CCC - Das chaos Computer Buch

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03.11.2014 Aufrufe

Das Chaos Computer Buch Das Chaos Computer Buch meinen Abhebemechanismus auf die Notwendigkeiten des neuen Rechners um und begann noch einmal von null, mit nichts als dem mittlerweile recht guten Namen CLINCH. Zwei Probleme standen im Vordergrund: Zum einen mußte ein weiterer PC her, damit die nötige Softwareentwicklung unabhängig vom Betrieb der Mailbox erfolgen konnte. Zum anderen würden die Postmodems und der Datex-Hauptanschluß, wenn sie denn eines schönen Tages mal kommen sollten, Fernmeldegebühren von monatlich rund 5oo DM verursachen, die finanziert werden mußten. Ich entwickelte ein Konzept, das - im Gegensatz zu den bisher üblichen Verfahren- darauf beruht, daß der Mailboxbenutzer einen festen Monatsbeitrag zahlt und somit hilft, die Kosten für den Mailboxbetrieb zu tragen. Bisher habe ich eigentlich nur davon berichtet, wie es mir beim Umgang mit dem Werkzeug Computer und den Streifzügen durchs globale Dorf gegangen ist. Mittlerweile habe ich mein eigenes Gasthaus in diesem Dorf gebaut, und so muß auch die Rede von den Gästen sein, die dieses Haus bevölkern. Der Menschenschlag, dem man im globalen Dorf begegnet, ist gebrandmarkt mit dem Stempel . Das läßt sich ausnahmsweise sehr treffend mit ins Deutsche übersetzen, ein ist halt jemand, der einen Computer benutzt. Dabei wird dieses Prädikat völlig vorurteilsfrei verliehen, ohne Ansicht der Person, des Alters, des Geschlechts oder der politischen Weltanschauung. Der einzige Grund, weswegen man manchmal schief angesehen werden kann, ist der Besitz des falschen Computers. Aber selbst dieses Diskriminierungsmerkrilal verliert zunehmend an Bedeutung, je länger man im Dorf lebt. Die Zeit der Familienfehden, als Atari gegen Commodore kämpfte, ist mit dem Aussterben der Prozessorpatriarchen zu Ende gegangen, und einträchtig hocken die ehemals verfeindeten Sippen zusammen und brüten über einem gemeinsamen Betriebssystem. Natürlich gibt es User, die schon seit Urzeiten dabei sind, und solche, die gerade ihre ersten tapsigen Schritte unternehmen. Für den Mailboxbetreiber sind beide Gruppen interessant, denn nichts ist unterhaltsamer, als einem alten Hasen zuzuschauen, wie er mit viel Elan all die Befehle eingibt, die er woanders im Schlaf beherrscht, die hier aber unweigerlich ins Leere führen. Nichts ist schlimmer, als immer wieder von der Mailbox darauf hingewiesen zu werden, daß der eingegebende Befehl nicht erkannt werden konnte und daß die Eingabe des Wortes weiterführen würde. So etwas ist grundsätzlich unter der Würde eines geübten Netzflaneurs. Allenfalls ist er bereit, gelegentlich mal ein einzustreuen, worauf ihm wiederum beschieden wird, daß es einen solchen Befehl nicht gibt und er doch bitte deutsch reden möge. An dieser Stelle scheiden sich gewöhnlich die Geister, manche Anrufer legen genervt auf. Einige Mailbox-Benutzer verstehen es, den geplagten Sys-Op manchmal schier zur Verzweiflung zu treiben und am eigenen Verstand zweifeln lassen. Ein Vertreter dieser Gattung ist . . . ...der Schüchterne Die Tatsache, daß nach vielen erfolglosen Wählversuchen nun doch endlich der ersehnte Datenton aus dem Hörer schallt, verstört ihn völlig, und er legt sicherheitshalber sofort wieder auf, ohne auch nur den Versuch zu machen, ein Datengespräch zu beginnen. Viele Leute, die diesem Typus entsprechen, verkaufen ihren Akustikkoppler sofort nach diesem unerfreulichen Erlebnis, damit sie nie wieder in so eine peinliche Lage geraten können. Diejenigen, die es fertigbringen, trotzdem weitere Versuche mit Mailboxen zu unternehmen, tasten sich Bit für Bit weiter in den Datendschungel vor, der Sys-Op erkennt sie später daran, daß sie immer noch völlig unmotiviert die Verbindung unterbrechen, weil irgendeine Reaktion der Mailbox sie völlig verstört hat. Dabei kann es sich um eine schlichte Fehlermeldung handeln oder aber auch um die Tatsache, daß die Mailbox genau das macht, was man ihr gesagt hat. Mit anderen Worten: Jedes einzelne Zeichen, das die Box sendet, kann für den Schüchternen Anlaß sein, kommentarlos aufzulegen. Ein direkter Verwandter des Schüchternen ist Seite 218 Seite 219

