CCC - Das chaos Computer Buch
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<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
<strong>Das</strong> Chaos <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
und ist in der verschworenen deutschen KI-Gemeinde der heimliche<br />
Superstar.<br />
Als ich ihn in Saarbrücken treffe, ahne ich, warum. Der Mann ist<br />
beseelt von unbändigem Forscherdrang, hat sein Ziel, seine Vision,<br />
offenbar deutlich vor Augen. Kein großes Drumherumgerede zur<br />
Begrüßung, keine unnötigen Höflichkeitsfloskeln, es geht sofort zur<br />
Sache. «Wir gehen davon aus, daß jegliche Art von<br />
Informationsverarbeitung, die der Mensch bewältigt, auch beim<br />
<strong>Computer</strong> möglich sein wird. Da gibt es keine prinzipiellen Grenzen»,<br />
stellt er gleich zu Beginn klar, räumt allerdings ein, daß ein schlaues<br />
Elektronengehirn allein noch nicht den ganzen Menschen ausmacht:<br />
«Der Mensch ist ja auch noch ein biologisches und, was noch<br />
wichtiger ist, soziales Wesen. <strong>Das</strong> sind Bereiche, die der KI nie<br />
zugänglich sein werden. »<br />
Seit Ende der siebziger Jahre ist Wolfgang Wahlster nun mit der<br />
Analyse von Bildfolgen und deren sprachlicher Beschreibung<br />
beschäftigt. Seine <strong>Computer</strong> sollen lernen, zu sehen, und sie sollen<br />
darüber Rede und Antwort stehen. «Bei der Bilderkennung ist es<br />
relativ einfach, den Verstehensbegriff dingfest zu machen», erläutert<br />
er die Vorzüge seines Forschungsgebiets gegenüber anderen KI-<br />
Feldern. «Wenn das System etwas erkennt und es richtig beschreibt,<br />
dann versteht es auch richtig. <strong>Das</strong> Traumziel der KI wäre erreicht,<br />
wenn ein <strong>Computer</strong> einen Stummfilm mit Buster Keaton sieht und an<br />
den richtigen Stellen lacht. Dann könnte man das<br />
Bilderkennungsproblem ad acta legen. Er kann j a nur lachen, wenn er<br />
versteht. » Leuchtet mir ein, aber seit wann haben <strong>Computer</strong> Humor?<br />
<strong>Das</strong> wäre sicher ein interessantes Betätigungsfeld für die KI.<br />
Wahlster und sein Team basteln derzeit - in Zusammenarbeit mit<br />
dem Fraunhofer-Institut für Informations- und Datenverarbeitung in<br />
Karlsruhe-an einem KI-System, das sie VITRA (« Visual Translator» )<br />
getauft haben. Die Karlsruher haben Videoaufnahmen von einer<br />
Verkehrskreuzung digitalisiert und in einen Großrechner gepackt. Fünf<br />
Sekunden am Stück paßten rein, das sind r 3o Fernsehbilder mit<br />
jeweils mehr als einer Viertelmillion Rasterpunkte, dann war der<br />
Speicher voll. VITRA soll nun ganz allein bestimmte bewegliche<br />
Objekte auf diesen Bildern - zum Beispiel Straßenbahnen und Autos -<br />
«detektieren», wie die Forscher sagen, und beschreiben, was die<br />
gerade so tun.<br />
In einem Terminalraum, in dem ein paar Studenten an hübschen<br />
Symbolics-Workstations mit bunten, hochauflösenden Riesenbildschirmen<br />
arbeiten, führt Wahlster mir vor, was VITRA alles über die<br />
Kreuzung weiß. Zu Demo-Zwecken, und wahrscheinlich weil's lustiger<br />
ist, hat der <strong>Computer</strong> ein Sprachmodul verpaßt bekommen.<br />
Auf die eingetippte Frage: «Liegt der Parkplatz vor dem Haus?» ertönt<br />
es blechern aus dem Lautsprecher: « Ja, der Parkplatz befindet sich unmittelbar<br />
vor dem Haus.» Oder: «Hielt Objekt ooo3 (ein Pkw) an?» -<br />
«Ja, gerade eben.» Als Wahlster wissen will: «Bog der Polizist ab?»,<br />
heißt es kurz und bündig: «Polizist ist kein Objekt der Szene.» Basta.<br />
Nur gut, daß die Antworten des Wundercomputers gleichzeitig auf<br />
dem Bildschirm angezeigt werden, denn die Stimme allein ist kaum<br />
zu verstehen. «Der Sprach-Chip ist nicht der beste, darauf kam es uns<br />
ja nicht an», bemerkt Wahlster etwas verschämt dazu.<br />
Was VITRA intelligent macht, erläutert er so: «Der <strong>Computer</strong><br />
erzeugt Antworten über Bildmaterial, das er vorher noch nie gesehen<br />
hat. Dazu braucht er umfangreiches Wissen, er muß die deutsche<br />
Sprache verstehen, zeitliche und räumliche Schlußfolgerungen<br />
ausführen und komplizierte Bewegungskonzepte - so etwas wie<br />
Abbiegen, Einparken, Halten- erkennen. » Einige Jahre haben<br />
Wahlster und seine Kollegen gebraucht, um dem Rechner etwas<br />
beizubringen, was jedes durchschnittlich begabte Kleinkind aus dem<br />
kann. Warum soviel Mühe? «Unser Motto lautet: