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CCC - Das chaos Computer Buch

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<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

einigen Hackern nehme ich ab, dass sie eine Aktion von vornherein als<br />

Aufklärungsaktion geplant haben. Im Normalfall rutscht ein Hacker<br />

mit seinem Spieltrieb in eine Situation herein, die ihm erst klar wird,<br />

wenn sie da ist. Dann wird überlegt, welche Interpretation passen<br />

könnte. Die Flucht nach vorn, an die Öffentlichkeit, wird angetreten,<br />

wenn die Entdeckung sowieso kurz bevorsteht.<br />

Um nicht missverstanden zu werden, auf meine kritische Solidarität<br />

können sich viele Hacker verlassen, sie haben sich um Datensicherheit<br />

und Datenschutz verdient gemacht. Nur sollte niemand den Hackern<br />

sogleich den Stempel einer verlässlichen Datenschutz-Institution aufprägen.<br />

Ihre Domäne ist und bleibt der respektlose Umgang mit<br />

Technik im Alltag, da könnten wir manches lernen.<br />

Bei den Beratungen zum Zweiten Gesetz zur Bekämpfung der<br />

Wirtschaftskriminalität wurde die «Straffreiheit für Hacker bei<br />

Selbstanzeige» diskutiert, im Steuerrecht ist das längst üblich. Die Fähigkeiten<br />

der Hacker als Spürhunde im Kampf gegen Spionage, Sabotage,<br />

<strong>Computer</strong>kriminalität oder behördlichen Datenmissbrauch hätten<br />

genutzt werden können. Für die Freaks selbst wäre eine rechtliche<br />

Identität beschrieben worden, die einen deutlichen Rahmen für die<br />

nächtlichen Datenreisen hätte abgeben können. Aber so kurzsichtig<br />

wie unsere Gesellschaft generell auf die <strong>Computer</strong>isierung reagiert,<br />

reagierte auch der Gesetzgeber: Keine Straffreiheit für Hacker bei<br />

Selbstanzeige.<br />

So bleibt die Szene im Zwielicht, gewöhnen sich Jugendliche weiter<br />

an ein gewisses Maß von Illegalität, bleibt es weiter dem Zufall überlassen,<br />

was veröffentlicht wird. Hacker sind keine moralischen Obermenschen.<br />

Hacker sind in erster Linie abenteuerlustige <strong>Computer</strong>freaks.<br />

Ordnung im Chaos<br />

Wenn üblicherweise von geredet wird, sind, bewusst<br />

oder unbewusst, anderenorts nur die Mitglieder des Hamburger Chaos<br />

<strong>Computer</strong> Club (<strong>CCC</strong>) gemeint. Möglicherweise noch die Bayern von<br />

der Hackerpost oder die Hannoveraner Gruppe um das «Handbuch für<br />

Hacker». <strong>Das</strong> hat sicher seine Berechtigung. Wenn überhaupt von<br />

einer Hackerkultur geredet werden kann, wird sie durch die<br />

regelmäßigen Veröffentlichungen der Bayrischen Hackerpost, der<br />

Datenschleuder, den jährlichen «Chaos Communikation Congress»,<br />

die « ErfA», die Erfahrungs-Austausch-Kreise oder die «Hackerbibel»<br />

bestimmt.<br />

Die Mitglieder des Chaos <strong>Computer</strong> Club e. V. (!) wollen sich als<br />

«galaktische Vereinigung ohne feste Strukturen» zwar in keine<br />

Schublade stecken lassen, machen aber andererseits einen Führungsanspruch<br />

geltend, wenn es um die « Hackerethik» geht. Ich erinnere<br />

mich an einen Diskussionsbeitrag vom «Virenforum» (Veranstalter:<br />

<strong>CCC</strong>), als ein Youngster aufstand und bekannt gab, dass er seinen<br />

<strong>Computer</strong>virus endlich in der Praxis ausprobieren werde, wozu hätte<br />

er sich sonst die ganze Mühe gemacht. Hackerethik hin und her, ihm<br />

könne niemand vorschreiben, was er zu tun oder zu lassen habe.<br />

Natürlich müssen auch die Hackergurus in solchen Situationen passen,<br />

sie haben im Konfliktfall keine Möglichkeit, dieses «abweichende<br />

Verhalten» zu verhindern oder gar zu sanktionieren.<br />

Dennoch besitzt der <strong>CCC</strong> in der Szene eine natürliche Autorität, sie ist<br />

durch Berechenbarkeit und Sachkenntnis erworben worden, sie wird<br />

vom größten Teil der Szene anerkannt. Er hat sich deshalb eine<br />

gewisse Informationsstruktur aufbauen können, die inzwischen auch<br />

von Otto-Normal-User in Anspruch genommen wird. Mit seinen<br />

Aktionen wie dem Btx-Coup, dem Virenforum oder dem Gutachten<br />

für den Deutschen Bundestag hat sich der <strong>CCC</strong> auch bei Datenschützern<br />

und Sicherheitsfachleuten einen nicht ungebrochenen guten Ruf<br />

erworben. Mit seinen <strong>Computer</strong>konferenzen, der Clinch-Mailbox oder<br />

dem GenEthischen Netzwerk sind Ansätze einer qualitativ neuen<br />

Informationspolitik, einer anderen <strong>Computer</strong>kultur sichtbar geworden.<br />

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