Bewertungsverfahren für Planungsvarianten von Start- und ...
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SCHRIFTENREIHE DES INSTITUTS FÜR VERKEHRSWESEN UND RAUMPLANUNG UNIVERSITÄT DER BUNDESWEHR MÜNCHEN Heft 51 Bewertungsverfahren für Planungsvarianten von Start- und Landebahnen bei einem Flughafenausbau Ulrich Häp
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SCHRIFTENREIHE DES INSTITUTS FÜR VERKEHRSWESEN UND RAUMPLANUNG<br />
UNIVERSITÄT DER BUNDESWEHR MÜNCHEN<br />
Heft 51<br />
<strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Planungsvarianten</strong> <strong>von</strong> <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnen<br />
bei einem Flughafenausbau<br />
Ulrich Häp
Herausgeber:<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Wirth<br />
Lehrstuhl <strong>für</strong> Verkehrswesen <strong>und</strong> Straßenverkehrsanlagen<br />
Universität der B<strong>und</strong>eswehr München<br />
85577 Neubiberg<br />
Tel. (089) 6004-2526<br />
Fax (089) 6004-2501<br />
E-mail: wolfgang.wirth@unibw.de<br />
© 2007 Universität der B<strong>und</strong>eswehr München, Institut <strong>für</strong> Verkehrswesen <strong>und</strong> Raumplanung,<br />
Neubiberg<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere des Nachdrucks,<br />
der Übersetzung, des Vortrages, der Entnahme <strong>von</strong> Abbildungen <strong>und</strong> Tabellen, der Funksendung,<br />
der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen <strong>und</strong> Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen<br />
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.<br />
ISSN 1436-9982
Vorwort<br />
Die Themenstellung der vorliegenden Arbeit – es ist die Dissertation meines Wiss.<br />
Mitarbeiters Hptm Ulrich Häp – ist aus folgender Situation des Luftverkehrs, die <strong>für</strong><br />
Deutschland, aber auch weltweit kennzeichnend ist, entstanden: Die großen Verkehrsflughäfen,<br />
insbesondere diejenigen, die dem interkontinentalen <strong>und</strong> kontinentalen<br />
Verkehr als sog. Hubs dienen, platzen wegen der stetigen Zunahme des Luftverkehrsaufkommens<br />
aus allen Nähten. Deswegen sind viele Verkehrsflughäfen gezwungen,<br />
entweder Alternativstandorte <strong>für</strong> größere Luftverkehrsanlagen aufzusuchen<br />
oder – was wesentlich unkomplizierter <strong>und</strong> in der Regel frühzeitiger realisierbar<br />
ist – am bestehenden Standort ihr <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnsystem zu erweitern. Damit<br />
diese Erweiterungsplanungen wirtschaftlich vertretbar <strong>und</strong> planungsrechtlich erfolgreich<br />
durchgeführt werden können, müssen zunächst verschiedene Erweiterungsvarianten<br />
des <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnsystems systematisch generiert werden <strong>und</strong> dann<br />
in einem <strong>Bewertungsverfahren</strong> beurteilt <strong>und</strong> in ihrer Rangfolge gereiht werden.<br />
Nicht alle theoretisch denkbaren <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnsystemvarianten können bis<br />
zur Planfeststellungsreife untersucht werden. Deswegen werden solche <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
stufenweise dergestalt durchgeführt, dass zunächst alle Varianten relativ<br />
grob untersucht werden <strong>und</strong> dann in den einzelnen Planungsphasen jeweils einige<br />
Varianten ausgeschlossen <strong>und</strong> die übrig gebliebenen in den nächsten Phasen intensiver<br />
durchgeplant <strong>und</strong> beurteilt werden. Ganz wichtig in einem solchen planerischen<br />
Beurteilungsverfahren ist es sicherzustellen, dass Varianten, die in der „Endausscheidung“<br />
eine reale Chance hätten, nicht schon vorzeitig ausgeschieden werden.<br />
Würde in der Praxis eine derartige Fehlausscheidung einer Variante in einer frühen<br />
Verfahrensstufe erfolgen, so könnte dies schwerwiegende wirtschaftliche Folgen <strong>für</strong><br />
den Flughafenbetreiber nach sich ziehen: Es besteht regelmäßig die Gefahr eines<br />
Verfahrensbruchs, ja sogar eines Verfahrensabbruchs mit der Möglichkeit jahrelanger<br />
Verzögerungen der Projektrealisierung.<br />
Es galt deswegen, ein <strong>Bewertungsverfahren</strong> <strong>für</strong> <strong>Planungsvarianten</strong> <strong>von</strong> <strong>Start</strong>- <strong>und</strong><br />
Landebahnen bei einem Flughafenausbau zu entwickeln, das die dargestellten Unsicherheiten<br />
<strong>und</strong> Schwachstellen durch Festlegung eines geeigneten Konzepts
(Verfahrensinhalt, -ablauf) vermeidet. Dazu liefert die vorliegende Arbeit einen wichtigen<br />
Beitrag.<br />
Ich danke allen, die diese Arbeit mit Anregungen <strong>und</strong> der großzügigen Bereitstellung<br />
<strong>von</strong> Informationen unterstützt haben, vor allem der Flughafen München GmbH. Mein<br />
besonderer Dank gilt Herrn Kollegen Axhausen, ETH Zürich, dem Zweitgutachter in<br />
dem Promotionsverfahren, <strong>für</strong> die intensive Betreuung des Doktoranden in allen Entstehungsphasen<br />
der Dissertation.<br />
Neubiberg, Januar 2007<br />
Wolfgang Wirth
<strong>Bewertungsverfahren</strong> <strong>für</strong> <strong>Planungsvarianten</strong> <strong>von</strong> <strong>Start</strong>- <strong>und</strong><br />
Landebahnen bei einem Flughafenausbau<br />
Kurzfassung<br />
Ausgangspunkt <strong>und</strong> gleichzeitige thematische Abgrenzung des entwickelten<br />
<strong>Bewertungsverfahren</strong>s ist ein bestehender Verkehrsflughafen oder Verkehrslandeplatz,<br />
dessen Betreiber aufgr<strong>und</strong> seiner individuellen Unternehmenszielsetzung einen<br />
Ausbau des <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnsystems beabsichtigt. Ziel des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s<br />
ist es, eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die objektive <strong>und</strong> standardisierte Bewertung der<br />
in das Raumordnungs- <strong>und</strong> Planfeststellungsverfahren eingebrachten <strong>Planungsvarianten</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnen zu schaffen, <strong>und</strong> zwar in Bezug auf Leistungsfähigkeit,<br />
Umweltauswirkungen <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit. Als Gesamtaussage erfolgt ein<br />
nachvollziehbarer <strong>und</strong> quantitativer Vergleich der <strong>Planungsvarianten</strong>, der die Bildung<br />
einer Rangfolge erlaubt. Zur Komplettierung der Bewertung wird eine Aussage über<br />
die generelle Eignung der einzelnen <strong>Planungsvarianten</strong> getätigt.<br />
Evaluation procedure for planning variants of runways in<br />
an airport extension<br />
Abstract<br />
The starting point and subject matter of the evaluation procedure developed is<br />
an existing passenger airport or passenger airfield whose operator intends an extension<br />
of the runway system on the basis of his individual targets. The aim of the<br />
evaluation procedure is to create a basis for the objective and standardised evaluation<br />
of the planning variants for runways entered into the regional planning and project<br />
approval procedure, with regard to capacity, effects on the environment and efficiency.<br />
The overall conclusion will be a reasonable and quantitative comparison of<br />
the planning variants enabling the creation of priorities. To complete the evaluation, a<br />
statement on the general appropriateness of the individual planning variants is also<br />
made.
Inhaltsverzeichnis<br />
Anlagenverzeichnis....................................................................................... XII-XV<br />
Abbildungs-/Tabellenverzeichnis.................................................................. XVI-XX<br />
Abkürzungsverzeichnis................................................................................. XXI-XXXII<br />
1 Einführung............................................................................................ 1<br />
1.1 Problemstellung..................................................................................... 4<br />
1.2 Zielsetzung <strong>und</strong> Lösungsschritte............................................................ 5<br />
1.3 Beteiligung <strong>und</strong> Transparenz................................................................. 8<br />
2 Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Organisationen....................................... 9<br />
2.1 Gr<strong>und</strong>sätze der Zivilluftfahrt................................................................... 9<br />
2.2 Internationale Organisationen............................................................. 10<br />
2.3 Europäisches <strong>und</strong> nationales Umfeld.................................................. 13<br />
3 Entwicklung <strong>von</strong> Verkehrsflughäfen............................................... 21<br />
3.1 Allgemeine historische Entwicklung.................................................... 21<br />
3.2 Begriffsdefinitionen <strong>und</strong> Kategorien..................................................... 26<br />
3.3 Strukturmerkmale................................................................................ 28<br />
3.3.1 Funktion <strong>und</strong> Größe............................................................................. 28<br />
3.3.2 Eigentümerstruktur <strong>und</strong> Finanzierung................................................. 31<br />
3.4 Zahlen <strong>und</strong> Prognosen........................................................................ 33<br />
3.4.1 Momentane Situation........................................................................... 33<br />
3.4.2 Besondere Ereignisse......................................................................... 36<br />
3.5 Planungsinstrumente........................................................................... 37<br />
3.5.1 B<strong>und</strong>esebene………............................................................................ 37<br />
3.5.2 Landesentwicklungs- <strong>und</strong> Regionalplanung........................................ 39<br />
3.5.3 Raumordnungsverfahren………..........................................…............ 41<br />
3.5.4 Planfeststellungsverfahren.................................................................. 42<br />
3.5.5 Generalausbauplan (Masterplan)........................................................ 43<br />
3.6 Öffentlichkeitsarbeit............................................................................. 44<br />
3.7 Mediation…………............................................................................... 45<br />
VII
4 <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnen (Runways)................................................ 47<br />
4.1 Gr<strong>und</strong>lagen.......................................................................................... 47<br />
4.1.1 Aerodrome Reference Code (ARC)..................................................... 48<br />
4.1.2 Funktion, Ausrichtung <strong>und</strong> Benennung.…........................................... 49<br />
4.1.3 Längenberechnung………................................................................... 51<br />
4.2 Leistungsfähigkeit (Kapazität/Funktionalität)…................................... 53<br />
4.2.1 Konfigurationen…………...………….................................................... 54<br />
4.3 Umweltauswirkungen.......................................................................... 56<br />
4.3.1 Fluglärm…………………….................................................................. 57<br />
4.3.2 Luftverschmutzung/Schadstoffbelastung…......................................... 59<br />
4.3.3 Flächeninanspruchnahme................................................................... 60<br />
4.3.4 Sonstiges………....…………................................................................ 61<br />
4.4 Baukosten/Wirtschaftlichkeit................................................................ 62<br />
5 Analyse angewendeter <strong>Bewertungsverfahren</strong> <strong>und</strong> Folgerungen<br />
<strong>für</strong> das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong>................................................. 65<br />
5.1 Gr<strong>und</strong>idee <strong>und</strong> Zielsetzung................................................................. 65<br />
5.2 Bestandsaufnahme angewendeter <strong>Bewertungsverfahren</strong>…............... 66<br />
5.2.1 Flughafen Frankfurt-Hahn (HHN)........................................................ 67<br />
5.2.1.1 Allgemeines………………………......................................................... 67<br />
5.2.1.2 Ausgangssituation………........……..................................................... 67<br />
5.2.1.3 Analyse des Bewertungsschemas.….................................................. 69<br />
5.2.2 Verkehrslandeplatz Kassel-Calden (KSF)........................................... 72<br />
5.2.2.1 Allgemeines………………................................................................... 72<br />
5.2.2.2 Ausgangssituation………........…......................................................... 72<br />
5.2.2.3 Analyse des Bewertungsschemas.….................................................. 73<br />
5.2.3 Flughafen Leipzig/Halle (LEJ)............................................................. 78<br />
5.2.3.1 Allgemeines……….............................................................................. 78<br />
5.2.3.2 Ausgangssituation……….................................................................... 79<br />
5.2.3.3 Analyse des Bewertungsschemas.….................................................. 80<br />
5.2.4 Flughafen Frankfurt Rhein Main (FRA)............................................... 83<br />
5.2.4.1 Allgemeines…………........................................................................... 83<br />
5.2.4.2 Ausgangssituation……….................................................................... 85<br />
5.2.4.3 Analyse des Bewertungsschemas.….................................................. 87<br />
5.2.5 Flughafen Wien-Schwechat (VIE)...................................................... 92<br />
VIII
5.2.5.1 Allgemeines………………………......................................................... 92<br />
5.2.5.2 Ausgangssituation………........…......................................................... 92<br />
5.2.5.3 Analyse des Bewertungsschemas.….................................................. 93<br />
5.2.6 Flughafen Zürich-Kloten (ZRH)........................................................... 97<br />
5.2.6.1 Allgemeines…………………................................................................ 97<br />
5.2.6.2 Ausgangssituation……........................................................................ 98<br />
5.2.6.3 Analyse des Bewertungsschemas....................…............................... 99<br />
5.2.7 Flughafen Madrid-Barajas (MAD)........................................................ 103<br />
5.2.7.1 Allgemeines……………....................................................................... 103<br />
5.2.7.2 Ausgangssituation……….................................................................... 104<br />
5.2.7.3 Analyse des Bewertungsschemas.….................................................. 105<br />
5.2.8 Flughafen London Heathrow (LHR)..................................................... 107<br />
5.2.8.1 Allgemeines……………....................................................................... 107<br />
5.2.8.2 Ausgangssituation……........................................................................ 108<br />
5.2.8.3 Analyse des Bewertungsschemas.….................................................. 109<br />
5.3 Zusammenfassung………................................................................... 114<br />
5.3.1 Gewichtung <strong>und</strong> Schwerpunkte…....................................................... 114<br />
5.3.2 Folgerungen <strong>für</strong> das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong>................................ 115<br />
6 Struktur des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s.................................... 117<br />
6.1 Festlegung der Bewertungsmethode................................................... 117<br />
6.2 Durchführung <strong>und</strong> Ablauf..................................................................... 119<br />
6.2.1 1. Schritt: Prüfung der Voraussetzungen............................................. 120<br />
6.2.2 2. Schritt: Prüfung der Variantengenerierung….................................. 121<br />
6.2.3 3. Schritt: Variantenbewertung…………….......................................... 126<br />
6.2.3.1 Leistungsfähigkeit (Kapazität/Funktionalität)....................................... 127<br />
6.2.3.2 Umweltauswirkungen…………............................................................ 130<br />
6.2.3.3 Wirtschaftlichkeit……………................................................................ 132<br />
6.2.4 Bestimmung des Kriteriengerüstes ……............................................. 135<br />
6.2.4.1 Abwägung, Gewichtung <strong>und</strong> Bewertung….......................................... 137<br />
6.2.4.2 Leistungsfähigkeit………..................................................................... 139<br />
6.2.4.2.1 Kapazität……………............................................................................ 139<br />
6.2.4.2.2 Nutzungseinschränkungen……........................................................... 142<br />
6.2.4.2.3 Betriebliche Aspekte……..…............................................................... 145<br />
6.2.4.2.4 Nachhaltigkeit des Ausbaus..……....................................................... 147<br />
IX
6.2.4.3 Umweltauswirkungen……………........................................................ 150<br />
6.2.4.3.1 Menschen..……………………............................................................. 157<br />
6.2.4.3.2 Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)..……...................…............................... 165<br />
6.2.4.3.3 Boden……………….…….................................................................... 169<br />
6.2.4.3.4 Wasser (Gr<strong>und</strong>-/Oberflächenwasser).................................................. 173<br />
6.2.4.3.5 Luft…….....……................................................................................... 176<br />
6.2.4.3.6 Klima…................................................................................................ 181<br />
6.2.4.3.7 Landschaft…………............................................................................. 185<br />
6.2.4.3.8 Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter…….................................................... 187<br />
6.2.4.4 Wirtschaftlichkeit…….......................................................................... 191<br />
6.2.4.4.1 Variantenreihung.….…….................................................................... 192<br />
6.2.4.5 Bildung einer Rangfolge...................................................................... 195<br />
6.2.4.6 Einstufung der S/L-Bahn-Varianten..................................................... 198<br />
6.3 Verfahrenssynopse.............................................................................. 200<br />
7 Exemplarische Anwendung des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s... 203<br />
7.1 Flughafen Frankfurt-Hahn (HHN)........................................................ 203<br />
7.1.1 1. Schritt: Prüfung der Voraussetzungen............................................. 203<br />
7.1.2 2. Schritt: Prüfung der Variantengenerierung….................................. 204<br />
7.1.3 3. Schritt: Variantenbewertung…......................................................... 204<br />
7.1.3.1 Bewertungskriterien……….................................................................. 208<br />
7.1.3.1.1 Leistungsfähigkeit…............................................................................ 208<br />
7.1.3.1.2 Umweltauswirkungen…....................................................................... 210<br />
7.1.3.2 Variantenreihung.………….................................................................. 221<br />
7.1.3.3 Rangfolge <strong>und</strong> Einstufung.…............................................................... 222<br />
7.1.4 Fazit……………….……....................................................................... 223<br />
7.2 Verkehrslandeplatz Kassel-Calden (KSF)........................................... 223<br />
7.2.1 1. Schritt: Prüfung der Voraussetzungen............................................. 223<br />
7.2.2 2. Schritt: Prüfung der Variantengenerierung….................................. 224<br />
7.2.3 3. Schritt: Variantenbewertung…......................................................... 226<br />
7.2.3.1 Bewertungskriterien……….................................................................. 231<br />
7.2.3.1.1 Leistungsfähigkeit................................................................................ 231<br />
7.2.3.1.2 Umweltauswirkungen…....................................................................... 234<br />
7.2.3.2 Variantenreihung.………….................................................................. 243<br />
7.2.3.3 Rangfolge <strong>und</strong> Einstufung.…............................................................... 246<br />
X
7.2.4 Fazit……………….……....................................................................... 246<br />
7.3 Flughafen Frankfurt Rhein Main (FRA)............................................... 247<br />
7.3.1 1. Schritt: Prüfung der Voraussetzungen............................................. 247<br />
7.3.2 2. Schritt: Prüfung der Variantengenerierung….................................. 248<br />
7.3.3 3. Schritt: Variantenbewertung…......................................................... 249<br />
7.3.3.1 Bewertungskriterien……….................................................................. 251<br />
7.3.3.1.1 Leistungsfähigkeit…............................................................................ 251<br />
7.3.3.1.2 Umweltauswirkungen…....................................................................... 254<br />
7.3.3.2 Variantenreihung.………….................................................................. 265<br />
7.3.3.3 Rangfolge <strong>und</strong> Einstufung.…............................................................... 267<br />
7.3.4 Fazit……………….……....................................................................... 269<br />
8 Planungsgeschichte <strong>und</strong> Planungskontinuität.............................. 271<br />
8.1 Beispiel: Flughafen Frankfurt Rhein Main (FRA)................................. 271<br />
8.2 Beispiel: Flughafen Leipzig/Halle (LEJ)............................................... 275<br />
9 Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick.................................................... 279<br />
Quellenverzeichnis............................................................................................ 285<br />
Anlagen............................................................................................................... 299<br />
(Anlagen: siehe CD-ROM in der Innenseite des rückseitigen Umschlags)<br />
XI
Anlagenverzeichnis<br />
Anlagen:<br />
Seite<br />
Anl. 1: Überschallverkehrsflugzeug Aerospatiale/BAC Concorde 299<br />
Anl. 2: Überschallverkehrsflugzeug Tupolev TU144 300<br />
Anl. 3/1: Langstreckenverkehrsflugzeug Airbus A380 301<br />
Anl. 3/2: Langstreckenverkehrsflugzeug Boeing 747-ER 302<br />
Anl. 4/1: Langstreckenverkehrsflugzeug Boeing 787 „Dreamliner“ 303<br />
Anl. 4/2: Langstreckenverkehrsflugzeug Airbus A350 304<br />
Anl. 5: Zukunftsprojekte 305<br />
Anl. 6: Präambel des ICAO-Abkommens (Chicago Convention) 306<br />
Anl. 7: Anhänge des ICAO-Abkommens (Annex 1-18) 307<br />
Anl. 8: IATA-Jahresbericht 2003: Sicherheitsstatistik 308<br />
Anl. 9: Internationale Luftschiffahrts-Ausstellung (ILA) in Frankfurt (10.07.-<br />
17.10.1909) 309<br />
Anl. 10: Richtlinien <strong>für</strong> die Anlegung <strong>von</strong> Flughäfen <strong>und</strong> Landeplätzen vom<br />
20. August 1925 310<br />
Anl. 11: Die Deutsche Luft Hansa 311<br />
Anl. 12: Das erste befestigte S/L-Bahn-System in Deutschland 312<br />
Anl. 13: S/L-Bahnlängen zu Beginn des Zweiten Weltkriegs 313<br />
Anl. 14: Instrumentenlandesysteme / CAT-Einstufungen 314<br />
Anl. 15: Mitgliedergruppen der ADV 315<br />
Anl. 16: Rangfolge der europäischen Verkehrsflughäfen, Stand: 2005 316<br />
Anl. 17: Rangfolge der intern. Verkehrsflughäfen in der BRD, Stand: 2005 317<br />
Anl. 18: Eigentümerstruktur der fünfzehn größten dt. Verkehrsflughäfen 318<br />
Anl. 19: Vorranggebiet Flughafenentwicklung / Flughafen München 319<br />
Anl. 20: Ausrichtung der S/L-Bahnen anhand der Windverhältnisse 320<br />
Anl. 21: Berechnungsbeispiel: <strong>Start</strong>bahnlänge 321<br />
Anl. 22/1: Beispielkonfigurationen <strong>von</strong> S/L-Bahn-Systemen 322<br />
Anl. 22/2: Beispielkonfigurationen <strong>von</strong> S/L-Bahn-Systemen 323<br />
Anl. 22/3: Beispielkonfigurationen <strong>von</strong> S/L-Bahn-Systemen 324<br />
Anl. 23: Fluglärmgesetz: § 3 Ermittlung der Lärmbelastung 325<br />
Anl. 24: Luftbild des Flughafens Frankfurt-Hahn: Stand 2000 326<br />
XII
Anl. 25: Flughafen Frankfurt-Hahn: Rangplätze der untersuchten Varianten 327<br />
Anl. 26: Flugplatzkarte VLP Kassel-Calden 328<br />
Anl. 27: VLP Kassel-Calden: „konfliktarme Korridore“ 329<br />
Anl. 28/1: VLP Kassel-Calden: nördliche Untersuchungsräume 330<br />
Anl. 28/2: VLP Kassel-Calden: südliche Untersuchungsräume 331<br />
Anl. 29/1: Flughafen Leipzig/Halle: Stand 1994 332<br />
Anl. 29/2: Luftbild des Flughafens Leipzig/Halle: Stand 2004 333<br />
Anl. 30/1: Flughafen Frankfurt Rhein Main: GAP 1938/1942 334<br />
Anl. 30/2: Flughafen Frankfurt Rhein Main: Entwicklung der Flächeninanspruchnahme<br />
335<br />
Anl. 31: Flughafen Frankfurt Rhein Main: näher untersuchte S/L-Bahn-Varianten<br />
336<br />
Anl. 32: Flughafen Frankfurt Rhein Main: schutzgutbezogene Bewertung bei<br />
Gleichwertigkeit der Schutzgüter 337<br />
Anl. 33: S/L-Bahn-System am Flughafen Wien-Schwechat mit Vorentwurf der<br />
geplanten dritten S/L-Bahn 338<br />
Anl. 34: Pistenoptionen am Flughafen Wien-Schwechat 339<br />
Anl. 35/1: Pistensystem am Flughafen Zürich-Kloten 1955 340<br />
Anl. 35/2 Pistensystem am Flughafen Zürich-Kloten 2005 341<br />
Anl. 36/1: Entwicklungsoptionen am Flughafen Zürich-Kloten 342<br />
Anl. 36/2: „Profilbildende Etappen“ am Flughafen Zürich-Kloten 343<br />
Anl. 37/1: Ausbauschritte am Flughafen Madrid-Barajas 344<br />
Anl. 37/2: Ausbauschritte am Flughafen Madrid-Barajas 345<br />
Anl. 38: Ursprünglich geplante S/L-Bahn-Konfiguration am Flughafen Madrid-<br />
Barajas 346<br />
Anl. 39/1: Ursprüngliche Planungen der Konfiguration des S/L-Bahn-Systems<br />
am Flughafen London Heathrow 347<br />
Anl. 39/2: Genutztes S/L-Bahn-Systems am Flughafen London Heathrow <strong>und</strong><br />
Ausbauplanungen: Stand 2005 348<br />
Anl. 40/1: Favorisierte S/L-Bahn-Varianten der Londoner Verkehrsflughäfen<br />
Gatwick, Stansted <strong>und</strong> Luton 349<br />
Anl. 40/2: Favorisierte S/L-Bahn-Varianten der Londoner Verkehrsflughäfen<br />
Gatwick, Stansted <strong>und</strong> Luton 350<br />
Anl. 41: Anforderungen an die Hindernisfreiheit gem. ICAO in Abhängigkeit<br />
XIII
der S/L-Bahn-Kategorie 351<br />
Anl. 42: Rollwegkonfigurationen (taxiway systems) 352<br />
Anl. 43: Bauschutzbereich gem. § 12 LuftVG: Bsp. VLP Kassel-Calden 353<br />
Anl. 44: Unterschiede in den Bewertungsmaßstäben: Bsp. „Erholungs- <strong>und</strong><br />
Freizeiträume“ 354<br />
Anl. 45: Darstellung der Lärmbelastung der Wohnbevölkerung durch Fluglärm<br />
gem. AzB 99: Bsp. Flughafen Frankfurt Rhein Main 355<br />
Anl. 46/1: Bewertungsmatrix: Schutzgut „Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)“ 356<br />
Anl. 46/2: Bewertungsmatrix: Schutzgut „Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)“ 357<br />
Anl. 47/1: Bewertungsmatrix: Schutzgut „Boden“ 358<br />
Anl. 47/1: Bewertungsmatrix: Schutzgut „Boden“ 359<br />
Anl. 48/1: Bewertungsmatrix: Schutzgut „Wasser“ 360<br />
Anl. 48/2: Bewertungsmatrix: Schutzgut „Wasser“ 361<br />
Anl. 49: Grenzwerte <strong>für</strong> Luftschadstoffe 362<br />
Anl. 50/1: Bewertungsmatrix: Schutzgut „Klima“ 363<br />
Anl. 50/2: Bewertungsmatrix: Schutzgut „Klima“ 364<br />
Anl. 51: Betroffene ästhetische Raumeinheiten: Bsp. Variante Nordost am<br />
Flughafen Frankfurt Rhein Main 365<br />
Anl. 52/1: Bewertungsmatrix: Schutzgut „Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter“ 366<br />
Anl. 52/2: Bewertungsmatrix: Schutzgut „Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter“ 367<br />
Anl. 53/1: Bewertung HHN: Schutzgut „Menschen“, Lärmkonturen (Tag) 368<br />
Anl. 53/2: Bewertung HHN: Schutzgut „Menschen“, Lärmkonturen (Tag) 369<br />
Anl. 53/3: Bewertung HHN: Schutzgut „Menschen“, Lärmkonturen (Nacht) 370<br />
Anl. 53/4: Bewertung HHN: Schutzgut „Menschen“, Lärmkonturen (Nacht) 371<br />
Anl. 54/1: Bewertung HHN: Schutzgut „Menschen“, betroffenen Ortsteile (Tag) 372<br />
Anl. 54/2: Bewertung HHN: Schutzgut „Menschen“, betroffenen Ortsteile<br />
(Nacht) 373<br />
Anl. 55/1: Bewertung HHN: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ 374<br />
Anl. 55/2: Bewertung HHN: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ 375<br />
Anl. 55/3: Bewertung HHN: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ 376<br />
Anl. 56: Bewertung HHN: Schutzgut „Wasser“ 377<br />
Anl. 57: Bewertung HHN: Schutzgut „Landschaft“ 378<br />
Anl. 58: Bewertung HHN: Schutzgut „Kultur- u. sonstige Sachgüter“ 379<br />
Anl. 59: VLP Kassel-Calden: Hindernissituation Variante j = 4 (C) 380<br />
XIV
Anl. 60: Bewertung KSF: Schutzgut „Menschen“, betroffene Ortsteile (Tag) 381<br />
Anl. 61/1 Bewertung KSF: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, Schutzgebiete<br />
382<br />
Anl. 61/2 Bewertung KSF: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, Schutzgebiete<br />
383<br />
Anl. 62/1 Bewertung KSF: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ 384<br />
Anl. 62/2 Bewertung KSF: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ 385<br />
Anl. 63/1 Bewertung KSF: Schutzgut „Boden“ 386<br />
Anl. 63/2 Bewertung KSF: Schutzgut „Boden“ 387<br />
Anl. 64/1 Bewertung KSF: Schutzgut „Wasser“ (Gr<strong>und</strong>wasser) 388<br />
Anl. 64/2 Bewertung KSF: Schutzgut „Wasser“ (Gr<strong>und</strong>wasser) 389<br />
Anl. 65: Bewertung KSF: Schutzgut „Wasser“ (Oberflächengewässer) 390<br />
Anl. 66: Bewertung KSF: Schutzgut „Landschaft“ 391<br />
Anl. 67: Bewertung KSF: Schutzgut „Kultur u. sonstige Sachgüter“ 392<br />
Anl. 68: Flughafen Frankfurt Rhein Main: „Atlanta-Variante“ / Variante 12 393<br />
Anl. 69: Flughafen Frankfurt Rhein Main: Generalausbauplan (GAP) 2000 394<br />
Anl. 70: Flughafen Frankfurt Rhein Main: Durch Fluglärm betroffene Städte<br />
<strong>und</strong> Gemeinden 395<br />
Anl. 71: Bewertung FRA: Variante Nordost (j = 1) 396<br />
Anl. 72: Bewertung FRA: Variante Nordost (j = 2) 397<br />
Anl. 73: Bewertung FRA: Variante Nordost (j = 3) 398<br />
Anl. 74: Flughafen Frankfurt Rhein Main: Einteilung Untersuchungsgebiete 399<br />
Anl. 75/1 Bewertung FRA: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ 400<br />
Anl. 75/2 Bewertung FRA: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ 401<br />
Anl. 76: Flughafen Frankfurt Rhein Main: Externes Flugunfallrisiko 402<br />
XV
Abbildungs-/Tabellenverzeichnis<br />
Abbildungen:<br />
Seite<br />
Abb. 1: Entwicklung der Passagierverteilung im Nordatlantikverkehr zugunsten<br />
des Luftverkehrs 2<br />
Abb. 2: Organigramm des BMVBS, Stand: 01.09.2006 16<br />
Abb. 3: Differenzierung der Flugplätze nach LuftVG 26<br />
Abb. 4: Hub-and-Spokes-System 30<br />
Abb. 5: Allgemeine Wachstumsprognose <strong>für</strong> den weltweiten Luftverkehr bis<br />
2020 34<br />
Abb. 6: Prognostizierte Wachstumsverteilung 2004 bis 2023 34<br />
Abb. 7: Prognostizierte Kapazitätsauslastung dt. Verkehrsflughäfen 36<br />
Abb. 8: 3-stufige Verwaltungsgliederung im Freistaat Bayern 40<br />
Abb. 9: Kategorisierung nach dem Aerodrome Reference Code (ARC) der<br />
ICAO 49<br />
Abb. 10: „Beanspruchungsprofil“ des Flughafens Boston/Logan (USA) 53<br />
Abb. 11: Prinzipskizze eines Parallelbahnsystems 55<br />
Abb. 12: Prinzipskizze eines Kreuzbahn-/V-Bahnsystems 55<br />
Abb. 13: Passagierentwicklung am Flughafen Frankfurt-Hahn 68<br />
Abb. 14: Luftfrachtentwicklung am Flughafen Frankfurt-Hahn 68<br />
Abb. 15: Slotnachfrage am Flughafen Frankfurt Rhein Main in der Sommersaison<br />
2000 86<br />
Abb. 16: Passagierentwicklung <strong>und</strong> Entwicklungsprognose am Flughafen<br />
Wien-Schwechat 93<br />
Abb. 17: Passagierentwicklung am Flughafen Zürich-Kloten 99<br />
Abb. 18: Passagierentwicklung am Flughafen Madrid-Barajas 104<br />
Abb. 19: Passagierentwicklung am Flughafen London Heathrow 109<br />
Abb. 20: Regionale Abgrenzung der Untersuchungsräume in GB 110<br />
Abb. 21: Verkehrsflugplätze im Raum London 111<br />
Abb. 22: Mögliche Ausbaubegründungen in Anhängigkeit <strong>von</strong> den Ausbauabsichten<br />
120<br />
Abb. 23: Prüfungsfolge zur Variantenfindung bei einer beabsichtigten Nutzungsänderung<br />
123<br />
XVI
Abb. 24: Variantenfindung zur Verringerung der Umweltauswirkungen 124<br />
Abb. 25: Prüfungsfolge zur Variantenfindung bei einer Kapazitätserweiterung 125<br />
Abb. 26: Verknüpfungspunkte <strong>und</strong> Abhängigkeiten der Bewertungsbereiche 126<br />
Abb. 27: Maßgebliche Forderungen an die Leistungsfähigkeit eines S/L-Bahn-<br />
Systems 128<br />
Abb. 28: Standardisiertes Kriteriengerüst des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s 136<br />
Abb. 29: Ablaufschema des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s 139<br />
Abb. 30: Bewertungsfunktion „Kapazität“ 142<br />
Abb. 31: Eingeschränkte Hindernisfreiheit am Flughafen Salzburg 143<br />
Abb. 32: Bewertungsfunktion „Nutzungseinschränkungen“ 145<br />
Abb. 33: Bewertungsfunktion „Betriebliche Aspekte“ 147<br />
Abb. 34: Bewertungsfunktion „Nachhaltigkeit des Ausbaus“ 150<br />
Abb. 35: Skizze des Kernbereichs <strong>und</strong> der Außenzone 152<br />
Abb. 36: Herleitung der „Standardbezugsfläche“ <strong>für</strong> S/L-Bahn-Varianten 153<br />
Abb. 37: Allgemeine Fallkonstellation zur Herleitung des „Anpassungsfaktors“ 155<br />
Abb. 38: Bewertungsmatrix Schutzgut „Menschen“ 163<br />
Abb. 39: Bewertungsfunktion Schutzgut „Menschen“ 165<br />
Abb. 40: Bewertungsfunktion Schutzgut „Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)“ 169<br />
Abb. 41: Bewertungsfunktion Schutzgut „Boden“ 172<br />
Abb. 42: Bewertungsfunktion Schutzgut „Wasser“ 176<br />
Abb. 43: Bewertungsfunktion Schutzgut „Luft“ 181<br />
Abb. 44: Bewertungsfunktion Schutzgut „Klima“ 184<br />
Abb. 45: Bewertungsfunktion Schutzgut „Landschaft“ 187<br />
Abb. 46: Bewertungsfunktion Schutzgut „Kultur u. sonstige Sachgüter“ 191<br />
Abb. 47: Variantenreihung infolge des Quotienten aus Kosten pro Bewertungspunkt<br />
194<br />
Abb. 48: Einstufung der S/L-Bahn-Varianten 199<br />
Abb. 49: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Variante Nordost 205<br />
Abb. 50: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Variante Südwest 205<br />
Abb. 51a: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Sym. Variante 206<br />
Abb. 51b: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Sym. Variante 206<br />
Abb. 52a: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Asym. Variante 207<br />
Abb. 52b: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Asym. Variante 207<br />
XVII
Abb. 53a: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante A1 (Lageplan) 226<br />
Abb. 53b: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante A1 (landseitige Anbindung) 227<br />
Abb. 54a: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante A2 (Lageplan) 227<br />
Abb. 54b: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante A2 (landseitige Anbindung) 228<br />
Abb. 55a: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante B (Lageplan) 228<br />
Abb. 55b: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante B (landseitige Anbindung) 229<br />
Abb. 56a: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante C (Lageplan) 229<br />
Abb. 56b: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante C (landseitige Anbindung) 230<br />
Abb. 57: KSF: optimierte Variante B (Lageplan) 230<br />
Abb. 58: FRA: Antrag auf Planfeststellung, Variante Nordost 250<br />
Abb. 59: FRA: Antrag auf Planfeststellung, Variante Nordwest 250<br />
Abb. 60: FRA: Antrag auf Planfeststellung, Variante Süd 251<br />
Abb. 61: Studie über die Ausbaumöglichkeiten des S/L-Bahn-Systems am<br />
Flughafen Frankfurt Rhein Main <strong>von</strong> 1958 272<br />
Abb. 62 Entwicklung der Flugbewegungszahlen am Flughafen Leipzig/Halle 276<br />
Tabellen:<br />
Tab. 1: Im Rahmen der Analyse angewendeter <strong>Bewertungsverfahren</strong> betrachtete<br />
Verkehrsflughäfen 66<br />
Tab. 2: Ergebnisse der Bedarfsprognose: Prognostiziertes Luftverkehrsaufkommen<br />
am Flugplatz Kassel-Calden in Abhängigkeit der definierten<br />
Szenarien 73<br />
Tab. 3: Bewertung der Auswirkungen durch Immissionen im Zuge der landesplanerischen<br />
Beurteilung am Flughafen Frankfurt Rhein Main 178<br />
Tab. 4: HHN: Bewertungskriterium „Betriebliche Aspekte“ 209<br />
Tab. 5: HHN: Schutzgut „Menschen“, tägliche Betroffenheiten 211<br />
Tab. 6: HHN: Schutzgut „Menschen“, nächtliche Betroffenheiten 212<br />
Tab. 7: HHN: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, flächenbezogene<br />
Auswirkungen 213<br />
Tab. 8: HHN: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, Bepunktung 214<br />
Tab. 9: HHN: Schutzgut „Boden“, Einstufung der betroffenen Flächen 214<br />
Tab. 10: HHN: Schutzgut „Boden“, Bepunktung 215<br />
Tab. 11:<br />
HHN: Schutzgut „Wasser“, variantenabhängige Betroffenheiten <strong>und</strong><br />
XVIII
Bepunktung 216<br />
Tab. 12: HHN: Schutzgut „Luft“, Bepunktung 217<br />
Tab. 13: HHN: Schutzgut „Landschaft“, Zuordnung der betroffenen Flächen<br />
<strong>und</strong> Bepunktung 219<br />
Tab. 14: HHN: Bepunktung der Bereiche Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltauswirkungen<br />
221<br />
Tab. 15: HHN: Variantenreihung 222<br />
Tab. 16: KSF: Bewertungskriterium „Nutzungseinschränkungen” 233<br />
Tab. 17: KSF: Schutzgut „Menschen“, tägliche Betroffenheiten 235<br />
Tab. 18: KSF: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, flächenbezogene<br />
Auswirkungen 236<br />
Tab. 19: KSF: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, Bepunktung 237<br />
Tab. 20: KSF: Schutzgut „Boden“, Einstufung der betroffenen Flächen 237<br />
Tab. 21: KSF: Schutzgut „Boden“, Bepunktung 238<br />
Tab. 22: KSF: Schutzgut „Wasser“, variantenabhängige Betroffenheiten <strong>und</strong><br />
Bepunktung 239<br />
Tab. 23: KSF: Schutzgut „Luft“, Bepunktung 240<br />
Tab. 24: KSF: Schutzgut „Landschaft“, Zuordnung der betroffenen Flächen<br />
<strong>und</strong> Bepunktung 242<br />
Tab. 25: KSF: Bepunktung der Bereiche Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltauswirkungen<br />
243<br />
Tab. 26: KSF: Kostenabschätzung 244<br />
Tab. 27: KSF: Variantenreihung 245<br />
Tab. 28: FRA: derzeitiger <strong>und</strong> künftiger Flugzeugmix 252<br />
Tab. 29: FRA: Bewertungskriterium „Kapazität“ 252<br />
Tab. 30: FRA: Schutzgut „Menschen“, tägliche Betroffenheiten 255<br />
Tab. 31: FRA: Schutzgut „Menschen“, potentielle nächtliche Betroffenheiten 256<br />
Tab. 32: FRA: Schutzgut „Menschen“, Bepunktung 256<br />
Tab. 33: FRA: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, flächenbezogene<br />
Auswirkungen 258<br />
Tab. 34: FRA: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, Bepunktung 258<br />
Tab. 35: FRA: Schutzgut „Boden“, Einstufung der betroffenen Flächen 259<br />
Tab. 36: FRA: Schutzgut „Boden“, Bepunktung 260<br />
Tab. 37: FRA: Schutzgut „Wasser“, variantenabhängige Betroffenheiten 261<br />
XIX
Tab. 38: FRA: Schutzgut „Wasser“, Einstufung <strong>und</strong> Bepunktung 261<br />
Tab. 39: FRA: Schutzgut „Luft“, Bepunktung 262<br />
Tab. 40: FRA: Schutzgut „Landschaft“, Zuordnung der betroffenen Flächen<br />
<strong>und</strong> Bepunktung 264<br />
Tab. 41: FRA: Schutzgut „Kultur- u. sonstige Sachgüter“, Bepunktung 265<br />
Tab. 42: FRA: Bepunktung der Bereiche Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltauswirkungen<br />
266<br />
Tab. 43: FRA: Variantenreihung 267<br />
XX
Abkürzungsverzeichnis<br />
A 99<br />
B<strong>und</strong>esautobahn mit Nummer<br />
a<br />
lat.: annum (Jahr)<br />
A<br />
engl.: Area (Fläche)<br />
A350 Flugzeugtypenbezeichnung <strong>von</strong> Airbus Industries (z.T. mit Versionsnummern)<br />
A380 Großflugzeug <strong>von</strong> Airbus Industries (Indienststellung 2006/2007)<br />
Abb. Abbildung(en)<br />
Abs.<br />
Absatz<br />
ABU<br />
engl.: Aviation Bird Unit (Vogelkontrolleinheit)<br />
Abzw. Abzweig<br />
ACI<br />
engl.: Airports Council International (Internationales Flughafen Komitee)<br />
ACN<br />
engl.: Aircraft Classification Number (Flugzeug-Klassifikations-Ziffer)<br />
AD<br />
Autobahndreieck<br />
ADL<br />
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftverkehrsgesellschaften<br />
ADV<br />
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen<br />
AEA<br />
engl.: Association of European Airlines (Vereinigung der europäischen Luftverkehrsgesellschaften)<br />
AENA span.: Aeropuertos Españoles y Navigación Aérea (staatliche Flughafengesellschaft in<br />
Spanien)<br />
AFI<br />
Amt <strong>für</strong> Immissionsschutz<br />
AG<br />
Aktiengesellschaft<br />
AGNIS engl.: Aircraft Guidance Nose In System (System zur Führung des Flugzeugs zum<br />
Standplatz)<br />
AIP<br />
engl.: Aeronautical Information Publication (Luftfahrthandbuch der DFS)<br />
AK<br />
Autobahnkreuz<br />
AKW aromatische Kohlenwasserstoffe<br />
allg.<br />
allgemein<br />
ALVF Altlastenverdachtsfläche<br />
a. M. am Main<br />
AMS Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Amsterdam Schiphol<br />
Anh. Anhang<br />
Anl.<br />
Anlage(n)<br />
Anz.<br />
Anzahl<br />
APD<br />
engl.: Air Passenger Duty (allg. Luftverkehrsgebühren <strong>für</strong> einen Passagier)<br />
APP<br />
engl.: Approach (Anflug)<br />
APU<br />
engl.: Auxiliary Power Unit (Hilfsaggregat)<br />
ARC<br />
engl.: Aerodrome Reference Code<br />
ARGE Arbeitsgemeinschaft<br />
ARP<br />
engl.: Airport Reference Point (Flughafenbezugspunkt)<br />
XXI
ARR<br />
Art.<br />
As<br />
AS<br />
ASDA<br />
ATAG<br />
ATC<br />
ATM<br />
AzB<br />
B 327<br />
B747<br />
BA<br />
BAA<br />
BAB<br />
B(a)P<br />
BARIG<br />
BArtSchV<br />
BauGB<br />
BBI<br />
BBodSchG<br />
BBodSchV<br />
BBR<br />
BCN<br />
Bd.<br />
BDLI<br />
BEA<br />
BEN<br />
Bew.-Pkt.<br />
BfLR<br />
BfN<br />
BFU<br />
BGB<br />
BGBl.<br />
BGS<br />
Bhf.<br />
BI<br />
BImSchG<br />
engl.: Arrival (Ankunft)<br />
Artikel<br />
Arsen<br />
Anschlussstelle (auch: Anschlussstelle der Autobahn)<br />
engl.: Accelerate Stop Distance Available (verfügbare <strong>Start</strong>abbruchstrecke)<br />
engl.: Air Transport Action Group<br />
engl.: Air Traffic Control (Flugverkehrkontrolle)<br />
engl.: Air Traffic Movement (Flugbewegung)<br />
Anleitung zur Berechnung des äquivalenten Dauerschallpegels zur Ermittlung der<br />
Lärmbelastung; AzB 99 – Entwurfsfassung des B<strong>und</strong>esumweltamtes aus dem Jahre<br />
1999; AzB 84 – derzeit gültige AzB aus dem Jahre 1984<br />
B<strong>und</strong>esstraße mit Nummer<br />
Flugzeugtypen <strong>von</strong> Boeing Inc. (z.T. mit Versionsnummer)<br />
engl.: British Airways (brit. Fluggesellschaft)<br />
engl.: British Airport Authority (Britische Flughafengesellschaft)<br />
B<strong>und</strong>esautobahn<br />
Benzo(a)pyren (auch: BaP)<br />
engl.: Board of Airline Representatives in Germany (Ausschuss der Vertreter der Luftfahrtgesellschaften<br />
Deutschlands)<br />
B<strong>und</strong>esartenschutzverordnung<br />
Baugesetzbuch<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Berlin Brandenburg International (künftiger<br />
Berliner Großflughafen am Standort Schönefeld)<br />
B<strong>und</strong>esbodenschutzgesetz<br />
B<strong>und</strong>esbodenschutzverordnung<br />
B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung, ehemals BfLR<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Barcelona<br />
Band<br />
B<strong>und</strong>esverband der Deutschen Luft- <strong>und</strong> Raumfahrtindustrie e.V.<br />
engl.: British European Airways (Vorgängergesellschaft der BA)<br />
Benzol<br />
Bewertungspunkt<br />
B<strong>und</strong>esforschungsanstalt <strong>für</strong> Landesk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Raumordnung, heute BBR<br />
B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Naturschutz<br />
B<strong>und</strong>esstelle <strong>für</strong> Flugunfalluntersuchungen<br />
Bürgerliches Gesetzbuch<br />
B<strong>und</strong>esgesetzblatt<br />
B<strong>und</strong>esgrenzschutz<br />
Bahnhof<br />
Bürgerinitiative<br />
B<strong>und</strong>esimmissionsschutzgesetz<br />
XXII
BImSchV<br />
BMU<br />
BMV<br />
BMVBS<br />
BMVBW<br />
BNatSchG<br />
BodSchätzG<br />
B-Plan<br />
BQH<br />
BRD<br />
brit.<br />
BSCE<br />
BSF<br />
Bsp.<br />
bspw.<br />
BTX<br />
BUND<br />
BVerwG<br />
BVF<br />
BVWP<br />
BWaldG<br />
BW<br />
bzgl.<br />
bzw.<br />
C<br />
ca.<br />
CAA<br />
CAT I - III<br />
CBR<br />
CDG<br />
CGN<br />
CH 4<br />
CKW<br />
cm<br />
Co.<br />
CO<br />
CO 2<br />
Code A - F<br />
d<br />
B<strong>und</strong>esimmissionsschutzverordnung<br />
B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit<br />
B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr (seit 1998 BMVBW)<br />
B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Stadtentwicklung<br />
B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen (seit 11.2005 BMVBS)<br />
B<strong>und</strong>esnaturschutzgesetz<br />
Bodenschätzungsgesetz<br />
Bebauungsplan<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen London Biggin Hill<br />
B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
britisch(e)<br />
engl.: Bird Strike Committee Europe (Vogelschlagkomitee <strong>für</strong> Europa)<br />
Berliner-Spezialflug AG<br />
Beispiel<br />
beispielsweise<br />
monozyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (Benzol, Toluol, Xylol; mit Ethylbenzol<br />
auch: BTEX)<br />
B<strong>und</strong> <strong>für</strong> Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz e.V.<br />
B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht<br />
B<strong>und</strong>esvereinigung gegen Fluglärm e.V.<br />
B<strong>und</strong>esverkehrswegeplan<br />
B<strong>und</strong>eswaldgesetz<br />
B<strong>und</strong>eswehr<br />
bezüglich<br />
beziehungsweise<br />
Celsius<br />
circa<br />
engl.: Civil Aviation Authority (britische Luftfahrtbehörde)<br />
engl.: Category I - III; Betriebsstufe I bis III <strong>für</strong> Instrumentenlandungen mit Präzisionslandehilfen<br />
<strong>für</strong> Flughäfen in Abhängigkeit <strong>von</strong> den Sichtbedingungen<br />
engl.: California Bearing Ratio (Bodentragfähigkeitswert)<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Paris Charles de Gaulle<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Köln/Bonn<br />
Methan<br />
chlorierte Kohlenwasserstoffe<br />
Zentimeter<br />
Company (Gesellschaft)<br />
Kohlenmonoxid<br />
Kohlendioxid<br />
Klassifizierung <strong>von</strong> Flugzeugen, ICAO Anhang 14 in Gruppe A bis F<br />
engl.: day (Tag)<br />
XXIII
DAL<br />
DAVVL<br />
dB<br />
dB(A)<br />
DB AG<br />
DDR<br />
DELAG<br />
DenkmalG<br />
DEP<br />
DFS<br />
DFW<br />
d.h.<br />
DHL<br />
DIN<br />
Dipl.<br />
DLH<br />
DLR<br />
Doc<br />
Dr.<br />
DSchG<br />
dt.<br />
DTV<br />
DUS<br />
EASA<br />
ECAC<br />
EG<br />
ehem.<br />
Einh.<br />
einschl.<br />
engl.<br />
entf.<br />
EPA<br />
erf.<br />
EU<br />
e.V.<br />
evtl.<br />
EWG<br />
f., ff.<br />
Fa.<br />
FAA<br />
Deutsche Aero Lloyd<br />
Deutscher Ausschuss zur Verhütung <strong>von</strong> Vogelschlägen im Luftverkehr<br />
Dezibel (logarithmische Maßeinheit)<br />
Dezibel(A); Dezibel bewertet nach Kurve A (menschliches Gehör)<br />
Deutsche Bahn AG<br />
Deutsche Demokratische Republik<br />
Deutsche Luftschiffahrt Aktiengesellschaft<br />
Gesetz zum Schutze der Kulturdenkmäler<br />
engl.: Departure (Abflug)<br />
Deutsche Flugsicherung GmbH<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Dallas-Fort Worth<br />
das heißt<br />
engl.: Dallsey Hillblum Lindsey GmbH (Expressdienstleister)<br />
Deutsches Institut <strong>für</strong> Normung e.V.<br />
Diplom<br />
Deutsche Lufthansa AG<br />
Deutsches Zentrum <strong>für</strong> Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt e.V.<br />
Dokument<br />
Doktor<br />
Denkmalschutzgesetz<br />
deutsch(e)<br />
durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Düsseldorf<br />
engl.: European Aviation Safety Agency<br />
engl.: European Civil Aviation Conference (Europäische Konferenz der zivilen Luftfahrt)<br />
Europäische Gemeinschaft<br />
ehemalig<br />
Einheit<br />
einschließlich<br />
englisch<br />
entfällt<br />
engl.: Environmental Protection Agency (Umweltschutzagentur der USA)<br />
erforderlich<br />
Europäische Union<br />
eingetragener Verein<br />
eventuell<br />
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft<br />
<strong>und</strong> folgende Seite(n) bzw. Nummer(n) (ff. umgangssprachlich: fortfolgende)<br />
Firma<br />
engl.: Federal Aviation Administration (B<strong>und</strong>esluftfahrtbehörde der USA)<br />
XXIV
FAG<br />
Flughafen Frankfurt Main Aktiengesellschaft (seit 29.01.2001 Fraport AG)<br />
FBP<br />
Flughafenbezugspunkt<br />
FCO<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Rom Fiumicino<br />
FDZ<br />
Flughafendirektion Zürich<br />
FFH<br />
Fauna-Flora-Habitat (Tiere-Pflanzen-Lebensräume); Richtlinie der EU zur Erhaltung<br />
der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere <strong>und</strong> Pflanzen<br />
FFH-RL Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie<br />
FGK<br />
Flughafen GmbH Kassel<br />
FGSV Forschungsgesellschaft <strong>für</strong> das Straßen- <strong>und</strong> Verkehrswesen e.V.<br />
FIG<br />
Flughafen-Immobilien-Gesellschaft am Flughafen Zürich-Kloten<br />
FL 1.3 Fläche mit Nr.<br />
FluLärmG Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (Fluglärmgesetz)<br />
FlUUG Gesetz über die Untersuchung <strong>von</strong> Unfällen <strong>und</strong> Störungen bei dem Betrieb ziviler<br />
Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz)<br />
FRA<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Frankfurt Rhein Main<br />
ft. engl.: Foot, Feet (Längeneinheit: 1 ft = 0,3048 m)<br />
ft/GND engl.: Feet Above Gro<strong>und</strong> (Höhe über Gr<strong>und</strong> in Fuß)<br />
Fw<br />
Focke Wulf (ehem. Flugzeughersteller)<br />
Fz<br />
Fahrzeug<br />
g<br />
Gramm<br />
GA<br />
engl.: General Aviation (Allgemeine Luftfahrt)<br />
GAP<br />
Generalausbauplan<br />
GAT<br />
engl.: General Aviation Terminal (Terminal <strong>für</strong> die Abfertigung <strong>von</strong> Allgemeiner Luftfahrt)<br />
GB<br />
Großbritannien<br />
GE<br />
Gewerbegebiet<br />
gem. gemäß<br />
gepl. geplant<br />
GFK<br />
Glasfaserverstärkter Kunststoff<br />
GFZ<br />
Geschossflächenzahl<br />
GG<br />
Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
ggf.<br />
gegebenenfalls<br />
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />
GMBI Gemeinsames Ministerialblatt (herausgegeben vom B<strong>und</strong>esministerium des Innern)<br />
GND engl.: Gro<strong>und</strong> (Erdoberfläche); über Gr<strong>und</strong> (als Höhenangabe in Verbindung mit ft.)<br />
GOK Geländeoberkante<br />
GP<br />
Gleitpfadsender<br />
GPS<br />
engl.: Global Positioning System (globales System zur Positionsbestimmung)<br />
GW<br />
Gr<strong>und</strong>wasser<br />
GWL Gr<strong>und</strong>wasserleiter<br />
h<br />
hour (St<strong>und</strong>e)<br />
XXV
ha<br />
Hektar; (Flächeneinheit 10.000 m²)<br />
Hbf.<br />
Hauptbahnhof<br />
HeForstG Hessisches Forstgesetz<br />
HeNatG Hessisches Naturschutzgesetz<br />
Hg<br />
Quecksilber<br />
HHN<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Hahn<br />
hist.<br />
historisch<br />
H 2 O<br />
Wasser, Wasserdampf<br />
hPa<br />
Druck in Hektopascal (H<strong>und</strong>ert Newton pro Quadratmeter)<br />
Hrsg. Herausgeber<br />
Hub<br />
Luftverkehrsdrehscheibe<br />
Hz<br />
Hertz (Frequenzeinheit, 1 Schwingung pro Sek<strong>und</strong>e)<br />
IATA International Air Transport Association (Internationaler Dachverband der zivilen Luftverkehrsgesellschaften)<br />
IBSC engl.: International Bird Strike Committee (Internationales Vogelschlag Komitee)<br />
ICAO International Civil Aviation Organization (Internationale Organisation der Zivilluftverkehr<br />
betreibenden Länder)<br />
i.d.R. in der Regel<br />
IFR<br />
engl.: Instrument Flight Rules (Instrumentenflugregeln)<br />
ILA<br />
Internationale Luft- <strong>und</strong> Raumfahrtausstellung<br />
ILS<br />
engl.: Instrument Landing System (Instrumentenlandesystem)<br />
Ing.<br />
Ingenieur<br />
inkl.<br />
inklusive<br />
insb. insbesondere<br />
insg. insgesamt<br />
i. Pr. in Preußen<br />
i.S.<br />
im Sinne<br />
ISDN engl.: Integrated Services Digital Network (Integriertes Netz <strong>für</strong> digitale Dienste)<br />
ISO<br />
International Standardisation Organization (Internationale Organisation <strong>für</strong> Normung)<br />
intern. international<br />
IV<br />
Individualverkehr<br />
i.W.<br />
im Wesentlichen<br />
JAA<br />
engl.: Joint Aviation Authorities<br />
JAR<br />
engl.: Joint Aviation Requirements<br />
Jh.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Ju<br />
Junkers (ehem. Flugzeughersteller)<br />
K<br />
Temperatur in Kelvin (absolute Temperatur)<br />
K.o.<br />
engl.: knock out (Ausschluss)<br />
K 2528 Kreisstraße mit Nummer<br />
Kap.<br />
Kapitel<br />
Kf-Wert Durchlässigkeitsbeiwert<br />
XXVI
Kfz<br />
Kraftfahrzeug<br />
kg<br />
Kilogramm (Masseeinheit)<br />
kHz<br />
Kilohertz (Frequenzeinheit)<br />
km<br />
Kilometer<br />
km 2<br />
Quadratkilometer<br />
km/h Kilometer pro St<strong>und</strong>e (Maßeinheit <strong>für</strong> die Geschwindigkeit)<br />
kN<br />
Kilonewton (Krafteinheit, 1 kg x 1 m/s²)<br />
kn<br />
Knoten (Geschwindigkeitseinheit, 1 kn = 1,852 km/h)<br />
KSF<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den VLP Kassel-Calden<br />
l<br />
Liter<br />
L<br />
Schallpegel<br />
L 2528 Landesstraße mit Nummer<br />
LBA<br />
Luftfahrt-B<strong>und</strong>esamt<br />
L-Bahn Landebahn<br />
LBE<br />
Landschaftsbildeinheit<br />
lb engl.: po<strong>und</strong> (sog. Troy-Pf<strong>und</strong>, 1 lb = ca. 373,24 g)<br />
LCY<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen London City<br />
LDA<br />
engl.: Landing Distance Available (verfügbare Landestrecke)<br />
LEJ<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Leipzig/Halle<br />
LEP<br />
Landesentwicklungsplan<br />
lfd.<br />
laufende<br />
LFZ, Lfz Luftfahrzeug<br />
LGW Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen London-Gatwick<br />
LHR<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen London-Heathrow<br />
LLZ<br />
engl.: Localizer (Landekurssender)<br />
LOI<br />
engl.: Letter of Intent (schriftliche Absichtserklärung)<br />
LOS<br />
engl.: Level of Safety (Sicherheitsniveau)<br />
LSA<br />
Lichtsignalanlage<br />
LSG<br />
Landschaftsschutzgebiet<br />
lt.<br />
laut<br />
LTN<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen London Luton<br />
LTP<br />
engl.: Long Term Prediction (Langzeitvorhersage)<br />
LUA<br />
Landesumweltamt<br />
LuftVG Luftverkehrsgesetz<br />
LuftVO Luftverkehrsordnung<br />
LuftVZO Luftverkehrszulassungsordnung<br />
m<br />
Meter<br />
M<br />
Maßstab (bei Plänen <strong>und</strong> Zeichnungen)<br />
m/s<br />
Meter pro Sek<strong>und</strong>e<br />
m² Quadratmeter (Fläche, 1m x 1m, auch: qm)<br />
m³ Kubikmeter (Volumen, 1m x 1m x 1m, auch: cbm)<br />
XXVII
Mach Schallgeschwindigkeit (1 Mach = ca. 1.235 km/h)<br />
MAD Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Madrid-Barajas<br />
max. maximal<br />
MCT<br />
engl.: Minimum Connecting Time (minimale Umsteigezeit)<br />
MEZ<br />
mitteleuropäische Zeit<br />
mg<br />
Milligramm (ein tausendstel Gramm)<br />
MI<br />
Mischgebiet<br />
min<br />
Minute<br />
min.<br />
minimal<br />
mind. mindestens<br />
Mio.<br />
Million/en<br />
MIV<br />
motorisierter Individualverkehr<br />
mm<br />
Millimeter<br />
mm/a Millimeter pro Jahr<br />
Mn<br />
Mangan<br />
Mrd.<br />
Milliarde/n<br />
mtl.<br />
monatlich<br />
MTOM engl.: Maximum Take-off Mass (maximale <strong>Start</strong>masse, Höchstabflugmasse)<br />
MTOW engl.: Maximum Take Off Weight (maximales <strong>Start</strong>gewicht)<br />
MUC Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen München Franz Josef Strauß<br />
m ü. NN Meter über Normalnull<br />
m u. GOK Meter unter Geländeoberkante<br />
n<br />
Anzahl<br />
N<br />
Stickstoff<br />
n. A. nach Ausbau<br />
NAT<br />
engl.: Number above Threshold (Schwellenwertkriterium als Bewertungsmaß der<br />
Fluglärmbelastung)<br />
NATO engl.: North Atlantic Treaty Organization (Nordatlantische Verteidigungsorganisation)<br />
NatSchG Naturschutzgesetz<br />
ND<br />
Naturdenkmal<br />
NH 3<br />
Ammoniak<br />
Ni<br />
Nickel<br />
NKA<br />
Nutzen-Kosten-Analyse<br />
NM<br />
Nautische Meile (Längeneinheit, 1 NM = 1,852 km)<br />
NN<br />
Normal Null (Meereshöhe)<br />
NO<br />
Stickstoffmonoxid<br />
NO 2<br />
Stickstoffdioxid<br />
NOX<br />
Stickstoffoxide<br />
N 2 O<br />
Distickstoffoxid (Lachgas)<br />
nördl. nördlich<br />
Nr.<br />
Nummer<br />
XXVIII
NSG<br />
Naturschutzgebiet<br />
NWA Nutzwertanalyse<br />
o. oder<br />
o.a.<br />
oben angegeben<br />
o.ä.<br />
oder ähnliches<br />
O 2<br />
O 3<br />
OAS<br />
o.g.<br />
ÖPNV<br />
ORD<br />
Org.<br />
ORY<br />
östl.<br />
ÖV<br />
p.a.<br />
PAK<br />
PANS OPS<br />
PAPI<br />
parl.<br />
Pass.<br />
Pax(e)<br />
Paxe/a<br />
Pb<br />
PCN<br />
Pers.<br />
PFV<br />
pH-Wert<br />
Pkt<br />
Pkw<br />
plc<br />
PM 10; PM 10<br />
Sauerstoff<br />
Ozon<br />
engl.: Obstacle Assessment Surface (Fläche zur Hindernisermittlung)<br />
oben genannte<br />
Öffentlicher Personennahverkehr<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Chicago O´Hare<br />
Organisation<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Paria Orly<br />
östlich<br />
öffentlicher Verkehr<br />
per annum (pro Jahr)<br />
polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe<br />
engl.: Procedures for Air Navigation Services, Aircraft Operations (Verfahrensanweisungen<br />
<strong>für</strong> Flugnavigationsdienste, Flugbetrieb)<br />
engl.: Precision Approach Path Indicator (Präzisionsgleitwinkelbefeuerung)<br />
parlamentarisch<br />
Passagiere (Paxe)<br />
Passagier(e)<br />
Passagiere pro Jahr<br />
Blei<br />
engl.: Pavement Classification Number (Tragfähigkeitszahl)<br />
Personen<br />
Planfeststellungsverfahren<br />
Säuregrad<br />
Punkt(e) bzw. Bewertungspunkt(e)<br />
Personenkraftwagen<br />
engl.: public limited company (vergleichbar mit dt. AG)<br />
engl.: Particulate Matter < 10 µm (Staubanteile < 10 µm)<br />
PM 2,5; PM 2,5 engl.: Particulate Matter < 2,5 µm (Staubanteile < 2,5 µm)<br />
priv.<br />
privat<br />
PRM engl.: Precision Runway Monitor (Überwachungssystem des Endanflugbereiches)<br />
PTS<br />
Personen-Transfer-System (Personentransportsystem)<br />
QM<br />
Qualitätsmanagement<br />
QS<br />
Qualitätssicherung<br />
RAS<br />
Richtlinien <strong>für</strong> die Anlage <strong>von</strong> Straßen<br />
rd.<br />
r<strong>und</strong><br />
XXIX
RDF<br />
Regionales Dialogforum<br />
RDSIM engl.: Airfield Delay Simulation Model: Version der FAA zur Kapazitätsanalyse<br />
RDU<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Raleigh-Durham<br />
RELIEF Raumentwicklungskonzept <strong>für</strong> die Flughafenregion <strong>und</strong> langfristige Infrastrukturentwicklung<br />
des Flughafens (Studie über die Entwicklungsmöglichkeiten des Flughafens<br />
Zürich-Kloten)<br />
RL<br />
Richtlinie<br />
ROG Raumordnungsgesetz<br />
ROV<br />
Raumordnungsverfahren(s)<br />
RP<br />
Regierungspräsidium<br />
RQ<br />
Regelquerschnitt<br />
RStO Richtlinien <strong>für</strong> die Standardisierung des Oberbaus <strong>von</strong> Verkehrsflächen<br />
RVS<br />
Raumverträglichkeitsstudie<br />
RWY engl.: Runway (Piste)<br />
s<br />
Sek<strong>und</strong>e<br />
s. siehe<br />
S. Seite<br />
S-Bahn <strong>Start</strong>bahn<br />
S/L-Bahn <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahn<br />
SAR<br />
Search and Rescue (Luftrettung)<br />
sign. signifikant<br />
SIL<br />
Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (Schweiz)<br />
Slot<br />
Bezeichnung <strong>für</strong> ein Zeitfenster <strong>für</strong> den <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebetrieb an Flughäfen<br />
s.o.<br />
siehe oben<br />
s.u.<br />
siehe unten<br />
SG<br />
Schutzgut<br />
SO 2<br />
Schwefeldioxid<br />
sog.<br />
so genannt<br />
span. spanisch<br />
spez. speziell<br />
St.<br />
Stück<br />
StaBuA Statistisches B<strong>und</strong>esamt<br />
StAnz. Staatsanzeiger<br />
stat.<br />
statistisch<br />
Std.<br />
St<strong>und</strong>e<br />
STN<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen London Stansted<br />
StörfallVO Verordnung zur Durchführung des B<strong>und</strong>es-Immissionsschutzgesetzes-Störfallverordnung<br />
StörfallVwV Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Störfall-Verordnung<br />
STR<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Stuttgart<br />
strip<br />
engl.: Streifen (Hindernisfreizone um eine S/L-Bahn)<br />
XXX
südl. südlich<br />
SV<br />
Schwerverkehr<br />
t<br />
engl.: ton, Masseneinheit Tonne = 1.000 Kilogramm<br />
TA<br />
Technische Anleitung<br />
Tab.<br />
Tabelle<br />
TA Lärm Technische Anleitung zum Schutz vor Lärm<br />
TA Luft Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft<br />
TOC<br />
engl.: Total Organic Carbon (Gesamtgehalt organischer Kohlenwasserstoffe)<br />
TODA engl.: Take-off Distance Available (verfügbare <strong>Start</strong>strecke)<br />
TORA engl.: Take-off Run Available (verfügbare <strong>Start</strong>laufstrecke)<br />
TrinkwV Trinkwasserverordnung<br />
Tsd.<br />
Tausend<br />
TU<br />
Technische Universität<br />
TWG Trinkwasserschutzgebiet<br />
TWR engl.: Tower (Kontrollturm)<br />
TWY engl.: Taxiway (Rollweg)<br />
typ.<br />
typisch<br />
u. <strong>und</strong><br />
u.a.<br />
unter anderem<br />
u.ä.<br />
<strong>und</strong> ähnliche<br />
UBA<br />
Umweltb<strong>und</strong>esamt<br />
ü. NN über Normalhöhe Null<br />
UNO engl.: United Nation Organization (Vereinte Nationen)<br />
US<br />
engl.: United States (Vereinigte Staaten)<br />
USA<br />
engl.: United States of Amerika (Vereinigte Staaten <strong>von</strong> Amerika)<br />
US Air Force Luftwaffe der USA<br />
usw. <strong>und</strong> so weiter<br />
u.U.<br />
unter Umständen<br />
UVE<br />
Umweltverträglichkeitserklärung<br />
UVP<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
UVPG Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
UVS<br />
Umweltverträglichkeitsstudie<br />
v<br />
lat.: velocitas (Geschwindigkeit)<br />
V<br />
Volumen<br />
v. A. vor Ausbau<br />
VDI<br />
Verein Deutscher Ingenieure e.V.<br />
VerkPBG Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz<br />
VFR<br />
engl.: Visual Flight Rules (Sichtflugregeln)<br />
vgl.<br />
vergleiche<br />
VGR<br />
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung<br />
v.H.<br />
<strong>von</strong> H<strong>und</strong>ert<br />
XXXI
VIE<br />
VLP<br />
vorh.<br />
vs.<br />
WA<br />
Wald<br />
WE<br />
westl.<br />
WHO<br />
WKG<br />
WSG<br />
z.B.<br />
Ziff.<br />
ZRH<br />
z.T.<br />
ZTVE-StB<br />
zul.<br />
zz.<br />
zzgl.<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Wien-Schwechat<br />
Verkehrslandeplatz<br />
vorhanden<br />
versus (gegen, über)<br />
allgemeines Wohngebiet<br />
Waldfläche<br />
Wohneinheit<br />
westlich<br />
engl.: World Health Organisation (Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation)<br />
Wassergefährdungsklasse<br />
Wasserschutzgebiet<br />
zum Beispiel<br />
Ziffer<br />
Internationaler IATA Code <strong>für</strong> den Flughafen Zürich-Kloten<br />
zum Teil<br />
zusätzliche technische Vorschriften <strong>und</strong> Richtlinien <strong>für</strong> Erdarbeiten im Straßenbau<br />
zulässig<br />
zurzeit<br />
zuzüglich<br />
XXXII
1 Einführung<br />
Seit Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich der zivile Luftverkehr weltweit, sowohl absolut<br />
als auch im Vergleich zu allen anderen Verkehrsarten, unerwartet stark entwickelt.<br />
Allgemein wird in den kommenden 20 Jahren eine weitere Verdopplung des<br />
Luftverkehrs erwartet.<br />
Das ständige Bestreben der Wirtschaft weiter zu expandieren, speziell die besondere<br />
wirtschaftliche Ausrichtung der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland auf den Export, <strong>und</strong> das<br />
zunehmende Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung haben dazu geführt, dass der Bedarf<br />
im Güter- <strong>und</strong> Personenverkehr mit immer größeren Transport- <strong>und</strong> Fahrtweiten<br />
zugenommen hat.<br />
Es hat sich weiterhin gezeigt, dass die Reise- bzw. Transportzeit in ökonomischen<br />
<strong>und</strong> wirtschaftlichen Überlegungen als Beurteilungsmaßstab <strong>und</strong> Entscheidungskriterium<br />
<strong>für</strong> die Verkehrsmittelwahl eine wesentliche Rolle spielt. Somit stellt die<br />
„schnelle“ verkehrsinfrastrukturelle Anbindung eines Raumes eine wesentliche Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> einen prosperierenden Wirtschaftsstandort dar. Hier liegt der maßgebliche<br />
Vorteil des zivilen Luftverkehrs gegenüber den anderen Verkehrsarten. Der<br />
im Vergleich zu anderen Verkehrsarten erreichbare Zeitgewinn wird in der Regel höher<br />
bewertet als etwaige Mehrkosten gegenüber anderen Verkehrsmitteln <strong>und</strong> kommt<br />
besonders im Lang- <strong>und</strong> Mittelstreckenverkehr zum Tragen.<br />
Parallel dazu konnten aufgr<strong>und</strong> des technischen Fortschritts die Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Effizienz sowohl der eingesetzten Flugzeuge als auch der Luftverkehrsanlagen<br />
fortlaufend gesteigert <strong>und</strong> somit an den gestiegenen Bedarf angepasst werden. Eine<br />
Folge dieses Prozesses ist die Anbindung bisher schlecht erschlossener Gebiete an<br />
das Luftverkehrsnetz <strong>und</strong> damit die Erschließung neuer potentieller Nutzergruppen.<br />
Die Luftverkehrsbranche hat sich dementsprechend auf einen generellen <strong>und</strong> kontinuierlichen<br />
Wachstumstrend eingestellt; Stagnation oder sogar Rezession sind<br />
ebenso wie die Frage nach der allgemeinen Sättigung des Luftverkehrsmarktes kein<br />
Bestandteil der Zukunftsplanung.<br />
1
Einen wesentlichen Einschnitt im Ausbau der Luftverkehrsanlagen <strong>und</strong> einen enormen<br />
Wachstumssprung stellte die Umstellung der Flugzeugflotten der einzelnen<br />
Fluggesellschaften <strong>von</strong> Propeller- auf Strahlflugzeuge (sog. „Düsenflugzeuge“ oder<br />
„Jets“) ab 1957/58 dar. Ein Jet war damals in seiner Konfiguration nahezu doppelt so<br />
groß, doppelt so schnell <strong>und</strong> konnte die doppelte Anzahl an Passagieren befördern<br />
wie die vorher eingesetzten viermotorigen Propellerflugzeuge.<br />
Als Musterbeispiel <strong>für</strong> die „konkurrenzlosen“ Vorteile des Luftverkehrs kann die fast<br />
vollständige Übernahme des Personentransportes nach Übersee (Nordatlantikrouten)<br />
durch den zivilen Luftverkehr <strong>und</strong> die Ablösung des Schiffverkehrs als einst dominierendes<br />
Verkehrsmittel genannt werden (Abb. 1).<br />
Passagiere<br />
Passagierzahlen im Nordatlantikverkehr<br />
<strong>von</strong> 1947 bis 1964<br />
4.500.000<br />
4.000.000<br />
3.500.000<br />
3.000.000<br />
2.500.000<br />
2.000.000<br />
1.500.000<br />
1.000.000<br />
Gesamt<br />
Luftverkehr<br />
Seeverkehr<br />
500.000<br />
0<br />
1947 1949 1951 1953 1955 1957 1959 1961 1963 Jahr<br />
Abb. 1: Entwicklung der Passagierverteilung im Nordatlantikverkehr zugunsten des Luftverkehrs [7]<br />
Um als Verkehrsflughafen im Jet-Zeitalter weiterhin bestehen zu können, war eine<br />
gr<strong>und</strong>legende Neuanpassung der gesamten Luftverkehrsinfrastruktur unumgänglich.<br />
Hierbei lag der Schwerpunkt in der stufenweisen Anpassung der Abfertigungseinrichtungen<br />
sowie in einem sukzessiven Verlängern <strong>und</strong>/oder einem Neubau der<br />
<strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnen (S/L-Bahnen).<br />
2
Mit dem Bau der ersten Überschallverkehrsflugzeuge, der sowjetischen Tupolew<br />
Tu 144 <strong>und</strong> der englisch-französischen Concorde (Anl. 1-2), sollte wiederum eine<br />
neue Ära im Luftverkehr beginnen. Der erste Linienverkehr wurde am 21.01.1976 mit<br />
einer Concorde der Fluggesellschaft British Airways zwischen London – Bahrain/Paris<br />
– Rio de Janeiro über Dakar aufgenommen. Insgesamt wurden jedoch lediglich<br />
16 Maschinen dieses Flugzeugtyps ausgeliefert, da sich die wirtschaftlichen<br />
Anfangserwartungen aufgr<strong>und</strong> des vergleichsweise hohen Kerosinverbrauchs nicht<br />
erfüllt haben. Der Absturz einer Concorde der Air France am 25.07.2000 in Paris besiegelte<br />
das derzeitige Ende des Linienflugbetriebs <strong>von</strong> Überschallverkehrsflugzeugen.<br />
Der bis dato letzte Linienflug einer Concorde der British Airways hat am<br />
24.10.2003 stattgef<strong>und</strong>en.<br />
Den derzeitigen Trend bestimmt die Entwicklung einerseits <strong>von</strong> großräumigen Langstreckenverkehrsflugzeugen<br />
(Long Range Jetliner), wie dem Airbus A380 (A3XX)<br />
<strong>und</strong> der Boeing 747-400 EX bzw. 747-400 XQLR (Boeing 747X), die zwischen den<br />
Luftverkehrsdrehkreuzen (Hubs) eingesetzt werden sollen (Anl. 3), sowie andererseits<br />
<strong>von</strong> mittleren Langstreckenverkehrsflugzeugen wie dem Airbus A350 <strong>und</strong> der<br />
Boeing 787 (Boeing 7E7), die Direktverbindungen (Point-to-Point) auch zwischen<br />
kleineren Verkehrsflughäfen bedienen sollen (Anl. 4).<br />
Mit der bevorstehenden Indienststellung des Airbus A380 wird sich die Sitzplatzkapazität<br />
pro Flugzeug <strong>von</strong> ca. 550 Passagieren auf ca. 850 Passagiere erhöhen. Das<br />
max. Abfluggewicht (MTOW) beträgt dann bis zu ca. 560 t. Diese Entwicklung macht<br />
erneut eine Anpassung bzw. Erweiterung der Flughafeninfrastruktur notwendig. Aktuelle<br />
Beispiele sind der Neubau einer A380-Werft am Flughafen Frankfurt Rhein<br />
Main (FRA) <strong>und</strong> die offizielle Zulassung des Münchner Flughafens (MUC) im April<br />
2004, als erster europäischer Flughafen, <strong>für</strong> den Verkehr mit Luftfahrzeugen vom Typ<br />
Airbus A380 [130].<br />
Streng nach dem Motto „Schneller, weiter, höher“, hat der Flugzeughersteller Boeing<br />
bereits weitere revolutionäre Flugzeugmuster als Konzepte <strong>für</strong> die Weiterentwicklungen<br />
über das Jahr 2010 hinaus vorgestellt (Anl. 5).<br />
3
1.1 Problemstellung<br />
Infolge der beschriebenen Entwicklung <strong>und</strong> des absehbaren Wachstumspotentials,<br />
sind bereits zahlreiche Flughäfen (regional/international) an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit<br />
gekommen, andere werden in absehbarer Zeit an diese Leistungsgrenze<br />
stoßen. Dies betrifft zum einen den Bereich der Passagier- <strong>und</strong> Frachtabfertigung<br />
(Terminal) sowie der landseitigen Anbindung (Straßen-/Schienenverkehr), zum<br />
anderen die Kapazitätsgrenzen der luftseitigen Anbindung, d.h. der jeweiligen S/L-<br />
Bahn-Systeme. Investitionen in beträchtlicher Höhe sind zur Realisierung dieser Ausbauvorhaben<br />
erforderlich.<br />
Im zweiten Entwurf des sog. „Flughafenkonzepts“ vom 30. August 2000 hat die damalige<br />
B<strong>und</strong>esregierung allgemein festgelegt, dass eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung<br />
des Flughafensystems <strong>für</strong> die Gesellschaft <strong>und</strong> Wirtschaft der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland unverzichtbar ist [15]. Es wird explizit auf die Notwendigkeit einer<br />
ausreichenden Flughafenkapazität <strong>und</strong> guter Luftverkehrsangebote hingewiesen, um<br />
im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Gleichzeitig wird aber ein verschärfter<br />
Umwelt- <strong>und</strong> Anwohnerschutz gefordert, der sich in zahlreichen Gesetzesentwürfen,<br />
-anpassungen <strong>und</strong> Absichtsbek<strong>und</strong>ungen einiger Politiker wiederspiegelt.<br />
Dies bedeutet die Reduzierung des Fluglärms, den Abbau <strong>von</strong> Schadstoffbelastungen<br />
sowie eine möglichst uneingeschränkte Siedlungsentwicklung in der Flughafenperipherie.<br />
Besonders in den unmittelbar an die Flughäfen angrenzenden Siedlungsbereichen<br />
wächst der öffentliche Widerstand gegen den Ausbau <strong>von</strong> Luftverkehrsinfrastruktur.<br />
Hauptfaktor ist die unmittelbare Belastung einer zunehmenden Anzahl <strong>von</strong> Bürgern<br />
durch Fluglärm. Weiterhin ist, insbesondere in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, der<br />
gesellschaftliche Stellenwert des Umweltschutzes stark gestiegen, so dass gerade in<br />
diesem Bereich eine erhöhte Sensibilität in der Bevölkerung entstanden ist.<br />
Das Hauptaugenmerk der Öffentlichkeit wird auf die Neu- <strong>und</strong> Ausbauplanung <strong>von</strong><br />
<strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnen (S/L-Bahnen) gelegt, da dies, den wesentlichen Schritt zu<br />
einer Kapazitätserweiterung eines Flughafens darstellt <strong>und</strong> in der Regel mit gravierenden<br />
Eingriffen in die bestehende Raum- bzw. Umweltstruktur verb<strong>und</strong>en ist. In<br />
diesem Zusammenhang ist es eine wichtige Aufgabe, die „optimale“ Konfiguration<br />
4
eines <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahn-Systems (S/L-Bahn-Systems), als Resultat einer Bewertung<br />
verschiedener <strong>Planungsvarianten</strong> <strong>von</strong> <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnen (S/L-Bahn-<br />
Varianten) aufgr<strong>und</strong> der Dimensionierung, Lage, Ausrichtung <strong>und</strong> wirtschaftlicher Aspekte<br />
einerseits sowie der Miteinbeziehung <strong>von</strong> Betroffenheitsaspekten der Bevölkerung<br />
<strong>und</strong> <strong>von</strong> Umweltschutzfaktoren andererseits, zu bestimmen. Unterschiedliche<br />
Ziele <strong>und</strong> Absichten der einzelnen Interessengruppen müssen dabei objektiviert werden.<br />
Folgende Schlüsselfragen gilt es zu beantworten:<br />
- Welche <strong>Planungsvarianten</strong> sind überhaupt realisierbar?<br />
- Kann eine Rangfolge gebildet werden?<br />
- Welche Planungsvariante einer S/L-Bahn ist nun zur Realisierung am „besten<br />
geeignet" bzw. am „sinnvollsten“?<br />
1.2 Zielsetzung <strong>und</strong> Lösungsschritte<br />
Ausgangspunkt <strong>und</strong> gleichzeitig thematische Abgrenzung des zu entwickelnden <strong>Bewertungsverfahren</strong>s<br />
ist ein bestehender Verkehrsflughafen oder Verkehrslandeplatz,<br />
dessen Betreiber aufgr<strong>und</strong> seiner individuellen Unternehmenszielsetzung einen Ausbau<br />
des S/L-Bahn-Systems beabsichtigt. Ein Flughafenneubau oder eine zivile Nutzung<br />
bzw. Mitnutzung eines Militärflugplatzes (sog. Konversion) <strong>und</strong> die damit<br />
verb<strong>und</strong>ene Standortuntersuchung sind nicht Gegenstand des Verfahrens, da <strong>für</strong><br />
diesen Fall zahlreiche weitere Betrachtungsparameter hinzukommen, andere wiederum<br />
stark differieren. Ebenso kann das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> nicht dazu verwendet<br />
