Synapse 50-neu.pmd - Breite Liste Gesundheit, Fachschaft Medizin ...
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Arbeitsbedingungen für Ärzte weltweit<br />
Sandro Krieg<br />
10<br />
<strong>Synapse</strong> <strong>50</strong> / Juni 2004<br />
synapse@fachschaft-medizin.de<br />
Seien wir ehrlich: wer sich vor Beginn seines <strong>Medizin</strong>studium<br />
gründlich mit seiner Berufswahl befasst hat, der benötigte schon<br />
ein ganze Menge Idealismus, um über die grauenhaften<br />
Arbeitsbedingungen hinwegzusehen, die einem da in Aussicht<br />
gestellt wurden. Doch spätestens nachdem die EU die<br />
Arbeitszeiten für Ärzte <strong>neu</strong> geregelt haben will, sieht es schon<br />
sehr viel besser aus.<br />
Zwar ist die Lage von jungen Klinikmedizinern in Deutschland<br />
immer noch oft gekennzeichnet von unzumutbaren<br />
Arbeitsbedingungen, unbezahlten Überstunden, steigendem<br />
Verwaltungsaufwand und hoher Dienstbelastung, aber gerade<br />
dies führte zu extremen Nachwuchsproblemen bei Klinikärzten<br />
und zu einer Überalterung der deutschen Ärzteschaft. Die<br />
Wirklichkeit sieht also anders aus, als es einem oft mit dem Begriff<br />
"Ärzteschwemme" nahe gebracht wird.<br />
Ein in Deutschland niedergelassener Arzt arbeitet in der Regel<br />
weit mehr als 55 Stunden die Woche, insbesondere in den <strong>neu</strong>en<br />
Bundesländern erreichen viele sogar durchschnittlich 65 Stunden.<br />
Die strikte Budgetierung führt zu geringerem Einkommen und<br />
oft zu dem Dilemma, Patienten entweder fachgerecht oder<br />
ökonomisch behandeln zu müssen.<br />
Nach einer aktuellen Umfrage sind mehr als die Hälfte der Ärzte<br />
in Deutschland mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden, 65<br />
Prozent würden sich aber trotzdem noch einmal für den Arztberuf<br />
entscheiden.<br />
In den vergangenen Jahren sind immer mehr Ärzte direkt nach<br />
der Ausbildung ins Ausland verschwunden, da auch dort Ärzte<br />
meist rar, die Arbeitsbedingungen aber um einiges besser sind als<br />
hierzulande.<br />
Von:<br />
Datum:<br />
Betreff:<br />
Hallo zusammen,<br />
ich gebe Clemens recht: man sollte wirklich<br />
versuchen, sich in die Diskussion<br />
miteinzuklinken. Nur dazu ist es sicherlich<br />
notwendig, mal sich ein bisschen schlau zu<br />
machen, wie die Gesetzeslage so ist, wie<br />
die Umsetzung geplant ist etc.<br />
Dies wäre halt unbedingt notwendig, um sich<br />
eine Position zu erarbeiten.<br />
Da will ich noch hinzufügen: man muss dieses<br />
EuGH-Urteil mitsamt den drohenden<br />
Konsequenzen einfach differenziert sehen!<br />
Ich hab mich auch über dieses Urteil gefreut,<br />
weil ich auch glaube, die Arbeitsbedingungen<br />
sind (zumindest teilweise) katastrophal!<br />
Aber birngt das Urteil wie erhofft den<br />
Segen?<br />
Ich habe mir sagen lassen, dass wirklich<br />
nicht alle mit dem Urteil zufrieden sind.<br />
Drohende Folge wie Schichtdienste, aber<br />
auch das Erschweren, Überstunden machen zu<br />
können (klar, gibt auch Fälle, wo Überstunden<br />
nicht bezahlt werden...), finden viele nicht<br />
so prickelnd. Ich bin mir nicht sicher, ob<br />
ich einen Schichtdienst ein paar<br />
Mammutdiensten im Monat generell (!)<br />
vorziehen würde.<br />
Liebe Grüsse<br />
Nico<br />
Nicolas<br />
22.01.2004 23:24<br />
Re: Bereitschaftsdiensturteil<br />
Will man allein die Lücken der aus Altergründen ausscheidenden<br />
Hausärzte zeitnah schließen, so ergibt sich bis 2008 ein<br />
