CCC - Das chaos Computer Buch
CCC - Das chaos Computer Buch
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<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
meingültige, abstrakte Verfahren anwenden und daß diese sich auf<br />
<strong>Computer</strong> übertragen lassen.<br />
Marvin Minsky und Seymour Papert vom Massachusetts Institute of<br />
Technology (MIT) suchten dagegen nicht nach allgemeinen<br />
Problemlösungsstrategien. Nach ihren Vorstellungen müßten<br />
<strong>Computer</strong> in der Lage sein, Vorgänge in der wirklichen Welt zu<br />
«verstehen». Um das zu erreichen, pflanzten sie ihren Maschinen eine<br />
Art « Weltwissen» ein. Hunderttausend Elemente dieses Wissens, so<br />
damals Minskys Erwartung, seien genug, «um sich in gewöhnlichen<br />
Situationen mit angemessener Sensibilität zu verhalten. Eine Million<br />
sollte - wenn sie geeignet angeordnet sind - auch für eine sehr große<br />
Intelligenz ausreichen. »<br />
Der <strong>Computer</strong>wissenschaftler Edward Feigenbaum von der Stanford<br />
University träumte in jenen Gründerjahren von sprechenden<br />
Gartenstühlen und Kücheneinrichtungen und von gefühlsbetonten<br />
Robotern für die Altenpflege.<br />
Nach den Höhenflügen aus der Anfangszeit folgte eine Phase der<br />
Ernüchterung in der weltweiten KI-Forschung. Weil der «gesunde<br />
Menschenverstand», wie er den KI-Pionieren vorschwebte, nicht in<br />
den Griff zu bekommen war, wandten sie sich streng reduzierten Mini-<br />
Welten zu, in denen sie die Bedingungen selbst definieren konnten.<br />
Terry Winograd entwickelte Ende der sechziger Jahre SHRDLU, ein<br />
Programm, das auf dem Bildschirm einen Roboter simulierte, der<br />
Klötzchen und Pyramiden bewegte. SHRDLU mußte natürliche<br />
Sprache verstehen und Antworten geben, räumliche Verhältnisse<br />
zwischen den Objekten erkennen und ein «Allgemeinwissen» über die<br />
Klötzchenwelt besitzen, die allerdings mit der realen Welt nicht viel zu<br />
tun hatte. Programme wie dieses veranlaßten den KI-Kritiker Hubert<br />
Dreyfus zur Bemerkung, die KI-Forscher glichen dem Mann, der auf<br />
einen Baum steigt und glaubt, damit dem Mond ein Stück näher<br />
gekommen zu sein.<br />
Superschnelle Rechner, neue Programmiermethoden und nicht zuletzt<br />
wirtschaftliche und militärische Interessen verhalfen der Wissenschaft<br />
von der Künstlichen Intelligenz seit Beginn der achtziger Jahre<br />
zu einem regelrechten Boom, der bis heute anhält. Nur: Auch nach<br />
dreißig Jahren Forschung gibt es immer noch «kein Programm, das<br />
gesunden Menschenverstand besitzt; kein Programm, das Dinge lernt,<br />
ohne daß man ihm beibringt, wie es diese Dinge lernen kann; kein<br />
Programm, das sich elegant von den eigenen Fehlern erholt», wie<br />
Douglas Hofstadter, bekannt als Autor von «Gödel, Escher, Bach», vor<br />
einiger Zeit notierte. Hinzu kommt, daß sich die menschliche<br />
Intelligenz nach wie vorjeder Beschreibung entzieht. Es gibt<br />
niemanden, der weiß, was «Intelligenz» eigentlich ist, wie soll man sie<br />
da auf einer Maschine simulieren.<br />
Die heutigen KI-Forscher leben unbekümmert mit diesem Manko,<br />
indem sie erst gar nicht nach den Prinzipien der Intelligenz suchen.<br />
Von «Künstlicher Intelligenz» sprechen sie dann, wenn ein <strong>Computer</strong><br />
Aufgaben bewältigt, deren Lösung nach landläufiger Definition auch<br />
beim Menschen intelligentes Verhalten erfordern würde. Dazu zählen<br />
sie unter anderem das Beweisen mathematischer Sätze, das Verstehen<br />
und Verarbeiten natürlicher Sprache und die Analyse und sprachliche<br />
Beschreibung von Bildern.<br />
Mit der Ablösung der bisher gebräuchlichen sequentiellen<br />
<strong>Computer</strong>, die Rechenschritte immer streng nacheinander abarbeiten,<br />
durch sogenannte Parallelrechner, die zigmillionen Operationen zur<br />
gleichen Zeit durchführen, wird die KI-Forschung in den nächsten<br />
Jahren einen gewaltigen Schritt nach vorn machen. Am MIT in<br />
Cambridge laufen derzeit Versuche mit der « Connection Machine»,<br />
die über 60000 parallel arbeitende Prozessoren verfügt. Man hofft, den<br />
Denk und Erkenntnisprozessen im menschlichen Gehirn mit Hilfe<br />
solcher neuen Rechner auf die Spur zu kommen.<br />
Big Brother wird Sportreporter<br />
Wolfgang Wahlster ist fünfunddreißig Jahre alt und seit 1983 Informatik-Professor<br />
an der Universität Saarbrücken im Sonderforschungsbereich<br />
Künstliche Intelligenz. Zuvor hatte er einige Projekte an der<br />
Hamburger Uni geleitet. <strong>Das</strong> Durchschnittsalter der KI-Forscher ist<br />
hierzulande zwar auffallend niedrig, aber Wahlster ist nun doch eine<br />
Ausnahme. Er gilt als eines der größten Talente der KI-Forschung<br />
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