CCC - Das chaos Computer Buch
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<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
der Industrie extrem gründlich, erfasst alles und dezentralisiert. Denn<br />
elektrisches Licht und elektrischer Strom bestehen getrennt von ihren<br />
Verwendungsformen, doch heben sie die Faktoren Zeit und Raum im<br />
menschlichen Zusammenleben genauso auf wie das Radio, der Telegraf,<br />
das Telefon und das Fernsehen, und schaffen die Voraussetzungen<br />
für eine Beteiligung der Gesamtperson. »<br />
Ich sehe mich vor dem <strong>Computer</strong> sitzen, der den Menschen intensiv<br />
wie kein technisches Mittel zuvor dazu verlockt, Modelle seiner selbst<br />
zu entwerfen, und sehe den Narziss, den Jüngling, der sich in sein<br />
eigenes Spiegelbild verliebt. <strong>Das</strong> Wort Narziss kommt aus dem<br />
Griechischen, narkosis heißt (Betäubung>, und «der Jüngling<br />
Narziss», so McLuhan, «fasste sein eigenes Spiegelbild im Wasser als<br />
eine andere Person auf. Diese Ausweitung seiner Selbst im Spiegel betäubte<br />
seine Sinne, bis er zum Servomechanismus seines eigenen erweiterten<br />
und wiederholten Abbilds wurde».<br />
Was hat sich verändert seit dem archaischen Feuer? Sherry Turkle<br />
hat Kinder, die an <strong>Computer</strong>n spielen, beobachtet, und deren Eltern:<br />
«<strong>Das</strong>s Vier- und Dreijährige lernen können, wie man Feuer macht,<br />
stellt eine reale Gefahr dar, aber es bringt kein Element unseres Bildes<br />
von der Kindheit ins Wanken. Wir haben keine Schwierigkeiten, dies<br />
zu akzeptieren - im Gegenteil: Wir sind stolz darauf, wenn Kinder<br />
früher als von uns erwartet körperliche Fähigkeiten und Geschicklichkeiten<br />
in der Manipulation konkreter Materialien<br />
entwickeln. Aber eine grundlegende Veränderung im Bereich der<br />
Manipulation symbolischer Materialien durch das Kind empfinden wir<br />
als Bedrohung.<br />
Mit dem elektrischen Strom wurden die Eigenschaften des Feuers -<br />
Licht, Wärme und Zerstörungs- oder Verwandlungskraft - abspaltbar.<br />
Strom ist in gewissem Sinn die alchemistische Mischung aus Feuer<br />
und Wasser: Er fließt in Wellen, strömt, und macht zugleich die<br />
Eigenschaften der Flammen über beliebige Entfernungen<br />
transportabel. In Funktionseinheiten wie Glühbirne (Licht), E-Herd<br />
(Wärme), Röntgenlaser (Zerstörung) oder <strong>Computer</strong> (Licht/Verwandlung)<br />
haben wir die derzeit differenziertesten Methoden der<br />
Beherrschung des Feuers vor uns: Geschlossene Feuerstellen. Öfen.<br />
Was ist ein Fernseher also anderes als ein Ofenloch, in dem ein kal-<br />
tes Feuer flackert? Zwar ist daran noch die tiefe Faszination zu spüren,<br />
die einen stundenlang in das Züngeln von Flammen starren lässt, aber<br />
die Visionen, die das natürliche Feuer in der Großhirnrinde des<br />
Menschen aufflackern lässt, werden heute vorgefertigt eingespielt.<br />
Was also ist ein <strong>Computer</strong> anderes als die bisher komplizierteste<br />
Ausgabe eines über beliebige Entfernungen wirksamen Schürhakens?<br />
Beim Programmieren kann man ins Innere des kalten Feuers fassen,<br />
ohne sich zu verbrennen. Der Rechner dosiert das Phosphorglühen am<br />
Bildschirm Funkenpixel für Funkenpixel und hilft auch, das Feuer in<br />
anderen Arten von Öfen zu schüren, den Zündfunken im Motor etwa<br />
oder den geradezu peinlich archaisch aus dem Apparat<br />
hervorbrechenden Feuerstrahl der Rakete.<br />
Was, frage ich mich, ist geschehen seit dem frühen Feuer? Ich programmiere,<br />
Stunden, Tage und Nächte, und in einer Blitzspur durch<br />
die Jahrhunderte sehe ich mich, ohne es zu wollen, die Machwerke<br />
vergangener Priester weiterführen, der Herren der Feuerkulte, des indischen<br />
Agni Hotra, der persischen Parsen, die die Flammen für Zarathustra<br />
hüteten, des Ewigen Lichts. Ich sehe die Suche nach der Vollkommenheit:<br />
das fehlerfreie Programm. Und ich opfere: Zeit.<br />
Ich sitze eine Nacht lang tüftelnd vor dem <strong>Computer</strong> und versuche,<br />
einem Programm Gestalt zu geben, das in digitalisierten Videobildern<br />
Gestalten erkennen soll, bis schließlich gegen sechs draußen die Sonne<br />
aufgeht und eine letzte Gestalt ihr Bild findet: In dem Papiersalat<br />
neben meinem Monitor fällt mein Blick auf eine herausgerissene<br />
Zeitungsseite, auf der ein offener IC, ein Mikroprozessor, von oben<br />
fotografiert ist, und ich sehe ein Abbild der Sonne. Eingefasst in die<br />
Weltraumschwärze des Gehäuseunterteils glänzen die goldenen Pin-<br />
Strahlen, die ausgehen von dem Chip, in welchem die Kernfusion der<br />
Elementarteilchen Null und Eins alles, was ins Schwerefeld der Central<br />
Processing Unit gerät, zu Daten verschmilzt oder auswirft als<br />
Fehlerprotuberanzen.<br />
Ich sehe- «In der ägyptischen Theologie war das Auge das wichtigste<br />
Organ des Sonnengottes Re: Es besaß eine unabhängige Existenz<br />
und spielte eine kreative und direktive Rolle in allen kosmischen und<br />
menschlichen Vorgängen. Der <strong>Computer</strong> erweist sich als das Auge des<br />
wiedererstandenen Sonnengottes - das heißt, als das Auge der<br />
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