werden, temporäre S/L-Bahn-Varianten im Zuge einer S/L-Bahn-Sanierung<br />
o.ä. zu bewerten.<br />
Den eigentlichen Planungsanstoß bildet die Ausbauabsicht <strong>für</strong> eine S/L-Bahn-Erweiterung,<br />
die durch den Flughafenbetreiber, basierend auf einem Bedarfsnachweis,<br />
formuliert wird. Ist die Ausbauabsicht genügend konkretisiert, mündet sie in ein<br />
Raumordnungsverfahren als erster Schritt eines mehrstufigen Planungsprozesses.<br />
Für das Raumordnungsverfahren werden verschiedene S/L-Bahn-Varianten generiert<br />
<strong>und</strong> in Bezug auf raumplanerische Gesichtspunkte „kritisch analysiert“. Die Bewertung<br />
dieser S/L-Bahn-Varianten <strong>und</strong> die abschließende Entscheidung <strong>für</strong> eine „Vor-<br />
5
zugsvariante“ [33] ist wesentlicher Bestandteil des als weiteren Planungsschritt folgenden<br />
Antrags auf Planfeststellung.<br />
Hier setzt das eigene <strong>Bewertungsverfahren</strong> an. Ziel ist es, eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die<br />
objektive <strong>und</strong> standardisierte Bewertung der in das Planfeststellungsverfahren eingebrachten<br />
<strong>Planungsvarianten</strong> <strong>von</strong> S/L-Bahnen zu schaffen, <strong>und</strong> zwar in Bezug auf:<br />
- Leistungsfähigkeit (Kapazität/Funktionalität),<br />
- Umweltauswirkungen,<br />
- Wirtschaftlichkeit.<br />
Nicht in Frage kommende <strong>Planungsvarianten</strong>, die z.B.:<br />
- feststehende Mindestanforderungen nicht erfüllen (Richtlinien, Gesetze,<br />
Umweltkriterien),<br />
- Zielkriterien des Flughafenbetreibers nicht wenigstens annähernd entsprechen<br />
(z.B. die geforderte Leistungsfähigkeit nicht besitzen) oder<br />
- technisch <strong>und</strong> funktional nicht realisierbar sind,<br />
sollen frühzeitig aus dem <strong>Bewertungsverfahren</strong> herausfallen. Diese sog. „K.o.-Kriterien“<br />
sind der derzeitigen Entwicklung angepasst <strong>und</strong> beziehen sich im Wesentlichen<br />
auf die geforderte Ausbaukapazität (s. Kap. 4.2) <strong>und</strong> die internationalen Richtlinien<br />
der ICAO (International Civil Aviation Organization). Die nationalen Rahmenbedingungen<br />
in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, wie Umweltschutzauflagen, Planungsverfahren,<br />
Rechtsprechung usw. werden in der Detailbetrachtung der <strong>Planungsvarianten</strong><br />
berücksichtigt. Dadurch besitzt dieses Beurteilungsverfahren keine 100-%ige<br />
Kompatibilität, um es bei Flughafenausbauprojekten anderer Staaten, ohne Anpassungen<br />
an die jeweiligen innerstaatlichen Rahmenbedingungen, anwenden zu können.<br />
Um zunächst eine Bestandsaufnahme bisheriger Auswahlverfahren zu erhalten, werden<br />
vorhandene Bewertungsschemata ausgewählter Verkehrsflughäfen in Kapitel 5<br />
analysiert <strong>und</strong> miteinander verglichen. Daraus können Unterschiede, sowohl positive<br />
Aspekte als auch Schwachstellen der Verfahren, ermittelt werden. Diese Ergebnisse<br />
dienen zur Generierung <strong>und</strong> logischen Verknüpfung <strong>von</strong> Bewertungskriterien <strong>für</strong> das<br />
neue <strong>Bewertungsverfahren</strong>.<br />
6
Die Austarierung der Abhängigkeiten <strong>und</strong> Wechselwirkungen <strong>von</strong> Beurteilungskriterien<br />
<strong>und</strong> die Bildung einer verbindlichen Struktur sind die wesentliche Leistung der<br />
vorliegenden Arbeit <strong>und</strong> die Basis des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s (Kap. 6). Als Gesamtaussage<br />
des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s soll ein schlüssiger <strong>und</strong> quantitativer Vergleich<br />
der S/L-Bahn-Varianten erfolgen, der die Bildung einer Rangfolge erlaubt. Mit einer<br />
verbal-argumentativen Aussage bzgl. der spezifischen, äußeren Rahmenbedingungen,<br />
wie der Stichhaltigkeit der Bedarfsbegründung, dem Planungshorizont des Ausbauvorhabens<br />
usw., wird zur Komplettierung des eigenen Bewertungsergebnisses<br />
eine Aussage über die generelle Eignung einer S/L-Bahn-Variante getätigt. Sollten<br />
sich während der einzelnen Verfahrensschritte Optimierungsmöglichkeiten <strong>für</strong> eine<br />
S/L-Bahn-Variante herauskristallisieren, werden diese mit betrachtet.<br />
Als Resultat des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s („Bandbreite des Ergebnisses“) können sich<br />
prinzipiell folgende Konstellationen ergeben:<br />
a) zwei oder noch mehr S/L-Bahn-Varianten sind gleichermaßen gut geeignet,<br />
b) eine S/L-Bahn-Variante kann deutlich favorisiert werden („Bestvariante“),<br />
c) sämtliche S/L-Bahn-Varianten sind eher schlecht geeignet,<br />
d) keine der S/L-Bahn-Varianten sollte bzw. kann realisiert werden.<br />
Ein Gr<strong>und</strong>satz muss die Gewährleistung der vollständigen Erfassung aller relevanten<br />
S/L-Bahn-Varianten sein, d.h. es muss sichergestellt sein, dass bei der „Variantengenerierung“<br />
keine realistische Variante übersehen wurde. Damit entfällt ein nachträgliches<br />
Infragestellen des Gesamtergebnisses <strong>für</strong> den Fall, dass – sehr spät im<br />
Verfahren – eine „neue“ S/L-Bahn-Variante ins Spiel gebracht wird. Diese Vorarbeit<br />
wird vom Flughafenbetreiber <strong>und</strong> somit dem Initiator der Ausbauabsicht geleistet.<br />
Weiterhin ist die sogenannte Null-Variante („Nichts tun“) kein unmittelbarer Bestandteil<br />
dieser Untersuchung, da diese Möglichkeit als zwangsläufige, logische Folge bei<br />
Eintreten der Gr<strong>und</strong>konstellation d) im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> implizit enthalten<br />
ist. Die Null-Variante kann niemals die begründete Ausbauabsicht des Flughafenbetreibers<br />
erfüllen, sie kann lediglich als Referenzfall, zur Abschätzung <strong>von</strong> negativen<br />
Effekten bei Nicht-Realisierung einer S/L-Bahn-Variante, untersucht werden.<br />
Weiterhin stellen Optimierungen des bereits vorhandenen S/L-Bahn-Systems (sog.<br />
Null-Plus-Variante) keine reale Handlungsalternative zur Erweiterungsabsicht des<br />
7
Betreibers dar. Die aufgr<strong>und</strong> der Optimierung erhöhte Leistungsfähigkeit des bestehenden<br />
S/L-Bahn-Systems ermöglicht jedoch die Miteinbeziehung zusätzlicher S/L-<br />
Bahn-Varianten in das <strong>Bewertungsverfahren</strong>.<br />
In Kapitel 7 wird das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> an Fallbeispielen angewendet, <strong>für</strong><br />
die bereits ein anderes <strong>Bewertungsverfahren</strong> durchgeführt wurde, so dass ein direkter<br />
Vergleich der praktischen Wirksamkeit der jeweiligen <strong>Bewertungsverfahren</strong> sichtbar<br />
wird.<br />
1.3 Beteiligung <strong>und</strong> Transparenz<br />
Ansätze <strong>und</strong> Anwendungsverfahren zur Miteinbeziehung <strong>von</strong> direkt <strong>und</strong> indirekt Betroffenen<br />
(Private, Träger öffentlicher Belange, Initiativen usw.) innerhalb der Planungs-<br />
<strong>und</strong> Ausarbeitungsphase werden derzeit favorisiert, um Spannungsfelder<br />
bzw. Konfliktpotential frühzeitig zu minimieren. Dies dient zur Vermeidung <strong>von</strong> Beschwerdeverfahren,<br />
damit das Vorhaben ohne zeitliche Verzögerungen realisiert<br />
werden kann.<br />
In einem Mediationsverfahren sollen in der Planungsphase eines Flughafenausbaus<br />
gemeinschaftliche Problemlösungen aller Beteiligten zur beidseitigen Zufriedenheit<br />
ausgelotet werden. Absicht ist es, als Vermittlungsergebnis eine sog. win-win-Situation<br />
herbeizuführen, die als Ergebnis den Ausbau des S/L-Bahn-Systems eines<br />
Flughafens unter bestimmten Auflagen <strong>und</strong>/oder Ausgleichsmaßnahmen, z.B. um<br />
den Preis eines Nachtflugverbots, ermöglicht (s. Kap. 3.7).<br />
Um nicht bereits frühzeitig zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten eines Flughafens<br />
einzuschränken, d.h. <strong>Planungsvarianten</strong> aufgr<strong>und</strong> anderweitiger räumlicher Nutzung<br />
der in Betracht kommenden, notwendigen Bedarfsflächen (Bebauung, spezielle Nutzung<br />
usw.) <strong>und</strong>urchführbar zu machen, sollte im Bereich der Raumplanung eine vorzeitige<br />
„Eventualfallplanung“ erfolgen. Diese sollte auf das prognostizierte Ausbaupotential<br />
des Flughafens angepasst sein <strong>und</strong> die dazu notwenigen Flächenreserven<br />
widerspiegeln („Endausbau“). Diesbezügliche Problematiken werden in Kapitel 8 anhand<br />
der Planungsgeschichte bzw. -kontinuitäten der Flughäfen Frankfurt Rhein<br />
Main <strong>und</strong> Leipzig-Halle aufgezeigt.<br />
8
2 Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Organisationen<br />
Der zivile Luftverkehr ist aufgr<strong>und</strong> seines weltweiten Gesamtnetzes, im Gegensatz zu<br />
allen anderen Verkehrsarten, gr<strong>und</strong>legend an internationale Standards <strong>und</strong> Vereinbarungen<br />
geb<strong>und</strong>en. Hinzu kommen staatliche Regelwerke <strong>und</strong> Gesetze, außerdem<br />
nutzerspezifische Verordnungen <strong>und</strong> Auflagen.<br />
Um den Luftverkehr praktikabel <strong>und</strong> effizient gestalten zu können, wurden nationale<br />
<strong>und</strong> internationale Organisationen als Abstimmungsorgane etabliert. Diese sind bestrebt,<br />
die ständige Weiterentwicklung des zivilen Luftverkehrs zu koordinieren <strong>und</strong><br />
die Forderungen <strong>von</strong> Seiten der Fluggesellschaften, Flughafenbetreiber, staatlichen<br />
Organisationen <strong>und</strong> Sonstigen zu vertreten.<br />
2.1 Gr<strong>und</strong>sätze der Zivilluftfahrt<br />
Von Beginn an, hatten <strong>für</strong> die nachhaltige Entwicklung des kommerziellen Luftverkehrs<br />
folgende in der Verkehrsplanung allgemein übliche Gr<strong>und</strong>sätze, oberste Priorität<br />
(in Anlehnung an [16], vgl. die Ziele der ICAO [121]):<br />
- Sicherheit,<br />
- Regelmäßigkeit,<br />
- Leistungsfähigkeit,<br />
- Wirtschaftlichkeit.<br />
Die weltweite Planung <strong>von</strong> Luftverkehrsanlagen baut auf diesen Prinzipien auf. Aus<br />
ihnen wurden Anforderungen, Grenzwerte <strong>für</strong> Entwurfsparameter <strong>und</strong> Standards<br />
hergeleitet, die zwangsläufig in das hier entwickelte <strong>Bewertungsverfahren</strong> als ein wesentlicher<br />
Bestandteil integriert sind (s. Kap. 4.1 u. 4.2, vgl. [41, 42]).<br />
Eine „marktwirtschaftliche“ Ausprägung dieser Gr<strong>und</strong>sätze spiegelt sich in den Unternehmensgr<strong>und</strong>sätzen<br />
<strong>und</strong> -zielen sämtlicher Flughafenbetreiber wider. Im Folgenden<br />
ist eine Formulierung solcher Unternehmensgr<strong>und</strong>sätze am Beispiel der Flughafen<br />
Hannover-Langenhagen GmbH in Form <strong>von</strong> Leitsätzen dargestellt.<br />
9
Unternehmensleitsätze der Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH [118]:<br />
1. Wir entwickeln <strong>und</strong> betreiben unseren Flughafen wachstumsorientiert.<br />
2. Wir handeln nach den Wünschen <strong>und</strong> Erwartungen unserer K<strong>und</strong>en.<br />
3. Wir nehmen die Herausforderungen des Marktes als Chance an.<br />
4. Wir fördern <strong>und</strong> fordern unsere Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter.<br />
5. Wir begreifen Führung als Vorbildfunktion.<br />
6. Wir führen unser Geschäft nach privatwirtschaftlichen Maßstäben.<br />
7. Wir verstehen uns als Motor <strong>für</strong> die nachhaltige Entwicklung unserer Region.<br />
8. Wir übernehmen aktiv Verantwortung <strong>für</strong> unsere Umwelt.<br />
9. Wir leben eine sich auf gegenseitiges Vertrauen <strong>und</strong> Akzeptanz gründende Unternehmenskultur.<br />
2.2 Internationale Organisationen<br />
Die weltweit wichtigsten Organisationen im Bereich des Luftverkehrs sind die ICAO<br />
(International Civil Aviation Organization) <strong>und</strong> die IATA (International Air Transport<br />
Association). Durch beide Organisationen wird maßgeblich die allgemeine Entwicklung<br />
des Zivilluftverkehrs bestimmt.<br />
Die ICAO wurde bereits während des Zweiten Weltkriegs auf Seiten der späteren<br />
Siegerstaaten gegründet („Chicagoer Konvention“ vom 07.12.1944). Der Anstoß<br />
dazu ging <strong>von</strong> den Vereinigten Staaten <strong>von</strong> Amerika (USA) aus, die eine Internationale<br />
Zivilluftfahrtkonferenz vom 01.11. - 07.12.1944 in Chicago initiierten. Am<br />
13.05.1947 wurde die ICAO in eine Sonderorganisation der UNO (United Nation Organization)<br />
umgewandelt.<br />
Derzeit gehören der ICAO 189 Vertragsstaaten an [121]. Die B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland (BRD) trat am 08.06.1956 als Mitglied bei <strong>und</strong> unterhält am Sitz der<br />
ICAO in Montreal, Kanada, eine ausgelagerte Dienststelle des B<strong>und</strong>esministeriums<br />
<strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Stadtentwicklung (BMVBS) als unmittelbare ständige Vertretung<br />
der B<strong>und</strong>esregierung.<br />
Das ICAO-Abkommen umfasst 22 Kapitel (chapter) mit insgesamt 96 Artikeln (article).<br />
Der in der Präambel definierte Zweck des Abkommens ist die Förderung <strong>und</strong><br />
10
Schaffung einer weltweiten Luftverkehrssicherheit, -ordnung <strong>und</strong> -entwicklung<br />
(Anl. 6). Zwischenstaatliche Differenzen <strong>und</strong> Unstimmigkeiten sollen vermieden, parallel<br />
dazu die Zusammenarbeit gefördert werden. Gemäß Artikel 1 des ICAO-Abkommens<br />
gilt als höchstes Prinzip der Organisation die Souveränität des Luftraums<br />
(absolute Lufthoheit) sowie die uneingeschränkte Gleichheit aller Vertragsstaaten.<br />
Hauptaufgabe der ICAO ist die Abstimmung bzw. Anpassung <strong>von</strong> nationalen Normen<br />
<strong>und</strong> Praktiken (Procedures) sowie die Festlegung <strong>von</strong> Standards <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
(Standards and Recommended Practices) zur Vereinheitlichung des internationalen<br />
Zivilluftverkehrs. Die Forderungen der ICAO an S/L-Bahnen <strong>und</strong> die dementsprechenden<br />
Klassifizierungen (ICAO-Codes) werden in Kapitel 4 der vorliegenden Arbeit<br />
näher erläutert.<br />
Da die ICAO selbst keine Hoheitsbefugnisse besitzt, müssen die Vertragsstaaten<br />
sämtliche internationalen Richtlinien <strong>und</strong> Empfehlungen der ICAO in entsprechende<br />
nationale Rechtsvorschriften umsetzen. Obwohl sich alle Vertragsstaaten verpflichtet<br />
haben, ein Maximum an Konformität anzustreben, besteht gr<strong>und</strong>sätzlich keine Verpflichtung<br />
zu einer h<strong>und</strong>ertprozentigen nationalen Übernahme bzw. Umsetzung. Individuelle<br />
Abweichungen <strong>von</strong> Richtlinien <strong>und</strong> Empfehlungen sind jedoch der ICAO<br />
gem. Artikel 37-38 des ICAO-Abkommens durch den jeweiligen Mitgliedsstaat anzuzeigen.<br />
Die <strong>von</strong> der ICAO beschlossenen Richtlinien <strong>und</strong> Empfehlungen sind, thematisch<br />
strukturiert, in den insgesamt 18 Anhängen (Annexes 1-18) des ICAO-Abkommens<br />
zusammengefasst <strong>und</strong> befinden sich in fortwährender Weiterentwicklung (Anl. 7).<br />
Aktuelle Aufgabenschwerpunkte liegen zum einen im Bereich der Flugsicherheit im<br />
Rahmen der Terrorismusbekämpfung bzw. -abwehr (security), zum anderen im Bereich<br />
des Umweltschutzes (environment overview).<br />
Auf Seiten der Lufttransportunternehmen (Airlines) erfolgte am 19.04.1945 in Havanna,<br />
Kuba, die Gründung der IATA. Sie ist der unabhängige, internationale Dachverband<br />
der Luftverkehrsgesellschaften. In Anlehnung an die ICAO befindet sich der<br />
Sitz der IATA ebenfalls in Montreal, Kanada.<br />
11
Gemäß Artikel IV ihrer Satzung ist die IATA die Interessenvertretung der internationalen<br />
Luftverkehrsindustrie, zur Förderung der Sicherheit, Zuverlässigkeit <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit<br />
des Luftverkehrs, zum Nutzen der Fluggesellschaften <strong>und</strong> der Öffentlichkeit.<br />
Sie dient weiterhin der Zusammenarbeit <strong>von</strong> einzelnen Fluggesellschaften<br />
untereinander <strong>und</strong> ist gleichzeitig Instrument <strong>für</strong> Kooperationen mit anderen Organisationen,<br />
insbesondere der ICAO.<br />
Ziel ist es, im Bereich der Abfertigung <strong>und</strong> Beförderung <strong>von</strong> Passagieren (Paxe) sowie<br />
<strong>von</strong> Fracht, einen höchst möglichen Qualitätsstandard zu gewährleisten. Hierzu<br />
werden in sog. Verkehrskonferenzen u.a. Geschäftspraktiken, Flugpreise <strong>und</strong> Frachtraten<br />
ausgehandelt, die durch das Spektrum des vertretbaren wirtschaftlichen Rahmens<br />
begrenzt sind. Auf Basis dieser Vereinbarungen stellen Reisebüros Flugtickets<br />
mit der sog. IATA-Lizenz aus, deren Abrechnung durch die IATA organisiert wird.<br />
Zur besseren verwaltungstechnischen Koordination der Arbeit wurde eine Aufteilung<br />
in drei Konferenzgebiete (Traffic Conference Areas = TC) vorgenommen [120]:<br />
- TC 1 = Nord- <strong>und</strong> Südamerika, Grönland, Hawaii<br />
- TC 2 = Europa, Afrika, Nah- <strong>und</strong> Mittelost einschl. Iran<br />
- TC 3 = Asien, Australien, Neuseeland, pazifische Inseln<br />
Sämtliche Verkehrflughäfen erhalten zur eindeutigen Kennzeichnung einen IATA-<br />
Flughafencode, der sich aus drei alphabetischen Zeichen zusammensetzt. Beispielsweise<br />
steht LHR <strong>für</strong> den Flughafen London Heathrow. Da der IATA-Code im<br />
Bereich der Zivilluftfahrt gebräuchlich ist, wird er ebenfalls im Rahmen der vorliegenden<br />
Arbeit verwendet.<br />
Im Jahresbericht 2003 der IATA sind 273 Fluggesellschaften aus über 130 Nationen<br />
als Mitglieder angegeben. Diese Fluggesellschaften führten im Jahr 2002 mehr als<br />
98,4% aller internationalen Flüge durch. Als ein wesentlicher Erfolg des Unternehmens<br />
wird die Verbesserung der Sicherheit im Flugverkehr angesehen. Demzufolge<br />
wird auf die Unfallstatistik verwiesen, welche im Zeitraum <strong>von</strong> 1993 bis 2003 eine<br />
Verringerung der Unfallrate, d.h. den Totalverlust eines im „Westen“ produzierten<br />
Verkehrsflugzeuges (hull loss rate) pro 1 Mio. Flüge (sectors = <strong>Start</strong>s <strong>und</strong> Landungen)<br />
<strong>von</strong> ca. 60% aufweist (Anl. 8).<br />
12
Sonstige internationale Organisationen, wie die ACI (Airports Council International)<br />
oder ATAG (Air Transport Action Group), engagieren sich hauptsächlich in Teilbereichen<br />
des zivilen Luftverkehrs <strong>und</strong> sind meist Vertreter <strong>von</strong> Interessengemeinschaften.<br />
Diese Organisationen handeln ebenfalls nach den allgemeinen Gr<strong>und</strong>sätzen<br />
der Zivilluftfahrt (s. Kap. 2.1) <strong>und</strong> versuchen durch zielgerichtete Partnerschaften<br />
Prozesse zu optimieren, Vorhaben zu ermöglichen bzw. zu beschleunigen. Somit soll<br />
die allgemeine wirtschaftliche Situation, d.h. u.a. der Marktanteil der einzelnen Mitglieder,<br />
gestärkt <strong>und</strong> weiter ausgebaut werden. Die Organisationsstrukturen können<br />
vielschichtig sein <strong>und</strong> in nicht ausschließliche luftverkehrsspezifische Sparten hineinreichen<br />
(z.B. Tourismusbranche, Sanitätswesen usw.).<br />
Zahlreiche Fluggesellschaften haben sich dementsprechend in Allianzen, wie: Oneworld<br />
Alliance, Qualiflyer Group, Grupo TACA, Star Alliance usw., zusammengeschlossen.<br />
Ziel der Fluggesellschaften ist es, die eigene Flugzeugflotte durch gegenseitiges<br />
Abstimmen der Flugrouten <strong>und</strong> Angebote besser <strong>und</strong> somit effizienter auszulasten.<br />
Weiterhin kann durch die gegenseitige Nutzung <strong>von</strong> Abfertigungseinrichtungen<br />
an den Flughäfen eine ressourcensparende Infrastrukturnutzung erreicht<br />
werden. Dadurch sind die jeweiligen Mitglieder einer Allianz in der Lage, Wettbewerbsvorteile<br />
gegenüber Mitkonkurrenten zu verbuchen <strong>und</strong> diese in Form <strong>von</strong><br />
attraktiven Flugrouten in einem größeren Gesamtnetz, mit zusätzlich günstigeren<br />
Preisangeboten, an ihre K<strong>und</strong>en (Paxe) weiterzugeben. Als größte deutsche Fluggesellschaft<br />
ist die Deutsche Lufthansa Mitglied der Star Alliance.<br />
2.3 Europäisches <strong>und</strong> nationales Umfeld<br />
Aufgr<strong>und</strong> einer Initiative der ICAO wurde <strong>für</strong> den Bereich des europäischen Kontinents<br />
die ECAC (European Civil Aviation Conference) am 07.07.1955 in Straßburg<br />
gegründet. In enger Zusammenarbeit mit der ICAO <strong>und</strong> der EU (Europäischen<br />
Union) setzt sich die ECAC <strong>für</strong> die Förderung der Zusammenarbeit, der Effizienzsteigerung<br />
<strong>und</strong> der Entwicklung des Luftverkehrs in Europa ein. Sie bemüht sich weiterhin<br />
um Fortschritte im Bereich des Umweltschutzes <strong>und</strong> tritt <strong>für</strong> eine allgemeine Liberalisierung<br />
des Luftverkehrs ein, d.h. <strong>für</strong> eine Aufhebung staatlicher Kompetenzen<br />
<strong>und</strong> Einflussnahme [106].<br />
13
Die ECAC hat eine ausschließlich beratende Funktion <strong>und</strong> erlässt in Zusammenwirkung<br />
mit den Leitern der Luftfahrtbehörden der Mitgliedstaaten Beschlüsse, Empfehlungen<br />
<strong>und</strong> politische Erklärungen. Unter der Schirmherrschaft der ECAC wurden<br />
bislang zahlreiche internationale Abkommen mit anderen Organisationen bzw. Staaten<br />
(Memoranda of Understandings) vereinbart.<br />
Besondere Projekte waren beispielsweise das EATCHIP (European Air Traffic<br />
Control Harmonisation and Integration) Programm zur Vereinheitlichung der Flugsicherung<br />
in Europa sowie das APATSI (Airport Air Traffic System Interface) Programm<br />
zur Optimierung der Flughafenkapazitäten in Europa.<br />
Als wesentlicher Schwerpunkt der Arbeit wird das SAFA (Safety Assessment of Foreign<br />
Aircraft) Programm angesehen. Ausländische Luftfahrzeuge (aus anderen<br />
ECAC- oder Nicht-ECAC-Staaten) werden stichprobenartig in einer sog. „Ramp Inspection“<br />
auf die Einhaltung <strong>von</strong> internationalen ICAO-Standards überprüft. Gravierende<br />
Mängel werden unmittelbar an die betreffende Luftfahrtbehörde des Herkunftsstaates<br />
weitergeleitet. Gleichzeitig wird die Fluggesellschaft aufgefordert, die<br />
festgestellten Beanstandungen umgehend zu beseitigen.<br />
Um im Spektrum der Entwicklung, der Fertigung, der Instandhaltung <strong>und</strong> des Betriebs<br />
<strong>von</strong> Luftfahrzeugen Einfluss zu nehmen, wurde durch die ECAC die JAA (Joint<br />
Aviation Authorities) etabliert. Die JAA erlässt diesbezügliche Richtlinien, sog. JARs<br />
(Joint Aviation Requirements). Der Bereich des Flugbetriebs wird beispielsweise<br />
durch sog. JAR-OPS (JAR-Operations) reglementiert [123].<br />
Eine weitere gr<strong>und</strong>sätzliche Bedeutung <strong>für</strong> den europäischen Zivilluftverkehr hat die<br />
EU (Europäische Union). Allgemeine Aufgabe der EU ist es, eine ausgewogene wirtschaftliche<br />
Entwicklung sowie die Funktionalität eines gemeinsamen Marktes zu ermöglichen.<br />
Gem. Art. 80 Abs. 2 des EG-Vertrages verfügt die EU über Zuständigkeiten<br />
im Bereich des Luftverkehrs. Ziel ist wiederum die Harmonisierung technischer<br />
Vorschriften <strong>und</strong> Normen. Diesbezüglich erlässt die EU Richtlinien <strong>und</strong> Verordnungen.<br />
Richtlinien der EU müssen erst in nationales Recht umgesetzt werden, Verordnungen<br />
der EU hingegen, haben eine unmittelbare Geltung in den Mitgliedstaaten<br />
(EU-Recht).<br />
14
Da die Richtlinien der JAA keine Rechtsverbindlichkeit besitzen, soll die JAA mittelfristig<br />
durch die seit dem 28.09.2003 bestehende Unterorganisation der EU, die<br />
EASA (Europäische Agentur <strong>für</strong> Flugsicherheit), abgelöst werden. Die EASA soll<br />
dann das europäische Pendant zu der auf dem Territorium der USA implementierten<br />
FAA (Federal Aviation Administration) werden. Ein noch zu lösendes Problem der<br />
EASA stellt die Mitgliedschaft einiger Nicht-EU-Staaten (Schweiz, Türkei usw.) in der<br />
JAA dar, da diese mit in die neue Organisation integriert werden sollen.<br />
Zur Etablierung <strong>und</strong> Sicherstellung eines effizienten europäischen Luftverkehrskontrollsystems<br />
wurde am 13.12.1960 in Brüssel EUROCONTROL gegründet. EURO-<br />
CONTROL übt die Flugsicherung im oberen Luftraum – oberhalb der sog. Flugfläche<br />
245, d.h. über einer Höhe <strong>von</strong> ca. 7.500 m ü. NN – der einzelnen Mitgliedstaaten<br />
aus. In den Zuständigkeitsbereich <strong>von</strong> EUROCONTROL fallen weiterhin die Erhebung<br />
<strong>von</strong> Flugsicherungsgebühren, die Ausbildung <strong>von</strong> Personal, die Weiterentwicklung<br />
des Kontrollsystems <strong>und</strong> die Forschung.<br />
Im nationalen Umfeld stellt das BMVBS (B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong><br />
Stadtentwicklung; die Umbenennung erfolgte zum 01.11.2005, davor BMVBW) die<br />
oberste Luftfahrtbehörde des B<strong>und</strong>es dar. In Abb. 2 ist das derzeitige Organigramm<br />
des BMVBS dargestellt. Der Aufgabenbereich der Abteilung LS – Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt,<br />
Schifffahrt gliedert sich weiter in die Unterabteilung LS 1: Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt<br />
auf. Der Zuständigkeitsbereich umfasst [93]:<br />
- Luftverkehrs- <strong>und</strong> Flughafenpolitik<br />
- Flugsicherung <strong>und</strong> Luftraumplanung<br />
- Luftverkehrssicherheit (safety)<br />
- Luftsicherheit (security)<br />
- Umweltfre<strong>und</strong>lichkeit des Luftfahrtgeräts <strong>und</strong> des Luftverkehrs<br />
- Flugbetrieb<br />
- Luftfahrtpersonal<br />
- Flugunfallwesen<br />
- weltraumgestützte Erdfernerk<strong>und</strong>ung<br />
- meteorologische Dienste im Sinne der Daseinsvorsorge<br />
- Deutscher Wetterdienst als Referenz <strong>für</strong> Meteorologie in Deutschland<br />
- Luftrecht<br />
15
- Flugplätze<br />
- Wetterdienst<br />
- Luftfahrttechnik<br />
- Luftfahrtforschung<br />
- Raumfahrtnutzung<br />
- Flughafenkoordination<br />
Leiter Stab<br />
Kommunikation<br />
B<strong>und</strong>esminister<br />
<strong>für</strong> Verkehr Bau u.<br />
Stadtentwicklung<br />
Leiter<br />
Leitungsstab<br />
Parlamentarischer<br />
Staatssekretär<br />
Parlamentarischer<br />
Staatssekretär<br />
Parlamentarischer<br />
Staatssekretär<br />
Parlamentarischer<br />
Staatssekretär<br />
Parlamentarischer<br />
Staatssekretär<br />
Z<br />
Zentralabteilung<br />
AR<br />
Aufbau Ost<br />
Raumentwicklung<br />
u. Strukturpolitik<br />
SW<br />
Städtebau,<br />
Wohnungswesen<br />
B<br />
Bauwesen,<br />
Bauwirtschaft u.<br />
B<strong>und</strong>esbauten<br />
A<br />
Gr<strong>und</strong>satzabteilung<br />
EW<br />
Eisenbahnen,<br />
Wasserstraßen<br />
LS<br />
Luft-, Raumfahrt<br />
Schifffahrt<br />
S<br />
Straßenbau,<br />
Straßenverkehr<br />
Abb. 2: Organigramm des BMVBS, Stand: 01.09.2006, eigene Darstellung [93]<br />
Im Bereich des deutschen Luftrechts gelten folgende wichtigen B<strong>und</strong>esgesetze zur<br />
Regelung des Luftverkehrs [82]:<br />
- Luftverkehrsgesetz (LuftVG)<br />
- Gesetz über das Luftfahrt-B<strong>und</strong>esamt<br />
- Gesetz über die Untersuchung <strong>von</strong> Unfällen <strong>und</strong> Störungen bei dem Betrieb<br />
ziviler Luftfahrzeuge (FIUUG)<br />
- Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (FluLärmG)<br />
- Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen<br />
16
Das BMVBW hat im Jahr 2003 eine Novellierung des B<strong>und</strong>esverkehrswegeplans<br />
(BVWP) <strong>von</strong> 1992 durchgeführt. Gr<strong>und</strong>lage da<strong>für</strong> sind die Koalitionsvereinbarungen<br />
vom 20.10.1998 <strong>und</strong> vom 16.10.2002 der ehem. „rot-grünen“ B<strong>und</strong>esregierung. Somit<br />
beinhaltet der BVWP 2003 zentrale verkehrspolitische <strong>und</strong> gesellschaftliche Aussagen<br />
<strong>und</strong> Ziele bezüglich sämtlicher Verkehrsarten. Weiterhin gibt er Maßgaben <strong>für</strong><br />
bestehende Ausbaugesetze vor <strong>und</strong> legt die Gesamtausrichtung <strong>für</strong> Investitionsschwerpunkte<br />
bis ins nächste Jahrzehnt fest. Der BVWP besitzt jedoch keinerlei Verbindlichkeitscharakter,<br />
so dass er lediglich als Investitionsrahmenplan zu sehen ist.<br />
Basis <strong>für</strong> den Bereich des zivilen Luftverkehrs bildet das Flughafenkonzept der B<strong>und</strong>esregierung<br />
gemäß dem Beschluss des B<strong>und</strong>eskabinetts vom 30.08.2000 [15]. In<br />
diesem Konzept wird u.a. auf die bestehende <strong>und</strong> prognostizierte Kapazitätssituation<br />
an den deutschen Verkehrsflughäfen eingegangen (vgl. Abb. 7). Die Ausbaunotwendigkeiten<br />
der Luftverkehrsinfrastruktur <strong>und</strong> die parallele landseitige Erweiterung zur<br />
Verknüpfung des Luftverkehrs mit dem Schienen- <strong>und</strong> Straßennetz werden dargelegt.<br />
Eine der Aussagen des BVWP 2003 ist die Absicht, den Flughafenstandort<br />
Deutschland zu stärken.<br />
Diese Absicht ist wie folgt formuliert [15]:<br />
„In einer Gesamtverantwortung <strong>für</strong> die Luftverkehrsinfrastruktur drängt der B<strong>und</strong> darauf,<br />
dass bestehende Flughafenkapazitäten erhalten <strong>und</strong> – soweit die örtlichen <strong>und</strong><br />
ökologischen Bedingungen dies zulassen – sinnvoll ausgebaut <strong>und</strong> an das Schienen<strong>und</strong><br />
Straßennetz angeb<strong>und</strong>en werden.“<br />
Auf eine diesbezügliche, künftige Erhöhung der Gewichtung <strong>von</strong> umwelt- <strong>und</strong> naturschutzbezogenen<br />
Belangen innerhalb einer gesamtwirtschaftlichen Bewertung wird<br />
hingewiesen. Aus- <strong>und</strong> Neubauprojekte sollen im Rahmen dieser politischen Vorgaben<br />
<strong>und</strong> der rechtlichen Möglichkeiten sog. Nutzen-Kosten-Analysen (NKA) unterzogen<br />
werden.<br />
Ausführende, dem BMVBS nachgeordnete Dienststellen <strong>und</strong> Behörden, Anstalten<br />
des öffentlichen Rechts, b<strong>und</strong>eseigene Unternehmen o. dgl. im Bereich des Luftverkehrs<br />
sind z.B.:<br />
17
- BFU (B<strong>und</strong>esstelle <strong>für</strong> Flugunfalluntersuchung)<br />
- LBA (Luftfahrt-B<strong>und</strong>esamt)<br />
- DFS (Deutsche Flugsicherung GmbH)<br />
Die Luftfahrtbehörden der B<strong>und</strong>esländer sind gemäß dem Luftfahrtgesetz (LuftVG)<br />
ermächtigt, „eigenverantwortlich“ in Bereichen des Luftverkehrs zu handeln, wenn<br />
unmittelbar regionale <strong>und</strong>/oder lokale Luftverkehrsbelange betroffen sind. Dies beinhaltet<br />
u.a. die Bereiche:<br />
- Flughafenausbau, -entwicklung <strong>und</strong> -betrieb<br />
- Durchführung <strong>von</strong> Luftaufsicht (gr<strong>und</strong>sätzliche Zuständigkeit)<br />
- Genehmigung <strong>von</strong> Luftfahrtveranstaltungen<br />
Als oberste Luftfahrtbehörden der Länder fungieren die Wirtschafts-, Verkehrsministerien<br />
bzw. Senate. Als Mittelbehörden sind Regierungspräsidien <strong>und</strong> Luftämter etabliert.<br />
Die Rahmenbedingungen <strong>für</strong> die Notwendigkeit eines Planfeststellungsverfahrens<br />
beinhaltet § 8 LuftVG. Inhalt der Planfeststellung sowie der Verfahrensablauf sind in<br />
§ 9 u. § 10 LuftVG geregelt.<br />
Ein Bestandteil der Arbeit der Regierungspräsidien bzw. Luftämter ist die unmittelbare<br />
Bearbeitung <strong>von</strong> Genehmigungs- bzw. Planungsverfahren <strong>von</strong> Verkehrs- <strong>und</strong><br />
Sonderlandeplätzen sowie Segelfluggeländen (§ 10 LuftVG, vgl. Kap. 3.5). Sie erteilen<br />
letztendlich die luftrechtliche Genehmigung <strong>und</strong> Erlaubnis zum Betrieb <strong>von</strong> Luftverkehrsanlagen.<br />
Ein konkretes Beispiel ist die Prüfung des Planfeststellungsantrages<br />
– des Betreibers des Flughafens Frankfurt, der Fraport AG – zum Neubau einer<br />
Landebahn am Flughafen Frankfurt Rhein Main durch das Regierungspräsidium<br />
Darmstadt [32, 57].<br />
Im Gegensatz zu den „staatlichen“ Organisationen im Inland mit öffentlich-rechtlichem<br />
Charakter verfolgen zahlreiche rein private Vereinigungen <strong>und</strong> Gemeinschaften<br />
(in der Regel eingetragene Vereine (e.V.)) die jeweiligen Interessen ihrer Mitglieder<br />
im Bereich des Zivilluftverkehrs. Zu nennen sind z.B.:<br />
18
- BARIG (Board of Airline Representatives in Germany e.V.) [90]<br />
- ADV (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen e.V.) [82]<br />
- BDLI (B<strong>und</strong>esverband der Deutschen Luft- <strong>und</strong> Raumfahrtindustrie e.V.) [91]<br />
- Vereinigung Cockpit (Verband der Flugzeugführer <strong>und</strong> Flugingenieure in<br />
Deutschland e.V.) [142]<br />
Als Gruppierungen <strong>und</strong> Zusammenschlüsse <strong>von</strong> „Ausbaugegnern“ des Luftverkehrs<br />
sind u.a. zu nennen:<br />
- BVF (B<strong>und</strong>esvereinigung gegen Fluglärm e.V.) [113]<br />
- BUND (B<strong>und</strong> <strong>für</strong> Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz e.V.) [96]<br />
- ROBIN WOOD (Gewaltfreie Aktionsgemeinschaft <strong>für</strong> Natur <strong>und</strong> Umwelt e.V.)<br />
[139]<br />
Bei Neu- <strong>und</strong> Ausbauvorhaben <strong>von</strong> Luftverkehrsinfrastruktur sollte gerade zwischen<br />
diesen verschiedenen Gruppen ein Konsens herbeigeführt werden, so dass unnötige<br />
Verzögerungen innerhalb der Verfahrensschritte vermieden werden. In Kap. 3.6 u.<br />
3.7 werden dazu Möglichkeiten <strong>und</strong> Ansätze aufgezeigt.<br />
19
3 Entwicklung <strong>von</strong> Verkehrsflughäfen<br />
Die Nahtstelle zwischen Boden- <strong>und</strong> Luftverkehr bildet der Flughafen. Es wird deshalb<br />
bei der Planung <strong>und</strong> Entwicklung <strong>von</strong> Flughäfen zwischen dem luftseitigen Bereich<br />
(airside) <strong>und</strong> dem landseitigen Bereich (landside) unterschieden.<br />
Der luftseitige Bereich (Flugbetriebsflächen) wird an die geforderte Leistungsfähigkeit<br />
(Kapazität <strong>und</strong> Funktionalität) in Bezug auf das sog. Bemessungsverkehrsflugzeug<br />
sowie an den angestrebten Flugzeugmix angepasst. Dabei wird sich mit der Luftfahrtindustrie,<br />
insbesondere mit den derzeit dominierenden Flugzeugherstellern<br />
Boeing <strong>und</strong> Airbus bzgl. der zukünftigen Entwicklungen im Flugzeugbau abgestimmt.<br />
Die landseitige Flughafenentwicklung <strong>und</strong> -planung richtet sich unmittelbar nach dem<br />
Passagieraufkommen <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Forderungen an die verkehrliche,<br />
landseitige Anbindung des Flughafens (Individualverkehr, Schienenverkehr usw.), an<br />
die allgemeine Passagierabfertigung <strong>und</strong> an das zur Verfügung stehende Dienstleistungs-<br />
<strong>und</strong> Einzelhandelsangebot (Terminalbereich).<br />
Da S/L-Bahnen die wesentliche Komponente <strong>und</strong> den entscheidenden, limitierenden<br />
Faktor der luftseitigen Flughafenentwicklung darstellen, wird im Folgenden schwerpunktmäßig<br />
dieser Bereich betrachtet.<br />
3.1 Allgemeine historische Entwicklung<br />
Die Ursprünge der Standorte <strong>von</strong> Verkehrsflughäfen reichen oft bis in das 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
zurück <strong>und</strong> umfassen die Epoche der Ballone, Luftschiffe <strong>und</strong> Zeppeline.<br />
Der erste erfolgreich durchgeführte Motorflug wird den Gebrüdern Wright zugeschrieben<br />
<strong>und</strong> fand am 17.12.1903 am Strand <strong>von</strong> Kitty Hawk in North Carolina<br />
(USA) statt. Weltweit bauten Flugpioniere, sog. Aviatiker, ihre zunächst abenteuerlichen<br />
Flugzeugkonstruktionen, die jedoch aufgr<strong>und</strong> rascher technischer Fortschritte<br />
zunehmend leistungsfähiger wurden.<br />
21
Einerseits wurden Werks- <strong>und</strong> Industriegelände als „Aufstiegs- <strong>und</strong> Landeplätze“ genutzt,<br />
andererseits dienten Exerzierplätze militärischer Liegenschaften zur Durchführung<br />
erster Flugversuche. Als erste flughafenspezifische Hochbauten wurden Holzschuppen<br />
zur Unterstellung <strong>und</strong> Instandsetzung <strong>von</strong> Flugzeugen errichtet.<br />
Dass Flughafenstandorte Entwicklungspotential besitzen sowie wirtschaftliches<br />
Wachstum ermöglichen können, wurde im Rahmen der „Internationalen Luftschiffahrts-Ausstellung“<br />
(ILA) vom 10.07. bis 17.10.1909 in Frankfurt a. M. offensichtlich<br />
(Anl. 9). Der damalige Frankfurter Oberbürgermeister Dr. Franz Adickes erkannte<br />
dies vorrausschauend <strong>und</strong> setzte sich <strong>für</strong> die Gründung einer Luftverkehrsgesellschaft<br />
ein, so dass schon einen Monat nach der ILA die erste Luftverkehrsgesellschaft<br />
der Welt, die DELAG (Deutsche Luftschiffahrt Aktiengesellschaft) gegründet<br />
wurde. Zunächst wurde der Liniendienst <strong>von</strong> Luftschiffen geplant <strong>und</strong> noch in demselben<br />
Jahr erfolgte die Beförderung <strong>von</strong> Passagieren auf der Fluglinie Frankfurt –<br />
Baden-Baden – Düsseldorf.<br />
In dem Entwurf eines deutschen Luftverkehrs-Gesetzes vom 31.01.1914 sind „Flugplätze“<br />
<strong>von</strong> „Aufstiegs- <strong>und</strong> Landeplätzen“ folgendermaßen unterschieden:<br />
„Zur Vornahme <strong>von</strong> Versuchen <strong>und</strong> zu Übungszwecken sind eine Reihe <strong>von</strong> Flugplätzen<br />
angelegt. Zur Ermöglichung weiter Fahrten über Land entstehen Aufstiegs<strong>und</strong><br />
Landeplätze mit Hallen <strong>für</strong> Luftschiffe <strong>und</strong> Schuppen <strong>für</strong> Flugzeuge“ (aus [72]<br />
übernommen).<br />
Der Erste Weltkrieg veränderte die Nutzung der Luftverkehrsanlagen <strong>und</strong> der Flugzeuge.<br />
Militärische Aufgaben bestimmten nun die Lage- <strong>und</strong> Ausbauanforderungen<br />
an Flugplätze sowie die Flugleistungen der Flugzeugtypen. Besonders in der Flugzeugentwicklung<br />
wurden kriegsbedingt extreme Fortschritte gemacht.<br />
Am Ende des Ersten Weltkriegs (Waffenstillstand <strong>von</strong> Compiègne am 11.11.1918)<br />
waren dementsprechend viele Militärflugzeuge vorhanden, die nach geringfügigen<br />
Umbauten als Verkehrsflugzeuge eingesetzt werden konnten. Um den neuen Verkehrszweig<br />
zu ordnen, wurde am 07.12.1918 das Reichsluftamt gegründet.<br />
22
Der erste offizielle Luftlinienverkehr in Deutschland fand am 06.04.1919 auf der Luftpoststrecke<br />
Berlin – Weimar (Tagungsort der Nationalversammlung) statt. Es folgte<br />
im Jahr 1919 der Bau des ersten, nur <strong>für</strong> den zivilen Luftverkehr konstruierten Ganzmetallflugzeugs,<br />
der Junkers F 13.<br />
Mit den „Richtlinien <strong>für</strong> die Anlegung <strong>von</strong> Flughäfen <strong>und</strong> Landeplätzen“ vom<br />
20.08.1925 brachte das bis dahin gegründete Reichsverkehrsministerium erstmalig<br />
eine aus Erfahrungswerten gewonnene Verordnung heraus, die allgemeine flughafenspezifische<br />
Erfordernisse <strong>und</strong> Konfigurationen festlegte (Anl. 10). Ein wesentlicher<br />
Fortschritt der Richtlinie war die Definition konkreter physikalischer Anforderungen<br />
wie an die sog. Rolllänge, Hindernisfreiheit <strong>und</strong> die Flughafenzone. Die grasbedeckten<br />
Rollfelder hatten dementsprechend eine meist ovale Form <strong>und</strong> wiesen eine Ausdehnung<br />
<strong>von</strong> ca. 1.200 m x 700 m auf (in Anlehnung an [72]).<br />
Eine wichtige Entscheidung <strong>und</strong> ein weiterer Wachstumseffekt <strong>für</strong> den Luftverkehr in<br />
Deutschland stellte der Zusammenschluss der Deutschen Aero Lloyd AG (DAL) mit<br />
der Junkers-Luftverkehrs AG am 06.01.1926 dar [91]. Es entstand die "Deutsche Luft<br />
Hansa Aktiengesellschaft" (ab 1933 "Lufthansa" in einem Wort, s. Anl. 11). In den<br />
folgenden Jahren wurde durch die Lufthansa das Streckennetz ausgebaut <strong>und</strong> umfasste<br />
bald auch außereuropäische Ziele im Nahen Osten, in Asien, Süd- <strong>und</strong> Nordamerika<br />
[91].<br />
Die ersten Kapazitätsengpässe machten infrastrukturelle Erweiterungen oder sogar<br />
Standortwechsel <strong>von</strong> Flughafenanlagen notwendig. So wurde Anfang Juli 1936 der<br />
gesamte Flugbetrieb des Flughafens Frankfurt-Rebstock auf den komplett neu gebauten<br />
Flughafen Frankfurt Rhein-Main verlegt [72]. Die steigende Zahl an Flugbewegungen<br />
führte zur Befestigung der S/L-Bahnen, so dass in den Jahren 1937/38<br />
der Flughafen Bremen als erster deutscher Verkehrsflughafen ein S/L-Bahn-System<br />
aus Beton erhielt (Anl. 12). Hauptkriterium <strong>für</strong> die Anzahl <strong>und</strong> Ausrichtung der S/L-<br />
Bahnen waren die zu berücksichtigenden Windverhältnisse vor Ort.<br />
Der Einsatz <strong>von</strong> größeren Flugzeugen wie der viermotorigen Typen Junkers Ju 90<br />
<strong>und</strong> Focke-Wulf Fw 200 Condor (Anl. 11) führte zu nochmaligen Verlängerungen der<br />
Hauptlandebahnen. Diese Flugzeugtypen gehörten zu den modernsten ihrer Zeit,<br />
23
konnten 30 bis 40 Passagiere transportieren <strong>und</strong> erlaubten Interkontinentalflüge<br />
(Nonstopflug Berlin – New York). Am 01.01.1939 betrugen somit die S/L-Bahn-Längen<br />
an deutschen Verkehrsflughäfen bereits bis zu 2000 m (Flughafen München-<br />
Riem, Anl. 13).<br />
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs musste der Zivilluftverkehr weitestgehend eingestellt<br />
werden. Ein Großteil der Flughäfen wurde durch die Luftwaffe als Einsatzbasen<br />
übernommen, Ausbaumaßnahmen beschränkten sich auf militärische Notwendigkeiten.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zunächst einige deutsche Verkehrsflughäfen<br />
<strong>von</strong> Luftverkehrsgesellschaften der Siegermächte angeflogen. Der Wiederaufbau der<br />
durch den Krieg zerstörten Luftverkehrsinfrastruktur richtete sich fortan nach den internationalen<br />
Standards <strong>und</strong> Empfehlungen der ICAO (s. Kap. 2.2). Unter Beachtung<br />
<strong>und</strong> Einhaltung der Standards der ICAO wurden bis zum heutigen Tag sämtliche S/L-<br />
Bahn-Systeme in Deutschland geplant <strong>und</strong> realisiert.<br />
Wegen der Aufteilung Deutschlands in vier Sektoren entsprechend den vier Siegermächten<br />
waren zunächst diese <strong>für</strong> alle Belange des Luftverkehrs zuständig. Die rasche<br />
Entwicklung verschiedener Flughafenstandorte war dabei stark <strong>von</strong> den jeweiligen<br />
örtlichen Besonderheiten (Einzelpersonen, Industrieunternehmen usw.) <strong>und</strong> den<br />
politischen Rahmenbedingungen abhängig. So wurde z.B. der Flughafen Frankfurt<br />
Rhein Main als Folge der Blockade Berlins vom 26.06.1948 bis 30.09.1949 <strong>von</strong> den<br />
USA zur Haupteinsatzbasis in Westdeutschland ausgebaut („Gate to Europe“). Der<br />
Flughafen Frankfurt Rhein Main konnte diese Vorrangstellung bis zur Wiedervereinigung<br />
am 03.10.1990 weiter ausbauen <strong>und</strong> ist derzeit Flughafen Nr. 1 in Gesamtdeutschland.<br />
In Berlin entwickelten sich aufgr<strong>und</strong> der Sektorenteilung drei separate Flughafenstandorte<br />
(Tempelhof, Tegel u. Schönefeld). Die internationale Bedeutung des Flughafens<br />
Berlin-Tempelhof ging verloren. Derzeit gibt es Bestrebungen, nochmals einen<br />
Gesamtflughafen <strong>für</strong> Berlin <strong>und</strong> das angrenzende B<strong>und</strong>esland Brandenburg zu<br />
etablieren. Dazu soll der Flughafen Berlin-Schönefeld zum Flughafen Berlin-Brandenburg<br />
International (BBI) ausgebaut werden.<br />
24
Spätestens mit Einführung der ersten Strahlflugzeuge (ab 1957/58) wurden trotz<br />
zahlreicher positiver Effekte des Luftverkehrs negative Einflüsse im Bereich des Umweltschutzes<br />
unübersehbar. Die zunehmende Belastung der Flughafenanrainer,<br />
hauptsächlich durch Fluglärm, <strong>und</strong> die diesbezüglich ständig steigende Sensibilität<br />
haben zwangsläufig zu geänderten Prioritäten <strong>und</strong> Zielen in der Flughafenplanung<br />
bzw. -entwicklung geführt.<br />
War es zu Beginn des Zivilluftverkehrs oberstes politisches Ziel, überhaupt einen<br />
Flughafen mit der Integration in ein möglichst großes Flugstreckennetz zu besitzen,<br />
so kam im Laufe der Zeit der politische Wille zum tragen, ein Optimum eines Luftverkehrsangebots<br />
mit einer maximalen, nicht explizit definierten Umweltverträglichkeit<br />
zu fordern. Gerade im Sachspektrum der sog. Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)<br />
im Rahmen eines Flughafenausbaus liegt die zunehmende Brisanz in der Flughafenplanung<br />
[74]. Demzufolge konnten sich Standortvorteile <strong>von</strong> bestehenden Flughäfen<br />
in ihr Gegenteil verwandeln oder zumindest relativiert werden. Die einst ausschließlich<br />
vorteilhafte Nähe zu Ballungsräumen hat eine zunehmende Anzahl vom Luftverkehr<br />
unmittelbar betroffener Bevölkerung zur Folge <strong>und</strong> ist deswegen verb<strong>und</strong>en mit<br />
einem sehr hohen Widerstandpotential gegen Ausbauvorhaben.<br />
Dass dieses Phänomen unmittelbar <strong>von</strong> dem erreichten Wohlstandsniveau der Gesamtbevölkerung<br />
abhängt, ist <strong>von</strong> Dipl.-Ing. Günter Riedel in einer Vortragsveranstaltung<br />
am 23.06.1981 an der Universität der B<strong>und</strong>eswehr München zum Thema<br />
„Flughafenplanung in Entwicklungsländern“ am Beispiel des Flughafenbaus in der<br />
Stadt Sana’a (Jemen) treffend formuliert worden.<br />
„Beim Umweltschutz stehen wir noch vor verschiedenen Stufen der Bewertung. In<br />
Sana’a hätte man die Richtung der <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahn etwas drehen können, so<br />
daß die An- <strong>und</strong> Abflugschneise die Stadt Sana’a nur tangiert hätte. Dies wurde jedoch<br />
<strong>von</strong> den Politikern trotz eindringlicher Unterrichtung abgelehnt mit der Begründung:<br />
̦Man soll in der Stadt ruhig darauf aufmerksam werden, daß uns der Anschluß<br />
an das Düsenzeitalter gelungen ist '“ ([61], S. 18 ff.).<br />
25
3.2 Begriffsdefinitionen <strong>und</strong> Kategorien<br />
Luftfahrzeuge dürfen gem. § 25 LuftVG prinzipiell nur auf genehmigten Flugplätzen<br />
betrieben werden (sog. „Flugplatzzwang“, Ausnahmeregelungen s. § 25 LuftVG). Der<br />
Begriff Flugplatz wird in § 6 Abs. 1 LuftVG definiert <strong>und</strong> steht <strong>für</strong> Flughäfen, Landeplätze<br />
<strong>und</strong> Segelfluggelände. Flughäfen <strong>und</strong> Landeplätze werden weiter unterteilt in<br />
Verkehrsflughäfen bzw. Verkehrslandeplätze sowie Sonderflughäfen <strong>und</strong> Sonderlandeplätze<br />
(Abb. 3). Eine gesonderte Rolle besitzen militärische Flugplätze (Militärflughäfen).<br />
Sie sind militärische Liegenschaften, beinhalten Sicherheitsbereiche <strong>und</strong> sind<br />
in der Regel nicht <strong>für</strong> den zivilen Luftverkehr geöffnet. Das in § 8 LuftVG vorgesehene<br />
Planfeststellungsverfahren entfällt (s. § 30 LuftVG). Als Beispiel <strong>für</strong> eine gemeinsame<br />
zivil-militärischen Nutzung kann der Flughafen Rostock-Laage genannt<br />
werden.<br />
militärische<br />
Flugplätze<br />
Flugplätze<br />
Flughäfen<br />
Verkehrsflughäfen<br />
Sonderflughäfen<br />
NATO-<br />
Flugplatzkategorien<br />
([13], S. XII ff.)<br />
Landeplätze<br />
Verkehrslandeplätze<br />
Sonderlandeplätze<br />
Segelfluggelände<br />
Abb. 3:<br />
Differenzierung der Flugplätze nach LuftVG, eigene Darstellung<br />
Umgangssprachlich wird mit dem Begriff Flughafen ein „großer Flugplatz“ verb<strong>und</strong>en.<br />
Flughäfen dienen in erster Linie dem allgemeinen <strong>und</strong> regelmäßigen Linien- <strong>und</strong><br />
Charterverkehr (Verkehrsflughäfen). Im Gegensatz zu Verkehrslandeplätzen ist <strong>für</strong><br />
Flughäfen gem. § 12 LuftVG ein Bauschutzbereich zwingend vorgeschrieben. Zusätzlich<br />
werden erhöhte Anforderungen an Ausstattung, Betriebspflichten <strong>und</strong> Benutzungsordnung<br />
gestellt.<br />
26
Die betriebliche Zulassung <strong>und</strong> Einstufung richtet sich im Wesentlichen nach dem<br />
vorhandenen S/L-Bahn-System <strong>und</strong> bezieht sich auf die geforderten Mindestparameter<br />
(ICAO-Standards, Kap. 4.1). Eine weitere Kategorisierung erfolgt anhand der vorhandenen<br />
Flugsicherungsausstattung <strong>und</strong> der damit durchführbaren Anflugverfahren.<br />
Das häufigste Landeverfahren an Flughäfen ist das sog. Präzisionsanflugverfahren,<br />
was durch ein ILS (Instrument Landing System) ermöglicht wird. Jeder Flughafen<br />
strebt eine diesbezüglich möglichst hohe CAT-Einstufung an (Anl. 14), um den Flugbetrieb<br />
auch unter erschwerten Wetterbedingungen gewährleisten zu können (Allwetteroperationsfähigkeit).<br />
In der BRD werden zz. 19 Verkehrsflughäfen durch das BMVBS <strong>und</strong> die ADV als<br />
„Internationale Verkehrsflughäfen“ geführt. Diese Flughäfen besitzen einen „anerkannten<br />
Bedarf“ an Flugsicherung, der durch die DFS (Deutsche Flugsicherung) gewährleistet<br />
wird. Die anfallenden Kosten werden durch den B<strong>und</strong> übernommen.<br />
Im Gegensatz dazu, trifft der Begriff „Regionalflughafen“ auf sämtliche weiteren Flughäfen,<br />
die nicht zu den Internationalen Verkehrsflughafen gezählt werden, zu, d.h. es<br />
existiert keine konkrete Definition. In Anl. 15 sind die unterschiedlichen Mietgliedergruppen<br />
(Internationale/Regionale Verkehrsflughäfen) der ADV dargestellt.<br />
Die insbesondere in den Medien oft verwendete Bezeichnung „Großflughafen“ soll<br />
einen Flughafen kennzeichnen, der jährlich mehr als 50.000 Flugbewegungen (<strong>Start</strong>s<br />
<strong>und</strong> Landungen) abwickelt. Dies ist jedoch keine offizielle Bezeichnung eines Verkehrsflughafens,<br />
da die Anzahl <strong>von</strong> Flugbewegungen keine Aussage über die Funktion<br />
sowie die beförderte Passagier- <strong>und</strong> Frachtmenge zulässt.<br />
Sonderflughäfen oder -landeplätze dienen nicht dem gewerblichen Luftverkehr <strong>und</strong><br />
sind entsprechend ihrer Konfiguration an den speziellen Verwendungszweck angepasst<br />
(z.B. Werksflughäfen/-landeplätze). Die flugbetriebliche Nutzung legt der<br />
Betreiber im Rahmen der vorhandenen Betriebsgenehmigung eigenverantwortlich<br />
fest.<br />
Im Gegensatz zu einem Flughafen werden an einen Landeplatz allgemein geringere<br />
Anforderungen gestellt. Dies betrifft maßgeblich den Bauschutzbereich, der gem.<br />
27
§ 17 LuftVG nur in beschränkter Form erforderlich ist. Die überwiegende Zahl an<br />
Flugbewegungen wird nach Sichtflugregeln getätigt (Visual Flight Rules (VFR)). Die<br />
Betriebsgenehmigung wird daher häufig auf die Zeitspanne mit Tageslicht beschränkt<br />
<strong>und</strong> richtet sich zudem nach den vorhandenen Wetter- <strong>und</strong> Sichtverhältnissen.<br />
Die niedrigsten Anforderungen werden an Segelfluggelände gestellt. Ein Bauschutzbereich<br />
ist nicht erforderlich. Motorflugzeuge dürfen nur mit ausdrücklicher Genehmigung<br />
starten <strong>und</strong> landen. Als Flugbetriebsfläche ist deshalb meist eine Graspiste<br />
ausreichend.<br />
3.3 Strukturmerkmale<br />
3.3.1 Funktion <strong>und</strong> Größe<br />
Vom Gr<strong>und</strong>satz her ist die Größe eines Verkehrsflughafens durch das Passagier<strong>und</strong><br />
Frachtaufkommen definiert <strong>und</strong> wird durch das unmittelbare Einzugsgebiet beschränkt.<br />
Von Vorteil ist die räumliche Nähe zu einem Ballungsraum bzw. zu mehreren<br />
Ballungszentren. Je besser sich die wirtschaftliche Gesamtsituation innerhalb des<br />
Einzugsgebietes darstellt <strong>und</strong> je attraktiver die infrastrukturelle Verkehrsanbindung<br />
des Flughafens ist, desto höher ist das in Frage kommende Passagierpotential. Ohne<br />
dieses Passagierpotential kann keine wirtschaftliche Auslastung der Flugzeuge gewährleistet<br />
werden. Der Auslastungsfaktor ist wiederum ein entscheidendes Rentabilitätskriterium<br />
<strong>für</strong> die Fluggesellschaften. Ziel ist es, eine Auslastung der Sitzplatzkapazität<br />
eines Flugzeugs <strong>von</strong> mind. 70 bis 80 % zu erreichen. Im Charterflugverkehr<br />
(Pauschalreiseverkehr) hat die Fluggesellschaft die Option, durch die Wahl des Flugzeugtyps<br />
(Anzahl der Sitzplätze) unmittelbar auf die Sitzplatznachfrage zu reagieren.<br />
Im Linienflugbetrieb ist dies nicht immer möglich. Besonders auf Interkontinentalrouten<br />
(Langstreckenflügen) ist es oft schwierig, die Kapazität der Großraumflugzeuge<br />
<strong>von</strong> 350 bis 500 Sitzplätzen ausreichend zu besetzen. Deshalb praktizieren zahlreiche<br />
Fluggesellschaften bzw. Allianzen (vgl. Kap. 2.2) das sog. „Hub-and-Spokes-<br />
System”.<br />
Dieses System, das vom Eisanbahnverkehr <strong>für</strong> die Flugliniennetzgestaltung im Luftverkehr<br />
übernommen wurde, ist wie folgt aufgebaut:<br />
28
Der Hub (deutsch: Nabe) ist ein größerer Flughafen der die Funktion einer Luftverkehrsdrehscheibe<br />
(Luftverkehrsknoten) wahrnimmt, auf dem maßgeblich der Interkontinental-<br />
<strong>und</strong> Kontinentalverkehr abgewickelt wird. Anstatt vieler Direktflüge<br />
(Punkt-zu-Punkt-Verkehr) zwischen allen kleineren Flughäfen werden die Passagiere<br />
(Paxe) durch Zubringerflüge, den sog. Spokes (deutsch: Speichen), an einem Hub<br />
gebündelt, in Abhängigkeit vom Flugziel neu zusammengefasst <strong>und</strong> weiter befördert<br />
(s. Abb. 4). Die kleineren Flughäfen übernehmen die sog. Feeder-Funktion („Fütter“-<br />
Funktion), d.h. sie führen dem Hub Paxe zu.<br />
Jeder Hub ist bestrebt möglichst kurze Umsteigezeiten (MCT) zu garantieren, damit<br />
der Zeitverlust gegenüber einem Direktflug minimiert wird <strong>und</strong> in Konkurrenz zu anderen<br />
Hubs ein attraktiveres Angebot an Flugverbindungen realisiert werden kann.<br />
Entsprechende Terminalstrukturen der „kurzen Wege“ (z.B. sog. Satelliten) verb<strong>und</strong>en<br />
mit einem optimierten Transfer der Passagiere <strong>und</strong> deren Gepäck sind dazu eine<br />
Gr<strong>und</strong>voraussetzung.<br />
Dieses Konzept ermöglicht einerseits eine effizientere Kapazitätsauslastung, insbesondere<br />
der Großraumflugzeuge, andererseits erhöht es das Gesamtangebot an erreichbaren<br />
Flugzielen. Nachteilig wirkt sich dieses System auf die Spitzenst<strong>und</strong>enbelastungen<br />
aus, da es aufgr<strong>und</strong> der zeitlich eng aufeinander abgestimmten Flugverbindungen<br />
zu regelrechten Stoßzeiten bei Landungen <strong>und</strong> <strong>Start</strong>s kommt. Das<br />
Hub-and-Spokes-System ist deshalb nur bei einer ausreichenden Kapazität des S/L-<br />
Bahn-Systems auf dem Hub-Flughafen funktionsfähig.<br />
Zu den großen europäischen Hubs zählen derzeit die Flughäfen London Heathrow,<br />
Frankfurt Rhein Main, Paris Charles de Gaulle, Amsterdam Schiphol <strong>und</strong> Madrid-Barajas.<br />
Der Umsteigeranteil, d.h. der Anteil sog. Tranfer-Paxe, liegt bei diesen Hubs<br />
bei über 30 %. Zum Vergleich sind die aufgr<strong>und</strong> des Passagieraufkommens größten<br />
europäischen Verkehrsflughäfen in Anl. 16 dargestellt.<br />
In Deutschland nutzt die Lufthansa den Flughafen Frankfurt Rhein Main als ihren<br />
Heimatflughafen <strong>und</strong> Hub Nr. 1, ist aber parallel dazu bestrebt, den Flughafen München<br />
Franz Josef Strauß ebenfalls als Hub weiter auszubauen <strong>und</strong> zu etablieren.<br />
Dementsprechend werden interkontinental reisende Passagiere der Lufthansa europaweit<br />
mit Kurz- <strong>und</strong> Mittelstreckenflugzeugen nach Frankfurt oder München geflo-<br />
29
gen, <strong>von</strong> wo aus sie ihre eigentlichen Destinationen in Amerika, Afrika, Asien <strong>und</strong><br />
Australien erreichen können. Auf umgekehrtem Weg können Passagiere aus anderen<br />
Kontinenten über Frankfurt <strong>und</strong> München eine Vielzahl europäischer Zielflughäfen<br />
erreichen.<br />
ORD<br />
RDU<br />
DFW<br />
ORD<br />
RDU<br />
DFW<br />
Abb. 4: Hub-and-Spokes-System, Horonjeff/McKelvey [40]<br />
In Anlehnung an das Hub-and-Spokes-System haben sich einige kleinere Verkehrsflughäfen<br />
auf die Abwicklung <strong>von</strong> Charter- <strong>und</strong>/oder Frachtverkehr spezialisiert.<br />
Diese Flughäfen besitzen im Gegensatz zu den größeren Flughäfen Kapazitätsreserven.<br />
Weiterhin bestehen aufgr<strong>und</strong> der in der Regel dezentralen Lage dieser Flughäfen<br />
zu Großstädten weniger Einschränkungen im Bereich des Flugbetriebs (z.B. kein<br />
Nachtflugverbot bzw. keine Nachtflugbeschränkungen). Dadurch können den Flug-<br />
30
gesellschaften optimale Zeitfenster (Slots) angeboten werden. Zusätzlich dazu, werden<br />
<strong>für</strong> die Nutzung der Flughafeninfrastruktur günstige Flughafenkonditionen gewährt.<br />
Musterbeispiel ist der Flughafen Frankfurt-Hahn.<br />
Primär Billigfluglinien wie Ryanair, Air Berlin, Hapag Lloyd Express oder Germanwings<br />
nutzen die beschriebenen Standortvorteile <strong>und</strong> fliegen vorwiegend diese sog.<br />
Low-Cost-Airports an. In Verbindung mit einem Minimum an kostenlosen Serviceleistungen<br />
<strong>für</strong> den Passagier haben die Gesamtkostenersparnisse der Fluggesellschaften<br />
äußerst niedrige Ticketpreise zur Folge. Diese Billigangebote stehen in direkter<br />
Konkurrenz zu den Standardpreisen im „normalen“ Fluglinienbetrieb. Es werden<br />
zwar nicht dieselben Flughäfen angeflogen, doch liegen diese in unmittelbarer<br />
Nähe zum eigentlichen Zielort.<br />
Der Hin- <strong>und</strong> Rückflug <strong>von</strong> Frankfurt-Hahn nach London-Stansted kostet bei Ryanair<br />
beispielsweise weniger als 60 €, ein vergleichbares Flugticket der Lufthansa <strong>von</strong><br />
Frankfurt Rhein Main nach London Heathrow kostet jedoch ca. 135 € (Saison<br />
2004/05). Dies entspricht einem Mehrpreis <strong>von</strong> über 100 %. Als Folge dieser günstigen<br />
Angebotsstruktur hat sich der Flughafen Frankfurt-Hahn innerhalb <strong>von</strong> nur<br />
zehn Jahren zum elftgrößten Internationalen Verkehrsflughafen in Deutschland<br />
entwickelt (vgl. Anl. 17).<br />
3.3.2 Eigentümerstruktur <strong>und</strong> Finanzierung<br />
Sowohl die Regionalflughäfen als auch die Internationalen Verkehrsflughäfen befinden<br />
sich bis auf wenige Ausnahmen im öffentlichen Eigentum. Gerade bei den Internationalen<br />
Verkehrsflughäfen halten öffentliche Flughafenbetreiber nach wie vor die<br />
Mehrheit der Anteile (Anl. 18).<br />
Im Luftverkehr gilt das Prinzip der sog. Nutzerfinanzierung, d.h. sämtliche Infrastrukturkosten<br />
werden in Form <strong>von</strong> Entgelten <strong>und</strong> Gebühren <strong>für</strong> die Nutzung der Flugbetriebsflächen<br />
sowie der <strong>für</strong> die Abfertigung notwendigen Terminaleinrichtungen <strong>und</strong><br />
Dienstleistungen (Flugsicherung u. Wetterdienst) erhoben. Da sich Flughäfen zu<br />
Unternehmen mit kommerziellen Zielen entwickelt haben, ist weltweit ein Trend zur<br />
Flughafenprivatisierung erkennbar. Als wichtige Einnahmequelle wird der sog. Non-<br />
Aviation-Bereich betrachtet. Dieser beinhaltet im Allgemeinen ein vielfältiges Han-<br />
31
dels- <strong>und</strong> Dienstleistungsangebot <strong>für</strong> die Flughafennutzer (Paxe, Besucher, Beschäftigte<br />
usw.), z.B.: Autovermietung, Hotels, Einzelhandel, Versicherungen <strong>und</strong> stellt<br />
keine unmittelbare Voraussetzung <strong>für</strong> die eigentliche Luftverkehrsabwicklung dar.<br />
Im Gegensatz dazu existiert gem. § 43 LuftVZO eine staatliche Preisregulierung im<br />
Aviation-Bereich. Die seitens des Flughafenbetreibers erhobenen Entgelte bzw. Gebühren<br />
müssen <strong>von</strong> der zuständigen Luftfahrtbehörde genehmigt werden. Die Regulierungskompetenz<br />
wird durch § 43 LuftVZO den B<strong>und</strong>esländern übertragen, wobei<br />
das BMVBS ein Einspruchsrecht besitzt. Die Luftfahrtbehörden der Länder haben die<br />
Verpflichtung, die Entgelttarife auf die Gewährleistung der Kostendeckung bzgl. der<br />
öffentlichen verkehrspolitischen Ziele <strong>und</strong> auf Angemessenheit hin zu prüfen. Deshalb<br />
sind B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Länder zz. zugleich Flughafenbetreiber <strong>und</strong> Flughafenregulierer.<br />
Als Vorteile weiterer Privatisierungen werden folgende Punkte genannt:<br />
- bessere Anreizsysteme im privaten Sektor, dadurch Effizienzgewinne,<br />
- geringere Möglichkeiten der politischen Einflussnahme <strong>und</strong> somit eine Verringerung<br />
der Interessenskonflikte,<br />
- eine klare Unternehmensausrichtung <strong>und</strong><br />
- zusätzliche Investitionen privater Kapitalgeber zur finanziellen Entlastung der<br />
öffentlichen Hand.<br />
Gleichzeitig dürfen jedoch bei diesen Privatisierungsprozessen öffentliche Interessen<br />
nicht vernachlässigt werden; dazu zählen u.a. die Bereiche Umweltschutz <strong>und</strong> Sicherheit.<br />
Da ein vorhandener Flughafenstandort gleichzeitig einen positiven wirtschaftlichen<br />
Impuls <strong>für</strong> das Flughafenumland bewirkt, kommt es oftmals zu öffentlichen Förderungen<br />
(„Subventionen“): einerseits zur Aufrechterhaltung <strong>von</strong> nicht kostendeckenden<br />
Fluglinien, andererseits zur Finanzierung <strong>von</strong> Ausbauprojekten. Zur Begründung dieser<br />
staatlichen Hilfen wird häufig eine Nutzen-Kosten-Analyse (NKA) durchgeführt.<br />
Dabei liegt folgendes Kriterium zugr<strong>und</strong>e: Wenn das aus volkswirtschaftlicher Sicht<br />
betrachtete Nutzen-Kosten-Verhältnis bei der geplanten Ausbaumaßnahme positiv<br />
ist, kann eine Unterstützung mit öffentliche Mittel in Betracht gezogen werden.<br />
32
3.4 Zahlen <strong>und</strong> Prognosen<br />
Um die Position eines Flughafens im Vergleich zu regionalen bzw. internationalen<br />
Konkurrenzflughäfen bewerten zu können, ist eine statistische Auswertung <strong>und</strong> Gegenüberstellung<br />
der spezifischen Leistungsdaten (Passagieraufkommen/-entwicklung,<br />
Anzahl der Flugbewegungen usw.) unerlässlich <strong>und</strong> gesetzlich vorgeschrieben<br />
(Verkehrsstatistikgesetz - VerkStatG). Die diesbezügliche Kategorisierung des Flughafens<br />
erfolgt im Wesentlichen nach der Funktion sowie der jährlich abgewickelten<br />
Passagier- <strong>und</strong> Frachtmenge. Die beförderte Luftposttonnage wird ebenfalls getrennt<br />
erfasst, spielt aber in der Gesamtbetrachtung eine zunehmend kleinere Rolle.<br />
Zur Ermittlung möglicher Wachstumspotentiale bzw. zur Aufstellung <strong>von</strong> Entwicklungsprognosen<br />
muss die individuelle Gesamtsituation des Flughafens, bei Variation<br />
verschiedener Entwicklungs- <strong>und</strong> Ausbauszenarien, umfassend betrachtet werden.<br />
Diese Prognosen dienen einerseits als direkte Begründung eines Ausbauvorhabens<br />
(Kapazitätserweiterung) <strong>und</strong> sind andererseits eine unmittelbare Planungs- <strong>und</strong> Bemessungsgr<strong>und</strong>lage<br />
zur Dimensionierung <strong>von</strong> Luftverkehrsanlagen.<br />
Die statistische Erfassungen <strong>und</strong> Aufbereitung der einzelnen Leistungsdaten eines<br />
Flughafens werden durch den Flughafenbetreiber selbst sowie <strong>von</strong> zahlreichen externen<br />
Unternehmen <strong>und</strong> Institutionen durchgeführt. Die Ergebnisse fließen unmittelbar<br />
in die stetige Flughafenplanung ein (s. Kap. 3.5).<br />
Je nach betriebswirtschaftlicher <strong>und</strong>/oder gesellschaftspolitischer Zielrichtung wird<br />
die Interpretation <strong>und</strong> Aufbereitung der statistischen Daten verschieden ausfallen: So<br />
können Statistiken verschiedener Herkunft unterschiedliche Daten <strong>für</strong> ein <strong>und</strong> dieselbe<br />
Größe aufweisen <strong>und</strong> demzufolge andere Entwicklungsprognosen aufzeigen.<br />
Deshalb ist es ratsam, als Gr<strong>und</strong>lage lediglich Zahlenmaterial aus anerkannten<br />
Quellen zu verwenden (ICAO, IATA, BMVBS, ADV usw.).<br />
3.4.1 Momentane Situation<br />
Weltweit ist das jährliche Luftverkehrsaufkommen auf über 1,6 Milliarden Passagiere<br />
angestiegen. Parallel dazu sind die mit dem Luftverkehr direkt oder indirekt zusam-<br />
33
menhängenden Arbeitplätze auf ca. 28 Millionen angewachsen [82]. Trotz einer<br />
stagnierenden Weltwirtschaft wird weiterhin ein kontinuierliches Wachstum im Bereich<br />
des Luftverkehrsmarktes <strong>von</strong> durchschnittlich ca. 5 % pro Jahr erwartet. Allgemein<br />
wird <strong>von</strong> einem Wachstumsschwerpunkt im asiatisch-pazifischen Raum (China)<br />
ausgegangen mit regionalen, jährlichen Wachstumsraten <strong>von</strong> über 8 % (Abb. 5 u. 6).<br />
Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, wird sich die Zahl der eingesetzten Verkehrsflugzeuge<br />
in den nächsten 20 Jahren voraussichtlich nahezu verdoppeln.<br />
Abb. 5: Allgemeine Wachstumsprognose <strong>für</strong> den weltweiten Luftverkehr bis 2020, Airbus [83]<br />
Abb. 6: Prognostizierte Wachstumsverteilung 2004 bis 2023,<br />
Boeing Market Outlook 2004 [95]<br />
34
Für den Luftverkehrsstandort Deutschland bedeutet dieser anhaltende Wachstumstrend,<br />
dass die vorhandene Luftverkehrsinfrastruktur zur Abwicklung des prognostizierten<br />
Luftverkehrs nicht ausreichen wird. Dies betrifft in erster Linie die zwei großen<br />
Hub-Flughäfen Frankfurt <strong>und</strong> München. Besonders im Bereich der S/L-Bahn-Kapazitäten<br />
ist Handlungsbedarf vorhanden. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt hat z.B. der<br />
Flughafen Frankfurt in den täglichen Spitzenst<strong>und</strong>en einen Auslastungsgrad des S/L-<br />
Bahn-Systems <strong>von</strong> mehr als 100 % erreicht, d.h. der festgesetzte sog. Koordinationseckwert<br />
(s. Kap. 4.2) wird regelmäßig überschritten. Dies führt nicht nur zu Verzögerungen<br />
<strong>und</strong> Wartezeiten, sondern auch zu einem erhöhten Sicherheitsrisiko im<br />
Flugbetrieb, so dass in diesem Fall sogar akuter Handlungsbedarf besteht.<br />
Im Bereich des Kapazitätsausbaus haben europäische Konkurrenzflughäfen (insbesondere<br />
mit interkontinentaler Hub-Funktion) ihre S/L-Bahn-Systeme, in Anlehnung<br />
an die prognostizierte Gesamtentwicklung <strong>für</strong> die nächsten 15 bis 20 Jahre, erweitert<br />
(Amsterdam Schiphol, Madrid-Barajas). Dies hat bereits zum jetzigen Zeitpunkt zur<br />
Folge, dass sich die dortige Wettbewerbssituation aufgr<strong>und</strong> des zur Verfügung stehenden<br />
Slot-Angebots <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen Attraktivität des Flughafenstandorts<br />
<strong>für</strong> Fluggesellschaften objektiv verbessert hat.<br />
Um einer zukünftigen Verlagerung des Luftverkehrs vorzubeugen ist es deshalb <strong>für</strong><br />
die gesamte Luftverkehrsentwicklung in der BRD wichtig, bedarfgerechte Kapazitätserweiterungen<br />
an den Flughafenstandorten zu realisieren. In Abb. 7 ist die prognostizierte<br />
Kapazitätsauslastung der S/L-Bahn-Systeme <strong>für</strong> das Jahr 2010 im direkten<br />
Vergleich zu der 1998 vorhandenen S/L-Bahn-Kapazität (Koordinationseckwert) exemplarisch<br />
<strong>für</strong> fünf Verkehrsflughäfen dargestellt.<br />
Anzumerken ist, dass bis zum jetzigen Zeitpunkt lediglich eine Anpassung <strong>und</strong> somit<br />
Erhöhung einzelner Koordinationseckwerte stattgef<strong>und</strong>en hat. Diese Erhöhungen<br />
lassen sich auf die generelle Optimierung der Abwicklungsverfahren an den Verkehrsflughäfen<br />
zurückführen. Die zur gr<strong>und</strong>sätzlichen Erhöhung der zur Verfügung<br />
stehenden luftseitigen Kapazität eines Flughafenstandortes geplanten Ausbauvorhaben<br />
im Bereich der S/L-Bahn-Systeme konnten bislang nicht realisiert werden.<br />
35
Kapazitätsauslastung auf St<strong>und</strong>enbasis 2010<br />
Auslastungsgrad<br />
Frankfurt<br />
150 %<br />
München<br />
100 %<br />
Düsseldorf<br />
160 %<br />
Hamburg<br />
95 %<br />
Stuttgart<br />
erforderlicher<br />
Koordinationseckwert 2010<br />
derzeitiger<br />
Koordinationseckwert<br />
90 %<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130<br />
Koordinationseckwert<br />
Abb. 7:<br />
Prognostizierte Kapazitätsauslastung dt. Verkehrsflughäfen, Studie der DLR u. DFS im Auftrag<br />
der Lufthansa, Internet-Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, eigene Darstellung [108]<br />
3.4.2 Besondere Ereignisse<br />
Die in Abb. 5 dargestellte Entwicklung des globalen Luftverkehrs zeigt keinen kontinuierlich<br />
ansteigenden Verlauf, sondern enthält Zeitfenster <strong>von</strong> vorübergehenden<br />
Stagnationen bis hin zu Rückgängen. Diese Phänomene konnten seit dem Zweiten<br />
Weltkrieg allgemein auf besondere Ereignisse zurückgeführt werden, welche sich<br />
in die Sparten wirtschaftliche <strong>und</strong>/oder politische Krisen einordnen lassen (Ressourcenknappheit,<br />
Kriege usw.). Seit den Terroranschlägen vom 11.09.2001 auf das<br />
World Trade Center in New York <strong>und</strong> das Pentagon in Washington sowie der unmittelbar<br />
durch die Lungenkrankheit SARS verursachten Epidemie im asiatischen Raum<br />
sind aufgr<strong>und</strong> der noch nie da gewesenen Dimensionen der Ereignisse, zwei „neue“,<br />
den Luftverkehr hemmende Faktoren entstanden bzw. zum Tragen gekommen. Verstärkt<br />
wurde der Effekt nochmals durch die militärischen Folgeoperationen im Rahmen<br />
der Terrorbekämpfung (Enduring Freedom).<br />
Sämtliche Fallkonstellationen der Ereignisse wiesen bislang folgende Gemeinsamkeiten<br />
auf:<br />
- eine konkrete Vorhersehbarkeit war nicht möglich,<br />
36
- die Auswirkungen waren begrenzt <strong>und</strong> haben gemäß der jeweiligen Intensität<br />
lediglich zu einer zeitlichen Verschiebung der prognostizierten Wachstumskurve<br />
des Luftverkehrs geführt.<br />
Die Luftverkehrsindustrie versucht selbstverständlich Vorsorgemaßnahmen zu treffen,<br />
um den jeweiligen Nachfrageeinbruch infolge eines besonderen Ereignisses zu<br />
verringern <strong>und</strong> möglichst schnell wieder auszugleichen. In Anbetracht der Nachwirkungen<br />
des 11.09.2001 stellt der Arbeitsschwerpunkt derzeit die Entwicklung <strong>von</strong><br />
Konzepten zur Verringerung der offensichtlich gewordenen Sicherheitsmängel dar<br />
(Security).<br />
Im Gegensatz dazu ist das Vertrauen des Passagiers in die technische Zuverlässigkeit<br />
<strong>und</strong> Sicherheit eines Verkehrsflugzeugs (Safety) aufgr<strong>und</strong> der äußerst geringen<br />
Unfallrate <strong>von</strong> etwa einem Todesfall pro eine Mio. Flüge hoch. Flugzeugkatastrophen<br />
haben deshalb keinen nennenswerten Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl <strong>und</strong> werden<br />
als ein „normales“ Ereignis hingenommen.<br />
Betrachtet man lediglich die BRD innerhalb dieser globalen Entwicklung des Luftverkehrs,<br />
so muss man zwangsläufig die ehemalige Teilung Deutschlands in zwei<br />
Staaten als nationales besonderes Ereignis bewerten. Die momentane Flughafensituation<br />
ist noch immer gekennzeichnet <strong>von</strong> dieser Teilung. Dies verdeutlicht am<br />
Besten die Existenz <strong>von</strong> drei Verkehrsflughäfen in Berlin (Schönefeld, Tegel <strong>und</strong><br />
Tempelhof).<br />
Die rasche Etablierung eines Verkehrsflughafens <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>eshauptstadt Berlin<br />
<strong>und</strong> die Förderung weiterer Standorte <strong>von</strong> Verkehrsflughäfen in den neuen B<strong>und</strong>esländern<br />
sollten deshalb ein politisches Bestreben sein, um zusätzliches wirtschaftliches<br />
Potential mit Hilfe des Luftverkehrs zu erschließen.<br />
3.5 Planungsinstrumente<br />
3.5.1 B<strong>und</strong>esebene<br />
Als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> ein übergeordnetes Gesamtverkehrskonzept auf B<strong>und</strong>esebene,<br />
dient der sog. B<strong>und</strong>esverkehrswegeplan (BVWP). Der BVWP wird im Auftrag der<br />
37
B<strong>und</strong>esregierung durch das BMVBS erarbeitet <strong>und</strong> ist ein Investitionsrahmenplan <strong>für</strong><br />
einen Zeitraum <strong>von</strong> ca. 10 bis 15 Jahren.<br />
Basierend auf Bedarfsplänen, Gesamtverkehrsprognosen, Bewertungs- <strong>und</strong> Einstufungsverfahren,<br />
werden im BVWP in Anlehnung an die politischen Zielvorgaben Vorhaben<br />
der Stufen „Vordringlicher Bedarf“ (VB) <strong>und</strong> „Weiterer Bedarf“ (WB) definiert.<br />
Der VB umfasst dabei das notwendige Investitionsvolumen mit dem zu erwartenden<br />
Finanzrahmen zzgl. einer sog. Planungsreserve. Für Projekte der Einstufung VB besteht<br />
ein uneingeschränkter Planungsauftrag, im Gegensatz zu Projekten der Einstufung<br />
WB, bei denen die gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit zwar nachgewiesen<br />
ist, deren Investitionsvolumen jedoch den absehbaren Finanzrahmen überschreitet.<br />
Der Bereich Luftverkehr wird innerhalb des BVWP ausschließlich verbal beschrieben<br />
<strong>und</strong> ist in der Ergebnisdarstellung <strong>für</strong> Aus- <strong>und</strong> Neubaubedarf nicht enthalten. Verwiesen<br />
wird auf das „Flughafenkonzept der B<strong>und</strong>esregierung“ aus dem Jahr 2000.<br />
Dieses Konzept beinhaltet sowohl Maßnahmen zum Schutz <strong>von</strong> Anwohnern <strong>und</strong> der<br />
Umwelt, als auch Aussagen über eine notwendige Erweiterung der Flughafenkapazitäten.<br />
Da jedoch die Zuständigkeit <strong>für</strong> einen Flughafenstandort bei der jeweiligen<br />
Landesregierung liegt, wird in dem Konzept der B<strong>und</strong>esregierung nur der <strong>von</strong> den<br />
Ländern gemeldete Bedarf aufgelistet. Eine detaillierte, übergeordnete Koordination<br />
der geforderten Ausbaumaßnahmen auf B<strong>und</strong>esebene findet demzufolge de facto<br />
nicht statt.<br />
Um diesbezüglich Abhilfe zu schaffen wurde am 07.07.2003 durch die Unternehmen<br />
Deutsche Lufthansa AG, Fraport AG, Flughafen München GmbH <strong>und</strong> Deutsche Flugsicherung<br />
GmbH die Initiative „Luftverkehr <strong>für</strong> Deutschland“ gegründet. Die Moderation<br />
hat der B<strong>und</strong>esminister <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen übernommen.<br />
Erklärtes Ziel der Initiative ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland<br />
zu stärken, am künftigen Wachstum des Luftverkehrs teilzunehmen <strong>und</strong> damit<br />
Arbeitsplätze zu sichern bzw. neue zu schaffen [122]. Zu diesem Zweck wurde ein<br />
repräsentativer Beraterstab aus Interessensvertretern des deutschen Luftverkehrs<br />
aus Politik <strong>und</strong> Wirtschaft gebildet, die in Gremien <strong>und</strong> Ausschüssen zusammenge-<br />
38
schlossen sind. Als Ergebnis werden Lösungsvorschläge bzw. Handlungsempfehlungen<br />
<strong>für</strong> eine länderübergreifende Gesamtstandortpolitik verabschiedet.<br />
Als Bestandteil eines Zwischenberichtes wurde am 20.10.2004 ein „Masterplan zur<br />
Entwicklung der Flughafeninfrastruktur“ an den B<strong>und</strong>esverkehrsminister übergeben.<br />
Dieser Masterplan ist auf eine gesamtdeutsche Luftverkehrsprognose <strong>für</strong> das Jahr<br />
2015 abgestimmt, in der <strong>von</strong> einer Steigerung der Passagierzahlen um 74 % gegenüber<br />
dem Jahr 2003 ausgegangen wird. Deshalb beinhaltet der Masterplan die Forderung<br />
nach einem entschlossenen Kapazitätsausbau, besonders der acht größten<br />
Verkehrsflughäfen (Anl. 17).<br />
Der Erfolg der Initiative „Luftverkehr <strong>für</strong> Deutschland“ wird jedoch da<strong>von</strong> abhängen,<br />
inwieweit der politische Wille zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen vorhanden<br />
