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CCC - Das chaos Computer Buch

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<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

A m anderen Ende<br />

des Drahtes<br />

Wie man Mailboxbetreiber wird und lernt,<br />

damit zu leben<br />

von Reinhard Schrutzki<br />

Ein zarter Lichtstrahl fällt durch das halbblinde Fenster auf meinen<br />

Monitor und versperrt den Ausblick auf wichtige Daten. , schießt es durchs Hirn.<br />

Mühsam reiße ich den Blick los von der zweidimensionalen<br />

Schlichtheit und wende ihn gartenwärts. Langsam dringt<br />

Frühlingswirklichkeit in mein Bewußtsein. Ein letztes Mal gleitet das<br />

Auge über die Reihe der Bildschirme, die im Licht der jungen Sonne<br />

zu verblassen drohen. Schon halb auf der Treppe und auf dem Weg in<br />

den nahen Park, durchzuckt mich die Frage: <br />

Meine erste Begegnung mit dem <strong>Computer</strong> hatte ich während der<br />

Ausbildung zum Elektromechaniker. Der Personal <strong>Computer</strong> war<br />

knapp zwei Jahre alt und hatte seinen Siegeszug gerade erst begonnen,<br />

aber schon waren, zumindest für angehende Techniker, die<br />

Springfluten erkennbar, die er mit sich bringen würde. Da die<br />

Ausbildungsvergütung, die ich damals erhielt, bei weitem nicht<br />

ausreichte, um mich in den Besitz der begehrten Geräte zu bringen,<br />

blieb es zunächst bei einer platonischen Beziehung. Die sah so aus,<br />

daß ich ständig zum<br />

Zeitschriftenhändler lief, um die neuesten Fachzeitschriften zu<br />

erstehen und zu verschlingen.<br />

Ein Jahr später erfolgte dann der erste große Einbruch auf dem<br />

<strong>Computer</strong>markt: Sir Clive Sinclair brachte mit dem ZX8o erstmals<br />

einen Homecomputer auf den Markt, der für kleine Geldbeutel erschwinglich<br />

war. Für weniger als tausend Mark konnte man nun ein<br />

zigarrenschachtelgroßes Etwas erstehen, das bei der kleinsten Berührung<br />

die Arbeit von Stunden vergaß und etwa soviel Speicherplatz<br />

hatte, wie heute benötigt werden, um die ersten zwei Zeilen einer<br />

Grafik darzustellen. In der Tat war die Leistungsfähigkeit dieser Maschine<br />

so begrenzt, daß einem gar nichts anderes übrig blieb, als sich<br />

mit der Alchimistenküche der maschinennahen Programmierung zu<br />

beschäftigen, alles andere hätte in der Ausführung viel zu lange gedauert.<br />

Die Werkzeuge, die dem ZX8o / 81-Programmierer zur Verfügung<br />

standen, waren der Rechner selbst, das bis heute unerreicht gute<br />

Handbuch sowie Rod Zak's «Programming the Z8o», alle Lektüre<br />

selbstverständlich in englischer Sprache, denn der deutsche Markt<br />

existierte noch nicht. Die Umsetzung in eine maschinenlesbare Form<br />

geschah im Kopf und auf Bergen von Papier, denn es gab keine<br />

Programme, die diese Arbeit übernehmen konnten. Der<br />

Prozessorbefehl wurde an Hand der Zeichentabelle im Handbuch<br />

verschlüsselt und das zugehörige Zeichen virtuos auf der fünffach<br />

belegten Tastatur in den Rechner gehackt. Ich hatte eigentlich nie<br />

wieder so unmittelbare Erfolgserlebnisse wie damals, wenn sich nach<br />

fünf Stunden intensivster Arbeit herausstellte, daß man tatsächlich<br />

schnell bewegte Bilder mit dieser oft als Digital-Türstopper<br />

verrissenen Maschine erzeugen konnte. Gewiß, die grafische<br />

Darstellung war nicht besser als das legendäre TV-Tennis, das den<br />

Ruhm der Videogames begründete, aber erschwingliche Alternativen<br />

gab es nicht.<br />

Der nächste Meilenstein war der Commodore VC2o. Diesen Rechner<br />

würdigte ich dadurch, daß ich ihn nicht kaufte, denn es war klar,<br />

daß da mehr sein mußte als ein farbiger ZX8r, bei dem jede Erweiterung<br />

einen Monatslohn kostete. Und richtig, wenig später erschien<br />

der Commodore 64 auf der Bildfläche, ein vielfarbiger Speicherriese<br />

mit vollem 64 KB Speicher und der Möglichkeit, einfach Zusatzgeräte<br />

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