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CCC - Das chaos Computer Buch

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<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

tigkeit allen gleichermaßen zuzurechnen: Erbarmungslos und<br />

erfolgreich zugleich stöbern sie die Löcher in den<br />

Sicherheitskonzepten der Netze und Rechner auf und machen ihre<br />

Funde zum Wohl der Allgemeinheit öffentlich.<br />

So machte im Jahre 1984 der Chaos <strong>Computer</strong> Club mit seinem<br />

elektronischen Bankraub Schlagzeilen. Über Nacht hatten sie die<br />

Hamburger Sparkasse via Bildschirmtext (Btx) um fast 13 S ooo DM<br />

erleichtert, die sie allerdings brav zurückgaben, nachdem sie den<br />

Datenschutzbeauftragten informiert hatten.<br />

War dies schon kein kleiner Fisch, so übertraf doch der NASAHack<br />

vom Herbst 1987, den die Chaos-Leute an die Öffentlichkeit brachten,<br />

alle bisher vorstellbaren Dimensionen: Gelang es hier doch tatsächlich<br />

Hackern aus der Bundesrepublik Deutschland, in einen geheiligten<br />

Rechner der amerikanischen Raumfahrtbehörde einzudringen und sich<br />

dort häuslich niederzulassen.<br />

In der historischen Entwicklung der bundesdeutschen HackerSzene ist<br />

dies dann auch der Zeitpunkt, zu dem die Staatsmacht das erste Mal in<br />

außergewöhnlich massierter Form gegen Hacker auftrat:<br />

Hausdurchsuchungen durch Beamte des Bundeskriminalamts in<br />

Zusammenarbeit mit französischer Polizei, Beschlagnahme von<br />

Geräten und Datenträgern und schließlich bisher noch nicht<br />

abgeschlossene Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft<br />

sorgten sowohl unter den Hackern als auch bei der Presse für<br />

Aufsehen.<br />

Spätestens jetzt war das neue Gesetz keine blasse Theorie mehr. Die<br />

Frage, ob Hacker kriminell sind, wurde durch die aktuellen<br />

Geschehnisse ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt.<br />

Wann ist man eigentlich kriminell?<br />

Die drastischen Ermittlungsmethoden lassen in der Tat vermuten, daß<br />

hier kriminelles Unrecht geschehen ist. Nur: Allein die hektische<br />

Betriebsamkeit einiger Staatsanwälte entscheidet nicht über die Frage,<br />

ob kriminelles Handeln vorliegt.<br />

Ohne jetzt im einzelnen untersuchen zu wollen, welcher «Hack»<br />

gegen welche Vorschrift verstoßen hat, muß man nach der Ergänzung<br />

des StGB um Tatbestände der <strong>Computer</strong>kriminalität zunächst einmal<br />

davon ausgehen, daß Hacken in jedem Fall nach erfolgreicher<br />

Beseitigung der Paßwort-Hürde als ungesetzlich zu bewerten ist.<br />

Orientiert man sich an einer rein legalistischen Definition des Kriminalitäts-<br />

bzw. Verbrechensbegriffs, so kommt man unweigerich zu<br />

dem Ergebnis, daß Hacken ein Verbrechen (im kriminologischen<br />

Sinne) ist. Nach dieser Auffassung sind alle die Handlungen als kriminell<br />

zu definieren, deren Inhalt durch die Verbots- und Gebotsnormen<br />

der Gesetze definiert worden sind und deren Übertretungen die im<br />

Gesetz festgelegten Sanktionen nach sich ziehen.<br />

Es liegt auf der Hand, daß diese Definition völlig unzureichend ist,<br />

finden gesellschaftliche Konventionen und Verhaltensnormen doch<br />

keine Berücksichtigung. Zum Beispiel wurde in den USA so mancher<br />

Alkoholliebhaber allein durch die Prohibition unversehens zu einem<br />

Kriminellen.<br />

Für die Bewertung des Hackers aus kriminologischer Sicht wird<br />

man auf das Heranziehen soziologischer Aspekte nicht verzichten<br />

können. Insbesondere ist hier die Frage der Antisozialität maßgebend,<br />

das heißt, Verbrechen wäre in diesem Sinne jedes Verhalten, das gegen<br />

die Gesellschaft und ihre Mitglieder bzw. deren Normen gerichtet<br />

ist.<br />

Diese Auffassung ist auch Grundlage der Definition, die von einer<br />

internationalen Expertengruppe der OECD 10 als Arbeitsgrundlage für<br />

weitere Untersuchungen zum Thema <strong>Computer</strong>kriminalität ausgearbeitet<br />

wurde. Danach handelt es sich bei der <strong>Computer</strong>kriminalität<br />

um eine gesetzeswidrige, ethisch verwerfliche oder unerlaubte<br />

Verhaltensweise, die automatische Datenverarbeitungs- und Übertragungssysteme<br />

berührt. 11<br />

Nun kann man aber gerade den Hackern nicht nachsagen, sich<br />

grundsätzlich antisozial oder ethisch verwerflich zu verhalten. Sicher,<br />

mit ihrem Eindringen in fremde Rechner und mit dem Belegen von<br />

teuren Rechenzeiten bewegen sie sich- rein rechtlich gesehen durchaus<br />

jenseits gesetzlicher Vorschriften. Vom Unrechtsgehalt ihrer Tat<br />

bewegen sie sich aber eher auf der Ebene des Eierdiebs oder des<br />

Schwarzfahrers.<br />

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