemessen wird. Allerdings erinnerte<br />

der Experte daran, daß die Anwendung eines allgemeine Rahmenwerks im Vereinigten<br />

Königreich wahrscheinlich dadurch vereinfacht wird, daß Beschäftigung <strong>und</strong> Bildung dort in<br />

die Zuständigkeit <strong>des</strong>selben Ministeriums fallen, was in Italien nicht der Fall ist.<br />

Interessant ist auch die Umsetzung der UfI, die zunächst die Durchführung von Pilotprojekten<br />

für eine experimentelle Phase <strong>und</strong> anschließend die Modifizierung <strong>des</strong> Programms anhand der<br />

Überwachungs- <strong>und</strong> Bewertungsergebnisse vor der Umsetzung im größeren Rahmen vorsieht.<br />

Dieser Punkt wurde auch von den deutschen Teilnehmern angesprochen. Der italienische<br />

Experte betonte weiterhin die Bedeutung einer Beteiligung der Sozialpartner für die<br />

Förderung <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> in Italien. Hierin unterscheidet sich die italienische<br />

Situation von der Situation im Vereinigten Königreich.<br />

Irland<br />

Wie bereits im Abschnitt „Bedarfsanalyse für die Peer-Länder“ beschrieben ist Irland sehr am<br />

Konzept <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> interessiert. Sowohl der irische Experte als auch der<br />

irische Regierungsvertreter nannten einige Elemente, die näher betrachtet <strong>und</strong> eventuell auf<br />

Irland übertragen werden könnten. Sie wiesen jedoch auch darauf hin, daß sich die<br />

Wirksamkeit zahlreicher Elemente erst noch erweisen muß. Der irische Experte für aktive<br />

Arbeitsmarktpolitik betrachtet den Aspekt der Motivierung als interessant, obwohl<br />

abzuwarten bleibt, inwieweit <strong>Lernkonten</strong> <strong>und</strong> UfI tatsächlich alle Gruppen einschließen<br />

werden. Zweitens ist der große Umfang der verfügbaren (öffentlichen) Mittel von besonderem<br />

Interesse, obwohl noch mehr oder weniger ungeklärt ist, wie die verfügbaren Mittel die<br />

Personen mit dem dringendsten Ausbildungsbedarf erreichen sollen. Drittens wurde die<br />

Verschiedenartigkeit der Instrumente im Programm <strong>des</strong> Vereinigten Königreichs erwähnt.<br />

Der Regierungsexperte wies auf das individuelle Konzept der <strong>Lernkonten</strong> hin, das dem<br />

einzelnen selbst die Verantwortung überträgt. <strong>Lernkonten</strong> sprechen zwei der größten<br />

Hindernisse an, die dem Lernen entgegenstehen, nämlich Geld <strong>und</strong> Zeit. Die finanziellen<br />

Anreize sind jedoch nicht auf die am schwersten zu erreichenden Gruppen ausgerichtet,<br />

nämlich Arbeitslose <strong>und</strong> Personen, die zu Hause arbeiten.<br />

Portugal<br />

Zwar unterscheidet sich die Bildungssituation in Portugal stark von der im Vereinigten<br />

Königreich, doch sind einige Aspekte <strong>des</strong> britischen Programms für den portugiesischen<br />

Experten durchaus von Interesse. Als erstes hob er die Verantwortung <strong>des</strong> einzelnen für<br />

Investitionen in die eigenen Lernaktivitäten <strong>und</strong> für die Gestaltung dieser Aktivitäten als<br />

positiv hervor <strong>und</strong> betonte gleichzeitig, daß die Realität in Portugal noch weit von diesem Ziel<br />

entfernt sei. Als zweites äußerte sich der Experte sehr lobend über die enge Kooperation der<br />

sozialen Institutionen im Rahmenwerk <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong>.<br />

16


Finnland<br />

Der finnische Experte stellte in zahlreichen Ländern Europas einen Trend zur kognitiven<br />

Gesellschaft fest. Da jedoch die Ausgangssituationen von Land zu Land sehr unterschiedlich<br />

seien, sei für je<strong>des</strong> Land eine andere Strategie erforderlich. In diesem Zusammenhang nannte<br />

er einige interessante Aspekte <strong>des</strong> Programms für lebenslanges Lernen im Vereinigten<br />

Königreich. Seiner Ansicht nach richtet sich das Programm nicht nur gegen Arbeitslosigkeit<br />

<strong>und</strong> Ausgrenzung, sondern fördert auch die Möglichkeiten <strong>des</strong> einzelnen, sein Leben selbst in<br />

die Hand zu nehmen. Der finnische Regierungsvertreter beurteilte die innovative<br />

Marketingstrategie, die im Vereinigten Königreich angewandt wird, um die Zielgruppen zu<br />

erreichen, als interessantes Merkmal <strong>des</strong> britischen Ansatzes.<br />

