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CCC - Das chaos Computer Buch

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<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

<strong>Das</strong> Kolumbus-Gefühl<br />

Entdeckungen in einer virtuellen Welt<br />

von Peter Glaser<br />

An der alten Küste<br />

«<strong>Das</strong> wahre Multimedium ist der menschliche Organismus selbst. »<br />

Lewis Mumford, dem dieser Aufsatz gewidmet ist.<br />

In den sechziger Jahren war der <strong>Computer</strong> ein legendärer Apparat. Er<br />

galt als eine Art elektronischer Geist in der Flasche, der Leute in<br />

Apollo-Raumschiffen auf den Mond lenken konnte. Im folgenden<br />

Jahrzehnt warfen Begriffe wie Rasterfahndung, Jobkiller und Big<br />

Brother erstmals Schatten auf die märchenhafte Maschine. Und je<br />

mehr spektakuläre oder beängstigende Dinge ich über den <strong>Computer</strong><br />

hörte, desto unzufriedener machte es mich, nur Informationen zu<br />

haben und keine Erfahrungen. Ich fühlte mich immer mehr herausgefordert,<br />

selbst den Weg zu dem geheimnisvollen Kontinent der<br />

Daten zu finden, der jenseits der anbrandenden Nachric hten liegen<br />

musste. Kolumbus, als er sich im Jahr 1491 sein Flaggschiff «Santa<br />

Maria» zugelegt hat, muss getrieben worden sein von derselben<br />

abenteuerlichen Gewissheit, Entdeckungen zu machen, die mich 490<br />

Jahre später dazu brachte, mir einen <strong>Computer</strong> zu kaufen.<br />

Es war in einem dieser nüchtern ausgestatteten <strong>Computer</strong>läden, die<br />

nun, wie vor Jahren die Video-Shops, in größeren Städten eröffnet<br />

wurden. Während ich dem Verkäufer zuhörte, fiel mir ein dünner<br />

Mann auf, der an einem der ausgestellten Rechner herumfuhrwerkte.<br />

Neben ihm kam mit einem aufreizenden Fräsgeräusch grün und weiß<br />

gezeiltes Endlospapier aus einem Drucker. Ich fühlte, dass der dünne<br />

Mann ein Programmierer sein musste.<br />

Zum einen saß er vor einem richtigen <strong>Computer</strong>. Ein richtiger<br />

<strong>Computer</strong> hat einen Monitor, auf dem grüne Zeichen leuchten, und<br />

eine elegante Tastatur, soviel wusste ich. Mein Geld reichte gerade für<br />

einen Home <strong>Computer</strong>, den ich an den Fernseher schließen konnte und<br />

der aussah wie ein Plastik-Brotwecken, in den eine Schreibmaschine<br />

eingebacken war. Zum anderen stritt der dünne Mann mit dem Gerät.<br />

Erregt warf er eine Zeichenfolge nach der anderen in die Tasten. Dabei<br />

starrte er wild auf den Bildschirm. Später sollte ich erfahren, dass<br />

diese Gemütsverfassung Debugging heißt, Fehlersuche. Der dünne<br />

Mann fetzte an der rauchgetönten Schallhaube des Druckers das Papier<br />

ab, das sich auf der Flucht vor dem Fräsgeräusch inzwischen bis<br />

hinunter auf den Teppichboden gewunden hatte, und begrub, während<br />

er die bedruckte Bahn wie einen langen Papyrus las, die Tastatur unter<br />

dem zu einem immer größeren Durcheinander verknickten Dokument.<br />

Ein echter Programmierer. Ich war schwer beeindruckt. Mir fiel<br />

gleich eine Stelle aus dem <strong>Buch</strong> «Der große Papalangi» ein, wo ein<br />

Südsee-Häuptling in einem europäischen Stummfilmkino zum erstenmal<br />

in seinem Leben einen Pianisten sieht: «Umgeben von gespenstischem<br />

Lärm, kämpft ein Mann im Sitzen gegen eine große<br />

Truhe. »<br />

Seite 106<br />

Seite 107

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