ist. Da keine gesetzlichen Rahmenbedingungen oder Richtlinien <strong>für</strong> die Arbeitsweise,<br />
die Auswahl der beteiligten Organisationen, die allgemeine Struktur sowie die Ergebnisumsetzung<br />
vorliegen, fehlt eine entscheidende Komponente.<br />
3.5.2 Landesentwicklungs- <strong>und</strong> Regionalplanung<br />
Die Landesentwicklungs- <strong>und</strong> Regionalplanung stellt die maßgebliche öffentlich<br />
rechtliche Planungsebene innerhalb eines B<strong>und</strong>eslandes bzw. einer Region dar.<br />
Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Landesentwicklungsplanung ist das b<strong>und</strong>esweit geltende Raumordnungsgesetz<br />
(ROG) [93]. Demnach gibt das ROG lediglich den Gesamtrahmen<br />
vor, die konkrete Raumplanung obliegt den einzelnen B<strong>und</strong>esländern. Eine weitere<br />
Präzisierung der Landesentwicklungsplanung erfolgt in der Regionalplanung.<br />
Um die räumlichen Auswirkungen <strong>von</strong> größeren Infrastrukturprojekten in Bezug auf<br />
die Ziele der Raumordnung bzw. Landesplanung zu untersuchen, werden sog.<br />
Raumordnungsverfahren (ROV) gem. § 15 ROG durchgeführt. Als Abschluss des<br />
ROV erfolgt eine sog. landesplanerische Beurteilung (s. Kap. 3.5.3).<br />
Da jedes B<strong>und</strong>esland die Vorgaben des ROG aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher Strukturen<br />
durch individuelle Landesplanungsgesetze umsetzt, können einerseits die fachlichen<br />
Zuständigkeitsbereiche innerhalb der B<strong>und</strong>esländer variieren (Wirtschaftministerium,<br />
39
Verkehrsministerium, Innenministerium, Staatskanzlei usw.), andererseits sind die<br />
Richtlinien <strong>und</strong> landesplanerischen Gesetze <strong>von</strong> den jeweiligen landespolitischen<br />
Zielen geprägt. Deshalb wird im weiteren Verlauf beispielhaft der Freistaat Bayern<br />
sowie die daraus resultierende raumplanerische Situation <strong>für</strong> den Flughafen München<br />
betrachtet.<br />
In Bayern wird durch das Bayerische Staatsministerium <strong>für</strong> Landesentwicklung <strong>und</strong><br />
Umweltfragen, unter Beteiligung der übrigen Ressorts, das sog. Landesentwicklungsprogramm<br />
Bayern (LEP) aufgestellt. Der Landtag beschließt <strong>und</strong> erlässt den<br />
LEP als Verordnung, die die nachgeordneten Behörden <strong>und</strong> öffentlichen Stellen an<br />
einen gr<strong>und</strong>sätzlichen Rahmen bindet [138]. Die Zuständigkeiten der Landesplanungsbehörden<br />
sind in drei Hierarchieebenen gegliedert (Abb. 8).<br />
Landesplanungsbehörden<br />
Oberste<br />
Landesplanungsbehörde<br />
Staatsministerium <strong>für</strong><br />
Wirtschaft, Infrastruktur,<br />
Verkehr <strong>und</strong> Technologie<br />
Landesplanungsbeirat<br />
Höhere<br />
Landesplanungsbehörde<br />
Regierung<br />
Regionsbeauftragter<br />
Regionaler<br />
Planungsverband<br />
Regionaler<br />
Planungsbeirat<br />
Untere<br />
Landesplanungsbehörde<br />
Kreisverwaltungsbehörde<br />
(Landratsamt, Kreisfreie<br />
Stadt)<br />
Abb. 8: 3-stufige Verwaltungsgliederung im Freistaat Bayern, eigene Darstellung [133]<br />
Im Bereich der Regionalplanung werden die Gemeinden <strong>und</strong> Landkreise in den sog.<br />
regionalen Planungsverbänden zusammengefasst. Dies soll die verfassungsmäßig<br />
garantierte Planungshoheit der Gemeinden gewährleisten <strong>und</strong> gleichzeitig zu einer<br />
Synthese der Planungsabsichten (Flächennutzungs- <strong>und</strong> Bebauungspläne) der einzelnen<br />
Gemeinden zu einem Regionalplan führen. Im LEP 2003 sind bzgl. des Flughafens<br />
München folgende Ziele formuliert [133]:<br />
„ • die langfristige Sicherung interkontinentaler Luftverkehrsanbindungen,<br />
40
• eine bedarfsgerechte <strong>und</strong> funktionale Straßen- <strong>und</strong> Schienenverkehrserschließung<br />
<strong>für</strong> den Nah- <strong>und</strong> Fernverkehr <strong>und</strong><br />
• zur dauerhaften Standortsicherung die Sicherung <strong>von</strong> langfristigen, räumlichen<br />
Entwicklungsmöglichkeiten <strong>für</strong> weitere Luftverkehrsinfrastruktur.“<br />
In den abschließenden Einzelbegründungen innerhalb des LEP werden aus den<br />
Zielen unmittelbare Forderungen bzw. Maßnahmen abgeleitet:<br />
„ • den Ausbau des Flughafens München zu einem internationalen Drehkreuz europäischen<br />
Rangs,<br />
• die Realisierung einer Schienenfernverkehrsanbindung (mehrere in Frage kommende<br />
Varianten),<br />
• die Verbesserung der straßenseitigen Anbindung gem. dem Aktionsprogramm<br />
̦Straßenerschließung Flughafen-München',<br />
• die Freihaltung <strong>von</strong> Korridoren <strong>für</strong> die Anbindung des Flughafens durch eine in<br />
Frage kommende Magnetschwebebahn (Transrapid) <strong>und</strong><br />
• die direkte Festlegung <strong>von</strong> Flughafenentwicklungsflächen als Vorranggebiet,<br />
(Anl. 19).“<br />
Im Bereich der Regionalplanung (Gemeindeplanungen) existieren keine konkreten<br />
Aussagen bzgl. der Flughafenentwicklung. Per ROG ist jedoch verfügt (§ 9, Art. 17),<br />
dass die übergeordneten Planungsziele ein integraler Bestandteil des Regionalplans<br />
<strong>und</strong> dessen Fortschreibung darstellen müssen.<br />
Änderungen eines beschlossenen Regionalplans werden in der Regel <strong>von</strong> den jeweiligen<br />
regionalen Planungsverbänden selbständig durchgeführt. Die zuständige höhere<br />
Landesplanungsbehörde ist jedoch unter festgelegten Voraussetzungen <strong>und</strong> bei<br />
dringenden Fällen befugt, ebenfalls Änderungen innerhalb des Regionalplans zu tätigen.<br />
3.5.3 Raumordnungsverfahren<br />
Beim ROV handelt es sich gem. § 6a ROG um ein förmliches Verfahren, indem die<br />
Auswirkungen eines beabsichtigten Großvorhabens in Bezug auf die Ziele <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>sätze der Raumordnung bzw. Landesplanung geprüft werden. Es ist losgelöst<br />
41
<strong>von</strong> den bauaufsichtlichen Verfahren (fachplanerische Ebene) <strong>und</strong> diesen zeitlich<br />
vorgeschaltet [36]. Das Verfahren ist innerhalb einer speziellen Raumordnungsverordnung<br />
geregelt. Die zuständige Behörde im Freistaat Bayern ist das Regierungspräsidium<br />
oder die Bezirksregierung.<br />
Die Anwendung des ROV beschränkt sich auf sog. raumbedeutsame Vorhaben, deren<br />
Auswirkung über das vorgesehene Bauareal hinaus reicht (in der Regel mehrere<br />
betroffene Gemeinden). Unter raumbedeutsame Bauvorhaben zählt man u. a.: B<strong>und</strong>esfernstraßen,<br />
Aus- <strong>und</strong> Neubau <strong>von</strong> B<strong>und</strong>eswasserstraßen, kerntechnische Anlagen.<br />
Bei einem Flughafenneubau oder einem Flughafenausbau (Kapazitätserweiterung),<br />
die nach § 8 LuftVG einer Planfeststellung bedürfen (s. Kap. 3.2), ist dementsprechend<br />
immer ein ROV vorgeschrieben.<br />
Das Ergebnis des ROV hat keine einklagbare rechtliche Auswirkung, doch wird das<br />
Ergebnis in den nachfolgenden fachplanerischen Genehmigungs- bzw. Planfeststellungsverfahren<br />
mit betrachtet <strong>und</strong> hat eine präjudizierende Wirkung ([37], S. 55 ff.).<br />
3.5.4 Planfeststellungsverfahren<br />
Im Gegensatz zum ROV ersetzt das Planfeststellungsverfahren alle nach anderen<br />
Gesetzen erforderlichen Genehmigungen <strong>und</strong> Erlaubnisse <strong>und</strong> ist gem. § 8 LuftVG<br />
immer bei einem Neubau oder wesentlichen Änderungen der Luftverkehrsinfrastruktur<br />
an einem Flugplatz erforderlich. Das Planfeststellungsverfahren beinhaltet eine<br />
auf das spezielle Bauvorhaben abgestimmte, umfassende <strong>und</strong> konzentrierte Überprüfung<br />
der bauordnungs- <strong>und</strong> bauplanungsrechtlichen Anforderungen. Die Gültigkeit<br />
eines Planfeststellungsbeschlusses ist zeitlich befristet.<br />
Ein wesentlicher Bestandteil des Verfahrens ist die Darstellung der konkreten Planungsabsicht<br />
(Offenlegung der Planungs-/Entwurfsunterlagen) <strong>und</strong> die Pflicht zur<br />
Beteiligung der Öffentlichkeit. Einwendungen <strong>von</strong> Fachbehörden, Gemeinden <strong>und</strong><br />
Privatpersonen werden bei Erörterungsverhandlungen behandelt ([36], Bd. 3, Teil 8).<br />
Der Planfeststellungsbeschluss beinhaltet schlussendlich die Abwägung sämtlicher<br />
öffentlich-rechtlicher Belange sowie Regelungen zu Ausgleichs-, Ersatzmaßnahmen<br />
42
usw. Ein wesentlicher Bestandteil ist dabei die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP).<br />
Der „festgestellte Plan“, d.h. der positive Planfeststellungsbeschluss, entspricht praktisch<br />
einer Baugenehmigung.<br />
Bei Flughafenerweiterungen <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen hohen Zahl an Betroffenen<br />
wird der Planfeststellungsbeschluss öffentlich ausgelegt. Mit dem Ende der Auslegungsfrist<br />
gilt der Beschluss gegenüber den Betroffenen als zugestellt; er ist mit Widerspruch<br />
<strong>und</strong> Klage anfechtbar.<br />
Ist ein besonderes öffentliches Interesse am Bauvorhaben <strong>und</strong> an einer rechtzeitigen<br />
Fertigstellung vorhanden, kann ein Sofortvollzug des Vorhabens angeordnet werden.<br />
Den Sofortvollzug hat beispielsweise das Regierungspräsidium Darmstadt <strong>für</strong> die Errichtung<br />
der sog. A380-Werft am Flughafen Frankfurt angeordnet, um die Vorraussetzungen<br />
<strong>für</strong> eine rechtzeitige Fertigstellung der Halle bis September 2007 zu<br />
schaffen <strong>und</strong> damit den Fortbestand der Funktionsfähigkeit des Frankfurter Flughafens<br />
<strong>und</strong> dessen wirtschaftliche Bedeutung <strong>für</strong> die Region weiterhin zu erhalten.<br />
Durch die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit soll die Klagemöglichkeit der Betroffenen<br />
keineswegs eingeschränkt werden. Es wird lediglich die aufschiebende<br />
Wirkung unterb<strong>und</strong>en. Sowohl gegen den Planfeststellungsbeschluss als auch gegen<br />
den Sofortvollzug sind Rechtsmittel möglich. Die Anordnung des Sofortvollzugs erfolgt<br />
nur, wenn die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss sehr geringe Erfolgsaussichten<br />
hat.<br />
3.5.5 Generalausbauplan (Masterplan)<br />
Der Generalausbauplan bzw. Masterplan wird durch den Flughafenbetreiber erstellt<br />
<strong>und</strong> in Abhängigkeit <strong>von</strong> der jeweiligen Entwicklung stetig fortgeschrieben. Er spiegelt<br />
den generellen Ist-Zustand des Unternehmens, sowie die auf verschiedenen<br />
Prognose- <strong>und</strong> Entwicklungsszenarien basierenden Entwicklungsphasen wider <strong>und</strong><br />
umfasst einen Zeithorizont <strong>von</strong> ca. 15 bis 20 Jahren. Er ist somit ein „privates“ Planungswerk<br />
ohne irgendeine Außenwirkung. Als Bestandteil enthält der Masterplan<br />
die Entwicklungsabsichten des Flughafenbetreibers zzgl. einem Zeitraster <strong>für</strong> die gewünschten<br />
Umsetzungen der einzelnen Maßnahmen (Ausbaustufen). Dabei werden<br />
43
momentane bis hin zu mittelfristigen Planungsabsichten festgeschrieben <strong>und</strong> langfristige<br />
Entwicklungskonzeptionen aufgezeigt.<br />
Das allgemeine „Gerüst“ eines Masterplans wird durch die ICAO vorgegeben (Airport<br />
Planning Manual, Part 1, „Master Planning“ [43]), eine einheitliche deutsche oder europäische<br />
Rechtsgr<strong>und</strong>lage fehlt jedoch. Bei einer allgemeinen Recherche im Internet<br />
bzgl. Masterplänen verschiedener Verkehrsflughäfen, sowohl in europäischen<br />
Staaten als auch in den USA, lässt sich rasch feststellen, dass es Unterschiede in<br />
der jeweiligen Detaillierung der veröffentlichten Masterpläne gibt, insbesondere bei<br />
den langfristigen Planungen. So sind z.B. in den Masterplänen <strong>von</strong> deutschen Verkehrsflughäfen<br />
meist nur kleinere Bedarfsflächen <strong>für</strong> die landseitige<br />
Luftverkehrsinfrastruktur vorgesehen, zukünftig in Frage kommende Flächen <strong>für</strong> S/L-<br />
Bahn-Varianten fehlen meist komplett, obwohl das prognostizierte Passagieraufkommen<br />
die Kapazität des vorhandenen S/L-Bahn-Systems übersteigt. Im Gegensatz<br />
dazu werden in den Masterplänen der US-amerikanischen Verkehrsflughäfen<br />
oftmals verschiedene Ausbauoptionen mit mehreren zusätzlichen S/L-Bahnen konkret<br />
aufgezeigt <strong>und</strong> erläutert. Der Masterplan des Flughafens Chicago O’Hare (USA)<br />
enthält beispielsweise drei weitere S/L-Bahnen [84].<br />
Dies ist ein direkter Hinweis auf die in den einzelnen Staaten unterschiedliche Akzeptanz<br />
der Bevölkerung zu den Ausbauabsichten der Flughafenbetreiber. Dieser<br />
Sachverhalt lässt sich ebenfalls aus der Bestandsaufnahme der bereits angewendeten<br />
Bewertungsschemata ermitteln (s. Kap. 5) <strong>und</strong> muss bei der Entwicklung des<br />
neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s mit berücksichtigt werden.<br />
3.6 Öffentlichkeitsarbeit<br />
Heutzutage betreiben nahezu alle Flugplätze eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Diese dient zum einen dazu, dass allgemeine „Image“ des Flughafenbetreibers zu<br />
stärken bzw. zu verbessern <strong>und</strong> zum anderen die Notwendigkeit der nachhaltigen<br />
Anpassung der Flughafeninfrastruktur an die wirtschaftlichen Erfordernisse des Luftverkehrsmarktes<br />
einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln.<br />
44
Die Bandbreite der Tätigkeiten reicht je nach Größe des Flugplatzes <strong>von</strong> der Ausrichtung<br />
kleinerer Feste („Tag der offenen Tür“) bis hin zum Sponsoring <strong>von</strong> Fußballvereinen<br />
(z.B. Eintracht Frankfurt) sowie aktiver Umlandpolitik. Nach Angaben der<br />
Fraport AG beträgt beispielsweise das jährliche Budget <strong>für</strong> Sponsoring <strong>und</strong> Umweltprojekte<br />
ca. 8 Mio. € [114].<br />
Weiterhin gehören zum Bereich der Öffentlichkeitsarbeit zahlreiche Gremien, Beiräte,<br />
Dialogforen, Bürgerversammlungen u.ä., die vorab <strong>und</strong> während eines Ausbauvorhabens<br />
als Informations-, Austausch- <strong>und</strong> Diskussionsplattformen dienen <strong>und</strong> Interessenskonflikten<br />
verschiedenster Gruppen entgegenwirken sollen („Konfliktmanagement“).<br />
Mit der Öffentlichkeitsarbeit ist es insgesamt möglich, Symbioseeffekte zwischen<br />
dem Flughafenbetreiber <strong>und</strong> der Umlandbevölkerung bewusst zu machen, wodurch<br />
zum einen der bedarfsgerechte Ausbau eines Verkehrsflughafens beschleunigt werden<br />
kann <strong>und</strong> zum anderen eine Miteinbeziehung des Flughafenumlands in das wirtschaftliche<br />
Wachstumskonzept des Flughafens ermöglicht wird [144].<br />
3.7 Mediation<br />
Die Mediation ist generell eine Methode zur außergerichtlichen Konfliktlösung. Im<br />
Vordergr<strong>und</strong> steht dabei das Ziel, zwischen den verschiedenen Konfliktparteien einen<br />
interessensgerechten Konsens zu erreichen, mit dem jede Seite zufrieden sein<br />
kann (sog. win-win-Situation) [39, 50, 78].<br />
Ein Mediationsverfahren dient bei einem Ausbauvorhaben des S/L-Bahn-Systems<br />
dazu, möglichst im Vorfeld der gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensschritte zum<br />
Ausbau Streitpunkte zu entschärfen, um damit Beschwerdeverfahren auf ein unvermeidbares<br />
Minimum zu begrenzen. Dies führt einerseits zu Zeit- <strong>und</strong> Kostenersparnissen<br />
<strong>für</strong> den Flughafenbetreiber, andererseits können die Gegner des Ausbauvorhabens<br />
dem Flughafenbetreiber Zugeständnisse abgewinnen [144].<br />
Die Leitung des Mediationsverfahrens wird einem oder mehreren unabhängigen,<br />
sachk<strong>und</strong>igen <strong>und</strong> neutralen Vermittlern („Mediatoren“) übertragen. Dabei ist <strong>von</strong> ent-<br />
45
scheidender Bedeutung, dass die als Mediator benannten Personen <strong>von</strong> allen Verhandlungsparteien<br />
akzeptiert werden [39].<br />
Wesentliche Prinzipien eines Mediationsverfahrens sind die Ergebnisoffenheit <strong>und</strong><br />
das ernsthafte Interesse aller Teilnehmer eine Lösung herbeizuführen. Die Teilnehmer<br />
müssen jedoch keine Lösungen anerkennen, die sie als unfair bzw. einseitig einstufen.<br />
Um ein möglichst aussagekräftiges Mediationsergebnis zu erhalten, sollten<br />
sich weiterhin möglichst alle Interessensgruppen (Umweltverbände, Bürgerinitiativen<br />
usw.) am Mediationsverfahren beteiligen [39, 76, 78].<br />
Das am Flughafen Wien-Schwechat vom 01.03.2001 bis zum 22.06.2005 durchgeführte<br />
Mediationsverfahren (Abschluss der Mediationsvereinbarung bis Unterzeichnung<br />
des Mediationsvertrags) gilt als beispielhaft. Mehr als 50 Verhandlungsparteien<br />
konnten sich nach über vier Jahren Tätigkeit auf Rahmenbedingungen <strong>für</strong> den Ausbau<br />
des S/L-Bahn-Systems am Flughafen Wien-Schwechat verständigen. Im Folgenden<br />
werden weitere Rahmenbedingungen <strong>für</strong> das Fallbeispiel Flughafen Wien-<br />
Schwechat genannt, die in ähnlicher Form bei sonstigen Mediationsverfahren angewendet<br />
wurden [144].<br />
Vor Beginn des eigentlichen Mediationsverfahrens wurden zunächst in einem Mediationsvertrag<br />
alle Teilnehmer, allgemeine Bedingungen sowie die wichtigsten Konfliktpunkte<br />
aus Sicht der Teilnehmer, schriftlich festgelegt. Die Teilnehmer verpflichteten<br />
sich zur Vertraulichkeit mit offen gelegten Informationen, Veröffentlichungen wurden<br />
<strong>von</strong> der Mediationsgruppe im Konsens erstellt. Jeder Teilnehmer hatte das Recht,<br />
jederzeit aus dem Verfahren auszusteigen, so dass bei einem Wegfall maßgeblicher<br />
Verhandlungsparteien, eine Fortsetzung des Mediationsverfahrens nicht mehr sinnvoll<br />
gewesen wäre. Obwohl der erzielte Konsens keinen rechtsverbindlichen Charakter<br />
besitzt, haben sich nahezu alle beteiligten Parteien zum Abschluss des Mediationsverfahrens<br />
in einem Mediationsvertrag schriftlich verpflichtet, das ausgehandelte<br />
Mediationsergebnis zu akzeptieren (s. Kap. 5.2.5, vgl. [76]). Zur Fortsetzung<br />
des Dialogs <strong>und</strong> der Information wurde als „Nachfolgeorganisation“ in Form eines<br />
Vereins, das sog. Dialogforum Flughafen Wien gegründet. Sollten in Zukunft Streitfälle<br />
auftreten, die nicht im Dialogforum geklärt werden können, regelt ein spezieller<br />
Schiedsgerichtsvertrag das weitere Vorgehen [144].<br />
46
4 <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnen (Runways)<br />
Eine S/L-Bahn ist gemäß der ICAO als ein definiertes, rechtwinkliges Areal eines<br />
Flughafens beschrieben, das aufgr<strong>und</strong> der baulichen Ausführungen zum <strong>Start</strong>en <strong>und</strong><br />
Landen <strong>von</strong> Flugzeugen geeignet ist. Eine ausschließliche Bestimmung entweder als<br />
S- oder als L-Bahn ist jedoch ebenfalls möglich [41].<br />
Das S/L-Bahn-System soll einen mind. 95-%igen sog. Nutzbarkeitsfaktor (usability<br />
factor [41]) des Flughafens garantieren. Entsprechend müssen Anzahl <strong>und</strong> Ausrichtungen<br />
der S/L-Bahnen bestimmt werden, so dass die notwendige Leistungsfähigkeit<br />
des S/L-Bahn-Systems bei fast allen Rahmenbedingungen (Wetter, Spitzenst<strong>und</strong>e,<br />
Flugzeugmix usw.) zur Verfügung steht.<br />
Aufgr<strong>und</strong> des hohen Flächenbedarfs <strong>und</strong> der maßgeblichen Auswirkungen auf das<br />
Flughafenumland stellt das S/L-Bahn-System die unbestritten wichtigste Komponente<br />
eines Verkehrsflughafens dar. Gleichzeitig ist durch das realisierte S/L-Bahn-System<br />
der Rahmen <strong>für</strong> die maximal abwickelbare Flugzeuganzahl pro Zeiteinheit (<strong>Start</strong>s <strong>und</strong><br />
Landungen pro St<strong>und</strong>e) <strong>und</strong> damit die maximale Kapazität des Flughafens vorbestimmt.<br />
4.1 Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Mit der allgemeinen baulichen Dimensionierung der jeweiligen S/L-Bahn (Länge,<br />
Breite u. Tragfähigkeit) wird bereits vorab eine Festlegung getroffen, welche Flugzeugkategorien<br />
überhaupt eingesetzt werden können. Weiterhin kann dadurch bereits<br />
eine ausschließliche Nutzungsart als S- oder L-Bahn vorbestimmt sein.<br />
Bei größeren Verkehrsflughäfen mit mehreren S/L-Bahnen ist die jeweilige Konfiguration<br />
in Verbindung mit der sog. Betriebsrichtung entscheidend. Ist der Flugbetrieb<br />
unabhängig <strong>von</strong>einander, parallel auf jeder S/L-Bahn abwickelbar, dann kann die<br />
theoretische Gesamtleistungsfähigkeit unmittelbar als Summe der Leistungsfähigkeiten<br />
(Kapazitäten) der einzelnen S/L-Bahnen gewonnen werden. Besteht eine gegenseitige<br />
Abhängigkeit, so ist nur ein sog. koordinierter Flugbetrieb möglich. Es er-<br />
47
gibt sich damit zwangsläufig eine Abminderung der theoretisch aufaddierten Gesamtleistungsfähigkeit<br />
im Betrieb (s. Kap. 4.2).<br />
Die Betriebsrichtung ist windabhängig, d.h. <strong>Start</strong>s <strong>und</strong> Landungen erfolgen in der<br />
Regel entgegengesetzt zur Windrichtung. Die statistische Verteilung der Betriebsrichtungen<br />
lässt sich anhand der meteorologischen Gegebenheiten am Flughafenstandort<br />
ermitteln. Aufgr<strong>und</strong> dieser Tatsache existieren meist betriebsrichtungsspezifische<br />
Kapazitätspotentiale.<br />
Weiterhin beeinflussen zahlreiche Faktoren im Bereich der Betriebskoordination, wie:<br />
Flugzeugmix, Flugroutenwahl, An- u. Abflugverfahren (ILS), Sicherheitsbestimmungen<br />
(Mindestabstände), Wahl <strong>und</strong> Länge der Rollwege zu den Abfertigungspositionen<br />
usw. die Gesamtleistungsfähigkeit <strong>und</strong> verringern nochmals die in der Praxis<br />
abwickelbare Flugzeuganzahl pro Zeitfenster.<br />
4.1.1 Aerodrome Reference Code (ARC)<br />
Im ICAO-Annex 14 werden Verkehrsflughäfen nach dem Aerodrome Reference Code<br />
(ARC) klassifiziert [41]. Dieser Mischcode setzt sich aus zwei Komponenten zusammen,<br />
erstens aus einer Ziffer, die sich auf die sog. <strong>Start</strong>bahnbezugslänge bezieht (s.<br />
Kap. 4.1.3), zweitens aus einem Buchstaben, dem Flugzeugcode, der unmittelbar die<br />
maximalen Dimensionen (Spannweite, Fahrwerksabstände usw.) der einsetzbaren<br />
Flugzeugtypen festlegt (s. Abb. 9). In Anlehnung an den ARC sind konkrete Anforderungen<br />
an die Bemessungsparameter <strong>für</strong> Flugbetriebsflächen definiert (z.B. Breite<br />
der S/L-Bahn, Dimensionierung der Rollbahnen).<br />
Die Aussage über die notwendige Tragfähigkeit <strong>und</strong> somit der Verkehrsflächenbefestigung<br />
(„Schichtenaufbau“) des S/L-Bahn-Systems ist kein unmittelbarer Bestandteil<br />
des ARC. Die Tragfähigkeit wird in Abhängigkeit vom Bemessungsflugzeug <strong>und</strong> der<br />
Nutzungsintensität nach dem sog. PCN/ACN-Verfahren der ICAO ermittelt [16, 23,<br />
42]. Für die eigentliche Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten spielt sie lediglich eine<br />
untergeordnete Rolle im Bereich der Baukosten (s. Kap. 4.4) <strong>und</strong> wird im Weiteren<br />
nicht näher erläutert.<br />
48
Der Flugzeugcode wurde mittlerweile um den Buchstaben F erweitert. Diese Einstufung<br />
bedeutet eine Flügelspannweite <strong>von</strong> 65 m bis kleiner 80 m <strong>und</strong> eine maximale<br />
Hauptfahrwerksbreite <strong>von</strong> 14 m bis kleiner 16 m. Der neue Airbus A 380 ist entsprechend<br />
seinen Ausmaßen (Anl. 3/1) mit diesem Reference Code <strong>von</strong> 4 F eingestuft.<br />
Aerodrome reference code<br />
Code element 1 Code element 2<br />
Code<br />
number<br />
(1)<br />
Aeroplane reference<br />
field length<br />
(2)<br />
Code<br />
letter<br />
(3)<br />
Wing span<br />
(4)<br />
Outer main gear<br />
wheel span*<br />
(5)<br />
1 Less than 800 m A<br />
Up to but not<br />
including 15 m<br />
Up to but not<br />
including 4,5 m<br />
2<br />
800 m up to but not<br />
including 1.200 m<br />
B<br />
15 m up to but not<br />
including 24 m<br />
4,5 m up to but not<br />
including 6 m<br />
3<br />
1.200 m up to but not<br />
including 1.800 m<br />
C<br />
24 m up to but not<br />
including 36 m<br />
6 m up to but not<br />
including 9 m<br />
4 1.800 m and over D<br />
E<br />
F<br />
36 m up to but not<br />
including 52 m<br />
52 m up to but not<br />
including 65 m<br />
65 m up to but not<br />
including 80 m<br />
9 m up to but not<br />
including 14 m<br />
9 m up to but not<br />
including 14 m<br />
14 m up to but not<br />
including 16 m<br />
a. Distance between the outside edges of the main gear wheels<br />
Abb. 9: Kategorisierung nach dem Aerodrome Reference Code (ARC) der ICAO [42]<br />
4.1.2 Funktion, Ausrichtung <strong>und</strong> Benennung<br />
Bei einem S/L-Bahn-System mit mehreren S/L-Bahnen wird bei der Funktion unterschieden<br />
zwischen:<br />
- Haupt-S/L-Bahn (primary runway) <strong>und</strong><br />
- Neben-S/L-Bahn (secondary runway).<br />
Die primary runway wird stets gegenüber den anderen S/L-Bahnen bevorzugt <strong>und</strong> ist<br />
nach den Erfordernissen des maßgebenden, in der Regel größten Flugzeuges konzipiert<br />
(Bemessungsflugzeug). Deshalb wird das im Vergleich leistungsfähigste ILS installiert<br />
(CAT-Einstufungen, Anl. 14). Um eine optimale Nutzbarkeit der primary runway<br />
zu gewährleisten, ist sie meist nach der Hauptwindrichtung ausgerichtet.<br />
49
Die secondary runway sollte in ihrer Dimensionierung der primary runway entsprechen.<br />
Es kann jedoch aufgr<strong>und</strong> des speziellen Flugzeugmixes an einem Flughafenstandort<br />
durchaus sinnvoll sein, die secondary runway als „kürzere Parallel-S/L-<br />
Bahn“ zu realisieren, auf der nur kleinere Flugzeugtypen abgewickelt werden. Somit<br />
können auf der primary runway Kapazitätsreserven <strong>für</strong> größere Flugzeugtypen „frei“<br />
gemacht werden. Größere Verkehrsflughäfen, z.B. der Flughafen München, besitzen<br />
sogar zwei artgleiche, sog. parallel primary runways [42].<br />
Die secondary runway kann auch als sog. Querwind-S/L-Bahn (cross-wind runway)<br />
konfiguriert sein. Nach den Richtlinien der ICAO [41] sind beispielsweise <strong>für</strong> eine<br />
äquivalente Bahnlänge (s. Kap. 4.1.3) <strong>von</strong> 1.500 m oder darüber <strong>Start</strong>s <strong>und</strong> Landungen<br />
bei einer Querwindkomponente <strong>von</strong> mehr als 20 Knoten (10,3 m/s) untersagt.<br />
Als Querwindkomponente wird der rechtwinklig zur S/L-Bahn-Mittellinie auftretende<br />
Bodenwind bezeichnet. Sollte es Zeiträume geben in denen die primary runway wegen<br />
zu starkem Querwind nicht betrieben bzw. nur eingeschränkt genutzt werden<br />
kann <strong>und</strong> liegt dadurch der geforderte usability factor der ICAO unter 95 %, dann ist<br />
eine cross-wind runway zwingend erforderlich. In diesem Fall erhält diese eine Ausrichtung<br />
quer zur primary runway (s. Kap. 4.2). In Anl. 20 ist die optimale Ausrichtung<br />
einer primary runway sowie der notwendigen cross-wind runway anhand der vorherrschenden<br />
Windrichtungs- <strong>und</strong> Windstärkenverteilungen dargestellt.<br />
Wie bereits beschrieben, ist die Ausrichtung einer S/L-Bahn hauptsächlich windrichtungsabhängig.<br />
Es können jedoch zusätzlich topographische Gegebenheiten <strong>und</strong>/<br />
oder eine nicht in ausreichendem Maße vorhandene Hindernisfreiheit Abweichungen<br />
<strong>von</strong> der idealen Ausrichtung notwendig machen.<br />
Die Benennung erhält die S/L-Bahn nach der jeweiligen Aus- <strong>und</strong> Betriebsrichtung,<br />
indem die Ausrichtung zum geographischen Nordpol in Altgrad durch 10 geteilt <strong>und</strong><br />
kaufmännisch ger<strong>und</strong>et wird. D.h. verläuft die S/L-Bahn in Nord-Süd Richtung, so<br />
wird sie in Betriebsrichtung Süd als „18“, in Betriebsrichtung Nord als „36“ benannt,<br />
folglich ist dies eine Nutzungsänderung um 180° bzw. 18. Existieren zwei parallele<br />
S/L-Bahnen, dann wird der rechten Bahn der Buchstabe „R“ (R = right) hinzugefügt<br />
<strong>und</strong> der linken Bahn ein „L“ (L = left). Sollte eine weitere, dritte Parallelbahn vorhanden<br />
sein, erhält die mittlere Bahn ein „C“ als Kennzeichnung (C = center). Beispiels-<br />
50
weise besitzt der Flughafen Frankfurt Rhein Main ein Parallelbahnsytem aus S/L-<br />
Bahnen der betriebsrichtungsabhängigen Bezeichnungen 07L/25R <strong>und</strong> 07R/25L sowie<br />
eine zusätzliche S-Bahn 18 (sog. S-Bahn „West“) [5].<br />
4.1.3 Längenberechnung<br />
Bei den Leistungsdaten <strong>von</strong> Flugzeugtypen werden gr<strong>und</strong>sätzlich die Längen der<br />
erforderlichen <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landestrecken in Bezug auf eine standardisierte <strong>Start</strong>bahnbezugslänge<br />
(Referenzlänge) angegeben. Die bei der Referenzlänge zugr<strong>und</strong>e liegenden<br />
Normbedingungen müssen mit Hilfe <strong>von</strong> Korrekturfaktoren (gem. ICAO [42])<br />
an die Umgebungsbedingungen am Flughafenstandort angepasst werden. Zur Berechnung<br />
der notwendigen S/L-Bahn-Länge müssen Korrekturfaktoren berücksichtigt<br />
werden:<br />
- Bahnneigung (Gradient),<br />
- Höhe über dem Meeresspiegel (ü. NN) <strong>und</strong><br />
- Temperatur.<br />
Abschließend erfolgt die Multiplikation zu einem Gesamtfaktor.<br />
Der Korrekturfaktor aus der Bahnneigung (K Grad ) wird über den Gradienten (Längsneigung<br />
der Bahn) ermittelt. Prinzipiell hat die Höhendifferenz zwischen Abroll- <strong>und</strong><br />
Endpunkt <strong>und</strong> das damit verb<strong>und</strong>ene verminderte Beschleunigungsvermögen eines<br />
startenden Flugzeugs zur Folge, dass eine längere <strong>Start</strong>strecke benötigt wird. Pro<br />
Prozent der Bahnneigung verlängert sich somit die <strong>Start</strong>strecke um 10 % [42].<br />
(h<br />
Gradient [%] = 100 •<br />
Abroll<br />
[m] − h<br />
l [m]<br />
Bahn<br />
Ende<br />
[m])<br />
(1)<br />
K Grad [-] = 1 +<br />
Gradient<br />
10<br />
[%]<br />
(2)<br />
Mit zunehmender Höhe über dem Meeresspiegel sinken Luftdichte <strong>und</strong> Luftdruck.<br />
Zum einen vermindert sich dadurch die Leistung der Flugzeugtriebwerke, zum anderen<br />
verschlechtert sich das Auftriebsvermögen der Tragflächen; die <strong>Start</strong>strecke verlängert<br />
sich abermals. Gemäß ICAO ist eine 7-%ige S/L-Bahn-Verlängerung pro<br />
51
300 m Höhe ü. NN vorzunehmen. Der Korrekturfaktor aufgr<strong>und</strong> der Höhe ü. NN<br />
(K Höhe ) errechnet sich aus [42]:<br />
H<br />
K Höhe [-] = 1 + 0,07 • Platz<br />
[m]<br />
(3)<br />
300 m<br />
Dabei steht H Platz [m] <strong>für</strong> die Höhe des sog. Flughafenbezugspunktes ü. NN. Dieser<br />
liegt in der Mitte der S/L-Bahn-Flächen <strong>und</strong> kann sich bei Ausbauvorhaben in Position<br />
<strong>und</strong> somit der Höhe ü. NN verändern.<br />
Der bei zunehmender Höhe ü. NN beschriebene Effekt wird durch eine zunehmende<br />
Temperatur verstärkt, da bei konstantem Luftdruck die Luftdichte bei höherer Temperatur<br />
sinkt. Außerdem ist <strong>für</strong> die Effektivität bei Strahltriebwerken die Temperaturdifferenz<br />
zwischen Brennkammer <strong>und</strong> Umgebungsluft <strong>von</strong> Bedeutung, d.h. steigende<br />
Temperaturen führen zu einer Leistungsminderung. Zur Berechnung des Korrekturfaktors<br />
<strong>für</strong> die Temperatur (K Temp ) wird zunächst die Referenztemperatur einer Standardatmosphäre<br />
(T ST ) auf Höhe des Flughafenbezugspunktes berechnet [42].<br />
T ST [°C] = 15°C – 6,5°C •<br />
H Platz<br />
[m]<br />
(4)<br />
1.000 m<br />
Für jedes °C, das die Bezugstemperatur über der ermittelten Referenztemperatur<br />
liegt, wird die <strong>Start</strong>strecke jeweils um 1 % erhöht. Es resultiert [42]:<br />
K Temp [-] = 1 +<br />
0,01<br />
• (T Bezug [°C] - T ST [°C]) (5)<br />
1°<br />
C<br />
Zur Ermittlung des Korrekturgesamtfaktors werden die einzelnen Korrekturfaktoren<br />
multipliziert:<br />
K ges [-] = K Grad [-] • K Höhe [-] • K Temp [-] (6)<br />
Bei der Anwendung des Verfahrens auf deutsche Verkehrsflughäfen ergibt sich<br />
rechnerisch meist ein Gesamtfaktor größer als 1,25, d.h. die S/L-Bahn-Längen liegen<br />
entsprechend mehr als 25 % über den normierten Bedingungen der ICAO (s. Berechnungsbeispiel<br />
Flughafen Frankfurt-Hahn, Anl. 21).<br />
52
4.2 Leistungsfähigkeit (Kapazität/Funktionalität)<br />
Die Leistungsfähigkeit eines S/L-Bahn-Systems stellt keine feste Größe dar, sondern<br />
variiert entsprechend dem Flugzeugmix <strong>und</strong> der „Wetterlage“. Entscheidend ist die<br />
prozentuale zur Verfügung stehende Kapazität bei optimalen bis ungünstigen Bedingungen.<br />
In Abb. 10 ist dies am Beispiel des Flughafens Boston/Logan (USA) anhand<br />
eines „Beanspruchungsprofils“ dargestellt.<br />
Abb. 10: „Beanspruchungsprofil“ des Flughafens Boston/Logan (USA) [19]<br />
Anhand der prognostizierten maßgeblichen Spitzenst<strong>und</strong>enbelastung wird unter der<br />
Prämisse eines usability factors <strong>von</strong> mind. 95 % ein Mindestbedarf an Kapazität <strong>für</strong><br />
das zukünftige S/L-Bahn-System definiert. Die praktisch stündliche Kapazität wird<br />
dabei zusätzlich <strong>von</strong> der Funktionalität des gesamten S/L-Bahn-Systems beeinflusst,<br />
d.h. <strong>von</strong> der Konfiguration des Rollbahnsystems <strong>und</strong> der Vorfeldanbindung (vgl.<br />
Kap. 6.2.3.1). Eine Vorhersage über die in der Praxis realisierbare Leistungsfähigkeit<br />
eines S/L-Bahn-Systems ist wegen der zahlreichen Einflussfaktoren (s. Kap. 4.1),<br />
insbesondere bei großen Verkehrsflughäfen, nur mit Hilfe <strong>von</strong> Simulationsmodellen<br />
53
zw. -programmen annähernd möglich (z.B.: RDSIM = Runway Delay Simulation<br />
Model). Zur Findung in Frage kommender S/L-Bahn-Varianten ist jedoch zunächst<br />
ein Vergleich der theoretisch abwickelbaren Anzahl <strong>von</strong> Flugzeugen pro St<strong>und</strong>e ohne<br />
betriebliche Zwänge ausreichend. Bei der späteren Bewertung der Varianten fließen<br />
sowohl die aus Detailuntersuchungen gewonnenen kapazitiven Unterschiede als<br />
auch die flugbetriebliche Funktionalität des S/L-Bahn-Systems mit ein.<br />
Um die vorhandenen Kapazitäten an bestehenden großen Verkehrsflughäfen optimal<br />
ausnützen zu können, werden Zeitfenster zum <strong>Start</strong>en <strong>und</strong> Landen (Slots) an die<br />
Fluggesellschaften vergeben. Der in Einvernehmen mit dem BMVBS, der DFS, den<br />
Flughafenbetreibern <strong>und</strong> Fluggesellschaften bestimmte Koordinationseckwert eines<br />
Flughafens begrenzt die Anzahl der Slots pro St<strong>und</strong>e. Mit dem Koordinationseckwert<br />
wird somit die maximal zur Verfügung stehende S/L-Bahn-Kapazität eines Flughafens<br />
festgesetzt.<br />
4.2.1 Konfigurationen<br />
In weiten Bereichen der Luftverkehrsinfrastrukturplanung gibt es kein allgemein gültiges<br />
Schema. Verschiedenartige Rahmenbedingungen, Gegebenheiten, Ansätze <strong>und</strong><br />
Philosophien führen deshalb gerade bei den S/L-Bahnen zu unterschiedlichen Konfigurationen.<br />
Vom Gr<strong>und</strong>satz her lassen sich fünf S/L-Bahn-Systeme unterscheiden:<br />
- Einbahnsysteme,<br />
- Parallelbahnsysteme,<br />
- Kreuzungsbahnsysteme,<br />
- V-Bahnsysteme <strong>und</strong><br />
- Kombinierte Bahnsysteme (Anl. 22).<br />
Einbahnsysteme stellen die „einfachste“ Struktur dar. Einerseits kann die Kapazität,<br />
aufgr<strong>und</strong> nicht vorhandener Abhängigkeiten <strong>von</strong> anderen Bahnen, relativ einfach bestimmt<br />
werden, andererseits besteht im Fall einer Bahnerweiterung das geringste<br />
Konfliktpotential.<br />
Bei Parallelbahnsystemen sind die Bahnabstände sowie der Versatz untereinander<br />
<strong>von</strong> Bedeutung (s. Anl. 22/1 u. Abb. 11). Man differenziert zwischen nahem, mittlerem<br />
<strong>und</strong> weitem Bahnabstand (close, intermediate, far). Im Fall eines Bahnabstandes<br />
54
über 1.525 m sind die S/L-Bahnen unabhängig <strong>von</strong>einander nutzbar. Dieser Abstand<br />
kann unter Nutzung eines sog. Präzisionsanflugradars (PRM – precision runway monitoring)<br />
auf bis zu 1.035 m reduziert werden. Auf europäischen Flughäfen ist dieses<br />
System jedoch zz. weder erprobt noch behördlich zur Nutzung zugelassen [33]. S/L-<br />
Bahn-Systeme mit mehr als vier unabhängigen Parallelbahnen sind derzeit lediglich<br />
in der Planung.<br />
Abb. 11: Prinzipskizze eines Parallelbahnsystems, Horonjeff/McKelvey [40]<br />
Die anderen Bahnsysteme (Kreuzungs-, V- u. Kombinierte Bahnsysteme) ergeben<br />
sich zwangsläufig, meistens aufgr<strong>und</strong> meteorologischer <strong>und</strong> geographischer Gegebenheiten<br />
(usability factor > 95 %). Kennzeichen der anderen Systeme ist oft, dass<br />
zeitweise lediglich eine Bahn genutzt werden kann (Querwindsituation, Kap. 4.1.2).<br />
Weiterhin ist die zur Verfügung stehende Kapazität dieser S/L-Bahn-Systeme stark<br />
<strong>von</strong> der Betriebsrichtung abhängig. Bei Kreuzungsbahnsystemen kommt als zusätzliches<br />
Kriterium die Lage des Schnittpunktes hinzu. Es gilt: Je weiter der Schnittpunkt<br />
<strong>von</strong> den S/L-Bahn-Enden entfernt liegt, desto geringer ist die nutzbare Kapazität<br />
(Abb. 12) [40].<br />
TO = take off direction<br />
L = landing direction<br />
Abb. 12: Prinzipskizze eines Kreuzbahn-/V-Bahnsystems, Horonjeff/McKelvey [40]<br />
55
Die Endausbaugröße bzw. Erweiterungsfähigkeit eines S/L-Bahn-Systems ist durch<br />
zwei Faktoren begrenzt:<br />
a) die max. praktikable Rollweglänge (Empfehlung der ICAO: < 5 km),<br />
b) die technische Koordinierbarkeit.<br />
Je mehr S/L-Bahnen gleichzeitig betrieben werden, desto länger werden naturgemäß<br />
die Rollwege <strong>und</strong> desto exponentiell schwieriger gestaltet sich die Koordination des<br />
Luftverkehrs. De facto sind die Effizienz <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit <strong>von</strong> unabhängig betriebenen<br />
Mehrbahnsystemen nur bis zu einer bestimmten Grenze vorhanden. Deshalb<br />
ist die Erweiterung eines S/L-Bahn-Systems nicht ad infinitum möglich.<br />
4.3 Umweltauswirkungen<br />
Sämtliche Umweltauswirkungen sind <strong>von</strong> individuellen Standortfaktoren abhängig<br />
<strong>und</strong> müssen sowohl nach ihrer Quantität als auch Qualität beurteilt werden (UVP).<br />
Der Untersuchungsrahmen kann in der Vorbereitungsphase der Planfeststellung in<br />
einem sog. Scoping-Verfahren (engl. scope = Rahmen, Umfang: vgl. § 5 UVPG,<br />
„Soll-Vorschrift“ [138]) zwischen Vorhabensträger <strong>und</strong> den zuständigen Behörden<br />
festgelegt werden. Ziel ist es, die spätere Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) entscheidungsorientiert<br />
<strong>und</strong> beschleunigt durchführen zu können.<br />
Getrennt da<strong>von</strong> wird die Anzahl der durch den Ausbau betroffenen bzw. mehr belasteten<br />
Personen ermittelt. Entsprechend des jeweiligen Belastungsniveaus muss<br />
der Flughafenbetreiber Entschädigungsleistungen tätigen (Lärmschutzmaßnahmen<br />
usw.). Die Bemessungsgr<strong>und</strong>lagen werden im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens<br />
festgesetzt. Die Bewertung des Ausgleichs <strong>und</strong> die Bemessung der Abgabe bei<br />
Eingriffen in die Natur <strong>und</strong> Landschaft sind ebenfalls schwierig, da eine Kompensierung<br />
der Beeinträchtigungen nur annähernd erreicht werden kann.<br />
Deshalb enthält der Bereich der Umweltauswirkungen erheblichen Konfliktstoff, der<br />
möglichst umfassend zwischen Be<strong>für</strong>wortern <strong>und</strong> Gegnern des Ausbaus ausdiskutiert<br />
werden sollte, zumal die „exakte“ Prognose umstritten sowie die „objektive“ Erfassung<br />
der Umweltauswirkungen problematisch ist. Abwägungen <strong>und</strong> Gewichtungen<br />
fallen in der Praxis oftmals unterschiedlich aus, da keine einheitlichen Gesetze oder<br />
56
Richtlinien auf Länderebene existieren. Die Individualität der Bemessungshöhen<br />
macht einen Vergleich unmöglich.<br />
Im Fall einer Flughafenerweiterung ist sowohl ein Planfeststellungsverfahren als auch<br />
eine integrierte UVP gesetzlich vorgeschrieben (§ 8 LuftVG, s. Kap. 3.5). Zum Vergleich<br />
der Umweltauswirkungen wird der sog. „Prognosenullfall“ (Entwicklung ohne<br />
Ausbau) als Referenzvariante der jeweiligen Planungsvariante gegenübergestellt.<br />
Im Rahmen der UVP (Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG) werden<br />
Umweltauswirkungen umfassend analysiert, <strong>Planungsvarianten</strong> untereinander<br />
verglichen <strong>und</strong> bewertet. Das Ergebnis der UVP fließt als Entscheidungshilfe in das<br />
Planfeststellungsverfahren mit ein. Inwieweit die Umweltauswirkungen tolerierbar<br />
sind, spiegelt sich im abschließenden Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses wider<br />
<strong>und</strong> hat letztendlich, auch einen politischen Charakter.<br />
4.3.1 Fluglärm<br />
Die größte Wirkung des Luftverkehrs auf die Bevölkerung, speziell die Wohnbevölkerung<br />
im Flughafenumland, ist der Fluglärm. Der Begriff Fluglärm bezieht sich dabei<br />
auf den <strong>von</strong> startenden, landenden oder sich im Flug befindenden Flugzeugen erzeugten<br />
Lärm (Umweltb<strong>und</strong>esamt [140]). Rollen zu bzw. <strong>von</strong> der S/L-Bahn, Triebwerksprobeläufe<br />
usw. werden zum Bodenlärm gezählt <strong>und</strong> sind Bestandteil des Gewerbelärms.<br />
Die diesbezügliche Regelung erfolgt anhand der Technischen Anleitung<br />
zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm).<br />
Die Erweiterung eines S/L-Bahn-Systems führt in der Regel zur Vergrößerung der<br />
durch Fluglärm betroffenen Fläche (sog. Lärmteppich) <strong>und</strong> der dadurch in Mitleidenschaft<br />
gezogenen Bevölkerung. Es besteht aber durchaus die Möglichkeit, durch Änderungen<br />
der S/L-Bahn-Ausrichtungen oder der betrieblichen Abläufe, „Lärmteppiche“<br />
zu verschieben bzw. sogar in der Intensität abzumindern, so dass Anwohner<br />
effektiv entlastet werden. Bei der Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten kommt deshalb<br />
der variantenabhängigen Erfassung der Beeinträchtigung <strong>von</strong> Fluglärm eine besondere<br />
Rolle zu.<br />
57
Nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (sog. Fluglärmgesetz), ist <strong>für</strong> sämtliche<br />
Verkehrsflughäfen in Deutschland jeweils ein Lärmschutzbereich außerhalb des<br />
Flughafengeländes festgesetzt. Dieser ist in zwei Zonen unterteilt. Zum einen in die<br />
Schutzzone 1, die ein Terrain mit einem äquivalenten Dauerschallpegel <strong>von</strong> über<br />
75 dB(A) umfasst, zum anderen in die Schutzzone 2, die ein Gebiet mit über<br />
67 dB(A) bis einschließlich 75 dB(A) äquivalentem Dauerschallpegel abdeckt (s. § 2<br />
FluLärmG [140]). Der äquivalente Dauerschallpegel (L eq ) beschreibt dabei ein Maß<br />
<strong>für</strong> eine „durchschnittliche“ Lärmbelastung, bei der einzelne Schallereignisse ohne<br />
Rücksicht auf deren tatsächliche Häufigkeit, Dauer <strong>und</strong> Intensität in einem energieäquivalenten,<br />
ununterbrochen anhaltenden „Dauerschall“ konstanter Höhe umgerechnet<br />
werden. Die gem. § 3 FluLärmG vorgesehenen Berechnungsschritte zur Ermittlung<br />
des L eq sind in Anl. 23 dargestellt.<br />
Entsprechend den Lärmschutzzonen sind gem. §§ 5 u. 6 FluLärmG bauliche Beschränkungen<br />
<strong>und</strong>/oder Bauverbote festgelegt, um die Bevölkerung präventiv zu<br />
schützen. Der Flughafenbetreiber ist verpflichtet, die mit den Schutzzonen verb<strong>und</strong>enen<br />
Wertminderungen <strong>von</strong> Gr<strong>und</strong>stücken finanziell zu entschädigen. Zusätzlich sind<br />
<strong>für</strong> bereits vorhandene Bebauung Schallschutzmaßnahmen anzuordnen.<br />
In der Praxis trifft der Flughafenbetreiber oft zusätzliche, umfangreiche Vereinbarungen<br />
(sog. untergesetzliche Regelungen) mit den Genehmigungsbehörden, Gemeinden,<br />
Bürgerinitiativen, Anwohnern usw., damit Erweiterungsprojekte im „Einvernehmen“<br />
<strong>und</strong> ohne zeitliche Verzögerungen realisiert werden können <strong>und</strong> parallel dazu<br />
ein „Optimum“ an Schutz- <strong>und</strong> Ausgleichmaßnahmen gewährleistet wird.<br />
Da das bestehende Fluglärmgesetz bereits seit dem 30.03.1971 in Kraft ist, entspricht<br />
es nicht mehr dem heutigen Stand der Technik <strong>und</strong> den Anforderungen des<br />
Lärmschutzes. Deshalb arbeitet die B<strong>und</strong>esregierung an einer Novellierung des Gesetzes.<br />
Erklärtes Ziel ist die Modernisierung, d.h. konkret:<br />
- eine deutliche Reduzierung der Grenzwerte <strong>für</strong> Fluglärm,<br />
- die Differenzierung zwischen Tag- <strong>und</strong> Nacht-Schutzzonen,<br />
- eine zusätzliche Reduzierung bei Neubau- <strong>und</strong> wesentlichen Erweiterungsvorhaben,<br />
58
- eine stärkere Harmonisierung mit den Lärmschutzanforderungen <strong>für</strong> Straßen<strong>und</strong><br />
Schienenverkehr,<br />
- die Einbeziehung aller Flugplätze mit mehr als 25.000 <strong>Start</strong>s u. Landungen im<br />
Jahr (inklusive militärische Flugplätze),<br />
- den Anspruch auf qualitativ hochwertigen Schallschutz,<br />
- die Einführung eines wirkungsgerechten Ermittlungs- <strong>und</strong> <strong>Bewertungsverfahren</strong>s<br />
<strong>für</strong> Fluglärm,<br />
- die verstärkte Einbindung betroffener Bürger in Beratungs- <strong>und</strong> Entscheidungsgremien,<br />
- die regelmäßige Veröffentlichung der Messdaten <strong>von</strong> Fluglärmüberwachungsanlagen.<br />
Mit der Vorlage eines Gesetzesentwurfs zur Novellierung des Gesetzes zum Schutz<br />
gegen Fluglärm hat das B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit<br />
(BMU) am 22.06.2004 das Beteiligungsverfahren eingeleitet [11, 94]. Was<br />
jedoch schlussendlich als Gesetz beschlossen werden kann, ist fraglich. In der Legislaturperiode<br />
<strong>von</strong> 1998 bis 2002 ist die Novellierung am Widerstand des Verkehrsministeriums<br />
<strong>und</strong> der Luftfahrtindustrie gescheitert.<br />
4.3.2 Luftverschmutzung/Schadstoffbelastung<br />
Zur Ermittlung der ausbaubedingten, zusätzlichen Schadstoffbelastungen müssen<br />
generell alle Emissionsquellen betrachtet werden, so dass eine prognostizierte Gesamtbelastung<br />
des unmittelbaren Flughafenumlandes ermittelt werden kann. Zu den<br />
Emissionsquellen gehören:<br />
- Luftfahrzeuge,<br />
- an die Flugzeuge gekoppelte technische Einrichtungen (Hilfstriebwerke o.ä.),<br />
- innerbetrieblicher Verkehr (Versorgungs- u. Servicefahrten)<br />
- flughafenbedingter Quell- <strong>und</strong> Zielverkehr durch Kraftfahrzeuge,<br />
- Kraftfahrzeugverkehr auf den wichtigsten Straßen in der Flughafenumgebung<br />
(vgl. [47]).<br />
Die zu betrachtenden Schadstoffkomponenten sind in einer speziellen Datenbank<br />
der ICAO erfasst. Weitere werden aus toxikologischen Gründen zusätzlich ausge-<br />
59
wählt <strong>und</strong> in die Betrachtung einbezogen. Als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> eine einheitliche Bewertung<br />
<strong>und</strong> Einstufung <strong>von</strong> Schadstoffimmissionen dienen Grenzwerte. Aufgr<strong>und</strong><br />
<strong>von</strong> Luftqualitätsleitlinien der WHO (Unterorganisation der UNO) <strong>für</strong> Europa wurden<br />
EU-Richtlinien mit entsprechenden Grenzwerten erarbeitet. Diese sind als rechtsverbindliche<br />
Normen in der B<strong>und</strong>esimmissionsschutzverordnung (BImSchV) in deutsches<br />
Recht umgesetzt worden. Zusätzlich existieren Zielwerte, die zur langfristigen<br />
Qualitätsverbesserung angestrebt werden. Unterschiedlich hohe Schadstoffemissionen<br />
ergeben sich aus der Bahnausrichtung sowie den Rollweglängen. Bei einem<br />
überlasteten S/L-Bahn-System kann die Erweiterung zu positiven Effekten führen, da<br />
Wartezeiten der Flugzeuge am Boden <strong>und</strong> in der Luft reduziert werden können.<br />
Bei der Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten bzgl. der zusätzlichen Schadstoffbelastungen<br />
sind, im Gegensatz zum Fluglärm, meist keine gravierenden Variantenunterschiede<br />
feststellbar. Deshalb ist bei einem Ausbauvorhaben prinzipiell entscheidend,<br />
ob Grenzwerte überschritten werden <strong>und</strong> wieweit dies tolerierbar ist.<br />
4.3.3 Flächeninanspruchnahme<br />
Je nach Flughafenstandort kann der Flächenbedarf sowie die indirekte Inanspruchnahme<br />
<strong>von</strong> weiteren Flächen, z.B. durch Nutzungs-/Baubeschränkungen oder zur<br />
Gewährleistung der Hindernisfreiheit, das schärfste Hinderniskriterium darstellen. Für<br />
jede S/L-Bahn-Variante kann man einerseits den anlagebedingten Gesamtflächenbedarf<br />
sowie die involvierte Fläche außerhalb des Flughafengeländes ermitteln <strong>und</strong><br />
diese weiter aufschlüsseln nach ökologischen Gesichtspunkten, den Besitzverhältnissen,<br />
der vorgesehenen Nutzung („Planungen Dritter“) usw. Andererseits ist die Art<br />
<strong>und</strong> Weise der Folgenutzung wichtig, ob <strong>und</strong> wie viel der benötigten Fläche z.B. versiegelt<br />
wird oder als Grünfläche bestehen bleibt.<br />
Die Realisierbarkeit einer S/L-Bahn-Variante muss dann in Frage gestellt werden,<br />
wenn Flächen durch das Ausbauvorhaben tangiert werden, die in einem vorab festgelegten<br />
Ausschlussbereich liegen („Tabu-Flächen“). Die Definition dieser nicht nutzbaren<br />
Flächen ist schwierig, denn die Unverletzlichkeit bzw. Unantastbarkeit einer<br />
Fläche hat vom Prinzip her auch einen Preis. Dieser liegt jedoch meist um ein vielfaches<br />
über dem theoretischen Wiederbeschaffungswert (Marktwert), so dass in der<br />
Regel die Realisierung entsprechender S/L-Bahn-Varianten vermieden wird.<br />
60
Vorbeugende Maßnahmen im Rahmen der Landes- <strong>und</strong> Regionalplanung zur Festlegung<br />
<strong>von</strong> Vorbehaltsgebieten <strong>für</strong> einen Flughafenausbau (Anl. 19), können in diesem<br />
Bereich das Konfliktpotential minimieren <strong>und</strong> dem Flughafenbetreiber eine gewisse<br />
Planungssicherheit geben. Ein zeitgerechter Dialog zwischen den einzelnen<br />
Parteien (Flughafenbetreiber, Gemeinden, Behörden usw.) ist deshalb unverzichtbar.<br />
4.3.4 Sonstiges<br />
Weitere relevante Umweltauswirkungen können sämtliche Umweltschutzgüter<br />
betreffen (UVPG): Tier- <strong>und</strong> Pflanzenwelt, Boden, Wasser, Landschaft, Kulturgüter<br />
usw. Die frühzeitige <strong>und</strong> komplette Erfassung aller relevanten Umweltauswirkungen<br />
ist zwingend notwendig, damit Verzögerungen im späteren Genehmigungsverfahren<br />
vermieden werden.<br />
Als Musterbeispiel <strong>für</strong> die Fehleinschätzung einer Umweltauswirkung kann die Risikobewertung<br />
eines Flugunfalls <strong>für</strong> die L-Bahn-Variante Nordwest am Flughafen<br />
Frankfurt Rhein Main angeführt werden (vgl. Kap. 5.2.4 u. Kap. 7.3). Die Frage nach<br />
der Wahrscheinlichkeit <strong>und</strong> dem Risiko eines Flugunfalls in Verbindung mit dem benachbarten<br />
Chemieunternehmen Ticona hat nachträglich zu einem erheblichen Klärungsbedarf<br />
geführt <strong>und</strong> stellt die Variantenwahl in Frage. Zur Behandlung des Risikoaspekts<br />
hat das BMU auf Antrag der Städte Kelsterbach <strong>und</strong> Hattersheim sowie<br />
der Ticona GmbH die Arbeitsgruppe „Flughafenausbau Frankfurt/Main“ gebildet. Das<br />
Ergebnis der Arbeitsgruppe ist rechtlich nicht bindend <strong>und</strong> als Empfehlung des BMU<br />
zu verstehen. Das Votum vom 30.01.2004 lautet wie folgt [94]:<br />
"Das Ausbauvorhaben Landebahn Nord-West am Flughafen Frankfurt/Main ist mit<br />
dem Betrieb der existierenden Anlagen am Standort Ticona nicht vereinbar. Die erwartete<br />
Störfallhäufigkeit durch einen Flugzeugabsturz sowie der damit verb<strong>und</strong>ene<br />
Schadensumfang führen zu einem nicht akzeptablen Risiko. Daraus ergibt sich, dass<br />
die Gefahrenquelle Flugzeugabsturz am Standort Ticona gem. § 3 Absatz 2 Nr. 2<br />
StörfallV vernünftigerweise nicht auszuschließen ist. Die Planung der Landebahn<br />
Nord-West würde damit auch der Zielsetzung des Artikel 12 (1) Satz (c) Seveso-II<br />
Richtlinie (Richtlinie 96/82/EG) widersprechen."<br />
61
4.4 Baukosten/Wirtschaftlichkeit<br />
Pauschal kann gesagt werden, dass ein Flughafenausbau bzw. die Erweiterung des<br />
S/L-Bahn-Systems wirtschaftlich sein muss, so dass sich die Rentabilität in einem<br />
definierten Planungshorizont einstellt. Dabei ist stets ein vorhandenes Risiko mit einzukalkulieren,<br />
das sich als monetärer Puffer oder als Amortisierungszeitspanne in einer<br />
Nutzen-Kosten-Analyse (NKA) widerspiegeln sollte.<br />
Hier gilt es zwischen zwei NKA zu differenzieren. Der Flughafenbetreiber stellt als<br />
Wirtschaftsunternehmen eine betriebswirtschaftliche, „interne“ NKA auf, in der die<br />
Realisierungskosten mit den unmittelbar prognostizierten Erträgen aus dem Luftverkehr<br />
verglichen werden (monetarisierbare Positionen). Dahingegen ist <strong>für</strong> die luftrechtlichen<br />
Genehmigungsbehörden eine „externe“ NKA <strong>von</strong> Interesse, in der alle<br />
positiven wie negativen, zukünftigen Auswirkungen des Flughafens untersucht werden<br />
(Monetarisierung aller Einflussfaktoren), um daraus den volkswirtschaftlichen<br />
Gesamtnutzen zu extrahieren (z.B. neue Arbeitsplätze in Abwägung mit der zusätzlichen<br />
Ozonbelastung). Die <strong>für</strong> eine Bewertung der S/L-Bahnen primäre Rolle spielt<br />
die „interne“ NKA des Flughafenbetreibers, da die „externe“ NKA meistens <strong>von</strong> politischen<br />
Einflussfaktoren maßgeblich bestimmt wird (vgl. Flughafen London Heathrow,<br />
Kap. 5.2.8).<br />
Die in Betracht kommenden S/L-Bahn-Varianten unterscheiden sich in erster Linie in<br />
ihren Realisierungskosten, d.h. den Baukosten zzgl. den damit verb<strong>und</strong>enen Ausgleichs-<br />
<strong>und</strong> Entschädigungsleistungen (s. Kap. 4.3). Relevante Unterschiede bei<br />
den Realisierungskosten ergeben sich dabei meist aus:<br />
- den Kosten <strong>für</strong> den Gr<strong>und</strong>erwerb,<br />
- den notwendigen Rodungen,<br />
- den erforderlichen Erdbaumaßnahmen <strong>und</strong><br />
- den Forderungen des Flughafenbetreibers (z.B. die Realisierbarkeit des Vorhabens<br />
unter laufendem Betrieb).<br />
Weiterhin muss der variantenabhängige laufende Kostenaufwand zur Abwicklung<br />
des Luftverkehrs – Betriebskosten in Abhängigkeit der Bahnkonfigurationen, Que-<br />
62
ungen, Rollwege usw. – mit in die Betrachtung einfließen. Hinzu kommen variantenspezifische<br />
Unterhaltungs- <strong>und</strong> Sanierungskosten.<br />
Als wesentlicher Faktor <strong>für</strong> die wirtschaftliche Nutzung kommen die mit der Genehmigung<br />
einer S/L-Bahn-Erweiterung oftmals verb<strong>und</strong>enen Einschränkungen des<br />
Flugbetriebs (z.B. Auflagen, Nachtflugbeschränkungen/-verbote) hinzu. Solche Zugeständnisse<br />
des Flughafenbetreibers schmälern die eigenen Standortvorteile <strong>und</strong><br />
schwächen damit die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Flughäfen.<br />
Fazit: Eine S/L-Bahn-Variante sollte nur dann in die nähere Auswahl einbezogen<br />
werden, wenn sie vom Standpunkt des Flughafenbetreibers aus wirtschaftlich vertretbar<br />
ist (Gr<strong>und</strong>sätze der Zivilluftfahrt, Kap. 2.1). Eine <strong>von</strong> diesem Gr<strong>und</strong>satz abweichende<br />
S/L-Bahn-Variante wird meist zwangsläufig aufgr<strong>und</strong> „äußerer“ Faktoren<br />
mit in Betracht gezogen <strong>und</strong> kann ohne eine entsprechende staatliche Unterstützung<br />
nicht realisiert werden (Subventionierung).<br />
63
5 Analyse angewendeter <strong>Bewertungsverfahren</strong> <strong>und</strong> Folgerungen<br />
<strong>für</strong> das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
Bei der Entwicklung eines neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s ist es stets sinnvoll, bereits<br />
vorhandene Fachexpertisen zu nutzen. Um diesbezüglich ein breites Spektrum an<br />
Informationen über den allgemeinen Ausbau <strong>von</strong> S/L-Bahn-Systemen an Flughafenstandorten<br />
zu erhalten, ist neben der direkten Anfrage bei dem jeweiligen Flughafenbetreiber<br />
eine parallele Internetrecherche zweckmäßig. Als Resultat <strong>für</strong> die eigene<br />
Arbeit konnte ein erster Überblick bzgl. der standortspezifischen Ausbauabsichten<br />
<strong>und</strong> Rahmenbedingungen gewonnen werden der <strong>für</strong> das weitere Vorgehen nützlich<br />
war.<br />
5.1 Gr<strong>und</strong>idee <strong>und</strong> Zielsetzung<br />
Die Analyse bereits angewendeter Bewertungsschemata soll zur Generierung <strong>von</strong><br />
allgemein gültigen Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>und</strong> zulässigen Einstufungskriterien führen. Die Basis<br />
bilden dabei vorhandene Raumordnungs- <strong>und</strong>/oder Planfeststellungsunterlagen<br />
<strong>für</strong> Ausbauvorhaben verschiedener deutscher Verkehrsflughäfen sowie entsprechende<br />
Unterlagen weiterer europäischer Verkehrsflughäfen. Stellungnahmen <strong>von</strong><br />
Behörden, politischen Gremien, Forschungsanstalten, Be<strong>für</strong>wortern <strong>und</strong> Gegnern<br />
des Ausbaus (Zusammenschlüsse) fließen mit in das <strong>Bewertungsverfahren</strong> ein.<br />
Zielsetzung ist es, ein <strong>Bewertungsverfahren</strong> zu entwickeln, dass eine nachvollziehbare,<br />
schlüssige <strong>und</strong> praktikable Einstufung verschiedener S/L-Bahn-Varianten ermöglicht<br />
<strong>und</strong> zugleich einem hohen Objektivitätsanspruch standhält.<br />
Deshalb ist die Austarierung der Abhängigkeiten <strong>und</strong> Wechselwirkungen der Beurteilungskriterien<br />
das wesentliche Element dieser Arbeit. Wie bereits in Kap. 1.2 erwähnt,<br />
soll die Kategorisierung der S/L-Bahn-Varianten in vier Gr<strong>und</strong>konfigurationen<br />
erfolgen:<br />
a) zwei oder noch mehr S/L-Bahn-Varianten sind gleichermaßen gut geeignet,<br />
b) eine S/L-Bahn-Variante kann deutlich favorisiert werden (geeignet),<br />
c) sämtliche S/L-Bahn-Varianten sind eher schlecht geeignet,<br />
d) keine der S/L-Bahn-Varianten sollte bzw. kann realisiert werden.<br />
65
5.2 Bestandsaufnahme angewendeter <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
Eine erste Sichtung verschiedener Planungsunterlagen <strong>für</strong> den Ausbau <strong>von</strong> S/L-<br />
Bahn-Systemen lässt unmittelbar den Schluss zu, dass bei einem geforderten Ausbau<br />
drei verschiedene Einzelziele unterschieden werden können:<br />
1. Erhöhung des Nutzungsspektrums (Abwicklung einer höher eingestuften Flugzeugkategorie<br />
[41]),<br />
2. Verringerung der Umweltauswirkungen,<br />
3. Kapazitätserweiterung.<br />
Eine Kombination dieser Ausbauziele ist ohne weiteres möglich, jedoch ist meist eine<br />
klare Schwerpunktzielsetzung vorhanden. Um bei der Analyse ein breites <strong>und</strong> repräsentatives<br />
Spektrum angewendeter Bewertungsschemata zu erfassen, wurden Verkehrsflughäfen<br />
mit unterschiedlichen Größen (Passagieraufkommen), Funktionen<br />
<strong>und</strong> entsprechend variierenden Ausbauzielen ausgewählt (Tab. 1). Naturgemäß wird<br />
hauptsächlich bei den größeren Verkehrsflughäfen mit interkontinentaler Hub-Funktion<br />
die Kapazitätserweiterung des S/L-Bahn-Systems angestrebt.<br />
Verkehrslandeplatz /<br />
Verkehrsflughafen<br />
Größe [Mio. Paxe/Jahr]<br />
2003 2004 2005<br />
interkontinentale<br />
Hub-<br />
Funktion<br />
Ausbauziel(e)<br />
(fallende Gewichtung)<br />
Frankfurt-Hahn (HHN) 2,43 2,76 3,08 1<br />
Kassel-Calden (KSF) keine Linien-/Touristikflüge 1<br />
Leipzig/Halle (LEJ) 1,96 2,04 2,13 1, 2<br />
Frankfurt Rhein Main (FRA) 48,36 51,11 52,23 X 3<br />
Wien-Schwechat (VIE) 12,78 14,79 15,86 X 3<br />
Zürich-Kloten (ZRH) 17,00 17,30 17,88 3<br />
Madrid-Barajas (MAD) 35,86 38,72 42.15 X 3, 2<br />
London Heathrow (LHR) 63,20 67,11 67,69 X 3<br />
Tab. 1:<br />
Im Rahmen der Analyse angewendeter <strong>Bewertungsverfahren</strong> betrachtete Verkehrsflughäfen,<br />
Passagierzahlen entstammen den Internetseiten der Flughafenbetreiber, eigene Darstellung<br />
66
5.2.1 Flughafen Frankfurt-Hahn (HHN)<br />
5.2.1.1 Allgemeines<br />
Der Flughafen Frankfurt-Hahn wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut <strong>und</strong> diente<br />
bis zum Abzug der US-Streitkräfte am 31.08.1992 als Militärflugplatz. Da es sich um<br />
eine Infrastrukturanlage der NATO handelt, soll die Möglichkeit einer militärischen<br />
Nutzungsoption erhalten bleiben.<br />
Die luftrechtliche Genehmigung einer zivilen Mitbenutzung des „Militärflugplatzes<br />
Hahn“ wurde am 14.07.1993 dem Rechtsvorgänger der Frankfurt-Hahn GmbH erteilt.<br />
Das heißt: Seit diesem Zeitpunkt ist der Flughafen <strong>für</strong> die flugbetriebliche Nutzung im<br />
Umfang eines Verkehrsflughafens offen [31]. Im Wesentlichen beschränkt sich die<br />
Nutzung auf die Abwicklung <strong>von</strong> Luftfrachtverkehr <strong>und</strong> <strong>von</strong> sog. Low-Cost-Passagierverkehr<br />
(s. Kap. 3.3). Ein Standortvorteil ist dabei die 24-stündige Betriebsgenehmigung<br />
[116].<br />
5.2.1.2 Ausgangssituation<br />
Das existierende S/L-Bahn-System besteht aus der S/L-Bahn 03/21 mit einer maximalen<br />
<strong>Start</strong>laufstrecke <strong>von</strong> 2.445 m <strong>und</strong> einer Breite <strong>von</strong> 45 m (ARC 4E). An den beiden<br />
S/L-Bahn-Enden befinden sich je 300 m lange <strong>und</strong> 45 m breite Stoppbahnen<br />
(Overruns). In Betriebsrichtung 21 ist zusätzlich ein 300 m langer <strong>und</strong> 45 m breiter<br />
Sicherheitsstreifen vorhanden (Anl. 24).<br />
Ausbauziel ist es, das vorhandene Nutzungsspektrum zu erweitern, d.h. im konkreten<br />
Fall, die Voraussetzungen <strong>für</strong> die wirtschaftliche Abwicklung <strong>von</strong> Mittelstrecken- <strong>und</strong><br />
Langstreckenfrachtverkehr (Interkontinentalverkehr) am Flughafen Frankfurt-Hahn zu<br />
schaffen. Die dazu notwendige <strong>Start</strong>laufstrecke der S/L-Bahn beträgt gemäß den<br />
Richtlinien der ICAO [42] mind. 3.800 m (vgl. Anl. 21). Gr<strong>und</strong>lage dieser Bahnlängenberechnung<br />
ist, dass die Bemessungsflugzeugmuster der Boeing 747-Reihe (speziell<br />
Frachtversionen - Freighter) mit annähernd max. <strong>Start</strong>gewicht (MTOW) operieren<br />
können.<br />
67
Die Notwendigkeit der Erweiterung wird im Antrag auf Planfeststellung zur Verlängerung<br />
der S/L-Bahn vom 01.07.2003 folgendermaßen begründet [31]:<br />
- der aktuellen Bedarfsentwicklung <strong>und</strong> der daraus resultierenden Luftverkehrsnachfrage<br />
(Abb. 13 u. 14),<br />
- der prognostizierten Luftverkehrsnachfrage <strong>und</strong><br />
- der angestrebten Anerkennung der Flughäfen Frankfurt Rhein Main <strong>und</strong> Frankfurt-Hahn<br />
als Flughafensystem gem. EU-Verordnung Nr. 2408/92.<br />
Flughafen Frankfurt-Hahn<br />
Passagiere<br />
4.000.000<br />
3.750.000<br />
3.500.000<br />
3.250.000<br />
3.000.000<br />
2.750.000<br />
2.500.000<br />
2.250.000<br />
2.000.000<br />
1.750.000<br />
1.500.000<br />
Passagierzahlen<br />
1.250.000<br />
1.000.000<br />
750.000<br />
500.000<br />
250.000<br />
0<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Jahr<br />
Abb. 13: Passagierentwicklung am Flughafen Frankfurt-Hahn, eigene Darstellung [116]<br />
Luftfracht [t]<br />
Flughafen Frankfurt-Hahn<br />
130.000<br />
120.000<br />
110.000<br />
100.000<br />
90.000<br />
80.000<br />
70.000<br />
60.000<br />
50.000<br />
40.000<br />
30.000<br />
Luftfrachtmenge<br />
20.000<br />
10.000<br />
0<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Jahr<br />
Abb. 14: Luftfrachtentwicklung am Flughafen Frankfurt-Hahn, eigene Darstellung [116]<br />
68
5.2.1.3 Analyse des Bewertungsschemas<br />
Als Hauptquelle <strong>für</strong> die folgende Analyse des Bewertungsschemas am Flughafen<br />
Frankfurt-Hahn wurden die Planfeststellungsunterlagen zur Verlängerung der S/L-<br />
Bahn vom 01.07.2003 herangezogen [31].<br />
Teil A3 „Vorhabenalternativen“ des Antrages auf Planfeststellung beinhaltet die Aussagen<br />
der Frankfurt-Hahn GmbH zu den Punkten Methodik, Bemessung des Vorhabens,<br />
den Vorhabenvarianten <strong>und</strong> der abschließenden Abwägung <strong>und</strong> Auswahl der<br />
geeigneten Variante.<br />
Als erster Schritt erfolgt eine strikte Abgrenzung der Vorhabenalternativen. Dies bedeutet,<br />
dass theoretisch denkbare S/L-Bahn-Varianten, bei denen die bestehende<br />
S/L-Bahn hinsichtlich Lage <strong>und</strong>/oder Ausrichtung geändert werden müsste, entfallen.<br />
Diese theoretischen Varianten werden als wirtschaftlich nicht vertretbar eingestuft.<br />
Hinzu kommt, dass in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine nennenswerten Vorteile<br />
erkennbar sind. Dementsprechend verbleiben drei gr<strong>und</strong>sätzlich zu betrachtende<br />
Handlungsoptionen, woraus insgesamt vier Varianten gebildet werden:<br />
- einseitige Verlängerung in Richtung Nordost (Variante Nordost),<br />
- einseitige Verlängerung in Richtung Südwest (Variante Südwest),<br />
- beidseitige Verlängerung (symmetrische <strong>und</strong> asymmetrische Variante).<br />
Anhand vorher definierter Kriterien erfolgt die Bewertung. Eine verbal-argumentative<br />
Abwägung zwischen den einzelnen Varianten dient zur Auswahl der gewünschten<br />
Variante. Eine gewichtete Einbeziehung der Bewertungsergebnisse findet nicht statt.<br />
Ist bereits frühzeitig klar, dass eine Variante ein Mindestkriterium nicht erfüllen kann,<br />
so wird diese aus der weiteren Betrachtung ausgeschlossen. Die Untersuchungskriterien<br />
sind dabei in drei Bereiche unterteilt:<br />
- auswirkungsbezogene Kriterien (Umweltauswirkungen):<br />
• Auswirkungen durch Lärm,<br />
• Auswirkungen auf die Umwelt durch Flächenverbrauch,<br />
• Auswirkungen durch Baubeschränkung gem. § 12 LuftVG <strong>und</strong> Hindernissituation,<br />
69
• Auswirkungen durch Erdbau,<br />
• Vermeidung <strong>von</strong> Konflikten mit Anlagen <strong>und</strong> Planungen Dritter,<br />
• Schadstoffbelastung durch Flugzeuge.<br />
- funktionale Kriterien:<br />
• kurze Rollwege,<br />
• Gradient der S/L-Bahn.<br />
- realisierbarkeitsbezogene Kriterien (Kostengesichtspunkte):<br />
• Realisierbarkeit des Vorhabens unter laufendem Betrieb,<br />
• Realisierbarkeit der Erdbaumaßnahmen,<br />
• Kosten (Realisierungskosten).<br />
Eine zusätzliche Eingrenzung der Handlungsalternativen wird durch nicht disponible<br />
Nutzeranforderungen erreicht. Als wesentlicher Parameter ist die bereits erwähnte<br />
<strong>Start</strong>laufstrecke <strong>von</strong> mind. 3.800 m zu nennen. Dies entspricht einer Verlängerungsstrecke<br />
<strong>von</strong> mind. 760 m <strong>und</strong> macht die Ausbaumaßnahme nur im Zusammenhang<br />
mit einer Verlegung bzw. Tunnelführung der B<strong>und</strong>esstraße B 327 (Hunsrückhöhenstraße)<br />
möglich (Anl. 24) [31]. Deshalb wird einerseits eine fiktive S/L-Bahn-Variante<br />
ohne Veränderung der B 327 nur dargestellt <strong>und</strong> entfällt bei der weiteren Betrachtung,<br />
andererseits müssen die vier in Frage kommenden Varianten in Hinsicht auf<br />
eine Verlegung oder Tunnelführung der B 327 getrennt untersucht werden.<br />
Abschließend erhält jede Variante pro Untersuchungskriterium einen Rangplatz, so<br />
dass sich als Resultat ein anschauliches Gesamtbild ergibt (Anl. 25). In der verbalargumentativen<br />
Gesamtabwägung werden die Variante Nordost sowie die asymmetrische<br />
Variante wegen den im Vergleich sehr hohen Lärmauswirkungen <strong>und</strong> der Realisierbarkeit<br />
der Erdbaumaßnahmen ausgeschlossen. Die symmetrische Variante<br />
entfällt wegen ihrer deutlich erhöhten Realisierungskosten, ausgelöst durch die beidseitig<br />
notwendige Verlegung oder Tunnelführung der B 327. Für die gewünschte Variante<br />
Südwest wird als kostengünstigste Alternative die Verlegung der B 327 favorisiert.<br />
70
Fazit:<br />
Die Begründung der Ausbauabsicht ist stichhaltig. Die Gesamtentwicklung zum Zeitpunkt<br />
der Einreichung des Planfeststellungsantrages sowie die bereits vorhandenen<br />
Anfragen <strong>von</strong> Fluggesellschaften am Flughafen Frankfurt-Hahn versprechen eine<br />
adäquate Auslastung des anvisierten S/L-Bahn-Systems.<br />
In diesem Fallbeispiel kann eine klare Aussage über die Mindestabmessungen des<br />
erforderlichen S/L-Bahn-Systems getätigt werden, da ansonsten das Ausbauziel, die<br />
Abwicklung <strong>von</strong> Interkontinentalverkehr, nicht realisierbar ist.<br />
Der wirtschaftliche Aspekt <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Fokussierung auf das bestehende<br />
S/L-Bahn-System bewirkt eine praktikable Beschränkung des Variantenspektrums.<br />
Faktisch werden deshalb nur vier Handlungsoptionen <strong>und</strong> keine verschiedenartigen<br />
S/L-Bahn-Varianten bewertet.<br />
Die aus den Bewertungsergebnissen abgeleiteten Rangfolgen je Bewertungskriterium<br />
lassen Fragen offen. Insbesondere die fehlende Gewichtung, d.h. einer „Einheitsgewichtung“<br />
der einzelnen Bewertungsergebnisse spiegelt ein leicht „verfälschtes“<br />
Gesamtbild wider. Speziell dann, wenn die Unterschiede bzgl. eines Bewertungskriteriums<br />
zwischen den Varianten als gering oder sogar unbedeutend beschrieben<br />
werden, ist die Vergabe der Rangfolgen 1 bis 8 unzweckmäßig.<br />
Ebenfalls fehlt bei der Kostenabschätzung <strong>für</strong> die bauliche Realisierung eine Gegenüberstellung<br />
mit den geschätzten, finanziellen Aufwendungen <strong>für</strong> die erforderlichen<br />
Ausgleichs- <strong>und</strong> Lärmschutzmaßnahmen; denn diese sind primär <strong>von</strong> der quantitativen<br />
<strong>und</strong> qualitativen Flächeninanspruchnahme bzw. Flächenbeeinträchtigung abhängig.<br />
Abschließend kann trotzdem resümiert werden, dass die Wahl der einseitigen Verlängerung<br />
der S/L-Bahn in Richtung Südwest mit Umverlegung der B 327 nachvollziehbar<br />
<strong>und</strong> in der Argumentationskette schlüssig ist (vgl. Kap. 7.1).<br />
71
5.2.2 Verkehrslandeplatz Kassel-Calden (KSF)<br />
5.2.2.1 Allgemeines<br />
Am 11.07.1970 erfolgte die offizielle Inbetriebnahme des neu gebauten Verkehrslandeplatzes<br />
(VLP) Kassel-Calden (vgl. Kap. 3.2). Die Luftverkehrsgesellschaft „General<br />
Air“ <strong>und</strong> später die „Ostfriesische Lufttransportgesellschaft“ führten bis 1975 an<br />
Werktagen Fluglinienbetrieb durch. Aufgr<strong>und</strong> des fehlenden ILS wurde der Regionalflugverkehr<br />
zunächst eingestellt. Mit der Installation eines ILS am 20.10.1988 wurden<br />
die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Wiederaufnahme des Linienflugbetriebes am<br />
03.08.1992 durch die Berliner-Spezialflug AG (BSF) geschaffen [27].<br />
Derzeit finden wiederum keine Linen-/Charterflüge am VLP Kassel-Calden statt. Die<br />
gewerbliche Nutzung beschränkt sich weitgehend auf Business- <strong>und</strong> Charterverkehr.<br />
Betreiber <strong>und</strong> Initiator des Ausbaus ist die Flughafen GmbH Kassel (FGK) [110].<br />
5.2.2.2 Ausgangssituation<br />
Die vorhandene S/L-Bahn 04/22 besitzt eine Bahnlänge <strong>von</strong> 1.500 m <strong>und</strong> eine Breite<br />
<strong>von</strong> 30 m. Zusätzlich dazu, wird eine nordwestlich gelegene parallele Graspiste mit<br />
einer Länge <strong>von</strong> 700 m <strong>und</strong> einer Breite <strong>von</strong> 30 m genutzt. Der Achsabstand der S/L-<br />
Bahn 04/22 zur Graspiste beträgt 150 m (Flugplatzkarte, s. Anl. 26).<br />
Mit dem geplanten Ausbauvorhaben soll der bestehende VLP zu einem Verkehrsflughafen<br />
(Regionalflughafen) ausgebaut werden. Ziel ist es somit, das vorhandene<br />
Nutzungsspektrum zu erweitern <strong>und</strong> die Abwicklung <strong>von</strong> Charterverkehr mit Flugzielen<br />
in den Mittelmeerraum sowie zu den Kanarischen Inseln zu ermöglichen. Dementsprechend<br />
ist die Abwicklung <strong>von</strong> Flugzeugmustern der Boeing 737- bzw. Airbus<br />
A320-Reihe vorgesehen. Die seitens der FGK geforderte „nutzbare Länge“ der S/L-<br />
Bahn beträgt mind. 2.500 m.<br />
Zur Begründung des Vorhabens werden <strong>für</strong> den Flughafenstandort Kassel-Calden in<br />
einer Bedarfsprognose verschiedene Entwicklungsszenarien aufgezeigt (Tab. 2).<br />
72
Passagieraufkommen<br />
Jahr 2015<br />
• Charterhub-Szenario<br />
• Linien-Szenario<br />
• Low-Cost-Szenario<br />
• Kombinationsszenario<br />
602.500<br />
259.700<br />
328.000<br />
781.400<br />
Gewerbliche Flugbewegungen<br />
• Charterhub-Szenario<br />
6.152<br />
• Linien-Szenario<br />
4.348<br />
• Low-Cost-Szenario<br />
3.508<br />
• Kombinationsszenario 7.566<br />
Tab. 2:<br />
Ergebnisse der Bedarfsprognose: Prognostiziertes Luftverkehrsaufkommen<br />
am Flugplatz Kassel-Calden in Abhängigkeit der definierten Szenarien,<br />
Wiedergabe einer Tabelle aus [27]<br />
5.2.2.3 Analyse des Bewertungsschemas<br />
Als maßgebliche Quellen zur folgenden Analyse des Bewertungsschemas am VLP<br />
Kassel-Calden dienten die Raumordnungs-, Planfeststellungsunterlagen des Flughafenbetreibers<br />
sowie die landesplanerische Beurteilung des Regierungspräsidiums<br />
Kassel [27, 28, 58].<br />
Im Antrag auf Planfeststellung wird sich in Bezug auf die favorisierte Variante, gänzlich<br />
auf die Variantenbewertung innerhalb des Raumordnungsverfahrens bezogen.<br />
Diese Variantenbewertung wurde wie folgt durchgeführt:<br />
In einem ersten Schritt wird aus strukturpolitischen Gründen der Untersuchungsraum<br />
auf die Planungsregion Nordhessen begrenzt. Es wird darauf hingewiesen, dass der<br />
in räumlicher Nähe liegende Flughafen Paderborn-Lippstadt deshalb nicht mitbetrachtet<br />
wird. Der bestehende VLP Kassel-Calden wird aufgr<strong>und</strong>:<br />
73
- der Vorgaben der Landes- u. Regionalplanung,<br />
- der Lage <strong>und</strong> Anbindung an das Oberzentrum Kassel,<br />
- der vorhandenen Hindernissituation im Hinblick auf den Ausbau <strong>und</strong><br />
- dem Zustand der <strong>Start</strong>- u. Landebahn<br />
als mit Abstand vorteilhaftester Ausbaustandort betrachtet. Eine weitere Betrachtung<br />
nach sog. Ausschlusskriterien:<br />
- Inanspruchnahme <strong>von</strong> Siedlungsbereichen,<br />
- Inanspruchnahme <strong>von</strong> Industrie- u. Gewerbeflächen,<br />
- hohe Reliefenergie,<br />
- Inanspruchnahme des Standortes Transkal (spez. <strong>für</strong> Betrachtungsraum)<br />
führt zur Generierung <strong>von</strong> drei „konfliktarmen Korridoren“, aus denen insgesamt die<br />
Varianten A1, A2, B <strong>und</strong> C gewonnen werden (Anl. 27).<br />
- Variante A1: Verlängerung des bestehenden S/L-Bahn-Systems auf eine<br />
Bahnlänge <strong>von</strong> 2.500 m<br />
- Variante A2: Neubau des S/L-Bahn-Systems mit 2.500 m Bahnlänge, Parallelverschiebung<br />
um ca. 100 m nach Norden<br />
- Variante B: Neubau des S/L-Bahn-Systems mit 3.165 m Bahnlänge in Ausrichtung<br />
15/33<br />
- Variante C: Neubau des S/L-Bahn-Systems mit 2.500 m Bahnlänge in Ausrichtung<br />
09/27<br />
Im darauf folgenden zweiten Schritt werden Bewertungskriterien definiert <strong>und</strong> in drei<br />
Bereiche gegliedert:<br />
- Technische Planung Flughafen<br />
• Flugbetriebsflächen <strong>und</strong> Hindernissituation<br />
• Flugbetriebsberechnungen<br />
• Hochbau<br />
• Luftraumstruktur<br />
- Raumfaktoren <strong>und</strong> Infrastruktur<br />
• Landwirtschaft<br />
74
• Forstwirtschaft<br />
• Bevölkerung<br />
• Siedlungswesen<br />
• Verkehr<br />
• Telekommunikation<br />
• Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
• Energieversorgung<br />
• Wasserversorgung<br />
• Abwasserentsorgung<br />
• Abfallentsorgung<br />
- Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)<br />
• Luft<br />
• Klima<br />
• Gr<strong>und</strong>wasser<br />
• Boden<br />
• Oberflächenwasser<br />
