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CCC - Das chaos Computer Buch

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<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

richtete von einem angeblichen Einbruch im Rechner der Frankfurter<br />

Citibank.<br />

Von solchen Reaktionen der Medien waren die <strong>CCC</strong>ler enttäuscht,<br />

obwohl sie an ihrem diffusen Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit<br />

manchmal selbst mitgestrickt hatten. In Frank Elstners Fernseh-Show<br />

«Menschen 84» zum Beispiel wurden Wau und Steffen als wundersame<br />

Paradiesvögel präsentiert. Viel mehr als belangloses Geplänkel<br />

kam aber nicht über die Mattscheibe. (Elstner: « Sie gehören zu einem<br />

<strong>Computer</strong>club. Sie sind nicht Programmierer, sondern Datenverarbeiter.<br />

Und der Wau, der aussieht wie ein Maler, wie ein Bildhauer, ist<br />

ein Künstler und nennt sich Datenkünstler».) Einen Auftritt Waus in<br />

einer, wie er selbst fand, «üblen Kommerztalkshow des WDR-Regionalfernsehens»<br />

kommentierte er in der Datenschleuder so: «Die laden<br />

nur Leute außerhalb des Sendegebietes ein. Andere kommen erst gar<br />

nicht... Der Showmanager, Röhre Braun, hatte Jo Leinen rangekriegt.<br />

In der Sendung sprach er ihn mit <br />

an. Dabei ist Jo in der SPD... In der Livesendung hatte der Vertreter<br />

(des <strong>CCC</strong>) 30 Sekunden Zeit, Jo eine Sahnetorte ins Gesicht zu<br />

drücken. So hatte es Röhre unbewußt geplant. Der Vertreter versagte.<br />

Ähnliche Pannen werden sich nie ausschließen lassen. »<br />

Nur gelegentlich gelang es den Chaos-Leuten, sich nicht als Zirkusclowns<br />

zu präsentieren, sondern - was eigentlich ihr Ziel war - als<br />

Experten für <strong>Computer</strong>kommunikation und Datenschutz. Viele<br />

«konventionelle» Fachleute zweifelten zwar spätestens nach dem Btx-<br />

Fall kaum noch an den Fähigkeiten der Hacker im Umgang mit komplizierten<br />

<strong>Computer</strong>systemen. Manche, wie etwa der Hamburger<br />

Beauftragte für den Datenschutz, Claus-Henning Schapper, sprachen<br />

ihnen sogar das Verdienst zu, mit ihren Aktionen das öffentliche Bewußtsein<br />

für Probleme des Datenschutzes überhaupt erst geweckt zu<br />

haben. (Schapper: «Dafür sollten wir ihnen eigentlich dankbar sein.»)<br />

Doch nachdem durch die Hacker-Spielchen zum erstenmal deutlich<br />

wurde, wie löchrig <strong>Computer</strong>systeme in Wirklichkeit sind, wuchs in<br />

vielen Rechenzentren die Besorgnis, daß solche Lücken auch von Kriminellen<br />

genutzt werden könnten. Dabei konnte man sich vor Gangstern<br />

noch eher schützen, bei denen waren wenigstens die Motive klar.<br />

Aber bei den Hackern wußte man nicht so recht, was die woll-<br />

ten. Oder war die Hackerei auch nur eine Vorstufe für richtige Verbrechen?<br />

< Kann man denn ausschließen, daß der Club in anderen Fällen<br />

kriminell geworden ist und kassiert hat?», fragte zum Beispiel der<br />

Hamburger Informatikprofessor Klaus Brunnstein nach dem BtxCoup.<br />

Wie auch immer. Auf Tagungen und Kongressen war Datenschutz<br />

plötzlich das Thema Nr. i, und manche unerschrockene Veranstalter<br />

luden Chaos-Mitglieder als Zugnummern zu Vorträgen über Datensicherheit<br />

ein. So sprachen sie 198 5 auf einem internationalen<br />

BankenTreffen in Paris, damals wurde niemand verhaftet, und stritten<br />

sich in einer Podiumsdiskussion auf der Hannover-Messe um die<br />

Frage, ob Hacker die <strong>Computer</strong>-Guerilla von morgen seien.<br />

Doch die heimlichen Hoffnungen der Daten-Chaoten, daß die Popularität<br />

aus Film, Funk und Fernsehen auch die Basis für eine tragfähige<br />

Berufsperspektive sein könnte, erfüllten sich in den ersten Jahren<br />

nicht. Wau Holland, Club-Guru und dienstältestes Mitglied, hatte als<br />

einziger schon lange Zeit als freier Programmierer (Spezialgebiete:<br />

Datenfernübertragung und <strong>Buch</strong>satz) gearbeitet; bei einigen der jüngeren<br />

<strong>CCC</strong>-Mannen dauerte es sehr viel lä nger, bis sie von ihrer Arbeit<br />

als Programmierer, Medienberater oder Verfasser von Fachartikeln<br />

leben konnten. Doch die steile Karriere im aufwärtsstrebenden<br />

<strong>Computer</strong>business wollte sich kaum einstellen, den Großen in der<br />

Branche ist der Chaos <strong>Computer</strong> Club bis heute einfach suspekt geblieben.<br />

Alternative <strong>Computer</strong>kultur?<br />

« Wo bleibt das Chaos?» fragte in der taz vom 22. z. 85 irritiert eine<br />

Gruppe «Schwarz & Weiß gegen den <strong>Computer</strong>staat». Diese Gruppe<br />

war offensichtlich enttäuscht, weil sie erwartet hatte, in den Chaos-<br />

Hackern Verbündete im «Kampf gegen den Überwachungsstaat» zu<br />

finden. Nun mußte sie feststellen, « daß wir es mit einigen technikgeilen<br />

Freaks zu tun haben, die mehr mit dem staatlichen <br />

gemein haben als mit uns. » Nie würden von den Hackern «neue<br />

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