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CCC - Das chaos Computer Buch

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<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

Doch was tun, wenn das Ziel verschneit ist und dem gespeicherten<br />

Bild nicht mehr ähnlich sieht? KI-Forscher an der University of<br />

Pennsylvania entwickeln derzeit für Cruise Missiles intelligente<br />

«TerrainModelle», die in solchen Fällen aushelfen sollen. <strong>Das</strong> ist den<br />

Hightech-Strategen aber noch zu wenig: «Anstatt beispielsweise<br />

einfache Fernlenkgeschosse oder ferngesteuerte bemannte<br />

Flugmaschinen ins Feld zu führen, könnten wir vollkommen autonome<br />

Land-, Wasserund Luftfahrzeuge starten, die zu einer umfassenden<br />

und weitreichenden Aufklärung fähig wären und Angriffsaufgaben<br />

übernehmen könnten», hieß es im Entwurf zum «Strategic Computing<br />

Plan». Was waren die Sandkastenspiele der alten Generäle gegen die<br />

heutigen Militaristenträume in Silizium?<br />

Little Creatures -<br />

Wenn Maschinen menschlich werden<br />

Wo soll das mit der Künstlichen Intelligenz eigentlich hinführen?,<br />

frage ich mich. Oder ist die Wirklichkeit schon schlimmer, als sie in<br />

den düstersten Science-fiction-Romanen beschrieben wird, und wir<br />

merken es nur nicht? Isaac Asimovs erstes Robotergesetz lautete: «Ein<br />

Roboter darf kein menschliches Wesen verletzen. » Nun wissen wir j<br />

a: In Japan sind schon mehrere Arbeiter von ihren stählernen Kollegen<br />

umgebracht worden. «Der Roboter hat plötzlich verrückt gespielt»,<br />

berichteten Augenzeugen nach solchen Unfällen. Experten würden<br />

diese Amokläufe ganz rational mit Spannungsschwankungen oder<br />

Kurzschlüssen erklären. Doch beruhigender ist das auch nicht.<br />

Einerseits wird mir mulmig, wenn ich daran denke, daß wir in einer<br />

nicht so fernen Zukunft sehende und sprechende Roboter haben<br />

werden, die in Fabriken herumlaufen, daß «autonome mobile<br />

Systeme» sich durch computergerecht gestaltete Städte bewegen und<br />

uns über datenmäßig erfaßte Autobahnen kutschieren oder daß ich<br />

nicht mehr meinen Hausarzt konsultiere, wenn mich der Rücken<br />

schmerzt, sondern mein medizinisches Diagnosesystem. Nicht so sehr<br />

die Vorstellung, die <strong>Computer</strong> könnten sich verselbständigen und<br />

gegen die<br />

Menschheit erheben, bereitet mir Unbehagen - es ist etwas anderes:<br />

Die Befürchtung, die mit manchen Erfahrungen aus der Vergangenheit<br />

belegt werden kann, daß diese Wunderwerke der Technik, diese<br />

Spitzenleistungen menschlichen Geistes wieder nicht dem<br />

gesellschaftlichen Fortschritt dienen werden.<br />

Gewiß ist es ein Segen, wenn Menschen in Fabriken keine Autos<br />

mehr lackieren oder nicht mehr jeden Tag acht Stunden lang<br />

unbeweglich auf Dutzende von Kontrollmonitoren starren müssen.<br />

<strong>Das</strong> sind die positiven Auswirkungen, die auch viele deutsche KI-<br />

Forscher gern herbeizitieren, wenn man sie nach dem Sinn ihrer Arbeit<br />

fragt. Viele von ihnen lehnen es ausdrücklich ab, für militärische<br />

Zwecke zu arbeiten. Prof. Bernd Neumann zum Beispiel, der sich an<br />

der Universität Hamburg mit Bildanalyse beschäftigt, setzt auf den<br />

Sieg der Vernunft: «Wir können immer wieder beobachten, daß<br />

Menschen ohne Schwierigkeiten Probleme in die Welt setzen, die sie<br />

nicht mehr selbst bearbeiten können. Denken Sie an Fragen der<br />

Umwelt, der Energieversorgung, an politische Zusammenhänge. Wir<br />

haben die Hoffnung, daß KI-Systeme in einigen Bereichen dem<br />

Menschen sogar überlegen sein werden und daß wir mit ihrer Hilfe<br />

einige dieser Probleme sehr viel besser in den Griff kriegen. »<br />

Gleichzeitig muß er aber feststellen, daß er keinen Einfluß darauf hat,<br />

was mit seinen Forschungsergebnissen geschieht. Fast fünfzig Jahre<br />

nach der Erfindung der Atombombe hat sich in dieser Beziehung die<br />

Rolle der Wissenschaftler kaum verändert.<br />

Andererseits geben wir auch ein Stück Hoffnung preis, wenn wir<br />

angesichts neuer Technologien immer nur die düstersten Zukunftsaussichten<br />

heraufbeschwören. Die KI kann auch eine Methode sein,<br />

mit der wir mehr über uns selber erfahren. Bei vielen KI-Forschern ist<br />

das ein wichtiger Ansporn für ihre Arbeit. Wie funktioniert das Denken?<br />

Was zeichnet den Menschen aus, wenn man sagt, er ist ein denkendes<br />

Lebewesen? Vielleicht finden wir ja neue Lösungen für alte<br />

Fragen. Gleichzeitig fordern uns die neuen Maschinen auf ungeahnte<br />

Weise heraus: «Wir Menschen werden erkennen, daß unsere Intelligenz<br />

nicht einzigartig ist. Wenn es tatsächlich gelingt, für einen interessanten<br />

Ausschnitt menschlicher intelligenter Leistungen ein Erklärungsmodell<br />

in Form eines <strong>Computer</strong>programms herzustellen, wird<br />

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