• Pflanzen/Tiere<br />
• Mensch<br />
• Landschaftsbild<br />
• Kulturgüter<br />
Darüber hinaus dienen einige Gutachten zur Vervollständigung der Kriterien (Verkehrsgutachten,<br />
Lärmmedizinisches Gutachten usw.). Die Varianten werden entsprechend<br />
<strong>für</strong> jedes Kriterium bewertet, ob:<br />
- kein Unterschied zwischen den untersuchten Varianten besteht,<br />
- die Variante in Relation zueinander die beste Variante ist,<br />
- die Variante zwischen den besten <strong>und</strong> schlechtesten Varianten liegt,<br />
- sie die in Relation zueinander schlechteste Variante ist.<br />
Abschließend werden diese relativen Einzelbewertungen ohne Gewichtung („Einheitsgewichtung“)<br />
aufsummiert <strong>und</strong> dargestellt. Als Gesamtergebnis wird der Variante<br />
C der Vorzug gegeben (vgl. Kap. 7.2).<br />
75
Fazit:<br />
Der eigentliche Bedarf der geforderten Ausbaumaßnahme basiert ausschließlich auf<br />
relativ willkürlich angenommenen Entwicklungsszenarien <strong>und</strong> da<strong>für</strong> prognostizierten<br />
Daten des Luftverkehrsaufkommens. Die Abgrenzung des Untersuchungsraumes<br />
aus strukturpolitischen Gründen bewirkt gleichzeitig eine logisch-analytisch nicht<br />
nachvollziehbare Bewertungskette. Da parallel dazu, das derzeitige Potential des<br />
Flughafens nicht ausgenutzt wird, ist bei den prognostizierten Passagierzahlen <strong>und</strong><br />
Flugbewegungen offensichtlich auch ein „unternehmerisches Risiko“ vorhanden.<br />
Die aus dem „Suchraum <strong>für</strong> die Ausbauvarianten“ gewonnenen Planungskorridore<br />
bzw. die daraus abgeleiteten Varianten B <strong>und</strong> C besitzen keine erkennbare Anbindung<br />
an die derzeitige Flughafeninfrastruktur, so dass der geforderte räumlich-funktionale<br />
Bezug nicht gegeben ist. Da es sich bei der favorisierten Variante C de facto<br />
um einen kompletten Flughafenneubau handelt, müssten prinzipiell Standortalternativen<br />
mit in die Detailbewertung einbezogen werden, die es gemäß den Voruntersuchungen<br />
gibt (s. Anl. 28) [28]. Der Anspruch auf Vollzähligkeit der in die Bewertung<br />
einbezogenen Varianten ist deshalb diskussionswürdig.<br />
Hinzu kommt, dass die geforderte <strong>Start</strong>laufstrecke <strong>von</strong> 2.500 m nur <strong>für</strong> Variante C<br />
nachgewiesen wird <strong>und</strong> sich ausschließlich auf die geforderten Flugzeugmuster <strong>und</strong><br />
erreichbaren Flugziele gemäß der Bedarfsprognose bezieht [28]. Frühere Gutachten<br />
erwägen hingegen auch realisierbare <strong>und</strong> <strong>für</strong> einen Flughafenstandort Kassel-Calden<br />
ausreichende <strong>Start</strong>laufstrecken <strong>von</strong> 2.100 m bzw. 2.200 m (z.B. [25, 70]), insbesondere<br />
in der bestehenden S/L-Bahn-Ausrichtung 04/22 (Variante A1/A2).<br />
Zusätzlich ist bei Variante B die Bahnlänge <strong>von</strong> 3.165 m offensichtlich falsch bemessen.<br />
Zwar wird in beiden Betriebsrichtungen (15/33) auf eine sog. „versetzte<br />
Schwelle“ um 665 m verwiesen, doch liegt die geforderte <strong>Start</strong>laufstrecke <strong>von</strong><br />
2.500 m wesentlich über der notwendigen Landerollstrecke der Bemessungsflugzeuge.<br />
Dies bedeutet, dass die vom Flughafenbetreiber geforderte „nutzbare Länge“<br />
der S/L-Bahn sich auf die <strong>Start</strong>rollstrecke beziehen müsste, so dass <strong>für</strong> Variante B<br />
ohne betriebliche Einschränkungen – keine Verringerung des MTOW – eine Verringerung<br />
der S/L-Bahn-Länge auf ca. 2.750 m errechnet werden kann.<br />
76
Die Wahl der Bewertungskriterien erscheint in der Anzahl willkürlich <strong>und</strong> wird unzureichend<br />
begründet. Als Musterbeispiel kann die im Zuge der Grobbetrachtung bereits<br />
vorhandener Flugplätze bewertete Substanz der jeweils bestehenden S/L-Bahn-<br />
Systeme genannt werden, da bei dem beabsichtigten S/L-Bahn-Neubau bzw. Flughafenneubau<br />
(Variante C) das bestehende S/L-Bahn-System nicht mehr genutzt wird<br />
<strong>und</strong> die positive Bewertung der Substanz am VLP Kassel-Calden somit nichtig ist.<br />
Die wirtschaftliche Umsetzbarkeit der einzelnen Varianten wird stets vorausgesetzt;<br />
eine vergleichende Differenzierung der Varianten findet nicht statt (kein Bewertungskriterium),<br />
obwohl die im Antrag auf Planfeststellung veranschlagten Kosten <strong>für</strong> das<br />
„Neubauvorhaben“ Variante B mit insgesamt 151,5 Mio. € wesentlich höher sein<br />
dürften als <strong>für</strong> die „Ausbauvorhaben“ Variante A1/A2. Gerade dieser Faktor ist ein<br />
ausschlaggebendes Argument <strong>und</strong> führt zur Begrenzung der Handlungsoptionen<br />
(„K.o.-Kriterium“, die Ausbauvariante bzw. das Gesamtvorhaben übersteigt ein refinanzierbares<br />
Budget).<br />
In dem Spektrum der Bewertungskriterien fehlt die detaillierte Abgrenzung <strong>und</strong> Definition<br />
der Kriterien. Da bei der Gesamtbewertung überdies keine Gewichtung erfolgt<br />
(„Einheitsgewichtung“), entsteht ein vom Flughafenbetreiber offensichtlich „gewünschtes“<br />
Ergebnis. Oberstes Ziel des Unternehmens sollte es nicht sein, die<br />
strukturpolitische Situation in der Region Kassel zu verbessern, sondern eine betriebswirtschaftliche<br />
Rentabilität des Unternehmens (GmbH) mittelfristig bis langfristig<br />
zu erreichen.<br />
Deshalb kann zusammenfassend gesagt werden, dass sämtliche Bestandteile des<br />
Planfeststellungsverfahrens, <strong>von</strong> der Bedarfsbegründung bis hin zur Variantenauswahl,<br />
mit Mängeln behaftet sind (vgl. Kap. 7.2). Als gravierendes Beispiel kann die<br />
geforderte Bahnlänge <strong>von</strong> 3.165 m <strong>für</strong> Variante B genannt werden.<br />
Das größte Manko stellt offensichtlich die Bewertung der Varianten A1/A2 dar. Diese<br />
Varianten werden wegen der fehlenden 100-%igen Hindernisfreiheit in der Betriebsrichtung<br />
22 quasi ausgeschlossen. Hier ist eine detaillierte Auswertung der zu erwartenden<br />
flugbetrieblichen Einschränkungen notwendig, damit eine objektive Abwägung<br />
erfolgen kann. Die Einbeziehung des theoretisch notwendigen Erdabtrags<br />
77
(Bergabtragung) zur Herstellung der geforderten Hindernisfreiheit in die Gesamtbewertung<br />
der Varianten ist unsinnig, da diese Möglichkeit als Handlungsoption utopisch<br />
ist <strong>und</strong> lediglich zu Verzerrungen führt. Hinzuzufügen ist, dass die vom Flughafenbetreiber<br />
favorisierte Variante C aufgr<strong>und</strong> zahlreicher Windkraftanlagen im Bereich<br />
des Anflugs 27 ebenfalls keine 100-%ige Hindernisfreiheit besitzt. Dies wird jedoch<br />
innerhalb des bestehenden <strong>Bewertungsverfahren</strong> nicht betrachtet [27, 28].<br />
5.2.3 Flughafen Leipzig/Halle (LEJ)<br />
5.2.3.1 Allgemeines<br />
Die Eröffnung des Flughafens Leipzig/Halle <strong>und</strong> die Aufnahme des planmäßigen<br />
Flugverkehrs fanden bereits im April 1927 statt. Zunächst bestand das befestigte S/L-<br />
Bahn-System aus einer 400 m langen S/L-Bahn. Unmittelbar vor Beginn des Zweiten<br />
Weltkriegs wurden jährlich ca. 80.000 Passagiere abgefertigt, so dass der Flughafen<br />
Leipzig/Halle in Deutschland nur noch vom Flughafen Berlin-Tempelhof übertroffen<br />
wurde. Nach der fast vollständigen Zerstörung in der Endphase des Krieges 1944/45<br />
wurde der Flughafen Leipzig/Halle wieder instand gesetzt <strong>und</strong> erhielt die erneute luftrechtliche<br />
Genehmigung am 10.08.1953. In den Jahren 1959/60 entstand die derzeit<br />
noch vorhandene S/L-Bahn 10/28 („Südbahn“).<br />
Der Anlage <strong>und</strong> dem Betrieb des Flughafens lagen die nach Maßgabe des Luftfahrtgesetzes<br />
der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) erteilten Genehmigungen<br />
zugr<strong>und</strong>e. Im Zuge der Wiedervereinigung wurde im September 1990 der komplette<br />
Flughafenbetrieb an die neu gegründete Flughafen Leipzig GmbH übergeben. Die<br />
Umbenennung in Flughafen Leipzig/Halle GmbH erfolgte im Juli 1991 [126].<br />
Das mit der Wiedervereinigung begonnene sprunghafte Ansteigen des Luftverkehrsaufkommens<br />
(1990: 270.000 Passagiere, 1996 2.190.000 Passagiere) machte<br />
zahlreiche Modernisierungs- <strong>und</strong> Ausbaumaßnahmen notwendig. Bis zum heutigen<br />
Zeitpunkt sind folgende Neubaumaßnahmen u.a. fertig gestellt worden:<br />
- Terminal B (Inbetriebnahme 1996),<br />
- Tower (Inbetriebnahme 2000),<br />
- S/L-Bahn 08/26 („Nordbahn“, Inbetriebnahme 2000),<br />
78
- Zentralterminal (Erhöhung der Passagierkapazität auf 4,5 Mio. Paxe/Jahr, Inbetriebnahme<br />
2003),<br />
- ICE-fähiger Flughafenbahnhof (Inbetriebnahme 2003).<br />
Langfristig werden ca. 7 Mio. Passagiere pro Jahr erwartet. Seit 2001 stagniert jedoch<br />
das Wachstum im Passagieraufkommen am Flughafen Leipzig/Halle, so dass<br />
das derzeitige Interesse des Flughafenbetreibers sich schwerpunktmäßig auf den<br />
Luftfrachtverkehrsbereich konzentriert. Geplant ist, dass ab 2008 das internationale<br />
Luftdrehkreuz der Post-Frachttochter DHL am Flughafen Leipzig/Halle in Betrieb<br />
geht. Ein Standortvorteil ist dabei die 24-stündige Betriebsgenehmigung [126].<br />
5.2.3.2 Ausgangssituation<br />
Hier wird ausschließlich die Variantenbewertung analysiert, die zur Norderweiterung<br />
des Flughafens Leipzig/Halle geführt hat (Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums<br />
Leipzig vom 10.07.1997, Neubau der S/L-Bahn 08/26 [59]). Die<br />
planfestgestellte <strong>und</strong> sich derzeit in der Realisierung befindliche Aus- bzw. Neubaumaßnahme<br />
der S/L-Bahn 10/28 wird in Kap. 8.2 näher betrachtet.<br />
Der Flughafen Leipzig/Halle verfügte zum Zeitpunkt des Neubaus der S/L-Bahn<br />
08/26 über eine S/L-Bahn 10/28 mit einer Länge <strong>von</strong> 2.500 m <strong>und</strong> einer Breite <strong>von</strong><br />
60 m (Anl. 29/1). Das „luftseitige Ausbaupaket“ der Flughafen Leipzig/Halle GmbH<br />
beinhaltete die Forderungen nach einer S/L-Bahn mit einer Bahnlänge <strong>von</strong> 3.600 m<br />
zur Abwicklung <strong>von</strong> interkontinentalem Luftverkehr (Langstreckenverkehr) nebst dazugehörigem<br />
Rollbahnsystem <strong>und</strong> Vorfeld. Die Begründung des Ausbauvorhabens<br />
der Südbahn kann in zwei Kategorien unterteilt werden [59]:<br />
- Zum einen hat das bestehende S/L-Bahn-System erhebliche funktionale <strong>und</strong><br />
strukturelle Mängel, d.h. die derzeitige Konfiguration des Vorfelds <strong>und</strong> des Rollbahnsystems<br />
führen zu einer Minderung der gesamten Leistungsfähigkeit. Zusätzlich<br />
dazu, besitzt die S/L-Bahn 10/28 eine schlechte, sanierungsbedürftige<br />
Bausubstanz. Das abwickelbare Leistungsspektrum (abwickelbare Flugzeugkategorie)<br />
ist aufgr<strong>und</strong> der vorhandenen Bahnlänge <strong>von</strong> 2.500 m begrenzt <strong>und</strong><br />
ermöglicht keinen interkontinentalen Luftverkehr.<br />
79
- Zum anderen bewirkt die Lage <strong>und</strong> Ausrichtung der S/L-Bahn, dass dichtbesiedelte<br />
Gebiete <strong>von</strong> Leipzig-Nord <strong>und</strong> Halle innerhalb des An- <strong>und</strong> Abflugkorridors<br />
liegen <strong>und</strong> diese somit einer relativ hohen Fluglärmbelastung ausgesetzt sind.<br />
Ziel des Ausbauvorhabens ist es somit, eine S/L-Bahn-Variante zu realisieren die,<br />
soweit als möglich, den Anforderungen aus beiden Problembereichen gerecht wird.<br />
5.2.3.3 Analyse des Bewertungsschemas<br />
Als Gr<strong>und</strong>lage des Antrags auf Planfeststellung wurden folgende S/L-Bahn-Varianten<br />
näher untersucht [59]:<br />
- Null-Variante (Gr<strong>und</strong>erneuerung der vorhandenen S/L-Bahn 10/28),<br />
- Verlängerung der S/L-Bahn 10/28 auf eine Länge <strong>von</strong> 3.200 m bzw. 3.600 m,<br />
- Neubau einer Südbahn mit einer Länge <strong>von</strong> 3.200 m bzw. 3.600 m in Betriebsrichtung<br />
08/26,<br />
- Neubau einer parallelen Nordbahn 10/28 mit einer Länge <strong>von</strong> 3.200 m,<br />
- Neubau einer Nordbahn 04/22 mit einer Länge <strong>von</strong> 3.600 m,<br />
- Neubau einer Nordbahn 08/26 mit einer Länge <strong>von</strong> 3.600 m.<br />
Aufgr<strong>und</strong> funktionaler (z.B. kurze Rollwege) als auch raumordnerischer (optimale<br />
Flächenausnutzung) Zielsetzungen wurden geringstmögliche Abstände der S/L-<br />
Bahn-Varianten zur vorhandenen Flughafeninfrastruktur angestrebt. Deshalb wurden<br />
nach Osten versetzte S/L-Bahn-Varianten nicht weiter untersucht.<br />
Eine verbal-argumentative Abwägung zwischen den einzelnen Varianten dient zur<br />
Auswahl der gewünschten Variante. Eine gewichtete Einbeziehung der Bewertungsergebnisse<br />
findet nicht statt. Eine exakte Struktur in der Argumentationskette wird<br />
nicht eingehalten, so dass sich auf die wesentlichen Vor- <strong>und</strong> Nachteile einer S/L-<br />
Bahn-Variante beschränkt wird. Die Untersuchungskriterien lassen sich folgendermaßen<br />
gliedern:<br />
- funktionaler Bereich:<br />
• Bahnlänge (gefordert werden 3.600 m)<br />
• Leistungsfähigkeit (Abwicklung <strong>von</strong> jährlich 70.000 bis 80.000 Flugbewegungen)<br />
80
• Kapazität (Einbahn-/Zweibahnsystem)<br />
• Hauptwindrichtung<br />
• Rollstrecken (Parallel-Rollbahnsystem)<br />
• Vorfeld (Entwicklungstiefe)<br />
- Umweltauswirkungen:<br />
• Fluglärmbelastung (Überflugsituation)<br />
• Flächeninanspruchnahme/-versiegelung<br />
• Natur <strong>und</strong> Landschaft<br />
• Vermeidung <strong>von</strong> Konflikten mit Anlagen <strong>und</strong> Planungen Dritter (z.B. eine<br />
ehem. Mülldeponie)<br />
- Realisierbarkeit (Kostengesichtspunkte):<br />
• Realisierbarkeit des Vorhabens unter laufendem Betrieb (keine Schließung<br />
des Flughafens während der Bauphase)<br />
• Gradient<br />
• Erdmassenbewegungen/-ausgleich<br />
• Hindernissituation (B<strong>und</strong>esautobahnen, Gemeinden usw.)<br />
Als „zentrale Planungsziele“ des Flughafenbetreibers werden, gemäß den Ausbaubegründungen,<br />
Bahnlänge, Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Realisierbarkeit des Ausbauvorhabens<br />
unter laufendem Betrieb sowie die Optimierung der Fluglärmbelastung zusammengefasst.<br />
Das Nichterreichen zentraler Planungsziele führt zur Ablehnung der Null-Variante<br />
<strong>und</strong> der Verlängerung der vorhandenen S/L-Bahn 10/28. Vorteile dieser Varianten,<br />
insbesondere im Bereich der Flächeninanspruchnahme/-versiegelung können aus<br />
Sicht des Flughafenbetreibers die Nachteile nicht annähernd ausgleichen.<br />
Die S/L-Bahn-Variante des Neubaus einer Südbahn mit 3.200 m bzw. 3.600 m Länge<br />
in Betriebsrichtung 08/26 wird trotz Vorteilen im Bereich der Flächeninanspruchnahme/-versiegelung<br />
sowie beim Eingriff in Natur <strong>und</strong> Landschaft als nicht planfeststellungsfähig<br />
angesehen, da einerseits die Gemeinde Kursdorf voll im Lärmschutz<strong>und</strong><br />
Sicherheitsbereich liegen würde <strong>und</strong> somit Umsiedlungen in Frage kämen <strong>und</strong><br />
81
andererseits der Flughafen während der Bauphase um mindestens 5 Monate geschlossen<br />
werden müsste.<br />
Eine parallele Nordbahn mit der Betriebsrichtung 10/28 könnte aufgr<strong>und</strong> der Lage zur<br />
BAB A 9 nur mit einer S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> maximal 3.200 m realisiert werden. Zudem<br />
würde die nur 2 km entfernt liegende Gemeinde Radefeld direkt überflogen.<br />
Diese Nachteile werden als so gravierend bewertet, dass sie die Vorteile eines vollwertigen<br />
Zweibahnsystems mit einer entsprechend hohen Kapazität überwiegen.<br />
Die Alternative des Neubaus einer Nordbahn 04/22 mit einer Länge <strong>von</strong> 3.600 m<br />
wurde <strong>von</strong> zahlreichen Einwendern gefordert <strong>und</strong> kam zusätzlich in die genauere<br />
Bewertung. Die nach Auffassung der Einwender mögliche Reduzierung der Fluglärmbetroffenheiten<br />
beschränkt sich jedoch lediglich auf einzelne Gemeinden, so<br />
dass im direkten Vergleich zur S/L-Bahn-Variante Nordbahn 08/26 in der Summe<br />
mehr Betroffenheiten entstehen würden. Nachteilig wirkt sich die Ausrichtung der<br />
S/L-Bahn als Querwindbahn aus (vgl. Kap. 4.2.1). Weiterhin wird die Nutzung <strong>von</strong><br />
überlangen Rollstrecken <strong>von</strong> bis zu 8 km als nicht hinnehmbar bewertet, da diese<br />
weit über der <strong>von</strong> der ICAO empfohlenen Obergrenze <strong>von</strong> 5 km liegen. Aus diesen<br />
Gesichtpunkten scheidet die Variante einer Nordbahn 04/22 als Handlungsoption<br />
aus.<br />
Die S/L-Bahn-Variante: Neubau einer Nordbahn 08/26 mit einer Länge <strong>von</strong> 3.600 m<br />
erfüllt sämtliche Nutzeranforderungen <strong>und</strong> stellt zugleich hinsichtlich der Fluglärmbelastung<br />
die vergleichsweise beste Alternative dar. Deshalb wurde sie gegenüber<br />
sämtlichen anderen S/L-Bahn-Varianten favorisiert <strong>und</strong> erhielt am 10.07.1997 einen<br />
positiven Planfeststellungsbeschluss [59].<br />
Fazit:<br />
Die durch den Flughafenbetreiber dargestellte Ist-Situation am Flughafen Leipzig/Halle<br />
macht den Ausbaubedarf offensichtlicht <strong>und</strong> unstrittig.<br />
Als positives Element in der Variantengenerierung ist, dass als Handlungsoptionen<br />
S/L-Bahn-Längen <strong>von</strong> 3.200 m in Erwägung gezogen werden, die im Gegensatz zu<br />
82
der geforderten S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 3.600 m des Flughafenbetreibers, betriebliche<br />
Einschränkungen bewirken würden (Minderung der Leistungsfähigkeit).<br />
Die Beschränkung der in Frage kommenden S/L-Bahn-Varianten auf die Möglichkeiten:<br />
Sanierung bzw. Ausbau der bestehenden S/L-Bahn 10/28, Neubau einer Südbahn<br />
anstelle der S/L-Bahn 10/28 <strong>und</strong> den Neubau einer zusätzlichen Nordbahn (Parallelbahn-/V-Bahn-System)<br />
lassen sich unmittelbar aus der eingeb<strong>und</strong>en Lage des<br />
Flughafenstandortes herleiten (B<strong>und</strong>esautobahnen A 9/A 14, Siedlungen usw., vgl.<br />
Anl. 29/2). Die angestrebte direkte Anbindung der S/L-Bahn-Varianten an die vorhandene<br />
Luftverkehrsinfrastruktur ist sinnvoll.<br />
Hinsichtlich der Übersichtlichkeit des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s sollten alle S/L-Bahn-<br />
Varianten nach einem identischen Schema bewertet werden, um eine Differenzierung<br />
<strong>und</strong> Vergleichbarkeit in übersichtlicherer Form zu ermöglichen.<br />
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sowohl die Variantenauswahl als<br />
auch die anschließende verbal argumentative Abwägung ein schlüssiges Gesamtbild<br />
widerspiegelt [59]. Die Wahl der favorisierten S/L-Bahn-Variante (Nordbahn 08/26) ist<br />
eine logische Schlussfolgerung.<br />
5.2.4 Flughafen Frankfurt Rhein Main (FRA)<br />
5.2.4.1 Allgemeines<br />
Der Flughafen Frankfurt Rhein Main wurde im Juli 1936 als sog. Flug- <strong>und</strong> Luftschiffhafen<br />
in Betrieb genommen. Er löste den sog. Flughof Frankfurt-Rebstock ab, der in<br />
seiner Dimensionierung <strong>und</strong> der allgemeinen Verfügbarkeit <strong>von</strong> Fläche keine Perspektive<br />
<strong>für</strong> den rasant zunehmenden Flugverkehr bot. Zunächst umfasste der Flughafen<br />
Frankfurt Rhein Main eine Fläche <strong>von</strong> ca. 300 ha. Nach der Einstellung der<br />
Luftschifffahrt im Jahr 1938, verursacht durch den Verlust des Luftschiffes „Hindenburg“,<br />
wurde im Generalausbauplan (GAP) <strong>von</strong> 1942 planerisch aufgezeigt, wie mit<br />
einem kreuzenden S/L-Bahn-System den Anforderungen des Betriebs <strong>von</strong> Propellerflugzeugen<br />
Rechnung getragen werden sollte (Anl. 30/1) [72, 88].<br />
83
Nach der Besetzung durch amerikanische Truppen wurde die bis dato bestehende<br />
1.500 m bodenvermörtelte S/L-Bahn durch eine 1.830 m lange betonierte S/L-Bahn<br />
ersetzt. Das Gelände des Flughafens vergrößerte sich somit im Jahr 1946 bereits auf<br />
ca. 860 ha. Die Blockade Berlins 1948/49 <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene „Luftbrücke“<br />
führten zum Neubau einer parallelen S/L-Bahn (sog. Nordbahn) in einem Achsabstand<br />
<strong>von</strong> 518 m <strong>und</strong> mit einer Länge <strong>von</strong> 2.150 m [72].<br />
Parallel zum kriegsbedingten Neuaufbau des Zivilluftverkehrs in Deutschland begann<br />
1950 die US Air Force im Rahmen ihres Ausbauprogramms „Gateway to Europe“<br />
Frankfurt Rhein Main zu ihrer wichtigsten Einsatzbasis in Europa auszubauen. Hier<br />
kam es zu einer Teilung der Flughafenbereiche, d.h. der nördliche Teil wurde <strong>für</strong> den<br />
Zivilluftverkehr bestimmt, der südliche Teil war der militärischen Nutzung vorbehalten.<br />
Die gemeinsame zivil-militärische Nutzung beschränkte sich auf das S/L-Bahn-<br />
System [72].<br />
Gemäß des stetig steigenden Luftverkehrsaufkommens <strong>und</strong> den eingesetzten Flugzeugmustern<br />
wurden in den folgenden Jahren schrittweise die Nordbahn in drei Stufen<br />
(1957, 1959, 1961) auf 3.900 m <strong>und</strong> die Südbahn in zwei Stufen (1960, 1964) auf<br />
3.755 m verlängert [72, 88]. Die Forderung, eine CAT II Einstufung zu erhalten („Allwetterflugbetrieb“,<br />
vgl. Kap. 4.1.2), führte bis 1982 zur Parallelverschiebung der Südbahn<br />
nach Westen sowie zu einer Verlängerung beider S/L-Bahnen auf 4.000 m. Zusätzlich<br />
wurde zur Steigerung der Kapazität die S-Bahn 18 „West“ neu gebaut <strong>und</strong><br />
am 12.04.1984 in Betrieb genommen. Die vom Flughafen beanspruchte Fläche hat<br />
sich dementsprechend auf heute ca. 2.000 ha erhöht (Anl. 30/2) [114].<br />
Rückblickend auf die letzten 15 Jahre kann in Frankfurt Rhein Main ein Zuwachs im<br />
Passagierverkehr <strong>von</strong> mehr als 20 Mio. Passagieren verzeichnet werden, so dass<br />
2004 über 51 Mio. Passagiere abgewickelt wurden. Im Bereich der Luftfracht hat sich<br />
in diesem Zeitraum das Frachtvolumen <strong>von</strong> ca. 0,90 Mio. t auf über 1,75 Mio. t im<br />
Jahr 2004 fast verdoppelt. Dies bedeutet ein durchschnittliches, jährliches Wachstum<br />
<strong>von</strong> über 6 % im Passagierverkehr <strong>und</strong> <strong>von</strong> über 4,5 % im Frachtverkehr [114]. Diese<br />
Leistungsdaten machen den interkontinentalen Hub-Flughafen Frankfurt Rhein Main<br />
zum Verkehrsflughafen Nr. 1 in Deutschland <strong>und</strong> gemessen an den Passagierzahlen<br />
zu Nr. 3 in Europa (Anl. 16-17).<br />
84
Mit dem in den 1990er Jahren begonnenen sukzessiven Abzug der US-Streitkräfte<br />
<strong>und</strong> der offiziellen Schließung der Frankfurt Rhein-Main Air Base am 10.10.2005<br />
steht der zivilen Nutzung <strong>von</strong> Arealen im ursprünglich militärischen Bereich südlich<br />
der Parallelbahnen nichts mehr im Weg. Die offizielle Übergabe des Areals an den<br />
zivilen Flughafenbetreiber erfolgte am 31.12.2005 [114].<br />
Derzeit ist die Leistungsfähigkeit des S/L-Bahn-Systems ausgereizt, d.h. der festgesetzte<br />
Koordinationseckwert <strong>von</strong> 78 wird oftmals überschritten (vgl. Kap. 4.2). Verspätungen<br />
bei der Abwicklung des täglichen Flugbetriebs sind dementsprechend<br />
kein Einzelfall. Deshalb strebt die Fraport AG (Frankfurt Airport Services Worldwide,<br />
seinerzeit Flughafen Frankfurt/Main AG) als Betreiber des Flughafens den Ausbau<br />
des bestehenden S/L-Bahn-Systems an.<br />
5.2.4.2 Ausgangssituation<br />
Der Flughafen Frankfurt Rhein Main besitzt zwei parallele S/L-Bahnen; S/L-Bahn<br />
07L/25R mit einer Breite <strong>von</strong> 60 m <strong>und</strong> S/L-Bahn 07R/25L mit einer Breite <strong>von</strong> 45 m<br />
sowie die S-Bahn 18 „West“ mit einer Breite <strong>von</strong> 45 m. Die Bahnen sind jeweils<br />
4.000 m lang. Aufgr<strong>und</strong> des Achsabstandes der Parallelbahnen <strong>von</strong> nur 518 m <strong>und</strong><br />
der Lage der S-Bahn 18 vor den Schwellen 07 ist nur ein aufeinander abgestimmter,<br />
koordinierter Flugbetrieb möglich (Anl. 30/2).<br />
Die Begründung des Ausbauvorhabens durch die Fraport AG basiert auf zwei primären<br />
Argumenten: Nachfrage <strong>und</strong> Wettbewerb.<br />
Bereits heute liegt die Verkehrsnachfrage in den Spitzenzeiten bei bis zu 110 Flugbewegungen<br />
pro St<strong>und</strong>e. Dies entspricht einem Nachfrageüberhang <strong>von</strong> ca. 40 %<br />
gegenüber der maximalen Kapazität des vorhandenen S/L-Bahn-Systems mit einem<br />
Koordinationseckwertes <strong>von</strong> 78 (Abb. 15). Diese Situation wird durch die sich abzeichnende<br />
Entwicklung des Luftverkehrs am Flughafen Frankfurt Rhein Main <strong>und</strong><br />
den daraus resultierenden Zukunftsprognosen weiter verschärft.<br />
Als zentraler Hub-Flughafen in Europa (Lufthansa bzw. Star Alliance) steht der Flughafen<br />
Frankfurt Rhein Main in direkter Konkurrenz zu den anderen großen Interkonti-<br />
85
nental-Hubs (z.B. London-Heathrow, Paris-Charles de Gaulle, Amsterdam-Schiphol).<br />
Um im Wettbewerb mit diesen Fughäfen weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben wird<br />
eine Anpassung des Kapazitätsniveaus gefordert.<br />
Flugbewegungen<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
78<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
4:30 5:30 6:30 7:30 8:30 9:30 10:30 11:30 12:30 13:30 14:30 15:30 16:30 17:30 18:30 19:30 20:30 21:30<br />
Wochentage Mo. - So.<br />
UTC = Weltzeit<br />
Koordinationseckwert 2000<br />
Quelle: AirPort Coordination Germany (APCG)<br />
Abb. 15: Slotnachfrage am Flughafen Frankfurt Rhein Main in der Sommersaison 2000,<br />
übernommen aus [100]<br />
Für den Prognosehorizont bis 2015 werden ca. 81 Mio. Passagiere pro Jahr erwartetet,<br />
was ca. 660.000 Flugbewegungen pro Jahr entspricht. Gemäß den Forderungen<br />
der Fraport AG muss dazu das zukünftige S/L-Bahn-System in beiden Betriebsrichtungen<br />
einen Koordinationseckwert <strong>von</strong> mind. 120 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e<br />
gewährleisten können.<br />
Um dieses Ziel zu erreichen, plant die Fraport AG den Neubau einer L-Bahn 07/25<br />
(Variante Nordwest) mit einer Länge <strong>von</strong> 2.800 m <strong>und</strong> einer Breite <strong>von</strong> 60 m (ICAO-<br />
ARC 4E, Anl. 31). Der Antrag zur Planfeststellung der Variante Nordwest wurde am<br />
02.11.2004 eingereicht <strong>und</strong> wird derzeit noch durch das Regierungspräsidium Darmstadt<br />
geprüft.<br />
Der Ausbauanspruch wird zusätzlich untermauert, indem auf die verkehrliche Bedeutung<br />
<strong>und</strong> die positiven wirtschaftlichen Effekte des Flughafens <strong>für</strong> die Region hingewiesen<br />
wird. Mit dem Ausbau des S/L-Bahn-Systems verbindet die Fraport AG die<br />
86
Einstellung des Nachtflugbetriebs <strong>von</strong> 23.00 Uhr bis 05.00 Uhr (sog. „Nachtflugverbot“)<br />
als Eingeständnis gegenüber den Flughafenanwohnern.<br />
5.2.4.3 Analyse des Bewertungsschemas<br />
Die Fraport AG hat sich bei der Vorauswahl der S/L-Bahn-Varianten an den Erkenntnissen<br />
<strong>und</strong> Empfehlungen aus dem vorgeschalteten Mediationsverfahren orientiert<br />
[32, 33, 34]. Alle Untersuchungen <strong>und</strong> Annahmen wurden auf Gr<strong>und</strong>lage der Vorschriften<br />
<strong>und</strong> Standards der ICAO durchgeführt bzw. getroffen.<br />
In dem Mediationsverfahren wurden insgesamt 21 S/L-Bahn-Systeme untersucht,<br />
wobei zwei S/L-Bahn-Systeme einer Optimierung des bestehenden S/L-Bahn-Systems<br />
ohne Ausbau entsprachen <strong>und</strong> zwei S/L-Bahn-Systeme eine Miteinbeziehung<br />
des Flughafens Wiesbaden-Erbenheim vorsahen. Als Mediationsergebnis wurden<br />
drei S/L-Bahn-Systeme bzw. S/L-Bahn-Varianten zur näheren Betrachtung vorgeschlagen<br />
[50]:<br />
- L-Bahn Nordwest,<br />
- L-Bahn Nordost <strong>und</strong><br />
- S/L-Bahn Süd mit gleichzeitigem Rückbau der S-Bahn 18 (vgl. Anl. 31).<br />
Vom Flughafenbetreiber wurden die bereits untersuchten S/L-Bahn-Varianten sowie<br />
weitere S/L-Bahn-Varianten nach eigenen – vom Mediationsverfahren abweichenden<br />
– Bewertungskriterien untersucht. Zur Reduzierung des Variantenbündels wurde<br />
ein zweistufiges Vorauswahlverfahren gewählt [32, 33].<br />
In der ersten Stufe der Vorauswahl werden vom Flughafenbetreiber vier betriebliche<br />
Zielkriterien bewertet, die als Mindestanforderung (Alles-oder-Nichts-Forderungen)<br />
an eine S/L-Bahn-Variante zwingend erfüllt werden müssen:<br />
- eine Kapazität des S/L-Bahn-Systems <strong>von</strong> mindestens 120 Flugbewegungen<br />
pro St<strong>und</strong>e in beiden Betriebsrichtungen („praktische Kapazität“)<br />
- die Gewährleistung einer MCT (minimum connecting time = kürzest mögliche<br />
Umsteigezeit) <strong>von</strong> max. 45 Minuten („Erhaltung der Hubfähigkeit“)<br />
87
- keine betrieblichen Einschränkungen während der Ausbauphase („Realisierbarkeit“)<br />
- keine flugbetrieblichen Faktoren, wie eine fehlende Hindernisfreiheit, keine<br />
CAT II/III-Fähigkeit oder sonstige flugtechnische Einschränkungen, die gegen<br />
die Realisierung einer S/L-Bahn-Variante sprechen („betriebliche Besonderheiten“)<br />
Die verbliebenen S/L-Bahn-Varianten werden in der zweiten Stufe der Vorauswahl<br />
hinsichtlich folgender Zielkriterien untersucht:<br />
- Flächeninanspruchnahme:<br />
Die Flächeninanspruchnahme wird nach Quantität <strong>und</strong> Qualität bewertet. Alle<br />
S/L-Bahn-Varianten sollen einen möglichst sparsamen Flächenbedarf haben.<br />
- Auswirkungen durch Fluglärm:<br />
Ausgewertet wird in dieser Bewertungsstufe die Anzahl der durch Fluglärm betroffenen<br />
Einwohner innerhalb eines äquivalenten Dauerschallpegels L eq(4) <strong>von</strong><br />
62 dB(A) (gem. AzB 99, FluLärmG).<br />
- Praktische Kapazität:<br />
Auf Gr<strong>und</strong>lage eines Prognoseflugplans erfolgt im Rahmen einer Simulation der<br />
Luftverkehrsabwicklung eine Detailuntersuchung der praktischen Kapazität.<br />
Nach dieser Vorauswahl verblieben insgesamt drei S/L-Bahn-Varianten:<br />
- L-Bahn-Variante Nordost (Variante 9),<br />
- L-Bahn-Variante Nordwest (Variante 9b) <strong>und</strong><br />
- S/L-Bahn-Variante Süd mit Nutzung der <strong>Start</strong>bahn 18 (Variante 3),<br />
die im Rahmen des ROV einer vollständigen <strong>und</strong> vergleichenden Bewertung unterzogen<br />
wurden. Da die L-Bahn-Variante Nordwest gem. der Voruntersuchung die<br />
günstigsten Werte aufweist, ist sie die sog. „Vorzugsvariante“ des Flughafenbetreibers.<br />
Die vom Flughafenbetreiber durchgeführten Untersuchungen im Zuge der Vorbereitung<br />
der Raumordnungsunterlagen beinhalten eine sehr detaillierte <strong>und</strong> akribische<br />
variantenvergleichende Bewertung aller Auswirkungen auf die Raumordnungsfaktoren<br />
(Siedlungswesen, Wirtschaft, Verkehr, Wasserwirtschaft, Energieversorgung,<br />
88
Wald, Freiraumsicherung <strong>und</strong> sonstige Bodennutzung) sowie auf sämtliche Umweltschutzgüter.<br />
Es wird vom Flughafenbetreiber im Rahmen der UVS darauf hingewiesen, dass Bewertungsmaßstäbe<br />
<strong>von</strong> Umweltschutzgütern in der Regel sehr allgemein gehalten<br />
sind <strong>und</strong> potentiell relevante schutzgutübergreifende <strong>und</strong> schutzgutbezogene Bewertungsmaßstäbe<br />
aus gesetzlichen Vorgaben des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> des Landes, planerischen<br />
Aussagen <strong>und</strong> quantitativen Umweltstandards hoheitlicher – z.B. aus Rechtverordnungen<br />
<strong>und</strong> Verwaltungsvorschriften – <strong>und</strong> nicht hoheitlicher Art – z.B. aus privaten<br />
Regelwerken – stammen [33].<br />
Die L-Bahn-Variante Nordwest wird im Zuge der UVS ebenfalls als Vorzugsvariante<br />
bewertet (Anl. 32), da sie gegenüber den anderen Varianten folgende Vorteile hat:<br />
- geringere Betroffenheit der Wohnbevölkerung <strong>und</strong> lärmsensibler Einrichtungen<br />
durch Fluglärm,<br />
- geringere Flächeninanspruchnahme bedeutender Schutzgutbereiche,<br />
- geringerer Flächenverlust <strong>von</strong> Bannwald, Waldflächen insgesamt <strong>und</strong> regionalen<br />
Grünzügen,<br />
- geringere Umweltauswirkungen auf Biotope,<br />
- geringere Bodenversiegelung,<br />
- geringere Beeinträchtigung <strong>von</strong> Wasserschutzgebieten.<br />
Da die L-Bahn-Variante Nordwest in der Bewertung der Zielkriterien des Flughafenbetreibers<br />
<strong>und</strong> in der Gesamtbewertung der Umwelt- <strong>und</strong> Raumverträglichkeit am<br />
günstigsten abschneidet wird sie als Ausbauvariante favorisiert. Die Varianten Nordost<br />
<strong>und</strong> Süd fallen dementsprechend zurück [32, 33].<br />
Fazit:<br />
Die vorhandene Auslastung des S/L-Bahn-Systems am Flughafen Frankfurt Rhein<br />
Main in Verbindung mit der derzeitigen Slot-Nachfrage <strong>und</strong> den Entwicklungsprognosen<br />
begründet den Ausbaubedarf hinreichend. Die Dringlichkeit des Ausbaus wird<br />
sogar anhand des vorhandenen Luftverkehrs in den Spitzenst<strong>und</strong>en („Luftstaus“) <strong>und</strong><br />
der Wettbewerbsituation in Europa offensichtlich.<br />
89
Die Fixierung der gesamten Ausbauplanung auf eine Kapazität <strong>von</strong> 120 <strong>Start</strong>s <strong>und</strong><br />
Landungen pro St<strong>und</strong>e ist jedoch fragwürdig, da gemäß den Entwicklungsszenarien<br />
bereits im Prognosejahr 2015 die zusätzliche Kapazität ausgeschöpft sein wird <strong>und</strong><br />
ein weiterer Ausbaubedarf bereits zum jetzigen Zeitpunkt absehbar ist. Demzufolge<br />
wäre es sinnvoll, ein Ausbaukonzept mit mehreren Ausbauschritten in die Bewertung<br />
aufzunehmen, insbesondere im konkreten Fall, da nach der Realisierung der favorisierten<br />
L-Bahn-Variante Nordwest die Realisierung der S/L-Bahn-Variante Süd als<br />
folgender Ausbauschritt prädestiniert ist.<br />
Die generierten S/L-Bahn-Varianten decken ein umfassendes Spektrum erdenklicher<br />
Möglichkeiten ab. Dementsprechend kann da<strong>von</strong> ausgegangen werden, dass ein<br />
vollständiges Variantenbündel in die erste Stufe der Variantenvorauswahl eingeführt<br />
wurde. Weiterhin wird im Zuge des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s die reale S/L-Bahn-Länge<br />
auf das erforderliche Mindestmaß in Abhängigkeit des S/L-Bahn-Systems <strong>und</strong> des<br />
Flugzeugmixes angepasst (Reduzierung der S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 4.000 m auf<br />
3.600 m), wodurch die Umweltauswirkungen abgemindert werden.<br />
Die zweistufige Variantenvorauswahl basiert auf Alles-oder-Nichts-Forderungen des<br />
Flughafenbetreibers. Dadurch werden S/L-Bahn-Varianten, die ein Zielkriterium nur<br />
knapp verfehlen (Grenzfälle), vorzeitig aus der weiteren Bewertung herausgenommen.<br />
Die Konsequenzen <strong>für</strong> das Verfahren können folgenschwer sein.<br />
In diesem Bereich hat das bestehende <strong>Bewertungsverfahren</strong> eine logische Unstimmigkeit,<br />
da die S/L-Bahn-Variante Süd mit Nutzung der <strong>Start</strong>bahn 18 (Variante 3) im<br />
Rahmen des ROV weiter bewertet wird, obwohl sie die Bedingungen der Auswahlstufen<br />
nicht erfüllt („praktische Kapazität“). Andere S/L-Bahn-Varianten sind in der<br />
Vorauswahl im direkten Vergleich mit der Variante 3 besser bewertet, speziell die<br />
S/L-Bahn-Variante Süd ohne Nutzung der <strong>Start</strong>bahn 18 (Variante 13), werden aber<br />
wegen der Nichterfüllung <strong>von</strong> Zielkriterien nicht weiter betrachtet.<br />
Die Bewertung der Umweltschutzgüter ist äußerst umfassend <strong>und</strong> sehr detailliert.<br />
Dies wirkt sich jedoch insgesamt gesehen negativ aus, da es einerseits zu Überschneidungen<br />
<strong>und</strong> dadurch zu Mehrfachbewertungen kommt <strong>und</strong> andererseits der<br />
Überschuss an Informationen <strong>und</strong> Einzelbewertungen dazu führt, dass einzelne<br />
90
Sachverhalte nicht transparent, unverständlich <strong>und</strong> schlussendlich unstimmig behandelt<br />
werden. Als Musterbeispiel kann die umfangreiche Analyse <strong>und</strong> Bewertung der<br />
nächtlichen Beeinträchtigungen durch Fluglärm genannt werden [32, 33, 57]. Da mit<br />
dem Ausbauvorhaben ein Nachtflugverbot am Flughafen Frankfurt Rhein Main verb<strong>und</strong>en<br />
ist, muss die Betrachtung der Lärmauswirkungen bei Nacht als Pseudobewertung<br />
angesehen werden, die das Gesamtbild verzerrt.<br />
Die wirtschaftliche Umsetzbarkeit der S/L-Bahn-Varianten wird stets vorausgesetzt.<br />
Das veranschlagte Investitionsvolumen <strong>für</strong> die gesamte Ausbaumaßnahme wird variantenunabhängig<br />
mit 3,335 – 3,383 Mrd. € angegeben [57]. In diesem Bereich wäre<br />
eine variantenabhängige Differenzierung der Investitionskosten hilfreich, um die Variantenreihung<br />
präzisieren zu können.<br />
Eine vermeintliche Fehleinschätzung innerhalb des durchgeführten <strong>Bewertungsverfahren</strong>s<br />
ist die Abschätzung des externen Unfallrisikos in Bezug auf die Lage des<br />
Chemieunternehmens Ticona zur L-Bahn-Variante Nordwest (Variante 9b, Anl. 76)<br />
<strong>und</strong> der daraus resultierenden Auswirkungen auf das gesamte Verfahren. Die abschließende<br />
Bewertung im Zuge des Planfeststellungsverfahrens könnte zu erheblichen<br />
<strong>und</strong> kostenintensiven Auflagen führen <strong>und</strong> sogar das Scheitern der vom Flughafenbetreiber<br />
favorisierten L-Bahn-Variante Nordwest bedeuten.<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass drei wesentliche Punkte innerhalb des<br />
durchgeführten <strong>Bewertungsverfahren</strong>s näher begründet bzw. untersucht werden<br />
müssten:<br />
- ein langfristiges Ausbaukonzept über das Planungsjahr 2015 hinaus,<br />
- den Ausschluss der Varianten 2b, 12 <strong>und</strong> 13 im Rahmen der zweistufigen Vorauswahl<br />
<strong>und</strong><br />
- die Auswirkungen des potentiellen externen Flugunfallrisikos auf die Realisierung<br />
der L-Bahn-Variante Nordwest (Variante 9b).<br />
Weiterhin wäre eine Überarbeitung der Einzelbewertungen der Umweltschutzgüter<br />
erforderlich, um eine pragmatische, aber stringente Bewertungsstruktur zu erhalten,<br />
die die allgemeine Überschaubarkeit <strong>und</strong> Nachvollziehbarkeit erleichtert.<br />
91
5.2.5 Flughafen Wien-Schwechat (VIE)<br />
5.2.5.1 Allgemeines<br />
Der Flughafen Wien-Schwechat wurde 1938 als Militärflugplatz der deutschen Luftwaffe<br />
gebaut. Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges erfolgte 1945 zunächst die<br />
Übernahme des Flugplatzes durch britische Truppen. Die Übergabe des Flugplatzes<br />
an die neugegründete „Wiener Flughafen Betriebs GmbH“ (später „Flughafen Wien<br />
Betriebs GmbH“) fand 1954 statt, so dass ab diesem Zeitpunkt die zivile Nutzung begann<br />
<strong>und</strong> der Flughafen Wien-Schwechat den einstigen Flughafen Wien-Aspern in<br />
der Funktion als „Wiener Flughafen“ ablöste.<br />
1959 wurde die bis dato bestehende S/L-Bahn 11/29 auf 3.000 m verlängert. Die<br />
steigenden Flugbewegungszahlen machten 1972 den Bau einer zweiten S/L-Bahn<br />
16/34 mit einer Länge <strong>von</strong> 3.600 m erforderlich. Der Börsengang <strong>und</strong> somit die Umwandlung<br />
der Flughafen Wien Betriebs GmbH in die Flughafen Wien AG fand Mitte<br />
Juni 1992 statt. Eine weitere Kapazitätssteigerung des S/L-Bahn-Systems wurde<br />
1997 durch die Verlängerung der S/L-Bahn 11/29 auf 3.500 m erreicht [5, 145].<br />
Der Flughafen Wien-Schwechat ist mit einem Passagieraufkommen <strong>von</strong> 15,86 Mio.<br />
Passagieren im Jahr 2005 der größte Verkehrsflughafen der Republik Österreich. Die<br />
zeitweise zweistelligen Zuwachsraten im Passagieraufkommen lassen sich auf die<br />
EU-Osterweiterung <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Vergrößerung des Einzugsgebietes<br />
zurückführen. Es ist abzusehen, dass der Flughafen Wien-Schwechat aufgr<strong>und</strong> seiner<br />
strategisch günstigen Lage in Zukunft eine zunehmende Rolle als Ost-West-<br />
Drehscheibe im europäischen Luftverkehr einnehmen wird [145].<br />
5.2.5.2 Ausgangssituation<br />
Das existierende S/L-Bahn-System besteht aus einer S/L-Bahn 11/29 mit einer<br />
Länge <strong>von</strong> 3.500 m sowie einer S/L-Bahn 16/34 mit einer Länge <strong>von</strong> 3.600 m. Die<br />
Breite der S/L-Bahnen beträgt jeweils 45 m. Da sich die beiden S/L-Bahnen kreuzen,<br />
ist nur ein aufeinander abgestimmter, koordinierter Flugbetrieb möglich (Anl. 33).<br />
Deshalb können auch bei einer optimalen Nutzung des S/L-Bahn-Systems nur maximal<br />
72 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e abgewickelt werden (vgl. Anl. 22).<br />
92
Aufgr<strong>und</strong> des stetigen Luftverkehrswachstums am Flughafen Wien-Schwechat ist zu<br />
erwarten, dass ohne einen Ausbau des S/L-Bahn-Systems die Landespitzen ab<br />
spätestens 2007 nur noch mit Verzögerungen („Luftstau“) abgewickelt werden können,<br />
<strong>und</strong> dass ab spätestens 2013 mit zusätzlichen Verzögerungen bei den Abflugspitzen<br />
gerechnet werden muss (Abb. 16). Deshalb beabsichtigt die Flughafen<br />
Wien AG – offiziell seit der Veröffentlichung des „Masterplans 2015“ im April 1998 –<br />
den Ausbau des bestehenden S/L-Bahn-Systems, um auf den absehbaren Mehrbedarf<br />
an S/L-Bahn-Kapazität zu reagieren.<br />
Passagiere<br />
Flughafen Wien-Schwechat<br />
22.000.000<br />
21.000.000<br />
20.000.000<br />
19.000.000<br />
18.000.000<br />
17.000.000<br />
16.000.000<br />
15.000.000<br />
14.000.000<br />
13.000.000<br />
12.000.000<br />
Passagierzahlen IST<br />
Plan 2005: +8,0%<br />
Langfristprognose: +4,6 %<br />
11.000.000<br />
10.000.000<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Jahr<br />
Abb. 16: Passagierentwicklung <strong>und</strong> Entwicklungsprognose am Flughafen Wien-Schwechat [145]<br />
5.2.5.3 Analyse des Bewertungsschemas<br />
Gr<strong>und</strong>lage der Analyse bilden der sog. „Masterplan 2015“ der Flughafen Wien AG<br />
<strong>und</strong> die darauf basierenden Bewertungen <strong>von</strong> Szenarien innerhalb des Mediationsverfahrens<br />
vom 17.07.2000 bis zum 22.06.2005 (vgl. Kap. 3.7), da diese Bewertungen<br />
offensichtlich eine präjudizierende Wirkung <strong>für</strong> die folgenden Verfahrensschritte<br />
haben werden.<br />
Die im Masterplan 2015 veröffentlichen sog. Pistenoptionen sind in Anl. 34 dargestellt.<br />
Die daraus resultierenden Szenarien sind [76]:<br />
93
- Szenario A: Null-Variante, das bestehende S/L-Bahn-System wird beibehalten<br />
- Szenario B: Neubau einer Piste 11/29 in einem Abstand <strong>von</strong> 2.220 m südlich<br />
parallel zur „alten“ Piste 11/29<br />
- Szenario C: Kooperation mit dem Flughafen Bratislava (Slowakei)<br />
- Szenario D: Kooperation mit anderen internationalen Flughäfen in Österreich<br />
- Szenario E: Wien erhält einen Zweitflughafen oder sogar einen Ersatzflughafen<br />
- Szenario F: Neubau einer Piste 11R/29L in einem Abstand <strong>von</strong> 1.035 m südlich<br />
parallel zur bestehenden Piste 11/29<br />
- Szenario G: Neubau einer Piste 16L/34R in einem Abstand <strong>von</strong> 2.220 m westlich<br />
parallel zur bestehenden Piste 16/34<br />
- Szenario H: Neubau einer Piste mit Nordost - Südwestlage (evtl. mit Parallelpiste),<br />
die zu keiner der bestehenden Pisten parallel liegt<br />
Die Szenarien können in vier Gruppen weiter unterteilt werden:<br />
- kein Ausbau: Szenario A<br />
- Bau einer Parallelpiste: Szenarien B, F, G<br />
- Kooperation mit dem Flughafen Bratislava: Szenario C<br />
- sonstige Maßnahmen: Szenarien D, H<br />
Aus diesen Szenarien wird zunächst anhand <strong>von</strong> ökonomischen, ökologischen <strong>und</strong><br />
sozialen Faktoren eine Vorauswahl getroffen, um sich bei der intensiven Bewertung<br />
auf in Frage kommende Szenarien zu konzentrieren. Als Resultat der Vorauswahl<br />
werden die Szenarien A <strong>und</strong> B zur weiteren Bewertung ausgewählt. Zu den Szenarien<br />
C, F <strong>und</strong> G werden getrennt zur Bewertung der Szenarien A <strong>und</strong> B weitere Untersuchungen<br />
durchgeführt. Die Szenarien D, E <strong>und</strong> H werden zurückgestellt.<br />
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wird als Gleichgewicht zwischen Ökonomie, Ökologie<br />
<strong>und</strong> sozialen Aspekten definiert. Die Bewertungen der Einzelkriterien erfolgen in der<br />
Regel verbal argumentativ <strong>und</strong> sind wie folgt gegliedert [76, 143]:<br />
- Ökonomie:<br />
• Lärmschutz<br />
• Entschädigungen<br />
• Steueraufkommen<br />
94
• Entwicklungsmöglichkeit der Gemeinden<br />
• Einkommensentwicklung<br />
• Bodenwert<br />
• Tourismusentwicklung<br />
• Standortwettbewerb<br />
• Betriebsansiedelung<br />
• Arbeitsplätze<br />
• Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen<br />
• Existenz landwirtschaftlicher Betriebe<br />
- Ökologie:<br />
• Abfallaufkommen<br />
• Abwasser<br />
• Gr<strong>und</strong>wasser<br />
• Energieverbrauch<br />
• Bodenverbrauch<br />
• Flora/Fauna<br />
• Klimabeeinflussung<br />
• Schadstoffemission<br />
• Transportbedarf Bodenverkehr<br />
• Aufteilung <strong>von</strong> Verkehrsströmen<br />
• Lärm<br />
- soziale Aspekte (Soziales):<br />
• Soziale Strukturen<br />
• Bevölkerungsentwicklung<br />
• Siedlungsstrukturen<br />
• Externes Risiko<br />
• Regionale Verteilung Lasten/Nutzen<br />
• Ges<strong>und</strong>heit<br />
Als Ergebnis des Mediationsverfahrens wurde am 22.06.2005 <strong>von</strong> insgesamt<br />
55 Parteien (Flughafen Wien AG, Länder, Gemeinden, Bürgerinitiativen, Siedlungsvereine<br />
usw.) das Abschlussdokument des Mediationsverfahrens, der sog. Mediationsvertrag,<br />
unterzeichnet. Der Mediationsvertrag beinhaltet die Lage einer neuen<br />
95
S/L-Bahn 11R/29L mit einer S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> ca. 3.500 m <strong>und</strong> einem Abstand<br />
<strong>von</strong> 2.400 m südlich parallel zur „alten“ Piste 11/29 (optimiertes Szenario B, Anl. 33).<br />
Der Bewertungsschwerpunkt liegt im Bereich der zukünftigen Beeinträchtigungen<br />
durch Fluglärm. Dementsprechend sind mit dem Mediationsvertrag Einschränkungen<br />
<strong>für</strong> den Nachtflugbetrieb, eine Deckelung der Lärmbelastung, Maßnahmen des technischen<br />
Lärmschutzes sowie die Einrichtung eines Umweltfonds verb<strong>und</strong>en.<br />
Eine sog. UVP-Begleitgruppe wirkt an der derzeitigen Erstellung einer Umweltverträglichkeitserklärung<br />
(UVE) auf Basis einer Bewertung der einzelnen Umweltschutzgüter<br />
mit (vgl. Abb. 28), die zur Prüfung des Ausbauvorhabens nach dem UVP-Gesetz<br />
eingereicht werden muss.<br />
Fazit:<br />
Die aufzeigbare Entwicklung des Luftverkehrs am Flughafen Wien-Schwechat <strong>und</strong><br />
das weitere Wachstumspotential begründen die Notwendigkeit eines Kapazitätsausbaus<br />
hinreichend.<br />
Das bestehende S/L-Bahn-System <strong>und</strong> die Lage der Stadt Wien in Verbindung mit<br />
der Forderung nach einer möglichst großen Kapazitätssteigerung bewirken eine<br />
zweckmäßige Beschränkung des Variantenspektrums, in erster Priorität auf Parallelbahnsysteme<br />
der Betriebsrichtungen 11/29 bzw. 16/34.<br />
Die Bewertungen im Zuge des Mediationsverfahrens beinhalten ein breites Spektrum<br />
<strong>von</strong> Einzelaspekten <strong>und</strong> decken die volkswirtschaftlichen Gesichtpunkte eines Flughafenausbaus<br />
mit ab.<br />
Sowohl die Variantenauswahl als auch die anschließende verbal argumentative Abwägung<br />
ergeben ein schlüssiges Gesamtbild [76]. Die Wahl der favorisierten S/L-<br />
Bahn-Variante 11R/29L ist eine logische Schlussfolgerung. Die Optimierung des Parallelabstands<br />
auf 2.400 m zeigt die Flexibilität innerhalb des durchgeführten Verfahrens.<br />
96
Gesagt werden muss, dass als erstes Ergebnis des Mediationsverfahrens Anfang<br />
2003 ein Teilvertrag „Aktuelle Maßnahmen“ geschlossen wurde, der unabhängig vom<br />
Ausgang des Mediationsverfahrens eine Neuregelung der An- <strong>und</strong> Abflugrouten in<br />
unmittelbarer Flughafenumgebung sowie zeitliche Einschränkungen bestimmter<br />
Flugbewegungen bedeutet. Dieser Vertrag ist in erster Linie ein Zugeständnis des<br />
Flughafenbetreibers <strong>und</strong> bewirkt eine Verbesserung in Hinsicht auf die Beeinträchtigungen<br />
durch Fluglärm gegenüber dem Status quo. Der Teilvertrag ist ein Zeichen –<br />
insbesondere der Flughafen Wien AG – <strong>für</strong> den Willen zur Zusammenarbeit innerhalb<br />
des Mediationsverfahrens. Das Mediationsverfahren am Flughafen Wien-Schwechat<br />
konnte nicht zuletzt wegen dieser positiven Atmosphäre erfolgreich abgeschlossen<br />
werden. Der Mediationsvertrag ist insgesamt gesehen ein Musterbeispiel <strong>für</strong> den Erfolg<br />
einer frühzeitigen Beteiligung aller Parteien an der Gestaltung eines Ausbauvorhabens.<br />
5.2.6 Flughafen Zürich-Kloten (ZRH)<br />
5.2.6.1 Allgemeines<br />
Am 22.06.1945 legte ein B<strong>und</strong>esbeschluss fest, dass Zürich der Standort eines Interkontinentalflughafens<br />
werden sollte. Im Juli 1946 begannen die Bauarbeiten auf dem<br />
ehemaligen Klotener Waffenplatz, so dass bereits am 14.06.1948 erste <strong>Start</strong>s <strong>und</strong><br />
Landungen auf der S/L-Bahn 10/28 abgewickelt wurden (sog. Westpiste). Die S/L-<br />
Bahn-Länge betrug 1.900 m, die Bahnbreite 60 m. Am 17.11.1948 erfolgte die Inbetriebnahme<br />
der S/L-Bahn 16/34, die in Landerichtung 16 als erste der S/L-Bahnen<br />
mit einem ILS ausgestattet wurde (sog. Blindlandepiste). Die S/L-Bahn 16/34 hatte<br />
zunächst eine Bahnlänge <strong>von</strong> 2.600 m <strong>und</strong> eine Bahnbreite <strong>von</strong> 75 m. In dieser Anfangszeit<br />
wurde die Piste 02/20 als sog. Bisenpiste (Bise = schweiz. <strong>für</strong> Nordostwind)<br />
mit einer S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 1.535 m <strong>und</strong> einer Bahnbreite <strong>von</strong> 45 m realisiert. Sie<br />
war gegen den sog. Biswind ausgerichtet <strong>und</strong> wurde Ende der 1950er-Jahre als S/L-<br />
Bahn aufgegeben (Anl. 35/1) [5, 146].<br />
Die offizielle Eröffnung des Flughafens Zürich-Kloten fand vom 29.08. bis 31.08.1953<br />
statt. Im Zeitraum <strong>von</strong> 1958 bis 1969 wurden die S/L-Bahn 10/28 auf 2.500 m <strong>und</strong> die<br />
S/L-Bahn 16/34 auf 3.700 m verlängert. Am 01.01.1976 erfolgte die Inbetriebnahme<br />
der neu gebauten S/L-Bahn 14/32 mit einer Länge <strong>von</strong> 3.300 m (Anl. 35/2) [5].<br />
97
Die formale Eigentümerin des Flughafens war die Flughafendirektion Zürich (FDZ).<br />
Die Aufgaben der FDZ umfassten im Wesentlichen den Bau <strong>und</strong> Betrieb der Flugbetriebsflächen,<br />
die Abwicklung des Flugbetriebs sowie die Aushandlung <strong>und</strong> Umsetzung<br />
des Betriebsreglements. Parallel dazu, war die Flughafen-Immobilien-Gesellschaft<br />
(FIG) zuständig <strong>für</strong> den Bau <strong>und</strong> Betrieb der Hochbauten. Sowohl die FDZ als<br />
auch die FIG gehörten der kantonalen Verwaltung an.<br />
Zunächst wurde die FIG privatisiert <strong>und</strong> 1984 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt<br />
[146]. Die erfolgreiche Privatisierung der FIG <strong>und</strong> das stetige Wachstum des Flughafens<br />
Zürich führten zur Ausgliederung der FDZ aus der kantonalen Verwaltung, so<br />
dass am 01.03.2000 die FDZ mit der FIG fusionieren konnte. Der offizielle Zusammenschluss<br />
der FDZ <strong>und</strong> der FIG zur Flughafen Zürich AG fand am 30.03.2000 statt.<br />
Am 06.04.2000 wurde der Markennahme „Unique“ <strong>für</strong> die Betreibergesellschaft Flughafen<br />
Zürich AG eingeführt [141].<br />
5.2.6.2 Ausgangssituation<br />
Das existierende S/L-Bahn-System am Flughafen Zürich-Kloten ist seit 1974 unverändert<br />
<strong>und</strong> besteht folglich aus insgesamt drei S/L-Bahnen:<br />
- S/L-Bahn 10/28 mit einer S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 2.500 m,<br />
- S/L-Bahn 16/34 mit einer S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 3.700 m,<br />
- S/L-Bahn 14/32 mit einer S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 3.300 m (Anl. 35/2).<br />
Das vorhandene V-Bahn-System der S/L-Bahnen 14/32 <strong>und</strong> 16/34 in Verbindung mit<br />
der kreuzenden S/L-Bahn 10/28 hat umfangreiche flugbetriebliche Abhängigkeiten<br />
zur Folge (koordinierter Flugbetrieb). Der Koordinationseckwert des S/L-Bahn-Systems<br />
liegt deshalb, trotz drei S/L-Bahnen, nur bei 66 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e<br />
[10].<br />
Das Luftverkehrsaufkommen am Flughafen Zürich-Kloten ist in den 1990er Jahren<br />
stark angestiegen. Im Jahr 2000 wurde mit 22,7 Mio. Passagieren <strong>und</strong> 271.000 Flugbewegungen<br />
im Linienflugbetrieb ein bisheriger Höchststand erreicht. In den Jahren<br />
2001 bis 2003 ist das Passagieraufkommen um ca. 25 % <strong>und</strong> die Anzahl der Flugbewegungen<br />
um ca. 19 % zurückgegangen. Die Gründe <strong>für</strong> diese negative Entwicklung<br />
sind u.a.:<br />
98
- Erlass, Aufhebung <strong>und</strong> Neuerlass <strong>von</strong> Lärmbelastungsgrenzwerten <strong>für</strong> zivile<br />
Großflugzeuge (ab 04.2000 bis 05.2001),<br />
- Kündigung der Verwaltungsvereinbarung Schweiz - Deutschland <strong>von</strong> 1984<br />
durch Deutschland (31.05.2000),<br />
- Vollzug der Privatisierung des Flughafens (Flughafen Zürich AG),<br />
- Terror-Anschläge in den USA (11.09.2001),<br />
- Gro<strong>und</strong>ing der Swissair-Flotte (02.10.2001),<br />
- Stufenweise Einführung der Restriktionen zur Benützung des süddeutschen<br />
Luftraums (ab 19.10.2001),<br />
- Diskussion neuer Betriebskonzepte im Rahmen der sog. SIL-Koordination.<br />
In den Jahren ab 2003 bis heute, hat sich dieser Abwärtstrend umgekehrt, so dass<br />
im Jahr 2005 ein Passagierwachstum <strong>von</strong> 3,7 % verzeichnet werden konnte<br />
(Abb. 17). Im ersten Halbjahr 2006 lag das Passagierwachstum bei 6,0 % [141].<br />
Passagiere<br />
Flughafen Zürich-Kloten<br />
24.500.000<br />
23.500.000<br />
22.500.000<br />
21.500.000<br />
20.500.000<br />
19.500.000<br />
18.500.000<br />
17.500.000<br />
16.500.000<br />
15.500.000<br />
14.500.000<br />
Passagierzahlen<br />
13.500.000<br />
12.500.000<br />
11.500.000<br />
10.500.000<br />
9.500.000<br />
8.500.000<br />
7.500.000<br />
1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 Jahr<br />
Abb. 17: Passagierentwicklung am Flughafen Zürich-Kloten [141]<br />
5.2.6.3 Analyse des Bewertungsschemas<br />
Als Vorsorge zur Offenhaltung <strong>von</strong> Spielräumen wurden im Zuge eines sog. RELIEF-<br />
Projekts (Raumentwicklungskonzept <strong>für</strong> die Flughafenregion <strong>und</strong> langfristige Infrastrukturentwicklung<br />
des Flughafens) <strong>von</strong> Oktober 2002 bis März 2004 Entwicklungsmöglichkeiten<br />
des Flughafens Zürich-Kloten detailliert untersucht <strong>und</strong> allgemeine<br />
99
Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> einen evtl. Ausbau des S/L-Bahn-Systems formuliert.<br />
Der Bewertung der S/L-Bahn-Varianten liegen folgende Ziele zugr<strong>und</strong>e [2]:<br />
- Eine langfristige Sicherung der Handlungsspielräume, einerseits <strong>für</strong> die<br />
Raumentwicklung der Flughafenregion, andererseits <strong>für</strong> den Flughafen.<br />
- Minimierung der durch Flugbetrieb verursachten Umweltauswirkungen (Mensch,<br />
Umwelt).<br />
In der sog. Erk<strong>und</strong>ungsphase wurden <strong>von</strong> Oktober 2002 bis März 2003 alle denkbaren<br />
Entwicklungsoptionen mit <strong>und</strong> ohne Ausbau des S/L-Bahn-Systems im Rahmen<br />
<strong>von</strong> Testplanungen vorurteilsfrei betrachtet <strong>und</strong> grob bewertet. In Anl. 36/1 sind die<br />
generierten Entwicklungsoptionen dargestellt. Anhand vorab definierter Zielkriterien<br />
konnten verschiedene Lösungsansätze argumentativ ausgeschlossen werden (sog.<br />
„qualitatives Verwerfen“). Verworfene Lösungsansätze sind [1]:<br />
- Alternativer Flughafenstandort:<br />
• volkswirtschaftlich unzweckmäßig<br />
• kein Alternativstandort ersichtlich<br />
• Widerspruch zu Legislaturzielen des Regierungsrates<br />
- Flughafen-Verb<strong>und</strong>:<br />
• ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />
• geringe Akzeptanz bei Passagieren (MCT)<br />
• mehr betroffene Anwohner (Lärmbelastung)<br />
- Unverändertes Pistensystem („Null-Variante“):<br />
• unbefriedigende Situation bzgl. Lärmbelastung <strong>und</strong> Flugbetrieb insbesondere<br />
infolge der Restriktionen Deutschlands <strong>und</strong> des Pistensystems mit sich<br />
kreuzenden Pisten<br />
Wesentliche Erkenntnisse aus dieser Phase sind [2]:<br />
- Veränderungen des S/L-Bahn-Systems sind <strong>für</strong> Verbesserungen der Raum<strong>und</strong><br />
Flughafenentwicklung notwendig.<br />
- Die vom Flughafenbetreiber langfristig geforderte Kapazität des S/L-Bahn-Systems<br />
beträgt 90 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e (d.h. 60 Landungen <strong>und</strong> 30 <strong>Start</strong>s<br />
respektive umgekehrt). Diese Forderung kann nur mit einem zumindest teil-<br />
100
weise unabhängigen Parallelbahnsystem erfüllt werden. Drei gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
S/L-Bahn-Varianten kommen dazu in Frage: die Parallelbahnen 10L/28R,<br />
14R/32L <strong>und</strong> 16R/34L.<br />
- Wegen den topographischen Rahmenbedingungen ist ein Parallelbahnsystem<br />
in Nord-Süd-Ausrichtung zu favorisieren.<br />
- Doppelte Parallelbahnsysteme werden nicht weiter untersucht, da der angenommene<br />
Mehrwert in keinem Verhältnis zum Flächenbedarf <strong>und</strong> zu den Umweltbeeinträchtigungen<br />
steht.<br />
- Die Entwicklungsschritte sollen überschaubar sein <strong>und</strong> jeder einzelne Schritt <strong>für</strong><br />
sich genommen eine in sich schlüssige <strong>und</strong> abschließbare „Etappe“ darstellen.<br />
Dieses Vorgehen wird Alles-oder-Nichts-Lösungen vorgezogen.<br />
- Die Verlängerung der S/L-Bahn 10/28 wird in jedem Fall als zweckmäßig erachtet.<br />
- Um das V-Bahn-System der S/L-Bahnen 14/32 <strong>und</strong> 16/34 zu optimieren, wird<br />
eine nördliche Verlängerung empfohlen.<br />
- Das nähere Flughafenumfeld sollte weiterentwickelt werden, beispielsweise in<br />
Form eines Regionalparks.<br />
- Im Zuge eines Neubeginns grenzüberschreitender Zusammenarbeit könnte die<br />
Erreichbarkeit des Flughafens zu den Räumen <strong>von</strong> Basel <strong>und</strong> Schaffhausen/Bodensee<br />
verbessert werden.<br />
In der darauf folgenden sog. Vertiefungsphase <strong>von</strong> April 2003 bis März 2004 erfolgte<br />
eine detaillierte Untersuchung der verbliebenen Entwicklungsoptionen. In den Vordergr<strong>und</strong><br />
rückten Entwicklungsschritte, die bereits kurz- <strong>und</strong> mittelfristig Verbesserungen<br />
<strong>für</strong> die Bevölkerung <strong>und</strong> den Flughafenbetreiber versprechen, die langfristige<br />
Entwicklung aber nicht präjudizieren. Als „profilbildend“ werden jene Ausbauschritte<br />
(Etappen) der <strong>von</strong> den sog. Teams gewählten Lösungsansätze bezeichnet, die sowohl<br />
<strong>für</strong> eine kurz- bis mittelfristige, als auch <strong>für</strong> eine langfristige Flughafenentwicklung<br />
prägend sind (Anl. 36/2) [2].<br />
Als sog. „erfolgskritische Aspekte“ erwiesen sich die Kriterien Sicherheit, Zahl lärmbetroffener<br />
Einwohner sowie stündliche Kapazität. Weiterhin wurden die Kriterien<br />
Eingriffe in Siedlungen, Landschaft <strong>und</strong> Infrastruktur, Kosten, Zuverlässigkeit des<br />
Betriebes sowie sog. Aufwärtskompatibilität bewertet.<br />
101
Empfohlene werden als kurz- bzw. mittelfristige Maßnahmen (RELIEF-Optimierung<br />
[2]):<br />
- Verlängerung der S/L-Bahn 10/28 nach Westen (<strong>von</strong> 2.500 m auf 2.950 m)<br />
• Ermöglicht die Landung aller Flugzeugmuster aus Osten<br />
• Vermeidung <strong>von</strong> Anflügen aus dem Süden<br />
• Reduktion <strong>von</strong> <strong>Start</strong>s nach Westen<br />
- Verlängerung der S/L-Bahn 14/32 nach Norden (<strong>von</strong> 3.300 m auf 3.700 m)<br />
• Ermöglicht kreuzungsfrei <strong>Start</strong>s schwerer Flugzeugmuster in Betriebsrichtung<br />
32 bei nahezu allen Wetterlagen<br />
• Reduktion der <strong>Start</strong>s nach Süden<br />
Empfohlene langfristige Maßnahme (RELIEF-Vorsorge, [1]):<br />
- Realisierung eines Parallelbahnsystems 16/34 wird favorisiert<br />
• Erhöhung des Koordinationseckwerts auf 90 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e<br />
• Umweltauswirkungen sind im Betrieb als sog. „Sackbahnhof“ am günstigsten<br />
(ausschließlich Landungen in Richtung Süden <strong>und</strong> <strong>Start</strong>s in Richtung<br />
Norden)<br />
Es wird abschließend darauf hingewiesen, dass Unwägbarkeiten hinsichtlich der<br />
Vereinbarkeit mit den Restriktionen Deutschlands <strong>und</strong> flugbetriebliche Aspekte existieren,<br />
die die Eingrenzung der Langfristperspektive allein auf die Variante Parallelbahnsystem<br />
16/34 riskant machen. Deshalb wird empfohlen, die Variante Parallelbahnsystem<br />
10/28 als Alternative offen zu halten. Aufgr<strong>und</strong> der Auswirkungen der<br />
Variante Parallelbahnsystem 14/32 wird <strong>von</strong> einer raumplanerischen Vorsorge abgeraten,<br />
so dass diese Variante quasi ausgeschlossen wird.<br />
Fazit:<br />
Die frühzeitige Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten am Flughafen Zürich-Kloten ermöglicht<br />
die Sicherung <strong>von</strong> langfristigen Perspektiven <strong>und</strong> sollte immer angestrebt<br />
werden. Bei einer Bewertung unter Zeitdruck bzw. zeitlichen Realisierungsvorgaben<br />
sind in der Regel Handlungsspielräume eingeengt oder stehen gar nicht mehr zur<br />
Verfügung.<br />
102
Die Generierung der „Lösungsansätze“ spiegelt ein strukturiertes <strong>und</strong> in sich stimmiges<br />
Gesamtbild wider. Das sog. „qualitative Verwerfen“ <strong>von</strong> Lösungsansätzen ist<br />
nachvollziehbar <strong>und</strong> stellt ein pragmatisches Vorgehen dar.<br />
Die Bewertungen der S/L-Bahn-Varianten bzw. S/L-Bahn-Systeme sind ebenfalls<br />
nachvollziehbar <strong>und</strong> schlüssig. Es sollte jedoch im Hinblick auf die flugbetriebliche<br />
Realisierbarkeit ein konkretes Ergebnis erarbeitet werden, da dieses Kriterium zum<br />
Ausschluss der favorisierten Variante führen könnte („K.o.-Kriterium“).<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das RELIEF-Projekt als vorbildlich bezeichnet<br />
werden kann. Sowohl die Variantenauswahl als auch die anschließende<br />
verbal argumentative Abwägung ergeben ein umfassendes <strong>und</strong> schlüssiges Gesamtbild.<br />
Die Wahl der favorisierten Variante Parallelbahnsystem 16/34 ist logisch<br />
nachvollziehbar.<br />
5.2.7 Flughafen Madrid-Barajas (MAD)<br />
5.2.7.1 Allgemeines<br />
Der Flughafen Madrid-Barajas (Aeropuerto Bajaras) wurde am 22.04.1931 offiziell in<br />
Betrieb genommen. Das Flugfeld bestand zunächst aus einer großen rechteckigen<br />
Grünfläche. 1944 wurde die erste befestigte S/L-Bahn mit einer Länge <strong>von</strong> 1.400 m<br />
<strong>und</strong> einer Breite <strong>von</strong> 48 m gebaut. Ende der 1940er Jahre bestanden drei S/L-Bahnen<br />
am Flughafen Madrid-Barajas. Das S/L-Bahn-System wurde in den 1950er Jahren<br />
durch zwei weitere S/L-Bahnen ergänzt [80].<br />
Das Jet-Zeitalter (vgl. Kap. 1) machte eine Reduzierung der S/L-Bahn-Anzahl sowie<br />
eine sukzessive Verlängerung der S/L-Bahnen notwendig. Beginnend ab 1965 wurden<br />
die bestehenden fünf S/L-Bahnen auf die S/L-Bahnen 18/36 <strong>und</strong> 15/33 reduziert<br />
<strong>und</strong> beide S/L-Bahnen wurden in den nachfolgenden Jahren schrittweise auf 3.700 m<br />
bzw. 4.100 m verlängert (Anl. 37/1).<br />
1970 erfolgte aufgr<strong>und</strong> des gestiegenen Passagieraufkommens <strong>und</strong> der Zunahme an<br />
größeren Verkehrsflugzeugen ein umfangreicher Um- <strong>und</strong> Ausbau der Abfertigungsanlagen.<br />
Das Passagieraufkommen stieg stetig weiter an. Wurden 1970 noch<br />
103
4,16 Mio. Passagiere abgewickelt, so waren es 1980 bereits 10,17 Mio. Passagiere<br />
<strong>und</strong> 1990 16,04 Mio. Passagiere [80]. Dieses stetige Passagierwachstum machte<br />
Ausbauplanungen im Bereich des S/L-Bahn-Systems erforderlich die im Folgenden<br />
analysiert werden.<br />
Betreibergesellschaft des Flughafens ist die 1990 gegründete staatliche Flughafengesellschaft<br />
AENA (Aeropuertos Españoles y Navigación Aérea).<br />
5.2.7.2 Ausgangssituation<br />
In der Ausgangskonfiguration bestand das S/L-Bahn-System aus einem Kreuzbahnsystem<br />
mit der S/L-Bahn 15/33 mit einer Länge <strong>von</strong> 4.100 m <strong>und</strong> der S/L-Bahn 18/36<br />
mit einer Länge <strong>von</strong> 3.700 m (Anl. 37/1).<br />
Die gesamte Ausbauplanung Anfang der 1990er Jahre hatte die Zielvorgabe, die Kapazität<br />
des S/L-Bahn-Systems schrittweise auf einen Koordinationseckwert <strong>von</strong><br />
120 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e zu erhöhen. Parallel dazu war eine schrittweise<br />
Steigerung der Terminalkapazität auf 70 Mio. Passagiere beabsichtigt [80]. Die Entwicklung<br />
des Passagieraufkommens verdeutlicht den Ausbaubedarf am Flughafen<br />
Madrid-Barajas (Abb. 18).<br />
Flughafen Madrid-Barajas<br />
Passagiere<br />
45.000.000<br />
43.000.000<br />
41.000.000<br />
39.000.000<br />
37.000.000<br />
35.000.000<br />
33.000.000<br />
31.000.000<br />
29.000.000<br />
27.000.000<br />
Passagierzahlen<br />
25.000.000<br />
23.000.000<br />
21.000.000<br />
19.000.000<br />
17.000.000<br />
15.000.000<br />
13.000.000<br />
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 Jahr<br />
Abb. 18: Passagierentwicklung am Flughafen Madrid-Barajas [80]<br />
104
5.2.7.3 Analyse des Bewertungsschemas<br />
Die als Zielvorgabe geforderte Kapazität <strong>von</strong> 120 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e<br />
machte eine komplette Umstrukturierung des bestehenden S/L-Bahn-Systems notwendig.<br />
Alternative Flughafenstandorte wurden deshalb mit in die Untersuchungen<br />
einbezogen. Da die Alternativstandorte keine entscheidenden Standortvorteile gegenüber<br />
dem bestehenden Flughafenstandort Madrid-Barajas aufwiesen, wurden<br />
diese Alternativen verworfen [80].<br />
Um das geforderte Kapazitätsniveau zu erreichen, war die Realisierung eines Parallelbahnsystems<br />
bzw. eines doppelten Parallelbahnsystems unumgänglich. Weiterhin<br />
sollte der Flugbetrieb während der jeweiligen Ausbauschritte weitestgehend ohne<br />
Einschränkungen abgewickelt werden können.<br />
Da der östlich des Flughafengeländes in Nord-Süd-Richtung verlaufende Fluss Jarama<br />
im Flussbett unangetastet bleiben sollte, wurde zunächst die in Anl. 38 dargestellte<br />
Konfiguration des S/L-Bahn-Systems favorisiert. Als erster Ausbauschritt erfolgte<br />
im Zeitraum <strong>von</strong> 1996 bis 1998 der Neubau der S/L-Bahn 18R/36L mit einer<br />
Länge <strong>von</strong> 4.350 m (Anl. 37/1). Dieser erste Ausbauschritt war verb<strong>und</strong>en mit umfangreichen<br />
flugbetrieblichen Auflagen, die primär zur Reduzierung <strong>und</strong> Begrenzung<br />
der Belästigungen durch Fluglärm beitragen sollen (z.B. Nachtflugrestriktionen) [1].<br />
Das gesamte Ausbaukonzept basierte auf der Idee, eine der ehemaligen S/L-Bahnen<br />
in der neuen Konfiguration weiter zu nutzen (S/L-Bahn 18/36 o. 15/33), d.h. im Zuge<br />
des zweiten Ausbauschritts bestand gr<strong>und</strong>sätzlich die Option, anstatt, wie zunächst<br />
beabsichtigt die S/L-Bahn 15/33 zurückzubauen <strong>und</strong> ein zusätzliches Parallelbahnsystem<br />
in der Ausrichtung 18/36 zu realisieren, die S/L-Bahn 18L/36R nicht weiter zu<br />
betreiben <strong>und</strong> ein zusätzliches Parallelbahnsystem in der Ausrichtung 15/33 anzulegen<br />
(vgl. Anl. 37/2).<br />
Im Rahmen der durchgeführten Bewertung des Flughafenbetreibers wurden die<br />
Vorteile des Parallelbahnsystems in der Ausrichtung 15/33 hinsichtlich der Lärmauswirkung<br />
<strong>und</strong> der möglichen Lärmreduzierung gegenüber dem Parallelbahnsystem in<br />
der Ausrichtung 18/36 als maßgeblich bewertet. Die Eingriffe in den Flusslauf des Ja-<br />
105
amas wurden zwar als gravierend bewertet, konnten aber die Vorteile der Minderung<br />
der Lärmbelästigung nicht aufwiegen. Ansonsten wurden die beiden Ausbauvarianten<br />
als nahezu gleichwertig beurteilt.<br />
Der zweite Ausbauschritt wurde folglich zugunsten eines neuen Parallelbahnsystems<br />
in Ausrichtung 15/33 verändert. Die offizielle Inbetriebnahme erfolgte am 06.02.2006,<br />
so dass am Flughafen Madrid-Barajas insgesamt vier S/L-Bahnen zur Verfügung<br />
stehen (Anl. 37/2) [1]:<br />
- S/L-Bahn 15L/33R, Länge 3.500 m,<br />
- S/L-Bahn 15R/33L, Länge 4.100 m,<br />
- S/L-Bahn 18L/36R, Länge 3.500 m,<br />
- S/L-Bahn 18R/36L, Länge 4.350 m.<br />
Mit diesem Ausbau wird die „Maximum Development Configuration“ verb<strong>und</strong>en, d.h.<br />
der „Endausbau“ des S/L-Bahn-Systems. Die Langzeitplanungen konzentrieren sich<br />
bereits auf Standortuntersuchungen <strong>für</strong> einen weiteren Flughafen in Madrid (Campo<br />
Real, Anl. 37/2) [1].<br />
Fazit:<br />
Das kontinuierliche Passagierwachstum am Flughafen Madrid-Barajas machte eine<br />
daran angepasste Ausbauplanung der luft- <strong>und</strong> landseitigen Flughafeninfrastruktur<br />
notwendig. Die Definition <strong>von</strong> langfristigen <strong>und</strong> klaren Ausbauzielen ermöglichte eine<br />
konzeptionelle Ausbauplanung des S/L-Bahn-Systems in mehreren Schritten. Dadurch<br />
konnte eine zukunftstaugliche <strong>und</strong> nachhaltige Umstrukturierung des S/L-<br />
Bahn-Systems realisiert werden, die zugleich einen „Endausbau“ am Flughafen Madrid-Barajas<br />
darstellt.<br />
Dieser „Endausbau“ bedeutet jedoch nur eine Kapazitätsgrenze am Flughafenstandort<br />
Madrid-Barajas <strong>und</strong> keinen Stillstand <strong>für</strong> die Entwicklung des Luftverkehrs in Madrid.<br />
Der Planungshorizont wird durch die derzeitigen Standortuntersuchungen <strong>für</strong> einen<br />
zweiten internationalen Verkehrsflughafen Madrid-Campo Real erweitert, so<br />
dass der Forderung nach der Nachhaltigkeit des Ausbaus der Luftverkehrsinfrastruktur<br />
auch in Zukunft entsprochen wird.<br />
106
Positiv zu bewerten ist, dass der erste Ausbauschritt ein in sich abgeschlossener<br />
Einzelbaustein war. Dementsprechend konnte der zweite Ausbauschritt flexibel angepasst<br />
<strong>und</strong> die verschiedenen Handlungsoptionen neu bewertet werden.<br />
Schlussendlich wurde der Reduzierung der Betroffenheiten durch Fluglärm eine höhere<br />
Gewichtung zugeordnet als der Gesamtheit der durch den Eingriff in den Flusslauf<br />
des Jaramas verursachten Umweltauswirkungen. Aufgr<strong>und</strong> der aufzeigbaren<br />
Möglichkeiten der flugbetrieblichen Wahl der S/L-Bahnen in Abhängigkeit <strong>von</strong> den<br />
Betriebsrichtungen <strong>und</strong> den Tageszeiten (Tag - Nacht) lässt sich diese Bewertung<br />
nachvollziehen [1].<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die klare Festlegung <strong>von</strong> langfristigen<br />
Ausbauzielen <strong>und</strong> eines „Endausbaus“ die Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> ein Gesamtausbaukonzept<br />
darstellt. Das realisierte doppelte Parallelbahnsystem stellt zum Erreichen einer Kapazität<br />
<strong>von</strong> 120 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e <strong>und</strong> zur Optimierung der Umweltauswirkungen<br />
ein zweckmäßiges S/L-Bahn-System dar.<br />
5.2.8 Flughafen London Heathrow (LHR)<br />
5.2.8.1 Allgemeines<br />
Die Anfänge des Flughafens London Heathrow reichen in das Jahr 1929 zurück, als<br />
die Fairey Aviation Company einen Flugplatz namens Great Western Aerodrome betrieb<br />
<strong>und</strong> dort vornehmlich experimentelle Flüge durchführte. Im Verlauf des Zweiten<br />
Weltkrieges wurde der Flugplatz <strong>von</strong> der Royal Air Force übernommen. Die ersten<br />
Arbeiten an der Errichtung eines befestigten S/L-Bahn-Systems begannen im Juni<br />
1944 (3-Bahn-System in Dreieck-Anordnung [5]).<br />
Am 01.01.1946 erfolgte die Übergabe des Flugplatzes an das britische Ministerium<br />
<strong>für</strong> Zivilluftfahrt, so dass ab diesem Jahr der planmäßige zivile Fluglinienbetrieb begann.<br />
Im Jahr 1947 existierten drei S/L-Bahnen, drei weitere befanden sich im Bau.<br />
Das ursprüngliche Ausbaukonzept ist in Anl. 39/1 dargestellt. Um bei allen Wetterbedingungen<br />
<strong>Start</strong>s <strong>und</strong> Landungen durchführen zu können, waren die S/L-Bahnen entsprechend<br />
den vorherrschenden Windrichtungen gekreuzt angeordnet.<br />
107
Das Jet-Zeitalter begann in London Heathrow mit der Landung einer de Havailland<br />
Comet I im Jahr 1952. Da diese Flugzeugmuster zunehmend windunabhängiger<br />
wurden <strong>und</strong> längere S/L-Bahnen benötigten, wurde die S/L-Bahn-Anzahl auf drei<br />
S/L-Bahnen reduziert <strong>und</strong> diese entsprechend verlängert (Anl. 39/2) [5].<br />
Als 1954 der nahe gelegene Flugplatz Northolt <strong>für</strong> den zivilen Luftverkehr geschlossen<br />
wurde, erfuhr London Heathrow einen enormen Wachstumsschub, da zahlreiche<br />
Fluggesellschaften, wie die Vorgängergesellschaft <strong>von</strong> British Airways (BA), die British<br />
European Airways (BEA), ihren Sitz dorthin verlegten.<br />
1966 wurde die British Airports Authority (BAA) gegründet <strong>und</strong> übernahm als staatliche<br />
Betreibergesellschaft die Flughäfen London Heathrow, London Gatwick, London<br />
Stansted <strong>und</strong> Glasgow Prestwick. In den folgenden Jahren kamen weitere britische<br />
Verkehrsflughäfen hinzu [89].<br />
Mit dem sog. „Airports Act“ wurde die BAA im Jahr 1986 privatisiert <strong>und</strong> in eine Aktiengesellschaft<br />
umgewandelt (BAA plc). 1991 wurde der Flughafen Glasgow<br />
Prestwick verkauft. Seit dem expandiert die BAA ins Ausland, mit Schwerpunkt in<br />
den USA <strong>und</strong> Australien [89].<br />
5.2.8.2 Ausgangssituation<br />
Derzeit werden nur noch zwei S/L-Bahnen am Flughafen London Heathrow genutzt.<br />
Das Parallelbahnsystem besteht aus der S/L-Bahn 09R/27L mit einer Länge <strong>von</strong><br />
3.902 m sowie der S/L-Bahn 09L/27R mit einer Länge <strong>von</strong> 3.658 m. Da der Achsabstand<br />
nur 1.420 m beträgt, können derzeit keine unabhängigen Anflüge durchgeführt<br />
werden. Die ehemalige S/L-Bahn 05/23 (Querwindbahn) durfte aufgr<strong>und</strong> <strong>von</strong> Lärmrestriktionen<br />
in den letzten Jahren ausschließlich in Betriebsrichtung 23 betrieben werden<br />
<strong>und</strong> wird mittlerweile nur noch als Rollweg (Taxiway) genutzt [5].<br />
Die Entwicklung des Passagieraufkommens hat zum Ausbau der Terminalkapazität<br />
auf 80 Mio. Passagiere geführt (Abb. 19). Um die luftseitige Kapazität ebenso an den<br />
Bedarf anzupassen, beabsichtigt die BAA den Neubau einer S/L-Bahn. Allgemein<br />
wird die Kapazitätssituation des S/L-Bahn-Systems über den gesamten Tag als na-<br />
108
hezu gesättigt bewertet <strong>und</strong> stellt den limitierenden Faktor <strong>für</strong> das weitere Wachstum<br />
des Flughafens dar [50].<br />
Passagiere<br />
Flughafen London Heathrow<br />
73.000.000<br />
71.000.000<br />
69.000.000<br />
67.000.000<br />
65.000.000<br />
63.000.000<br />
61.000.000<br />
59.000.000<br />
57.000.000<br />
Passagierzahlen<br />
55.000.000<br />
53.000.000<br />
51.000.000<br />
49.000.000<br />
47.000.000<br />
1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Jahr<br />
Abb. 19: Passagierentwicklung am Flughafen London Heathrow [9, 119]<br />
5.2.8.3 Analyse des Bewertungsschemas<br />
Der Flughafen London Heathrow ist nahezu komplett in Siedlungsflächen eingeb<strong>und</strong>en.<br />
