CCC - Das chaos Computer Buch
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<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
Altmeister John McCarthys Vision aus den fünfziger Jahren:<br />
<strong>Computer</strong> mit gesundem Menschenverstand. «Was wir erreichen<br />
wollen, sind Systeme mit , Alltagsintelligenz. Sicher<br />
funktioniert die Intentionserkennung gegenwärtig nur für<br />
eingeschränkte Bereiche. Aber die Verfahren, die wir hier entwickeln,<br />
sind universell einsetzbar. » Es ist nach Wahlster also nur eine Frage<br />
der Zeit, bis sich die -Ergebnisse auf andere Bereiche<br />
übertragen lassen, die mehr mit der wirklichen Welt zu tun haben als<br />
das imaginäre Balltreten auf dem Bildschirm. «Die<br />
Intentionserkennung ist für die ganze KI von fundamentaler<br />
Bedeutung. Der Durchbruch, etwa in der Bilderkennung, wird erst<br />
erfolgen, wenn man das Problem einigermaßen im Griff hat. »<br />
Als ich das höre, bekomme ich unwillkürlich ein Gefühl, als ob mir<br />
jemand heimlich über die Schulter schaut. Wenn ein <strong>Computer</strong> mich<br />
nicht nur erkennen, sondern dazu noch mein Tun und Lassen<br />
interpretieren kann, heißt das nur, daß er eine Modellvorstellung von<br />
mir und allen anderen Menschen «im Kopf» haben muß. Er müßte<br />
zum Beispiel wissen, was in bestimmten Situationen «normal» ist, und<br />
was nicht. Ich denke an Szenen auf einem U-Bahnhof: Warum geht<br />
der so schnell? Was tun die beiden, die da so eng beieinander stehen?<br />
Und der mit dem hochgeschlagenen Kragen, hat der vielleicht was zu<br />
verbergen?<br />
An Modellen menschlicher Verhaltensweisen wird gegenwärtig<br />
geforscht. «Benutzermodell» nennt man so was in der KI. Es gibt zum<br />
Beispiel Expertensysteme in Form von elektronischen<br />
Lernprogrammen, die über Frage und Antwort gesteuert werden. An<br />
den Reaktionen seines menschlichen Dialogpartners kann ein<br />
gewitzter <strong>Computer</strong> erkennen, ob er es mit einem blutigen Anfänger<br />
oder mit einem Fortgeschrittenen zu tun hat, und sich entsprechend<br />
verhalten.<br />
Eines der nächsten Projekte der Saarbrückener Uni soll einen<br />
praktischen Nutzen haben. Dann wird die Miniwelt in die<br />
Saarbergwerke verlegt, wo in der Zukunft einmal ein Leitstand-<br />
<strong>Computer</strong> selbständig die Produktion steuern und überwachen soll.<br />
Mehr als 20o Kameras und Sensoren müßten ihm Informationen<br />
liefern, damit er Störungen rechtzeitig erkennen kann. Mir fällt beim<br />
sprechenden Leitstand-<strong>Computer</strong> sofort das gnadenlos fröhliche Elek-<br />
tronengehirn aus ein, das sich immer<br />
im unpassendsten Moment zu Wort meldet: «Tut mir außerordentlich<br />
leid, Jungs, daß ich stören muß. Aber in fünfundzwanzig Sekunden<br />
stürzt Schacht 17 ein. Keine Rettung möglich. Macht's gut und Glück<br />
auf> »<br />
Kleine Nachbemerkung: Wolfgang Wahlster übernimmt, zusammen<br />
mit seinen Kollegen Jörg Siekmann und Michael M. Richter aus<br />
Kaiserslautern, die wissenschaftliche Leitung im kürzlich gegründeten<br />
deutschen KI-Zentrum, mit dem «wir die Basis für eine international<br />
konkurrenzfähige Grundlagenforschung haben werden».<br />
Im neuen KI-Zentrum soll, der Zeitplan reicht erst mal bis zur<br />
Jahrtausendwende, Software entwickelt werden, «die einen<br />
menschlichen Benutzer als kooperatives Hilfesystem oder intelligenten<br />
Fachmann in verschiedenartigen Situationen bei seiner <br />
entlastet oder seine Intelligenz verstärkt. » So steht es in der<br />
«wissenschaftlichen Vision». Unter anderem soll die neugezüchtete<br />
<strong>Computer</strong>generation<br />
?? Alltagsintelligenz besitzen,<br />
?? selbständig lernen und bei Bedarf auch wieder vergessen,<br />
?? über sich selbst reflektieren können.<br />
Für diese Fähigkeiten eines intelligenten Rechners sind Sehen, Hören,<br />
Sprechen und Fühlen unerläßliche Voraussetzungen. Wolfgang<br />
Wahlster hat zudem erkannt, daß die Zukunft <strong>Computer</strong> braucht, die<br />
wesentlich besser die Grenzen ihrer eigenen Kompetenzen und<br />
Fähigkeiten einschätzen können als die heutigen KI-Systeme. Sie<br />
müssen auch wissen, was sie nicht wissen. Sonst können solche Flops<br />
wie der folgende, den ein KI-Forscher mit einem medizinischen<br />
Expertensystem für Hautkrankheiten erlebt hat, immer wieder<br />
vorkommen. Wahlster berichtet: «Der Kollege gab folgende Daten ein:<br />
und so weiter. Bei der Diagnose brauchte der <strong>Computer</strong><br />
stundenlang, bis er endlich feststellte, daß er damit gar nichts anfangen<br />
konnte. » Na ja, aller Anfang ist schwer.<br />
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