Ersatzbedarf von 2.200, ab 2009 ein Bedarf von 2.600 Ärzten<br />
eben dieses Fachgebietes pro Jahr. In den <strong>neu</strong>en Bundesländern<br />
geht etwa ein Drittel der Ärzte in den Ruhestand. Um den Mangel<br />
auszugleichen werden für die <strong>neu</strong>en Länder schon Ärzte in Polen<br />
und der Tschechischen Republik angeworben, für West- und<br />
Süddeutschland werden österreichische Ärzte sogar in<br />
Workshops der Bundesanstalt für Arbeit ausgebildet.<br />
Denn in der Alpenrepublik gibt es entgegen dem allgemeinen<br />
"Trend" einen starken Ärzteüberschuss, so dass die<br />
österreichischen Studienabgänger oft längere Zeit warten müssen,<br />
um ihren Turnus ableisten zu können. Auf 600 Stellen kommen<br />
jährlich 1.600 Ärzte, für einen Weiterbildungsplatz muss man<br />
mittlerweile zwei bis drei Jahre warten. Der Verdienst kann sich<br />
zwar sehen lassen, doch 60 Wochenstunden sind<br />
selbstverständlich, 80 bis 90 Stunden eher die Regel. In den<br />
meisten anderen Ländern sieht es nicht so rosig aus. Mittlerweile<br />
ist ein Art Wettstreit unter den rekrutierenden Ländern entbrannt,<br />
denn nicht nur Deutschland kam man auf die Idee gezielt Ärzte<br />
aus dem Ausland "anzuheuern".<br />
Die Träger dänischer Krankenhäuser unterstützen das Projekt<br />
"Ärzte nach Dänemark", in dem Ärzten<br />
durch einen vorbereitenden Sprach- und<br />
Kulturkurs einen problemlosen Einstieg<br />
in das Berufs- und Privatleben in<br />
Dänemark ermöglicht werden soll.<br />
Kosten für den Kurs entstehen selbst<br />
dann nicht, wenn keine Anstellung in<br />
einem dänischen Krankenhaus erreicht<br />
wurde.<br />
Der ehemalige Geheimtipp Norwegen hat sich mittlerweile doch<br />
verbreitet. Arbeitszeiten sind geregelter, die Bezahlung ist gut<br />
und das Arbeitsklima wird meist als sehr angenehm empfunden.<br />
Die Arbeit ist fairer verteilt und man arbeitet schon als junger<br />
<strong>Medizin</strong>er wirklich als Arzt, nicht als<br />
Hilfsarbeiter. Von den Oberärzten wird<br />
man als Auszubildender aufgefasst und<br />
entsprechend gefördert. Natürlich darf<br />
man an dieser Stelle den Freizeitwert<br />
Norwegens nicht unterschlagen. Auch die<br />
Erlangung der Berufsgenehmigung ist<br />
unproblematisch. Besonderer Mangel<br />
herrscht dort vor allem an so genannten<br />
Gemeindeärzten (Commune Leger). Dies sind meist junge Ärzte<br />
mit ein bis zwei Jahren Berufserfahrung. Meist ist es nur auf diesem<br />
Wege möglich, eine Weiterbildungsstelle in einem Krankenhaus<br />
zu bekommen. Neben Norwegen und Dänemark suchen auch<br />
die anderen skandinavischen Länder deutsche Ärzte, um ihren<br />
Ärztemangel zu füllen. Dabei gibt es auch hier Sprachkurse und<br />
Kooperationsangebote mit deutschen<br />
Organisationen. In Schweden hat man<br />
im Schnitt eine 40-Stunden-Woche,<br />
Überstunden werden großzügig<br />
ausgeglichen, was im internationalen<br />
Vergleich nicht selbstverständlich ist.<br />
In der Schweiz sind<br />
Arbeitsbedingungen und Verdienst in<br />
den einzelnen Kantonen ziemlich unterschiedlich.<br />
Bereitschaftsdienst im Krankenhaus gilt als Arbeitszeit. Durch<br />
die 2004 in Kraft getretene Reduzierung der wöchentlichen<br />
Arbeitszeit für Assistenzärzte auf fünfzig Stunden, werden<br />
Assistenzarztstellen zunehmen. Meist wird von ruhigeren<br />
Arbeitsabläufen als in Deutschland berichtet, jedoch auch von<br />
zum Teil sehr langen Arbeitszeiten und weniger Urlaubstagen.<br />
Überstunden werden häufig erst am Ende eines Vertrages durch