Deshalb gibt es im Wesentlichen keine realistischen Möglichkeiten zum Ausbau<br />
des bestehenden S/L-Bahn-Systems, da großflächige Absiedelungen erforderlich wären,<br />
die nicht durchsetzbar <strong>und</strong> finanzierbar sind <strong>und</strong> somit ausgeschlossen werden<br />
können [50].<br />
Die BAA hat in ihrem sog. „Heathrow Airport interim Master Plan“ im Juni 2005 trotzdem<br />
eine neue, kurze S/L-Bahn-Variante mit einer Länge <strong>von</strong> 2.000 m aufgenommen<br />
(Anl. 39/2) [9]. Die Bewertung dieser einen S/L-Bahn-Variante lässt prinzipiell nur<br />
eine Alles-oder-Nichts-Entscheidung <strong>für</strong> oder gegen das Ausbauvorhaben zu <strong>und</strong><br />
wird <strong>von</strong> den Einhaltungen der festgesetzten Grenzen an Beeinträchtigungen der<br />
Umwelt – in erster Linie Lärmschutzanforderungen <strong>und</strong> -begrenzungen – abhängig<br />
gemacht.<br />
109
In Großbritannien (GB) wurde seitens des britischen Verkehrsministeriums (Department<br />
for Transport) im Dezember 2003 ein sog. „White Paper“ veröffentlicht, das <strong>für</strong><br />
einen Planungshorizont <strong>von</strong> 30 Jahren konkrete Aussagen <strong>und</strong> Absichtserklärungen<br />
<strong>für</strong> eine strukturierte <strong>und</strong> konzeptionelle Luftverkehrsentwicklung in GB enthält [20,<br />
21].<br />
Innerhalb des „White Papers“ wird der Flughafenstandort London Heathrow im Rahmen<br />
der Luftverkehrsentwicklung in der Region „South East and East“ betrachtet<br />
(vgl. Abb. 20) [21]. Die Ausbauforderungen aller Verkehrsflughäfen einer Region<br />
werden detailliert untersucht <strong>und</strong> abschließend als eine Luftverkehrsentwicklung bewertet.<br />
Abb. 20: Regionale Abgrenzung der Untersuchungsräume in GB [20]<br />
Im unmittelbaren Umfeld <strong>von</strong> London können sechs Verkehrsflugplätze genannt werden<br />
(Abb. 21):<br />
- London Heathrow (LHR),<br />
110
- London Gatwick (LGW),<br />
- London Stansted (STN),<br />
- London Luton (LTN),<br />
- London City (LCY) <strong>und</strong><br />
- London Biggin Hill (BQH).<br />
Für die Luftverkehrsentwicklung am Flughafen London Heathrow sind jedoch nur die<br />
drei internationalen Verkehrsflughäfen London Gatwick, Stansted <strong>und</strong> Luton relevant.<br />
Die <strong>von</strong> diesen Flughäfen jeweils favorisierten <strong>Planungsvarianten</strong> <strong>von</strong> S/L-Bahnen<br />
enthält Anl. 40.<br />
Abb. 21: Verkehrsflugplätze im Raum London [97]<br />
Die gesamte Entwicklung des Luftverkehrs in einem Planungshorizont <strong>von</strong> 30 Jahren<br />
wird unter folgenden Gesichtpunkten betrachtet [21]:<br />
- Wirtschaftliches Wachstum <strong>und</strong> nationaler Wohlstand,<br />
- Wunsch der Bevölkerung nach einer möglichst guten Luftverkehrsanbindung,<br />
- Reduzierung <strong>und</strong> Minimierung der Umweltauswirkungen durch Luftverkehr,<br />
- Bestrebung, dass der Luftverkehr langfristig gesehen sämtliche externen Kosten<br />
des Luftverkehrs (External costs of aviation) tragen soll <strong>und</strong> dass sich dies<br />
in den Flugpreisen widerspiegeln muss (Air Passenger Duty (APD)),<br />
111
- Vorrangige Ausnutzung der vorhandenen Luftverkehrsinfrastruktur <strong>und</strong> Kapazitäten,<br />
- Respektierung der Rechte <strong>und</strong> Interessen <strong>von</strong> Betroffenengruppen,<br />
- Planungssicherheit in der Flughafenentwicklung <strong>und</strong> Flexibilität in der Planung.<br />
Nach eigenen Angaben ist es das Ziel der Regierung, die verschiedenen Aspekte<br />
bestmöglich zusammen zu führen <strong>und</strong> eine Balance zu erreichen. Dies bedeutet als<br />
Schlussfolgerung <strong>für</strong> die Region „South East and East“ [21]:<br />
- Es besteht dringender Bedarf an S/L-Bahn-Kapazität im Süd-Osten <strong>von</strong> GB.<br />
- Es gibt keine zwingenden Argumente <strong>für</strong> einen zweiten interkontinentalen Hub<br />
neben London Heathrow.<br />
- Erste Priorität hat die effektive Ausnutzung der bestehenden S/L-Bahn-<br />
Kapazitäten, insbesondere der noch freien S/L-Bahn-Kapazitäten in London<br />
Stansted <strong>und</strong> London Luton.<br />
- Bis 2030 sollte der Neubau <strong>von</strong> zwei zusätzlichen S/L-Bahnen angestrebt werden.<br />
- Die erste neue S/L-Bahn sollte in London Stansted realisiert werden <strong>und</strong> 2011<br />
bis 2012 in Betrieb gehen (Anl. 40/1).<br />
- Das stetige Wachstum <strong>von</strong> London Heathrow wird prinzipiell unterstützt. Wenn<br />
es gelingt die stringenten Umweltrestriktionen einzuhalten, dann sollte im Zeitraum<br />
<strong>von</strong> 2015 bis 2020 sowohl eine neue S/L-Bahn als auch zusätzliche Terminalkapazität<br />
geschaffen werden.<br />
- Die Regierung strebt nicht an, den Vertrag <strong>von</strong> 1979 bzgl. London Gatwick<br />
abzuändern, der Planungen <strong>für</strong> eine neue S/L-Bahn vor 2019 verbietet<br />
(Anl. 40/1). Sollte jedoch der Fall eintreten, dass in London Heathrow keine<br />
dritte S/L-Bahn realisiert werden kann, dann könnte ersatzweise in London<br />
Gatwick die zweite S/L-Bahn in der Region „South East“ gebaut werden. Die<br />
entsprechende Erweiterungsfläche <strong>für</strong> eine neue S/L-Bahn sollte deshalb bereits<br />
jetzt reserviert bzw. gesichert werden.<br />
- Die Optionen <strong>für</strong> zwei neue S/L-Bahnen in London Gatwick, <strong>für</strong> eine zweite S/L-<br />
Bahn in London Luton (Anl. 40/2) oder der Neubau eines Flughafens in Cliffe<br />
werden <strong>von</strong> der Regierung nicht unterstützt.<br />
112
- Die wesentliche Aufgabe der kleineren Flughäfen wie London City, Norwich,<br />
Southhampton ist es, den regionalen Luftverkehr aufzunehmen <strong>und</strong> die größeren<br />
Flughäfen zu entlasten.<br />
- Weitere Alternativstandorte <strong>für</strong> Flughäfen sind derzeit nicht ersichtlich.<br />
Fazit:<br />
Die vorhandene Auslastung des S/L-Bahn-Systems am Flughafen London Heathrow<br />
in Verbindung mit den prognostizierten Entwicklungsszenarien begründet den Ausbaubedarf<br />
hinreichend.<br />
Die komplette Einbindung des Flughafens in Siedlungsflächen macht eine Generierung<br />
<strong>von</strong> realisierbaren S/L-Bahn-Varianten fast unmöglich. Die <strong>von</strong> der BAA in Erwägung<br />
gezogene S/L-Bahn-Variante mit einer Gesamtlänge <strong>von</strong> nur 2.000 m stellt<br />
dementsprechend eine „Notlösung“ dar (Anl. 39/2).<br />
Die Regierung <strong>von</strong> GB hat mit der Veröffentlichung des sog. „White Papers“ klare<br />
Zielsetzungen <strong>für</strong> die Luftverkehrsentwicklung in der Region „South East“ formuliert<br />
<strong>und</strong> dem S/L-Bahn-Neubau am Flughafen London Heathrow zwar nur zweite Priorität<br />
eingeräumt, aber unter Vorbehalt die Unterstützung des Ausbauprojekts zugesagt.<br />
Somit hat der Flughafen London Heathrow einerseits Planungssicherheit <strong>und</strong> andererseits<br />
Zeit, einen Lösungsweg zur Einhaltung der Umweltkriterien zu erarbeiten.<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die klare „politische“ Festlegung <strong>von</strong><br />
langfristigen Zielen in der Luftverkehrsentwicklung <strong>und</strong> im Ausbau <strong>von</strong> Luftverkehrsinfrastruktur<br />
hilfreich sein kann, um Ausbauvorhaben „im Sinne eines landesweiten<br />
Ganzen“ zu koordinieren <strong>und</strong> den Betreibern <strong>von</strong> Verkehrsflughäfen Planungssicherheit<br />
zu geben. Diese Art der ganzheitlichen Betrachtung <strong>und</strong> der konkreten politischen<br />
Vorgaben fehlt in Deutschland. Der Zusammenschluss der DFS, Flughafen<br />
München GmbH, Fraport AG <strong>und</strong> der Deutschen Lufthansa AG zur sog. „Initiative<br />
Luftverkehr <strong>für</strong> Deutschland“ ist ein erster Ansatz, die Luftverkehrsentwicklung in<br />
Deutschland gleichermaßen wie in GB zu koordinieren [122].<br />
113
5.3 Zusammenfassung<br />
Die Analyse der angewendeten <strong>Bewertungsverfahren</strong> hat gezeigt, dass die Bewertungsschemata<br />
in ihren Grobstrukturen identisch sind. Der jeweilige Ausbaubedarf<br />
wird zunächst dargestellt, worauf die Generierung <strong>und</strong> Vorauswahl der S/L-Bahn-Varianten<br />
erläutert wird. Die verbleibenden S/L-Bahn-Varianten werden schlussendlich<br />
bewertet.<br />
Die jeweiligen Bewertungsschritte sind jedoch gr<strong>und</strong>sätzlich unterschiedlich, so dass<br />
ein gegenseitiger Vergleich schwierig wird. Diese Unterschiede betreffen sowohl die<br />
Zusammenstellung der Bewertungskriterien als auch die konkrete Bewertungsart<br />
(Bepunktung, Bildung einer Rangfolge usw.). Keines der Bewertungsschemata basiert<br />
auf einer NKA, d.h. eine Monetarisierung der Bewertungskriterien wird nicht<br />
durchgeführt.<br />
5.3.1 Gewichtung <strong>und</strong> Schwerpunkte<br />
Die Analyse der Bewertungsschemata zeigt, dass die Zielvorgaben der Flughafenbetreiber<br />
einen dogmatischen Charakter besitzen. Dementsprechend werden Bewertungskriterien<br />
oftmals angepasst, modifiziert, hinzugefügt oder sogar fallen gelassen.<br />
Verbale Begründungen können diese Vorgehensweise nicht schlüssig <strong>und</strong><br />
zweifelsfrei rechtfertigen. Der gr<strong>und</strong>sätzlich geforderte Objektivitätsanspruch eines<br />
<strong>Bewertungsverfahren</strong>s ist somit in der Regel nicht gegeben.<br />
Nachteilig wirken sich die „absoluten“ K.o.-Kriterien aus, d.h. die Alles-oder-Nichts-<br />
Forderungen der Flughafenbetreiber. Diese können de facto ein vorzeitiges Ausscheiden<br />
<strong>von</strong> realistischen S/L-Bahn-Varianten bewirken.<br />
Die Bewertungskriterien umfassen im Wesentlichen die Bereiche Leistungsfähigkeit,<br />
Realisierbarkeit, Umweltauswirkungen <strong>und</strong> funktionale Kriterien. Die einzelnen Bewertungskriterien<br />
werden dabei untereinander jeweils gleich gewichtet (1-fach). Die<br />
je nach <strong>Bewertungsverfahren</strong> definierten Gruppen <strong>von</strong> Bewertungskriterien erhalten<br />
jedoch eine implizite Gewichtung aufgr<strong>und</strong> der Anzahl <strong>von</strong> Bewertungskriterien (prozentualer<br />
Anteil).<br />
114
In der Regel wird jedes Bewertungskriterium zunächst einzeln betrachtet. Entweder<br />
wird jede S/L-Bahn-Variante in Bezug auf ein Bewertungskriterium separat eingestuft,<br />
z.B. in einem Bereich <strong>von</strong> „sehr gut“ bis „schlecht“, „++“ bis „--", „erfüllt“ bis<br />
„nicht erfüllt“, oder ein Bewertungskriterium wird im direkten Vergleich mit den anderen<br />
S/L-Bahn-Varianten gewichtet, bewertet <strong>und</strong> erhält eine entsprechende Rangzahl<br />
innerhalb der S/L-Bahn-Varianten.<br />
Die Gesamtbewertung basiert auf der Summe der Einzelbewertungen (z.B.: Anzahl<br />
der „++“-Einstufungen). Die abschließende Bildung einer Rangfolge der S/L-Bahn-<br />
Varianten wird verbal argumentativ begründet.<br />
5.3.2 Folgerungen <strong>für</strong> das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
Die Ausbauabsicht des Flughafenbetreibers <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Zielsetzungen<br />
sind innerhalb der analysierten Bewertungsschemata deutlich zu erkennen. Das<br />
neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> soll zwar die Ausbauabsichten berücksichtigen, aber in<br />
der Anwendung unabhängig <strong>von</strong> der Ausbauabsicht konfiguriert sein (vgl. Kap. 5.2).<br />
Um einen Objektivitätsanspruch zu gewährleisten <strong>und</strong> eine standardisierte Bewertung<br />
zu ermöglichen, müssen die einzelnen Bewertungskriterien des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s<br />
vorab festgelegt <strong>und</strong> definiert sein. Das daraus resultierende Kriteriengerüst<br />
muss bindend sein <strong>und</strong> darf keinesfalls individuell verändert oder erweitert<br />
werden.<br />
Die thematische Strukturierung muss so sein, dass eine Einzelbewertung nicht de<br />
facto doppelt eingerechnet werden kann, dass z.B. eine fehlende Hindernisfreiheit<br />
<strong>und</strong> zusätzlich dazu die hypothetischen Maßnahmen zur Schaffung der Hindernisfreiheit<br />
bewertet werden (s. Kap. 5.2.2).<br />
Die Gewichtung jedes einzelnen Kriteriums sollte identisch sein („gleich gewichtet“,<br />
1-fach), so dass eine direkte Vergleichbarkeit untereinander gegeben ist. Dazu sollte<br />
jedes Kriterium konsequent nach einem definierten <strong>und</strong> einheitlichen Wertespektrum<br />
beurteilt werden (z.B.: Zahlenspektrum 1 bis 100).<br />
115
Standardisierte, monetäre Bewertungsansätze sind <strong>für</strong> eine Vielzahl <strong>von</strong> Bewertungskriterien<br />
derzeit nicht verfügbar, beispielsweise <strong>für</strong> die Nachhaltigkeit einer<br />
Ausbaumaßnahme, <strong>und</strong> scheiden deshalb als Bewertungsmaßstab aus (s. Kap. 6.1).<br />
Als einheitliche Basis können alle einzelnen Bewertungskriterien zu den beiden Kriterienbereichen<br />
Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltauswirkungen zusammengefasst werden<br />
(vgl. Abb. 28). Die Gewichtung dieser Bereiche sollte gr<strong>und</strong>sätzlich ausgewogen<br />
sein. Die Analyse der Bewertungsschemata hat ergeben, dass auf den Bereich Umweltauswirkungen<br />
meist mehr als 50 % der Bewertungskriterien entfallen. Dieser<br />
Wert sollte im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> ebenfalls eingehalten werden.<br />
Die Wirtschaftlichkeit einer S/L-Bahn-Variante kann niemals als ein Einzelkriterium in<br />
eine Bewertung einfließen, da im Gegensatz zu den Bewertungskriterien aus den Bereichen<br />
Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltauswirkungen eine Aussage über die Wirtschaftlichkeit<br />
immer nur in Abhängigkeit vom Nutzen (Bepunktung) betrachtet werden<br />
muss, d.h. ein doppelter Nutzen rechtfertigt prinzipiell doppelte Kosten. Deshalb sind<br />
die Realisierungskosten zunächst kein aussagekräftiges Maß <strong>für</strong> die Wirtschaftlichkeit<br />
einer S/L-Bahn-Variante.<br />
Die Ergebnisse des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s erhalten durch die standardisierte<br />
Gewichtung eine pragmatische Gr<strong>und</strong>lage. Die Änderung der Gewichtungen soll sich<br />
nur auf die einzelnen Bereiche beziehen <strong>und</strong> in Form <strong>von</strong> Sensitivitätsanalysen in ihrer<br />
Wirkung „nachprüfbar“ erlaubt sein. Präferenzen der Anwender werden somit<br />
transparent <strong>und</strong> nachvollziehbar.<br />
116
6 Struktur des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s<br />
Die an das hier zu entwickelnde <strong>Bewertungsverfahren</strong> gestellten Anforderungen lassen<br />
sich mit den Attributen: transparent, praktikabel <strong>und</strong> schlüssig beschreiben.<br />
Demzufolge wird eine Unterteilung in mehrere Teilbereiche <strong>und</strong> Bearbeitungsebenen<br />
vorgenommen, damit bei der abschließenden Darstellung <strong>und</strong> Interpretation die notwendige<br />
Übersicht <strong>und</strong> Bearbeitungstiefe erreicht wird.<br />
6.1 Festlegung der Bewertungsmethode<br />
Bei einem Flughafenausbau ist stets der jeweilige Flughafenbetreiber der Initiator<br />
<strong>und</strong> die treibende Kraft. Sämtliche Gr<strong>und</strong>überlegungen <strong>und</strong> Vorplanungen werden<br />
vom Flughafenbetreiber intern getätigt, zusätzlich werden Fachgutachten (z.B. Lärmgutachten)<br />
extern beauftragt. Für das „Unternehmen Flughafen“ hat die betriebswirtschaftliche<br />
Rentabilität oberste Priorität, d.h. eine Realisierung der jeweiligen S/L-<br />
Bahn-Variante kann nur dann in Frage kommen, wenn der betriebswirtschaftliche<br />
Gewinn höher als sämtliche anfallenden Kosten ist (s. Kap. 6.2.4). Die Rangfolge der<br />
S/L-Bahn-Varianten ergibt sich nach dieser Sichtweise unmittelbar aus den Nutzen-<br />
Kosten-Verhältnissen.<br />
Deswegen kann die Realisierung einer unwirtschaftlichen S/L-Bahn-Variante niemals<br />
die Option eines im Konkurrenzkampf stehenden Unternehmens sein. Demzufolge<br />
sollte ein als Unternehmen fungierender Flughafenbetreiber bereits in seiner Ausbauabsicht<br />
<strong>und</strong> -begründung die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Ausbauvorhabens<br />
bzw. der S/L-Bahn-Variante nachweisen (s. Kap. 6.2.1).<br />
Bei Landverkehrsprojekten, die hier als Bsp. <strong>für</strong> Investitionen der öffentlichen Hand<br />
dienen sollen, sind Nutzen-Kosten-Analysen (NKA) üblich [18, 29, 53, 64]. Diese basieren<br />
auf einem volkswirtschaftlichen Ansatz <strong>und</strong> versuchen sämtliche Einflusskriterien<br />
<strong>und</strong> Größen zu monetarisieren <strong>und</strong> damit zu quantifizieren <strong>und</strong> vergleichbar zu<br />
machen. Sowohl Wachstums- <strong>und</strong> Beschäftigungseffekte als auch allgemeine Ges<strong>und</strong>heitskosten<br />
werden dabei in das Verfahren integriert, obwohl diese vom Gr<strong>und</strong>satz<br />
her nicht-monetäre Größen darstellen. Als Ergebnis erhält man die Aussage,<br />
inwieweit eine Straßenbaumaßnahme aus volkswirtschaftlicher Sicht rentabel ist. Die<br />
117
Trassenvariante mit dem höchsten volkswirtschaftlichen Nutzen besitzt aber nicht<br />
zwangsläufig die höchste betriebswirtschaftliche Rentabilität. Im Fall <strong>von</strong> Straßenbaumaßnahmen<br />
ist die öffentliche Hand sowohl Träger als auch Finanzier der Maßnahme.<br />
Demgegenüber tritt der volkswirtschaftliche Nutzen bei einem Flughafenausbau<br />
aufgr<strong>und</strong> der betriebswirtschaftlichen Zielsetzung des Flughafenunternehmens in<br />
den Hintergr<strong>und</strong>.<br />
Unabhängig da<strong>von</strong> soll die Frage, ob der Ausbau der Luftverkehrsinfrastruktur generell<br />
sinnvoll oder zweckmäßig ist, hier nicht näher untersucht werden. Im Fall eines<br />
Flughafenneubaus würde dies die Standortwahl tangieren. Die Frage ist <strong>für</strong> die reine<br />
Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten bei einem Flughafenausbau nicht relevant <strong>und</strong><br />
stellt kein Entscheidungskriterium dar.<br />
Für eine zielführende NKA ist es erforderlich, dass sämtliche Bewertungskriterien<br />
monetarisiert werden können. Prinzipiell wäre dies auch im Fall eines Flughafenausbaus<br />
möglich, jedoch besteht zz. kein einheitlicher Leistungskatalog, der <strong>für</strong> sämtliche<br />
Bewertungskriterien allgemein definierte Kostensätze enthält. Deshalb scheidet<br />
die NKA als Bewertungsmethode <strong>für</strong> das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> aus. Sollte jedoch<br />
in Zukunft ein genereller Konsens über die Monetarisierung der Bewertungskriterien<br />
bestehen, so kann das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> im Sinne einer NKA<br />
überarbeitet werden.<br />
Zur konstitutiven Entscheidungsfindung bei S/L-Bahn-Varianten bietet sich deshalb<br />
derzeit eine sog. Nutzwertanalyse (NWA) an. „Diese Verfahren sind insbesondere<br />
dann angebracht, wenn multidimensionale Zielsetzungen bestehen <strong>und</strong> nicht alle<br />
Entscheidungskonsequenzen monetär quantifizierbar sind“ ([6], A.2.1., S. 59 ff.).<br />
Der Ablauf einer NWA gliedert sich wie folgt [6, 38, 44]:<br />
- Bestimmung der Bewertungs- bzw. Zielkriterien Z h (allg. Anforderungen, Umweltauswirkungen;<br />
h = 1, 2, …l),<br />
- Festlegung der Gewichtung g h der Kriterien (Gewichtungen in Anlehnungen an<br />
die Analyse der durchgeführten Bewertungen aus Kap. 5),<br />
- Bestimmung der Teilnutzen t hj der Alternative j bzgl. aller Zielkriterien,<br />
118
- Ermittlung der Nutzwerte N j <strong>für</strong> jede Alternative (Generierung des Gesamtnutzens<br />
einer Alternative),<br />
- Beurteilung der Vorteilhaftigkeit der Alternativen (Bildung einer Rangfolge <strong>und</strong><br />
Vergleich mit dem Anspruchsniveau des Initiators).<br />
6.2 Durchführung <strong>und</strong> Ablauf<br />
Das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> lässt sich in drei Schritte unterteilen. Zunächst werden<br />
im 1. Schritt die Vorraussetzungen <strong>für</strong> die Ausbauabsicht untersucht. D.h., dass<br />
das begründete Ausbauziel des Flughafenbetreibers näher analysiert <strong>und</strong> auf Stichhaltigkeit<br />
geprüft wird.<br />
Danach erfolgt im 2. Schritt die Prüfung der Variantengenerierung. Sichergestellt<br />
müssen hierbei die Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Systematik der Variantenfindung sein,<br />
damit die notwendige Vollzähligkeit der Varianten gewährleistet ist. Sollten im Zuge<br />
des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s weitere S/L-Bahn-Varianten oder Optimierungsmöglichkeiten<br />
an den bestehenden S/L-Bahn-Varianten sinnvoll erscheinen, werden<br />
diese mit in die Bewertung aufgenommen.<br />
Abschließend wird im 3. Schritt eine Detailbetrachtung der in Frage kommenden S/L-<br />
Bahn-Varianten durchgeführt. Gr<strong>und</strong>lage bildet eine NWA auf Basis eines standardisierten<br />
<strong>und</strong> fest vorgegebenen Kriteriengerüstes (vgl. Kap. 5.3.2).<br />
Als Resultat des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s lässt sich eine Rangfolge der S/L-Bahn-Varianten<br />
bilden. Zusätzlich kann aus den ersten beiden Prüfungsschritten eine Aussage<br />
über die Sinnhaftigkeit der Ausbauabsicht abgeleitet werden. Die Höhe der erreichten<br />
Gesamtbepunktung einer S/L-Bahn-Variante lässt weiterhin einen Rückschluss<br />
auf die generelle Eignung zu (vgl. Kap. 6.2.4.6).<br />
Um Präferenzen der Nutzer des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s zu berücksichtigen,<br />
kann, nach Abschluss des standardisierten neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s, eine individuelle<br />
Anpassung der Gewichtungen der Teilbereiche vorgenommen werden. Die<br />
Wirkung der unterschiedlichen Gewichtungen kann abschließend in einer Sensitivitätsanalyse<br />
dargelegt werden. Ziel der Sensitivitätsanalyse ist es, festzustellen ab<br />
wann sich in Abhängigkeit verschiedener Gewichtungsansätze die Rangfolge der<br />
S/L-Bahn-Varianten verändert. Dies hat den großen Vorteil, dass Gewichtungen <strong>und</strong><br />
119
somit die Präferenzen des jeweiligen Anwenders, unabhängig <strong>von</strong> den Vorgaben des<br />
neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s, transparent <strong>und</strong> nachvollziehbar werden.<br />
Die übergeordnete politische Ebene wird bei dem <strong>Bewertungsverfahren</strong> völlig ausgegrenzt,<br />
da kein Anspruch auf logische Nachvollziehbarkeit politischer Entscheidungen<br />
erhoben werden kann. So ist es durchaus möglich, dass z.B. die aus betriebswirtschaftlicher<br />
<strong>und</strong>/oder volkswirtschaftlicher Sicht „objektive“ Bestvariante<br />
aufgr<strong>und</strong> politischer Gegebenheiten gar nicht in Erwägung gezogen wird. Anzumerken<br />
ist, dass jedoch der allgemeine politische Wille (Landesregierung, Kommunalebene,<br />
…) als hilfreiche bzw. unabdingbare Erfolgsvoraussetzung <strong>für</strong> die Realisierung<br />
einer Ausbaumaßnahme vorhanden sein sollte.<br />
6.2.1 1. Schritt: Prüfung der Voraussetzungen<br />
Wie bereits in Kap. 5.2 beschrieben, können bei den Ausbauabsichten des Flughafenbetreibers<br />
drei „Zielgruppen“ unterschieden werden. Die parallel zu den Absichten<br />
bzw. Zielvorstellungen notwendigen Bedarfsbegründungen lassen sich relativ einfach<br />
präzisieren (Abb. 22). Eine Kombination <strong>von</strong> Ausbauzielen <strong>und</strong> -begründungen ist<br />
selbstverständlich möglich.<br />
Ausbauabsicht<br />
Ausbauziele<br />
a) Nutzungsänderung<br />
b) Verringerung der<br />
Umweltauswirkungen<br />
c) Kapazitätserweiterung<br />
Möglichkeiten der<br />
Ausbaubegründung<br />
• Vorhandene S/L-Bahn-Kapazität ist „ausgereizt“<br />
• Nutzungsoptionen, -angebote liegen vor<br />
• Prognostizierte Entwicklungsszenarien weisen auf<br />
zukünftige Auslastung hin<br />
• Kapazitätsgrenze ist erreicht/überschritten („Stau“)<br />
• Zukunftsprognosen<br />
• Wettbewerbssituation (Hubs)<br />
• „unverantwortbares“ Sicherheitsrisiko<br />
• finanzieller Verlust<br />
• Im Zuge einer Sanierungsmaßnahme<br />
kann der „Ist-Zustand“ verbessert werden<br />
• Beseitigung nicht hinnehmbarer Sicherheitsmängel<br />
120<br />
Abb. 22: Mögliche Ausbaubegründungen in Abhängigkeit <strong>von</strong> den Ausbauabsichten, eigene Darstellung
Kann der geforderte Bedarf durch Zahlen <strong>und</strong> Fakten stichhaltig belegt werden, so ist<br />
dies als Voraussetzung <strong>für</strong> einen positiven Planfeststellungsbeschluss zu bewerten.<br />
Sollten im Gegensatz dazu, Argumentationsketten z.B. lediglich auf Basis der allgemeinen<br />
positiven wirtschaftlichen Effekte des Luftverkehrs aufgebaut sein, so lässt<br />
dies meist auf das Fehlen stichhaltiger Bedarfsargumente schließen oder gar auf<br />
eine mangelnde Wirtschaftlichkeit bzw. Rentabilität des Ausbauvorhabens. Dies<br />
muss als Negativfaktor mit in die Bewertung des Ausbauvorhabens einfließen.<br />
Das Schema in Abb. 22 zeigt das Spektrum sinnvoller <strong>und</strong> zugleich schlüssiger Argumente<br />
zur Ausbaubegründung in Abhängigkeit <strong>von</strong> einer speziellen Ausbauabsicht<br />
auf. Gr<strong>und</strong>lage ist die Analyse der angewendeten <strong>Bewertungsverfahren</strong> in Kap. 5.<br />
Weitere Begründungen, z.B. aus dem strukturpolitischen Bereich (regionale Bedeutung<br />
einer Flughafenerweiterung), sind stets hinterfragbar, können angezweifelt werden<br />
<strong>und</strong> entfallen deshalb als geeignetes primäres Argument eines Flughafenbetreibers.<br />
Diese <strong>für</strong> die Allgemeinheit nützlichen Begleiteffekte können lediglich sek<strong>und</strong>är,<br />
z.B. bei der Bemessung <strong>von</strong> Ausgleichs- <strong>und</strong> Entschädigungszahlungen, mit in die<br />
Betrachtung einbezogen werden, um möglicherweise eine Teilübernahme dieser<br />
Kosten durch die öffentliche Hand zu erreichen.<br />
Am Ende dieses Prüfschrittes steht die Aussage, ob der angeführte Ausbaubedarf<br />
des Flughafenbetreibers „gut“, „ausreichend“ oder „ungenügend“ begründet ist. Hier<br />
sollte die Maxime gelten: Ist die Ausbaubegründung fraglich, dann kann höchstens<br />
eine Einstufung „ausreichend“ <strong>für</strong> die Ausbaubegründung erfolgen. Es ist also unverständlich,<br />
weshalb trotz einer zweifelhaften Ausbaubegründung des Flughafenbetreibers<br />
(vgl. Kap. 5.2.2) seitens der Planfeststellungsbehörden kein weiteres Hinterfragen<br />
erfolgt <strong>und</strong> womöglich eine zweifelhafte Ausbaubegründung als „ordnungsgemäß“<br />
oder „hinreichend“ akzeptiert wird.<br />
6.2.2 2. Schritt: Prüfung der Variantengenerierung<br />
Die Generierung geeigneter S/L-Bahn-Varianten obliegt dem Flughafenbetreiber, sie<br />
spielt eine zentrale Rolle <strong>und</strong> stellt die „Achillesferse“ des Gesamtvorhabens dar.<br />
Wird eine vermeintlich machbare Variante nicht in die Evaluation einbezogen oder<br />
fällt diese bereits in der internen Vorauswahl heraus, führt eine evtl. geforderte Nachbetrachtung<br />
zu unnötigem zeitlichen Verzug im Planungsverfahren, finanziellem<br />
121
Mehraufwand oder – im ungünstigsten Fall – sogar zum Scheitern des Gesamtvorhabens.<br />
Als Basis <strong>für</strong> die Variantenfindung müssen Nutzeranforderungen präzise definiert<br />
werden. Für die geforderte S/L-Bahn ergibt sich daraus eine entsprechende<br />
S/L-Bahn-Einstufung gemäß den Richtlinien der ICAO (s. Abb. 9). Die notwendigen<br />
Mindestabmessungen <strong>und</strong> -parameter sind im ICAO-Annex 14 detailliert aufgeführt<br />
(Anl. 41, vgl. [42]) <strong>und</strong> somit als äußerer Rahmen <strong>für</strong> die weiteren Betrachtungen<br />
vorgegeben. Nationale Richtlinien <strong>und</strong> Gesetze werden erst unterhalb dieses internationalen<br />
Rahmens, zu einem späteren Zeitpunkt, relevant.<br />
Sinnvoll ist es, zunächst eine überschaubare Anzahl gr<strong>und</strong>sätzlich in Frage kommender<br />
S/L-Bahn-Varianten, die möglichst verschiedenartig sein sollten, zu generieren.<br />
Aus diesen S/L-Bahn-Varianten können oftmals Untervarianten (Optionen) gebildet<br />
werden, die sich in der Regel lediglich aufgr<strong>und</strong> sek<strong>und</strong>ärer Nebenbedingungen,<br />
z.B. der äußeren infrastrukturellen Ein- <strong>und</strong> Anbindung, unterscheiden. Als Referenzfall<br />
dient jeweils das bestehende S/L-Bahn-System, die sog. Nullvariante: Positive<br />
wie negative Variantenauswirkungen können mit dem Zustand ohne Ausbau<br />
verglichen werden. Zur Ermittlung der Umweltauswirkungen muss jedoch zwingend<br />
das Gesamtsystem – neue Situation nach Ausbau gegenüber Bestand vor Ausbau –<br />
betrachtet werden.<br />
Bereits bei der Prüfung der Variantenauswahl hat die Auswertung der durchgeführten<br />
Bewertungsschemata gezeigt, dass Alles-oder-Nichts-Forderungen („K.o.-Kriterien“)<br />
unzweckmäßig <strong>und</strong> nicht zielführend sind. Kann beispielsweise eine S/L-Bahn-Variante<br />
bestimmte Nutzeranforderungen nicht zu 100 % erfüllen (Kapazität, Hindernisfreiheit<br />
usw.), erreicht sie den 100-%-Wert aber annähernd mit nur geringen Abstrichen,<br />
so sollte sie trotzdem weiterhin als in Frage kommende Variante in das <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
mit einbezogen werden <strong>und</strong> darf nicht wie am Flughafen Frankfurt<br />
Rhein Main vorzeitig aus dem <strong>Bewertungsverfahren</strong> herausfallen (Kap. 5.2.4). Gegebenenfalls<br />
müssen die flugbetrieblichen Einschränkungen aufgezeigt oder zusätzliche<br />
Ausbauschritte zur Kompensierung <strong>von</strong> evtl. Einschränkungen diskutiert werden<br />
(„The strategic planning process“ [17], S. 46 ff.).<br />
Als Muster <strong>für</strong> eine strukturierte Generierung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten können in Abhängigkeit<br />
<strong>von</strong> der Ausbauabsicht logische Prüfungsschritte definiert werden. Zur<br />
122
Vereinfachung der Darstellungen wird im Folgenden <strong>von</strong> lediglich einer bestehenden<br />
S/L-Bahn ausgegangen (durchgezogene Linie in Abb. 23 ff.).<br />
a) Nutzungsänderung<br />
Bei einer Nutzungsänderung soll zukünftig eine höhere Flugzeugkategorie abwickelt<br />
werden, d.h. generell wird eine längere S/L-Bahn angestrebt. Da bei diesen Flugplätzen<br />
in der Regel nur eine S/L-Bahn vorhanden ist, bieten sich in erster Priorität sämtliche<br />
rational nachvollziehbaren Varianten einer Bahnverlängerung an. Erst in der<br />
zweiten Priorität kommen Alternativen einer Bahndrehung, Parallelverschiebung oder<br />
einer Kombination aus beiden Möglichkeiten in Betracht, da dies den Neubau des<br />
Bahnsystems bedeutet. Kommen lediglich S/L-Bahn-Varianten in die nähere Auswahl,<br />
die mehr als ca. 2,5 km vom vorhandenen Abfertigungsbereich entfernt liegen<br />
(Rollweglänge > 5 km) <strong>und</strong> erfüllen diese nicht alle Nutzeranforderungen zu 100 %,<br />
dann sollte auch der Gesamtstandort zur Diskussion gestellt werden, da eine gr<strong>und</strong>legende<br />
Anpassung der vorhandenen Luftverkehrsinfrastruktur unumgänglich ist. In<br />
Abb. 23 sind die einzelnen Prüfungsschritte näher erläutert.<br />
1. Prüfungsschritt: Bahnverlängerung<br />
einseitig symmetrisch asymmetrisch<br />
oder<br />
2. Prüfungsschritt: Neubau<br />
Drehung Parallelverschiebung Kombination<br />
Sind die Prüfungsschritte 1 <strong>und</strong> 2 erfolglos, muss die „Standortfrage“ gestellt werden!<br />
Abb. 23: Prüfungsfolge zur Variantenfindung bei einer beabsichtigten Nutzungsänderung,<br />
eigene Darstellung<br />
123
) Verringerung der Umweltauswirkungen<br />
Eine Verringerung der Umweltauswirkungen kann nur durch eine Drehung <strong>und</strong>/oder<br />
eine Parallelverschiebung einer bestehenden S/L-Bahn erreicht werden: Drehung<br />
<strong>und</strong>/oder Verschiebung können vom Gr<strong>und</strong>satz her als Rückbau einer bestehenden<br />
S/L-Bahn zugunsten einer neuen S/L-Bahn-Variante aufgefasst werden. Meist bietet<br />
sich diese Maßnahme im Zuge einer erforderlichen Gr<strong>und</strong>instandsetzung des S/L-<br />
Bahn-Systems an. Da eine gleichzeitige Bahnverlängerung (Erweiterung) relativ wenig<br />
Mehrkosten verursacht, wird diese Handlungsoption oftmals mit erwogen. In<br />
Abb. 24 sind die diesbezüglichen Prüfungsschritte zusammengefasst.<br />
1. Prüfungsschritt: Neubau<br />
Drehung Parallelverschiebung Kombination<br />
Ergibt sich bei dieser Prüfung keine rationale S/L-Bahn-Variante, muss auf das bestehende<br />
S/L-Bahn-System zurückgegriffen werden.<br />
Wird zusätzlich die Erweiterung des S/L-Bahn-Systems zwingend gefordert, muss die<br />
„Standortfrage“ gestellt werden!<br />
Abb. 24: Variantenfindung zur Verringerung der Umweltauswirkungen, eigene Darstellung<br />
c) Kapazitätserweiterung<br />
Die Kapazitätserweiterung zielt allgemein auf den Ausbau des S/L-Bahn-Systems ab,<br />
so dass pro Zeitintervall mehr Flugzeuge als im bestehenden System abgewickelt<br />
werden können (Erhöhung des Koordinationseckwertes, vgl. Abb. 7). Dies betrifft<br />
hauptsächlich größere internationale Verkehrsflughäfen <strong>und</strong> bedeutet in der Praxis<br />
die Forderung zur Realisierung einer zusätzlichen S/L-Bahn. Hier ist vorab zu prüfen,<br />
ob evtl. eine ausschließliche S- oder eine ausschließliche L-Bahn ausreichend ist<br />
<strong>und</strong> inwieweit die Länge variiert werden kann (s. Kap. 4.2.1). Weiterhin kann eine<br />
gr<strong>und</strong>legende Umstrukturierung des S/L-Bahn-Systems sinnvoll sein (Bsp. Flughafen<br />
Madrid-Barajas, Kap. 5.2.7). Die größten Kapazitätsgewinne können mit <strong>von</strong>einander<br />
124
unabhängigen S/L-Bahn-Konfigurationen erreicht werden. Deshalb bieten sich Parallelbahnsysteme<br />
an. Die diesbezüglichen Prüfungsschritte sind in Abb. 25 dargestellt.<br />
1. Prüfungsschritt: Parallelbahnvariante<br />
Abstand: abhängig unabhängiger Betrieb (vgl. Anl. 22)<br />
oder<br />
2. Prüfungsschritt: Kreuzbahn- bzw. V-Bahnvariante<br />
3. Prüfungsschritt: Umstrukturierung des S/L-Bahn-Systems<br />
Kann bei sämtlichen Prüfungsschritten keine rationale S/L-Bahnkonfiguration generiert<br />
werden, ist der „Endausbau“ des S/L-Bahn-Systems erreicht, d.h. eine Standortalternative<br />
ist zu prüfen!<br />
Abb. 25: Prüfungsfolge zur Variantenfindung bei einer Kapazitätserweiterung, eigene Darstellung<br />
Zusammenfassung:<br />
Diese strukturierte Vorgehensweise zur planmäßigen Generierung <strong>von</strong> rationalen<br />
S/L-Bahn-Varianten dient in erster Linie dem Nachweis der Vollzähligkeit der Handlungsoptionen.<br />
Zusätzlich muss erreicht werden, dass keine realisierbare S/L-Bahn-<br />
Variante vorzeitig aufgr<strong>und</strong> einer Alles-oder-Nichts-Forderung aus der Betrachtung<br />
herausgenommen wird. Weist der Flughafenbetreiber im Planfeststellungsantrag ein<br />
gleichartiges, adäquates Prüfschema nach, so kann sein Verfahren der Variantenge-<br />
125
nerierung allgemein als stimmig <strong>und</strong> somit als „gut“ eingestuft werden. Wird ein logischer<br />
Aufbau gem. a) bis c) nicht eingehalten, so ist das Variantenauswahlverfahren<br />
höchstens als „ausreichend“ einzustufen. Fehlt eine entsprechende Struktur überhaupt,<br />
so ist das Variantenauswahlverfahren „ungenügend“.<br />
6.2.3 3. Schritt: Variantenbewertung<br />
Wie bereits in Kap. 1.2 angedeutet, soll die Variantenbewertung in Bezug auf:<br />
- Leistungsfähigkeit (Kapazität/Funktionalität),<br />
- Umweltauswirkungen,<br />
- Wirtschaftlichkeit<br />
erfolgen.<br />
Leistungsfähigkeit<br />
Umweltauswirkungen<br />
Kapazität<br />
Funktionalität<br />
Schutzgüter (Menschen, Tiere u. Pflanzen,…)<br />
Internes Flugunfallrisiko<br />
(Koordinierungsaufwand)<br />
Externes Flugunfallrisiko<br />
Investitions- u.<br />
Folgekosten<br />
Ausgleichs- <strong>und</strong><br />
Entschädigungsleistungen<br />
Realisierungszeitraum<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Abb. 26: Verknüpfungspunkte <strong>und</strong> Abhängigkeiten der Bewertungsbereiche, eigene Darstellung<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich besitzt eine nach den Standards der ICAO generierte S/L-Bahn-Variante<br />
hinsichtlich der flugbetrieblichen Sicherheit (safety) immer ein ausreichendes<br />
Niveau [41]. Deshalb spielt das interne <strong>und</strong> externe Flugunfallrisiko <strong>für</strong> die Bildung<br />
einer Reihung der S/L-Bahn-Varianten zunächst keine Rolle. Erst bei der abschließenden<br />
Bildung einer Rangfolge werden potentielle Sicherheitsaspekte mit einbezogen.<br />
Bei der Variantenbewertung ist die oberste Prämisse, eine angemessene Be-<br />
126
urteilungstiefe mit der nötigen Praktikabilität des Verfahrens in Einklang zu bringen.<br />
Dazu werden in Anlehnung an die analysierten Bewertungsschemata aus Kap. 5 <strong>und</strong><br />
der weiteren Verkehrsträger (Straße, Schiene) Bewertungskriterien festgelegt, gebündelt,<br />
wenn möglich, verknüpft <strong>und</strong> in einem Kriteriengerüst strukturiert. Die einzelnen<br />
Verknüpfungspunkte bzw. Abhängigkeiten zeigt Abb. 26.<br />
6.2.3.1 Leistungsfähigkeit (Kapazität/Funktionalität)<br />
Der Bereich Leistungsfähigkeit lässt sich relativ unkompliziert unterteilen. Er setzt<br />
sich aus der Kapazität <strong>und</strong> der Funktionalität des S/L-Bahn-Systems in Verbindung<br />
mit dem prognostizierten Flugzeugmix zusammen. Wie bereits erwähnt, kann die<br />
praktisch stündliche Kapazität mit Hilfe <strong>von</strong> Simulationsmodellen- bzw. -programmen<br />
unter Einbeziehung <strong>von</strong> systembedingten Abhängigkeiten <strong>für</strong> jede Betriebsrichtung<br />
ermittelt werden (vgl. Kap. 4.2). Die vorhandene Luftraumstruktur sowie die notwendigen<br />
Luftraumkoordinationen werden dabei mit berücksichtigt. Ein Vergleich der<br />
S/L-Bahn-Varianten hinsichtlich der Funktionalität des S/L-Bahn-Systems ist hingegen<br />
schwieriger, da eine weitere Aufschlüsselung unerlässlich ist. In Abhängigkeit<br />
<strong>von</strong> den speziellen Gegebenheiten muss die Funktionalität einer S/L-Bahn-Variante<br />
im Hinblick auf:<br />
- betriebliche Aspekte (Auswirkungen <strong>für</strong> den Betreiber <strong>und</strong> Nutzer; Flexibilität,<br />
Zeitverluste),<br />
- Nutzungseinschränkungen (hinsichtlich der max. Nutzlast <strong>und</strong> Reichweite des<br />
Bemessungsflugzeugs aufgr<strong>und</strong> fehlender S/L-Bahn-Länge <strong>und</strong>/oder Hindernisfreiheit)<br />
<strong>und</strong><br />
- Nachhaltigkeit des Ausbauvorhabens (Planungshorizont/Erweiterbarkeit)<br />
bewertet werden.<br />
In punkto flugbetriebliche, technische Sicherheit auf einem Flugplatz (safety) kann es<br />
nur eine Ja-oder-Nein-Bewertung geben. Entweder kann eine sichere Abwicklung<br />
des Flugbetriebs gewährleistet werden <strong>und</strong> ein entsprechendes Sicherheitsniveau ist<br />
vorhanden oder das S/L-Bahn-System darf nicht realisiert werden („K.o.-Kriterium“).<br />
Hier liegt die Zuständigkeit bei den Genehmigungsbehörden (Luftämter, DSF usw.),<br />
die diesbezüglich klare Aussagen <strong>und</strong> Vorgaben tätigen müssen. Abstufungen oder<br />
127
Bewertungsmaßstäbe spiegeln sich lediglich in den betrieblichen Abhängigkeiten <strong>und</strong><br />
dem daraus resultierenden Koordinationsaufwand (Betriebskosten) wider.<br />
Bei einer beabsichtigten Nutzungsänderung fokussieren sich die Nutzeranforderungen<br />
auf die allgemeine Abwickelbarkeit (Funktionalität), wobei im Allgemeinen angestrebt<br />
wird, ein zukünftiges Bemessungsflugzeug mit maximaler Nutzlast <strong>und</strong> Reichweite<br />
einzusetzen, um damit die Vorraussetzung <strong>für</strong> einen höchst möglich flexiblen<br />
<strong>und</strong> somit wirtschaftlichen Betrieb zu schaffen. Sollen die existierenden Umweltauswirkungen<br />
verringert werden, fordert der Flughafenbetreiber primär, das vorhandene<br />
Maß an Leistungsfähigkeit des S/L-Bahn-Systems mindestens zu erhalten. Hingegen<br />
ist im Fall der Kapazitätserweiterung der anvisierte Koordinationseckwert des zukünftigen<br />
S/L-Bahn-Systems maßgebend (Abb. 27).<br />
Für den Flughafenbetreiber spielt naturgemäß der Bereich Leistungsfähigkeit eine<br />
entscheidende Rolle. Die Analyse der <strong>Bewertungsverfahren</strong> zeigt eindeutig, dass<br />
seitens der Flughafenbetreiber keine diesbezüglichen Abstriche gemacht werden. In<br />
der Regel werden S/L-Bahn-Varianten <strong>von</strong> vornherein nicht generiert oder fallen bereits<br />
vorzeitig aus dem jeweiligen <strong>Bewertungsverfahren</strong> heraus, wenn mit ihnen keine<br />
100-%ige Deckung bzgl. der geforderten Zielkriterien erreichbar ist.<br />
Leistungsfähigkeit<br />
Ausbauziele<br />
a) Nutzungsänderung<br />
b) Verringerung der<br />
Umweltauswirkungen<br />
c) Kapazitätserweiterung<br />
Wesentliche<br />
Forderung des<br />
Flughafenbetreibers<br />
• Eine höhere Flugzeugkategorie muss<br />
abwickelbar sein (Funktionalität).<br />
• Eine angestrebte Mindestkapazität des<br />
neuen S/L-Bahn-Systems wird definiert.<br />
• Die bestehende Leistungsfähigkeit des S/L-<br />
Bahn-Systems soll mind. erhalten bleiben.<br />
Abb. 27: Maßgebliche Forderungen an die Leistungsfähigkeit eines S/L-Bahn-Systems, eigene Darstellung<br />
128
Bezeichnend ist, dass bei den analysierten Bewertungsbeispielen lediglich am Flughafen<br />
Madrid Barajas eine Ausbauvariante favorisiert wurde, die erst in der mittlerweile<br />
realisierten zweiten Ausbaustufe die geforderte Leistungsfähigkeit hat (Umstrukturierung<br />
des S/L-Bahn-Systems, s. Kap. 5.2.7). Alle anderen Flughäfen hielten<br />
in ihren Bewertungsschemata an der selbst formulierten Mindestleistungsfähigkeit<br />
des zukünftigen S/L-Bahn-Systems als „K.o.-Kriterium“ fest. Dieses Vorgehen basiert<br />
zweifelsohne auf den Interessen der Flughafenbetreiber <strong>und</strong> steht im Widerspruch zu<br />
einer „legitimen“ <strong>und</strong> umfassenden Betrachtungsweise <strong>von</strong> Handlungsoptionen.<br />
Die gr<strong>und</strong>sätzliche Problematik stellt sich wie folgt dar: Aufgr<strong>und</strong> der allgemeinen<br />
Situation <strong>und</strong> Stimmungslage bzgl. Flughafenerweiterungen in Deutschland, tätigen<br />
Flughafenbetreibergesellschaften allgemein keine langfristigen Aussagen über weitere<br />
Ausbauschritte oder sogar den „Endausbau“ des S/L-Bahn-Systems, damit betroffene<br />
Anwohner <strong>und</strong> generelle Ausbaugegner keinen vorzeitigen Widerstand aufbauen.<br />
Zusätzlich gilt das ungeschriebene Gesetz: Je größer der Flughafen ist, desto<br />
schwieriger wird ein weiterer Ausbau. Deshalb könnten Eingeständnisse des Flughafenbetreibers<br />
bei einem S/L-Bahn-Ausbau im Bereich der Leistungsfähigkeit womöglich<br />
die Konsequenz haben, dass eine weitere Ausbaustufe verzögert oder nicht<br />
durchsetzbar ist <strong>und</strong> die fehlende Leistungsfähigkeit dann nicht zeitgerecht oder<br />
überhaupt nicht bereitgestellt werden kann.<br />
Trotz dieses Konfliktpunktes sollte <strong>für</strong> den Flughafenbetreiber eine Unterdeckung der<br />
geforderten zukünftigen Leistungsfähigkeit des gesamten S/L-Bahn-Systems bis ca.<br />
10 % in einer ersten Ausbaustufe tolerierbar sein, wenn in einer zweiten Ausbaustufe<br />
eine weitere Kapazitätssteigerung <strong>für</strong> den Flughafenstandort vorgesehen ist. Dies<br />
entspricht einer tolerierbaren Unterdeckung des zusätzlich geforderten Koordinationseckwertes<br />
<strong>von</strong> bis zu 25 %. Folglich müsste die folgende zweite Ausbaustufe,<br />
gemäß den aufgezeigten Entwicklungsszenarien der analysierten Flughäfen in<br />
Kap. 5, ca. 3 bis 7 Jahre vor dem eigentlich geplanten Termin realisiert werden. Prinzipiell<br />
ist bei sämtlichen betrachteten Verkehrsflughäfen eine weitere Kapazitätssteigerung<br />
durch einen Ausbau des S/L-Bahn-Systems möglich, sogar am Flughafen<br />
London Heathrow (vgl. Kap. 5.2.8).<br />
Um ein klares Entwicklungskonzept zu formulieren, könnte insgesamt gesehen die<br />
Benennung eines festen Ausbauziels („Endausbau“) hilfreich sein (Flughafen Madrid-<br />
129
Barajas, Kap. 5.2.7). Anzumerken ist, dass bei einem entsprechenden „Offenlegen<br />
der Karten“ durch den Flughafenbetreiber die zuständigen Genehmigungsbehörden<br />
entsprechend signalisieren müssten, inwieweit sie die Planungsabsichten bis zum<br />
„Endausbau“ mittragen würden, damit der Flughafenbetreiber wiederum Planungssicherheit<br />
hätte. Eine Ausweitung der Vorranggebiete <strong>für</strong> die Flughäfen sowie zusätzliche<br />
Nutzungsbeschränkungen auf diesen Flächen wären dabei unerlässlich.<br />
6.2.3.2 Umweltauswirkungen<br />
Die Umweltauswirkungen stellen zweifelsfrei den komplexesten Bereich dar. Die in<br />
Kap. 5 analysierten Bewertungsschemata zeigen, dass primär die aus dem Luftverkehr<br />
<strong>für</strong> den Menschen resultierenden Belastungen dargestellt <strong>und</strong> mit einer relativ<br />
hohen Gewichtung bewertet werden (Fluglärm, Luftschadstoffe). Für ein umfassendes<br />
Gesamtbild müssen jedoch sämtliche in Frage kommenden Umweltschutzgüter<br />
zzgl. evtl. Wechselwirkungen, wie sie in § 2 UVPG „Begriffsbestimmungen“ definiert<br />
sind, – in einer vergleichbaren Weise – betrachtet werden (vgl. u.a. [33, 44, 46, 66,<br />
73, 74]):<br />
1. Menschen<br />
2. Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)<br />
3. Boden<br />
4. Wasser (Gr<strong>und</strong>-/ Oberflächenwasser)<br />
5. Luft<br />
6. Klima<br />
7. Landschaft<br />
8. Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter<br />
Die Auswirkungen auf einzelne Umweltschutzgüter können gr<strong>und</strong>sätzlich variantenunabhängig<br />
sein. Besonders bei kleineren Flugplätzen können einzelne Auswirkungen<br />
sogar so geringfügig sein, dass sie im Variantenvergleich vernachlässigbar sind. Innerhalb<br />
des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s müssen Unterschiede jedoch klar aufgezeigt<br />
<strong>und</strong> in ihrer Auswirkung verbal argumentativ beschrieben werden. Als Zusammenfassung<br />
muss <strong>für</strong> jedes Umweltschutzgut eine Aussage stehen, inwieweit die<br />
Ausbauvariante tolerierbar bzw. nicht mehr tolerierbar ist. Dementsprechend können<br />
130
im Bereich der Umweltauswirkungen einzelne Bewertungskriterien ein „K.o.-Kriterium“<br />
<strong>für</strong> eine S/L-Bahn-Variante sein.<br />
Im Zusammenhang mit den Umweltauswirkungen des Luftverkehrs ist nicht zuletzt<br />
durch den Absturz der Concorde am 25.07.2000 kurz nach dem <strong>Start</strong> vom Flughafen<br />
Paris Charles de Gaulle auch das externe Flugunfallrisiko (Flugzeugabsturz verb<strong>und</strong>en<br />
mit Auswirkungen auf Dritte) zu benennen (vgl. Abb. 26). Fest steht, dass ein<br />
Flugunfall niemals ausgeschlossen werden kann <strong>und</strong> dass generell ein erhöhtes<br />
Unfallrisiko im unmittelbaren Bereich der S/L-Bahn-An- <strong>und</strong> Abflugrouten vorhanden<br />
ist (<strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landephase des Flugzeugs). Risikobereiche <strong>für</strong> terroristische Anschläge<br />
innerhalb <strong>und</strong> außerhalb eines Flughafengeländes sind derzeit nicht spezifizierbar.<br />
Ein Zusammenhang mit der Wahl der S/L-Bahn-Variante bzw. dem S/L-<br />
Bahn-Systems ist deshalb nicht gegeben.<br />
Risikoabschätzungen, wie beispielsweise <strong>für</strong> einen Flugunfall im Bereich des Chemieunternehmens<br />
Ticona GmbH am Flughafen Frankfurt Rhein Main (Anl. 76), verb<strong>und</strong>en<br />
mit einer zusätzlich erheblichen Schadensauswirkung auf Dritte, sind aufgr<strong>und</strong><br />
der unzureichenden Datenbasis sehr problematisch <strong>und</strong> können nur mit einer<br />
statistischen Unfallwahrscheinlichkeit in Abhängigkeit <strong>von</strong> der überflogenen Fläche<br />
<strong>und</strong> der Intensität des Luftverkehrs beziffert werden. Der TÜV Pfalz hat in seinem<br />
Gutachten zur Absturzhäufigkeit am Flughafen Frankfurt ein Individualrisiko (Absturz<br />
mit der Folge eines Toten am Boden) mit einem max. Erwartungswert <strong>von</strong> einem<br />
Schadensereignis in 10.000 Jahren ermittelt [32]. Die Wahrscheinlichkeit eines<br />
Störfalls in der Ticona GmbH wurde auf ein Schadensereignis in 34.500 Jahren bis<br />
ein Schadensereignis in 20.800 Jahren angegeben. Da es in Deutschland keine definierte<br />
Methode zur Berechnung eines Störfallrisikos mit entsprechenden Grenzwerten<br />
gibt, ist die Aussagekraft der Risikowahrscheinlichkeiten umstritten. Die entsprechenden<br />
Interpretation der „Risikoabschätzungen“ durch die Ausbaube<strong>für</strong>worter <strong>und</strong><br />
-gegner klaffen daher weit auseinander (s. Kap. 4.3.4 u. 5.2.4, vgl. [94, 136]).<br />
Hier muss die praktische Prämisse gelten: Zunächst ist <strong>für</strong> die Bewertung der S/L-<br />
Bahn-Varianten das potentielle externe Flugunfallrisiko nicht relevant, da realisierbare<br />
Varianten die notwendigen flugbetrieblichen Anforderungen gemäß den internationalen<br />
Richtlinien der ICAO erfüllen müssen (Standards, Hindernisfreiheit usw.).<br />
131
Nach Abschluss des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s sollte eine Abschätzung des externen<br />
Risikopotentials <strong>für</strong> jede S/L-Bahn-Variante erfolgen. Dabei ist es notwendig,<br />
vorab eine erfassbare Datenbasis zu definieren. Sinnvoll ist es, sich als Gr<strong>und</strong>lage<br />
der Bewertung auf einen bereits klar definierten Bereich zu konzentrieren. Es bietet<br />
sich der gem. § 12 LuftVG „Baubeschränkungen im Bauschutzbereich“ (Anl. 43) definierte<br />
Anflugsektor als zu betrachtende Fläche zur Abschätzung des externen Risikopotentials<br />
an. Als Entscheidungskriterium gilt es, zu differenzieren zwischen „überflogener<br />
Wohnbevölkerung“ (Siedlungsfläche, Personenzahl), überflogenen Industrieanlagen<br />
(„Risikospektrum“) <strong>und</strong> der Intensität des Luftverkehrs. Jedem Betrachter<br />
muss klar sein, dass der Forderung nach einer 100-%igen Sicherheit, d.h. einem Risiko<br />
gleich null, niemals <strong>und</strong> an keinem Ort entsprochen werden kann. Das tolerierbare<br />
externe Risikoniveau bleibt schlussendlich eine Ermessensentscheidung. Prinzipiell<br />
sollte diejenige S/L-Bahn-Variante bevorzugt werden, die im Quervergleich das<br />
niedrigste externe Risikopotential aufweist.<br />
Anzumerken ist, dass im Gegensatz zu Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Straßen,<br />
die Berücksichtigung einer Kostenkomponente zur Erfassung der „Veränderung<br />
des Unfallgeschehens“ bei Neubaustrecken im Luftverkehr nicht möglich ist<br />
(vgl. [22]), da aufgr<strong>und</strong> der niedrigen Flugunfallzahlen keine signifikante Datenbasis<br />
existiert, die unmittelbare Rückschlüsse auf das S/L-Bahn-System zuließe. Weiterhin<br />
ist gerade am Beispiel des Flughafens Frankfurt Rhein Main unbestritten, dass aufgr<strong>und</strong><br />
der Überlastung des S/L-Bahn-Systems in den Spitzenst<strong>und</strong>en durch „Luftstau“<br />
das Sicherheitsrisiko ansteigt. Ein Ausbau des S/L-Bahn-Systems würde diesbezüglich<br />
eine Verbesserung des Ist-Zustands, d.h. eine Abminderung des Unfallrisikos,<br />
bewirken.<br />
6.2.3.3 Wirtschaftlichkeit<br />
Wie bereits beschrieben, möchte der Flughafenbetreiber gr<strong>und</strong>sätzlich die <strong>für</strong> ihn<br />
wirtschaftlichste S/L-Bahn-Variante realisieren (Kap. 4.4). Dazu wurden in den untersuchten<br />
Bewertungsschemata stets die „reinen“ Baukosten separat aufgeführt <strong>und</strong><br />
ohne Berücksichtigung der damit verb<strong>und</strong>enen Steigerung der Leistungsfähigkeit in<br />
Verbindung mit den jeweiligen Umweltauswirkungen gewertet. Die Baukosten errechnen<br />
sich aus folgenden Einzelposten (eigene Zusammenstellung):<br />
132
- Erwerb der benötigten Fläche (Quantität, Qualität),<br />
- S/L-Bahn-Dimensionierung (Länge, Breite),<br />
- Rollwegkonfiguration (Anl. 42),<br />
- Herrichten der Fläche (Rodung, Erdmassenbewegung…),<br />
- Herstellung der Hindernisfreiheit (gem. ICAO, Anl. 41),<br />
- betriebliche Forderungen (z.B. Bau unter laufendem Betrieb, spez. CAT-Einstufung<br />
usw.),<br />
- sonstige Rahmenbedingungen (landseitige Flughafenanbindung, vorhandene<br />
Bebauung, Gr<strong>und</strong>dienstbarkeiten o.ä.).<br />
Vom logischen Verständnis her, müssten jedoch die gesamten Investitionskosten<br />
(einmalige Kosten) <strong>und</strong> zusätzlich die laufenden Folgekosten (Betrieb, Erhaltung)<br />
betrachtet <strong>und</strong> ins Verhältnis zum direkten Nutzen (Steigerung der Leistungsfähigkeit)<br />
<strong>und</strong> den dazugehörigen Umweltauswirkungen gesetzt werden. Umweltauswirkungen<br />
sind wegen ihrer Multidimensionalität einerseits schwierig zu erfassen, andererseits<br />
können Ausgleichs- <strong>und</strong> Entschädigungsleistungen vorab nicht exakt berechnet<br />
werden, da keine konkreten, quantitativ umsetzbaren gesetzlichen Regelungen<br />
bzw. Bemessungsgr<strong>und</strong>lagen existieren. Das Leistungsniveau ist jedoch unmittelbar<br />
<strong>von</strong> den gesamten Umweltauswirkungen abhängig (z.B. die Bemessung der<br />
Ausgleichsflächen [31]). Überschlägig ist nach Erfahrungswerten ein Leistungsvolumen<br />
<strong>von</strong> ca. 10 % bis 20 % der gesamten Baukosten anzusetzen! Zusätzlich sind<br />
oftmals betriebliche Einschränkungen als Ausgleichsmaßnahmen, wie etwa ein generelles<br />
Nachtflugverbot als Auflage in dem Planfeststellungsbeschluss enthalten<br />
[32, 33].<br />
Der Kostenaufwand zur Koordinierung des Flugbetriebs ist eng mit der Leistungsfähigkeit<br />
des S/L-Bahn-Systems verknüpft, d.h., dass kurze, direkte Rollwege in Verbindung<br />
mit wenigen flugbetrieblichen Abhängigkeiten, geringen Einschränkungen<br />
<strong>und</strong> Kreuzungspunkten sowohl die Leistungsfähigkeit (Kapazität, Funktionalität) erhöhen,<br />
als auch den Koordinierungsaufwand reduzieren. Deshalb ist der Koordinierungsaufwand<br />
ein direkter Indikator <strong>für</strong> das interne Flugunfallrisiko (vgl. Abb. 26).<br />
Erhaltungs- bzw. spätere Sanierungsmaßnahmen sind weitestgehend <strong>von</strong> der Dimensionierung<br />
des S/L-Bahn-Systems abhängig. Kompakte <strong>und</strong> gleichzeitig unab-<br />
133
hängige S/L-Bahn-Systeme besitzen diesbezüglich Vorteile, da einerseits nur ein Minimum<br />
an Flugbetriebsfläche beansprucht wird, andererseits bei entsprechenden<br />
Maßnahmen keine wesentliche Einschränkung des Flugbetriebs notwendig wird<br />
(Flexibilität des S/L-Bahn-Systems).<br />
Im Rahmen des Kriteriums Wirtschaftlichkeit wird meist schon bei der Vorauswahl<br />
der S/L-Bahn-Varianten die Entscheidung getroffen, ob nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />
eine generierte Variante überhaupt in Betracht kommt. Allgemeine betriebliche<br />
Einschränkungen während der Bauphase <strong>und</strong> baubetriebliche Überlegungen<br />
beim „Bauen unter Flugbetrieb“ fließen in diese Betrachtung mit ein. Ist der erforderliche<br />
Kostenaufwand zur Realisierung exorbitant hoch <strong>und</strong> steht er in keinem<br />
realistischen Verhältnis zur erreichbaren Leistungsfähigkeit des S/L-Bahn-Systems,<br />
so ist das Projekt logischerweise nicht realisierbar. Der Nachweis einer wirtschaftlichen<br />
Tragfähigkeit des Ausbauvorhabens müsste deshalb bereits im 1. Schritt zur<br />
Prüfung der Voraussetzungen (Kap. 6.2.1) erbracht werden, damit <strong>von</strong> Beginn an ein<br />
maximal vertretbares Kostenvolumen <strong>für</strong> den Ausbau festgesetzt ist („Budgetlimit“).<br />
Dieser Nachweis wurde in keinem der analysierten <strong>Bewertungsverfahren</strong> geführt.<br />
Die zugr<strong>und</strong>e gelegte Nutzungsdauer einer neuen S/L-Bahn sollte gemäß der<br />
strukturellen Nutzungsdauer der Verkehrsflächenbefestigung mindestens 20 Jahre<br />
betragen (PCN-Einstufung, [29]) <strong>und</strong> spielt in der Regel in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />
keine Rolle. Eine geplante erste Ausbaustufe mit einer „temporären“ S/L-<br />
Bahn, die durch eine zweite Ausbaustufe mit einem veränderten S/L-Bahn-System<br />
vor einer 20-jährigen Nutzungsdauer abgelöst werden soll, muss hingegen als ein<br />
„Gesamtausbaupaket“ betrachtet werden, d.h. beide Ausbauschritte sind als eine<br />
S/L-Bahn-Variante zu zählen.<br />
Abschließend sollte unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein allgemeiner<br />
Zeitrahmen <strong>für</strong> die Realisierung bzw. die Inbetriebnahme in die Bewertung einfließen.<br />
Ist z.B. die <strong>für</strong> eine S/L-Bahn-Variante benötigte Fläche bereits im Besitz des Flughafenbetreibers,<br />
so stellt dies eine günstige Vorbedingung <strong>für</strong> die rasche Umsetzung<br />
des Ausbauvorhabens dar. Die Ergebnisse eines Mediationsverfahrens können zur<br />
Abschätzung <strong>und</strong> Bewertung der Realisierungszeitspanne hilfreich sein (vgl. Flughafen<br />
Wien-Schwechat, Kap. 5.2.5).<br />
134
6.2.4 Bestimmung des Kriteriengerüstes<br />
Bei der Bestimmung des Kriteriengerüstes stellen die Ergebnisse aus der Analyse<br />
der angewendeten <strong>Bewertungsverfahren</strong> (Kap. 5.3.2) <strong>und</strong> die in Kap. 6.2.3 getätigten<br />
Aussagen zum 3. Schritt des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s die Basis dar. Dabei gelten folgende<br />
Gr<strong>und</strong>sätze (Abb. 28):<br />
- Das Kriteriengerüst ist vorab definiert, vollständig <strong>und</strong> während der<br />
Verfahrensanwendung unveränderbar.<br />
- Die vollständige Bearbeitung aller Bewertungskriterien ist zwingend notwendig.<br />
- Die thematische Struktur des Kriteriengerüstes ist so festgelegt, dass einerseits<br />
alle relevanten Kriterien erfasst <strong>und</strong> berücksichtigt sind, andererseits eine<br />
„mehrfache Bewertung“ ein <strong>und</strong> desselben Kriteriums bzw. Tatbestandes ausgeschlossen<br />
wird („konsistentes Kriteriengerüst“).<br />
Somit sind die wichtigen Forderungen aus Kap. 5.3.2 an das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
erfüllt, d.h., dass sämtliche Zielkriterien (Nutzeranforderungen) den Bewertungskriterien<br />
zugeordnet werden können <strong>und</strong> dass unabhängig <strong>von</strong> der Funktion<br />
<strong>und</strong> Größe des Flugplatzes <strong>und</strong> der Ausbauabsicht des Betreibers alle Bewertungskriterien<br />
untersucht werden müssen.<br />
Beispielsweise betrifft die Forderung nach der sog. Hub-Fähigkeit des zukünftigen<br />
S/L-Bahn-Systems <strong>und</strong> der daraus abgeleiteten MCT, Teilaspekte der Bewertungskriterien<br />
„Kapazität“, „Nutzungseinschränkungen“ sowie „Betriebliche Abhängigkeiten“.<br />
Dadurch kommt es einerseits bei einer eigenständigen Bewertung zu einer<br />
Mehrfachbewertung, andererseits werden die Aspekte der Terminal- <strong>und</strong> Vorfeldkonfiguration<br />
sowie der flugbetrieblichen Koordination außer Acht gelassen bzw. nicht<br />
bewertet [33].<br />
135
136<br />
Abb. 28: Standardisiertes Kriteriengerüst des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s, eigene Darstellung
6.2.4.1 Abwägung, Gewichtung <strong>und</strong> Bewertung<br />
Jedes Bewertungskriterium wird im Folgenden einzeln betrachtet. Um <strong>von</strong> einer dimensionsbehafteten<br />
Messgröße (Indikator) zu einer einheitlichen, neutralen Bewertung<br />
mit Punkten zu kommen, werden <strong>für</strong> jedes Kriterium Bewertungsfunktionen definiert.<br />
Es werden Gr<strong>und</strong>sätze abgeleitet, die <strong>für</strong> jede Bewertungsfunktion den äußeren<br />
Rahmen darstellen.<br />
Die <strong>von</strong> den Flughafenbetreibern in Bezug auf ein Bewertungskriterium bereits vorhandenen<br />
Bewertungen werden anhand einer aus den Anwendungsfällen extrahierten<br />
Bewertungsfunktion analysiert. Eine Gegenüberstellung der extrahierten Bewertungsfunktion<br />
<strong>und</strong> der neuen Bewertungsfunktion dient zur Verdeutlichung der Weiterentwicklung<br />
<strong>und</strong> Optimierung der Bewertung innerhalb des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s.<br />
Die Bereiche einer Bewertungsfunktion (Intervalle) zwischen den vorab definierten<br />
„Eckpunkten“ werden durch konstante, lineare oder quadratische Funktionsverläufe<br />
beschrieben. Dieses Vorgehen standardisiert die Bewertungsfunktionen <strong>und</strong> vereinfacht<br />
die Anwendung, ohne jedoch die notwendige Aussagepräzision zu verringern.<br />
Beispielsweise bewirkt bei den quadratischen Funktionsverläufen die einheitliche Erhöhung<br />
der Exponenten auf „3“ normalerweise keine qualitative Veränderung des<br />
Bewertungsergebnisses. Im Gegensatz dazu, würde eine Erhöhung auf den Exponenten<br />
„10“ in der Bewertung quasi eine Alles-oder-Nichts-Forderung bewirken.<br />
Die im UVPG geforderte Gleichwertigkeit aller Umweltschutzgüter wird in das neue<br />
<strong>Bewertungsverfahren</strong> implementiert, d.h. es wird eine formale 1:1-Gewichtung eingeführt<br />
<strong>und</strong> ebenfalls <strong>für</strong> die Bewertungskriterien im Bereich der Leistungsfähigkeit<br />
übernommen. Für die detaillierte Bepunktung der Bewertungskriterien wird in allen<br />
Fällen eine Skala <strong>von</strong> 0 bis 100 gewählt. Im Rahmen des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s<br />
ist es ausreichend, die aus den Bewertungsfunktionen berechneten Punktezahlen<br />
kaufmännisch zu r<strong>und</strong>en.<br />
Dieser Einteilung wird eine auf das jeweilige Bewertungskriterium angepasste standardisierte<br />
Bewertungsfunktion zugr<strong>und</strong>e gelegt, die einem Notenschlüssel mit einer<br />
137
unteren zulässigen Schwelle <strong>von</strong> 40 Punkten bzw. 40 % entspricht. Diese „untere<br />
Schwelle“ ist notwendig, da auf einige Bewertungskriterien aus dem Bereich Umweltauswirkungen<br />
keine stetige Bewertungsfunktion angewendet werden kann <strong>und</strong><br />
bei einer Unterschreitung dieser „unteren Schwelle“ die entsprechende S/L-Bahn-Variante<br />
nicht mehr realisiert werden darf („K.o.-Kriterium“). Sollten <strong>für</strong> sämtliche S/L-<br />
Bahn-Varianten einzelne Bewertungskriterien ohne nennenswerte Bedeutung sein,<br />
dann müssen die S/L-Bahn-Varianten eine gleich hohe Bepunktung gemäß dem vorhandenen<br />
Zielerreichungsgrad erhalten. Sind z.B. generell keine Nutzungseinschränkungen<br />
zu erwarten, dann ist ein Zielerreichungsgrad <strong>von</strong> 100 % vorhanden. Somit<br />
erhalten sämtliche S/L-Bahn-Varianten eine Bepunktung mit jeweils 90 Punkten. Da<br />
es bei einigen Bewertungskriterien in Abhängigkeit <strong>von</strong> der S/L-Bahn-Variante möglich<br />
ist, den geforderten Zielerreichungsgrad zu übertreffen bzw. Umweltauswirkungen<br />
gegenüber dem Ist-Zustand zu verbessern, erfolgt eine Bonusbepunktung <strong>von</strong><br />
bis zu 100 Punkten.<br />
Die Reihung der S/L-Bahn-Varianten erfolgt abschließend anhand einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung,<br />
in der <strong>für</strong> jede S/L-Bahn-Variante die Gesamtkosten des Ausbaus<br />
ins Verhältnis zur Gesamtbepunktung aus den Bereichen Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Umweltauswirkungen gesetzt werden. Dabei fließen die Bereiche Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Umweltauswirkungen neutral in das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> ein, d.h.<br />
sie werden standardmäßig 1:1 gewichtet.<br />
Es bleibt dem Flughafenbetreiber überlassen, inwieweit er abschließend, unabhängig<br />
<strong>von</strong> der standardisierten Bewertung, eine eigene Gewichtung vornimmt, die verschiedenen<br />
Gewichtungen in einer Sensitivitätsanalyse beurteilt <strong>und</strong> entsprechend<br />
zu abweichenden Bewertungsergebnissen kommt. Ein wesentlicher Vorteil des<br />
neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s mit expliziter Gewichtung ist, dass damit die Präferenzen<br />
des Anwenders transparent werden; die individuelle Gewichtung muss durch den<br />
Anwender offen gelegt werden.<br />
Die Rangfolge der S/L-Bahn-Varianten kann sich aufgr<strong>und</strong> der abschließenden Betrachtung<br />
des internen/externen Flugunfallrisikopotentials, der Abschätzung des Realisierungshorizonts<br />
sowie evtl. sonstiger Faktoren bei vorheriger annähernd gleicher<br />
138
Variantenreihung nochmals verändern. Dies stellt jedoch den absoluten Ausnahmefall<br />
dar. Das Ablaufschema des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s zeigt Abb. 29.<br />
Schritte:<br />
Ablaufschema<br />
1<br />
Bewertungskriterien<br />
Leistungsfähigkeit<br />
Umweltauswirkungen<br />
Bepunktung (0-100) gem.<br />
individueller<br />
Bewertungsfunktion<br />
4<br />
Kriterienanzahl<br />
8<br />
2<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Variantenreihung:<br />
€ / Bew.-Punkt<br />
Leistungsfähigkeit [Pkt]<br />
Investitionskosten [€]<br />
+<br />
Verhältnis 1 : 1<br />
Umweltauswirkungen [Pkt]<br />
3<br />
Resultat<br />
Internes Flugunfallrisiko<br />
Abwägung<br />
(verbal-argumentativ)<br />
Externes Flugunfallrisiko<br />
Rangfolge:<br />
„Bestvariante“<br />
Realisierungszeitraum /<br />
Sonstiges<br />
Abb. 29: Ablaufschema des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s, eigene Darstellung<br />
6.2.4.2 Leistungsfähigkeit<br />
6.2.4.2.1 Kapazität<br />
Das Bewertungskriterium Kapazität wird generell durch den erreichbaren Koordinationseckwert<br />
eines S/L-Bahn-Systems quantifiziert (Kap. 4.2). Innerhalb der analysierten<br />
<strong>Bewertungsverfahren</strong> werden zwar S/L-Bahn-Varianten generiert <strong>und</strong> bewertet,<br />
die den geforderten Koordinationseckwert nicht erreichen, doch entfallen diese<br />
139
Varianten gerade aus diesem Gr<strong>und</strong>. Ist durch eine S/L-Bahn-Variante eine zusätzliche<br />
Kapazität über dem geforderten Koordinationseckwert möglich, so fließt dies generell<br />
nicht in die analysierten Bewertungen ein. Deshalb stellt das Bewertungskriterium<br />
Kapazität quasi eine Alles-oder-Nichts-Forderung dar.<br />
In der Praxis wird stets versucht, den zukünftigen Koordinationswert exakt mit der<br />
Entwicklungsprognose <strong>für</strong> ein bestimmtes Planungsjahr in Einklang zu bringen. Sowohl<br />
eine Kapazitätsreserve als auch ein Kapazitätsdefizit sollen vermieden werden,<br />
so dass unter optimalen Bedingungen die vermeintliche Bestvariante bzgl. der Kapazität<br />
in der Regel exakt den prognostizierten Erfordernissen entspricht („Punktlandung“).<br />
Für den Betrachter des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s sollte jedoch explizit nachvollziehbar<br />
sein, weshalb eine S/L-Bahn-Variante, die annähernd die geforderte Kapazität erfüllt,<br />
nicht weiter betrachtet wird, <strong>und</strong> wiederum eine S/L-Bahn-Variante, die eine „Überkapazität“<br />
darstellt, keinen „Bonus“ erhält. Diesen offensichtlichen Schwachpunkt der<br />
untersuchten Bewertungsschemata gilt es zu bereinigen, zumal die vom Flughafenbetreiber<br />
geforderte Kapazität in Form eines höheren Koordinationseckwertes des<br />
zukünftigen S/L-Bahn-Systems keine, z.B. <strong>für</strong> eine bestimmte Flughafenkategorie,<br />
exakt ableitbare Absolutgröße darstellt.<br />
In Abb. 30 ist die pauschalierte Bewertung der untersuchten <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
der optimierten, neuen Bewertung gegenüber gestellt. Wesentliche Eckpunkte sind:<br />
- Eine 100-%ige Erfüllung des zusätzlich geforderten Koordinationseckwertes<br />
entspricht einer Bewertung mit 90 Punkten.<br />
- Der zusätzlich geforderte Koordinationseckwert (Kapazitätszuwachs) sollte als<br />
unterste Betrachtungsgrenze zu min. 75 % erreicht werden, was einer<br />
tolerierbaren Unterdeckung <strong>von</strong> max. 25 % entspricht (vgl. Kap. 6.2.3.1, „untere<br />
Schwelle“). Für diese Grenze wird eine Bewertung mit 40 Punkten angesetzt.<br />
- Wird durch eine S/L-Bahn-Variante eine Überkapazität erreicht, sollte bis zu einem<br />
125-%igen Erfüllungsgrad eine zusätzliche, ansteigende Bepunktung erfolgen.<br />
Eine über 125 % hinausgehende „Überkapazität“ sollte keine weitere Verbesserung<br />
der Bewertung bewirken, da sonst die Versuchung besteht, mit bewusst<br />
geschaffener Überkapazität das Nutzen-Kosten-Verhältnis künstlich auf-<br />
140
zubessern. Dies bedeutet, dass bei einem Erfüllungsgrad ≥ 125 % die Bepunktung<br />
auf einem Wert <strong>von</strong> 125 % „eingefroren“ wird (Deckelung).<br />
Bewertungsfunktion:<br />
Unmittelbar aus den festgelegten Eckpunkten lässt sich die neue Bewertungsfunktion<br />
<strong>für</strong> das Bewertungskriterium Kapazität herleiten. Dementsprechend können die Bereiche<br />
I bis IV in Abhängigkeit vom Erfüllungsgrad definiert werden (s. Abb. 30).<br />
- Bereich I der Bewertungsfunktion umfasst einen Erfüllungsgrad <strong>von</strong> 0 % bis unter<br />
66,5 % mit einer Bepunktung <strong>von</strong> konstant 0 Punkten.<br />
f I (x) = 0 [Pkt] <strong>für</strong> 0 ≤ x < 66,5; x [%]<br />
- Nach dem allgemeinen Verständnis ist eine kleinere Unterschreitung der Kapazität<br />
tolerabel, eine größere jedoch nicht. Um dies auszudrücken muss mit zunehmender<br />
Unterschreitung des Erfüllungsgrades die Bepunktung progressiv<br />
abnehmen. Für den Bereich II, der einem Erfüllungsgrad <strong>von</strong> 66,5 % bis 100 %<br />
entspricht, wird deshalb eine quadratische Funktion definiert.<br />
2<br />
f II (x) = 90 – • (100 – x) 2 [Pkt] <strong>für</strong> 66,5 ≤ x ≤ 100; x [%]<br />
25<br />
- Wird der Erfüllungsgrad überschritten, soll wie bereits gesagt, eine zusätzliche<br />
Bepunktung („Bonus“) im Bereich größer 100 % bis 125 % erfolgen. Im Bereich<br />
III der Bewertungsfunktion ist dazu ein linearer Ansatz zweckmäßig.<br />
2<br />
f III (x) = 90 + • (x – 100) [Pkt] <strong>für</strong> 100 < x ≤ 125; x [%]<br />
5<br />
- Für einen Erfüllungsgrad über 125 % (Bereich IV) erhält jede S/L-Bahn-Variante<br />
eine konstante, max. Bepunktung mit 100 Punkten.<br />
f IV (x) = 100 [Pkt] <strong>für</strong> 125 < x; x [%]<br />
141
Bewertungspunkte<br />
100<br />
Bewertungskriterium: Kapazität<br />
I II III IV<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
Ist-<br />
Bewertung<br />
neue<br />
Bewertung<br />
"untere<br />
Schwelle"<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 110% 120% 130%<br />
"Erfüllungsgrad" des zusätzlichen Koordinationseckwertes [%]<br />
Abb. 30: Bewertungsfunktion „Kapazität“, eigene Darstellung<br />
6.2.4.2.2 Nutzungseinschränkungen<br />
Nutzungseinschränkungen beziehen sich direkt auf das als Planungsgr<strong>und</strong>lage gewählte<br />
Bemessungsflugzeug <strong>und</strong> können in Form einer <strong>Start</strong>gewichtslimitierung (Limitierung<br />
des MTOW) <strong>und</strong>/oder einer eingeschränkten Betriebszeit angegeben werden.<br />
Wie beim Bewertungskriterium Kapazität werden in den analysierten <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
zwar S/L-Bahn-Varianten mit Nutzungseinschränkungen in Erwägung<br />
gezogen, doch fallen die S/L-Bahn-Varianten mit Nutzungseinschränkungen bei der<br />
anschließenden Bewertung heraus. Deshalb handelt es sich auch im Fall der Nutzungseinschränkungen<br />
im Prinzip um eine Alles-oder-Nichts-Forderung des Flughafenbetreibers.<br />
Zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten, z.B. die Abwickelbarkeit einer höheren<br />
Flugzeugkategorie, als gefordert, oder die Erhöhung der Betriebszeiten aufgr<strong>und</strong><br />
der Realisierung einer höheren CAT-Einstufung usw. werden nicht berücksichtigt.<br />
Zu Nutzungseinschränkungen kommt es hauptsächlich dann, wenn die notwendige<br />
Hindernisfreiheit gemäß den Richtlinien der ICAO nicht gewährleistet werden<br />
kann <strong>und</strong>/oder die <strong>für</strong> das Bemessungsflugzeug erforderliche S/L-Bahn-Länge nicht<br />
realisierbar ist [41, 42].<br />
142
Beide Kriterien sind in der Regel unmittelbar <strong>von</strong>einander abhängig. Als Maß <strong>für</strong> die<br />
Nutzungseinschränkungen durch eine S/L-Bahn-Variante kann zum einen die Nutzlast-<br />
bzw. Reichweitenlimitierung des Bemessungsflugzeugs herangezogen werden,<br />
zum anderen die aufgr<strong>und</strong> der evtl. nicht herstellbaren CAT-Einstufung (ungenügende<br />
Hindernisfreiheit) fehlende Abwickelbarkeit bei entsprechenden Schlechtwetterbedingungen.<br />
In der Praxis können allerdings durch Festlegung <strong>von</strong> Sonderbzw.<br />
Ausnahmeregelungen oder modifizierten An-/Abflugverfahren Nutzungseinschränkungen<br />
minimiert oder sogar vollständig ausgeglichen werden. Ein diesbezügliches<br />
Musterbeispiel stellt der Flughafen Salzburg dar (Abb. 31) [71].<br />
Abb. 31: Eingeschränkte Hindernisfreiheit am Flughafen Salzburg, Blick in Betriebsrichtung 16 [135]<br />
Deshalb sollten im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> Zielunterschreitungen bis insgesamt<br />
20 % noch in die Betrachtung einbezogen werden (Erfüllungsgrad ≥ 80 %), speziell<br />
dann, wenn es sich bei der S/L-Bahn-Variante um die Verlängerung einer bzw. der<br />
bestehenden S/L-Bahn handelt. Ist jedoch das eigentliche Ausbauziel, z.B. die Abwicklung<br />
<strong>von</strong> Interkontinentalverkehr, keinesfalls möglich, dann muss die S/L-Bahn-<br />
Variante aus der Bewertung herausfallen („K.o.-Kriterium“).<br />
Zur Beurteilung des Kriteriums Nutzungseinschränkungen dient wiederum der Erfüllungsgrad<br />
in Bezug auf das Bemessungsflugzeug. Die prozentualen Nutzungsein-<br />
143
schränkungen aus der Limitierung des MTOW sowie der Abminderung an Betriebszeit<br />
werden zur gesamten Nutzungseinschränkung summiert. Besitzt eine S/L-Bahn-<br />
Variante keine Nutzungseinschränkungen, so ist ein Erfüllungsgrad des Zielkriteriums<br />
<strong>von</strong> 100 % vorhanden. Eine Gegenüberstellung der Bewertung in den analysierten<br />
<strong>Bewertungsverfahren</strong> mit der optimierten, neuen Bewertung ist in Abb. 32<br />
dargestellt. Folgende Eckpunkte sind zu berücksichtigen:<br />
- „Keine Nutzungseinschränkung der S/L-Bahn-Variante“ entspricht einer Bewertung<br />
mit 90 Punkten (Erfüllungsgrad = 100 %).<br />
- Die untere Betrachtungsgrenze liegt bei einer Nutzungseinschränkung <strong>von</strong> max.<br />
20 % („untere Schwelle“: Erfüllungsgrad = 80 %). Dementsprechend ist die Bepunktung<br />
40 Punkte.<br />
- Ist durch eine S/L-Bahn-Variante ein zusätzlicher Nutzen über die Forderung<br />
hinaus gegeben, dann sollte bis zu einer „Nutzungsreserve“ <strong>von</strong> 10 % eine<br />
weitere Bepunktung erfolgen (Erfüllungsgrad = 110 %). Eine weitere Steigerung<br />
der Nutzungsmöglichkeiten soll keinen wertbaren „Zugewinn“ bewirken, so dass<br />
eine max. Punktezahl <strong>von</strong> 100 vergeben wird.<br />
Bewertungsfunktion:<br />
In Abhängigkeit vom Erfüllungsgrad <strong>und</strong> <strong>von</strong> den definierten Eckpunkten wird die<br />
neue Bewertungsfunktion in die Bereiche I bis IV unterteilt (Abb. 32).<br />
- Bereich I der Bewertungsfunktion umfasst einen Erfüllungsgrad <strong>von</strong> 0 % bis ca.<br />
73,2 % mit einer Bepunktung <strong>von</strong> konstant 0 Punkten.<br />
f I (x) = 0 [Pkt] <strong>für</strong> 0 ≤ x < 73,2; x [%]<br />
- Ist eine tolerierbare Zielunterschreitung vorhanden (Erfüllungsgrad <strong>von</strong> 80 % bis<br />
100 %), so ist wiederum mit zunehmender Zielunterschreitung (Nutzungseinschränkung)<br />
eine progressiv abnehmende Bepunktung angebracht. Die quadratische<br />
Funktion <strong>für</strong> den Bereich II der Bewertungsfunktion lautet:<br />
1<br />
f II (x) = 90 – • (100 – x) 2 [Pkt] <strong>für</strong> 73,2 ≤ x ≤ 100; x [%]<br />
8<br />
- Liegt der Erfüllungsgrad zwischen 100 % <strong>und</strong> 110 % (Bereich III), so ist eine<br />
144<br />
lineare Bewertungsfunktion zweckdienlich.