Das Chaos Computer Buch Das Chaos Computer Buch ...der Skeptiker Er glaubt einfach nicht, daß eine Mailbox so einfach sein kann, wie sie sich ihm am Bildschirm darbietet. Folgerichtig probiert er das, was die Mailbox ihm vorschlägt, gar nicht erst aus; falls doch, so besteht er darauf, seine eigenen Vorstellungen einzubringen und erweitert die Befehle um eigene Eingebungen, mit dem Erfolg, daß entweder gar nichts passiert oder aber etwas ganz anderes als das, was er wollte. Hat er sich so ein ausreichendes Maß an Frust erworben, beendet er die Verbindung mit dem vorgesehenen Befehl, nur um sich selbst zu beweisen, daß er so blöd nun auch wieder nicht ist. Eine ansteckende Nebenform des Skeptikers ist. . . . . . der Überflieger Er hat erstens ohnehin keine Zeit, ausgerechnet in dieser Mailbox anzurufen, zweitens kennt er andere Mailboxen schon seit Jahren, und drittens weiß er ohnehin alles besser als der Sys-Op. Er ignoriert alle Systemmeldungen völlig und zieht seine eigene Show ab, egal, ob was dabei rauskommt oder nicht. Fehlermeldungen verursachen lediglich Achselzucken, gefolgt von nochmaliger Eingabe der falschen Kommandos. Interessanterweise kennt der Überflieger genau die Befehle, mit denen man Schmähbriefe an den Sys-Op sendet, löscht seine Texte aber meistens wieder, bevor er das System verläßt. Er benutzt dazu grundsätzlich den Befehl Logoff, weil er das mal so gelernt hat, und legt dann auf, ohne abzuwarten, ob das tatsächlich der richtige Befehl war. Die weitaus meisten Vertreter dieser Spezies sind selber Sys-Op oder waren es einmal. Ähnlich verhält sich auch. . . . . . der Forscher Auch ihn interessieren die funktionierenden Befehle der Box überhaupt nicht, er verwendet statt dessen viel lieber seine Phantasie auf die Erfindung neuer Befehle und führt minutiöse Aufzeichnungen darüber. Er hat ein umfangreiches angelesenes Wissen aus Computerzeitschriften und wendet dieses erbarmungslos auf alle Mailboxen an, die er in die Finger kriegt. Als extrem störend empfindet er es, wenn einer seiner Befehle tatsächlich einmal zu einem sinnvollen Ergebnis führt, meist reagiert er dann wie der Schüchterne und legt einfach auf. Ganz anders dagegen . . . . . . der Computerlegastheniker Er würde nichts lieber sehen, als daß die Mailbox nur ein einziges Mal das tun würde, was er will. Aber leider kann er die Befehle nie in der richtigen Form eingeben. Seine bedeutendste Geistesleistung besteht darin, seitenweise Erklärungen zur Boxbedienung zu lesen, ohne deren Inhalt auch nur annähernd zu erfassen. Eine Zeichenfolge, die einmal sein Auge passiert hat, verdampft rückstandslos in den öden Korridoren seiner Ganglien. Er hat irgendwo mal gelesen, daß man in Mailboxen mit dem Befehl Help weiterkommt, und gibt diesen folgerichtig immer wieder ein, wobei es ihm gar nicht zu Bewußtsein kommt, daß die Mailbox ihm ständig erklärt, daß er doch das deutsche Wort Hilfe benutzen möge. Immerhin zwingt das Verhalten solcher User den Betreiber einer Mailbox, ständig darüber nachzudenken, wie die Benutzerführung idiotensicher gemacht werden kann. Andernfalls wäre die Mailbox einer anderen Gruppe hilflos ausgeliefert. Hauptvertreter dieser Gruppe ist. . . Seite 220 Seite 221

