Mathematisches Denken und Arbeiten
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Zur Formulierung von Satz 1.3 <strong>und</strong> zu seinem Beweis bemerken wir Folgendes. Im Satz<br />
wurden Voraussetzungen <strong>und</strong> eine Behauptung formuliert:<br />
Voraussetzungen a) Gegeben: Ein Intervall I <strong>und</strong> eine differenzierbare Funktion f : I → R.<br />
b) Für alle x ∈ I gilt f ′ (x) > 0.<br />
Behauptung f ist streng monoton steigend.<br />
Der Satz sagt aus, dass die Behauptung wahr ist, wenn die Voraussetzungen dies sind.<br />
Im Beweis ist eine Aussage für alle x 1 <strong>und</strong> x 2 mit bestimmten Eigenschaften zu zeigen. Dazu<br />
geht man so vor, dass man Zahlen x 1 <strong>und</strong> x 2 mit diesen Eigenschaften fixiert <strong>und</strong> dafür den<br />
Beweis führt. Es ist wichtig, dass über x 1 <strong>und</strong> x 2 keine weiteren Eigenschaften vorausgesetzt<br />
werden; anderenfalls wäre der Beweis nicht allgemeingültig. Eine Formulierung wie „Seien x 1<br />
<strong>und</strong> x 2 mit . . . “ drückt aus, dass beliebige Zahlen x 1 <strong>und</strong> x 2 mit der Eigenschaft . . . vorliegen. Im<br />
weiteren Beweis werden keine zusätzlichen Annahmen über diese Zahlen gemacht. Der Beweis<br />
benutzt bereits bewiesene Sätze wie den Mittelwertsatz <strong>und</strong> Rechenregeln für Ungleichungen.<br />
Es ist üblich, das Ende eines Beweis zu markieren. Gängig ist dafür das Symbol ; ich benutze<br />
an der Tafel ⫽.<br />
Übungsaufgaben. Im Folgenden bezeichnet I ein Intervall <strong>und</strong> D eine nichtleere Teilmenge<br />
von R. Zum Beweis von Aussagen über differenzierbare Funktionen darf der Mittelwertsatz 1.4<br />
weiterhin als bewiesen vorausgesetzt werden.<br />
(i) Sei f : I → R differenzierbar. Zeige: (a) Ist f ′ = 0, dann ist f eine konstante Funktion;<br />
(b) ist f ′ konstant, dann existieren m, c ∈ R, sodass f(x) = mx + c für alle x ∈ I gilt.<br />
(ii) Sei f : R → R differenzierbar mit f(0) = 0. Für die Ableitung gelte f ′ (x) < −1 für alle<br />
x ∈ R. Zeige, dass f(x) + x > 0 für alle x < 0 gilt.<br />
(iii) Definiere für eine Funktion f : D ⊆ R → R die Begriffe Maximumstelle <strong>und</strong> Maximum.<br />
(iv) Sei I :=]a, b[ ein offenes Intervall. Sei f : I → R differenzierbar mit einer Maximumstelle<br />
x m ∈ I. Zeige, dass es Stellen x l , x r ∈ I gibt mit x l < x m < x r , sodass f ′ (x l ) ≥ 0 <strong>und</strong><br />
f ′ (x r ) ≤ 0 gelten.<br />
2 Beweise — richtige <strong>und</strong> falsche<br />
Ein Satz ist eine wahre Aussage, für die ein Beweis angegeben werden kann. Häufig trifft man<br />
Formulierungen folgender Art an.<br />
2.1 Satz. Wenn A wahr ist, dann gilt auch B.<br />
Beweis. Sei A wahr. Wir zeigen, dass B gilt: . . .<br />
Hier sind A <strong>und</strong> B Aussagen, die Voraussetzung bzw. die Behauptung des Satzes. Man beachte,<br />
dass nicht die Wahrheit von B zu zeigen ist, sondern nur die von „aus A folgt B“. Auf<br />
Aussagen <strong>und</strong> logische Schlüsse gehen wir später systematisch ein. In diesem Abschnitt betrachten<br />
wir Beispiele von Beweisen.<br />
Folgende Definition ist bekannt. Eine Zahl n heißt gerade genau dann, wenn es eine ganze<br />
Zahl k gibt mit n = 2k. Allgemeiner heißt n durch p ∈ N teilbar (in Zeichen: p|n), wenn es eine<br />
ganze Zahl k gibt mit pk = n.<br />
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