f III (x) = 90 + (x – 100) [Pkt] <strong>für</strong> 100 < x ≤ 110; x [%]<br />
- Für einen Erfüllungsgrad über 110 % (Bereich IV) erhält jede S/L-Bahn-Variante<br />
eine konstante Maximalbepunktung mit 100 Punkten.<br />
f IV (x) = 100 [Pkt] <strong>für</strong> 110 < x; x [%]<br />
Bewertungspunkte<br />
100<br />
Bewertungskriterium: Nutzungseinschränkungen<br />
I<br />
II III<br />
IV<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
Ist-<br />
Bewertung<br />
neue<br />
Bewertung<br />
"untere<br />
Schwelle"<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 110% 120% 130%<br />
"Erfüllungsgrad" des Zielkriteriums [%]<br />
Abb. 32: Bewertungsfunktion „Nutzungseinschränkungen“, eigene Darstellung<br />
6.2.4.2.3 Betriebliche Aspekte<br />
Betriebliche Aspekte ergeben sich bei lediglich einer S/L-Bahn aus der Rollbahnkonfiguration<br />
<strong>und</strong> der Vorfeldanbindung. Bei mehreren S/L-Bahnen kommen entsprechend<br />
dem jeweiligen S/L-Bahn-System weitere Aspekte hinzu (unabhängiger oder<br />
koordinierter Flugbetrieb, Kap. 4.2). Als Maßstab kann die durchschnittliche Rollzeit,<br />
d.h. der Zeitbedarfswert eines Flugzeugs zwischen der S/L-Bahn <strong>und</strong> der Abstellbzw.<br />
Parkposition, herangezogen werden. Der Koordinierungsaufwand zzgl. den<br />
anfallenden Mehrkosten wird in Form der laufenden Betriebskosten im Bereich der<br />
Wirtschaftlichkeit in die Gesamtbewertung einbezogen.<br />
Allgemein kann gesagt werden, dass jeder Flughafenbetreiber ein möglichst flexibles<br />
S/L-Bahn-System anstrebt, welches mit einem niedrigen Koordinierungsaufwand be-<br />
145
trieben werden kann <strong>und</strong> kurze Rollzeiten bzw. Betriebszeiten <strong>für</strong> die Nutzer gewährleistet.<br />
Deshalb sind Kreuzungspunkte zu vermeiden <strong>und</strong> kurze Verbindungen<br />
zwischen dem Vorfeld <strong>und</strong> der S/L-Bahn anzustreben [33, 40].<br />
Da all die verschiedenen Faktoren direkte Auswirkungen auf die Rollzeit haben <strong>und</strong><br />
diese erhöhen, besteht die Gefahr, dass – wie in den untersuchten Bewertungsschemata<br />
zu sehen – ein <strong>und</strong> derselbe Effekt einer mehrfachen Bewertung unterzogen<br />
wird (vgl. Kap. 5.3.2). Aus diesem Gr<strong>und</strong> darf eine pauschalisierte analysierte Bewertung<br />
nicht als Vergleich zur optimierten, neuen Bewertung herangezogen werden.<br />
Zeitfenster zur Abwicklung des Flugzeugs am Pier oder an der Parkposition auf dem<br />
Vorfeld (sog. „remote position“) sind abhängig <strong>von</strong> der Terminal- <strong>und</strong> Vorfeldkonfiguration<br />
<strong>und</strong> wirken sich auf alle S/L-Bahn-Varianten in derselben Weise aus.<br />
Im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> sind <strong>für</strong> das Bewertungskriterium „Betriebliche Aspekte“<br />
folgende Eckpunkte festgelegt:<br />
- Gemäß den Richtlinien der ICAO soll die Rollbahnlänge zwischen Vorfeld <strong>und</strong><br />
S/L-Bahn-Kopf max. 5 km betragen [42]. Dementsprechend errechnet sich bei<br />
Annahme der minimalen Durchschnittsgeschwindigkeit eines rollenden Flugzeugs<br />
<strong>von</strong> 20 km/h eine maximale Rollzeit <strong>von</strong> 15 min. Diese zeitliche Obergrenze<br />
sollte bei Einbeziehung aller betrieblichen Abläufe auf dem Vorfeld <strong>und</strong><br />
Rollbahnsystem nicht überschritten werden.<br />
- Bei einer idealen S/L-Bahn-Konfiguration beträgt die Rollbahnlänge zwischen<br />
Vorfeld <strong>und</strong> S/L-Bahn-Kopf ca. 1 km (Anl. 42), so dass die optimale Rollzeit bei<br />
ca. 3 min anzusetzen ist.<br />
Bewertungsfunktion:<br />
Damit ergibt sich <strong>für</strong> die neue Bewertungsfunktion eine Unterteilung in die Bereiche I<br />
<strong>und</strong> II (Abb. 33):<br />
- Mit zunehmender Rollzeit nimmt der Nutzen degressiv ab. Somit ist analog eine<br />
zunehmend niedrigere Bepunktung erforderlich. Die quadratische Funktion <strong>für</strong><br />
den Bereich I der Bewertungsfunktion bildet diese Forderung am einfachsten<br />
ab:<br />
146
f I (x) = 100 – 12<br />
5 • (x – 3) 2 [Pkt] <strong>für</strong> 3 ≤ x ≤ 18,5; x [min]<br />
- Die Weiterführung der Bewertungsfunktion aus dem Bereich I führt zu einer Bepunktung<br />
mit 0 Punkten ab einer Rollzeit <strong>von</strong> ca. 18,5 min. Dementsprechend<br />
erhält der Bereich II eine Bepunktung <strong>von</strong> konstant 0 Punkten.<br />
f II (x) = 0 [Pkt]<br />
<strong>für</strong> 18,5 < x; x [min]<br />
Bewertungspunkte<br />
100<br />
Bewertungskriterium: Betriebliche Aspekte<br />
I<br />
II<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
neue<br />
Bewertung<br />
"untere<br />
Schwelle"<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
3,0 4,5 6,0 7,5 9,0 10,5 12,0 13,5 15,0 16,5 18,0 19,5 21,0 22,5<br />
"Zeitbedarf" [min]<br />
Abb. 33: Bewertungsfunktion „Betriebliche Aspekte“, eigene Darstellung<br />
6.2.4.2.4 Nachhaltigkeit des Ausbaus<br />
Als „Nachhaltigkeit“ wird hier eine möglichst langfristige Wirkung der Ausbaumaßnahme<br />
verstanden, wodurch einerseits der Ausbaubedarf hinreichend gedeckt wird<br />
<strong>und</strong> andererseits die Nutzungsdauer der neuen Infrastruktur <strong>von</strong> mindestens<br />
20 Jahren gewährleistet ist („pavement-life“ [41]).<br />
Prinzipiell sollte bei jedem Ausbauvorhaben die Erweiterbarkeit des S/L-Bahn-Systems<br />
als fester Bestandteil der Planung integriert sein <strong>und</strong> dementsprechend mit in<br />
die Bewertung einer S/L-Bahn-Variante einfließen. Diesbezüglich bleiben gerade bei<br />
147
den Ausbauvorhaben zur Kapazitätserweiterung Fragen offen, da die in der Bedarfsbegründung<br />
aufgezeigten Prognosen bereits kurz- bis mittelfristig einen weiteren<br />
Ausbau des S/L-Bahn-Systems unumgänglich machen (vgl. [32, 33, 34]). Sollten<br />
keine sinnvollen Ausbauperspektiven aufgezeigt werden können, so ist der „Endausbau“<br />
erreicht <strong>und</strong> Standortalternativen müssen in die zukünftige Planung einbezogen<br />
werden (s. Flughafen Madrid-Barajas u. London Heathrow, Kap. 5.2.7 u. Kap. 5.2.8).<br />
Da das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> unabhängig <strong>von</strong> der Flughafengröße <strong>und</strong><br />
-funktion sein soll, ist es nicht aussagekräftig, die über die S/L-Bahn-Variante noch<br />
hinausgehende mögliche Kapazitätssteigerung („Ausbaufähigkeit“) des Flughafens<br />
zu bewerten. Ein <strong>für</strong> jeden Flughafenstandort definierter Planungshorizont ist hingegen<br />
<strong>von</strong> der Größe <strong>und</strong> Funktion eines Flughafens unabhängig <strong>und</strong> kann schlüssig<br />
bestimmt werden. Hierbei sollte <strong>von</strong> einem mittleren Entwicklungsszenario ausgegangen<br />
werden, welches sich an der prognostizierten Entwicklung der Flugbewegungen,<br />
des Flugzeugmixes <strong>und</strong> des Passagieraufkommens orientiert.<br />
Die Nachhaltigkeit des Ausbaus kann mit der Zeitspanne des erreichbaren Planungshorizonts<br />
gemessen werden, die zum einen durch die Ausbaumaßnahme abgedeckt<br />
wird (erster Ausbauschritt) <strong>und</strong> zum anderen durch evtl. noch weiter folgende Ausbauschritte<br />
erreichbar ist. Je größer dieser Planungshorizont ist, einen desto nachhaltigeren<br />
Bestand hat das Ausbauvorhaben in der Zukunft. Kann z.B. ein erster<br />
Ausbauschritt lediglich den Bedarf <strong>für</strong> die folgenden 10 Jahre abdecken, so muss die<br />
Frage nach einem möglichen weiteren Ausbauschritt gestellt <strong>und</strong> beantwortet werden,<br />
da ansonsten der Sinn des ersten Ausbauschritts überhaupt fragwürdig ist.<br />
Anzumerken ist, dass die Frage, ob das beabsichtigte Ausbauvorhaben in Bezug auf<br />
die prognostizierte Standortentwicklung einem Nachhaltigkeitsanspruch genügt, oftmals<br />
verdrängt wird. Aufgr<strong>und</strong> des fehlenden Gesamtkonzepts in Deutschland, den<br />
Sichtweisen der Kapitalgeber <strong>und</strong> der Ausbaugegner lässt sich die Notwendigkeit eines<br />
nachhaltigen Ausbaus nur schwierig vermitteln, da zum einen die Kapitalgeber in<br />
der Regel eine möglichst schnelle Auslastung des S/L-Bahn-Systems fordern, um bei<br />
einem entsprechend hohen Auslastungsgrad frühzeitig eine maximale Rendite zu<br />
erwirtschaften. Nicht genutzte Infrastruktur ist aus dieser Sichtweise „totes“ Kapital.<br />
„Überkapazität“ ist zum anderen <strong>für</strong> die Ausbaugegner oftmals prinzipiell nicht tole-<br />
148
ierbar, da einerseits unverhältnismäßig hohe Umweltauswirkungen gesehen werden,<br />
andererseits die Generierung <strong>von</strong> zusätzlichem Luftverkehr – über die Prognosewerte<br />
hinaus – be<strong>für</strong>chtet wird.<br />
Für das Bewertungskriterium „Nachhaltigkeit des Ausbaus“ werden nachstehende<br />
Eckpunkte festgelegt:<br />
- In Anlehnung an die strukturelle Nutzungsdauer der Verkehrsflächenbefestigung<br />
(„pavement-life“, vgl. Kap. 6.2.3.3 [41]) sollte zwingend ein Planungshorizont<br />
<strong>von</strong> 20 Jahren gegeben sein („untere Schwelle“).<br />
- Da die Präzision der Entwicklungsprognose mit zunehmendem Planungshorizont<br />
abnimmt, muss ein Höchstmaß („obere Grenze“) bestimmt werden. Hierzu<br />
bietet sich die doppelte strukturelle Nutzungsdauer <strong>von</strong> 40 Jahren an.<br />
- Mit abnehmender Prognosegenauigkeit muss ein Unterschied der Nutzungsdauer,<br />
beispielsweise <strong>von</strong> 20 bis 25 Jahren stärker in die Bewertung einfließen<br />
als vergleichsweise ein Unterschied in der Nutzungsdauer <strong>von</strong> 35 bis 40 Jahren.<br />
Dementsprechend muss die Bepunktung mit zunehmendem Planungshorizont<br />
progressiv abnehmen.<br />
Die neue Bewertungsfunktion wird in die Bereiche I bis III unterteilt (Abb. 34):<br />
- Die Weiterführung der quadratischen Bewertungsfunktion aus dem Bereich II<br />
führt zu einer Bepunktung mit 0 Punkten ab einem Planungshorizont unter<br />
14 Jahren. Der Bereich I erhält deshalb eine konstante Bepunktung mit<br />
0 Punkten.<br />
f I (x) = 0 [Pkt]<br />
<strong>für</strong> x < 14; x [a]<br />
- Mit zunehmendem Planungshorizont, insbesondere bei einem kapazitätsbedingten<br />
Ausbau, ist eine progressiv abnehmende Bepunktung angebracht. Die<br />
entsprechende quadratische Funktion lautet:<br />
3<br />
f II (x) = 100 – • (40 – x) 2 [Pkt] <strong>für</strong> 14 ≤ x ≤ 40; x [a]<br />
20<br />
- Liegt der Planungshorizont über 40 Jahre (Bereich III), so ist der max. Prognoserahmen<br />
erreicht (Bewertung mit konstant 100 Punkten).<br />
f III (x) = 100 [Pkt]<br />
<strong>für</strong> 40 < x; x [a]<br />
149
Bewertungspunkte<br />
100<br />
I<br />
Bewertungskriterium: Nachhaltigkeit des Ausbaus<br />
II<br />
III<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
neue<br />
Bewertung<br />
"untere<br />
Schwelle"<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0 35,0 40,0 45,0 50,0<br />
"Planungshorizont" [a]<br />
Abb. 34: Bewertungsfunktion „Nachhaltigkeit des Ausbaus“, eigene Darstellung<br />
6.2.4.3 Umweltauswirkungen<br />
Um im weiteren Verlauf Festlegungen, Abgrenzungen <strong>und</strong> Einschränkungen nachvollziehbar<br />
begründen zu können, müssen vorab einige Begriffe <strong>und</strong> Größen definiert<br />
<strong>und</strong> näher erläutert werden. Das Fehlen der konkreten, zahlen- bzw. flächenmäßigen<br />
Definition verschiedener Begriffe stellt ein Manko vieler bestehender <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
dar, da Beziehungen <strong>und</strong> Abhängigkeiten nicht erfasst werden <strong>und</strong> dadurch<br />
fragwürdige Willkürlichkeiten im Gesamtablauf entstehen. Deshalb bilden die<br />
folgenden Begriffsdefinitionen die Basis <strong>für</strong> ein analytisch-methodisches Vorgehen<br />
bei der Bewertung der einzelnen Schutzgüter innerhalb des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s.<br />
Dabei soll die Handhabbarkeit des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s den praktischen<br />
Erfordernissen Rechnung tragen <strong>und</strong> nicht unnötig verkompliziert werden.<br />
Bei der Betrachtung der Umweltschutzgüter sind zwei reale Bereiche zu unterscheiden:<br />
- die <strong>von</strong> der S/L-Bahn-Variante unmittelbar beanspruchte Fläche („umzäunter<br />
Bereich“ bzw. Kernbereich) <strong>und</strong><br />
150
- die darüber hinausreichende, zusätzlich vom Ausbau betroffene Fläche („weiterer<br />
Untersuchungsraum“ bzw. Außenzone).<br />
Der reale Kernbereich sowie die reale Außenzone sind unmittelbar <strong>von</strong> der S/L-<br />
Bahn-Variante abhängig, so dass beispielsweise Verinselungen, Zerschneidungen<br />
o.ä. eine Miteinbeziehung <strong>von</strong> indirekt betroffenen Teilflächen erfordern. Das bestehende<br />
Flughafengelände, Verkehrswege, Industrienlagen usw. können hingegen zu<br />
einer Verkleinerung des realen Kernbereichs <strong>und</strong> der realen Außenzone führen (vgl.<br />
die Anwendungsfälle des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s, Kap. 7).<br />
Da die Größe des Kernbereichs bei einem Ausbau des S/L-Bahn-Systems je nach<br />
S/L-Bahn-Variante – besonders im Fall eines Vergleichs zwischen S/L-Bahn-Variante<br />
<strong>und</strong> L-Bahn-Variante – stark variieren kann, ist die Definition einer standardisierten<br />
Bezugsfläche <strong>für</strong> einen „Durchschnittsausbaufall“ als Bewertungsmaßstab zwingend<br />
notwendig. Diese Fläche wird im Folgenden als „Standardbezugsfläche“ – genauer<br />
„Standardbezugsfläche des Kernbereichs“ – (A Bezug(Kern) ) bezeichnet; sie ist eine fiktive<br />
Fläche, welche im „ungestörten“ Fall zentrisch um die S/L-Bahn inklusive<br />
Parallelrollweg herum anzunehmen ist (Abb. 35, vgl. Anl. 31).<br />
Anhand der analysierten Beispielfälle lässt sich aufzeigen, dass die reale Kernfläche<br />
einer S/L-Bahn-Variante (A Kern j ) abhängig <strong>von</strong> der S/L-Bahn-Länge (l Bahn ) <strong>und</strong> somit<br />
vom Bemessungsflugzeug ist (Abb. 36). Die daraus <strong>für</strong> den „Durchschnittsfall“ abgeleitete<br />
Formel zur Berechnung der Standardbezugsfläche entspricht annähernd der<br />
geforderten Hindernisfreifläche gemäß den Richtlinien der ICAO (Baumhöhe < 30 m,<br />
[42]) <strong>und</strong> lautet:<br />
A Bezug(Kern) [ha] = (l Bahn [m] • 1,5) • 720 [m] / 10.000 <strong>für</strong> 1.800 < l Bahn < 4.000<br />
Aus der Breite des sog. Streifens (strip) <strong>von</strong> insgesamt 300 m zzgl. der Hindernisfreifläche<br />
im S/L-Bahn-Querschnitt ergibt sich eine Gesamtbreite <strong>von</strong> 720 m (Anl. 41).<br />
l Bahn entspricht der geforderten realen S/L-Bahn-Länge <strong>für</strong> das Bemessungsflugzeug<br />
(Kap. 4.1.3), so dass <strong>für</strong> alle S/L-Bahn-Varianten eines bestimmten Ausbauvorhabens<br />
eine einheitliche Standardbezugsfläche berechnet wird.<br />
151
A Bezug(Außen)<br />
A Bezug(Kern)<br />
720 m<br />
l Bahn • 1,5<br />
Abb. 35: Skizze des Kernbereichs <strong>und</strong> der Außenzone, eigene Darstellung<br />
Da Ausbauvorhaben einerseits aufgr<strong>und</strong> der Bemessungsflugzeugkategorien <strong>und</strong><br />
flugbetrieblicher Aspekte das Ziel haben, S/L-Bahn-Längen über 1.800 m mit einer<br />
entsprechenden CAT-Einstufung zu realisieren (Bemessungsparameter der Hindernisfreiflächen,<br />
s. Anl. 41), andererseits die S/L-Bahn-Länge auf deutschen Verkehrsflughäfen<br />
max. 4.000 m beträgt, ist die Berechnungsformel auf den Wertebereich <strong>von</strong><br />
1.800 m bis 4.000 m S/L-Bahn-Länge beschränkt. Ausbauvorhaben bis zu einer S/L-<br />
Bahn-Länge <strong>von</strong> 1.800 m können sich aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur auf<br />
die Verlängerung der bestehenden S/L-Bahn beziehen, so dass de facto nur eine<br />
S/L-Bahn-Variante mit verschiedenen Handlungsoptionen zur Diskussion steht. In<br />
diesem Fall müssen die jeweils betroffenen Flächen direkt miteinander verglichen<br />
werden, da eine Standardbezugsfläche nicht ableitbar ist. Da jedoch die Flächengrößen<br />
in der Regel annähernd gleich sind, kann das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> auch<br />
in diesen Fällen angewendet werden.<br />
Wie bereits erwähnt, wird die Standardbezugsfläche zentrisch um die S/L-Bahn-Variante<br />
herum angenommen, was den Idealfall darstellt. In das Diagramm in Abb. 36<br />
sind nur die dem Idealfall nahe kommenden Beispielvarianten aufgenommen. Der im<br />
Vergleich zur Standardbezugsfläche größere reale Kernbereich ergibt sich beispielsweise<br />
aus den miteinbezogenen Rollweganbindungen zum Vorfeld. Die flächenmäßig<br />
kleineren Kernbereiche resultieren hauptsächlich aus Überlagerungen mit dem<br />
bereits vorhandenen Flughafenbereich. Bei der Ableitung der Formel zur Berechnung<br />
der Standardbezugsfläche mussten deshalb flächenmäßige „Bereinigungen“ vorgenommen<br />
werden.<br />
152
Kernbereich [ha]<br />
450<br />
Abhängigkeit des Kernbereichs <strong>von</strong> der S/L-Bahn-Länge<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
Relation Kernbereich /<br />
S/L-Bahn-Länge<br />
Beispielvarianten<br />
200<br />
150<br />
100<br />
1.800 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000<br />
"reale" S/L-Bahn-Länge [m]<br />
Abb. 36: Herleitung der „Standardbezugsfläche“ <strong>für</strong> S/L-Bahn-Varianten, eigene Darstellung<br />
Im Gegensatz zum Kernbereich ist die Flächengröße der Außenzone vom jeweiligen<br />
Schutzgut abhängig <strong>und</strong> kann folglich nicht einheitlich <strong>für</strong> eine S/L-Bahn-Variante definiert<br />
werden. Beispielsweise spielt <strong>für</strong> die Betrachtung des Schutzgutes „Luft“ die<br />
Außenzone keine wesentliche Rolle, hingegen ist die Außenzone beim Schutzgut<br />
„Wasser“ abhängig <strong>von</strong> den standortspezifischen Gr<strong>und</strong>wasser- <strong>und</strong> Oberflächenwasserverhältnissen.<br />
Für die insgesamt acht Schutzgüter wird deshalb der Laufindex<br />
i = 1, 2 ... 8 zur eindeutigen Kennzeichnung verwendet. Die Fläche der realen<br />
Außenzone einer S/L-Bahn-Variante wird als A Außen ij , in Anlehnung an den Kernbereich<br />
die fiktive Bezugsfläche der Außenzone als A Bezug(Außen) i benannt, wobei j die<br />
S/L-Bahn-Variante kennzeichnet (Laufindex j = 1, 2 ... m; insgesamt m S/L-Bahn-Varianten).<br />
Für eine flächenmäßige Erfassung werden sog. Teilflächen verwendet. Beispielsweise<br />
kann in Abhängigkeit des Schutzgutes eine einzubeziehende Teilfläche sowohl<br />
ein einzelnes Flurstück als auch ein sog. Biotopkomplex sein. Die Teilflächen werden<br />
mit dem Formelbuchstaben A bezeichnet. Die Summe der in die Bewertung einzubeziehenden<br />
Teilflächen wird im Weiteren als betroffene Fläche definiert. Für die Bewertung<br />
erhalten die einzelnen Teilflächen den Laufindex k = 1, 2 ... n, wobei n die<br />
Gesamtanzahl aller Teilflächen ist, die sowohl <strong>von</strong> der S/L-Bahn-Variante j als auch<br />
153
vom Schutzgut i abhängig ist (n ij ). Die Beziehungen zwischen der S/L-Bahn-Variante,<br />
dem Schutzgut <strong>und</strong> der betroffenen Fläche werden innerhalb der Erläuterung zu den<br />
einzelnen Schutzgütern behandelt.<br />
Die Einstufung einer Teilfläche A ijk erfolgt in schutzgutspezifischen <strong>und</strong> gleichwertigen<br />
Bewertungsstufen. Da keine einheitlichen bzw. normierten Bewertungsstufen<br />
bzgl. eines Schutzgutes existieren, wurden die neuen Bewertungsstufen auf Basis<br />
der bestehenden <strong>Bewertungsverfahren</strong>, Vorschriften, Gesetze <strong>und</strong> Richtlinien sowie<br />
sonstigen Literaturquellen neu angepasst <strong>und</strong> strukturiert. Die in den Bewertungsmatrizen<br />
formulierten Bewertungsstufen geben verbale beschriebene Grenzen vor,<br />
so dass zweifelsohne ein Ermessungsspielraum existiert. Für sämtliche Schutzgüter<br />
gilt: Sollte eine Einstufung strittig sein, so ist im Zweifelsfall die schlechtere Bewertungsstufe<br />
anzusetzen, damit die Einstufung immer auf der „sicheren Seite“ liegt <strong>und</strong><br />
somit im Planungsverfahren nicht angreifbar ist.<br />
Durch eine flächengewichtete Mittelwertsbildung der Bewertungsstufen x ijk über<br />
sämtliche betroffenen Teilflächen A ijk (ggf. nach Kernbereich <strong>und</strong> Außenzone getrennt,<br />
s. die Betrachtungen der einzelnen Schutzgüter) kann <strong>für</strong> jede S/L-Bahn-Variante<br />
eine Bewertungsstufe x ij berechnet werden. Der so berechnete Mittelwert<br />
berücksichtigt nur die Bewertungen der einzelnen Teilflächen, jedoch nicht den absoluten<br />
Flächeninhalt der bewerteten Teilflächen.<br />
Im Fall einer S/L-Bahn-Variante, die eine reine Verlängerung einer bestehenden S/L-<br />
Bahn darstellt, müssen die bereits betroffenen Flächen durch die bestehende S/L-<br />
Bahn mit in die Bewertung einbezogen werden. Da sich die Nutzung dieser Teilflächen<br />
nicht ändert, entsprechen die Bewertungsstufen vor dem Ausbau in der Regel<br />
den Bewertungsstufen nach dem Ausbau.<br />
Um eine Vergleichbarkeit der variantenabhängigen Kernbereiche <strong>und</strong> Außenzonen<br />
herstellen zu können, ist es aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Flächeninhalte der Bereiche<br />
offensichtlich, dass eine im Vergleich zur Standardbezugsfläche größere Gesamtfläche<br />
einen Malus, eine kleinere Gesamtfläche einen Bonus bzgl. der Bewertungsstufe<br />
x ij erhalten muss. Deshalb wird ein variantenabhängiger Anpassungsfaktor<br />
b j definiert, der die möglichen Flächenkonstellationen berücksichtigt <strong>und</strong> zugleich<br />
154
die höheren („schlechteren“) Bewertungsstufen im Vergleich zu den niedrigeren<br />
(„besseren“) Bewertungsstufen stärker gewichtet. In Abb. 37 sind beispielhaft die<br />
Konstellationen des Anpassungsfaktors <strong>für</strong> den Kernbereich dargestellt, die Berechnung<br />
eines Anpassungsfaktors <strong>für</strong> die Außenzone verläuft analog.<br />
Fallkonstellationen:<br />
Anpassungsfaktor b j (K) =<br />
A<br />
A<br />
Kern j<br />
Bezug(Kern)<br />
; 0,7 ≤ b j (K) ≤ 1,3<br />
A Kern j > A Bezug(Kern)<br />
A Kern j<br />
A Bezug(Kern)<br />
b j (K) > 1<br />
„Verschlechterung“<br />
A Kern j = A Bezug(Kern)<br />
A Kern j<br />
A Bezug(Kern)<br />
b j (K) = 1<br />
„keine Veränderung“<br />
A Kern j < A Bezug(Kern)<br />
A Kern j<br />
A Bezug(Kern)<br />
b j (K) < 1<br />
„Verbesserung“<br />
Resultat: Gesamtbewertungsstufe x ij ges = b • x ij<br />
Abb. 37: Allgemeine Fallkonstellationen zur Herleitung des „Anpassungsfaktors“, eigene Darstellung<br />
Zu sagen ist, dass der Anpassungsfaktor in der Regel im Bereich zwischen 0,7 <strong>und</strong><br />
1,7 liegt. Anpassungsfaktoren < 0,7 können sich insbesondere bei S/L-Bahn-Verlängerungen<br />
ergeben <strong>und</strong> sind im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> problemlos anwendbar.<br />
Um jedoch eine S/L-Bahn-Verlängerung innerhalb der Bewertung nicht unangemessen<br />
zu bevorteilen, wird die bereits beanspruchte Fläche mit eingerechnet. S/L-Bahn-<br />
Varianten mit einem Anpassungsfaktor > 1,3 müssen dahingehend überprüft werden,<br />
ob die S/L-Bahn-Variante aufgr<strong>und</strong> der gesamten Flächenbeeinträchtigung überhaupt<br />
realisierbar ist (Sinnhaftigkeit der S/L-Bahn-Variante). Eine Reduzierung des<br />
Anpassungsfaktors ist jederzeit durch eine Verkürzung der S/L-Bahn-Länge <strong>und</strong> somit<br />
einer Nutzungseinschränkung der S/L-Bahn-Variante möglich. Evtl. ist auch ein<br />
Rückbau der „alten“ S/L-Bahn in Erwägung zu ziehen.<br />
155
Um abschließend die anzusetzende Gesamtbewertungsstufen x ij ges zu berechnen,<br />
wird die Bewertungsstufe x ij mit dem Anpassungsfaktor b multipliziert:<br />
x ij ges = b j • x ij bzw. in Abhängigkeit des Schutzgutes<br />
x ij ges (K) = b j (K) • x ij (K) ; x ij ges (A) = b j (A) • x ij (A)<br />
Die berechneten Gesamtbewertungsstufen können jeweils in eine stetige Bewertungsfunktion<br />
eingesetzt werden. Da bei einigen Schutzgütern keine Bezugsfläche<br />
ableitbar ist, muss die Einordnung in eine bestimmte Gesamtbewertungsstufe ausschließlich<br />
verbal argumentativ erfolgen. Deshalb ist die entsprechende Bewertungsfunktion<br />
diskret.<br />
Synopse der Bezeichnungen, Größen <strong>und</strong> Indizes:<br />
l Bahn : geforderte reale S/L-Bahn-Länge [m] (s. Anl. 21) [42]<br />
(K) : Kernbereich<br />
(A) : Außenzone<br />
Δ : Differenz zwischen zwei Größen<br />
y j : Verhältnis zweier Größen in Abhängigkeit der S/L-Bahn-Variante j<br />
A Bezug(Kern) : Standardbezugsfläche (Kernbereich) [ha]<br />
A ijk : Teilfläche k des Kernbereichs oder der Außenzone in Abhängigkeit der<br />
S/L-Bahn-Variante j <strong>und</strong> des Schutzgutes i [ha]<br />
A Kern j : realer Kernbereich einer S/L-Bahn-Variante [ha], A Kern j = ∑ A<br />
i : Laufindex <strong>für</strong> die 8 Schutzgüter, i = (1, 2, … 8)<br />
j : Laufindex <strong>für</strong> die S/L-Bahn-Varianten, j = (1, 2, … m)<br />
0 : Kennzeichnung der sog. Nullvariante (kein Ausbau)<br />
k : Laufindex <strong>für</strong> die Teilflächen in S/L-Bahn-Variante j <strong>für</strong> das Schutzgut i,<br />
k = (1, 2, … n ij ), ggf. aufgeteilt nach Kernbereich <strong>und</strong> Außenzone<br />
A Außen ij : reale Außenzone <strong>für</strong> das Schutzgut i in Abhängigkeit der S/L-Bahn-<br />
Variante j [ha], A Außen ij = ∑ A<br />
n<br />
k = 1<br />
ijk(A)<br />
A Bezug(Außen) i : Bezugsfläche der Außenzone <strong>für</strong> das Schutzgut i [ha]<br />
X i : allgemeine Bewertungsstufen eines Schutzgutes i<br />
n<br />
k = 1<br />
jk(K)<br />
156
x ijk : Bewertungsstufe in Abhängigkeit vom Schutzgut i <strong>und</strong> der variantenbezogenen<br />
Teilfläche A ijk [-]<br />
x ij : flächengewichtete Mittelwertsbildung der Bewertungsstufen x ijk über<br />
sämtliche betroffenen Teilflächen A ijk [-], x ij =<br />
x ij (K) : Bewertungsstufe des realen Kernbereichs [-]<br />
x ij (A) : Bewertungsstufe der realen Außenzone [-]<br />
1<br />
A Kern j<br />
n<br />
∑ x ijk<br />
k = 1<br />
• • A ijk<br />
b j : Anpassungsfaktor in Abhängigkeit der S/L-Bahn-Variante j<br />
p j : Personenwert in Abhängigkeit der S/L-Bahn-Variante j (s. Schutzgut<br />
„Menschen“)<br />
x ij ges : Gesamtbewertungsstufe [-]<br />
6.2.4.3.1 Menschen (Schutzgut i = 1)<br />
Das Schutzgut „Menschen“ spielt bei den derzeitigen Bewertungen <strong>von</strong> Umweltauswirkungen<br />
die wichtigste Rolle. Eingriffe in die Besiedelung sowie der Verlust <strong>von</strong><br />
Erholungs- <strong>und</strong> Freizeiträumen werden meist als nachrangig bewertet. Die allgemeine<br />
Betrachtung fokussiert sich primär auf die Beeinträchtigungen durch Fluglärm<br />
(vgl. Kap. 4.3).<br />
Eingriffe in die Besiedelung werden in erster Linie durch den realen Kernbereich einer<br />
S/L-Bahn-Varianten bestimmt. Das Absiedeln einzelner Gehöfte oder ähnlicher<br />
kleinräumiger Anlagen sowie die Anpassung <strong>von</strong> Industrieanlagen wird generell als<br />
„machbar“ eingestuft; die da<strong>für</strong> notwendigen Entschädigungsleistungen müssen in<br />
der Bewertung bei den Investitionskosten mit eingerechnet werden. Im Gegensatz<br />
dazu sind wegen der derzeitigen gesellschaftspolitischen Situation der BRD bzw. im<br />
europäischen Wirtschaftsraum großflächige Absiedelungen kaum durchsetzbar. Aus<br />
diesem Gr<strong>und</strong> verzichten die Flughafenbetreiber meist auf die Generierung <strong>von</strong> S/L-<br />
Bahn-Varianten, die eine größere Absiedelung erfordern. Deshalb wird beispielsweise<br />
der Ausbau des S/L-Bahn-Systems am Flughafen London Heathrow da<strong>von</strong><br />
abhängig gemacht, inwieweit die Umweltauswirkungen auf ein „vertretbares“ Maß<br />
beschränkt bleiben. Von Seiten der britischen Regierung wird der Ausbau des S/L-<br />
Bahn-Systems in London Stansted als unproblematischer beurteilt <strong>und</strong> dementsprechend<br />
favorisiert (Kap. 5.2.8) [20, 21].<br />
157
Weiterhin haben der gem. § 12 LuftVG festgelegte Bauschutzbereich (vgl. Anl. 43)<br />
sowie die gem. § 5 FluLärmG festgelegten Lärmschutzzonen (Kap. 4.3.1) Baubeschränkungen<br />
<strong>und</strong> evtl. bauliche Anpassungen zur Folge (Schaffung der notwendigen<br />
Hindernisfreiheit, Lärmschutzmaßnahmen usw.). Da jedoch die aktuellen Ergebnisse<br />
der Lärmwirkungsforschung nicht mit den in der derzeitigen Fassung des Flu-<br />
LärmG festgelegten Siedlungsbeschränkungen korrespondieren (Novellierung des<br />
FluLärmG [11]), werden in den bestehenden <strong>Bewertungsverfahren</strong> allgemein schärfere<br />
Grenzkriterien angesetzt. In Deutschland wird die „Leitlinie zur Ermittlung <strong>und</strong><br />
Beurteilung der Fluglärmimmissionen in der Umgebung <strong>von</strong> Landeplätzen durch die<br />
Immissionsbehörden der Länder (LAI-Fluglärmleitlinie)“ [48] in Verbindung mit der<br />
„Anleitung zur Berechnung <strong>von</strong> Lärmbereichen an zivilen <strong>und</strong> militärischen Flugplätzen<br />
(AzB 99, Anl. zu § 3 FluLärmG)“ angewendet [57-60].<br />
Die variantenabhängigen Anpassungskosten zzgl. den Wertminderungen <strong>von</strong> Gr<strong>und</strong>stücken<br />
müssen wiederum in die veranschlagten Investitionskosten aufgenommen<br />
werden. Nicht zu vergessen sind Entschädigungsleistungen <strong>für</strong> Beeinträchtigungen<br />
des Außenwohnbereichs durch Verlärmung. Demzufolge werden die Betroffenheiten<br />
durch Eingriffe in das Siedlungswesen erschöpfend im Bereich der Investitionskosten<br />
berücksichtigt <strong>und</strong> dürfen bei der Bewertung des Schutzgutes „Menschen“ im neuen<br />
Verfahren nicht nochmals als Schutztatbestand einfließen.<br />
Der Wegfall <strong>von</strong> Erholungs- <strong>und</strong> Freizeiträumen bezieht sich in den bestehenden<br />
<strong>Bewertungsverfahren</strong> ausschließlich auf die Schutzwürdigkeit der verlärmten Fläche.<br />
Als Richtwert <strong>für</strong> die Lärmbelastung eines Erholungs- <strong>und</strong> Freizeitraumes wird beispielsweise<br />
in den Unterlagen zum ROV am VLP Kassel-Calden in Anlehnung an<br />
den Richtwert <strong>für</strong> Ferienhausgebiete (DIN 18005, Teil 1) eine Grenze zwischen „geringer<br />
Belastung“ <strong>und</strong> „mittlerer Belastung“ bei einem Dauerschallpegel (L eq(3) ) <strong>von</strong><br />
L eq(3) = 50 dB(A) festgelegt, die Fluglärmbelastungen wurden in der landesplanerischen<br />
Beurteilung ab einer Schwelle <strong>von</strong> L eq(3) ≥ 45 dB(A) ausgewertet [58]. Im Gegensatz<br />
dazu wird beispielsweise in der landesplanerischen Beurteilung am Flughafen<br />
Frankfurt Rhein Main erst eine Lärmbelastung L eq(3) ≥ 55 dB(A) betrachtet, da<strong>für</strong><br />
wird aber zwischen siedlungsnahen Freiräumen sowie Grün- <strong>und</strong> Parkanlagen differenziert<br />
[57]. Alleine diese unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäbe – innerhalb eines<br />
B<strong>und</strong>eslandes – würden bei einer vergleichenden Anwendung der Bewertungs-<br />
158
verfahren zu einer Veränderung des Beurteilungsbildes führen <strong>und</strong> ergäben im konkreten<br />
Fallbeispiel sogar eine andere Variantenreihung (Anl. 44).<br />
Die Anzahl der Personen, die die betroffenen Erholungs- <strong>und</strong> Freizeiträume nutzen<br />
bzw. weniger nutzen würden, wird nicht erfasst. Außerdem wird keine Analyse durchgeführt,<br />
inwieweit der Flughafenausbau positive Effekte <strong>für</strong> die Freizeitgestaltung <strong>und</strong><br />
Erholung haben wird. Einerseits könnten Passagiere aufgeführt werden, die ihre persönliche<br />
Erholung in nur durch das Flugzeug erreichbaren Regionen suchen, andererseits<br />
die reinen Besucher des Flughafens, die beispielsweise das Freizeiterlebnis<br />
Flughafen auf der Besucherterrasse genießen wollen <strong>und</strong> an sog. „Airport-Touren“<br />
teilnehmen. Flughafenstandorte wie Frankfurt Rhein Main <strong>und</strong> München als Ausrichtungsstätten<br />
<strong>für</strong> Messen, Tagungen o.ä., als attraktiver Einkaufscenter („Airport City“)<br />
oder als Standort der Gastronomie untermauern diese umfassende Sichtweise.<br />
Da die Erholungs- <strong>und</strong> Freizeiträume vom herkömmlichen Verständnis mit den Begriffen<br />
Natur <strong>und</strong> Landschaft assoziiert werden, sind sämtliche Beeinträchtigungen im<br />
Bereich der übrigen Schutzgüter, in erster Linie der Schutzgüter „Tiere <strong>und</strong> Pflanzen<br />
(Biotope)“ <strong>und</strong> „Landschaft“, bereits vollständig berücksichtigt <strong>und</strong> bewertet. Deshalb<br />
wird sich im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> bzgl. des Schutzgutes „Menschen“ als<br />
verbleibendes Kriterium auf die vom Fluglärm direkt betroffenen Personen beschränkt.<br />
In Anlehnung an die landesplanerische Beurteilung <strong>für</strong> den Ausbau des Flughafens<br />
Frankfurt Rhein Main werden im Folgenden die Gr<strong>und</strong>lagen zur Ermittlung <strong>und</strong> Festlegung<br />
<strong>von</strong> Bewertungsklassen erläutert <strong>und</strong> im Wesentlichen <strong>für</strong> das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
übernommen.<br />
In [57] wird dazu ausgeführt:<br />
„Rechtlich verbindliche Grenz- oder Richtwerte da<strong>für</strong>, welche Lärmeinwirkungen als<br />
Folgen der wesentlichen Änderung eines Flughafens vermieden oder beschränkt<br />
werden müssen, gibt es nicht. Aus dem Geltungsbereich des B<strong>und</strong>es-Immissionsschutzgesetzes<br />
(BImSchG), zu dessen Zweck der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen<br />
durch Geräusche gehört, sind Flugplätze gemäß § 2, Abs. 2, Satz 1<br />
ausdrücklich ausgenommen. Daher gilt auch die Technische Anleitung zum Schutz<br />
159
gegen Lärm (TA Lärm) nicht <strong>für</strong> Flugplätze. Der § 38 Abs. 1 Satz 2 BImSchG enthält<br />
lediglich die Pflicht, Luftfahrzeuge so zu betreiben, dass vermeidbare Emissionen<br />
vermieden werden <strong>und</strong> unvermeidbare Emissionen auf ein Mindestmaß beschränkt<br />
bleiben, ohne jedoch Regelungen <strong>für</strong> die Immissionen zu treffen. Auch die Verkehrslärmschutzverordnung<br />
(16. BImSchV) enthält lediglich Vorschriften <strong>für</strong> Straßen<strong>und</strong><br />
Schienenwege.“<br />
Aufgr<strong>und</strong> des Fehlens definierter Grenz- oder Richtwerte erfolgt die Festlegung <strong>von</strong><br />
Bewertungsstufen nach sachlichen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung aktueller<br />
Erkenntnisse <strong>und</strong> Anwendungsbeispiele. Zunächst müssen die Immissionen während<br />
der Tag- <strong>und</strong> Nachtzeit getrennt betrachtet werden, da die Lärmeinwirkungen<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich unterschiedlich sind. Mit Hilfe sog. Lärmkonturen wird die Umrisslinie<br />
eines bestimmten Lärmpegels dargestellt. Die Berechnungen der Fluglärmkonturen<br />
(Isophonenkartierung) werden gemäß der LAI-Fluglärmleitlinie nach der sog. 100 %-<br />
Regelung (100/100-Regelung) durchgeführt, d.h. bei den Berechnungen der Fluglärmkonturen<br />
wird eine 100-%ige Flugbewegungszahl <strong>für</strong> sämtliche Betriebsrichtungen<br />
angenommen. Gr<strong>und</strong>lage der Berechnungen bilden die sechs verkehrsreichsten<br />
Monate des Prognosejahres. Die Gesamtlärmkontur entspricht der umhüllenden<br />
Fluglärmkontur aller berechneten Einzelkonturen. Dieses Verfahren basiert auf der<br />
Überlegung, dass aufgr<strong>und</strong> flugbetrieblicher Gegebenheiten ausschließlich eine Betriebsrichtung<br />
des S/L-Bahn-Systems über längere Zeiträume genutzt wird <strong>und</strong> eine<br />
Kompensation der dann auftretenden Lärmbelastungen innerhalb dieser Zeiträume<br />
nicht möglich ist. Die 100/100-Regelung erfasst somit die ungünstigsten Bedingungen<br />
(konservativer Ansatz) <strong>und</strong> ist somit ausschlaggebend. Die im Allgemeinen zusätzlich<br />
berechneten Fluglärmkonturen gemäß dem FluLärmG <strong>und</strong> nach der „realen“<br />
Betriebsrichtungsaufteilung bewirken hingegen durch nicht vergleichbare <strong>und</strong> völlig<br />
unterschiedliche Aussagen eine Verunsicherung des Betrachters anstatt zu einer<br />
Präzisierung des Sachverhalts beizutragen (Anl. 45).<br />
Die entscheidenden Kriterien <strong>für</strong> die Bewertung der Lärmbelastung sind die Größen<br />
„betroffene Wohnbevölkerung“ sowie „Nutzer <strong>von</strong> lärmsensiblen Einrichtungen“. Zur<br />
Ermittlung der prognostizierten Fluglärmbelastung <strong>für</strong> die Wohnbevölkerung muss<br />
der Ist-Bestand zzgl. des Zuwachs- <strong>und</strong> Nachverdichtungspotentials erfasst <strong>und</strong> entsprechend<br />
aufgearbeitet werden. Bei der Erfassung der lärmsensiblen Einrichtungen<br />
160
müssen evtl. Neu- oder Ausbauplanungen mit betrachtet werden. Eine Bewertung<br />
der vom Ausbau betroffenen Beschäftigten ist unzweckmäßig, da gerade die mit dem<br />
Ausbau verknüpften Standorteffekte als Multiplikator <strong>für</strong> das Wirtschaftswachstum<br />
<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Neuansiedelung <strong>von</strong> Gewerbebetrieben im Umfeld des<br />
Flughafens dienen sollen. Dies gilt auch <strong>für</strong> nicht luftverkehrsaffine Gewerbebetriebe,<br />
die die direkte Nähe zum Flughafen explizit anstreben, um Synergieeffekte ausnutzen<br />
zu können.<br />
Für die Bewertung des Schutzgutes „Menschen“ werden insgesamt drei Bewertungsstufen<br />
festlegt (s. Abb. 38, vgl. [57-60]):<br />
X 1 = 1: die Lärmauswirkungen sind mäßig,<br />
X 1 = 2: die Lärmauswirkungen sind deutlich,<br />
X 1 = 3: die Lärmauswirkungen sind erheblich.<br />
Während der Tagzeit (06:00 - 22:00 Uhr) bildet nach Einschätzung des Umweltb<strong>und</strong>esamtes<br />
(UBA) ein Dauerschallpegel <strong>von</strong> 55 dB(A) die allgemeine Schwelle <strong>für</strong> erhebliche<br />
Belästigungen. Ges<strong>und</strong>heitsbeeinträchtigungen sind bei Dauerschallpegeln<br />
(außen) ≥ 60 dB(A) nicht mehr auszuschließen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind ≥<br />
65 dB(A) zu erwarten. Diese Schwellenwerte werden <strong>für</strong> das eigene <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
übernommen. Weiterhin müssen lärmsensible Einrichtungen wie Kindergärten,<br />
Schulen, Altenheime, Krankenhäuser usw. aufgr<strong>und</strong> ihrer erhöhten Schutzbedürftigkeit<br />
besonders berücksichtigt werden (FluLärmG). Die Nutzer <strong>von</strong> lärmsensiblen<br />
Einrichtungen erhalten deshalb gegenüber der betroffenen Wohnbevölkerung<br />
eine um 5 dB(A) höhere Einstufung [57].<br />
In der Nachtzeit (22:00 - 06:00 Uhr) wirkt sich Lärm hauptsächlich in Form <strong>von</strong><br />
Schlafstörungen aus. Als Maßstab <strong>für</strong> diese Art der Störung werden sog. Aufwachreaktionen<br />
gewertet. Demnach muss mit Aufwachreaktionen gerechnet werden, wenn<br />
am Ohr des Schläfers pro Nacht mehr als fünfmal ein Schalldruckpegel <strong>von</strong> 60 dB(A)<br />
erreicht oder überschritten wird. Die Dämmwirkung eines zur Belüftung gekippten<br />
Fensters wird allgemein mit mind. 15 dB(A) angegeben, so dass eine Lärmbelastung<br />
außen <strong>von</strong> NAT Nacht = 6 x 75 dB(A) zur Vermeidung <strong>von</strong> Ges<strong>und</strong>heitsgefahren nicht<br />
überschritten werden darf (NAT = number above treshold, Anzahl <strong>von</strong> Einzelschallereignissen<br />
oberhalb eines Schwellenwertes [57-60]). Da lärmmedizinische Untersu-<br />
161
chungen gezeigt haben, dass bereits bei einem Schalldruckpegel <strong>von</strong> 53 dB(A) am<br />
Ohr des Schläfers Veränderungen der Schlaftiefe messbar sind, wurde zur Berücksichtigung<br />
möglicher ges<strong>und</strong>heitlicher Beeinträchtigungen eine Lärmbelastung <strong>von</strong><br />
NAT Nacht = 6 x 68 dB(A) dieser Schwelle zugeordnet [57]. In die neue Bewertungsmatrix<br />
des Schutzgutes „Menschen“ sind beide Schwellenwerte integriert (Abb. 38).<br />
Der erhöhten Schutzbedürftigkeit der Nutzer <strong>von</strong> lärmsensiblen Einrichtungen wird<br />
wiederum Rechnung getragen, indem deren Betroffenheit bereits ab 6 x 68 dB(A) der<br />
Bewertungsstufe 3 zugeordnet ist [66].<br />
Die Geräuschimmissionen des Flugbetriebs dominieren gegenüber dem Roll- <strong>und</strong><br />
Bodenlärm, so dass eine getrennte Betrachtung nur dann in Frage kommt, wenn<br />
keine planmäßigen Flugbewegungen stattfinden <strong>und</strong> Rollbewegungen, Triebwerksprobeläufe<br />
o.ä. als alleinige Lärmquellen auftreten. Normalerweise bleiben die Einflüsse<br />
des Roll- <strong>und</strong> Bodenlärms kleinräumig <strong>und</strong> beschränken sich im Wesentlichen<br />
auf das Flughafengelände. Sollte sich jedoch das Lärmniveau in den angrenzenden<br />
Bereichen des Flughafens erhöhen, müssen entsprechende betriebliche oder bauliche<br />
Lärmschutzmaßnahmen realisiert werden. Für die Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten<br />
spielt der Roll- <strong>und</strong> Bodenlärm keine Rolle [58].<br />
Weitere Konfliktbereiche, die nicht mit der reinen Fluglärmbetrachtung erfasst werden<br />
können, ergeben sich dann, wenn sich infolge der Überlagerungen mit landseitigem<br />
Verkehr das Lärmniveau erhöht. Solche Konfliktbereiche werden als sog. „hot<br />
spots“ bezeichnet <strong>und</strong> sind eigentlich nicht den flughafenbedingten Auswirkungen<br />
zuzurechnen. Mit der im Zuge der Ausbaumaßnahme meist notwendigen Anpassung<br />
der landseitigen Anbindung des Flughafens können Konfliktbereiche weitestgehend<br />
entschärft werden. Für die Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten können sie vernachlässigt<br />
werden [58].<br />
Vorab sollte bei der Beurteilung des Schutzgutes „Menschen“ die Frage beantwortet<br />
werden, inwieweit das gesamte Ausmaß der nach dem Ausbau <strong>von</strong> Fluglärm betroffenen<br />
Menschen überhaupt noch toleriert werden kann <strong>und</strong> ob nicht das gesamte<br />
Ausbauvorhaben zur Diskussion stehen sollte („K.o.-Kriterium“). Da keine definierte<br />
„Obergrenze“ existiert, kann nur anhand der Fallbeispiele Frankfurt Rhein Main <strong>und</strong><br />
London Heathrow diese Obergrenze abgeleitet werden.<br />
162
Nach dem Ausbauvorhaben am Flughafen Frankfurt Rhein Main werden voraussichtlich<br />
im Prognosejahr 2015 ca. 500.000 Menschen <strong>von</strong> Fluglärm betroffen sein [57].<br />
Da dieses Ausbauvorhaben prinzipiell in Erwägung gezogen wird, ist die Gesamthöhe<br />
offensichtlich in einem akzeptablen Niveau. Im Gegensatz dazu wird die Anzahl<br />
der <strong>von</strong> Fluglärm betroffen Menschen am Flughafen London Heathrow ohne weiteren<br />
Ausbau des S/L-Bahn-Systems im Jahr 2015 bereits ca. 780.500 Menschen betragen<br />
[9]. Eine ausbaubedingte Steigerung dieses Niveaus wird derzeit als nicht<br />
durchsetzbar eingestuft <strong>und</strong> ist somit nicht akzeptabel. Also müsste die tolerierbare<br />
Grenze irgendwo zwischen 500.000 <strong>und</strong> 780.500 <strong>von</strong> Fluglärm betroffenen Menschen<br />
liegen.<br />
Lärmkonturen gem. AzB 99 (100/100-Regelung)<br />
Bew.-<br />
Stufe<br />
Auswirkung<br />
Wohnbevölkerung<br />
(Bestand + Zuwachs + Nachverdichtung)<br />
Tag<br />
Nacht<br />
3 erheblich L eq(3), Tag ≥ 65 dB(A) NAT Nacht ≥ 6 x 75 dB(A)<br />
2 deutlich 60 dB(A) ≤ L eq(3), Tag < 65 dB(A) 6 x 68 dB(A) ≤ NAT Nacht < 6 x 75 dB(A)<br />
1 mäßig 55 dB(A) ≤ L eq(3), Tag < 60 dB(A) –<br />
Nutzer <strong>von</strong> lärmsensiblen Einrichtungen<br />
(Bestand + Planung)<br />
3 erheblich L eq(3), Tag ≥ 60 dB(A) NAT Nacht ≥ 6 x 68 dB(A)<br />
2 deutlich 55 dB(A) ≤ L eq(3), Tag < 60 dB(A) –<br />
Abb. 38: Bewertungsmatrix Schutzgut „Menschen“ [57-60] u. [66]<br />
Für die Bewertung des Schutzgutes „Menschen“ können zusammenfassend folgende<br />
Gr<strong>und</strong>sätze definiert werden:<br />
- Ist die Gesamthöhe der durch Fluglärm betroffenen Menschen akzeptabel,<br />
dann sind <strong>für</strong> die Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten die quantitativen sowie<br />
qualitativen Unterschiede der Lärmbelastung relevant. Das Vergleichsniveau<br />
163
stellt dabei jeweils der sog. Prognosenullfall dar (prognostizierte Lärmbelastung<br />
ohne Ausbau).<br />
- Da die Einordnung eines Einzelschallereignisses in einer näherungsweise logarithmischen<br />
„Empfindungsfunktion“ erfolgt, bewirkt eine Erhöhung des Schallpegels<br />
um 10 dB(A) eine empf<strong>und</strong>ene doppelte Lautstärke. Deshalb werden die<br />
betroffenen Personen der Bewertungsstufe 3 mit dem Faktor 2 gewichtet, die<br />
betroffenen Personen der Bewertungsstufe 2 entsprechend mit dem Faktor 1,5.<br />
Diese Faktoren korrespondieren mit der gebräuchlichen Gewichtung <strong>von</strong> nächtlichen<br />
Flugbewegungen zur Ermittlung des sog. Day-Night Average So<strong>und</strong> Levels<br />
L DN (= weltweit gebräuchlicher Fluglärmbewertungsmaßstab, [32]).<br />
- Der daraus berechenbare Wert wird als Personenwert p j in Abhängigkeit <strong>von</strong><br />
der S/L-Bahn-Variante definiert. Die max. Höhe der Differenz Δp j zwischen einer<br />
S/L-Bahn-Variante <strong>und</strong> dem Prognosenullfall (Nullvariante) wird auf Basis der<br />
nach Grobüberschlag „schlechtesten“ S/L-Bahn-Variante (vgl. Variante Süd,<br />
Kap. 5.2.4) am Flughafen Frankfurt Rhein Main mit Δp j = 275.000 festgelegt.<br />
Zugr<strong>und</strong>e liegen dabei die Lärmbelastungen während der Tag- <strong>und</strong> Nachzeiten<br />
[57].<br />
- Ist mit dem Ausbauvorhaben eine Nachtflugbeschränkung oder sogar ein<br />
Nachtflugverbot verb<strong>und</strong>en, muss sich dies in der Bewertung der Lärmauswirkungen<br />
niederschlagen (evtl. Wegfall der prognostizierten nächtlichen Lärmbetroffenheiten).<br />
- Positive Effekte eines Ausbaus müssen mit in die Bewertung aufgenommen<br />
werden. Beispielsweise führt ein Ausbauvorhaben zur „Verringerung der Umweltauswirkungen“<br />
in der Regel zu einer Verringerung der verlärmten Fläche,<br />
so dass sich der Personenwert im Vergleich zum Prognosenullfall verbessert.<br />
Bis zu einer Verbesserung um Δp j = - 50.000 sollte eine zusätzliche Bepunktung<br />
bis 100 Punkte erfolgen („Bonuspunkte“, vgl. [59, 60]). Eine weitere Verbesserung<br />
über Δp j = - 50.000 hinaus ist nur theoretisch denkbar <strong>und</strong> wird nicht weiter<br />
betrachtet.<br />
Als Basis <strong>für</strong> das Bewertungskriterium „Menschen“ wird in Anlehnung an die festgelegten<br />
Gr<strong>und</strong>sätze eine lineare Bewertungsfunktion gewählt, da Gewichtungen bereits<br />
implementiert wurden <strong>und</strong> somit die Differenzen der Personenwerte Δp j direkt<br />
miteinander verglichen werden können (Abb. 39).<br />
164
f(Δp j ) = 90 –<br />
1<br />
5.500<br />
• Δp j [Pkt] <strong>für</strong> - 50.000 ≤ Δp j ≤ 495.000; Δp j [-]<br />
( ∑ 3<br />
∑ 1<br />
Δp j = Personen1j<br />
• 2 + ∑Personen 1j2<br />
• 1,5 + Personen<br />
1j<br />
) –<br />
( ∑ 1 0 3<br />
∑ 1 0 1<br />
Personen • 2 + ∑ Personen<br />
1 0 2<br />
• 1,5 + Personen )<br />
Bewertungspunkte<br />
100<br />
Bewertungskriterium: Menschen<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
neue<br />
Bewertung<br />
"untere<br />
Schwelle"<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-50.000<br />
-25.000<br />
0<br />
25.000<br />
50.000<br />
75.000<br />
100.000<br />
125.000<br />
150.000<br />
175.000<br />
200.000<br />
225.000<br />
250.000<br />
275.000<br />
300.000<br />
325.000<br />
Personenwert p [-]<br />
Abb. 39: Bewertungsfunktion Schutzgut „Menschen“, eigene Darstellung<br />
6.2.4.3.2 Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope) (Schutzgut i = 2)<br />
Die Betrachtung des Schutzgutes „Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)“ setzt <strong>für</strong> jede S/L-<br />
Bahn-Variante eine detaillierte Auswirkungsprognose voraus. Die Betrachtungsbereiche<br />
sind:<br />
- Flächenverlust („Totalverlust“) <strong>von</strong> Biotopbeständen durch vorhabensbedingte<br />
Flächeninanspruchnahme,<br />
- allgemeine Funktionsverluste <strong>und</strong> -beeinträchtigungen <strong>von</strong> Biotopbeständen<br />
(z.B. durch „Verinselung“, Verlärmung usw.),<br />
- „Sonderaspekte“ bzgl. einzelner Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten (Auswirkung auf Populationsentwicklung/Überlebensfähigkeit).<br />
165
Einerseits muss dazu die Flächenausdehnung eines Biotops bzw. Biotopkomplexes<br />
erfasst werden (Ist-Bestand bzw. „Biotopwert“), andererseits spielt <strong>für</strong> die Beurteilung<br />
das Maß der Funktionsbeeinträchtigung eine entscheidende Rolle [32]. Als Datengr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>für</strong> eine flächendeckende Bestandsaufnahme dienen u.a. [45]:<br />
- Vegetationskarten <strong>und</strong> Landnutzungsklassifizierungen,<br />
- Kartierungen <strong>von</strong> schutzwürdigen Lebensräumen oder vergleichbare Bestandsaufnahmen<br />
(z.B. FFH-Schutz-, -Melde- oder -Vorschlagsgebiete),<br />
- Verbreitungsdaten <strong>von</strong> Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten,<br />
- „Rote Liste“ der BRD (Einstufungen des B<strong>und</strong>esamtes <strong>für</strong> Naturschutz (BfN)<br />
<strong>von</strong> Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten in offiziell definierte Gefährdungskategorien) [46].<br />
Zur Anwendung im Rahmen einer Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten wurden die<br />
Bewertungsstufen „<strong>für</strong> eine flächendeckende Bewertung <strong>für</strong> Belange des Artenschutzes“<br />
nach Kaule [45] angepasst. Die insgesamt sieben neuen Bewertungsstufen<br />
lauten (vgl. Abb. 40):<br />
X 2 = 1: die S/L-Bahn-Variante hat unerhebliche Auswirkungen (ohne Relevanz),<br />
X 2 = 2: die S/L-Bahn-Variante hat geringe Auswirkungen,<br />
X 2 = 3: die S/L-Bahn-Variante hat mäßige Auswirkungen,<br />
X 2 = 4: die S/L-Bahn-Variante hat deutliche Auswirkungen,<br />
X 2 = 5: die S/L-Bahn-Variante hat starke Auswirkungen,<br />
X 2 = 6: die S/L-Bahn-Variante hat sehr starke Auswirkungen,<br />
X 2 = 7: die S/L-Bahn-Variante hat nicht vertretbare Auswirkungen („Sonderaspekte“).<br />
Die auf die sieben Bewertungsstufen abgestimmte Bewertungsmatrix ist in Anl. 46<br />
dargestellt. In der Natur gibt es eine wesentlich größere Anzahl spezieller Biotoptypen;<br />
diese sind nicht in der Bewertungsmatrix enthalten <strong>und</strong> müssen ggf. entsprechend<br />
der individuellen Biotopwertigkeit den neuen Bewertungsstufen zugeordnet<br />
werden. Die detaillierten Ausführungen <strong>von</strong> Kaule [45, 46] sind dazu sehr hilfreich<br />
<strong>und</strong> geben zahlreiche Zuordnungskriterien <strong>für</strong> eine Biotopeinstufung vor. Innerhalb<br />
der bestehenden <strong>Bewertungsverfahren</strong> wird meistens eine verbal argumentative Bewertung<br />
durchgeführt. Dabei werden die beeinträchtigten Biotopkomplexe in der Re-<br />
166
gel nach der jeweiligen betroffenen Fläche <strong>und</strong> der Intensität der Umweltauswirkungen<br />
beurteilt. Verschiedene Tiergruppen dienen dabei als Indikatoren [33, 54].<br />
Es muss darauf hingewiesen werden, dass quantifizierbare Grenz- <strong>und</strong> Richtwerte<br />
<strong>für</strong> das Vorkommen, die zu sichernde oder wieder herzustellende Population geschützter<br />
Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten bislang in keiner Planungsgr<strong>und</strong>lage definiert sind.<br />
Verbindliche Umweltstandards, also quantifizierbare Ziele <strong>für</strong> das Schutzgut „Tiere<br />
<strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)“, existieren nicht [33]. Deshalb ist es fraglich, ob man z.B. die<br />
Flächeninanspruchnahme <strong>von</strong> insgesamt 332,44 ha Lebensraum <strong>für</strong> Fledermäuse<br />
mit der Flächeninanspruchnahme <strong>von</strong> insgesamt 545,24 ha Lebensraum <strong>für</strong> Amphibien<br />
miteinander vergleichen kann [32]. Die Verteilung der Umweltauswirkungen auf<br />
bestimmte Tiergruppen kann folglich nicht als Bewertungsmaßstab dienen, sondern<br />
ausschließlich die betroffene Fläche in Verbindung mit der Schutzwürdigkeit des betroffenen<br />
Biotops. Dabei muss zwischen dem „Totalverlust“, d.h. der anlagebedingten<br />
Flächeninanspruchnahme (Kernbereich), <strong>und</strong> der Auswirkungen auf das Schutzgut<br />
„Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)“ außerhalb des Flughafengeländes (Außenzone) unterschieden<br />
werden.<br />
Die Bewertung der Auswirkungen auf einzelne Tier-/Pflanzenarten bzw. -gruppen<br />
kann einerseits dazu verwendet werden, das Ausbauvorhaben als solches in Frage<br />
zu stellen („K.o.-Kriterium“). Ist z.B. die Höhe der Reduzierung bzw. die völlige Zerstörung<br />
einer bestimmten Population hinnehmbar? Andererseits kann der Umfang<br />
der Ausgleichs- <strong>und</strong> Ersatzmaßnahmen näher bestimmt werden.<br />
Es ist unzweckmäßig <strong>und</strong> dem Projekterfolg nicht dienlich, wenn der Untersuchungsraum<br />
bzgl. des Schutzgutes „Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)“ einen unverhältnismäßig<br />
großen Bereich umfasst, da die Genauigkeit <strong>und</strong> somit die Aussagekraft der prognostizierten<br />
Auswirkungen mit zunehmender Entfernung vom S/L-Bahn-System abnimmt.<br />
Ein Beispiel <strong>für</strong> die zweckmäßige Abgrenzung eines Untersuchungsraums<br />
sowie die Gewichtung der einzelnen Räume enthält der Planfeststellungsantrag <strong>für</strong><br />
den Flughafen Frankfurt-Hahn. Es werden ein „engerer Untersuchungsraum“ <strong>und</strong> ein<br />
„Umgebungsraum“ definiert, die in etwa mit dem A Bezug(Kern) bzw. A Bezug(Außen) 2 gleichgesetzt<br />
werden können. Das Verhältnis der Flächen zueinander beträgt ca. 1:4, die<br />
Gewichtung beider Räume wird als gleichwertig betrachtet [31]. Somit wird im Prinzip<br />
167
durch den Kernbereich <strong>und</strong> die Außenzone die gesamte verlärmte Fläche <strong>von</strong><br />
L eq(3) ≥ 60 dB(A) abgedeckt [58].<br />
Folgende Gr<strong>und</strong>sätze <strong>für</strong> das neue Bewertungskriterium „Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)“<br />
werden festgelegt:<br />
- Die Auswirkungen auf einzelne Tierarten können zum Ausschluss einer S/L-<br />
Bahn-Variante führen, d.h. die untersuchte S/L-Bahn-Variante hat nicht vertretbare<br />
Auswirkungen <strong>und</strong> erhält unabhängig <strong>von</strong> den betroffenen Biotopkomplexen<br />
bzw. Teilflächen A 2jk die Bewertungsstufe 7 („K.o.-Kriterium“).<br />
- Wird <strong>für</strong> eine Teilfläche A 2jk die Bewertungsstufe 7 vergeben („Tabufläche“),<br />
dann erhält die Gesamtbewertungsstufe x 2j ges , unabhängig <strong>von</strong> den Einstufungen<br />
der anderen Teilflächen A 2jk , die Bewertungsstufe 7 („K.o.-Kriterium“).<br />
- Eine standortbezogene Gesamtverbesserung des Ist-Bestands ist unwahrscheinlich,<br />
aber im Zuge eines Ausbaus zur Verringerung der Umweltauswirkungen<br />
theoretisch denkbar (Rückbau einer bestehenden S/L-Bahn zugunsten<br />
einer neuen S/L-Bahn).<br />
- Das Verhältnis der standardisierten Flächen <strong>von</strong> Kernbereich <strong>und</strong> Außenzone<br />
wird im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> bzgl. des Schutzgutes „Tiere <strong>und</strong> Pflanzen<br />
(Biotope)“ mit 1:4 fixiert. Beide Flächen werden zu gleichen Teilen gewichtet.<br />
- Es wird eine flächengewichtete Mittelwertsbildung der Bewertungsstufen x 2jk<br />
über sämtliche betroffenen Teilflächen A 2jk , getrennt nach Kernbereich <strong>und</strong> Außenzone<br />
vorgenommen. Wegen der sich daraus ergebenden Bruchzahlen <strong>für</strong><br />
die Gesamtbewertung ist eine stetige Bewertungsfunktion zugr<strong>und</strong>e zu legen.<br />
Die neue Bewertungsfunktion ist in die Bereiche I <strong>und</strong> II gegliedert:<br />
- Für das Bewertungskriterium „Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)“ bietet sich aufgr<strong>und</strong><br />
der Gleichwertigkeit der Bewertungsstufen 1 bis 6 eine lineare Bewertungsfunktion<br />
an (Bereich I, Abb. 40):<br />
f I ( x 2j ges ) = 90 – 10 • ( x 2j ges – 1) [Pkt] <strong>für</strong> 1 ≤ x 2j ges ≤ 6; x 2j ges [-]<br />
x 2j ges = ( x 2j ges (K) + x 2j ges (A) ) / 2<br />
x 2j ges (K) = b j (K) • x 2j (K) ;<br />
x 2j ges (A) =b j (A) • x 2j (A)<br />
168
A<br />
wobei b j (K) =<br />
A<br />
Kern j<br />
Bezug(Kern)<br />
; b j (A) =<br />
A<br />
A<br />
Außen 2j<br />
Bezug(Außen) 2<br />
; A Bezug(Außen) 2 = 4 • A Bezug(Kern)<br />
A Bezug(Kern) [ha] = (l Bahn [m] • 1,5) • 720 [m] / 10.000 <strong>für</strong> 1.800 < l Bahn < 4.000<br />
- Die Bewertungsstufe 7 (Bereich II) erhält 0 Punkte <strong>und</strong> stellt ein „K.o.-Kriterium“<br />
dar.<br />
Bewertungspunkte<br />
100<br />
Bewertungskriterium: Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)<br />
I<br />
II<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
neue<br />
Bewertung<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
„K.o.-<br />
Kriterium“<br />
0<br />
1 2 3 4 5 6<br />
Bewertungsstufen [-]<br />
Abb. 40: Bewertungsfunktion Schutzgut „Tiere <strong>und</strong> Pflanzen (Biotope)“, eigene Darstellung<br />
6.2.4.3.3 Boden (Schutzgut i = 3)<br />
Vorhabensbedingte Auswirkungen auf das Schutzgut „Boden“ sind infolge der relativ<br />
großen Flächeninanspruchnahme <strong>und</strong> des zugleich hohen Maßes an anlagebedingter<br />
Flächenversiegelung offensichtlich. Die Qualität bzw. der Wert eines Bodens wird<br />
durch zahlreiche Eigenschaften charakterisiert. Das BMU gibt zur Formulierung <strong>von</strong><br />
Bodenqualitätszielen folgende Leitbilder an [94]:<br />
- die natürlichen Bodenfunktionen als biotischer <strong>und</strong> abiotischer Komplex,<br />
- die Integrität des Bodens als Ökosystem,<br />
- der Schutz des Bodens als Beitrag zum Gr<strong>und</strong>wasserschutz,<br />
- die menschliche Ges<strong>und</strong>heit (hinsichtlich der inhalativen Aufnahme <strong>von</strong> Bodenpartikeln<br />
oder aus dem Boden ausgasender Stoffe sowie mittelbar durch bo-<br />
169
denbedingte Kontamination <strong>von</strong> Futter- <strong>und</strong> Nahrungsmitteln einschließlich<br />
Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Trinkwasser),<br />
- der Boden als endliche Ressource, z.B. gegenüber Zerstörung <strong>und</strong> Verlust<br />
durch Bodenabtrag, Versiegelung <strong>und</strong> Denaturierung.<br />
Innerhalb der bestehenden <strong>Bewertungsverfahren</strong> beschränkt man sich meist nur auf<br />
ausgewählte Bodenfunktionen, die abschließend verbal argumentativ zusammengefasst<br />
<strong>und</strong> bewertet werden. Zum einen ist die Kriterienauswahl fraglich, denn sie führt<br />
zu mehrfachen Bewertungen innerhalb der einzelnen Schutzgüter, andererseits ist<br />
die Bewertung relativ grob, da sich der Bewertungsrahmen meist auf nur drei Wertstufen<br />
beschränkt (z.B. „starke“, „deutliche“ oder „mäßige“ Umweltauswirkungen<br />
[54]).<br />
Als konkretes Beispiel <strong>für</strong> eine mehrfache Bewertung kann die Bewertung der „biotischen<br />
Ertragsfunktion“ genannt werden (z.B.: Antrag zum ROV, VLP Kassel-Calden,<br />
„Ertragspotential“ [27]). Böden mit einem hohen natürlichen Ertragspotential besitzen<br />
in der Regel eine hohe Filter- <strong>und</strong> Pufferkapazität sowie eine hohe Eignung als Ausgleichkörper<br />
im Wasserkreislauf. Somit wird beispielsweise ertragfähiges Ackerland<br />
in der Gesamtbewertung einerseits durch andere Bodenfunktionen vollständig berücksichtigt,<br />
andererseits fließen die im Vergleich höheren Kosten <strong>für</strong> die Flächenbeschaffung<br />
im Bereich der Investitionskosten mit in die Bewertung ein [65].<br />
Für das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> ist es deshalb wichtig, eindeutige Bewertungskriterien<br />
zu formulieren <strong>und</strong> in standardisierte Bewertungsstufen zu integrieren, damit<br />
eine vergleichbare Bewertung der S/L-Bahn-Varianten ermöglicht wird. Zur Bewertung<br />
einer S/L-Bahn-Variante innerhalb des Bewertungskriteriums „Boden“ müssen<br />
folgende Funktionen des Bodens beurteilt werden [49, 57]:<br />
- die Funktion als Standort bzw. Lebensraum <strong>für</strong> Bodenorganismen <strong>und</strong> natürliche<br />
Vegetation,<br />
- die Regelfunktion <strong>für</strong> den Wasser- <strong>und</strong> Stoffhaushalt sowie<br />
- die Funktion als Filter, Puffer <strong>und</strong> sog. Transformator <strong>von</strong> Schadstoffen.<br />
Die sog. Archivfunktion des Bodens <strong>für</strong> Natur- u. Kulturgeschichte wird im Zuge des<br />
Schutzgutes „Kultur- u. sonstige Sachgüter“ bewertet <strong>und</strong> entfällt deshalb hier.<br />
170
Die Einstufung einer S/L-Bahn-Variante hinsichtlich des Schutzgutes „Boden“ wird in<br />
fünf Bewertungsstufen unterteilt [33, 65]:<br />
X 3 = 1: die Fläche hat keine Bedeutung <strong>für</strong> den Bodenschutz,<br />
X 3 = 2: die Fläche hat eine geringe Bedeutung <strong>für</strong> den Bodenschutz,<br />
X 3 = 3: die Fläche hat eine durchschnittliche Bedeutung <strong>für</strong> den Bodenschutz,<br />
X 3 = 4: die Fläche hat eine hohe Bedeutung <strong>für</strong> den Bodenschutz,<br />
X 3 = 5: die Fläche hat eine sehr hohe Bedeutung <strong>für</strong> den Bodenschutz.<br />
Für die Bestandsaufnahme ist eine eigene Kartierung notwendig. Gr<strong>und</strong>lage bilden<br />
die Daten der sog. Bodenschätzung gem. BodSchätzG, die die größte verfügbare<br />
<strong>und</strong> einheitlich strukturierte punkt- <strong>und</strong> flächenbezogene Datenbasis in Deutschland<br />
darstellt. In Abhängigkeit <strong>von</strong> der Region (B<strong>und</strong>esland) kann der Datenbestand variieren<br />
<strong>und</strong> muss ggf. ergänzt werden. Anzumerken ist, dass keine generellen Richt<strong>und</strong><br />
Grenzwerte zur Beurteilung des Gütezustandes <strong>von</strong> Böden existieren [33].<br />
Die auf die Bewertungsstufen abgestimmte Bewertungsmatrix ist in Anl. 47 dargestellt<br />
<strong>und</strong> beinhaltet folgende Gr<strong>und</strong>sätze:<br />
- Zunächst muss die <strong>von</strong> einer S/L-Bahn-Variante hinsichtlich des Bewertungskriteriums<br />
„Boden“ betroffene Fläche (A Kern j ) vollständig erfasst <strong>und</strong> in die entsprechenden<br />
Bewertungsstufen eingestuft werden (Ermittlung Ist-Bestand).<br />
Diese betroffene Fläche entspricht annähernd der Standardbezugsfläche A Bezug(Kern).<br />
Differenzen können sich aus Verinselungen, Rodungen auf entfernt liegenden<br />
Bergkuppen zur Gewährleistung der Hindernisfreiheit o.ä., ergeben.<br />
- Eine flächengewichtete Mittelwertsbildung der Bewertungsstufen x 3jk über<br />
sämtliche betroffenen Teilflächen A 3jk ist im neuen Verfahren vorgesehen. Deshalb<br />
ist eine stetige Bewertungsfunktion zugr<strong>und</strong>e gelegt.<br />
- Die Differenz zwischen dem Ist-Zustand vor dem Ausbau <strong>und</strong> dem Zustand<br />
nach dem Ausbau Δ x 3jges zeigt die ausbaubedingte durchschnittliche Veränderung<br />
der Gesamtbewertungsstufe x 3j ges des Schutzgutes „Boden“ auf.<br />
- Es besteht die Möglichkeit, dass stark vorbelastete Böden im Zuge eines Ausbauvorhabens<br />
aufgewertet werden (Entsiegelung, Bodenauflockerung, Beseitigung<br />
<strong>von</strong> Altlasten usw.). Da diese Aufwertungen aufgr<strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Kosten nur partiell in Betracht kommen können, ist es quasi ausge-<br />
171
schlossen <strong>und</strong> nur theoretisch denkbar, dass der durchschnittliche Ist-Zustand<br />
trotz Ausbau erhalten bleibt oder sich sogar verbessert (Veränderung ≤ 0).<br />
- Als untere Bewertungsgrenze ergibt sich die max. mögliche „Veränderung“ der<br />
gesamten vom Ausbau betroffenen Fläche um - 4 Bewertungsstufen (40 Punkte).<br />
- Es wird darauf hingewiesen, dass bei einem Vorhaben mit hervorragender Bedeutung<br />
<strong>für</strong> die überörtliche Wirtschaftsstruktur oder <strong>für</strong> die Landesentwicklung<br />
in Bezug auf das Schutzgut „Boden“ eine Realisierung unabhängig <strong>von</strong> der Bewertung<br />
genehmigungsfähig ist [65]. Dementsprechend stellt das Bewertungskriterium<br />
„Boden“ <strong>für</strong> ein Ausbauvorhaben kein „K.o.-Kriterium“ dar.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der gleichwertigen Bewertungsstufen wird <strong>für</strong> das Bewertungskriterium<br />
„Boden“ eine lineare Bewertungsfunktion gewählt (Abb. 41).<br />
f(Δ x 3j ges )= 90 – 12,5 • Δ x 3j ges ≤ 100 [Pkt] <strong>für</strong> Δ x 3j ges ≤ 4; Δ x 3j ges [-]<br />
Δ x 3j ges = b j • Δ x 3j b j =<br />
A<br />
A<br />
Kern j<br />
Bezug(Kern)<br />
Δ x 3j = ( x 3j (nach Ausbau) – x 3j (vor Ausbau) )<br />
A Bezug(Kern) [ha] = (l Bahn [m] • 1,5) • 720 [m] / 10.000 <strong>für</strong> 1.800 < l Bahn < 4.000<br />
Bewertungspunkte<br />
100<br />
Bewertungskriterium: Boden<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
neue<br />
Bewertung<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0 1 2 3<br />
"Veränderung" der Bewertungstufe [-]<br />
4<br />
Abb. 41: Bewertungsfunktion Schutzgut „Boden“, eigene Darstellung<br />
172
6.2.4.3.4 Wasser (Gr<strong>und</strong>-/Oberflächenwasser) (Schutzgut i = 4)<br />
Beim Schutzgut „Wasser“ wird zwischen:<br />
- Gr<strong>und</strong>wasser <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wassernutzung,<br />
- Oberflächengewässern (Fliess- <strong>und</strong> Stillgewässer) sowie deren Retentionsräumen<br />
unterschieden [32, 65].<br />
Zunächst ist <strong>für</strong> die Bewertung des Schutzgutes „Wasser“ eine vollständige Erfassung<br />
des Ist-Zustands notwendig. Die Größe des Untersuchungsraumes ist abhängig<br />
<strong>von</strong> den standortspezifischen Gr<strong>und</strong>wasser- <strong>und</strong> Oberflächenwasserverhältnissen<br />
<strong>und</strong> hat keinen direkten Zusammenhang mit der Dimension der S/L-Bahn-Variante.<br />
Die Betrachtung der Auswirkungen auf das Gr<strong>und</strong>wasser <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>wassernutzung<br />
betreffen [32]:<br />
- Veränderungen der Gr<strong>und</strong>wasserneubildung <strong>und</strong> -dynamik,<br />
- Beanspruchungen <strong>von</strong> Trinkwasserschutzgebieten, <strong>von</strong> Gebieten zum Gr<strong>und</strong>wasserschutz<br />
<strong>und</strong> zur Gr<strong>und</strong>wassersicherung sowie sonstiger Gr<strong>und</strong>wassernutzung,<br />
- Verschmutzungsgefährdungen während der Bauphase oder der flugbetrieblichen<br />
Nutzung sowie im Fall einer Leckage oder Havarie.<br />
Bei der Bewertung <strong>von</strong> Oberflächengewässern (Fließgewässern, Quellen, Stillgewässern<br />
usw.) sind folgende Auswirkungen relevant [32]:<br />
- anlagebedingte Verluste bzw. Beeinträchtigungen <strong>von</strong> Oberflächengewässern,<br />
- betriebsbedingte Schadstoffeinträge/-einleitungen sowie<br />
- baubedingte Schadstoffeinträge oder temporäre Veränderungen.<br />
Die analysierten <strong>Bewertungsverfahren</strong> sind in Bezug auf das Bewertungskriterium<br />
„Wasser“ relativ grob, da sich der Bewertungsrahmen, genau wie beim Bewertungskriterium<br />
„Boden“, meist auf lediglich drei Wertstufen beschränkt (z.B. „geringe“, „allgemeine“<br />
oder „besondere“ Bedeutung) oder ausschließlich verbal argumentativ erfolgt<br />
(vgl. bspw. [49, 57]). Ein Ausschlusskriterium ist in keinem der untersuchten bestehenden<br />
<strong>Bewertungsverfahren</strong> vorhanden. Sind jedoch die Auswirkungen so<br />
173
gravierend, dass eine Kompensation nicht oder nur teilweise möglich ist <strong>und</strong> sind<br />
insbesondere negative ges<strong>und</strong>heitliche Folgen <strong>für</strong> die Bewohner benachbarter Siedlungsgebiete<br />
zu erwarten (Trinkwasserqualität, s. TrinkwV 2001), dann darf die entsprechende<br />
S/L-Bahn-Variante gr<strong>und</strong>sätzlich nicht realisiert werden.<br />
Da die flugbetriebliche Nutzung ausschließlich auf versiegelten Flächen stattfindet,<br />
ist beim alltäglichen Flugbetrieb keine signifikante Gefährdungserhöhung durch<br />
Schadstoffeinträge zu erwarten. Es wird weiterhin da<strong>von</strong> ausgegangen, dass im<br />
Rahmen des Planfeststellungsverfahrens <strong>von</strong> den Wasserwirtschaftsbehörden alle<br />
notwendigen Auflagen <strong>für</strong> Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, um potentielle<br />
Gefährdungen des Gr<strong>und</strong>wassers im Falle einer Leckage oder Havarie auszuschließen<br />
[33]. Da die Empfindlichkeit des Gr<strong>und</strong>wassers gegenüber Schadstoffeinträgen<br />
abhängig <strong>von</strong> der örtlichen Boden- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasserbeschaffenheit ist (Gr<strong>und</strong>wasserflurabstände,<br />
Sorptionsvermögen der Bodenschichten usw.), sind entsprechende<br />
Vorsorgemaßnahmen variantenabhängig <strong>und</strong> beeinflussen die Investitionskosten der<br />
einzelnen S/L-Bahn-Varianten. Die in den bestehenden <strong>Bewertungsverfahren</strong> oftmals<br />
durchgeführte Bewertung des Risikopotentials <strong>von</strong> Schadstoffeinträgen entfällt deshalb<br />
in der neuen Bewertung des Schutzgutes „Wasser“. Anzumerken ist, dass ein<br />
evtl. Schadstoffeintrag aus der Luft über den Boden in der Regel ausgeschlossen<br />
werden kann.<br />
Die Einstufung einer S/L-Bahn-Variante hinsichtlich des Schutzgutes „Wasser“ wird<br />
in sechs Bewertungsstufen unterteilt [32, 65]:<br />
X 4 = 1: der Ausbau hat keine Auswirkungen auf das Schutzgut „Wasser“,<br />
X 4 = 2: der Ausbau hat unerhebliche Auswirkungen auf das Schutzgut „Wasser“,<br />
X 4 = 3: der Ausbau hat mäßige Auswirkungen auf das Schutzgut „Wasser“,<br />
X 4 = 4: der Ausbau hat deutliche Auswirkungen auf das Schutzgut „Wasser“,<br />
X 4 = 5: der Ausbau hat starke Auswirkungen auf das Schutzgut „Wasser“,<br />
X 4 = 6: der Ausbau hat nicht hinnehmbare Auswirkungen auf das Schutzgut<br />
„Wasser“.<br />
Im Gegensatz zu anderen Bewertungskriterien im Bereich Umweltauswirkungen<br />
können die Einstufungen nicht auf Teilflächen bezogen werden, da kein direkter Zusammenhang<br />
zwischen einer Bezugsfläche <strong>und</strong> den Auswirkungen besteht. Deshalb<br />
174
kann einerseits die Gesamteinstufung einer S/L-Bahn-Variante lediglich verbal argumentativ<br />
erfolgen <strong>und</strong> andererseits ist die Bildung einer stetigen Bewertungsfunktion<br />
nicht möglich. Gemäß dem neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> sollte gr<strong>und</strong>sätzlich eine<br />
S/L-Bahn-Variante eine konkrete Einstufung erhalten. Nur wenn mehrere oder sogar<br />
alle S/L-Bahn-Varianten derselben Bewertungsstufe zugeordnet werden sollten, kann<br />
eine weitere, begründete Differenzierung innerhalb der Bewertungsstufe erfolgen.<br />
Die auf die Bewertungsstufen abgestimmte Bewertungsmatrix ist in Anl. 48 dargestellt<br />
<strong>und</strong> beinhaltet folgende Gr<strong>und</strong>sätze:<br />
- Aufgr<strong>und</strong> der vorab beschriebenen Ausschlussgründe einer S/L-Bahn-Variante<br />
in Bezug auf das Schutzgut „Wasser“ entspricht die Bewertungsstufe 6 einem<br />
„K.o.-Kriterium“.<br />
- Die Tatsache ist, dass das Schutzgut „Wasser“ aufgr<strong>und</strong> der Trinkwassereigenschaften<br />
<strong>und</strong> des Trinkwasserbedarfs einen besonderen Stellenwert als lebensnotwendige<br />
Ressource besitzt (Lebensmittel). Die variantenabhängige Festsetzung<br />
einer Bewertungsstufe sollte diesen Stellenwert widerspiegeln.<br />
- Durch die Neugestaltung des S/L-Bahn-Systems im Zuge des Ausbaus kann<br />
die Situation des Wasserhaushalts positiv verändert werden. Beispielsweise<br />
können Enteisungsmitteleinträge in das Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong>/oder Oberflächenwassers<br />
durch ein optimiertes Abwassersystems entfallen. Diese Verbesserung des Ist-<br />
Bestands muss selbstverständlich in die Bewertung einfließen <strong>und</strong> ermöglicht<br />
eine maximale Bepunktung („Bonuspunkte“).<br />
- Weiterhin können die Auswirkungen <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten auf das Schutzgut<br />
„Wasser“ nicht mit einer betroffenen Fläche (Kernfläche <strong>und</strong>/oder Außenzone)<br />
oder der Intensität der Auswirkung spezifiziert <strong>und</strong> untereinander verglichen<br />
werden, da durch die Multidimensionalität des Schutzgutes „Wasser“ kein kontinuierlicher<br />
Bewertungsparameter definiert werden kann. In Anlehnung an die<br />
Bewertungsmatrix (Anl. 48) muss eine verbal argumentative Begründung erfolgen.<br />
Die neue Bewertungsfunktion ist in die Bereiche I <strong>und</strong> II gegliedert:<br />
- Aufgr<strong>und</strong> der gleichwertigen Bewertungsstufen 1 bis 5 wird eine lineare Bewertungsfunktion<br />
gewählt (Bereich I, Abb. 42).<br />
175
f I (x 4j ges )= 100 – 15 • (x 4j ges – 1) [Pkt] <strong>für</strong> x 4j ges = 1, 2, 3, 4, 5; x 4j ges [-]<br />
- Die Bewertungsstufe 6 (Bereich II) erhält 0 Punkte <strong>und</strong> stellt ein „K.o.-Kriterium“<br />
dar.<br />
Bewertungspunkte<br />
100<br />
Bewertungskriterium: Wasser<br />
I<br />
II<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
neue<br />
Bewertung<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
„K.o.-<br />
Kriterium“<br />
10<br />
0<br />
1 2 3 4 5 6<br />
Bewertungsstufen [-]<br />
Abb. 42: Bewertungsfunktion Schutzgut „Wasser“, eigene Darstellung<br />
6.2.4.3.5 Luft (Schutzgut i = 5)<br />
Das Schutzgut „Luft“ wird in der landesplanerischen Beurteilung des ROV am Flughafen<br />
Frankfurt Rhein Main folgendermaßen definiert:<br />
„Das Schutzgut Luft umfasst die natürliche Zusammensetzung des atmosphärischen<br />
Gasgemischs. Als relevant ist die Schadstoffbelastung der Luft sowie derjenigen<br />
Quellen <strong>und</strong> räumlicher Faktoren anzusehen, die die regionalen <strong>und</strong> lokalen Schadstoffbelastungen<br />
der Luft in der Umgebung des Frankfurter Flughafens beeinflussen“<br />
([33], S. 215).<br />
Anderweitige Offizialdefinitionen, z.B. durch das BMU, existieren nicht.<br />
Wie bereits in Kap. 4.3.2 beschrieben, setzen sich die Immissionsbelastungen an einem<br />
Verkehrsflughafen aus den Emissionensquellen [59]:<br />
176
- Luftfahrzeuge,<br />
- an die Flugzeuge gekoppelte technische Einrichtungen (Hilfstriebwerke usw.),<br />
- innerbetrieblicher Verkehr (Versorgungs- u. Servicefahrten usw.),<br />
- flughafeninduzierter Straßenverkehr (Quell- <strong>und</strong> Zielverkehr durch Kraftfahrzeuge)<br />
<strong>und</strong><br />
- Kraftfahrzeugverkehr auf den wichtigsten Landverkehrsstraßen in der Flughafenumgebung<br />
zusammen.<br />
Allgemein kann gesagt werden, dass das Schadstoffspektrum <strong>von</strong> Triebwerksabgasen<br />
dem anderer Verbrennungsvorgänge entspricht. Die Belastung der Luft durch die<br />
Luftfahrzeuge <strong>und</strong> den innerbetrieblichen Verkehr, besonders im Vergleich zum flughafeninduzierten<br />
Straßenverkehr, ist als gering anzusehen. Weiterhin sind im Gegensatz<br />
zum Straßenverkehr die Schadstoffimmissionen der Flugzeuge aufgr<strong>und</strong> der<br />
Fluggeschwindigkeit <strong>und</strong> den jeweiligen Abständen der Flugzeuge zueinander (Intervalle)<br />
weniger konzentriert [59].<br />
Es ist bei einem Flughafenausbau generell zu prüfen, ob <strong>und</strong> wo verkehrsbedingte<br />
Schadstoffbelastungen zu erwarten sind, die Schutzauflagen nach § 9 LuftVG erfordern.<br />
§ 9 Abs. 2 LuftVG beinhaltet folgendes:<br />
„Im Planfeststellungsbeschluss sind dem Unternehmer die Errichtung <strong>und</strong> Unterhaltung<br />
der Anlagen aufzuerlegen, die <strong>für</strong> das öffentliche Wohl oder zur Sicherung der<br />
Benutzung der benachbarten Gr<strong>und</strong>stücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig<br />
sind.“<br />
Es wird jedoch nicht näher bestimmt, wann das öffentliche Wohl beeinträchtigt wird<br />
oder wann ein Nachteil vorliegt. Als Orientierungswerte <strong>für</strong> die maßgeblichen Zumutbarkeitsgrenzen<br />
bieten sich die Grenzwerte der 22. BImSchV zum Schutz der<br />
menschlichen Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> der Vegetation an (Anl. 49).<br />
Die Analyse der untersuchten Bewertungsschemata in Kap. 5 hat gezeigt, dass die<br />
gesamte Schadstoffbelastung keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen<br />
S/L-Bahn-Varianten ergibt (Tab. 3). Wie am Beispiel des Planfeststellungsbe-<br />
177
schlusses zum Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle aufgezeigt werden kann, beträgt<br />
die flughafeninduzierte Schadstoffbelastung im Prognosejahr 2015, mit Ausnahme<br />
der NO 2 -Belastung, lediglich weniger als 3 % des jeweiligen Grenzwertes<br />
(S/L-Bahn Süd mit Vorfeld [59]). Weiterhin weist die prognostizierte NO 2 -Belastung<br />
nach dem Ausbau keine wesentliche Verschlechterung gegenüber dem sog. Prognosenullfall<br />
(kein Ausbau) auf.<br />
Fazit: Die Untersuchung <strong>und</strong> Auswertung des Schutzgutes „Luft“ ist <strong>für</strong> die Prüfung<br />
der generellen Vereinbarkeit des Ausbauvorhabens mit den Belangen der Lufthygiene<br />
zwingend notwendig. Die Frage, ob überhaupt ein Ausbau hinsichtlich der<br />
Schadstoffemissionen vertretbar ist, kann abschließend anhand der festgelegten<br />
