CCC - Das chaos Computer Buch

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03.11.2014 Aufrufe

Das Chaos Computer Buch Das Chaos Computer Buch Den Militärs mußte überaus willkommen sein, gefühlsgefährdete Menschen bei der Abwicklung von Entscheidungsprozessen, die zur Vernichtung von variablen Bevölkerungsmengen führen, durch Todesverarbeitungsmaschinen ersetzen zu können. Seit Computer mit teils abenteuerlichen Zuwachsraten auch unter Zivilisten Verbreitung finden, zeigt sich allerdings immer öfter, daß der Schuß nach hinten losgeht. Das beste Beispiel dafür sind Hacker, die sich mehr und mehr als verhaßte Schatten im Datenland sehen, obwohl-oder gerade weil - sie der lebende Beweis für das Funktionieren der Ursprungsidee (anarchisches Handeln in einem moralfreien Raum) sind und deutlich machen, daß es auch für jemanden, der in der wirklichen Welt im Supermarkt nicht mal einen Kaugummi klauen würde, geradezu unmöglich ist, in einer erdumspannenden, von allen Sinnesreizen gereinigten Realität, die nur noch aus Zeichen besteht, etwas wie Unrechtsbewußtsein oder Verantwortungsgefühl zu entwickeln. Datenland ist Wissens-Gebiet. Wir leben - siehe Quantenphysik - in einer Zeit, die einem einzelnen von uns das Gefühl gibt, er könne nichts mehr entdecken oder erforschen. Die allerwinzigsten Partikel oder Lichtjahre entfernt liegenden Details, an denen noch ein wenig gerätselt werden kann, seien nur noch mit gewaltigen industriellen Ressourcen, akademischen Teams und millionenteuren Instrumenten wie Teilchenbeschleunigern, Radioteleskopen, Gravitationswaagen u. ä. erfaßbar. Dem einzelnen, zum «Laien» und < Rädchen im Getriebe» verzwergt, bleibe nichts mehr zu tun als morgens ins Büro oder in die Schule zu gehen, nachmittags den Rasen zu mähen und abends sein Weltbild wie einen Wecker nach den Nachrichten zu stellen. Diesem Gefühl der Enteignung einer jedem Menschen innewohnenden Entdeckerlust, einer Forscherfreude und eines Erkenntnisdrangs stellt sich nun der Computer entgegen. Maschinen mit einer Leistung, wie sie bis vor wenigen Jahren noch militärischem und naturwissenschaftlichem Großgerät vorbehalten war, und vor allem mit einer völlig neuen Flexibilität, nehmen in Kinderzimmern und auf privaten Schreibtischen Platz und lösen das Enteignungsgefühl durch ein höchst widersprüchliches, auf jeden Fall aber intensives Gemisch aus Empfindungen, Erfahrungsreizen und Ideen ab, von denen ich einige in diesem Aufsatz näher zu beschreiben versucht habe und deren Gesamtheit ich als das Kolumbus-Gefühl bezeichne. Der Computer macht es möglich, daß Kids plötzlich mehr wissen als Experten. Nichtmathematiker untersuchen lustvoll hochabstrakte Gebilde, Fun-Programmierer lassen über die Benutzeroberflächen schrecklich seriöser Anwenderprogramme kleine, grafische Käfer krabbeln, und kühle Techniker fangen an, in meditativer Weise darüber nachzusinnen, wie, hre Seele arbeitet. Mag sein, daß die Computerwelt in unserer Zeit als Substitut für das schwindende Gefühl des großen Abenteuers Furore macht. Gewiß ist, daß man in der vollen Bedeutung des Wortes bei einem Computer mit allem rechnen muß. Vor allem aber wird die Einsicht wieder lebendig, daß die Welt noch lange nicht entdeckt ist. Quellen CONWAY, DAVID:

Das Chaos Computer Buch Das Chaos Computer Buch H ackermit einem Bein im Knast von Thilo Eckoldt Seit Sommer 1986 ist die Beschäftigung, die Tausenden von Computer-Kids schlaflose Nächte, feuchte Hände und hohe Telefonrechnungen bescherte, illegal. Das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität stellt unter anderem Hacken unter Strafe. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren kann bestraft werden, wer Daten «ausspäht», die für Fremde nicht bestimmt und gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind. Neues Gesetz gegen Computer-Kriminalität Mit dem Zweiten Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität reagierte die Bundesregierung auf das Phänomen der Computerkriminalität, das mit der unaufhaltsamen Verbreitung der elektronischen Datenverarbeitung entstand. So uninteressant elektronische Datenspeicher für den Laien sein mögen, für den Kenner stellen sie eine große Verlockung dar: Der Chefprogrammierer einer Hamburger Bank rundete beim Verzinsen Pfennigbeträge ab und ließ die Differenz vom Computer seinem Konto gutschreiben. Stolzes Ergebnis nach zwei Jahren: eine halbe Million Mark. Drei Jahre lang füllte eine Bundeswehrangestellte Computerzahlungsanweisungen an fiktive Soldaten aus. Die Arbeit schlug sich mit 570000 DM zu ihren Gunsten auf fiktiven Konten nieder. Auf hauseigene Mittel griff der Leiter eines Sozialamts zurück. Per Computermanipulation lenkte er r55oooDM aufs eigene Konto. Ein Beamter der Post hatte eine besonders erfolgreiche < Systemschleife» angelegt: Sie brachte ihm fünf Millionen Mark ein, bisher der Rekord im Computerbetrug. 1 Diese Beispiele lassen nur die Spitze eines Eisbergs sichtbar werden. In der Bundesrepublik hat man sich mit dem Phänomen Computerkriminalität zunächst recht schwer getan. Obwohl bereits Anfang der 8oer Jahre nach Schätzungen von Experten in unserem Staat durch Computer-Kriminelle jährlich Schäden von mehr als rs Milliarden Mark verursacht wurden, steckte die Bekämpfung dieser Art der Kriminalität noch immer in den Kinderschuhen. Noch im Sommer 1984 teilte ein Sprecher des BKA mit, daß man für die Statistik das Tatmittel Computer noch gar nicht erfaßt habe. 2 Nicht zuletzt wegen der unzureichenden Gesetzeslage war ein polizeiliches Vorgehen gegen Computer-Kriminelle vielfach kaum möglich, denn die Väter des aus dem Jahre 1871 stammenden Strafgesetzbuches konnten das Computerzeitalter nicht vorhersehen. Versuche der neueren Rechtsprechung, mit phantasievoller Auslegung die alten Vorschriften an die neuen Sachverhalte anzupassen, führten zu der Gefahr einer Überdehnung rechtsstaatlicher Prinzipien. So war also der Gesetzgeber gefordert. Ergebnis langwieriger Beratungen und der Expertenanhörungen ist die nunmehr seit 1.8.1986 geltende Fassung des Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität. Neben der Änderung einzelner Vorschriften einer Reihe anderer Gesetze sind die in das Strafgesetzbuch (StGB) neu eingefügten Vorschriften gegen die Computerkriminalität wohl das Kernstück dieses Gesetzeswerks. Seite 152 Seite 153

<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

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Den Militärs mußte überaus willkommen sein, gefühlsgefährdete<br />

Menschen bei der Abwicklung von Entscheidungsprozessen, die zur<br />

Vernichtung von variablen Bevölkerungsmengen führen, durch<br />

Todesverarbeitungsmaschinen ersetzen zu können. Seit <strong>Computer</strong> mit<br />

teils abenteuerlichen Zuwachsraten auch unter Zivilisten Verbreitung<br />

finden, zeigt sich allerdings immer öfter, daß der Schuß nach hinten<br />

losgeht. <strong>Das</strong> beste Beispiel dafür sind Hacker, die sich mehr und mehr<br />

als verhaßte Schatten im Datenland sehen, obwohl-oder gerade weil -<br />

sie der lebende Beweis für das Funktionieren der Ursprungsidee<br />

(anarchisches Handeln in einem moralfreien Raum) sind und deutlich<br />

machen, daß es auch für jemanden, der in der wirklichen Welt im<br />

Supermarkt nicht mal einen Kaugummi klauen würde, geradezu<br />

unmöglich ist, in einer erdumspannenden, von allen Sinnesreizen<br />

gereinigten Realität, die nur noch aus Zeichen besteht, etwas wie<br />

Unrechtsbewußtsein oder Verantwortungsgefühl zu entwickeln.<br />

Datenland ist Wissens-Gebiet. Wir leben - siehe Quantenphysik - in<br />

einer Zeit, die einem einzelnen von uns das Gefühl gibt, er könne<br />

nichts mehr entdecken oder erforschen. Die allerwinzigsten Partikel<br />

oder Lichtjahre entfernt liegenden Details, an denen noch ein wenig<br />

gerätselt werden kann, seien nur noch mit gewaltigen industriellen<br />

Ressourcen, akademischen Teams und millionenteuren Instrumenten<br />

wie Teilchenbeschleunigern, Radioteleskopen, Gravitationswaagen u.<br />

ä. erfaßbar. Dem einzelnen, zum «Laien» und < Rädchen im Getriebe»<br />

verzwergt, bleibe nichts mehr zu tun als morgens ins Büro oder in die<br />

Schule zu gehen, nachmittags den Rasen zu mähen und abends sein<br />

Weltbild wie einen Wecker nach den Nachrichten zu stellen.<br />

Diesem Gefühl der Enteignung einer jedem Menschen innewohnenden<br />

Entdeckerlust, einer Forscherfreude und eines Erkenntnisdrangs stellt<br />

sich nun der <strong>Computer</strong> entgegen. Maschinen mit einer Leistung, wie<br />

sie bis vor wenigen Jahren noch militärischem und<br />

naturwissenschaftlichem Großgerät vorbehalten war, und vor allem<br />

mit einer völlig neuen Flexibilität, nehmen in Kinderzimmern und auf<br />

privaten Schreibtischen Platz und lösen das Enteignungsgefühl durch<br />

ein höchst widersprüchliches, auf jeden Fall aber intensives Gemisch<br />

aus Empfindungen, Erfahrungsreizen und Ideen ab, von denen ich<br />

einige in diesem<br />

Aufsatz näher zu beschreiben versucht habe und deren Gesamtheit ich<br />

als das Kolumbus-Gefühl bezeichne.<br />

Der <strong>Computer</strong> macht es möglich, daß Kids plötzlich mehr wissen als<br />

Experten. Nichtmathematiker untersuchen lustvoll hochabstrakte<br />

Gebilde, Fun-Programmierer lassen über die Benutzeroberflächen<br />

schrecklich seriöser Anwenderprogramme kleine, grafische Käfer<br />

krabbeln, und kühle Techniker fangen an, in meditativer Weise<br />

darüber nachzusinnen, wie, hre Seele arbeitet. Mag sein, daß die<br />

<strong>Computer</strong>welt in unserer Zeit als Substitut für das schwindende Gefühl<br />

des großen Abenteuers Furore macht. Gewiß ist, daß man in der vollen<br />

Bedeutung des Wortes bei einem <strong>Computer</strong> mit allem rechnen muß.<br />

Vor allem aber wird die Einsicht wieder lebendig, daß die Welt noch<br />

lange nicht entdeckt ist.<br />

Quellen<br />

CONWAY, DAVID:

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