<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

...der Skeptiker<br />

Er glaubt einfach nicht, daß eine Mailbox so einfach sein kann, wie sie<br />

sich ihm am Bildschirm darbietet. Folgerichtig probiert er das, was die<br />

Mailbox ihm vorschlägt, gar nicht erst aus; falls doch, so besteht er<br />

darauf, seine eigenen Vorstellungen einzubringen und erweitert die<br />

Befehle um eigene Eingebungen, mit dem Erfolg, daß entweder gar<br />

nichts passiert oder aber etwas ganz anderes als das, was er wollte. Hat<br />

er sich so ein ausreichendes Maß an Frust erworben, beendet er die<br />

Verbindung mit dem vorgesehenen Befehl, nur um sich selbst zu<br />

beweisen, daß er so blöd nun auch wieder nicht ist. Eine ansteckende<br />

Nebenform des Skeptikers ist. . .<br />

. . . der Überflieger<br />

Er hat erstens ohnehin keine Zeit, ausgerechnet in dieser Mailbox<br />

anzurufen, zweitens kennt er andere Mailboxen schon seit Jahren, und<br />

drittens weiß er ohnehin alles besser als der Sys-Op. Er ignoriert alle<br />

Systemmeldungen völlig und zieht seine eigene Show ab, egal, ob was<br />

dabei rauskommt oder nicht. Fehlermeldungen verursachen lediglich<br />

Achselzucken, gefolgt von nochmaliger Eingabe der falschen<br />

Kommandos.<br />

Interessanterweise kennt der Überflieger genau die Befehle, mit<br />

denen man Schmähbriefe an den Sys-Op sendet, löscht seine Texte<br />

aber meistens wieder, bevor er das System verläßt. Er benutzt dazu<br />

grundsätzlich den Befehl Logoff, weil er das mal so gelernt hat, und<br />

legt dann auf, ohne abzuwarten, ob das tatsächlich der richtige Befehl<br />

war. Die weitaus meisten Vertreter dieser Spezies sind selber Sys-Op<br />

oder waren es einmal. Ähnlich verhält sich auch. . .<br />

. . . der Forscher<br />

Auch ihn interessieren die funktionierenden Befehle der Box überhaupt<br />

nicht, er verwendet statt dessen viel lieber seine Phantasie auf<br />

die Erfindung neuer Befehle und führt minutiöse Aufzeichnungen<br />

darüber. Er hat ein umfangreiches angelesenes Wissen aus <strong>Computer</strong>zeitschriften<br />

und wendet dieses erbarmungslos auf alle Mailboxen an,<br />

die er in die Finger kriegt. Als extrem störend empfindet er es, wenn<br />

einer seiner Befehle tatsächlich einmal zu einem sinnvollen Ergebnis<br />

führt, meist reagiert er dann wie der Schüchterne und legt einfach auf.<br />

Ganz anders dagegen . . .<br />

. . . der <strong>Computer</strong>legastheniker<br />

Er würde nichts lieber sehen, als daß die Mailbox nur ein einziges Mal<br />

das tun würde, was er will. Aber leider kann er die Befehle nie in der<br />

richtigen Form eingeben. Seine bedeutendste Geistesleistung besteht<br />

darin, seitenweise Erklärungen zur Boxbedienung zu lesen, ohne deren<br />

Inhalt auch nur annähernd zu erfassen. Eine Zeichenfolge, die einmal<br />

sein Auge passiert hat, verdampft rückstandslos in den öden<br />

Korridoren seiner Ganglien. Er hat irgendwo mal gelesen, daß man in<br />

Mailboxen mit dem Befehl Help weiterkommt, und gibt diesen<br />

folgerichtig immer wieder ein, wobei es ihm gar nicht zu Bewußtsein<br />

kommt, daß die Mailbox ihm ständig erklärt, daß er doch das deutsche<br />

Wort Hilfe benutzen möge.<br />

Immerhin zwingt das Verhalten solcher User den Betreiber einer<br />

Mailbox, ständig darüber nachzudenken, wie die Benutzerführung<br />

idiotensicher gemacht werden kann. Andernfalls wäre die Mailbox<br />

einer anderen Gruppe hilflos ausgeliefert. Hauptvertreter dieser<br />

Gruppe ist. . .<br />

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