Grenzwerte (22. BImSchV) beantwortet werden. Für die vergleichende Bewertung<br />
unterschiedlicher <strong>Planungsvarianten</strong> <strong>von</strong> S/L-Bahnen bei einem Flughafenausbau ist<br />
diese Auswertung jedoch keine aussagekräftige Diskriminante.<br />
Planungsfall<br />
Nordwest<br />
(2015)<br />
Planungsfall<br />
Nordost<br />
(2015)<br />
Planungsfall<br />
Süd<br />
(2015)<br />
Wertstufe Wertstufe Wertstufe<br />
NO 2 A A A<br />
SO 2 C C C<br />
Benzol B B B<br />
B(a)P B B B<br />
Ruß C C C<br />
PM 10 A A A<br />
Bewertungsskala:<br />
Wertstufe<br />
Bezeichnung<br />
Anteil der Emissionshöchstmenge<br />
Südhessen<br />
A Bereich starker Umweltauswirkungen > 30 %<br />
B Bereich deutlicher Umweltauswirkungen > 20 %<br />
C Bereich mäßiger Umweltauswirkungen > 10 %<br />
Tab. 3:<br />
Bewertung der Auswirkungen durch Immissionen im Zuge der landesplanerischen Beurteilung<br />
am Flughafen Frankfurt Rhein Main [57]<br />
178
Diese Aussage gilt ebenso <strong>für</strong> das sog. „fuel dumping“ (Treibstoffnotablass). „Fuel<br />
dumping“ wird ausschließlich in Notsituationen durchgeführt <strong>und</strong> kommt dann zur<br />
Anwendung, wenn ein Langstreckenflugzeug mit einer sehr hohen Treibstoffzuladung<br />
nach dem <strong>Start</strong> aus Sicherheitsaspekten gezwungen wird, unvorhergesehen<br />
zwischenzulanden bzw. zum Ausgangsflughafen zurückzukehren. Da meist keine<br />
Zeit verbleibt, den überschüssigen Treibstoff (Kerosin) zu verfliegen, muss zum Erreichen<br />
des max. zulässigen Landegewichts, Treibstoff im Flug abgelassen werden.<br />
Bei zweistrahligen Flugzeugtypen im Kurz- <strong>und</strong> Mittelstreckenbereich tritt das Problem<br />
des zu hohen Landegewichts wegen der im Vergleich wesentlich niedrigeren<br />
Treibstoffzuladung nicht auf; deshalb sind in der Regel keine technischen Voraussetzungen<br />
zum Treibstoffnotablass installiert. In direkter Flughafennähe, über dicht bebauten<br />
Gebieten <strong>und</strong> in geringer Höhe findet gr<strong>und</strong>sätzlich kein „fuel dumping“ statt.<br />
Der Vorgang des Treibstoffnotablasses erfolgt bei einer Mindestflughöhe (über<br />
Gr<strong>und</strong>) <strong>von</strong> 1.500 m <strong>und</strong> einer Fluggeschwindigkeit <strong>von</strong> 450 bis 500 km/h. Dadurch<br />
zerstäubt das aus den Ventilen austretende Kerosin sofort <strong>und</strong> verdunstet nahezu<br />
vollständig. Bisher konnten in keinem Fall <strong>von</strong> „fuel dumping“ in Pflanzen- oder Bodenproben<br />
aus dem überflogenen Gebiet messbare Verunreinigungen festgestellt<br />
werden [57, 59]. „Fuel dumping“ kommt statistisch derzeit deutschlandweit nur einmal<br />
pro 30.000 <strong>Start</strong>s vor [126]. Da das jeweilige S/L-Bahn-System eines Flughafens<br />
keinen direkten Einfluss auf die Wahl des Ablassgebietes hat, ist ein Zusammenhang<br />
zu den in Frage kommenden S/L-Bahn-Varianten nicht herstellbar <strong>und</strong> somit auch<br />
nicht bewertbar. Das „fuel dumping“ braucht somit hier nicht berücksichtigt zu werden.<br />
In einem stark belasteten Raum spielt ein „Verlust an lufthygienischer Ausgleichsfunktion“<br />
eine Rolle. Diese Funktion wird im Umfeld eines Flughafenstandorts allgemein<br />
durch Waldflächen wahrgenommen, welche in Abhängigkeit <strong>von</strong> der jeweiligen<br />
S/L-Bahn-Variante zur Diskussion stehen. Die erforderlichen Rodungen <strong>für</strong> die eigentliche<br />
Baumaßnahme sowie zur Herstellung der Hindernisfreifläche können<br />
quantitativ bewertet werden. Für eine qualitative Bewertung fehlen die notwendigen<br />
Untersuchungen zur tatsächlichen Filterleistung <strong>von</strong> Waldgebieten <strong>und</strong> der konkrete<br />
Beitrag zur lokalen lufthygienischen Situation. Deshalb entfällt auch die Wertung <strong>von</strong><br />
Flächen mit Aufwuchsbeschränkungen (außerhalb des Kernbereichs).<br />
179
Zur Bewertung des Schutzgutes „Luft“ anhand des Verlustes an lufthygienischer<br />
Ausgleichsfunktion werden folgende Gr<strong>und</strong>sätze festgelegt:<br />
- Da aufgr<strong>und</strong> der allgemeinen Lage- <strong>und</strong> Dimensionierungsgr<strong>und</strong>sätze der Verlust<br />
an Waldfläche durch eine S/L-Bahn-Variante in der Regel den realen Kernbereich<br />
betrifft, kann als Bewertungsmaßstab das Verhältnis y j = Waldflächenverlust/Standardbezugsfläche<br />
herangezogen werden. Ein Verhältnis y j > 1 kann<br />
dann eintreten, wenn z.B. aufgr<strong>und</strong> fehlender Hindernisfreiheit auf weiter entfernt<br />
liegenden Höhenrippen Rodungen erforderlich sind. Diese Maßnahmen<br />
sollten jedoch vermieden werden <strong>und</strong> stellen die Ausnahme dar.<br />
- Da über die Ausgleichsfunktion <strong>von</strong> Waldflächen keine detaillierten Gr<strong>und</strong>lagen<br />
vorliegen, wird da<strong>von</strong> ausgegangen, dass eine doppelt so große Waldfläche<br />
eine doppelt so große Ausgleichfunktion <strong>und</strong> somit den doppelten „Nutzen“ besitzt.<br />
- Das Bewertungskriterium „Luft“ kann aufgr<strong>und</strong> des Emissionsvolumens der<br />
Luftfahrzeuge <strong>und</strong> dem innerbetrieblichen Verkehr <strong>für</strong> eine Bewertung <strong>von</strong> S/L-<br />
Bahn-Varianten kein „K.o.-Kriterium“ darstellen (Bepunktung ≥ 40 Punkte).<br />
- Eine Bepunktung mit 90 Punkten kann nur dann erfolgen, wenn vom Ausbauvorhaben<br />
keine Waldfläche betroffen ist. Eine standortbezogene Verbesserung<br />
des Ist-Bestands ist unwahrscheinlich, aber im Zuge des Rückbaus einer<br />
bestehenden S/L-Bahn zugunsten einer neuen S/L-Bahn theoretisch denkbar<br />
(Aufforstung der frei werdenden Flächen am Standort).<br />
- Im Gegensatz dazu ist die untere Bewertungsgrenze dann erreicht, wenn die<br />
berechnete Bezugsfläche zu 100 % gerodet werden müsste.<br />
Als Basis <strong>für</strong> das Bewertungskriterium „Luft“ wird in Anlehnung an die festgelegten<br />
Gr<strong>und</strong>sätze eine lineare Bewertungsfunktion gewählt (Abb. 43).<br />
f(y j ) = 40 + 50 • (1 – y j ) ≤ 100 [Pkt]<br />
Das Verhältnis y j <strong>von</strong> Waldflächenverlust zur Standardbezugsfläche berechnet sich<br />
wie folgt:<br />
y j [-] =<br />
A<br />
∑ A5 jk<br />
; ∑ A 5jk = Summe der betroffenen Flächen<br />
Bezug(Kern)<br />
A Bezug(Kern) [ha] = (l Bahn [m] • 1,5) • 720 [m] / 10.000 <strong>für</strong> 1.800 < l Bahn < 4.000<br />
180
Bewertungspunkte<br />
Bewertungskriterium: Luft<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
neue<br />
Bewertung<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-0,25 0,00 0,25 0,50 0,75 1,00 1,25<br />
Verhältnis y = Waldflächenverlust / Standardbezugsfläche [-]<br />
Abb. 43: Bewertungsfunktion Schutzgut „Luft“, eigene Darstellung<br />
6.2.4.3.6 Klima (Schutzgut i = 6)<br />
Ein Ausbau des S/L-Bahn-Systems kann sich auf das lokale Klima erheblich auswirken.<br />
Beispielsweise können Veränderungen des Reliefs (Geländeeinschnitte, Überformungen<br />
usw.), großflächige Versiegelungen, Veränderungen des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels,<br />
Waldrodungen <strong>und</strong>/oder die Verlegung bzw. Kanalisierung <strong>von</strong> Gewässern<br />
zu [66]:<br />
- Temperaturveränderungen,<br />
- Veränderung der Luftströme (Windverhältnisse, Belüftungssituation),<br />
- sonstigen Veränderungen (z.B. Nebelsituation)<br />
führen.<br />
Die Veränderungen des lokalen Klimas können variantenabhängig sein <strong>und</strong> müssen<br />
entsprechend bewertet werden. Von Ausbaugegnern wird allgemein kritisiert, dass<br />
der Luftverkehr durch die Emissionen an CO 2 <strong>und</strong> anderen Stoffen zum Treibhauseffekt<br />
<strong>und</strong> zur Schädigung der Ozonschicht beitrage. Diese Bedenken sind gerechtfertig,<br />
jedoch sind diese Auswirkungen großräumig <strong>von</strong> Bedeutung, nicht aber <strong>für</strong><br />
181
eine projektbezogene Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten an demselben Standort<br />
relevant. Zur Begrenzung <strong>und</strong> Minderung dieser großräumigen Effekte müssten<br />
staatliche bzw. internationale Richtlinien – im Sinne verbindlicher Mindeststandards –<br />
erarbeitet werden [59]. Zurzeit sind keine quantitativen Zielgrößen (Grenz- <strong>und</strong><br />
Richtwerte) <strong>für</strong> den Bereich des Schutzgutes „Klima“ definiert [33].<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong> kann eine notwendige Waldrodung nicht ausschließlich aufgr<strong>und</strong><br />
des Verlusts der allgemeinen Klimaschutzfunktion beurteilt werden, sondern nur<br />
dann, wenn durch den Wegfall eine lokale Klimaveränderung eintreten würde <strong>und</strong><br />
diese mäßige bis starke Umweltauswirkungen zur Folge hätte. Zum Beispiel verweist<br />
das Bewertungshandbuch zur UVP der Stadt Köln darauf, dass landwirtschaftliche<br />
Freiflächen eine im Vergleich zu Waldgebieten höhere Kaltluftproduktion zur Folge<br />
haben können. Waldgebiete besitzen hingegen ein höheres Potential zur Luftfilterung<br />
(Schutzgut „Luft“, vgl. [66]). Hinzu kommt, dass die ohnehin notwendigen Wiederaufforstungen<br />
(Kompensationsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Schutzgut<br />
„Tiere u. Pflanzen, Biotope“) den „globalen“ Klimaeffekt mittelfristig ausgleichen <strong>und</strong><br />
sogar langfristig verbessern können.<br />
Die neue Bewertung des Schutzgutes „Klima“ basiert im Wesentlichen auf dem Bewertungshandbuch<br />
zur UVP der Stadt Köln [66] <strong>und</strong> ist in Bezug auf den Ausbau eines<br />
S/L-Bahn-Systems angepasst <strong>und</strong> modifiziert. Da sich in diesem Handbuch im<br />
Gegensatz zu den bestehenden <strong>Bewertungsverfahren</strong> auf die Bewertung der wahrscheinlich<br />
eintretenden Folgen <strong>und</strong> nicht allein auf die reinen Änderungen der Flächennutzung<br />
bezogen wird, wird das Verfahren anschaulich <strong>und</strong> ermöglicht die Bewertung<br />
der „wesentlichen“ Aspekte. Im Gegensatz dazu ist beispielsweise die landesplanerische<br />
Beurteilung des Schutzgutes Klima aus dem ROV am Flughafen<br />
Frankfurt Rhein Main sehr pauschal strukturiert <strong>und</strong> bezieht sich nur auf die Zunahme<br />
der bioklimatischen Belastungen in Wohngebieten (Bewertungsmatrizen der<br />
Unterlagen zum ROV am Flughafen Frankfurt Rhein Main [33]). Positive Effekte werden<br />
nicht erfasst.<br />
Die „Vertretbarkeit“ einer S/L-Bahn-Variante hinsichtlich des Bewertungskriteriums<br />
„Klima“ wird in sieben Bewertungsstufen unterteilt [66]:<br />
X 6 = 1: die S/L-Bahn-Variante kann als positiv eingestuft werden,<br />
182
X 6 = 2: die S/L-Bahn-Variante kann als unbedenklich eingestuft werden,<br />
X 6 = 3: die S/L-Bahn-Variante kann als vertretbar eingestuft werden,<br />
X 6 = 4: die S/L-Bahn-Variante kann als bedingt vertretbar eingestuft werden,<br />
X 6 = 5: die S/L-Bahn-Variante kann als bedenklich eingestuft werden,<br />
X 6 = 6: die S/L-Bahn-Variante sollte nicht realisiert werden,<br />
X 6 = 7: die S/L-Bahn-Variante ist nicht vertretbar.<br />
Wie bereits beim Bewertungskriterium „Wasser“ gesagt, kann auch beim Bewertungskriterium<br />
„Klima“ kein direkter Zusammenhang zwischen den Auswirkungen<br />
<strong>und</strong> einer Bezugsfläche hergestellt werden. Deshalb kann einerseits die Gesamteinstufung<br />
einer S/L-Bahn-Variante lediglich verbal argumentativ erfolgen <strong>und</strong> andererseits<br />
ist die Bildung einer stetigen Bewertungsfunktion nicht möglich. Gemäß dem<br />
neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> sollte gr<strong>und</strong>sätzlich eine S/L-Bahn-Variante eine konkrete<br />
Einstufung erhalten. Nur wenn mehrere oder sogar alle S/L-Bahn-Varianten<br />
derselben Bewertungsstufe zugeordnet werden sollten, dann kann eine weitere, begründete<br />
Differenzierung innerhalb der Bewertungsstufe erforderlich werden.<br />
Eine neue, optimierte Bewertungsmatrix (Anl. 50) berücksichtigt folgende Gr<strong>und</strong>sätze:<br />
- Die Bewertungsmatrix im Bewertungshandbuch zur UVP der Stadt Köln enthält<br />
keine Bewertungsstufe „nicht vertretbar“. Diese sollte jedoch <strong>für</strong> den Fall definiert<br />
werden, dass ein bereits stark vorbelastetes Gebiet in einem erheblichen<br />
Maß zusätzlich belastet wird, so dass insbesondere die Wohnqualität nicht<br />
mehr gegeben ist (z.B. durch Wegfall der Frischluftzufuhr/-zirkulation („Wärmeinsel“).<br />
Eine Absiedelung ist ggf. einzukalkulieren.<br />
- Das Bewertungskriterium „Klima“ stellt <strong>für</strong> einen S/L-Bahn-Ausbau kein „K.o.-<br />
Kriterium“ dar, da die Klimaanalyse des Ist-Zustands <strong>und</strong> die Prognose des Planungsfalls<br />
schwierig sind <strong>und</strong> ein Grenzwert einerseits nicht präzise aus der<br />
Prognose abgeleitet werden kann, andererseits die Bewertung weiterer Schutzgüter<br />
(Menschen, Tiere, Pflanzen (Biotope), Luft usw.) diese Grenze zusätzlich<br />
beeinflusst (Bepunktung ≥ 40 Punkte).<br />
- Die Auswirkungen <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten auf das Schutzgut „Klima“ können<br />
genau wie beim Schutzgut „Wasser“ nicht mit einer betroffenen Fläche (Kernfläche<br />
<strong>und</strong>/oder Außenzone) oder der Intensität der Auswirkung spezifiziert <strong>und</strong><br />
183
miteinander verglichen werden, da durch die Multidimensionalität des Schutzgutes<br />
„Klima“ kein kontinuierlicher Bewertungsparameter definiert werden kann.<br />
Eine verbal argumentative Begründung zur Einstufung einer S/L-Bahn-Variante<br />
in eine Bewertungsstufe ist deshalb zwingend notwendig.<br />
- Durch eine Neugestaltung des S/L-Bahn-Systems können sich die klimatischen<br />
Bedingungen verbessern (z.B. die Frischluftzirkulation). Diese Verbesserung<br />
des Ist-Bestands muss wiederum in die Bewertung einfließen <strong>und</strong> ermöglicht<br />
eine maximale Bepunktung („Bonuspunkte“).<br />
Die lokalklimatischen Auswirkungen werden in der Bewertungsmatrix (Anl. 50) den<br />
Bewertungsstufen zugeordnet. Die neue Bewertungsfunktion ist so konfiguriert, dass<br />
mit steigender Bewertungsstufe die Bepunktung degressiv abnimmt. Damit werden<br />
besonders den Bewertungsstufen 5 bis 7 Rechnungen getragen, da ansonsten die<br />
Benennungen „bedenklich“ bis „nicht vertretbar“ ad absurdum geführt würden.<br />
- Die entsprechende quadratische Bewertungsfunktion lautet:<br />
f(x 6j ges ) = 40 + 2 • (7 – x 6j ges ) 2 ≤ 100 [Pkt] <strong>für</strong> x 6j ges = 1,..., 7 ; x 6j ges [-]<br />
Bewertungspunkte<br />
Bewertungskriterium: Klima<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
neue Bewertung<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
Bewertungsstufen [-]<br />
Abb. 44: Bewertungsfunktion Schutzgut „Klima“, eigene Darstellung<br />
184
6.2.4.3.7 Landschaft (Schutzgut i = 7)<br />
Bei der Analyse der vorhandenen Bewertungsschemata hat sich gezeigt, dass in Bezug<br />
auf das Schutzgut „Landschaft“ eine einheitliche Definition der Begriffe, Sachverhalte<br />
<strong>und</strong> Auswirkungen fehlt [62]. Dies hat verschiedenartige Interpretationen<br />
<strong>und</strong> Bewertungsansätze zur Folge. Es sollte jedoch jedermann klar sein, dass beispielsweise<br />
die Rodung <strong>von</strong> Wald nicht zwangsläufig eine negative Auswirkung auf<br />
die Landschaft bzw. das Landschaftsbild hat, vielmehr spielt die räumliche Einbindung<br />
in den sonstigen natürlichen Bewuchs eine entscheidende Rolle [79].<br />
Die Abgrenzung <strong>und</strong> Darstellung einer durch eine bestimmte S/L-Bahn-Variante betroffenen<br />
Fläche kann anhand <strong>von</strong> sog. ästhetischen Raumeinheiten erfolgen (in der<br />
Regel auf Basis <strong>von</strong> Nutzungs-, Relief- <strong>und</strong> Biotopstrukturen). Diese ästhetischen<br />
Raumeinheiten werden durch eine S/L-Bahn-Variante entweder betroffen, tangiert,<br />
zerschnitten bzw. überformt oder völlig in Anspruch genommen. Dadurch wird einerseits<br />
das Landschaftsbild verändert, andererseits das Natürlichkeitsniveau „verschlechtert“.<br />
Die „Natürlichkeit“ einer ästhetischen Raumeinheit kann mit Hilfe <strong>von</strong><br />
fünf gleichwertigen sog. Natürlichkeitsgraden (Bewertungsstufen) charakterisiert<br />
werden (vgl. Anl. 51) [66]:<br />
X 7 = 1: sehr geringe (keine) Naturnähe der betroffenen Fläche: asphaltierte Flächen<br />
usw.<br />
X 7 = 2: geringe Naturnähe der betroffenen Fläche: Monokulturen, Äcker, unbefestigte<br />
Wege usw.<br />
X 7 = 3: mittlere Naturnähe der betroffenen Fläche: Wiesen, verwilderte künstliche<br />
Böschungen usw.<br />
X 7 = 4: große Naturnähe der betroffenen Fläche: Brachflächen, extensive Weiden,<br />
naturverjüngte Wälder usw.<br />
X 7 = 5: sehr große Naturnähe der betroffenen Fläche: FFH-Schutzgebiete, Bannwald<br />
usw.<br />
Es muss darauf hingewiesen werden, dass bei der Einstufung des Natürlichkeitsgrades<br />
ein relativ großer Ermessensspielraum vorhanden ist, jedoch sollte die Einstufung<br />
<strong>für</strong> einen „Normalbürger“ mit durchschnittlicher Wahrnehmung der Landschaft<br />
nachvollziehbar sein. Deshalb ist die Einstufung anhand <strong>von</strong> Einzelindikatoren, z.B.<br />
185
dem Lebensraum einer bestimmten Tier- oder Pflanzenart, unzweckmäßig <strong>und</strong> lässt<br />
keine ganzheitliche Aussage über den Charakter der ästhetischen Raumeinheiten zu<br />
[62]. Im Zweifelsfall sollte immer <strong>von</strong> der höherwertigen Naturnähe ausgegangen<br />
werden. Um ein praktikables Vorgehen im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> zu etablieren,<br />
sind <strong>für</strong> das Bewertungskriterium „Landschaft“ folgende Gr<strong>und</strong>sätze festgelegt:<br />
- Es wird <strong>von</strong> dem Gr<strong>und</strong>satz ausgegangen, dass größere Flächen mit geringerem<br />
ästhetischen Funktionswert <strong>und</strong> kleinere Flächen mit größerem ästhetischen<br />
Funktionswert in der Bewertung als äquivalent angesehen werden können.<br />
Der reale Kernbereich einer S/L-Bahn-Variante stellt die maßgeblich betroffene<br />
Fläche bzgl. des Schutzgutes „Landschaft“ dar. Verinselungen, tangierte<br />
oder zerschnittene ästhetische Raumeinheiten o.ä. müssen in den realen<br />
Kernbereich mit einbezogen werden.<br />
- Es ist dabei völlig irrelevant, in welcher Form <strong>und</strong> mit welcher konkreten Folge<br />
eine ästhetische Raumeinheit betroffen ist, da dieser Faktor bei der Bewertung<br />
der übrigen Schutzgüter ausreichend berücksichtigt wird (z.B. die Größe der<br />
versiegelten Fläche innerhalb der Bewertung des Schutzgutes „Boden“).<br />
- Da die Landschaft vom Menschen nur qualitativ wahrgenommen wird <strong>und</strong> die<br />
Wahrnehmung nicht mit einem objektiven Maßstab quantifiziert werden kann,<br />
wäre die Definition eines „K.o.-Kriteriums“ immer fraglich, zumal das gesamte<br />
Landschaftsbild (ästhetische Raumeinheit) bei einem Ausbauvorhaben zur Diskussion<br />
stehen kann (Bepunktung ≥ 40 Punkte). Im Fall einer äußerst schlechten<br />
Bewertung des Schutzgutes Landschaft wird die betrachtete S/L-Bahn-Variante<br />
meist aufgr<strong>und</strong> der Interdependenzen der Schutzgüter ohnehin ausgeschlossen.<br />
- Somit ist die untere Bewertungsgrenze dann gegeben, wenn sich <strong>für</strong> die<br />
betroffenen ästhetischen Raumeinheiten ein „Gesamtnatürlichkeitsgrad“ <strong>von</strong><br />
X 7 = 5 ergibt.<br />
- Eine Bepunktung mit 90 Punkten kann nur dann erfolgen, wenn ausschließlich<br />
ästhetischen Raumeinheiten einer geringen bzw. keiner Naturnähe betroffen<br />
sind.<br />
- Theoretisch ist ebenfalls eine Bepunktung bis 100 Punkte denkbar („Bonuspunkte“).<br />
Dies würde im Fall einer S/L-Bahn-Variante zutreffen, die die Beseitigung<br />
eines Landschaftsbild störenden Objektes zur Folge hätte (z.B. die Abtragung<br />
einer Mülldeponie bzw. die Beseitigung eines Fabrikgeländes). Da jedoch<br />
186
eine direkte Korrelation mit den Investitionskosten besteht, ist eine entsprechende<br />
S/L-Bahn-Variante kaum realistisch.<br />
Bewertungsfunktion:<br />
- Als Basis <strong>für</strong> das Bewertungskriterium „Landschaft“ wird aufgr<strong>und</strong> der Gleichwertigkeit<br />
der Bewertungsstufen eine lineare Bewertungsfunktion gewählt<br />
(Abb. 45):<br />
f( x 7j ges ) = 40 + 12,5 • (5 – x 7j ges ) ≤ 100 [Pkt] <strong>für</strong> 0,0 ≤ x 7j ges < 5,0 ; x 7j ges [-]<br />
x 7j ges = b j • x 7j b j =<br />
A<br />
A<br />
Kern j<br />
Bezug(Kern)<br />
A Bezug(Kern) [ha] = (l Bahn [m] • 1,5) • 720 [m] / 10.000 <strong>für</strong> 1.800 < l Bahn < 4.000<br />
Bewertungspunkte<br />
Bewertungskriterium: Landschaft<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
neue Bewertung<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0<br />
Naturnähe der betroffenen Fläche [-]<br />
Abb. 45: Bewertungsfunktion Schutzgut „Landschaft“, eigene Darstellung<br />
6.2.4.3.8 Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter (Schutzgut i = 8)<br />
Die Definition <strong>von</strong> Kultur- <strong>und</strong> Sachgütern ist sehr weitreichend <strong>und</strong> wird unterschiedlich<br />
interpretiert. Eine Offizialdefinition, z.B. durch das BMU, existiert nicht. Das Bewertungshandbuch<br />
zur UVP der Stadt Köln gibt <strong>für</strong> Kulturgüter folgendes an [66]:<br />
187
„Kulturgüter im Sinne des UVPG sind Zeugnisse menschlichen Handelns ideeller,<br />
geistiger <strong>und</strong> materieller Art, die als solche <strong>für</strong> die Geschichte des Menschen bedeutsam<br />
sind <strong>und</strong> die sich als Sachen, als Raumdispositionen oder als Orte in der<br />
Kulturlandschaft beschreiben <strong>und</strong> lokalisieren lassen.“<br />
Kulturgüter sind u.a.:<br />
- Bau- u. Bodendenkmäler,<br />
- erhaltenswerte, architektonisch, historisch <strong>und</strong>/oder städtebaulich wertvolle<br />
Bauten (Anmerkung: auch bislang noch unentdeckte Objekte sind Kulturgüter),<br />
- Bestandteile historischer Kulturlandschaften (z.B. historische Knotenpunkte,<br />
Stadtkerne, Ortsbilder).<br />
Ebenso können immaterielle Güter, beispielsweise der Lichtkegel eines Leuchtturms<br />
oder der Klang einer Kirchturmsglocke, Kulturgüter sein. In Anlehnung daran können<br />
schützenswerte Sachgüter Objekte sein, die aufgr<strong>und</strong> ihres Erscheinungsbildes einen<br />
kulturgutähnlichen Charakter besitzen (Wildparks, architektonisch wertvolle<br />
Sportanlagen usw.).<br />
Bei der Bewertung des Schutzgutes „Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter“ muss zunächst<br />
<strong>für</strong> jedes Einzelobjekt die ausbaubedingte Art der Betroffenheiten festgestellt werden.<br />
Man kann differenzieren zwischen [66]:<br />
- substanzieller Betroffenheit: irreversibler Verlust bzw. Teilverlust durch direkte<br />
Flächeninanspruchnahme oder Schäden aufgr<strong>und</strong> sonstiger Veränderungen am<br />
Standort (Gr<strong>und</strong>wasserabsenkung, Klimaveränderung usw.),<br />
- sensorieller Betroffenheit: Einschränkung der Erlebbarkeit“, z.B. durch optische<br />
Veränderungen, Beeinträchtigung durch Verlärmung, Geruchsbelästigung <strong>und</strong><br />
- funktionaler Betroffenheit: Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten, z.B.<br />
durch den Verlust der Wohnqualität oder die Einschränkung der Zugänglichkeit.<br />
Es muss angemerkt werden, dass in der gesellschaftlich-politischen Anschauung der<br />
generelle Schutz <strong>und</strong> Erhalt <strong>von</strong> Kultur- <strong>und</strong> sonstigen Sachgütern das eigentliche<br />
<strong>und</strong> alleinige Ziel ist, quantitative Standards sind nicht definiert [33].<br />
188
Positive Effekte eines Ausbaus müssen mit in die Bewertung aufgenommen werden.<br />
Zum Beispiel kann ein Ausbauvorhaben zur „Verringerung der Umweltauswirkungen“<br />
(Kap. 5.2) zu dauerhaften Entlastungen <strong>von</strong> Kultur- <strong>und</strong> sonstigen Sachgütern führen<br />
(Verringerung des Lärmniveaus). Können negative Auswirkungen nicht vermieden<br />
werden, so sind Kompensationsmaßnahmen (Ausgleich- <strong>und</strong> Ersatzmaßnahmen)<br />
erforderlich.<br />
Die Analyse der bestehenden <strong>Bewertungsverfahren</strong> hat gezeigt, dass hinsichtlich<br />
des Bewertungskriteriums „Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter“, wenn überhaupt, nur<br />
eine verbal argumentative Variantenbewertung <strong>und</strong> -reihung durchgeführt wird. Eine<br />
daraus abgeleitete Einstufung bzw. Kategorisierung findet nicht statt. Um jedoch eine<br />
Vergleichbarkeit der Bewertungskriterien zu erhalten, ist eine Einteilung in Bewertungsstufen<br />
zwingend notwendig.<br />
Die „Vertretbarkeit“ einer S/L-Bahn-Variante hinsichtlich des Bewertungskriteriums<br />
„Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter“ wird in Ermangelung einer allgemein gültigen Vorschrift<br />
in Anlehnung an das Bewertungshandbuch zur UVP der Stadt Köln [66] in sieben<br />
Bewertungsstufen unterteilt:<br />
X 8 = 1: die S/L-Bahn-Variante kann als positiv eingestuft werden<br />
X 8 = 2: die S/L-Bahn-Variante kann als unbedenklich eingestuft werden<br />
X 8 = 3: die S/L-Bahn-Variante kann als vertretbar eingestuft werden<br />
X 8 = 4: die S/L-Bahn-Variante kann als bedingt vertretbar eingestuft werden<br />
X 8 = 5: die S/L-Bahn-Variante kann als bedenklich eingestuft werden<br />
X 8 = 6: die S/L-Bahn-Variante sollte nicht realisiert werden<br />
X 8 = 7: die S/L-Bahn-Variante ist nicht vertretbar<br />
In Anl. 52 ist die dazugehörige Bewertungsmatrix dargestellt. Es sollte wiederum die<br />
Prämisse gelten, dass im Zweifelsfall die schlechtere Bewertung vorgenommen wird.<br />
Dies trifft meist im Rahmen <strong>von</strong> akkumulierten Betroffenheiten zu.<br />
Für das Bewertungskriterium „Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter“ werden folgende<br />
Gr<strong>und</strong>sätze definiert:<br />
189
- Im Bewertungshandbuch zur UVP der Stadt Köln wird darauf hingewiesen, dass<br />
bei einem Vorhaben mit hervorragender Bedeutung <strong>für</strong> die überörtliche Wirtschaftsstruktur<br />
oder <strong>für</strong> die Landesentwicklung trotz „nicht vertretbarer“ Einstufung<br />
hinsichtlich des Schutzgutes „Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter“ eine Realisierung<br />
genehmigungsfähig ist [66]. Dementsprechend stellt das Bewertungskriterium<br />
„Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter“ <strong>für</strong> einen S/L-Bahn-Ausbau kein<br />
„K.o.-Kriterium“ dar (Bepunktung ≥ 40 Punkte).<br />
- Weiterhin können die Auswirkungen <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten auf das Schutzgut<br />
„Kultur <strong>und</strong> sonstige Sachgüter“ nicht mit einer betroffenen Fläche (Kernfläche<br />
<strong>und</strong>/oder Außenzone) oder der Intensität der Auswirkung spezifiziert <strong>und</strong> miteinander<br />
verglichen werden, da die Bewertungsparameter objektabhängig sind<br />
(diskrete Bewertungsfunktion). In Anlehnung an die Bewertungsmatrix ist eine<br />
verbal argumentative Begründung deshalb erforderlich.<br />
- Die Bewertungsstufen stellen Standards dar <strong>und</strong> sind strikt an die Bewertungsmatrix<br />
geb<strong>und</strong>en. Sollten mehrere oder sogar alle S/L-Bahn-Varianten<br />
derselben Bewertungsstufe zugeordnet werden, dann kann eine weitere, begründete<br />
Differenzierung innerhalb der Bewertungsstufe erfolgen [66].<br />
Die neue Bewertungsfunktion ist wie folgt gegliedert (Abb. 46):<br />
- Die Beeinträchtigungen <strong>von</strong> Kultur- <strong>und</strong> sonstigen Sachgütern werden den<br />
Bewertungsstufen zugeordnet. Mit steigender Bewertungsstufe muss die Bepunktung<br />
degressiv abnehmen. Damit werden besonders den Bewertungsstufen<br />
5 bis 7 Rechnung getragen, da ansonsten die verbalen Notenstufen „bedenklich“<br />
bis hin zu „nicht vertretbar“ ad absurdum geführt würden <strong>und</strong> im Vergleich<br />
zu hohe Bepunktungen erhalten würden. Die entsprechende quadratische<br />
Bewertungsfunktion lautet:<br />
f(x 8j ges ) = 40 + 2 • (7 – x 8j ges ) 2 ≤ 100 [Pkt] <strong>für</strong> x 8j ges = 1,..., 7 ; x 8j ges [-]<br />
190
Bewertungspunkte<br />
Bewertungskriterium: Kultur- u. sonstige Sachgüter<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
neue Bewertung<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
Bewertungsstufen [-]<br />
Abb. 46: Bewertungsfunktion Schutzgut „Kultur- u. sonstige Sachgüter“, eigene Darstellung<br />
6.2.4.4 Wirtschaftlichkeit<br />
Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Ausbauvorhabens unterscheidet sich prinzipiell<br />
<strong>von</strong> der Bewertung der Bereiche Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltauswirkungen,<br />
da die Wirtschaftlichkeit nur in direkter Abhängigkeit <strong>von</strong> diesen Bereichen beurteilt<br />
werden kann. Die Wirtschaftlichkeit ist also keine im Vergleich zu den anderen Bereichen<br />
gleichwertige Kategorie, sondern repräsentiert eine gr<strong>und</strong>sätzlich andere Dimension.<br />
Da <strong>für</strong> den Flughafenbetreiber bei der reinen Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten im<br />
Gegensatz zu einer volkswirtschaftlichen Betrachtung, keine Sek<strong>und</strong>äreffekte des<br />
Luftverkehrs, wie positive ökonomische Effekte <strong>für</strong> die Flughafenregion sowie generelle<br />
negative Effekte <strong>für</strong> die Umwelt, <strong>von</strong> Interesse sind (vgl. „White Paper“ der brit.<br />
Regierung: „external costs of aviation“ [20]), sind die anzusetzenden Investitionskosten<br />
maßgeblich.<br />
191
6.2.4.4.1 Variantenreihung<br />
Unter dem Begriff Investitionskosten werden sämtliche Kosten zum unmittelbaren<br />
Ausbau eines S/L-Bahn-Systems verstanden („einmalige Kosten“), diese beinhaltet<br />
u.a.: Baukosten, Landerwerb (Flächenbeschaffung), Kosten <strong>für</strong> die Anpassung der<br />
bereits vorhandenen Infrastruktur (luft-/landseitig), Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen,<br />
Gr<strong>und</strong>dienstbarkeiten.<br />
Eventuelle Mehrkosten einer S/L-Bahn-Variante aufgr<strong>und</strong> einer damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Einstellung des Flugbetriebs während der Bauphase müssen mit einkalkuliert werden.<br />
Eine oftmals zwingend geforderte 100-%ige Realisierbarkeit unter laufendem<br />
Betrieb ist überzogen, zumal moderne Bauverfahren (in erster Linie in Asphaltbauweise)<br />
sogar den Ausbau während kurzfristiger Zeitfenster im regulären Flugbetrieb,<br />
in der Regel in Nachtflugpausen, erlauben.<br />
Laufende Folgekosten sind:<br />
- Unterhaltungskosten,<br />
- Instandsetzungskosten,<br />
- Kosten <strong>für</strong> die Erneuerung.<br />
Unterhaltungskosten sind fortlaufend notwendig, um den Flugbetrieb zu gewährleisten.<br />
Genau wie bei der Straßenerhaltung kann differenziert werden zwischen betrieblicher<br />
<strong>und</strong> baulicher Unterhaltung. In den Bereich der betrieblichen Unterhaltung fallen<br />
z.B. Pflegearbeiten, Reinigungsarbeiten, Winterdienst usw. (Betriebskosten). Zur<br />
baulichen Unterhaltung zählen bauliche Maßnahmen zur Erhaltung des befestigten<br />
S/L-Bahn-Systems, wie die Fugenpflege <strong>und</strong> das Flicken <strong>von</strong> Schadstellen (in Anlehnung<br />
an [29, 30, 63]).<br />
Unter dem Synonym Sanierungskosten werden oftmals Instandsetzungsarbeiten<br />
(„Reparaturen“) sowie die Erneuerung des befestigten S/L-Bahn-Systems („Totalersatz“)<br />
verstanden. Je nach Verkehrsbelastung können diese Maßnahmen periodisch<br />
stark variieren. Eine Erneuerung sollte jedoch aufgr<strong>und</strong> des gewählten Schichtenaufbaus<br />
keinesfalls nach weniger als 20 Jahren erforderlich sein („pavement-life“ [42]).<br />
192
Unterhaltungs- <strong>und</strong> Sanierungskosten sind maßgeblich <strong>von</strong> der Gesamtfläche des<br />
S/L-Bahn-Systems <strong>und</strong> dem installierten ILS (Anl. 14) abhängig [41]. Dementsprechend<br />
besitzen kompakte, in Bezug auf den abzuwickelnden Flugzeugmix optimierte<br />
S/L-Bahn-Systeme Kostenvorteile gegenüber großflächigen, weit verzweigten S/L-<br />
Bahn-Systemen. Hingegen sind oftmals bei kompakten S/L-Bahn-Systemen die betrieblichen<br />
Abhängigkeiten höher (eingeschränkte Flexibilität, vgl. Anl. 42).<br />
Eine Bezifferung der Realisierungs-, Unterhaltungs- <strong>und</strong> Sanierungskosten ist beispielsweise<br />
möglich. Anzumerken ist, dass die laufenden Folgekosten monetarisiert<br />
<strong>und</strong> auf den Realisierungszeitpunkt („Fixzeitpunkt“) diskontiert werden müssen. Im<br />
Bereich der Monetarisierung <strong>von</strong> Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen <strong>für</strong> Eingriffe in<br />
die Natur <strong>und</strong> Landschaft existieren jedoch keine standardisierten Kostensätze. Länderspezifische<br />
Ansätze innerhalb der jeweiligen Naturschutzgesetze der Länder<br />
(z.B.: § 6 Abs. 3 HeNatSchG, Art. 6 u. 6a BayNatSchG) geben nur einen groben<br />
Rahmen vor <strong>und</strong> beinhalten keine definierten „monetären Bemessungskataloge“. Wie<br />
bereits beschrieben, sind erfahrungsgemäß ca. 10 % bis 20 % der Bausumme als<br />
Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen zu veranschlagen. Dementsprechend können<br />
nur variantenabhängige Gesamtkostenabschätzungen aufgestellt werden.<br />
In den analysierten <strong>Bewertungsverfahren</strong> wurden lediglich die reinen Baukosten<br />
(Kap. 6.2.3.3) der verschiedenen S/L-Bahn-Varianten miteinander verglichen. Eine<br />
obere Grenze bzw. ein oberes Spektrum <strong>für</strong> ein Investitionsvolumen, ab wann das<br />
jeweilige Ausbauvorhaben nicht finanziert werden kann <strong>und</strong> als wirtschaftlich nicht<br />
mehr tragfähige S/L-Bahn-Variante gelten muss, wurde <strong>von</strong> keinem Flughafenbetreiber<br />
angegeben. Zudem ist eine Bewertung, die lediglich aufgr<strong>und</strong> der Kostenhöhe<br />
getroffen wird, nicht aussagekräftig, da die Abhängigkeit bzw. das Verhältnis zur<br />
Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> den Umweltauswirkungen betrachtet werden muss. Das mit<br />
dem Ausbau verb<strong>und</strong>ene unternehmerische Risiko muss der Flughafenbetreiber unabhängig<br />
<strong>von</strong> der Bewertung der S/L-Bahn-Varianten intern kalkulieren.<br />
Um eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchführen zu können, muss deshalb <strong>für</strong><br />
jede S/L-Bahn-Variante eine Gesamtkostenabschätzung getätigt werden, die in ein<br />
Verhältnis zu den erreichten Bepunktungen aus den Bereichen Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Umweltauswirkungen gesetzt wird. Da die beiden Bereiche gleichgewichtet in<br />
193
das standardisierte neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> einfließen sollen (1:1-Gewichtung,<br />
vgl. Abb. 29 u. Kap. 6.2.4.1), ist es aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Bepunktungsspannweiten<br />
<strong>von</strong> 0 bis 400 Punkte im Bereich Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> 0 bis 800<br />
Punkte im Bereich Umweltauswirkungen notwendig, die Bepunktungen an ein identisches<br />
Niveau anzupassen <strong>und</strong> dadurch auszugleichen. Dies erfolgt mit folgender<br />
Formel:<br />
anzusetzende Bewertungspunkte =<br />
∑<br />
∑<br />
Bew.<br />
− PunkteLeistungsfähigkeit<br />
j<br />
Bew. − KriterienLeistungsfähigkeit<br />
+<br />
∑<br />
∑<br />
Bew.<br />
− PunkteUmweltauswirkungen<br />
j<br />
Bew. − KriterienUmweltauswirkungen<br />
Abschließend erfolgt die Bildung eines variantenabhängigen Quotienten in Form <strong>von</strong><br />
Investitionskosten [€] pro Bewertungspunkt [Pkt]; je höher die Kosten pro Bewertungspunkt<br />
sind, desto unwirtschaftlicher ist die S/L-Bahn-Variante <strong>für</strong> den Flughafenbetreiber.<br />
Eine abschließende Variantenreihung ist somit aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen<br />
Quotienten möglich <strong>und</strong> bildet den standardisierten Maßstab <strong>für</strong> die gesamte<br />
Bewertung (Abb. 47).<br />
Ouotien<br />
[Kosten/Bewertungspunkt]<br />
Musterbeispiel einer Variantenreihung<br />
3 2 1 5 4 usw.<br />
S/L-Bahn-Variante [Nr.]<br />
Abb. 47: Variantenreihung infolge des Quotienten aus Kosten pro Bewertungspunkt, eigene Darstellung<br />
194
6.2.4.5 Bildung einer Rangfolge<br />
Die Rangfolge der S/L-Bahn-Varianten entspricht unter Normalbedingungen der Variantenreihung<br />
aus Kap. 6.2.4.4.1. Nachträgliche Änderungen der Rangfolge gegenüber<br />
der Variantenreihung, wie sie z.B. aufgr<strong>und</strong> des:<br />
a) potentiellen Flugunfallrisikos (intern/extern),<br />
b) Realisierungszeitraumes (Zeitraum bis zur Inbetriebnahme) oder<br />
c) sonstigen Faktoren<br />
gerne vorgenommen werden, sollten die Ausnahme bleiben, da es sich in diesen<br />
Fällen um reine Ermessensentscheidungen handelt (keine Bewertungskriterien), die<br />
keinem stichhaltig nachvollziehbaren Bewertungsschema unterliegen. Demzufolge<br />
kann überhaupt nur dann eine Änderung der Variantenreihung in Erwägung gezogen<br />
werden, wenn S/L-Bahn-Varianten mit einem annähernd gleichen Niveau bewertet<br />
wurden (Quotienten aus Investitionskosten [€] pro Bewertungspunkt [Pkt]). Diese Bedingung<br />
käme im Musterbeispiel aus Abb. 47 <strong>für</strong> die S/L-Bahn-Varianten Nr. 3 <strong>und</strong><br />
Nr. 2 in Frage. Als Endergebnis steht die Benennung einer „Bestvariante“, die <strong>für</strong><br />
den Ausbau favorisiert werden sollte.<br />
Zu den Gründen <strong>für</strong> eine nachträgliche Änderung im Falle einer annähernd gleichen<br />
Wirtschaftlichkeit:<br />
a) potentielles Flugunfallrisiko (intern/extern)<br />
Im Zuge der Betrachtung des allgemeinen Flugunfallrisikos muss das potentielle Vogelschlagrisiko<br />
genannt werden. Allgemein gültige Richtwerte bzw. eine Bemessungsgrenze<br />
als Beurteilungsmaßstab <strong>für</strong> das Vogelschlagrisiko existieren nicht. Der<br />
vieljährige Mittelwert (1990 bis 2000) liegt <strong>für</strong> die internationalen Verkehrsflughäfen in<br />
Deutschland bei 12,85 Vogelschlägen innerhalb <strong>und</strong> 4,71 Vogelschlägen außerhalb<br />
des Flughafengeländes. Die absoluten Vogelschlagraten pro 10.000 <strong>Start</strong>s <strong>und</strong> Landungen<br />
(1990 bis 2000) liegen bei 4,47 innerhalb bzw. 1,92 außerhalb des Flughafengeländes<br />
[31]. Allgemein kann gesagt werden, dass das Vogelschlagrisiko<br />
durch raumbezogene sog. Verkrämungsstrategien abgemindert werden kann. Besondere<br />
Sicherheitsrelevanz besitzen größere oder in Schwärmen auftretende Vogelarten.<br />
Eine diesbezügliche Überwachung des Vogelaufkommens ist während des<br />
195
Flugbetriebes unerlässlich, um ggf. den Flugbetrieb temporär unterbrechen zu können.<br />
Die Vogelschlagstatistik an deutschen Verkehrsflughäfen im Zeitraum <strong>von</strong> 1960 bis<br />
zum heutigen Tag lässt den Rückschluss zu, dass in allen Regionen der BRD ein<br />
mehr oder weniger großes Vogelschlagrisiko besteht; ein vogelschlagbedingter Flugzeugabsturz<br />
bzw. Todesfall ist in der Statistik nicht verzeichnet [99]. Generell sollten<br />
Flächen mit einer Population <strong>von</strong> sicherheitsrelevanteren Vogelarten (hohe Körpermasse,<br />
Schwarmbildungstendenz usw.) nicht im unmittelbaren An- <strong>und</strong> Abflugsektor<br />
liegen <strong>und</strong> soweit möglich in den Ausbauplanungen berücksichtigt werden [32].<br />
• internes Flugunfallrisiko<br />
Das interne Flugunfallrisiko hängt im Wesentlichen <strong>von</strong> den Kreuzungspunkten des<br />
S/L-Bahn-Systems ab. Kreuzende S/L-Bahnen sowie sich querende Rollwege besitzen<br />
gegenüber Parallelbahnsystemen <strong>und</strong> getrennt geführten Rollwegen ein höheres<br />
Flugunfallrisiko (Kollisionsrisiko).<br />
Zum einen ist das Flugunfallrisiko abhängig <strong>von</strong> den eingesetzten Flugzeugmustern,<br />
dem Flugzeugmix sowie der Frequentierung der Kreuzungspunkte, zum anderen <strong>von</strong><br />
der zur Verfügung stehenden Verkehrsleittechnik (Bodenradar, Befeuerung usw.).<br />
Weitere Einflussfaktoren stellen Ausbildung, Erfahrung <strong>und</strong>/oder physischer Zustand<br />
der Piloten, des Bodenpersonals <strong>und</strong> der Lotsen dar.<br />
Da es in Deutschland keine definierten Methoden zur Bestimmung des internen<br />
Flugunfallrisikos gibt, ist summa summarum eine quantitative Risikoabschätzung<br />
nicht möglich. Weiterhin muss bedacht werden, dass durch einen Ausbau des S/L-<br />
Bahn-Systems das interne Flugunfallrisiko im Vergleich zum Ist-Bestand vor dem<br />
Ausbau verringert werden kann. Bei der Betrachtung des internen Flugunfallrisikos<br />
ist deshalb eine umfassende <strong>und</strong> sachliche Sichtweise erforderlich. Als Handlungsgr<strong>und</strong>lage<br />
sollte die Zielvorgabe gelten, dass ein möglichst kreuzungsfreies S/L-<br />
Bahn-System realisiert wird bzw. dass bei der Realisierung <strong>von</strong> unvermeidbaren<br />
Kreuzungspunkten Sicherungssysteme nach neustem Stand der Technik verwendet<br />
werden.<br />
196
• externes Flugunfallrisiko<br />
Wie bereits in Kap. 6.2.3.2 beschrieben, ist die Abschätzung des externen Flugunfallrisikos<br />
problematisch, da u.a. <strong>für</strong> eine Bemessung keine Datenbasis definiert ist. Als<br />
zu betrachtender Bereich bietet sich der gem. § 12 LuftVG definierte Anflugsektor als<br />
zu betrachtende Fläche zur Abschätzung des externen Risikopotentials an. Ein direkter<br />
Bezug <strong>von</strong> geschehenen Flugunfällen im Umfeld eines Flughafens mit einem<br />
S/L-Bahn-System bzw. mit der Betriebsrichtung einer S/L-Bahn lässt sich nur bedingt<br />
herleiten, da aufgr<strong>und</strong> flugzeugtechnischer <strong>und</strong> flugbetrieblicher Modernisierungen<br />
artgleiche Unfalle meist ausgeschlossen werden können. Als Resultat dieser Maßnahmen<br />
konnten trotz des schnellen <strong>und</strong> anhaltenden Wachstums des Luftverkehrs<br />
die Unfallraten in den vergangenen 20 Jahren um über 50 % reduziert werden [82].<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Siedlungsflächen, Industrieanlagen<br />
<strong>und</strong> Flächen mit einem besonders hohen Aufkommen an größeren Vogelarten nicht<br />
im unmittelbaren Anflugsektor liegen sollten. Evtl. „Ausschlussflächen“ müssen vorab<br />
festgelegt werden, damit im Nachhinein eine S/L-Bahn-Variante nicht in Frage gestellt<br />
werden kann (Kap. 5.2.4). Insgesamt gesehen wäre die Definition konkreter<br />
Vorgaben zur Bestimmung des Flugunfallrisikos <strong>und</strong> entsprechender Mindestanforderungen<br />
(Grenzwerte) zwingend notwendig, um einen diesbezüglich nach einheitlichen<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen verlaufenden Planungsprozess zu gewährleisten. Im Allgemeinen<br />
sollte die S/L-Bahn-Variante mit dem geringsten Risikopotential den Vorzug erhalten.<br />
b) Realisierungszeitraum<br />
Der Realisierungszeitpunkt kann sich aufgr<strong>und</strong> der variantenabhängigen Widerstandspotentiale<br />
stark hinauszögern. Insbesondere eine Untersuchung der vom Ausbau<br />
unmittelbar durch Fluglärm betroffenen Siedlungsflächen lässt Rückschlüsse auf<br />
die zu erwartenden Einwendungen gegen das Ausbauvorhaben zu. Zusätzlich kann<br />
die politische Situation im Umfeld des Flughafens ein Indiz <strong>für</strong> die zu erwartenden<br />
Widerstände gegen eine S/L-Bahn-Variante sein. Das Gleiche gilt <strong>für</strong> sog. „Sperrgr<strong>und</strong>stücke“<br />
im Eigentum <strong>von</strong> Naturschutzverbänden usw. (Bsp.: Ausbauverzögerungen<br />
am Airbus-Werksflugplatz Hamburg-Finkenwerder [83]).<br />
197
Befindet sich beispielsweise die <strong>für</strong> eine S/L-Bahn-Variante benötigte Fläche bereits<br />
im Besitz des Flughafenbetreibers, so kann dies ein gewichtiger Faktor <strong>für</strong> eine vergleichsweise<br />
schnellere Realisierbarkeit der S/L-Bahn-Variante gegenüber einer anderen<br />
S/L-Bahn-Variante sein. Wird hingegen die benötigte Fläche bereits durch<br />
Planungen Dritter beansprucht, dann wirkt sich dies in der Regel auf den Realisierungszeitraum<br />
negativ aus.<br />
Besitzt das Ausbauvorhaben aufgr<strong>und</strong> des Luftverkehrsaufkommens erhöhte Dringlichkeit,<br />
so dass der Flughafenbetreiber auf eine möglichst schnelle Realisierung des<br />
Ausbauvorhabens angewiesen ist, dann können u.U. Abstriche in der Leistungsfähigkeit<br />
zugunsten einer schnelleren Realisierung in Erwägung gezogen werden.<br />
Schlussendlich ist die allgemeine Prognose des Realisierungszeitraumes einer S/L-<br />
Bahn-Variante gegenüber einer anderen S/L-Bahn-Variante sehr vage. Unternehmensstrategische<br />
Gesichtspunkte können dabei nicht erfasst werden. Vom Gr<strong>und</strong>satz<br />
her sollte die S/L-Bahn-Variante mit dem geringsten prognostizierten Realisierungszeitraum<br />
bevorzugt werden.<br />
c) sonstige Faktoren<br />
Sonstige Faktoren können aus einer Vielzahl verschiedener Bereiche herrühren. Ein<br />
wichtiger Faktor kann z.B. die landseitige Anbindung des Flughafens darstellen.<br />
Ebenso kann der Fokus des Flughafenbetreibers auf der betrieblichen Flexibilität des<br />
zukünftigen S/L-Bahn-Systems hinsichtlich Ausfallszenarien (technischer Defekt, Sanierung<br />
usw.) liegen. Wie zu Anfang gefordert, ist nur dann eine Änderung der Variantenreihung<br />
zulässig, wenn die S/L-Bahn-Varianten gem. dem neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
eine annähernd gleiche Einstufung haben.<br />
6.2.4.6 Einstufung der S/L-Bahn-Varianten<br />
Wie bereits in Kap. 1 gesagt, steht am Ende des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s eine<br />
allgemeine qualitative Einstufung der S/L-Bahn-Varianten. Diese Einstufung soll die<br />
Aussage erlauben, inwieweit eine S/L-Bahn-Variante:<br />
- „gut geeignet“,<br />
198
- „geeignet“ oder<br />
- „schlecht geeignet“ ist bzw. ob die S/L-Bahn-Variante<br />
- „nicht realisiert werden sollte“.<br />
Eine entsprechende Aussage kann auf Basis der Summe der anzusetzenden Bewertungspunkte<br />
einer S/L-Bahn-Variante abgeleitet werden <strong>und</strong> dient zur allgemeinen<br />
„Einschätzung“ einer S/L-Bahn-Variante. Deshalb stellen die im Folgenden festgelegten<br />
Bereiche lediglich einen Anhalt dar. Unabhängig <strong>von</strong> der Rangfolge gilt:<br />
Desto niedriger das erreichte Punkteniveau einer S/L-Bahn-Variante ist, umso weniger<br />
sollte sie verwirklicht werden.<br />
Eine S/L-Bahn-Variante kann gr<strong>und</strong>sätzlich nicht realisiert werden, wenn bei der Anwendung<br />
des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s ein „K.o.-Kriterium“ als „nicht erfüllt“ bewertet<br />
wird. Für die jeweilige Einstufung der S/L-Bahn-Varianten wird eine lineare<br />
Aufteilung zugr<strong>und</strong>e gelegt, bei der eine untere Grenze bei 50 % der erreichten Gesamtpunktezahl<br />
festgelegt wird. Erhält eine S/L-Bahn-Variante weniger als 50 % der<br />
erreichbaren Bewertungspunkte, sollte sie nicht realisiert werden <strong>und</strong> bei Bedarf einer<br />
erneuten, vertieften Prüfung unterzogen werden (vgl. Flughafen London Heathrow,<br />
Kap. 5.2.8). Die weiteren Einstufungen können Abb. 48 entnommen werden.<br />
Abb. 48: Einstufung der S/L-Bahn-Varianten, eigene Darstellung<br />
199
6.3 Verfahrenssynopse<br />
Das in Kap. 6 entwickelte <strong>Bewertungsverfahren</strong> teilt sich in drei Schritte auf. Im ersten<br />
Schritt erfolgt die Bewertung der Voraussetzungen <strong>für</strong> das Ausbauvorhaben, d.h.<br />
die Stichhaltigkeit der konkreten Ausbaubegründung wird überprüft. Den zweiten<br />
Schritt bildet die Prüfung der Variantengenerierung. Der Schwerpunkt liegt dabei<br />
auf dem logischen Aufbau der Generierung der S/L-Bahn-Varianten. Gegebenenfalls<br />
werden zusätzliche Varianten mit in das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> aufgenommen<br />
bzw. bereits generierte Varianten in optimierter Form bewertet (vgl. Kap. 7.2). Den<br />
Hauptteil des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s bildet der dritte Schritt. Auf Gr<strong>und</strong>lage eines<br />
standardisierten Kriteriengerüsts wird eine NWA angewendet, da eine anerkannte<br />
Monetarisierung sämtlicher Bewertungskriterien derzeit nicht möglich ist.<br />
Leitgedanke des Kriteriengerüstes in Abb. 28 ist es, sämtliche relevanten Bewertungskriterien<br />
der Bereiche Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltauswirkungen nachvollziehbar<br />
<strong>und</strong> konsistent zu strukturieren. Eine einzelfallspezifische Anpassung bzw.<br />
willkürliche Veränderung des Kriteriengerüstes ist keinesfalls erlaubt, damit zum einen<br />
eine Standardisierung erreicht wird (Allgemeingültigkeit, Vergleichbarkeit) <strong>und</strong><br />
zum anderen der Objektivitätsanspruch des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s gewahrt<br />
bleibt.<br />
Ökonomische Faktoren, z.B. die direkten <strong>und</strong> indirekten Beschäftigungseffekte am<br />
Flughafen sowie die Gesamtbeschäftigungseffekte in der Region sind Nebenwirkungen<br />
des Ausbauvorhabens <strong>und</strong> können nicht in die Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahnen einbezogen<br />
werden. Diese Faktoren können lediglich die politische Entscheidungsebene<br />
beeinflussen <strong>und</strong> als „Verkaufsargument“ eine Rolle spielen; ansonsten ergäbe<br />
sich eine Verzerrung der Bewertung <strong>und</strong> der Objektivitätsanspruch des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s<br />
wäre gefährdet. Unabhängig da<strong>von</strong> gilt: Je mehr positive ökonomische<br />
Effekte mit dem Ausbauvorhaben verb<strong>und</strong>en sind, desto eher können negative<br />
Umweltauswirkungen den Betroffenen vermittelt werden.<br />
Um <strong>von</strong> einer dimensionsbehafteten Messgröße (Indikator) zu einer neutralen Bewertung<br />
bzw. Bepunktung zu kommen, werden <strong>für</strong> jedes Bewertungskriterium Bewertungsfunktionen<br />
definiert. Es werden Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Maßstäbe auf Basis der<br />
200
analysierten bestehenden <strong>Bewertungsverfahren</strong> aus Kap. 5 abgeleitet, die <strong>für</strong> jede<br />
Bewertungsfunktion den äußeren Rahmen darstellen. Die Bepunktung der Bewertungskriterien<br />
hat einheitlich eine Spannweite <strong>von</strong> 0 bis 100 Punkte.<br />
Im Zuge der Anwendung des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s sind <strong>für</strong> einige Bewertungskriterien<br />
Fachgutachten erforderlich. Dadurch können einerseits qualifizierte<br />
<strong>und</strong> zugleich detaillierte Aussagen über den Ist-Zustand vor dem Ausbau <strong>und</strong> andererseits<br />
die prognostizierten Auswirkungen nach dem Ausbau objektiviert werden.<br />
Eine allgemein gültige Zertifizierung <strong>von</strong> zugelassenen, unabhängigen Fachgutachtern<br />
auf B<strong>und</strong>esebene wäre erstrebenswert, damit die notwendigen fachlichen Kompetenzen<br />
<strong>und</strong> Standards festgesetzt sowie die Objektivität der Aussagen gewährleistet<br />
werden können. Leider existieren derzeit keinerlei Organisationsstrukturen<br />
oder Regelwerke, die diesen Mangel im allgemeinen Konsens zwischen Ausbaube<strong>für</strong>wortern<br />
<strong>und</strong> Ausbaugegnern beseitigen könnten.<br />
Da es der eigene Gr<strong>und</strong>gedanke war, die Bereiche Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltauswirkungen<br />
gleichgewichtet in das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> einfließen zu lassen<br />
(1:1-Gewichtung), ist es aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Bepunktungsspannweiten<br />
<strong>von</strong> 0 bis 400 Punkte im Bereich Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> 0 bis 800 Punkte im Bereich<br />
Umweltauswirkungen notwendig, die Bepunktungen auf ein identisches Niveau zu<br />
bringen <strong>und</strong> dadurch auszugleichen (anzusetzende Bew.-Punkte, s. Kap. 6.2.4.4.1 u.<br />
Abb. 29). Die Miteinbeziehung des Bereichs Wirtschaftlichkeit ermöglicht die Bildung<br />
eines variantenabhängigen Quotienten in Form <strong>von</strong> Investitionskosten [€] pro Bewertungspunkt<br />
[Pkt] <strong>und</strong> somit eine Variantenreihung; je höher die Kosten pro Bewertungspunkt<br />
sind, desto unwirtschaftlicher ist die S/L-Bahn-Variante (Abb. 47).<br />
Die Rangfolge der S/L-Bahn-Varianten ergibt sich unmittelbar aus der Variantenreihung,<br />
wonach die zu favorisierende „Bestvariante“ die S/L-Bahn-Variante mit dem<br />
betragsmäßig niedrigsten Quotienten aus Investitionskosten pro Bewertungspunkt<br />
ist. Sollten sich bei einer annähernd gleichen Wirtschaftlichkeit <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten<br />
das potentielle Flugunfallrisiko (intern/extern), der Realisierungszeitraum oder<br />
sonstige Faktoren wesentlich unterscheiden, dann kann in Ausnahmefällen eine Veränderung<br />
der Rangfolge vorgenommen werden. Zu sagen ist, dass diese Faktoren<br />
keine Bewertungskriterien darstellen <strong>und</strong> im Bereich individueller Ermessensent-<br />
201
scheidungen anzusiedeln sind. Sowohl <strong>für</strong> den Bereich Leistungsfähigkeit als auch<br />
<strong>für</strong> den Bereich Umweltauswirkungen spielen diese Faktoren keine bewertbare <strong>und</strong><br />
somit aussagekräftige Rolle.<br />
Die Höhe der anzusetzenden Bewertungspunkte („Nutzenpunkte“) einer S/L-Bahn-<br />
Variante ermöglicht unabhängig <strong>von</strong> der Einbeziehung der Wirtschaftlichkeit eine<br />
Aussage über die generelle Eignung der S/L-Bahn-Variante. Diese Aussage komplettiert<br />
das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> (Abb. 48).<br />
202
7 Exemplarische Anwendung des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s<br />
Die Anwendung des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s soll zum einen dessen generelle<br />
Anwendbarkeit demonstrieren <strong>und</strong> zum anderen Ergebnisdifferenzen bzw.<br />
-übereinstimmungen mit den bereits vorhandenen Variantenbewertungen aufzeigen.<br />
Die Auswahl der Flugplätze Frankfurt-Hahn, Kassel-Calden <strong>und</strong> Frankfurt Rhein<br />
Main erfolgte aufgr<strong>und</strong> der prinzipiell unterschiedlichen Ausgangsbedingungen <strong>und</strong><br />
Ausbauabsichten, um möglichst unterschiedliche Anwendungsfälle abzudecken.<br />
Auch kann bei diesen Anwendungsbeispielen auf ein detailliertes Unterlagenmaterial<br />
zurückgegriffen werden, welches <strong>für</strong> die umfassende Anwendung des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s<br />
unabdingbar ist.<br />
Da das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> aufgr<strong>und</strong> der eigenen Struktur <strong>und</strong> den darauf<br />
abgestimmten Bewertungskriterien im Gegensatz zu den bestehenden Verfahren<br />
teilweise detailliertere, aber auch anderweitige Informationen benötigt, müssen bei<br />
den Anwendungsbeispielen in Einzelfällen sinnvolle Annahmen bzw. Abschätzungen<br />
getätigt werden. Alle selbst ermittelten Werte sind in den folgenden Tabellen mit einem<br />
„Stern“ (*) gekennzeichnet. Die abgekürzte Bezeichnung der jeweiligen Flugplätze<br />
erfolgt mit den in der Luftfahrt gebräuchlichen IATA-Codes (s. Kap. 2.2).<br />
Bei der praktischen Anwendung des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s müssen die erforderlichen<br />
Fachgutachten ausdrücklich auf die notwendigen Datenbasen <strong>für</strong> die<br />
neuen Bewertungskriterien zugeschnitten werden.<br />
7.1 Flughafen Frankfurt-Hahn (HHN)<br />
7.1.1 1. Schritt: Prüfung der Voraussetzungen<br />
Die Frankfurt-Hahn GmbH als Flughafenbetreiber fordert eine Verlängerung der bestehenden<br />
S/L-Bahn 03/21 auf eine Gesamtlänge <strong>von</strong> 3.800 m, um in Zukunft die<br />
wirtschaftliche Abwicklung <strong>von</strong> Interkontinentalverkehr, in erster Linie Luftfracht, tätigen<br />
zu können. Die Ausbauabsicht des Flughafenbetreibers ist es somit, das Nutzungsspektrum<br />
des S/L-Bahn-Systems zu erhöhen. Sie wird im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
folglich als Nutzungsänderung eingestuft.<br />
203
Als Ausbaubegründung wird in Verbindung mit den prognostizierten Entwicklungsszenarien<br />
auf die bereits erfolgte Entwicklung des Flughafens hingewiesen. Weiterhin<br />
liegen konkrete Nutzungsangebote <strong>für</strong> Langstreckenfrachtverkehr vor. Wie bereits<br />
in Kap. 5.2.1.3 erwähnt, ist die Begründung der Ausbauabsicht stichhaltig <strong>und</strong><br />
nachvollziehbar. Die Begründung des Ausbaubedarfs kann deshalb als „gut“ bewertet<br />
werden.<br />
7.1.2 2. Schritt: Prüfung der Variantengenerierung<br />
Die Variantengenerierung des Flughafenbetreibers beschränkt sich auf das bestehende<br />
S/L-Bahn-System (Anl. 24). Als Gr<strong>und</strong> wird der finanzielle Kostenrahmen angegeben,<br />
der bei einem S/L-Bahn-Neubau als überverhältnismäßig hoch angesehen<br />
wird. Diese Einschätzung kann aufgr<strong>und</strong> der bestehenden Geländetopographie im<br />
Umfeld des Flughafens <strong>und</strong> der damit potentiell verb<strong>und</strong>enen Erdbewegungen bzw.<br />
-arbeiten uneingeschränkt geteilt werden. Zudem lässt ein S/L-Bahn-Neubau keinerlei<br />
Vorteile hinsichtlich der Umweltauswirkungen erkennen [31].<br />
Die Einschränkung des Untersuchungsraumes hat zwangsläufig eine vollständige<br />
Variantengenerierung zur Folge, da im Prinzip nur eine S/L-Bahn-Variante mit verschiedenen<br />
Handlungsoptionen (einseitige, symmetrische <strong>und</strong> asymmetrische Verlängerung)<br />
verbleibt (Abb. 23). Die Herleitung <strong>und</strong> Begründung der Variantengenerierung<br />
kann abschließend als stimmig <strong>und</strong> somit als „gut“ bewertet werden.<br />
7.1.3 3. Schritt: Variantenbewertung<br />
Insgesamt werden vier Handlungsoptionen betrachtet <strong>und</strong> als eigenständige S/L-<br />
Bahn-Varianten bewertet [31].<br />
Da die B<strong>und</strong>esstraße B 327 (sog. „Hunsrückhöhenstraße“) parallel zur bestehenden<br />
S/L-Bahn verläuft <strong>und</strong> beidseitig die Verlängerung der Bahnachse kreuzt, ist optional<br />
eine Verlegung oder Tunnelführung der B 327 (einseitig/beidseitig) denkbar. Aufgr<strong>und</strong><br />
der vergleichsweise sehr geringen „Flächengewinne“ durch eine Tunnelführung<br />
der B 327 (niedrigere Flächeninanspruchnahme), wird zunächst jede S/L-Bahn-<br />
Variante mit einer Verlegung <strong>und</strong> freien Streckenführung der B 327 bewertet. Im<br />
204
Zuge der Variantenreihung wird näher auf die Optionen einer Tunnelführung eingegangen<br />
(s. Kap. 7.1.3.2).<br />
Die Variante Nordost (j = 1), die einseitige Verlängerung der bestehenden S/L-<br />
Bahn 03/21 in Richtung Nordost, ist in Abb. 49 dargestellt.<br />
Abb. 49: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Variante Nordost [31]<br />
Die Variante Südwest (j = 2), die einseitige Verlängerung der bestehenden S/L-<br />
Bahn 03/21 in Richtung Südwest, ist in Abb. 50 dargestellt.<br />
Abb. 50: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Variante Südwest [31]<br />
205
Abb. 51a u. 51b zeigen die sog. Symmetrische Variante (j = 3), die beidseitige symmetrische<br />
Verlängerung der bestehenden S/L-Bahn 03/21.<br />
Abb. 51a: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Sym. Variante [31]<br />
Abb. 51b: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Sym. Variante [31]<br />
206
Abb. 52a u. 52b zeigen die sog. Asymmetrische Variante (j = 4), die beidseitige<br />
asymmetrische Verlängerung der bestehenden S/L-Bahn 03/21.<br />
Abb. 52a: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Asym. Variante [31]<br />
Abb. 52b: HHN: Antrag auf Planfeststellung, Asym. Variante [31]<br />
Die asymmetrische Variante wurde so konfiguriert, dass die B<strong>und</strong>esstraße B 327 in<br />
Richtung Südwest im Bestand, d.h. in freier Streckenführung erhalten bleiben kann.<br />
Die Verlängerung in Richtung Südwest ist deshalb auf 150 m begrenzt.<br />
207
7.1.3.1 Bewertungskriterien<br />
7.1.3.1.1 Leistungsfähigkeit<br />
• Kapazität<br />
Die Kapazität spielt <strong>für</strong> die Bewertung der S/L-Bahn-Varianten am Flughafen Frankfurt-Hahn<br />
keine Rolle, da einerseits keine kapazitive Auslastung des Ein-Bahn-Systems<br />
anhand der prognostizierten Entwicklung absehbar ist <strong>und</strong> andererseits keine<br />
variantenabhängigen Kapazitätsunterschiede existieren.<br />
Sämtliche S/L-Bahn-Varianten sind deshalb gleichermaßen „sehr gut“ geeignet <strong>und</strong><br />
erhalten eine Bepunktung mit 90 Punkten.<br />
• Nutzungseinschränkungen<br />
Aufgr<strong>und</strong> der identischen Bemessung der S/L-Bahn-Verlängerungen mit einer nutzbaren<br />
<strong>Start</strong>laufstrecke <strong>von</strong> 3.800 m <strong>für</strong> beide Betriebsrichtungen treten bei allen S/L-<br />
Bahn-Varianten keine Nutzungseinschränkungen auf. Dementsprechend erfüllen alle<br />
S/L-Bahn-Varianten das Zielkriterium, zukünftig interkontinentalen Luftfrachtverkehr<br />
abwickeln zu können, zu 100 %.<br />
Wiederum sind alle S/L-Bahn-Varianten gleichermaßen „sehr gut“ geeignet <strong>und</strong> erhalten<br />
eine Bepunktung mit 90 Punkten.<br />
• Betriebliche Aspekte<br />
Unter betrieblichen Gesichtspunkten haben S/L-Bahn-Varianten mit kurzen Rollwegen<br />
Vorteile gegenüber S/L-Bahn-Varianten mit längeren Rollwegen. Für den Flughafen<br />
Frankfurt-Hahn ist dies in erster Linie <strong>für</strong> die Hauptbetriebsrichtung 21 wichtig,<br />
da diese zu ca. 75 % der Betriebszeit genutzt wird. Maßgeblich ist der Rollweg <strong>von</strong><br />
der Abfertigungsposition zum <strong>Start</strong>punkt, da die Rollwege nach der Landung zur<br />
Abfertigungsposition nahezu unverändert bleiben. Da in ca. 25 % der Betriebszeit die<br />
Betriebsrichtung 03 genutzt wird, heben sich zu ca. 50 % der Betriebszeit die Vorteile<br />
<strong>und</strong> Nachteile der jeweiligen Betriebsrichtungen auf. Ein variantenabhängiger Unterschied<br />
kann demzufolge nur in 50 % der Betriebszeit <strong>und</strong> in Betriebsrichtung 21 gewertet<br />
werden.<br />
208
In Tab. 4 sind die variantenabhängigen Rollwegdifferenzen, die daraus resultierenden<br />
zeitlichen Unterschiede sowie die entsprechende Bepunktung dargestellt. Die<br />
angesetzten Rollweglängen wurden aus dem Lageplan heraus gemessen.<br />
Variante<br />
Rollwegunterschied<br />
im Vergleich zur<br />
Bestvariante [m]<br />
S/L-<br />
Bahn-<br />
Rollzeitunterschied<br />
(20 km/h) [min]<br />
Rollzeit zzgl. 50 % des<br />
Rollzeitunterschieds<br />
beim <strong>Start</strong> [min]<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 ca. 760,0* 2,28* ca. 7,64* 91<br />
j = 2 0,0* 0,00*<br />
insg. ca. 6,50*<br />
(<strong>Start</strong>: 5 min bis 9 min,<br />
Landung: 5 min bis 7 min, [21])<br />
95<br />
j = 3 ca. 380,0* 1,14* ca. 7,07* 93<br />
j = 4 ca. 610,0* 1,83* ca. 7,42* 92<br />
Tab. 4: HHN: Bewertungskriterium „Betriebliche Aspekte“, eigene Darstellung (selbst ermittelte Werte mit Stern)<br />
• Nachhaltigkeit des Ausbaus<br />
Gemäß dem Antrag auf Planfeststellung werden am Flughafen Frankfurt-Hahn <strong>für</strong><br />
das Planungsjahr 2015 insgesamt 73.000 Flugbewegungen prognostiziert. Vergleicht<br />
man diesen Prognosewert beispielsweise mit den im Jahr 2005 am Flughafen München<br />
durchgeführten ca. 398.800 Flugbewegungen bei einem unabhängigen Parallelbahnsystem<br />
<strong>und</strong> einer Nachtflugbeschränkung [130], dann lässt dies den Schluss<br />
zu, dass am Flughafen Frankfurt-Hahn bei allen S/L-Bahn-Varianten <strong>und</strong> der<br />
zugleich 24-stündigen Betriebsgenehmigung ein Potential <strong>von</strong> ca. 200.000 Flugbewegungen<br />
pro Jahr vorhanden ist. Nach dem Airport Planning Manual der ICAO [43]<br />
kann eine einzelne S/L-Bahn bei einer entsprechenden technischen Ausstattung <strong>und</strong><br />
einem ausgebauten Rollbahnsystem ca. 195.000 Flugbewegungen pro Jahr bewältigen.<br />
Setzt man als Gr<strong>und</strong>lage zur Abschätzung eines Planungshorizonts die Flugbewegungszahlen<br />
am Flughafen Frankfurt-Hahn aus dem Jahr 2005 <strong>von</strong> insgesamt<br />
37.283 Flugbewegungen an <strong>und</strong> nimmt man zugleich ein generelles jährliches Luftverkehrswachstum<br />
<strong>von</strong> 4,1 % als Richtwert (prognostiziertes Luftverkehrswachstum<br />
209
in Europa, vgl. Kap. 3.4.1, Abb. 6), dann ist ein Planungshorizont <strong>von</strong> über 40 Jahren<br />
gegeben.<br />
Die Anzahl der zu erwartenden jährlichen Flugbewegungen bei einem konstanten,<br />
vierzigjährigen Luftverkehrswachstum <strong>von</strong> 4,1 % berechnet sich wie folgt:<br />
Flugbewegungen 40 Jahre = 37.283 • 1,041 40 = 186.012 < 195.000 Flugbewegungen.<br />
Demzufolge ist die Nachhaltigkeit des Ausbauvorhabens bei allen S/L-Bahn-Varianten<br />
in einem „sehr guten“ Maß vorhanden. Dies entspricht einer jeweiligen Bepunktung<br />
mit 100 Punkten.<br />
7.1.3.1.2 Umweltauswirkungen<br />
• Schutzgut „Menschen“<br />
Als Eckwerte <strong>für</strong> die Berechnung der Lärmkonturen wurden <strong>für</strong> den Prognosenullfall<br />
(Nullvariante) ca. 56.000 Flugbewegungen pro Jahr <strong>und</strong> <strong>für</strong> den Planungsfall ca.<br />
73.000 Flugbewegungen pro Jahr angenommen (Prognosejahr 2015). Die variantenabhängigen<br />
zusätzlichen Beeinträchtigungen durch Fluglärm sind aufgr<strong>und</strong> der ausschließlichen<br />
Verlängerung der bestehenden S/L-Bahn auf eine beidseitige maximale<br />
Verschiebung der Lärmkonturen in Richtung der Bahnachse um jeweils 780 m begrenzt.<br />
Im Rahmen der Gegenüberstellung der S/L-Bahn-Varianten wurden deshalb im Antrag<br />
auf Planfeststellung am Flughafen Frankfurt-Hahn lediglich Lärmauswirkungen<br />
am Tag <strong>von</strong> ≥ 62 dB(A) betrachtet <strong>und</strong> Lärmauswirkungen in der Nacht <strong>von</strong> ≥ 6 x<br />
75 dB(A), da niedrigere Fluglärmauswirkungen aufgr<strong>und</strong> der geringen Lageunterschiede<br />
der S/L-Bahn-Varianten keine maßgeblichen Differenzen ergeben [31]. Die<br />
im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> abgeschätzten Betroffenenzahlen wurden <strong>für</strong> alle<br />
S/L-Bahn-Varianten unabhängig <strong>von</strong>einander durchgeführt <strong>und</strong> bestätigen diese<br />
Aussage (Tab. 5-6).<br />
Anzumerken ist, dass im Antrag auf Planfeststellung zwar die Lärmkonturen gem.<br />
AzB 99 bzw. LAI berechnet wurden [48], jedoch bei der Gegenüberstellung der S/L-<br />
Bahn-Varianten als Berechnungsgr<strong>und</strong>lage die prognostizierte reale Betriebsrich-<br />
210
tungsverteilung angesetzt wurde (75 % der Flugbewegungen <strong>für</strong> Betriebsrichtung 21,<br />
25 % der Flugbewegungen <strong>für</strong> Betriebsrichtung 03). Im Vergleich zur 100/100-Regelung<br />
(s. Kap. 6.2.4.3.1) führt die Bewertung der realen Betriebsrichtungsverteilung<br />
zu insgesamt geringeren Betroffenheitszahlen. Im konkreten Fall des Flughafens<br />
Frankfurt-Hahn wirkt sich dies aufgr<strong>und</strong> der äußerst dünn besiedelten Flughafenperipherie<br />
(ca. 14.500 Bewohner im gesamten Untersuchungsgebiet) nicht gravierend<br />
aus; eine Optimierung bzw. Neuberechnung der Betroffenheitszahlen durch Fluglärm<br />
im Zuge eines Fachgutachtens erübrigt sich hier. Die vorhandenen Betroffenheitszahlen<br />
aus dem Antrag auf Planfeststellung wurden deshalb in die Bewertung nach<br />
dem neuen Verfahren weitestgehend übernommen.<br />
Tab. 5-6 enthalten die zusammengefassten Lärmbelastungen der S/L-Bahn-Varianten<br />
sowie der sog. Nullvariante (vgl. Anl. 53-54). Lärmsensible Einrichtungen werden<br />
bei keiner S/L-Bahn-Variante beeinträchtigt. Die Landespolizeischule gilt als Sondergebiet<br />
<strong>und</strong> wird maßgeblich im unbebauten, nordwestlichen Teil berührt. Die dortigen<br />
„Bewohner“ sind zusammen mit den betroffenen Bewohnern des Ortsteils Scheid<br />
aufgeführt [31].<br />
Lärmkonturen gem. AzB 99 („Real-Verteilung“)<br />
Bew.-<br />
Stufe<br />
Wohnbevölkerung<br />
(Bestand + Zuwachs + Nachverdichtung)<br />
Tag Nullvariante j = 1 j = 2 j = 3 j = 4<br />
3<br />
L eq(3), Tag ≥ 65<br />
dB(A)<br />
– 100 ca. 10<br />
(2 Wohnhäuser)<br />
90 100<br />
2<br />
1<br />
60 dB(A) ≤ L eq(3),<br />
Tag < 65 dB(A)<br />
75 100 160 110 100<br />
55 dB(A) ≤ L eq(3),<br />
Tag < 60 dB(A) 200* 1.200* 570* 870* 1.075*<br />
Nutzer <strong>von</strong> lärmsensiblen Einrichtungen<br />
(Bestand + Planung)<br />
3<br />
2<br />
L eq(3), Tag ≥ 60<br />
dB(A)<br />
– – – – –<br />
55 dB(A) ≤ L eq(3),<br />
Tag < 60 dB(A)<br />
– – – – –<br />
Tab. 5: HHN: Schutzgut „Menschen“, tägliche Betroffenheiten, eigene Darstellung (selbst ermittelte Werte<br />
mit Stern)<br />
211
Lärmkonturen gem. AzB 99 („Real-Verteilung“)<br />
Bew.-<br />
Stufe<br />
Wohnbevölkerung<br />
(Bestand + Zuwachs + Nachverdichtung)<br />
Nacht Nullvariante j = 1 j = 2 j = 3 j = 4<br />
3 NAT Nacht ≥ 6 x 75<br />
dB(A)<br />
2<br />
6 x 68 dB(A) ≤<br />
NAT Nacht < 6 x 75<br />
dB(A)<br />
50 720 590 655 700<br />
– 1.840* 1.840* 1.840* 1.840*<br />
Nutzer <strong>von</strong> lärmsensiblen Einrichtungen<br />
(Bestand + Planung)<br />
3 NAT Nacht ≥ 6 x 68<br />
dB(A)<br />
– – – – –<br />
Tab. 6: HHN: Schutzgut „Menschen“, nächtliche Betroffenheiten, eigene Darstellung (selbst ermittelte Werte<br />
mit Stern)<br />
Die gem. Kap. 6.2.4.3.1 berechenbaren Differenzen des Personenwertes Δp j zwischen<br />
Nullvariante <strong>und</strong> S/L-Bahn-Variante liegen im Bereich <strong>von</strong> 4.357,5 (j = 2) bis<br />
5.337,5 (j = 1). Dies entspricht einer Bepunktung aller S/L-Bahn-Varianten mit jeweils<br />
89 Punkten.<br />
• Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“<br />
Bei der neuen Bewertung des Schutzgutes „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ wird am<br />
Fallbeispiel Flughafen Frankfurt-Hahn da<strong>von</strong> ausgegangen, dass der ausbaubedingte<br />
Verlust <strong>von</strong> Fauna <strong>und</strong> Flora unabhängig <strong>von</strong> der S/L-Bahn-Variante gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
akzeptabel ist (kein „K.o.-Kriterium“, vgl. Kap. 6.2.4.3.2), da ansonsten evtl.<br />
S/L-Bahn-Varianten aus der neuen Bewertung herausgefallen wären.<br />
Insgesamt gesehen liegen FFH-Gebiete, Vogel-, Natur- <strong>und</strong>/oder Landschaftsschutzgebiete,<br />
je nach S/L-Bahn-Variante, in ca. 3 km bis 4 km Entfernung in nordöstlicher<br />
Verlängerung der S/L-Bahn-Achse <strong>und</strong> werden bei Landungen in Betriebsrichtung<br />
21 in ca. 150 m bis 200 m überflogen (Anl. 55/1). Eine variantenabhängige<br />
Differenzierung evtl. Beeinträchtigungen bzw. Störungen ist nicht möglich <strong>und</strong> entfällt<br />
deshalb hier.<br />
In Tab. 7 sind die variantenabhängigen betroffenen Teilflächen den Bewertungsstufen<br />
aus Kap. 6.2.4.3.2 zugeordnet. Im Vergleich zu den Auswirkungen auf die Frei-<br />
212
landflächen im Nordosten des Flughafengeländes werden die Auswirkungen auf die<br />
Waldflächen im Südwesten generell als gravierender angesehen. Aus den vorliegenden<br />
getrennten Bestandsbewertungen <strong>für</strong> einerseits Pflanzen <strong>und</strong> andererseits Tiere<br />
(Anl. 55/2-3) wurden die Gesamtauswirkungen gem. der neuen Bewertungsmatrix<br />
abgeschätzt (Anl. 46) [21]. Da der Bereich der realen Außenzone aufgr<strong>und</strong> der vorliegenden<br />
Planfeststellungsunterlagen nicht exakt definiert werden kann, wurde <strong>für</strong> alle<br />
S/L-Bahn-Varianten als reale Bezugsfläche die standardisierte Bezugsfläche der Außenzone<br />
gem. Kap. 6.2.4.3 gewählt. Diese Fläche deckt eine größere Fläche als die<br />
reale Außenzone ab <strong>und</strong> liegt somit auf der sicheren Seite.<br />
Die Standardbezugsfläche A Bezug(Kern) berechnet sich zu:<br />
A Bezug(Kern) = (3.800 • 1,5) • 720 / 10.000 = 410,4 ha.<br />
Einstufung der flächenbezogenen Auswirkungen ( * )<br />
Bew.-<br />
Stufe<br />
j = 1 j = 2 j = 3 j = 4<br />
(K) (A) (K) (A) (K) (A) (K) (A)<br />
[ha] [ha] [ha] [ha] [ha] [ha] [ha] [ha]<br />
1 300,0* 410,4* 300,0* 410,4* 300,0* 410,4* 300,0* 410,4*<br />
2 15,0* 410,4* 10,0* 410,4* 10,0* 410,4* 15,0* 410,4*<br />
3 25,0* 390,0* 10,0* 290,8* 12,0* 340,4* 22,5* 372,3*<br />
4 10,0* 280,8* 23,5* 455,0* 20,0* 367,9* 12,5* 313,5*<br />
5 4,6* - 10,0* - 14,6* - 4,6* -<br />
6 - 150,0* - 75,0* - 112,5* - 135,0*<br />
7 - - - - - - - -<br />
∑ 354,6 1.641,6 353,5 1.641,6 356,6 1.641,6 354,6 1.641,6<br />
Tab. 7: HHN: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, flächenbezogene Auswirkungen, eigene<br />
Darstellung (selbst ermittelte Werte mit Stern)<br />
In der abschließenden Tab. 8 sind die einzelnen Schritte zur Ermittlung der variantenabhängigen<br />
Bepunktung des Schutzgutes „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ zusammengefasst:<br />
213
S/L-Bahn-<br />
Variante<br />
b j(K) [-] b j(A) [-] x 2j (K) [-] x 2j (A) [-] x 2j ges<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 0,86 1,0 1,32 2,70 1,92 81<br />
j = 2 0,86 1,0 1,40 2,66 1,93 81<br />
j = 3 0,87 1,0 1,43 2,68 1.96 80<br />
j = 4 0,86 1,0 1,33 2,69 1,92 81<br />
Tab. 8: HHN: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, Bepunktung, eigene Darstellung<br />
• Schutzgut „Boden“<br />
Für die Bewertung des Schutzgutes „Boden“ müssen zunächst die variantenabhängigen<br />
betroffenen Teilflächen ermittelt <strong>und</strong> den Bewertungsstufen gem. der Bewertungsmatrix<br />
in Anl. 47 zugeordnet werden. Die einzelnen Teilflächen sowie die ausbaubedingten<br />
Veränderungen (Auf- bzw. Abwertung) sind in Tab. 9 zusammengefasst.<br />
Tab. 10 enthält die Berechnung der entsprechenden variantenabhängigen Bepunktung.<br />
Anzumerken ist, dass innerhalb der Planfeststellungsunterlagen die betroffenen<br />
Flächen hinsichtlich des Schutzgutes „Boden“ sehr grob zusammengefasst<br />
wurden. Aufgr<strong>und</strong> des fehlenden Parallelrollweges beansprucht die bestehende S/L-<br />
Bahn lediglich eine Gesamtfläche <strong>von</strong> ca. 300 ha (vgl. Anl. 24). Da bei dieser Fläche<br />
keinerlei Bestandsveränderungen durch das Ausbauvorhaben auftreten, wirkt sich<br />
dies positiv auf die Bewertung des Schutzgutes „Boden“ aus (A Bezug(Kern) = 410,4 ha).<br />
S/L-<br />
Bahn-<br />
Variante<br />
Bewertungsstufe Ist-Zustand [-],<br />
Teilfläche [ha]<br />
1 2 3 4 5<br />
A Kern j<br />
[ha]<br />
Bewertungsstufe Nach-Ausbau [-],<br />
Teilfläche [ha]<br />
1 2 3 4 5<br />
j = 1 60,0* 240,0* - 54,6 - 354,6 75,6* 279,0* - - -<br />
j = 2 60,0* 240,0* - 53,6 - 353,5 75,6* 277,9* - - -<br />
j = 3 60,0* 240,0* - 56,6 - 356,6 75,6* 281,0* - - -<br />
j = 4 60,0* 240,0* 14,6 40,0 - 354,6 75,6* 279,0* - - -<br />
Tab. 9: HHN: Schutzgut „Boden“, Einstufung der betroffenen Flächen, eigene Darstellung (selbst ermittelte<br />
Werte mit Stern)<br />
214
S/L-Bahn-<br />
Variante<br />
b j [-] x 3j (v. A.) [-] x 3j (n. A.) [-] Δ x 3j Δ x 3j ges<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 0,86 2,14 1,79 0,35 0,30 86<br />
j = 2 0,86 2,13 1,79 0,34 0,29 86<br />
j = 3 0,87 2,15 1,79 0,36 0,31 86<br />
j = 4 0,86 2,10 1,79 0,31 0,27 87<br />
Tab.10: HHN: Schutzgut „Boden“, Bepunktung, eigene Darstellung<br />
• Schutzgut „Wasser (Gr<strong>und</strong>-/Oberflächenwasser)“<br />
Durch das Ausbauvorhaben kommt es infolge der Voll- <strong>und</strong> Teilversiegelung <strong>von</strong><br />
Flächen zu Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts. Diese anlagebedingten Auswirkungen<br />
sind <strong>für</strong> alle S/L-Bahn-Varianten annähernd gleichwertig. Aufgr<strong>und</strong> der<br />
Entwässerungseinrichtungen der Flugbetriebsflächen, die dem aktuellen Stand der<br />
Technik entsprechen müssen, sind ausbaubedingte Schadstoffeinträge nicht zu erwarten.<br />
Potentielle Havariefälle können zwar generell nicht ausgeschlossen werden,<br />
doch sind sowohl ein evtl. Schadensausmaß als auch eine variantenabhängige Differenzierung<br />
nicht ableitbar [31-34].<br />
Variantenabhängige Unterschiede ergeben sich zum einen aus den Eingriffen in<br />
Oberflächengewässer. Dies ist in Verlängerung der S/L-Bahn-Achse in Richtung<br />
Nordost das Quellgebiet des Wilmersbaches sowie in Verlängerung der S/L-Bahn-<br />
Achse in Richtung Südwest das Quellgebiet des Waschbaches. Innerhalb der Planfeststellungsunterlagen<br />
ist die Bedeutung des Wilmersbaches als „mittel“, die des<br />
Waschbaches als „sehr hoch“ eingestuft (Anl. 56, vgl. UVS [31]). Zum anderen können<br />
variantenabhängige Flächen bestimmt werden, in denen das Potential der<br />
Gr<strong>und</strong>wasserneubildung <strong>und</strong> der sog. Quellschüttung (Ergiebigkeit einer Quelle) verloren<br />
gehen.<br />
In Tab. 11 sind die einzelnen variantenabhängigen Betroffenheiten [31], die dementsprechenden<br />
Bewertungsstufen gem. Kap. 6.2.4.3.4 sowie die dazugehörigen Bepunktungen<br />
dargestellt. Da insgesamt gesehen die betroffenen Gesamtflächen ver-<br />
215
gleichsweise klein sind (vgl. Kap. 7.2 u. 7.3), sind die vergebenen Bewertungsstufen<br />
relativ niedrig angesetzt.<br />
S/L-Bahn-<br />
Beeinträchtigung<br />
Beeinträchtigung<br />
