CCC - Das chaos Computer Buch
CCC - Das chaos Computer Buch
CCC - Das chaos Computer Buch
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
der Polizei stehen, halten die <strong>Computer</strong>freaks selber für ein grundlegendes<br />
Mißverständnis. Sie wollen doch nur, sagen sie, das Beste für<br />
die Entwicklung der Informationsgesellschaft-und allenfalls ein bißchen<br />
Katz und Maus mit den großen <strong>Computer</strong>systemen spielen.<br />
Doch die Romantik der frühen Hacker-Zeiten scheint vorbei,<br />
spätestens seit der Veröffentlichung des NASA-Coups und der Verhaftung<br />
von Steffen Wernery in Paris.<br />
Erinnern wir uns noch einmal wehmütig an die Anfänge des <strong>CCC</strong> im<br />
Februar des Orwell-Jahres 1984, und begleiten wir seine Mitglieder<br />
auf einigen Stationen ihres - wie sie es nennen - «Patrouillendienstes<br />
am Rande der Unkenntlichkeit».<br />
Am Anfang war das Chaos<br />
Es muß etwa Ende 1983 gewesen sein, als die Welle aus den USA zu<br />
uns herüberschwappte. Rätselhafte Presseberichte über amerikanische<br />
Hacks erschienen, in den Kinos sorgte das Hacker-Epos «War Games»<br />
für Aufsehen, und der Spiegel brachte ein Interview mit Richard<br />
Cheshire aus New York. Cheshire, damals 28, war zu jener Zeit einer<br />
der Gurus der <strong>Computer</strong>szene, seine seit 1971 erscheinende Zeitschrift<br />
TAP (steht für Technological Assistance Program, «to tap» bedeutet<br />
aber auch «anzapfen ) wurde in der internationalen FanGemeinde so<br />
heiß gehandelt wie Whisky in den Jahren der Prohibition. TAP<br />
veröffentlichte Bauanleitungen für allerlei elektronischen Kram, Tips,<br />
wie man in Connecticut kostenlos telefonieren kann oder<br />
Rechtshinweise für Hacker. Bei all dem stand Cheshire, wie er im<br />
Spiegel verschmitzt betonte, < immer streng auf der Seite des<br />
Gesetzes». Seine subtile Hacker-Taktik: «Wir schreiben nur, was die<br />
Kids nicht tun sollen, und zwar ganz detailliert. Ihr sollt nicht einen<br />
a,4Kilo-Ohm-Widerstand parallel schalten mit einem o,3-Mikrofarad-<br />
Kondensator und es in dieser Form an die Datenleitung anschließen.<br />
<strong>Das</strong> wäre nicht erlaubt. »<br />
Richard Cheshire-inzwischen lebt er in Florida und arbeitet (Ironie des<br />
Schicksals?) für die NASA-war im Herbst 1983 über den Großen<br />
Teich geflogen, weil er in Genf die Telecom besuchen wollte, die<br />
größte Messe für alles, was mit <strong>Computer</strong>kommunikation zu tun hat.<br />
Ebenfalls auf dem Weg zum Mekka der Telecom(municatio)-Junkies<br />
war ein gewisser Wau als Berichterstatter der Tageszeitung (taz). «Die<br />
russischen Personal <strong>Computer</strong> RIGA 1 sehen verdammt nach CP/M<br />
aus», berichtete er begeistert. «Nur die Tatstatur ist so schwergängig<br />
dass man einen Hammer benötigt. Oder: «Am Stand der VR China<br />
bewundere ich das Funkgerät und stehe sehnsüchtig<br />
vor dem chinesischen Münzfernsprecher. Keine Chance, ihn zu<br />
klauen.» - «Ich habe heute erst zwei Passwörter rausgefunden!!! <strong>Das</strong><br />
muß ich noch lernen, da bin ich noch kein Profi.»<br />
Wau - eigentlich heißt er ja Herwart Holland - war mit seinen 31<br />
Jahren alles andere als ein Kind der «Chip-Generation». Eher eine Art<br />
Spät-Hippie, aus der politischen Studentenbewegung der 68er-Zeit<br />
kommend, bärtig und vornehmlich in Latzhosen gewandet. In der<br />
Alternativszene seiner Wahlheimat Hamburg wurde der <strong>Computer</strong>spezi<br />
schon lange mißtrauisch beäugt. <strong>Computer</strong> waren für die Alternativen<br />
damals schlicht Teufelszeug, Instrumente, die der Überwachung<br />
dienten und die Rationalisierung in den Betrieben beschleunigten.<br />
Wer sich damit beschäftigte und sogar noch - wie Wau - vom<br />
«sinnvollen Einsatz der Elektronike faselte, war entweder durchgedreht<br />
oder stand auf der heimlichen Gehaltsliste des Staatsschutzes.<br />
Rückblickend betrachtet, war Waus Reportage «<strong>Computer</strong>-Guerilla»<br />
von der Telecom '83 der erste authentische Stimmungsbericht aus dem<br />
aufkeimenden deutschen <strong>Computer</strong>-Untergrund. Ganz unten auf der<br />
Zeitungsseite fand sich schon schüchtern die Unterschrift «Chaos<br />
<strong>Computer</strong> Club», der wenig später, Anfang 1984, in einem Hamburger<br />
<strong>Buch</strong>laden mit dem beziehungsreichen Namen Schwarzmarkt an die<br />
Öffentlichkeit trat. Ein kleiner Bericht in dem bekannten deutschen<br />
Nachrichtenmagazin löste eine Lawine von Zuschriften aus. «Es hieß,<br />
daß Ihr Tips für Hacker habt», schrieb ein Fan. «Na, genau die brauch<br />
ich, denn dieser ganze Telespielscheiß geht mir auf die Nerven. Auf<br />
Hacker hatte ich schon immer Bock, nur wußte ich nicht, daß es hier in<br />
Deutschland auch schon geht (jetzt aber, wa?). »<br />
In der Tat. Als im Februar 1984 die erste Ausgabe der Datenschleuder<br />
erschien, gingen die achthundert Exemplare weg wie warme Sem-<br />
Seite 8<br />
Seite 9