Nach Aussage <strong>des</strong> finnischen Regierungsvertreters hat Finnland großes Interesse an der<br />

britischen UfI, da zur Zeit ein Pilotprojekt mit einem gegenüber früher stark verbesserten<br />

Unterstützungsservice über das Internet läuft. Die Finnen haben jedoch bislang noch kein<br />

Online-Lernmaterial in größerem Umfang entwickelt. Aufgr<strong>und</strong> der Kombination von<br />

Beschäftigungs- <strong>und</strong> Bildungspolitik unter der Verantwortung eines Ministeriums im<br />

Vereinigten Königreich gestaltet sich dort die Umsetzung eines Konzepts wie der UfI<br />

einfacher als in Finnland, wo beide Politikfelder unterschiedlichen Ministerien unterstehen.<br />

Dieses Konzept könnte in Finnland in Erwägung gezogen werden. Der finnische Vertreter<br />

äußerte außerdem seine Überzeugung, daß die Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen<br />

einen wichtigen Weg zur Bereitstellung von Sozialkapital darstellen wird, der der<br />

strukturellen Umsetzung der UfI <strong>und</strong> dem strukturellen Bewußtsein für lebenslanges Lernen<br />

förderlich sein könnte.<br />

Österreich<br />

Die österreichische Expertin erklärte in ihrem Schriftstück, daß die im Programm <strong>des</strong><br />

Vereinigten Königreichs für lebenslanges Lernen dargelegten Visionen <strong>und</strong> Ziele von anderen<br />

Mitgliedstaaten erwogen werden sollten. Das Ausmaß, in dem eine Übertragung <strong>des</strong><br />

Programms auf andere Länder realistisch wäre, wird jedoch von Land zu Land variieren.<br />

Dennoch sind die vorgeschlagenen institutionellen Mechanismen, der integrierte Ansatz <strong>und</strong><br />

die Finanzierungsbasis der Instrumente wie UfI <strong>und</strong> <strong>Lernkonten</strong> von besonderem Interesse.<br />

UfI <strong>und</strong> <strong>Lernkonten</strong> werden auch für Österreich als vielversprechende Möglichkeiten bei der<br />

Entwicklung zu einer kognitiven Gesellschaft angesehen. In bezug auf die UfI sind das<br />

Informationsnetz zur Beratung der Lernenden <strong>und</strong> der Einsatz der neuen Medien für das<br />

Lernen von Interesse, obwohl die Umsetzung <strong>des</strong> Konzepts mit einer Reihe von<br />

Schwierigkeiten verb<strong>und</strong>en ist. Darüber hinaus wird besonders die Tatsache gelobt, daß die<br />

<strong>Lernkonten</strong> einen Versuch darstellen, die finanzielle Hürde für Lernaktivitäten zu nehmen.<br />

Die österreichische Expertin vertrat die Auffassung, daß es vielleicht ratsam sei, weitere<br />

Bewertungsergebnisse abzuwarten, bevor eine Umsetzung ins Auge gefaßt werde.<br />

7 Schlußfolgerungen<br />

Generell kann gefolgert werden, daß die Förderung <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong> <strong>Lernens</strong> in den meisten<br />

Mitgliedstaaten als wichtig erachtet wird. Dies belegt unter anderem die große Zahl der<br />

Länder, die Interesse an diesem speziellen bewährten Verfahren bek<strong>und</strong>et hat. Insgesamt<br />

nahmen neun Peer-Länder an dem Treffen zum Peer Review teil. Wie sich zeigte, laufen in<br />

den meisten teilnehmenden Ländern Maßnahmen, die das Bewußtsein für Lernaktivitäten <strong>und</strong><br />

17


eine Ausrichtung auf lebenslanges Lernen fördern sollen. Nach Aussage der Teilnehmer stellt<br />

der britische Ansatz daher auf die eine oder andere Weise eine Anregung für alle Teilnehmer<br />

dar. Vor allem die umfassende Sichtweise, die dem Ansatz der britischen Regierung zugr<strong>und</strong>e<br />

liegt, wurde von den Vertretern <strong>und</strong> Experten mehrerer Mitgliedstaaten besonders gelobt.<br />

Die britischen Teilnehmer äußerten ihre Zufriedenheit mit dieser Vorab-Beurteilung, die<br />

ihnen Feedback für ihre aktuellen Pläne <strong>und</strong> Maßnahmen geliefert hat. In ihrem<br />

Dankschreiben brachten die britischen Teilnehmer dies wie folgt zum Ausdruck:<br />

„Ihr Feedback zu unseren Maßnahmen <strong>und</strong> Initiativen betreffend das lebenslange Lernen war<br />

uns gleichzeitig Anregung <strong>und</strong> Herausforderung. Bei der Entwicklung <strong>des</strong> <strong>lebenslangen</strong><br />

<strong>Lernens</strong> im Vereinigten Königreich werden wir auf die zahlreichen Denkanstöße<br />

zurückkommen, die Sie uns gegeben haben.“<br />

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