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CCC - Das chaos Computer Buch

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<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

Auf der DAFTA am 15. und 16. November 84 in Köln, einer Datenschutz-Fachtagung,<br />

präsentierten die Veranstalter einen richtigen,<br />

lebendigen Hacker. Im überfüllten Saal hielt Wau seinen Vortrag zum<br />

Thema «Btx - Eldorado für Hacker?» Er nutzte die Chance, dem anwesenden<br />

Fachpublikum das Grausen beizubringen, indem er ein paar<br />

praktische Erkenntnisse preisgab, die der <strong>CCC</strong> bereits nach wenigen<br />

Monaten Btx-Teilnahme gewonnen hatte. Wau führte vor, wie eine<br />

Btx-Anschlußbox so manipuliert wird, daß man auf fremde Kosten im<br />

System herumhacken kann. Der <strong>CCC</strong> habe im IBM-Programm<br />

schwere Fehler entdeckt, berichtete Wau weiter, die unter Umständen<br />

dazu führen könnten, daß persönliche Daten und geheime Paßwörter in<br />

fremde Hände gelangen. Kriminelle könnten diesen Fehler ausnutzen<br />

und arglose Btx-Teilnehmer um Riesenbeträge prellen. Der Vertreter<br />

des Postministeriums auf der DAFTA, Bodo Frahm, stritt hingegen<br />

solche Mängel rundheraus ab. <strong>Das</strong> System sei absolut wasserdicht.<br />

Was Bodo Frahm nicht wußte: Der <strong>CCC</strong> war sich damals bereits<br />

sicher, Beweise für einen Software-Fehler in Händen zu halten. Und<br />

weil der Postler auf der Datenschutztagung wenig kooperativ war, so<br />

ein späterer <strong>CCC</strong>-Kommentar, mußte man mit diesem Beweis an die<br />

Öffentlichkeit, zur Warnung und zur Abschreckung potentieller Btx-<br />

Teilnehmer. Die Schlagzeilen am 20. 11. 84 ließen bei Post und IBM<br />

dann die Sirenen aufheulen: « ELEKTRONISCHER BANKRAUB IN<br />

BTX! » - «COMPUTER-FANS ZAPFTEN DER HASPA 135 000<br />

MARK VOM KONTO! ». Was war geschehen?<br />

Mit dem geheimen Paßwort der Hamburger Sparkasse sind die Daten-Chaoten<br />

ins Btx-System geschlüpft, wie mit einer elektronischen<br />

Tarnkappe. Dann haben sie - auf Kosten der Sparkasse - eine gebührenpflichtige<br />

Spendenseite aus dem eigenen <strong>CCC</strong>-Programm abgerufen,<br />

aber nicht nur einmal, sondern rund 13 500mal, eine ganze Nacht<br />

lang. Von Hand wäre das zu mühsam gewesen, deshalb wurde diese<br />

Arbeit von einem <strong>Computer</strong> erledigt. Da ein Abruf der Spendenseite<br />

(Text: «Es erforderte ein bemerkenswertes Team, den Gilb zurückzuweisen<br />

und ein Volk von 6o Millionen Menschen zu befreien. ») nicht<br />

weniger als 9, 97 DM kostete, kamen rund 135 000 Mark zusammen,<br />

die der Hamburger Sparkasse berechnet und den Chaos-Leuten mit<br />

der November-Telefonrechnung gutgeschrieben worden wären. Die<br />

historische Gutschrift über knapp 135 000 Mark gibt es tatsächlich,<br />

doch der Club hatte sofort verkündet, daß er das Geld gar nicht haben<br />

will. Zweck der Aktion sei ja nur gewesen, «die bei Btx vorhandenen<br />

Mängel öffentlich darzustellen. Wir hätten das auch mit 10 Pfennigen<br />

machen können, nur hätte sich dann niemand dafür interessiert. »<br />

«Hut ab vor dieser Leistung», zollte der sichtlich irritierte Vorstandsvorsitzende<br />

der Hamburger Sparkasse den selbsternannten Datenschutz-Testern<br />

vor der Fernsehkamera Respekt. «Blamabel und<br />

äußerst schmerzhaft», gestand Bodo Frahm von der Post nach dem<br />

ersten Schreck. Wie das Chaos-Team letztlich an das geheime Paßwort<br />

der Hamburger Sparkasse gelangen konnte, dafür gab es später, nach<br />

monatelangen Analysen von Post und IBM, verschiedene Erklärungen.<br />

Version des <strong>CCC</strong>: «Die Post hat uns das Paßwort frei Haus auf den<br />

Bildschirm geliefert-durch einen Systemfehler», hieß es in der <strong>CCC</strong>-<br />

Pressekonferenz. Genauer: durch unkontrollierten Überlauf von Decoderseiten.<br />

Wenn ein Programmanbieter eine Btx-Seite gestaltet,<br />

passen genau 1626 Zeichen drauf. Mehr geht nicht. Was passiert aber,<br />

wenn jemand in Fleißarbeit genau 1626 Zeichen unterbringt und die<br />

Seite dann zum Abspeichern in den Rechner schickt? <strong>Das</strong> probierten<br />

die Jungs vom <strong>CCC</strong> aus. Sie füllten eine Seite bis zum Rand mit Zeichen,<br />

speicherten sie ab und riefen sie dann wieder auf. Und dabei,<br />

sagen sie, sei urplötzlich das Paßwort der Hamburger Sparkasse (usd<br />

70 000) über die Mattscheibe geflimmert.<br />

Dagegen die Version von Post und IBM: Einen unkontrollierten<br />

Seitenüberlauf kann es möglicherweise gegeben haben, doch dieser<br />

Fehler sei nach Bekanntwerden sofort beseitigt worden. Niemals aber<br />

hätte ein Paßwort aus dem System herauskommen können. Viel<br />

wahrscheinlicher sei, daß Mitglieder des Chaos Chomputer Clubs das<br />

Paßwort bei einer öffentlichen Vorführung der Sparkasse mitbekommen,<br />

also ausgespäht hätten.<br />

Beigelegt ist dieser Konflikt bis heute nicht. Was die Postler wirklich<br />

wurmt: Sie können dem <strong>CCC</strong> einfach nicht positiv beweisen, daß das<br />

fragliche Paßwort nicht - mir nichts, dir nichts - auf den Bildschirm<br />

geflattert kam. Nach eingehender Prüfung wollte übrigens<br />

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