betroffene<br />
Bew.-Stufe<br />
Bepunktung<br />
Variante<br />
„Wilmersbach“ [X]<br />
„Waschbach“ [X]<br />
Fläche [ha]<br />
X 4<br />
[Pkt]<br />
j = 1 X - ca. 25,0 2 85<br />
j = 2 - X ca. 25,0 2,25 81<br />
j = 3 X X ca. 50,0 3 70<br />
j = 4 X - ca. 25,0 2 85<br />
Tab. 11: HHN: Schutzgut „Wasser“, variantenabhängige Betroffenheiten u. Bepunktung, eigene Darstellung<br />
Die abschließende Abwägung der Auswirkungen <strong>und</strong> die Bewertung erfolgen im Wesentlichen<br />
nach den Vorgaben des Planfeststellungsantrags. Die Varianten j = 1, j =<br />
2 <strong>und</strong> j = 4 haben jeweils eine Überschüttung des Quellgebietes des Waschbaches<br />
oder des Wilmersbaches zur Folge. Zusätzlich werden vergleichsweise nur ca. 25 ha<br />
Fläche <strong>von</strong> nachrangiger bis mittlerer Bedeutung <strong>für</strong> das Gr<strong>und</strong>wasser betroffen<br />
(vgl. Kap. 7.3). Insgesamt gesehen haben diese Beeinträchtigungen vergleichsweise<br />
„unerhebliche Auswirkungen“ zur Folge, X 4 = 2 (Anl. 48). Da aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen<br />
Einstufungen der Oberflächengewässer die Beeinträchtigungen des<br />
Waschbaches im Vergleich zu den Beeinträchtigungen des Wilmersbaches als gravierender<br />
angesehen werden (Anl. 56), erhält Variante j = 2 eine etwas niedrigere<br />
Einstufung <strong>von</strong> X 4 = 2,25. Die Realisierung der Variante j = 3 hat eine betroffene Fläche<br />
<strong>von</strong> ca. 50 ha sowie die Überschüttung des Quellgebietes des Wilmersbaches<br />
<strong>und</strong> des Waschbaches zur Folge. Insgesamt gesehen, sind diese Auswirkungen trotz<br />
der geringen <strong>und</strong> geringwertigen betroffenen Fläche <strong>von</strong> ca. 50 ha als „mäßige Auswirkungen“<br />
einzustufen (X 4 = 3).<br />
• Schutzgut „Luft“<br />
In Analogie zu Kap. 6.2.4.3.5 werden am Flughafen Frankfurt-Hahn bei jeder S/L-<br />
Bahn-Variante die festgelegten Grenzwerte <strong>für</strong> Schadstoffemissionen gemäß der<br />
22. BImSchV eingehalten, variantenabhängige relevante Unterschiede sind nicht zu<br />
erwarten [31].<br />
216
Der „Verlust an lufthygienischer Ausgleichsfunktion“ wird in Tab. 12 anhand des erforderlichen<br />
Waldflächenverlustes zur Realisierung einer S/L-Bahn-Variante dargestellt.<br />
Des Weiteren wird anhand des Verhältnisses y j <strong>von</strong> Waldflächenverlust zur Standardbezugsfläche<br />
die variantenabhängige Bepunktung berechnet (A Bezug(Kern) =<br />
410,4 ha).<br />
Variante<br />
S/L-<br />
Bahn-<br />
Anlagebedingter<br />
Verbrauch <strong>von</strong><br />
Forstwirtschaftsfläche<br />
[ha]<br />
Rodungsfläche<br />
außerhalb des<br />
Flughafengeländes<br />
[ha]<br />
Gesamtfläche<br />
[ha]<br />
Verhältnis y j [-]<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 – 4,0 4,0 ≈ 0,0010 90<br />
j = 2 33,0 23,0 56,0 ≈ 0,1365 83<br />
j = 3 17,0 14,0 31,0 ≈ 0,0755 86<br />
j = 4 – 10,5 10,5 ≈ 0,0026 90<br />
Tab. 12: HHN: Schutzgut „Luft“, Bepunktung, eigene Darstellung<br />
• Schutzgut „Klima“<br />
Klimatisch liegt der Flughafen Frankfurt-Hahn in der Region „Hunsrück“, die durch<br />
ein raues Mittelgebirgsklima gekennzeichnet ist. Die meist aus Nordwest bis Südwest<br />
wehenden Winde sorgen nahezu ganzjährig <strong>für</strong> eine gleichmäßige Niederschlagsverteilung.<br />
Im Bereich des Untersuchungsraumes sind keine größeren Strömungsbahnen<br />
vorhanden, die aufgr<strong>und</strong> der Realisierung einer S/L-Bahn-Variante beeinträchtigt<br />
werden könnten. Die im Untersuchungsraum vorkommenden, kleineren<br />
„Bachtälchen“ nehmen keine bedeutsame Transportfunktion war.<br />
Einerseits werden durch die erforderlichen Rodungen die Ventilationswirkung <strong>und</strong><br />
Frischluftentstehung reduziert, andererseits wird durch die Versiegelung <strong>von</strong> Freilandflächen<br />
die allgemeine Kaltluftentstehung vermindert. Da die Klimaänderungen<br />
mit zunehmender Entfernung zu den in Anspruch genommenen Flächen sehr rasch<br />
abnehmen, ist eine Fernwirkung nicht zu erwarten [31].<br />
217
Im Rahmen des Planfeststellungsantrags am Fughafen Frankfurt-Hahn wurden lediglich<br />
die klimatischen Veränderungen aufgr<strong>und</strong> der „Bestvariante“ (j = 2, Variante<br />
Südwest) näher untersucht. Da die S/L-Bahn-Varianten nahezu die gleiche Gesamtfläche<br />
benötigen <strong>und</strong> zugleich die klimatischen Veränderungen partiell begrenzt sind,<br />
können alle S/L-Bahn-Varianten in Bezug auf das Schutzgut „Klima“ als gleichwertig<br />
angesehen werden. Gemäß der Bewertungsmatrix bzgl. des Schutzgutes „Klima“<br />
können die S/L-Bahn-Varianten als mindestens „vertretbar“ eingestuft werden<br />
(Anl. 50, Bewertungsklasse 3) <strong>und</strong> erhalten eine Bewertung <strong>von</strong> jeweils 72 Punkten.<br />
• Schutzgut „Landschaft“<br />
Das Landschaftsbild im Bereich des Flughafengeländes wird hauptsächlich durch<br />
Wald bestimmt. Nadelforste <strong>und</strong> Mischforste nehmen den überwiegenden Anteil ein,<br />
alte Laubmischwaldbestände bilden eher die Ausnahme. Die vorhandene Kammlinie<br />
ist deutlich vom bestehenden Flughafen sowie der B<strong>und</strong>esstraße B 327 gekennzeichnet<br />
(Anl. 24).<br />
Innerhalb des Planfeststellungsantrags am Flughafen Frankfurt-Hahn wird zwischen<br />
zwei Landschaftsbildeinheiten (ästhetische Raumeinheiten) unterschieden [31]:<br />
„Geschlossene Wälder der Hunsrückhochfläche:<br />
Die südwestlich <strong>von</strong> Hahn gelegene Scheitelfläche des Hunsrücks wird längs der<br />
Hunsrückhöhenstraße über ca. 8 km Länge <strong>von</strong> einer geschlossenen aber sehr inhomogenen<br />
Waldfläche eingenommen. Bezeichnend sind neben den vorherrschenden<br />
intensiv forstwirtschaftlich genutzten Nadelholzbestockungen unterschiedlicher<br />
Altersstufen auch naturnahe Hainsimsen-Buchenwälder, Feuchtwälder <strong>und</strong> Bachauenwälder.<br />
In der Wahrnehmung dominieren jedoch die Nadelforste, so dass Natürlichkeit,<br />
Vielfalt <strong>und</strong> Eigenart insgesamt eher nur „mittel ausgeprägt“ sind.<br />
Flughafen:<br />
Der Flughafen stellt mit seiner gesamten Bausubstanz <strong>und</strong> Infrastruktur eine eigenständige<br />
Landschaftsbildeinheit dar, die sich deutlich <strong>von</strong> der sonst üblichen Feld-<br />
Wald-Landschaft des Hunsrücks abhebt. Insbesondere die höher aufragenden Gebäude<br />
können in Abhängigkeit vom Betrachtungspunkt Fremdkörper gleich erschei-<br />
218
nen <strong>und</strong> beeinträchtigen dann die landschaftsgeb<strong>und</strong>ene Wahrnehmung eher ungünstig.“<br />
Die Auswertung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) innerhalb der<br />
Planfeststellungsunterlagen zeigt, dass eine Verlängerung der bestehenden S/L-<br />
Bahn in beiden Längsrichtungen direkte Folgen auf das Landschaftsbild hat. Eine<br />
Bahnverlängerung in Richtung Südwest wirkt sich aufgr<strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Waldrodungen bzw. Aufwuchsbeschränkungen, insbesondere außerhalb des Flughafengeländes,<br />
zunehmend negativer aus als vergleichsweise eine S/L-Bahn-Verlängerung<br />
in Richtung Nordost. In Tab. 13 sind in Bezug auf das Schutzgut „Landschaft“<br />
die variantenabhängigen betroffenen Flächen dargestellt. Die Auswertung<br />
bzw. Bepunktung erfolgt gem. Kap. 6.2.4.3.7 (A Bezug(Kern) = 410,4 ha, vgl. Anl. 57).<br />
S/L-Bahn-<br />
Variante<br />
Bewertungsstufe [-],<br />
Teilfläche [ha]<br />
1 2 3 4 5<br />
A Kern j<br />
[ha]<br />
b j [-] x 7j [-] x 7j ges<br />
[-]<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 300,0* 32,0* 35,6* - - 367,6* 0,90 1,28 1,15 88<br />
j = 2 300,0* 29,5* 91,0* - - 420,5* 1,02 1,54 1,57 83<br />
j = 3 300,0* 17,0* 93,6* - - 410,6* 1,00 1,50 1,50 84<br />
j = 4 300,0* 25,0* 60,6* - - 385,6* 0,94 1,38 1,30 86<br />
Tab. 13: HHN: Schutzgut „Landschaft“, Zuordnung der betroffenen Flächen u. Bepunktung, eigene Darstellung<br />
(selbst ermittelte Werte mit Stern)<br />
• Schutzgut „Kultur- u. sonstige Sachgüter“<br />
Im Bereich des derzeitigen Flughafengeländes müssen insgesamt vier als Kultur- u.<br />
sonstige Sachgüter ausgewiesene Objekte bzw. Flächen betrachtet werden (Anl. 58):<br />
- Ein ca. 50 ha großes Grabhügelfeld der keltischen Hunsrück-Eifel-Kultur aus<br />
Mitte des vorchristlichen Jahrtausends liegt südwestlich des Flughafengeländes.<br />
- Im Verlauf der B 327 befinden sich einige historische Grenzsteine, die jedoch<br />
nicht gesetzlich geschützt sind [31].<br />
219
- In Höhe des Straßen-km 65 der B 327 befindet sich eine als Naturdenkmal ausgewiesene<br />
Eiche.<br />
- Historische Kulturlandschaftsbereiche mit hoher Bedeutung sind in Anl. 56 schraffiert<br />
gekennzeichnet (Obstwiesen, Bauerngärten, Bachursprungsgebiete o.ä.) <strong>und</strong><br />
queren den nordöstlichen Bereich des Flughafens.<br />
Betriebsbedingte Auswirkungen durch „Verlärmung“ bewirken lediglich äußerst geringfügige<br />
Beeinträchtigungen <strong>und</strong> können bei der Bewertung der S/L-Bahn-Varianten<br />
vernachlässigt werden.<br />
j = 1: Variante Nordost:<br />
Bei der Realisierung der Variante Nordost würden ca. 10 ha <strong>von</strong> historischem Kulturlandschaftsbereich<br />
mit hoher Bedeutung verloren gehen. Ein Umsetzen einzelner<br />
historischer Grenzsteine kann ggf. erforderlich werden. Ansonsten wären keine Kultur-<br />
<strong>und</strong> sonstigen Sachgüter betroffen. Zusammenfassend können die Auswirkungen<br />
als „vertretbar“ eingestuft werden (Bewertungsmatrix, Anl. 52); dies entspricht<br />
einer Bepunktung mit 72 Punkten.<br />
j = 2: Variante Südwest:<br />
Die geplante Verlängerung der S/L-Bahn in Richtung Südwest tangiert das prähistorische<br />
Grabhügelfeld (Anl. 58), so dass <strong>von</strong> den 50 ha Gesamtfläche ca. 2 ha im Bereich<br />
der erforderlichen Abtragungs- bzw. Aufschüttungsfläche liegen <strong>und</strong> durch den<br />
Ausbau zerstört würden. Rodungen als solches haben keine negativen Auswirkungen<br />
auf das Grabhügelfeld. Ein Versetzen <strong>von</strong> bis zu elf historischen Grenzsteinen<br />
ist erforderlich. Weiterhin kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Zuge der Präzisierung<br />
der Hindernisfreiflächen die als Naturdenkmal ausgewiesene einzelstehende<br />
Eiche durch Wipfelkürzungen betroffen ist. Insgesamt gesehen können die<br />
Maßnahmen wiederum als „vertretbar“ eingestuft werden (Bewertungsmatrix,<br />
Anl. 52). Die S/L-Bahn-Variante erhält eine entsprechende Bepunktung mit<br />
72 Punkten.<br />
j = 3: Sym. Variante/ j = 4: Asym. Variante:<br />
Die symmetrische <strong>und</strong> die asymmetrische Variante entsprechen in den Auswirkungen<br />
im Wesentlichen der Variante Nordost <strong>und</strong> werden dementsprechend als „vertretbar“<br />
eingestuft. Sie erhalten jeweils 72 Punkte.<br />
220
7.1.3.2 Variantenreihung<br />
Die S/L-Bahn-Varianten erhalten in den Bereichen „Leistungsfähigkeit“ <strong>und</strong> „Umweltauswirkungen“<br />
folgende Gesamtbepunktungen:<br />
Bewertungskriterium<br />
S/L-Bahn-Variante<br />
j = 1 j = 2 j = 3 j = 4<br />
Leistungsfähigkeit:<br />
Kapazität 90 90 90 90<br />
Nutzungseinschränkungen 90 90 90 90<br />
Betriebliche Aspekte 91 95 93 92<br />
Nachhaltigkeit des Ausbaus 100 100 100 100<br />
Summe: 371 375 373 372<br />
Umweltauswirkungen (Schutzgüter):<br />
„Menschen“ 89 89 89 89<br />
„Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ 81 81 80 81<br />
„Boden“ 86 86 86 87<br />
„Wasser (Gr<strong>und</strong>-/Oberflächenwasser)“ 85 81 70 85<br />
„Luft“ 90 83 86 90<br />
„Klima“ 72 72 72 72<br />
„Landschaft“ 88 83 84 86<br />
„Kultur u. sonstige Sachgüter“ 72 72 72 72<br />
Summe: 663 647 639 662<br />
anzusetzende Bewertungspunkte: 176 175 173 176<br />
Tab. 14: HHN: Bepunktung der Bereiche Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltauswirkungen, eigene<br />
Darstellung<br />
Die Kostenabschätzungen <strong>für</strong> die Realisierung der S/L-Bahn-Varianten sind den<br />
Ausführungen des Antrags auf Planfeststellung entnommen <strong>und</strong> beinhalten bereits<br />
die Verlegung der B 327 [31]. Die Aufwendungen <strong>für</strong> den Betrieb <strong>und</strong> die Erhaltung<br />
des zukünftigen S/L-Bahn-Systems sind unabhängig <strong>von</strong> den S/L-Bahn-Varianten<br />
<strong>und</strong> spielen deshalb keine Rolle <strong>für</strong> die Variantenreihung.<br />
221
S/L-Bahn-Variante<br />
Realisierungskosten<br />
[€]<br />
Variantenreihung<br />
(gem. Kap. 6.2.4.4.1)<br />
j = 1: Variante Nordost 24,7 Mio. 7,13 Pkt / Mio. €<br />
j = 2: Variante Südwest 19,3 Mio. 9,07 Pkt / Mio. €<br />
j = 3: Sym. Variante 41,0 Mio. 4,22 Pkt / Mio. €<br />
j = 4: Asym. Variante 29,7 Mio. 5,93 Pkt / Mio. €<br />
Tab. 15: HHN: Variantenreihung, eigene Darstellung<br />
Wie das Ergebnis zeigt, liegt S/L-Bahn-Variante j = 2: Variante Südwest trotz der annähernd<br />
identischen Bepunktungen der S/L-Bahn-Varianten, aufgr<strong>und</strong> des vergleichsweise<br />
wesentlich geringeren Kostenvolumens an erster Stelle der Variantenreihung.<br />
Wie zu Anfang der neuen Bewertung erwähnt, besteht die theoretische Option einer<br />
Tunnelführung der B 327. Dies hätte Mehrkosten <strong>von</strong> 6,3 Mio. € bei S/L-Bahn-Variante<br />
j = 4 bis hin zu 19,0 Mio. € bei S/L-Bahn-Variante j = 3 zur Folge. Gleichzeitig<br />
würde aber nur eine Fläche <strong>von</strong> max. 3,6 ha eingespart werden. Die Tunnelführung<br />
der B 327 stellt deshalb keine zweckmäßige Handlungsoption dar.<br />
7.1.3.3 Rangfolge <strong>und</strong> Einstufung<br />
Bzgl. des potentiellen Flugunfallrisikos sind keine nennenswerten variantenabhängigen<br />
Risikopotentiale feststellbar. Weiterhin können keine variantenabhängigen Unterschiede<br />
hinsichtlich des Realisierungszeitraumes aufgezeigt werden. Da auch ansonsten<br />
wesentliche Faktoren <strong>für</strong> eine evtl. Änderung der Variantenreihung fehlen,<br />
entspricht die Rangfolge der Variantenreihung aus Kap. 7.1.3.2. Dementsprechend<br />
ist S/L-Bahn-Variante j = 2: Variante Südwest die „Bestvariante“ gemäß dem neuen<br />
<strong>Bewertungsverfahren</strong>.<br />
222
Da alle S/L-Bahn-Varianten mit über 86 % der möglichen Gesamtpunktezahl bewertet<br />
wurden (vgl. Abb. 48), sind alle S/L-Bahn-Varianten <strong>für</strong> eine Realisierung gleichermaßen<br />
„gut geeignet“.<br />
7.1.4 Fazit<br />
Die neue Bewertung hat die bestehende Bewertung des Flughafenbetreibers bestätigt.<br />
S/L-Bahn-Variante j = 2: Variante Südwest besitzt entscheidende Vorteile gegenüber<br />
den konkurrierenden S/L-Bahn-Varianten hinsichtlich der Realisierungskosten.<br />
Da es sich bei allen S/L-Bahn-Varianten ausschließlich um die Verlängerung der bestehenden<br />
S/L-Bahn handelt, wurden im Gr<strong>und</strong>e nur Handlungsoptionen („Pseudovarianten“)<br />
bewertet. Entscheidungsrelevante Unterschiede innerhalb der einzelnen<br />
Bewertungskriterien können bei Handlungsoptionen nur in Ausnahmefällen vorkommen<br />
<strong>und</strong> sind im Fallbeispiel Flughafen Frankfurt-Hahn nicht vorhanden. Anzumerken<br />
ist, dass die bewerteten S/L-Bahn-Varianten die Nutzeranforderungen zu 100 %<br />
erfüllen <strong>und</strong> dass parallel dazu die Gesamtanzahl der durch Fluglärm betroffenen<br />
Bewohner ein niedriges Niveau <strong>von</strong> 5.000 Menschen nicht überschreitet.<br />
Da die Bedarfsbegründung als „gut“, die Generierung der S/L-Bahn-Varianten als<br />
„gut“ <strong>und</strong> die „Bestvariante“ als „gut geeignet“ eingestuft wurden, kann die Entscheidung<br />
des Landesbetriebes Straßen <strong>und</strong> Verkehr Rheinland Pfalz vom 28.04.04 zum<br />
positiven Planfeststellungsbeschluss unterstützt werden.<br />
7.2 Verkehrslandeplatz Kassel-Calden (KSF)<br />
7.2.1 1. Schritt: Prüfung der Voraussetzungen<br />
Die Absicht der Flughafen GmbH Kassel ist es, entweder durch eine Verlängerung<br />
der bestehenden S/L-Bahn 04/22 oder durch einen S/L-Bahn-Neubau eine nutzbare<br />
S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> mindestens 2.500 m zu erhalten. Damit soll es zukünftig möglich<br />
werden, Charterverkehr mit Flugzielen in den Mittelmeerraum sowie zu den Kanarischen<br />
Inseln abwickeln zu können. Demzufolge wird mit dem Ausbauvorhaben<br />
eine Nutzungsänderung beabsichtigt.<br />
223
Als Ausbaubegründung verweist der Flughafenbetreiber einerseits auf die Verbesserung<br />
der strukturpolitischen Situation in der Region Kassel <strong>und</strong> andererseits auf<br />
mögliche Entwicklungsszenarien. Als Bezugsraum liegt die gesamte Planungsregion<br />
Nordhessen zugr<strong>und</strong>e. Die angrenzenden Randbereiche der B<strong>und</strong>esländer Niedersachsen<br />
<strong>und</strong> Nordrhein-Westfalen werden aus strukturpolitischen Gründen nicht mit<br />
betrachtet. Dies betrifft ausdrücklich auch den in räumlicher Nähe (ca. 65 km) zum<br />
VLP Kassel-Calden gelegenen Flughafen Paderborn-Lippstadt.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser strukturpolitisch begründeten Einschränkung des Betrachtungsraumes<br />
sind die im Raumordnungs- <strong>und</strong> Planfeststellungsverfahren aufgezeigten Entwicklungsszenarien<br />
fragwürdig. Die Verbesserung der strukturpolitischen Situation<br />
kann kein primäres Ausbauziel einer Betreibergesellschaft (GmbH) sein, vielmehr<br />
sollte die rentable Abwicklung des Luftverkehrs im Vordergr<strong>und</strong> stehen. Da weder<br />
eine positive Luftverkehrsentwicklung am VLP Kassel-Calden aufgezeigt werden<br />
kann – zurzeit finden keine Linien- oder Touristikflüge am VLP Kassel-Calden statt –,<br />
noch konkrete Nutzungsangebote vorliegen, fehlen überzeugende Argumente <strong>für</strong> das<br />
Ausbauvorhaben.<br />
Wie schon in Kap. 5.2.2.3 resümiert, ist die Begründung der Ausbauabsicht nicht<br />
stichhaltig <strong>und</strong> lässt berechtigte Fragen offen. Der Verweis auf strukturpolitische Zielsetzungen<br />
ist kein alles beantwortendes Argument. Die Begründung des Ausbaubedarfs<br />
kann deshalb höchstens als „ausreichend“ bewertet werden (vgl. [58]).<br />
7.2.2 2. Schritt: Prüfung der Variantengenerierung<br />
Zunächst wird der bestehende VLP Kassel-Calden aufgr<strong>und</strong> [28]:<br />
- der Vorgaben der Landes- u. Regionalplanung,<br />
- der Lage <strong>und</strong> Anbindung an das Oberzentrum Kassel,<br />
- der vorhandenen Hindernissituation im Hinblick auf den Ausbau <strong>und</strong><br />
- dem Zustand der bestehenden S/L-Bahn<br />
als mit Abstand vorteilhaftester Ausbaustandort seitens des Flughafenbetreibers bewertet.<br />
Eine weitere Betrachtung nach sog. Ausschlusskriterien [28]:<br />
224
- Inanspruchnahme <strong>von</strong> Siedlungsbereichen,<br />
- Inanspruchnahme <strong>von</strong> Industrie- u. Gewerbeflächen,<br />
- hohe Reliefenergie,<br />
- Inanspruchnahme des Standortes Transkal (spez. <strong>für</strong> Betrachtungsraum)<br />
führt zur Generierung <strong>von</strong> drei „konfliktarmen Korridoren“ (Anl. 27), aus denen insgesamt<br />
vier S/L-Bahn-Varianten gewonnen werden (j = 1 bis 4).<br />
Die vorhandene Hindernissituation am Standort Kassel-Calden macht prinzipiell eine<br />
Betrachtung unterschiedlicher S/L-Bahn-Längen notwendig. Das Beharren des Flughafenbetreibers<br />
auf einer „nutzbaren“ S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 2.500 m ist in diesem<br />
Fallbeispiel nicht zweckmäßig <strong>und</strong> wirkt sich kontraproduktiv aus, da durchaus realisierbare<br />
S/L-Bahn-Varianten bzw. -Optionen nicht in Erwägung gezogen werden.<br />
Eine gravierende Folge ist die <strong>für</strong> Variante B festgesetzte <strong>und</strong> aus flugbetrieblicher<br />
Sicht nicht erforderliche S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 3.165 m, wodurch ein Variantenvergleich<br />
verzerrt bzw. verfälscht wird. Im 3. Schritt zur Variantenbewertung wird deshalb<br />
zusätzlich eine optimierte S/L-Bahn-Variante B (j = 5) mit einer S/L-Bahn-Länge<br />
<strong>von</strong> 2.750 m bewertet.<br />
Es muss darauf hingewiesen werden, dass die detaillierte Miteinbeziehung <strong>von</strong><br />
Standortalternativen im Fallbeispiel Kassel-Calden erforderlich wäre, da mit den Varianten<br />
B <strong>und</strong> C ein Flughafenneubau verb<strong>und</strong>en ist <strong>und</strong> gleichzeitig in den Voruntersuchungen<br />
realisierbare Alternativstandorte aufgezeigt werden konnten (vgl. Anl. 28).<br />
Wie bereits in Kap. 1.2 erläutert, ist die Bewertung <strong>von</strong> Standortalternativen im neuen<br />
<strong>Bewertungsverfahren</strong> nicht möglich <strong>und</strong> muss hier entfallen. Ebenso werden die Flächen<br />
<strong>für</strong> die landseitige Flughafeninfrastruktur nicht in die Bewertung eingerechnet.<br />
Da der strukturelle Aufbau der Variantengenerierung starr an der Vorgabe der „nutzbaren“<br />
S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 2.500 m orientiert ist, werden flugbetriebliche Gesichtspunkte<br />
vernachlässigt. Die generierten S/L-Bahn-Varianten lassen deshalb eine stimmige<br />
<strong>und</strong> vergleichbare Bewertung nur bedingt zu. Das Variantenauswahlverfahren<br />
kann deshalb höchstens als „ausreichend“ eingestuft werden.<br />
225
7.2.3 3. Schritt: Variantenbewertung<br />
Wie bereits erwähnt, wird den im Zuge des Raumordnungs- <strong>und</strong> Planfeststellungsverfahrens<br />
bewerteten vier S/L-Bahn-Varianten eine optimierte Variante B hinzugefügt,<br />
so dass die neue Bewertung insgesamt fünf S/L-Bahn-Varianten enthält. Die<br />
Möglichkeiten der landseitigen Anbindung werden im Folgenden parallel <strong>für</strong> die verschiedenen<br />
S/L-Bahn-Varianten dargestellt. Im Zuge der Variantenreihung wird näher<br />
auf diese Optionen eingegangen (Kap. 7.2.3.2).<br />
Variante A1 (j = 1): Verlängerung des bestehenden S/L-Bahn-Systems auf eine S/L-<br />
Bahn-Länge <strong>von</strong> 2.500 m (Abb. 53a) <strong>und</strong> Optionen der landseitigen<br />
Anbindung (Abb. 53b)<br />
Abb. 53a: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante A1 (Lageplan) [27]<br />
226
Abb. 53b: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante A1 (landseitige Anbindung) [27]<br />
Variante A2 (j = 2): Neubau des S/L-Bahn-Systems mit 2.500 m S/L-Bahn-Länge,<br />
Parallelverschiebung um ca. 100 m nach Norden (Abb. 54a) <strong>und</strong><br />
Optionen der landseitigen Anbindung (Abb. 54b)<br />
Abb. 54a: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante A2 (Lageplan) [27]<br />
227
Abb. 54b: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante A2 (landseitige Anbindung) [27]<br />
Variante B (j = 3):<br />
Neubau des S/L-Bahn-Systems mit 3.165 m S/L-Bahn-Länge in<br />
Ausrichtung 15/33 (Abb. 55a) <strong>und</strong> Optionen der landseitigen Anbindung<br />
(Abb. 55b)<br />
Abb. 55a: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante B (Lageplan) [27]<br />
228
Abb. 55b: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante B (landseitige Anbindung) [27]<br />
Variante C (j = 4): Neubau des S/L-Bahn-Systems mit 2.500 m S/L-Bahn-Länge in<br />
Ausrichtung 09/27 (Abb. 56a) <strong>und</strong> Optionen der landseitigen Anbindung<br />
(Abb. 56b)<br />
Abb. 56a: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante C (Lageplan) [27]<br />
229
Abb. 56b: KSF: Unterlagen zum ROV, Variante C (landseitige Anbindung) [27]<br />
optimierte Variante B (j = 5): Neubau des S/L-Bahn-Systems mit 2.750 m S/L-Bahn-<br />
Länge in Ausrichtung 15/33 (Abb. 57, Landerollstrecke:<br />
2.300 m), die Optionen <strong>für</strong> eine landseitige Anbindung<br />
entsprechen Variante B<br />
Abb. 57: KSF: optimierte Variante B (Lageplan), neu hinzugefügt<br />
230
7.2.3.1 Bewertungskriterien<br />
Vorab muss gesagt werden, dass die ausgewerteten Unterlagen des ROV <strong>und</strong> des<br />
Planfeststellungsverfahrens in einigen Punkten Inkonsistenzen aufweisen. In<br />
Anl. 62/1-2 sind als drastisches Beispiel die differierenden Bestandbewertungen des<br />
Untersuchungsraums in Anlehnung an die Wertstufen nach Kaule [45-46] dargestellt.<br />
Um eine Nachvollziehbarkeit der neuen Bewertung zu gewährleisten, wurden deshalb<br />
in sich schlüssige Informationen 1:1 übernommen <strong>und</strong> anderweitige Informationen<br />
dahingehend angepasst.<br />
7.2.3.1.1 Leistungsfähigkeit<br />
Die Kapazität des Ein-Bahn-Systems ist bei allen S/L-Bahn-Varianten identisch. Kapazitive<br />
Engpässe sind aufgr<strong>und</strong> der Ist-Situation <strong>und</strong> den Entwicklungsprognosen<br />
generell nicht zu erwarten (s. Bewertungskriterium Nachhaltigkeit des Ausbaus).<br />
Sämtliche S/L-Bahn-Varianten sind deshalb gleichermaßen „sehr gut“ geeignet <strong>und</strong><br />
erhalten eine Bepunktung mit 90 Punkten.<br />
• Nutzungseinschränkungen<br />
Die standortbezogene Hindernissituation hat gemäß den Flugbetriebsberechnungen<br />
variantenabhängige Nutzungseinschränkungen zur Folge, so dass sich <strong>für</strong> die im<br />
Charterverkehr zum Einsatz kommenden Flugzeugmuster Airbus A319/A320 sowie<br />
die Boeing 737-Reihe eine Beschränkung des max. Abfluggewichts (MTOW) ergibt<br />
(ROV [27]).<br />
- Bei den Varianten A1/A2 werden in <strong>Start</strong>richtung 22 Beschränkungen des Abfluggewichts<br />
<strong>von</strong> 2,0 bis 10,0 t angegeben.<br />
- Die Variante B sowie die optimierte Variante B können uneingeschränkt genutzt<br />
werden.<br />
- Das Abfluggewicht bei Variante C reduziert sich wegen den in <strong>Start</strong>richtung 09<br />
befindlichen Windenergieanlagen um 0,8 bis 6,2 t [27].<br />
231
Wie bereits in der Analyse des durchgeführten <strong>Bewertungsverfahren</strong>s gesagt, ist<br />
eine großflächige Abtragung <strong>von</strong> Bergkuppen utopisch <strong>und</strong> stellt <strong>für</strong> Variante A1/A2<br />
keine ernsthafte Handlungsoption dar (vgl. Kap. 5.2.2). Zusätzlich wird die Einrichtung<br />
eines ILS in Landerichtung 04 als problematisch eingeschätzt [71]. Wie in<br />
Kap. 5.2.2.3 beschrieben, besitzt die Variante B mit einer Gesamtlänge <strong>von</strong> 3.165 m<br />
bzgl. der geforderten Erreichbarkeit der Flugziele (Kanaren) eine „Überlänge“, d.h.<br />
ein Mehrnutzen ist vorhanden <strong>und</strong> es sollte eine „Bonusbewertung“ erfolgen. Die optimierte<br />
Variante B ist so konfiguriert, dass sie die Zielkriterien zu 100 % erfüllt. Bei<br />
Variante C muss im Gegensatz zur bereits durchgeführten Bewertung des Flughafenbetreibers<br />
die fehlende Hindernisfreiheit in Betriebsrichtung 09 mit berücksichtigt<br />
werden, da ein Rückbau der störenden Windkraftanlagen fraglich ist (Anl. 59). Der<br />
Kostenaufwand <strong>für</strong> eine Demontage wird auf bis zu 30 Mio. € geschätzt [8] <strong>und</strong> dürfte<br />
deshalb indiskutabel sein. Zusätzlich sind aufgr<strong>und</strong> der Windkraftanlagen technische<br />
Probleme bei der Einrichtung eines ILS (CAT II/III) in Betriebsrichtung 09 nicht auszuschließen<br />
[71].<br />
Sonderregelungen, wie <strong>von</strong> Prof. Toepel in einer Anmerkung zur Stellungnahme des<br />
DSF dargestellt [68], könnten die im täglichen Flugbetrieb real auftretenden Nutzungseinschränkungen<br />
nahezu vollständig ausgleichen. Dadurch wären alle S/L-<br />
Bahn-Varianten hinsichtlich der Nutzungseinschränkungen in jedem Fall akzeptabel,<br />
so dass definitiv kein „K.o.-Kriterium“ vorliegt.<br />
Im Folgenden sind in Tab. 16 die variantenabhängigen Nutzungseinschränkungen<br />
angegeben <strong>und</strong> bepunktet, wodurch eine Miteinbeziehung der Auswirkungen durch<br />
evtl. Rodungen <strong>und</strong> den Abtrag <strong>von</strong> Bergkuppen zur Herstellung der 100-%igen Hindernisfreiheit<br />
bei der Betrachtung der übrigen Bewertungskriterien entfällt. Die bzgl.<br />
des Bewertungskriteriums „Nutzungseinschränkungen“ angesetzten Zielerreichungsgrade<br />
wurden hier sehr niedrig abgeschätzt, um bei jeder S/L-Bahn-Variante stets<br />
auf der sicheren Seite zu liegen. Es wäre im konkreten Fall des Ausbauvorhabens<br />
am VLP Kassel-Calden ratsam, eine erneute Flugbetriebsberechnung unter Einbeziehung<br />
<strong>von</strong> Sonderreglungen durchzuführen.<br />
232
S/L-Bahn-Variante<br />
Zielerreichungsgrad<br />
[%]<br />
Bepunktung [Pkt]<br />
j = 1 85 % 62<br />
j = 2 85 % 62<br />
j = 3 105 % 95<br />
j = 4 90 % 78<br />
j = 5 100 % 90<br />
Tab. 16:<br />
KSF: Bewertungskriterium „Nutzungseinschränkungen“, eigene<br />
Darstellung<br />
• Betriebliche Aspekte<br />
Prinzipiell müssten <strong>für</strong> eine Bewertung <strong>von</strong> betrieblichen Aspekten die variantenabhängigen<br />
Rollwege bzw. die daraus resultierenden Rollzeiten zum bestehenden<br />
Vorfeld miteinander verglichen werden. Im Fallbeispiel VLP Kassel-Calden ergeben<br />
sich keine bewertbaren Differenzen, da mit dem Ausbauvorhaben ein kompletter<br />
Flughafenneubau verb<strong>und</strong>en ist <strong>und</strong> das jeweilige neue Vorfeld günstig an das neue<br />
S/L-Bahn-System angepasst wird (ca. 2,5 km Rollweg entspricht einer Rollzeit <strong>von</strong><br />
ca. 7,5 min).<br />
Sämtliche S/L-Bahn-Varianten sind deshalb in Bezug auf die betrieblichen Aspekte<br />
gleichermaßen geeignet <strong>und</strong> erhalten gem. Kap. 6.2.4.2.3 eine Bepunktung mit<br />
92 Punkten.<br />
• Nachhaltigkeit des Ausbaus<br />
Das prognostizierte Luftverkehrsaufkommen <strong>für</strong> das Prognosejahr 2015 wurde anhand<br />
verschiedener Szenarien ermittelt. Das maßgebliche Szenarium stellt das sog.<br />
Kombinationsszenario (Charter-, Linien- <strong>und</strong> Low-Cost-Flugbetrieb) mit insgesamt<br />
54.600 Flugbewegungen, da<strong>von</strong> 7.566 gewerblichen Flugbewegungen, dar [58].<br />
Dieses Luftverkehrsaufkommen entspricht ca. zwei Drittel der prognostizierten Auslastung<br />
am Flughafen Frankfurt-Hahn (s. Kap. 7.1.3.1). Somit ist die Nachhaltigkeit<br />
233
des Ausbauvorhabens bei allen S/L-Bahn-Varianten offensichtlich <strong>und</strong> in einem „sehr<br />
guten“ Maß vorhanden. Dies entspricht einer jeweiligen Bepunktung mit<br />
100 Punkten.<br />
7.2.3.1.2 Umweltauswirkungen<br />
• Schutzgut „Menschen“<br />
Innerhalb der Raumordnungsunterlagen <strong>und</strong> des Antrags auf Planfeststellung wird<br />
als Berechnungsgr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Lärmkonturen gem. AzB 99 bzw. LAI der prognostizierte<br />
reale Flugbetrieb angesetzt (Prognosejahr 2015). Eine variantenabhängige<br />
Betriebsrichtungsverteilung ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich [27,<br />
28]. Im Vergleich zur 100/100-Regelung (Kap. 6.2.4.3.1) führt die Bewertung der realen<br />
Betriebsrichtungsverteilung zu insgesamt geringeren Betroffenheitszahlen. Im<br />
konkreten Fall des VLP Kassel-Calden wirkt sich dies aufgr<strong>und</strong> der äußerst dünn besiedelten<br />
Flughafenperipherie nicht gravierend aus; eine Optimierung bzw. Neuberechnung<br />
der Betroffenheitszahlen durch Fluglärm im Zuge eines Fachgutachtens<br />
erübrigt sich hier. Die vorhandenen Betroffenheitszahlen aus den Raumordnungsunterlagen<br />
wurden deshalb in das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> weitestgehend übernommen.<br />
Die innerhalb des ROV durchgeführte Bewertung enthält Lärmkonturen <strong>von</strong> 35 dB(A)<br />
bis 55 dB(A) (Lärmtechnisches Gutachten [27]). Da diese niedrigen Lärmkonturen in<br />
den Bereich „unerhebliche“ Lärmauswirkungen fallen (vgl. Kap. 6.2.3.1), sind sie <strong>für</strong><br />
eine redliche Variantenbewertung nicht geeignet <strong>und</strong> werden hier nicht weiter untersucht.<br />
Tab. 17 enthält eine Zusammenfassung der Lärmbelastungen der S/L-Bahn-<br />
Varianten sowie der sog. Nullvariante (Anl. 60).<br />
Da in der Nachtzeit (22:00-06:00 Uhr) maximal fünf Fugbewegungen pro Nacht zugelassen<br />
werden sollen (zwei <strong>Start</strong>s u. zwei Landungen regulär sowie ein <strong>Start</strong> oder<br />
eine Landung aufgr<strong>und</strong> Verspätungen, VIP- oder Ambulanzflügen), erübrigt sich eine<br />
Berechnung der nächtlichen Lärmkonturen.<br />
Die gem. Kap. 6.2.4.3.1 berechenbaren Differenzen des Personenwertes Δp j zwischen<br />
Nullvariante <strong>und</strong> S/L-Bahn-Variante liegen im Bereich <strong>von</strong> 15 (j = 4) bis 765<br />
234
(j = 1 u. 2), was <strong>für</strong> alle S/L-Bahn-Varianten ein sehr niedriges Niveau darstellt. Alle<br />
S/L-Bahn-Varianten erhalten eine Bepunktung <strong>von</strong> 90 Punkten.<br />
Lärmkonturen gem. AzB 99 („Real-Verteilung“)<br />
Bew.-<br />
Stufe<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Tag<br />
Nullvariante<br />
Wohnbevölkerung<br />
(Bestand + Zuwachs + Nachverdichtung)<br />
j = 1 j = 2 j = 3 j = 4 j = 5<br />
L eq(3), Tag ≥ 65<br />
dB(A)<br />
– – – – – –<br />
60 dB(A) ≤ L eq(3),<br />
Tag < 65 dB(A)<br />
– – – – – –<br />
55 dB(A) ≤ L eq(3),<br />
Tag < 60 dB(A)<br />
0 765* 765* 0 15* 0*<br />
Nutzer <strong>von</strong> lärmsensiblen Einrichtungen<br />
(Bestand + Planung)<br />
3<br />
2<br />
L eq(3), Tag ≥ 60<br />
dB(A)<br />
– – – – – –<br />
55 dB(A) ≤ L eq(3),<br />
Tag < 60 dB(A)<br />
– – – – – –<br />
Tab. 17: KSF: Schutzgut „Menschen“, tägliche Betroffenheiten, eigene Darstellung (selbst ermittelte<br />
Werte mit Stern)<br />
• Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“<br />
Bei der neuen Bewertung des Schutzgutes „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ wird am<br />
Fallbeispiel VLP Kassel-Calden da<strong>von</strong> ausgegangen, dass der ausbaubedingte Verlust<br />
<strong>von</strong> Fauna <strong>und</strong> Flora unabhängig <strong>von</strong> der S/L-Bahn-Variante gr<strong>und</strong>sätzlich akzeptabel<br />
ist (kein „K.o.-Kriterium“, vgl. Kap. 6.2.4.3.2), da ansonsten evtl. S/L-Bahn-<br />
Varianten aus der Bewertung herausgefallen wären.<br />
Da bei den Varianten j = 1 <strong>und</strong> j = 2 keine Bergabtragungen <strong>und</strong> Rodungen erfolgen,<br />
sind im Gegensatz zur durchgeführten Bewertung des Flughafenbetreibers keine<br />
FFH-Melde- bzw. -Vorschlagsgebiete direkt betroffen [27]. Bei allen S/L-Bahn-Varianten<br />
werden Schutzgebiete gleichermaßen überflogen, eine variantenabhängige<br />
Differenzierung <strong>von</strong> evtl. Beeinträchtigungen bzw. Störungen ist nicht möglich <strong>und</strong><br />
entfällt deshalb hier (vgl. Anl. 61).<br />
235
Tab. 18 enthält eine Zusammenstellung der jeweils betroffenen Teilflächen sowie<br />
eine Zuordnung zu den Bewertungsstufen gem. Kap. 6.2.4.3.2. Im Vergleich zu den<br />
Auswirkungen auf die Freilandflächen (Varianten j = 1 u. 2) werden die Auswirkungen<br />
auf die Waldflächen („Hegeholz“) allgemein als gravierender angesehen (vgl.<br />
Anl. 62). Aus den vorliegenden Raumordnungs- <strong>und</strong> Planfeststellungsunterlagen<br />
wurden die Gesamtauswirkungen gem. der neuen Bewertungsmatrix abgeschätzt<br />
[27, 28]. Da der Bereich der realen Außenzone aufgr<strong>und</strong> der vorliegenden Unterlagen<br />
nicht exakt definiert werden kann, wurde <strong>für</strong> alle S/L-Bahn-Varianten als reale<br />
Bezugsfläche die standardisierte Bezugsfläche der Außenzone gem. Kap. 6.2.4.3<br />
gewählt. Diese Fläche deckt eine größere Fläche als die reale Außenzone ab <strong>und</strong><br />
liegt somit auf der sicheren Seite.<br />
Die Standardbezugsfläche A Bezug(Kern) berechnet sich zu:<br />
A Bezug(Kern) = (2.500 • 1,5) • 720 / 10.000 = 270,0 ha.<br />
Einstufung der flächenbezogenen Auswirkungen<br />
Bew.-<br />
Stufe<br />
j = 1 j = 2 j = 3 j = 4 j =5<br />
(K)<br />
(A)<br />
(K)<br />
(A)<br />
(K)<br />
(A)<br />
(K)<br />
(A)<br />
(K)<br />
(A)<br />
[ha]<br />
[ha]<br />
[ha]<br />
[ha]<br />
[ha]<br />
[ha]<br />
[ha]<br />
[ha]<br />
[ha]<br />
[ha]<br />
1 80,0* – 80,0* – 80,0* – 80,0* – 80,0* –<br />
2 – 17,0* – 14,5* – – – 11,0* – –<br />
3 124,8* 488,8* 131,2* 494,3* 197,0* 756,0* 206,0* 873,0* 172,0* 756,0*<br />
4 31,2* 425,2* 32,8* 426,2* 13,5* 157,0* – 54,0* 13,5* 157,0*<br />
5 – 76,0* – 72,0* 58,5* 62,0* 42,0* 97,0* 58,5* 62,0*<br />
6 – 73,0* – 73,0* – 105,0* – 45,0* – 105,0*<br />
7 – – – – – – – – – –<br />
∑ 236,0 1.080,0 244,0 1.080,0 349,0 1.080,0 328,0 1.080,0 324,0 1.080,0<br />
Tab. 18: KSF: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, flächenbezogene Auswirkungen, eigene Darstellung<br />
(selbst ermittelte Werte mit Stern)<br />
In Tab. 19 sind die weiteren Schritte zur Ermittlung der variantenabhängigen Bepunktung<br />
des Schutzgutes „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ dargestellt:<br />
236
S/L-Bahn-<br />
Variante<br />
b j(K) [-] b j(A) [-] x 2j (K) [-] x 2j (A) [-] x 2j ges<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 0,87 1,0 2,45 3,72 2,93 71<br />
j = 2 0,90 1,0 2,48 3,72 2,98 70<br />
j = 3 1,29 1,0 2,92 3,55 3,66 63<br />
j = 4 1,21 1,0 2,77 3,34 3,35 67<br />
j = 5 1,20 1,0 2,91 3,55 3,52 65<br />
Tab. 19: KSF: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, Bepunktung, eigene Darstellung<br />
• Schutzgut „Boden“<br />
Wie in Kap. 6.2.4.3.3 erläutert, müssen <strong>für</strong> die Bewertung des Schutzgutes „Boden“<br />
zunächst die variantenabhängigen betroffenen Teilflächen ermittelt <strong>und</strong> den Bewertungsstufen<br />
gem. der Bewertungsmatrix in Anl. 47 zugeordnet werden.<br />
Die einzelnen Teilflächen sowie die ausbaubedingten Veränderungen (Auf- bzw. Abwertung)<br />
sind <strong>für</strong> das Ausbauvorhaben am VLP Kassel-Calden in Tab. 20 zusammengefasst.<br />
Gr<strong>und</strong>lagen bilden dazu die Überlagerungen aus den einzelnen Bestandsbewertungen<br />
<strong>für</strong> [27]:<br />
- die Bedeutung <strong>für</strong> die Gr<strong>und</strong>wassernutzung,<br />
- das Biotopenentwicklungspotential <strong>und</strong><br />
- die Funktion als Filter <strong>und</strong> Puffer (Anl. 63).<br />
S/L-<br />
Bahn-<br />
Variante<br />
Bewertungsstufe Ist-Zustand [-]<br />
Teilfläche [ha]<br />
1 2 3 4 5<br />
A Kern j<br />
[ha]<br />
Bewertungsstufe Nach-Ausbau [-]<br />
Teilfläche [ha]<br />
1 2 3 4 5<br />
j = 1 22,0* 58,0* 156,0* - - 236,0 52,0* 184,0* - - -<br />
j = 2 22,0* 58,0* 166,0* - - 244,0 52,0* 192,0* - - -<br />
j = 3 22,0* 58,0* 177,0* 92,0* - 349,0 87,8* 261,2* - - -<br />
j = 4 22,0* 58,0* 179,0* 69,0* - 328,0 74,0* 254,0* - - -<br />
j = 5 22,0* 58,0* 152,0* 92,0* - 324,0 79,2* 244,8* - - -<br />
Tab. 20: KSF: Schutzgut „Boden“, Einstufung der betroffenen Flächen, eigene Darstellung (selbst ermittelte<br />
Werte mit Stern)<br />
237
Da das bestehende S/L-Bahn-System beibehalten wird, wird die bereits vorhandene<br />
Fläche mit berücksichtigt. Tab. 21 enthält die Berechnung der entsprechenden variantenabhängigen<br />
Bepunktung (A Bezug(Kern) = 270,0 ha).<br />
S/L-Bahn-<br />
Variante<br />
b j [-] x 3j (v. A.) [-] x 3j (n. A.) [-] Δ x 3j Δ x 3j ges<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 0,87 2,57 1,78 0,79 0,69 81<br />
j = 2 0,90 2,61 1,79 0,82 0,74 81<br />
j = 3 1,29 2,97 1,75 1,22 1,57 70<br />
j = 4 1,21 2,90 1,77 1,13 1,37 73<br />
j = 5 1,20 2,97 1,76 1,21 1,45 72<br />
Tab. 21: KSF: Schutzgut „Boden“, Bepunktung, eigene Darstellung<br />
• Schutzgut „Wasser (Gr<strong>und</strong>-/Oberflächenwasser)“<br />
Wie bereits im Zuge der Anwendung des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s am Flughafen<br />
Frankfurt-Hahn beschrieben, kommt es zu ausbaubedingten Voll- <strong>und</strong> Teilversiegelungen<br />
<strong>von</strong> Flächen <strong>und</strong> somit zu Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts. Aufgr<strong>und</strong><br />
der Entwässerungseinrichtungen der Flugbetriebsflächen, die dem aktuellen<br />
Stand der Technik entsprechen müssen, sind ausbaubedingte Schadstoffeinträge<br />
nicht zu erwarten. Potentielle Havariefälle können zwar generell nicht ausgeschlossen<br />
werden, doch sind sowohl ein evtl. Schadensausmaß als auch eine variantenabhängige<br />
Differenzierung nicht ableitbar (vgl. Kap. 7.1.3.1.2). Deshalb ist beispielsweise<br />
die Miteinbeziehung <strong>von</strong> Flächen mit einer potentiellen Verschmutzungsempfindlichkeit<br />
des Gr<strong>und</strong>wassers bei der Betrachtung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten nicht zielführend<br />
[27, 28].<br />
Variantenabhängige Unterschiede ergeben sich einerseits durch die jeweils betroffenen<br />
Flächen, da insbesondere durch die Voll- <strong>und</strong> Teilversiegelung <strong>von</strong> Flächen die<br />
Gr<strong>und</strong>wasserneubildung reduziert wird <strong>und</strong> andererseits durch die direkten Eingriffe<br />
in Oberflächengewässer (Verlust <strong>von</strong> Fließgewässern, Stillgewässern <strong>und</strong> Quellen).<br />
Tab. 22 enthält eine Zusammenfassung der variantenabhängigen Betroffenheiten<br />
238
(Anl. 65), den dementsprechenden Zuordnungen der Bewertungsstufen gem.<br />
Kap. 6.2.4.3.4 sowie den dazugehörigen Bepunktungen.<br />
S/L-Bahn-<br />
Beeinträchtigung<br />
Beeinträchtigung<br />
Beeinträchtigung<br />
betroffene<br />
Bew.-Stufe<br />
Bepunktung<br />
Variante<br />
„Schachter Gr<strong>und</strong>“ [X]<br />
„Suderbach“ [X]<br />
„Maibach“ [X]<br />
Fläche [ha]<br />
X 4<br />
[Pkt]<br />
j = 1 X X – 156,0* 3 70<br />
j = 2 X X – 164,0* 3 70<br />
j = 3 – X X 269,0* 3,5 63<br />
j = 4 X X – 173,6* 3 70<br />
j = 5 – X X 225,0* 3,25 66<br />
Tab. 22: KSF: Schutzgut „Wasser“, variantenabhängige Betroffenheiten u. Bepunktung, eigene Darstellung<br />
(selbst ermittelte Werte mit Stern)<br />
Die Beeinträchtigung des Gr<strong>und</strong>wassers wird im Wesentlichen durch die ausbaubedingte<br />
neu in Anspruch genommene Fläche <strong>und</strong> deren Bedeutung <strong>für</strong> die Gr<strong>und</strong>wassernutzung<br />
bestimmt (vgl. Anl. 64). Durch die Mitnutzung des bestehenden Flugplatzareals<br />
benötigen die Varianten j = 1 u. 2 (A1/A2) gegenüber den anderen Varianten<br />
die geringste zusätzliche Fläche mit einer mittleren Bedeutung <strong>für</strong> die Gr<strong>und</strong>wassernutzung<br />
(„mittlerer Bedeutung“ <strong>für</strong> die Gr<strong>und</strong>wassernutzung sowie Heilquellenschutzzone<br />
IV u. D, Anl. 64). Die Variante j = 4 (C) liegt zu ca. 70 % in dieser<br />
Fläche <strong>und</strong> ist hinsichtlich der betroffenen Flächengröße annähernd gleichwertig mit<br />
den Varianten j = 1 u. 2. Die Varianten j = 3 <strong>und</strong> 5 (B/opt. B) liegen vollständig in dieser<br />
Fläche <strong>und</strong> haben deshalb hinsichtlich der Beeinträchtigung des Gr<strong>und</strong>wassers<br />
die schlechteste Einstufung.<br />
Unter dem Aspekt der Inanspruchnahme <strong>von</strong> Oberflächengewässern sind die Varianten<br />
j = 1, j = 2 <strong>und</strong> j = 4 annähernd gleichwertig. Da sich die Beeinträchtigungen im<br />
Wesentlichen auf anthropogen überprägte Bachoberläufe beschränken, sind die Auswirkungen<br />
eher mäßig. Die Varianten j = 3 <strong>und</strong> j = 5 haben die geringsten Beeinträchtigungen<br />
<strong>von</strong> Oberflächengewässern zur Folge, die durch planerische Optimierungen<br />
sogar fast vollständig vermieden werden können (Anl. 65) [27].<br />
239
Insgesamt gesehen, sind bei einer Realisierung der Varianten j = 1, j = 2 <strong>und</strong> j = 4<br />
„mäßige Auswirkungen“ zu erwarten (X 4 = 3). Die deutlich größeren betroffenen Flächen<br />
bei den Varianten j = 3 <strong>und</strong> j = 5 können durch die vergleichsweise geringere<br />
Inanspruchnahme <strong>von</strong> Fließgewässern nicht vollständig ausgeglichen werden. Variante<br />
j = 5 erhält deshalb eine etwas niedrigere Einstufung <strong>von</strong> X 4 = 3,25, gefolgt <strong>von</strong><br />
Variante j = 3 mit einer Einstufung <strong>von</strong> X 4 = 3,5 (Tab. 22).<br />
• Schutzgut „Luft“<br />
In Analogie zu Kap. 6.2.4.3.5 werden am VLP Kassel-Calden bei jeder S/L-Bahn-Variante<br />
die festgelegten Grenzwerte <strong>für</strong> Schadstoffemissionen gem. 22. BImSchV eingehalten,<br />
variantenabhängige relevante Unterschiede treten nicht auf.<br />
Der „Verlust an lufthygienischer Ausgleichsfunktion“ wird in Tab. 23 anhand des erforderlichen<br />
Waldflächenverlustes zur Realisierung einer S/L-Bahn-Variante dargestellt.<br />
Des Weiteren wird anhand des Verhältnisses y j <strong>von</strong> Waldflächenverlust zur Standardbezugsfläche<br />
die variantenabhängige Bepunktung berechnet (A Bezug(Kern) =<br />
270,0 ha).<br />
S/L-<br />
Bahn-<br />
Variante<br />
Anlagebedingter<br />
Verbrauch <strong>von</strong><br />
Forstwirtschaftsfläche<br />
[ha]<br />
Rodungsfläche<br />
außerhalb des<br />
Flughafengeländes<br />
[ha]<br />
Gesamtfläche<br />
[ha]<br />
Verhältnis y j [-]<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 – – 0,0* – 90<br />
j = 2 – – 0,0* – 90<br />
j = 3 36,0* 12,0* 48,0* ≈ 0,1777 81<br />
j = 4 9,0* 45,0* 54,0* ≈ 0,2000 80<br />
j = 5 36,0* 12,0* 48,0* ≈ 0,1777 81<br />
Tab. 23: KFS: Schutzgut „Luft“, Bepunktung, eigene Darstellung (selbst ermittelte Werte mit Stern)<br />
240
• Schutzgut „Klima“<br />
Der VLP Kassel-Calden liegt im Naturraum „Westhessische Senke“, die auch das<br />
Kasseler Becken mit einschließt <strong>und</strong> durch den Wechsel <strong>von</strong> Niederungen, Becken<br />
<strong>und</strong> flachen Rücken geprägt ist. Durch die geographische Lage ist der Flughafenstandort<br />
relativ frei <strong>von</strong> extremen Wettererscheinungen [27, 28]. Das Klima in der<br />
Region gehört zum warm-gemäßigten Regenklima der mittleren Breiten. Überwiegend<br />
süd-westliche Winde prägen die Windrichtungsverteilung.<br />
Wie bereits gesagt, werden einerseits durch die erforderlichen Rodungen die Ventilationswirkung<br />
<strong>und</strong> Frischluftentstehung reduziert, andererseits wird durch die Versiegelung<br />
<strong>von</strong> Freilandflächen die allgemeine Kaltluftentstehung verringert.<br />
Modellsimulationen wurden bzgl. der Belüftungssituation <strong>für</strong> alle S/L-Bahn-Varianten<br />
durchgeführt. Für die angrenzenden Ortschaften konnten keine relevanten Veränderungen<br />
festgestellt werden. Bei allen S/L-Bahn-Varianten ist besonders bei sonnigem<br />
Wetter über den versiegelten Flächen mit einer geringfügigen Temperaturerhöhung<br />
der bodennahen Luftschicht zu rechnen, die mit zunehmendem Abstand vom Befestigungsrand<br />
rasch abklingt. Die Auswirkungen bleiben deshalb auf das Flughafengelände<br />
begrenzt [27, 28].<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Geringfügigkeit der Klimaveränderungen, verb<strong>und</strong>en mit der Beschränkung<br />
auf das Flughafengelände, können alle S/L-Bahn-Varianten in Bezug auf das<br />
Schutzgut „Klima“ als gleichwertig angesehen werden. Gemäß der Bewertungsmatrix<br />
bzgl. des Schutzgutes „Klima“ werden sämtliche S/L-Bahn-Varianten mindestens als<br />
„vertretbar“ eingestuft (Anl. 50, Bewertungsklasse 3) <strong>und</strong> erhalten eine Bewertung<br />
<strong>von</strong> jeweils 72 Punkten.<br />
• Schutzgut „Landschaft“<br />
Eine Zusammenfassung der maßgeblichen homogenen Landschaftsbildeinheiten<br />
(ästhetische Raumeinheiten) enthält Anl. 66. Die wesentlichen Beeinträchtigungen<br />
des Landschaftsbildes treten bei den Varianten B (j = 3 u. j = 5) <strong>und</strong> der Variante C<br />
(j = 4) infolge der Eingriffe in das „Hegeholz“ auf, wobei Variante C (j = 4) eine Zerschneidung<br />
des „Hegeholzes“ zur Folge hat (FL 1.3, Anl. 66). Anzumerken ist, dass<br />
241
das bestehende S/L-Bahn-System bei allen Ausbauvarianten in einer nicht näher bestimmten<br />
Form weiter genutzt wird <strong>und</strong> somit in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen<br />
werden muss.<br />
In Tab. 24 sind in Bezug auf das Schutzgut „Landschaft“ die variantenabhängigen<br />
betroffenen Flächen dargestellt. Die Auswertung bzw. Bepunktung erfolgt gem.<br />
Kap. 6.2.4.3.7 (A Bezug(Kern) = 270,0 ha, vgl. Anl. 66).<br />
S/L-<br />
Bahn-<br />
Variante<br />
Bewertungsstufe [-],<br />
Teilfläche [ha]<br />
1 2 3 4 5<br />
A Kern j<br />
[ha]<br />
b j [-] x 7j [-]<br />
x 7j ges<br />
[-]<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 80,0* 104,0* 52,0* - - 236,0* 0,87 1,88 1,64 82<br />
j = 2 80,0* 115,0* 49,0* - - 244,0* 0,90 1,87 1,69 81<br />
j = 3 80,0* 209,0* 14,0* 46,0 * - 349,0* 1,29 2,07 2,67 69<br />
j = 4 80,0* 198,0* 14,0* 54,0* - 346,0* 1,28 2,12 2,72 69<br />
j = 5 80,0* 184,0* 14,0* 46,0* - 324,0* 1,20 2,08 2,50 71<br />
Tab. 24: KSF: Schutzgut „Landschaft“, Zuordnung der betroffenen Flächen u. Bepunktung, eigene Darstellung<br />
(selbst ermittelte Werte mit Stern)<br />
• Schutzgut „Kultur- u. sonstige Sachgüter“<br />
Von allen S/L-Bahn-Varianten (j = 1 bis 5) sind keine Kultur- u. sonstigen Sachgüter<br />
direkt betroffen (Anl. 67). Demnach kommt es zu keinem anlagebedingten Verlust<br />
bzw. Teilverlust. Visuelle Auswirkungen sind anhand der vorliegenden Unterlagen<br />
nicht erkennbar. Betriebsbedingte Auswirkungen durch „Verlärmung“ bewirken bei<br />
allen S/L-Bahn-Varianten äußerst geringfügige Beeinträchtigen – nur bei Einzelschallereignissen<br />
> 55 dB(A) – <strong>und</strong> stellen deshalb keinen bewertbaren Faktor bzgl.<br />
des Schutzgutes „Kultur- u. sonstige Sachgüter“ dar.<br />
Zusammenfassend können die Auswirkungen als „unbedenklich“ eingestuft werden<br />
(Bewertungsmatrix, Anl. 52); dies entspricht einer jeweiligen Bepunktung der S/L-<br />
Bahn-Varianten mit 90 Punkten.<br />
242
7.2.3.2 Variantenreihung<br />
Die S/L-Bahn-Varianten erhalten in den Bereichen „Leistungsfähigkeit“ <strong>und</strong> „Umweltauswirkungen“<br />
folgende Gesamtbepunktungen:<br />
Bewertungskriterium<br />
S/L-Bahn-Variante<br />
j = 1 j = 2 j = 3 j = 4 j = 5<br />
Leistungsfähigkeit:<br />
Kapazität 90 90 90 90 90<br />
Nutzungseinschränkungen 62 62 95 78 90<br />
Betriebliche Aspekte 92 92 92 92 92<br />
Nachhaltigkeit des Ausbaus 100 100 100 100 100<br />
Summe: 344 344 377 360 372<br />
Umweltauswirkungen (Schutzgüter):<br />
„Menschen“ 90 90 90 90 90<br />
„Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ 71 70 63 67 65<br />
„Boden“ 81 81 70 73 72<br />
„Wasser (Gr<strong>und</strong>-/Oberflächenwasser)“ 70 70 63 70 66<br />
„Luft“ 90 90 81 80 81<br />
„Klima“ 72 72 72 72 72<br />
„Landschaft“ 82 81 69 69 71<br />
„Kultur u. sonstige Sachgüter“ 90 90 90 90 90<br />
Summe: 646 644 598 611 607<br />
anzusetzende Bewertungspunkte: 167 167 169 166 169<br />
Tab. 25: KSF: Bepunktung der Bereiche Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltauswirkungen, eigene<br />
Darstellung<br />
Die vom Flughafenbetreiber durchgeführte Bewertung der S/L-Bahn-Varianten enthält<br />
keine Ermittlung der jeweiligen Realisierungskosten [27, 28]. In den Planfeststellungsunterlagen<br />
wird ausschließlich der Kostenrahmen <strong>für</strong> die vom Flughafenbetreiber<br />
favorisierte Variante j = 4 (C) dargestellt, der sich auf insgesamt 151,5 Mio. €<br />
beläuft. Dieser Betrag beinhaltet [28]:<br />
243
- Kosten <strong>für</strong> Gr<strong>und</strong>erwerb, Entschädigungen, Rodungen, Ausgleichs- u. Ersatzmaßnahmen,<br />
- Kosten <strong>für</strong> Baumaßnahmen inkl. Erdbau <strong>und</strong> mobile Ausrüstung,<br />
- Verfahrens-/ Planungs-/ Baunebenkosten sowie Kosten <strong>für</strong> Rechtsberatung.<br />
Um die Realisierungskosten der übrigen S/L-Bahn-Varianten abzuschätzen, wurde<br />
jede S/L-Bahn-Variante hinsichtlich der Kostenersparnisse <strong>und</strong> Mehrkosten in Bezug<br />
zur Variante j = 4 betrachtet, die als Referenzvariante definiert wurde. Als maßgebliche<br />
variantenabhängige Kostenindikatoren sind der Flächenbedarf sowie die erforderlichen<br />
Erdmassenbewegungen zu nennen (Tab. 26). Die jeweiligen anzusetzenden<br />
Preise wurden dem Gutachten <strong>von</strong> Prof. Bossel entnommen [6]. Sämtliche<br />
Werte sind gegenüber der vom Flughafenbetreiber favorisierten Variante j = 4 (C)<br />
konservativ abgeschätzt, so dass die tatsächlichen Realisierungskosten der übrigen<br />
S/L-Bahn-Varianten niedriger sein dürften (die Annahmen liegen auf der „sicheren<br />
Seite“).<br />
S/L-Bahn-<br />
Variante<br />
∆ Flächenbedarf<br />
[ha]<br />
Kosten [€]<br />
∆ Erdmassenbewegungen<br />
[m 3 ]<br />
gem. [20]<br />
Kosten [€]<br />
Mehrkosten<br />
bzw.<br />
Kostenersparnisse<br />
[€]<br />
j = 1 (A1) - 92,0* - 9,2 Mio.* - 1,45 Mio. - 14,5 Mio.* - 23,7 Mio.<br />
j = 2 (A2) - 82,0* - 8,2 Mio.* - 1,25 Mio. - 12,5 Mio.* - 20,7 Mio.<br />
j = 3 (B) + 21,0* + 2,1 Mio.* + 0,15 Mio. + 1,5 Mio.* + 3,6 Mio.<br />
j = 4 (C) 0,0* 0,0* 0,0 0,0* 0,0<br />
j = 5 (B opt.) - 4,0* - 4,0 Mio.* - 0,30 Mio.* - 3,0 Mio.* - 7,0 Mio.<br />
Tab. 26: KSF: Kostenabschätzung, eigene Darstellung (selbst ermittelte Werte mit Stern)<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Nutzung des bestehenden S/L-Bahn-Systems ist der Flächenbedarf<br />
<strong>von</strong> den Varianten j = 1 u. 2 (A1/A2) am geringsten <strong>und</strong> ist ca. 92 ha bzw. 82 ha<br />
geringer als bei Variante j = 4 (C). Der Mehrbedarf an Fläche beträgt bei Variante<br />
j = 3 (B) ca. 21 ha. Die optimierte Variante j = 5 (B opt.) benötigt ca. 4 ha weniger<br />
Fläche als Variante j = 4 (C). Ein nahezu identisches Bild zeigt sich bei den erforder-<br />
244
lichen Erdmassenbewegungen. Zur Realisierung der Varianten j = 1 u. 2 (A1/A2)<br />
müssten im Vergleich zur Variante j = 4 (C) ca. 1,45 Mio. m 3 bzw. ca. 1,25 Mio. m 3<br />
Erdmasse weniger bewegt werden. Bei Variante j = 3 (B) wären es ca. 0,15 Mio. m 3<br />
Erdmassenbewegung mehr <strong>und</strong> bei der optimierten Variante j = 5 (B opt.) ca. 0,30<br />
Mio. m 3 Erdmassenbewegung weniger als bei Variante j = 4 (C).<br />
Die Aufwendungen <strong>für</strong> den Betrieb <strong>und</strong> die Erhaltung des zukünftigen S/L-Bahn-<br />
Systems sind aufgr<strong>und</strong> der größeren S/L-Bahn-Längen bei den Varianten j = 3 <strong>und</strong><br />
j = 5 im Vergleich zu den übrigen S/L-Bahn-Varianten geringfügig höher zu bewerten.<br />
Im Zuge der folgenden Variantenreihung werden diese marginalen Unterschiede vernachlässigt,<br />
da sie keinen Einfluss auf die Variantenreihung haben (Tab. 27).<br />
S/L-Bahn-Variante<br />
Realisierungskosten<br />
[€]<br />
Variantenreihung<br />
(gem. Kap. 6.2.4.4.1)<br />
j = 1: Variante A1 ca. 127,8 Mio.* 1,31 Pkt / Mio. €<br />
j = 2: Variante A2 ca. 130,8 Mio.* 1,28 Pkt / Mio. €<br />
j = 3: Variante B ca. 155,1 Mio.* 1,09 Pkt / Mio. €<br />
j = 4: Variante C 151,5 Mio.* 1,10 Pkt / Mio. €<br />
j = 5: Variante B opt. ca. 144,5 Mio.* 1,17 Pkt / Mio. €<br />
Tab. 27: KSF: Variantenreihung, eigene Darstellung (selbst ermittelte Werte mit Stern)<br />
Wie in Tab. 25 ersichtlich, liegen alle S/L-Bahn-Varianten in Bezug auf die Gesamtbepunktung<br />
in einem vergleichbaren Niveau, wobei die Varianten j = 3 <strong>und</strong> j = 5 mit<br />
2 Pkt. bzw. 3 Pkt. vergleichsweise besser bewertet sind.<br />
In der Variantenreihung liegen wegen des wesentlich geringeren Kostenvolumens<br />
Variante j = 1 (A1), dicht gefolgt <strong>von</strong> Variante j = 2 (A2) vorn. An dritter Stelle liegt<br />
Variante j = 5 (B opt.). Variante j = 3 (C) <strong>und</strong> j = 4 (B) können als nahezu gleichwertig<br />
angesehen werden <strong>und</strong> liegen an vierter Stelle bzw. fünfter Stelle der Variantenreihung.<br />
245
Wie zu Anfang der neuen Bewertung erwähnt, bestehen mehrere Optionen der landseitigen<br />
Anbindung der B 7 <strong>und</strong> B 83. Diese müssen unabhängig bewertet werden<br />
<strong>und</strong> sollten auf die Varianten j = 1 u. 2 (A1/A2) abgestimmt sein.<br />
7.2.3.3 Rangfolge <strong>und</strong> Einstufung<br />
Da bei den Varianten j = 1, j = 2 <strong>und</strong> j = 4 keine 100-%ige Hindernisfreiheit gewährleistet<br />
werden kann, müssen die An- <strong>und</strong> Abflugverfahren angepasst werden („Sonderverfahren“,<br />
[68]). Ein potentielles höheres Flugunfallrisiko lässt sich daraus jedoch<br />
nicht ableiten. Weiterhin können keine variantenabhängigen Unterschiede hinsichtlich<br />
des Realisierungszeitraumes aufgezeigt werden. Sonstige Faktoren <strong>für</strong> eine evtl.<br />
Änderung der Variantenreihung sind nicht vorhanden, so dass die Rangfolge der Variantenreihung<br />
aus Kap. 7.2.3.2. entspricht. S/L-Bahn-Variante j = 1: Variante A1 ist<br />
somit gemäß dem neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> die „Bestvariante“.<br />
Da alle S/L-Bahn-Varianten mit 83 % bis 85 % der möglichen Gesamtpunktezahl bewertet<br />
wurden <strong>und</strong> dieser Bereich auf der Grenze zwischen zwei Einstufungen liegt<br />
(vgl. Abb. 48), ist eine genaue Einstufung der S/L-Bahn-Varianten nicht möglich. Alle<br />
S/L-Bahn-Varianten werden deshalb als „gut geeignet“ bis „geeignet“ eingestuft.<br />
7.2.4 Fazit<br />
Die neue Bewertung hat als Ergebnis die „Bestvariante“ S/L-Bahn-Variante j = 1: Variante<br />
A1. Diese wird seitens des Flughafenbetreibers aufgr<strong>und</strong> der fehlenden<br />
100-%igen Hindernisfreiheit <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Nutzungseinschränkungen<br />
kategorisch abgelehnt, die fehlende Hindernisfreiheit der S/L-Bahn-Variante j = 4 (C)<br />
wird vom Flughafenbetreiber nicht berücksichtigt.<br />
Geht man da<strong>von</strong> aus, dass ein Abtragen <strong>von</strong> Bergkuppen in einer Größenordnung<br />
<strong>von</strong> mehr als 45 Mio. m 3 Boden utopisch ist [27, 28] <strong>und</strong> dass ein Flugbetrieb gemäß<br />
den Zielkriterien – mit Einschränkungen – in der bestehenden Bahnausrichtung am<br />
jetzigen Standort möglich ist, dann muss in der Regel die Nutzung des bestehenden<br />
Flugplatzareals Vorteile gegenüber der Anschaffung <strong>und</strong> Nutzung eines neuen Geländes<br />
haben. Diese Vorteile werden im Rahmen des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s<br />
246
ersichtlich. Die in den Raumordnungs- <strong>und</strong> Planfeststellungsunterlagen fehlende Gegenüberstellung<br />
der Realisierungskosten der S/L-Bahn-Varianten lässt, wie auch die<br />
Wahl <strong>und</strong> Anzahl der Bewertungskriterien, Rückschlüsse auf eine „zielgerichtete“<br />
Bewertung des Flughafenbetreibers zu (vgl. Kap. 5.2.2).<br />
De facto stellen die Varianten j = 1 <strong>und</strong> j = 2 (A1/A2) die einzigen realen Ausbauoptionen<br />
des VLP Kassel-Calden dar. Die S/L-Bahn-Varianten j = 3 u. 5 (B/B opt.)<br />
könnte man ggf. noch an den „alten“ Flugplatz anbinden. Bei der S/L-Bahn-Variante<br />
j = 4 (C) handelt es sich definitiv um einen Flughafenneubau. Wenn der Standort<br />
Kassel-Calden auch aufgr<strong>und</strong> des Zustands <strong>und</strong> der Substanz des bestehenden S/L-<br />
Bahn-Systems ausgewählt wurde [28], dann muss dieses auch zukünftig genutzt<br />
werden, da ansonsten die Standortbewertung unsinnig wird.<br />
Resümiert werden kann, dass das Beharren des Flughafenbetreibers auf einer 100-<br />
%igen Erfüllung der eigenen Zielkriterien im Fallbeispiel VLP Kassel-Calden zu einer<br />
völlig anderen, „gewünschten“ Bewertung der S/L-Bahn-Varianten führt als im neuen<br />
<strong>Bewertungsverfahren</strong> (vgl. Kap. 5.2.2). Da die Bedarfsbegründung <strong>und</strong> die Generierung<br />
der S/L-Bahn-Varianten höchstens als „ausreichend“ bewertet werden können,<br />
sollte ein Planfeststellungsbeschluss <strong>für</strong> die Realisierung der S/L-Bahn-Variante j = 4<br />
(C) durch das Regierungspräsidium Kassel nicht erfolgen.<br />
7.3 Flughafen Frankfurt Rhein Main (FRA)<br />
7.3.1 1. Schritt: Prüfung der Voraussetzungen<br />
Die Fraport AG als Betreiber des Flughafens Frankfurt Rhein Main beabsichtigt, das<br />
S/L-Bahn-System so auszubauen, dass zukünftig ein Koordinationseckwert <strong>von</strong><br />
120 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e in beiden Betriebsrichtungen erreicht wird [34].<br />
Demzufolge ist es die klare Ausbauabsicht, eine Kapazitätserweiterung herbeizuführen.<br />
In Anlehnung an die Aussagen in Kap 5.2.4.3 ist der zusätzliche Bedarf an S/L-Bahn-<br />
Kapazität am Flughafen Frankfurt Rhein Main unstrittig: Er wird durch das derzeitige<br />
Luftverkehrsaufkommen <strong>und</strong> die vorhandenen Kapazitätsengpässe untermauert<br />
(Abb. 13) [57]. Die aufzeigbare Wettbewerbssituation <strong>und</strong> die zz. an anderen euro-<br />
247
päischen Flughäfen laufenden Ausbauprojekte verdeutlichen zusätzlich den bestehenden<br />
Handlungsbedarf. Die seitens der Fraport AG formulierten Begründungen<br />
des Ausbaubedarfs sind alles in allem schlüssig <strong>und</strong> nachvollziehbar. Die Begründung<br />
der Ausbauabsicht wird deshalb als „gut“ bewertet.<br />
7.3.2 2. Schritt: Prüfung der Variantengenerierung<br />
Vor Beginn des ROV wurden im Rahmen eines vorgeschalteten Mediationsverfahrens<br />
<strong>von</strong> Mitte 1998 bis Anfang 2000 insgesamt 21 verschiedene S/L-Bahn-Systeme<br />
hinsichtlich ihrer Kapazität untersucht. Von diesen 21 S/L-Bahn-Systemen wurden<br />
neun S/L-Bahn-Systeme als „sinnvoll“ erachtet, wobei zwei S/L-Bahn-Systeme eine<br />
Optimierung des bestehenden S/L-Bahn-Systems ohne Ausbau <strong>und</strong> wiederum zwei<br />
S/L-Bahn-Systeme eine Miteinbeziehung des Flughafens Wiesbaden-Erbenheim<br />
vorsahen [26].<br />
Als Mediationsergebnis wurde sich auf drei näher zu untersuchende S/L-Bahn-Systeme<br />
bzw. S/L-Bahn-Varianten geeinigt (Anl. 31):<br />
- die L-Bahn Nordwest,<br />
- die L-Bahn Nordost sowie<br />
- die S/L-Bahn Süd mit Rückbau der S-Bahn 18 (West).<br />
Aufbauend auf den Untersuchungen des Mediationsverfahrens wurden durch den<br />
Flughafenbetreiber die bereits untersuchten sowie zusätzliche S/L-Bahn-Varianten<br />
nach eigenen – vom Mediationsverfahren abweichenden – Gesichtspunkten erneut<br />
untersucht. Nach einer zweistufigen Vorauswahl zur Verdichtung des Variantenbündels<br />
verblieben insgesamt drei S/L-Bahn-Varianten, die im Rahmen des ROV einer<br />
vollständigen <strong>und</strong> vergleichenden Bewertung unterzogen wurden (vgl. Kap 5.2.4.3).<br />
Diese S/L-Bahn-Varianten sind [33]:<br />
- j = 1: Variante Nordost (Variante 9a),<br />
- j = 2: Variante Nordwest (Variante 9b) <strong>und</strong><br />
- j = 3: Variante Süd mit S-Bahn 18 (Variante 3).<br />
248
An der Vorgehensweise in den beiden Auswahlstufen ist zu bemängeln, dass auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage <strong>von</strong> eigens festgesetzten Alles-oder-Nichts-Forderungen (z.B. die Kapazität<br />
<strong>von</strong> mindestens 120 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e) einzelne S/L-Bahn-Varianten<br />
vorzeitig selektiert wurden, wobei in strittigen „Grenzfällen“ die vorzeitige Herausnahme<br />
einer S/L-Bahn-Variante aus der Bewertung folgenschwer <strong>für</strong> das Gesamtverfahren<br />
sein kann.<br />
Wegen der Dimension des Flughafens Frankfurt Rhein Main <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Komplexität der Auswirkungen, konnten die notwendigen Unterlagen zur<br />
neuen Bewertung einer zusätzlichen S/L-Bahn-Variante nicht eigenständig erarbeitet<br />
werden. Deshalb musste sich im Rahmen der vorliegenden Arbeit die neue Bewertung<br />
auf die drei ins ROV eingereichten S/L-Bahn-Varianten (j = 1 bis 3) beschränken.<br />
Es wäre sicherlich interessant gewesen, auch die sog. Atlanta-Variante mit zu<br />
bewerten (Variante 12, Anl. 68); auf diese S/L-Bahn-Variante kann jedoch lediglich<br />
im Fazit der neuen Bewertung näher eingegangen werden.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Vorarbeit <strong>und</strong> des immensen Betrachtungshorizonts kann da<strong>von</strong> ausgegangen<br />
werden, dass ein vollständiges Bündel <strong>von</strong> in Frage kommenden S/L-<br />
Bahn-Varianten in die Stufe 1 der Variantenbewertung eingeführt wurde. Die zweistufige<br />
Variantenauswahl in Verbindung mit Alles-oder-Nichts-Forderungen führt<br />
dazu, dass vermeintlich in Frage kommende S/L-Bahn-Varianten nicht weiter betrachtet<br />
werden. Auf Anhieb stechen die Varianten 2b, 12 <strong>und</strong> 13 ins Auge [32-34].<br />
Fraglich ist z.B., warum im Gegensatz zu anderen Varianten, Variante 3 weiter betrachtet<br />
wird, obwohl sie das geforderte Kapazitätsniveau nicht erfüllt (Stufe 1 der<br />
Vorauswahl). Deshalb kann die gesamte Variantengenerierung maximal als „ausreichend“<br />
bewertet werden (s. Fazit, Kap. 7.3.4).<br />
7.3.3 3. Schritt: Variantenbewertung<br />
Die Variante Nordost (j = 1), der Neubau einer L-Bahn 07/25 im „Frankfurter Stadtwald“<br />
mit einer S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 2.800 m parallel zur Nordbahn des bestehenden<br />
Parallelbahnsystems im Abstand <strong>von</strong> 1.800 m, ist in Abb. 58 dargestellt.<br />
249
Abb. 58: FRA: Antrag auf Planfeststellung, Variante Nordost [32, 33]<br />
Die Variante Nordwest (j = 2), der Neubau einer L-Bahn 07/25 im „Kelsterbacher<br />
Wald“ mit einer S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 2.800 m parallel zur Nordbahn des bestehenden<br />
Parallelbahnsystems im Abstand <strong>von</strong> 1.400 m, ist in Abb. 59 dargestellt.<br />
Abb. 59: FRA: Antrag auf Planfeststellung, Variante Nordwest [32-34]<br />
250
Die Variante Süd mit S-Bahn 18 (j = 3), bedeutet den Neubau einer S/L-Bahn 07/25<br />
mit einer S/L-Bahn-Länge <strong>von</strong> 3.600 m parallel zur Südbahn des bestehenden Parallelbahnsystems<br />
im Abstand <strong>von</strong> 1.925 m (Abb. 60).<br />
Abb. 60: FRA: Antrag auf Planfeststellung, Variante Süd [32, 33]<br />
7.3.3.1 Bewertungskriterien<br />
7.3.3.1.1 Leistungsfähigkeit<br />
• Kapazität<br />
Für die S/L-Bahn-Varianten wurden die praktischen Kapazitäten in einem externen<br />
Gutachten der FAA ermittelt [24]. Mit Hilfe des Simulationsprogramms RDSIM wurden<br />
sowohl die stündliche Kapazität bei dem gegenwärtigen Flugzeugmix als auch<br />
bei dem prognostizierten zukünftigen Flugzeugmix jeweils in Abhängigkeit <strong>von</strong> den<br />
Betriebsrichtungen untersucht (Tab. 28). Die Betriebsrichtungsverteilung wurde entsprechend<br />
den vorherrschenden Windverhältnissen gewichtet (30 % Betriebsrichtung<br />
07 (Ost), 70 % Betriebsrichtung 25 (West)).<br />
Da sich gemäß den Prognosen der Flugzeugmix zugunsten schwererer bzw. größerer<br />
Flugzeuge verschieben wird, müssen die Abstände der Flugzeuge untereinander<br />
251
– insbesondere der landenden Flugzeuge – aufgr<strong>und</strong> der Wirbelschleppenbildung<br />
vergrößert werden. Dadurch wird sich zukünftig die „praktische Kapazität“ des S/L-<br />
Bahn-Systems voraussichtlich verringern [24]. Um bei der neu durchgeführten Bewertung<br />
keine S/L-Bahn-Variante vorzeitig auszuschließen, wird entsprechend der<br />
bestehenden Bewertung der Fraport AG, der derzeitige Flugzeugmix als weitere Bewertungsgr<strong>und</strong>lage<br />
angesetzt („Annahme auf der sicheren Seite“).<br />
Flugzeugmasse<br />
derzeitiger<br />
Flugzeugmix<br />
zukünftiger<br />
Flugzeugmix<br />
Flugzeugkategorie SCHWER (Heavy),<br />
136.000 kg oder größer<br />
Flugzeugkategorie MITTEL (Medium),<br />
zwischen 7.000 kg <strong>und</strong> 136.000 kg<br />
Flugzeugkategorie LEICHT (Light),<br />
unter 7.000 kg<br />
26,00 % 37,00 %<br />
73,00 % 62,00 %<br />
1,00 % 1,00 %<br />
Tab. 28: FRA: derzeitiger <strong>und</strong> künftiger Flugzeugmix [24, 32, 33]<br />
Tab. 29 enthält die Zusammenstellung der betriebsrichtungsabhängigen Kapazitäten<br />
sowie die daraus resultierende Bepunktung. Anzumerken ist, dass bei S/L-Bahn-Variante<br />
j = 3 durch den Rückbau bzw. die Stilllegung der bestehenden S-Bahn 18 (sog.<br />
S-Bahn West) eine zusätzliche Kapazitätssteigerung infolge der Verringerung bzw.<br />
des Wegfalls der betrieblichen Abhängigkeiten erreicht werden kann (entspricht Variante<br />
13 des ROV [24, 33]). Die eingeklammerten Werte in Tab. 29 beziehen sich<br />
stets auf die Nutzung der S/L-Bahn-Variante j = 3 ohne die S-Bahn 18.<br />
S/L-Bahn-<br />
Variante<br />
derzeitiger Flugzeugmix<br />
Betriebsrichtung Betriebsrichtung<br />
07 (Ost)<br />
25 (West)<br />
Gesamtkapazität<br />
[Flugbewegungen/h]<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 131 143 139 100<br />
j = 2 131 143 139 100<br />
j = 3 121 108 112<br />
61<br />
(Var. 13) (119) (115) (116) (83)<br />
Tab. 29: FRA: Bewertungskriterium „Kapazität“, eigene Darstellung<br />
252
• Nutzungseinschränkungen<br />
Alle S/L-Bahn-Varianten sind so bemessen, dass das jeweilige S/L-Bahn-System<br />
jeglichen zu erwartenden Luftverkehr ohne Einschränkungen abwickeln kann [32].<br />
Deshalb sind alle S/L-Bahn-Varianten hinsichtlich des Bewertungskriteriums „Nutzungseinschränkungen“<br />
gleichermaßen geeignet <strong>und</strong> erhalten eine Bepunktung mit<br />
90 Punkten.<br />
• Betriebliche Aspekte<br />
Hinsichtlich der betrieblichen Aspekte sind die S/L-Bahn-Varianten durchaus vergleichbar,<br />
da durch eine jeweils angepasste Koordinierung des Flugbetriebs die<br />
Flugzeuge entsprechend ihrer Abfertigungsposition zur nächstgelegenen S/L-Bahn<br />
geführt werden können <strong>und</strong> umgekehrt. Ein Kreuzen der Parallelbahnen sollte demzufolge<br />
die Ausnahme darstellen. Mit dem geplanten Neubau des Terminals 3 südlich<br />
der Parallelbahnen (Anl. 69) wird sich jedoch mit zunehmender Kapazitätsauslastung<br />
die Frequentierung dieses Bereichs positiv <strong>für</strong> die S/L-Bahn-Variante j = 3<br />
<strong>und</strong> nachteilig <strong>für</strong> die L-Bahn Varianten j = 1 <strong>und</strong> j = 2 auswirken [34].<br />
Im Zuge der Planfeststellung wurden lediglich Rollzeiten der Vorzugsvariante Nordwest<br />
(j = 2) des Flughafenbetreibers explizit untersucht [32]. Eine detaillierte Erfassung<br />
der Rollzeiten der Alternativvarianten j = 1 <strong>und</strong> j = 3 wäre wünschenswert gewesen,<br />
damit Zeitunterschiede exakt in die neue Bewertung hätten einfließen können.<br />
Da keine Änderung der Rangfolge der S/L-Bahn-Varianten aufgr<strong>und</strong> der geringfügigen<br />
Rollzeitunterschiede zu erwarten ist, werden in der jetzigen neuen Bewertung<br />
die Rollzeitwerte der L-Bahn-Variante j = 2 <strong>für</strong> sämtliche Varianten übernommen.<br />
Im Gegensatz zum VLP Kassel-Calden sind aufgr<strong>und</strong> der Dislozierung der Abfertigungspositionen<br />
am Flughafen Frankfurt Rhein Main längere Rollwege erforderlich.<br />
Die mittlere Rollzeit (In- <strong>und</strong> Outbo<strong>und</strong>) beträgt in Betriebsrichtung 25 im Tagesdurchschnitt<br />
12:41 min <strong>und</strong> in Betriebsrichtung 07 im Tagesdurchschnitt 13:35 min<br />
[32], so dass sich bei einer Gewichtung gemäß der Betriebsrichtungsverteilung <strong>von</strong><br />
253
70:30 eine mittlere Gesamtrollzeit <strong>von</strong> 12:57 min ergibt. Alle S/L-Bahn-Varianten erhalten<br />
gem. Kap. 6.2.4.2.3 eine entsprechende Bepunktung <strong>von</strong> 59 Punkten.<br />
• Nachhaltigkeit des Ausbaus<br />
Die Nachhaltigkeit des Ausbaus ist am Flughafen Frankfurt Rhein Main nur mittelfristig<br />
gewährleistet, da anhand der prognostizierten Entwicklung des Flughafens bereits<br />
im Planungsjahr 2015 die geforderte Kapazität <strong>von</strong> 120 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e<br />
erreicht sein wird [33]. Geht man da<strong>von</strong> aus, dass durch die Nutzung zukünftiger<br />
Flugsicherungstechnologien eine zusätzliche Kapazitätssteigerung des S/L-Bahn-<br />
Systems erreicht werden kann, dann ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein weiterer<br />
Ausbau des S/L-Bahn-Systems im Zeitraum 2020 bis 2025 absehbar [32].<br />
Für die L-Bahn-Varianten j = 1 <strong>und</strong> j = 2 würde offensichtlich nur die Realisierung einer<br />
südlich gelegenen S/L-Bahn-Variante in Frage kommen (j = 3). Bei der S/L-Bahn-<br />
Variante j = 3 könnte als nächste Ausbaustufe optional zwischen der Atlanta-Variante<br />
(Anl. 68) oder den L-Bahn-Varianten j = 1 <strong>und</strong> j = 2 gewählt werden.<br />
Da der Flughafenbetreiber derzeit keine weiterführenden Ausbauschritte des S/L-<br />
Bahnsystems vorsieht, muss zunächst <strong>von</strong> einem an die Kapazität des S/L-Bahn-<br />
Systems angepassten Planungshorizont <strong>von</strong> max. 20 Jahren <strong>für</strong> die L-Bahn-Varianten<br />
j = 1 <strong>und</strong> j = 2 <strong>und</strong> <strong>von</strong> max. 15 Jahren <strong>für</strong> die S/L-Bahn-Variante j = 3 ausgegangen<br />
werden. Dies entspricht einer Bepunktung <strong>von</strong> 40 Punkten <strong>für</strong> die L-Bahn-Varianten<br />
j = 1, j = 2 <strong>und</strong> 6 Punkten (bzw. 27 Punkten ohne S-Bahn 18) <strong>für</strong> die S/L-<br />
Bahn-Variante j = 3 (vgl. Fazit, Kap. 7.3.4).<br />
7.3.3.1.2 Umweltauswirkungen<br />
Vorweg muss angemerkt werden, dass bei einer Realisierung der S/L-Bahn-Variante<br />
j = 3 durch die Stilllegung bzw. den Rückbau der S-Bahn 18 Umweltauswirkungen<br />
reduziert bzw. verbessert werden können. Diese Betrachtung müsste im Zuge einer<br />
neuen UVS erfolgen <strong>und</strong> kann im Rahmen der neuen Bewertung nicht durchgeführt<br />
werden. Eine variantenabhängige Darstellung der bewerteten Umweltschutzgüter<br />
enthalten die Anl. 71-73.<br />
254
• Schutzgut „Menschen“<br />
Die bereits vorhandenen Beeinträchtigungen durch Fluglärm sind aufgr<strong>und</strong> der<br />
Größe des Flughafens Frankfurt Rhein Main <strong>und</strong> des zugleich dicht besiedelten<br />
Rhein-Main-Gebietes sehr hoch. Andere Großstädte wie Paris oder London besitzen<br />
bereits mehrere Flughäfen („Flughafensysteme“), um einerseits die Belastungen <strong>für</strong><br />
das Flughafenumland zu verteilen <strong>und</strong> andererseits die flugbetrieblichen Abläufe eines<br />
Großflughafens nicht zu komplex <strong>und</strong> damit kaum noch kontrollierbar werden zu<br />
lassen. Anl. 70 enthält eine Zusammenstellung der <strong>von</strong> Fluglärm betroffenen Städte<br />
<strong>und</strong> Gemeinden mit Bevölkerungszahlen (Stand 2000) [33].<br />
Lärmkonturen gem. AzB 99 (100/100-Regelung)<br />
Zur Berechnung der Lärmkonturen wurden <strong>für</strong> den Prognosenullfall (Nullvariante)<br />
500.000 Flugbewegungen pro Jahr <strong>und</strong> <strong>für</strong> den Planungsfall 656.000 Flugbewegungen<br />
pro Jahr angesetzt (Prognosejahr 2015). Die Tab. 30 u. 31 enthalten die zusammengefassten<br />
Lärmbelästigungen aufgr<strong>und</strong> der S/L-Bahn-Varianten sowie der sog.<br />
Nullvariante [33]. Im Gegensatz zur durchgeführten Bewertung des Flughafenbetreibers<br />
entfallen in der neuen Bewertung die nächtlichen Beeinträchtigungen, da das<br />
Ausbauvorhaben mit einem Nachtflugverbot verb<strong>und</strong>en ist (vgl. Kap. 5.2.4.3) [57]. In<br />
Tab. 32 sind abschließend die gem. Kap. 6.2.4.3.1 berechneten Differenzen des<br />
Personenwertes Δp j sowie die daraus resultierenden Bepunktungen der S/L-Bahn-<br />
Varianten zusammengestellt.<br />
Bew.-<br />
Stufe<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Wohnbevölkerung<br />
(Bestand + Zuwachs + Nachverdichtung)<br />
Tag Nullvariante j = 1 j = 2 j = 3<br />
L eq(3), Tag ≥ 65<br />
dB(A)<br />
9.861 11.126 11.558 7.137<br />
60 dB(A) ≤ L eq(3),<br />
Tag < 65 dB(A)<br />
31.911 73.417 47.852 88.505<br />
55 dB(A) ≤ L eq(3),<br />
Tag < 60 dB(A)<br />
236.645 282.054 281.503 280.269<br />
Nutzer <strong>von</strong> lärmsensiblen Einrichtungen<br />
(Bestand + Planung)<br />
3<br />
2<br />
L eq(3), Tag ≥ 60<br />
dB(A)<br />
4.600 8.267 7.392 10.959<br />
55 dB(A) ≤ L eq(3),<br />
Tag < 60 dB(A)<br />
36.620 44.558 42.872 43.344<br />
Tab. 30: FRA: Schutzgut „Menschen“, tägliche Betroffenheiten, eigene Darstellung<br />
255
Lärmkonturen gem. AzB 99 (100/100-Regelung)<br />
Bew.-<br />
Stufe<br />
3<br />
Wohnbevölkerung<br />
(Bestand + Zuwachs + Nachverdichtung)<br />
Nacht Nullvariante j = 1 j = 2 j = 3<br />
NAT Nacht ≥ 6 x 75<br />
dB(A)<br />
35.132 37.757 33.386 74.970<br />
2<br />
6 x 68 dB(A) ≤<br />
NAT Nacht < 6 x 75<br />
dB(A)<br />
256.914 243.859 215.397 282.479<br />
Nutzer <strong>von</strong> lärmsensiblen Einrichtungen<br />
(Bestand + Planung)<br />
3<br />
NAT Nacht ≥ 6 x 68<br />
dB(A)<br />
3.758 3.556 3.265 4.241<br />
Tab. 31: FRA: Schutzgut „Menschen“, potentielle nächtliche Betroffenheiten, eigene Darstellung<br />
S/L-Bahn-<br />
p j<br />
Δp j<br />
Bepunktung<br />
Variante<br />
[ - ]<br />
[ - ]<br />
[Pkt]<br />
Nullvariante 368.363,5 – –<br />
j = 1 497.802,5 129.439,0 66<br />
j = 2 455.489,0 87.125,5 74<br />
j = 3 514.234,5 145.871,0 63<br />
Tab. 32: FRA: Schutzgut „Menschen“, Bepunktung, eigene Darstellung<br />
• Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“<br />
Wie bereits bei den vorherigen Fallbeispielen angenommen, wird auch bei der neuen<br />
Bewertung des Schutzgutes „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ am Fallbeispiel Flughafen<br />
Frankfurt Rhein Main da<strong>von</strong> ausgegangen, dass der ausbaubedingte Verlust <strong>von</strong><br />
Fauna <strong>und</strong> Flora unabhängig <strong>von</strong> der S/L-Bahn-Variante gr<strong>und</strong>sätzlich akzeptabel ist<br />
(kein „K.o.-Kriterium“, vgl. Kap. 6.2.4.3.2), da ansonsten evtl. S/L-Bahn-Varianten<br />
aus der Bewertung herausgefallen wären.<br />
Für die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) zum ROV wurden zum einen die vorläufigen<br />
Kartierungsergebnisse ausgewertet, zum anderen zusätzliche Erfassungen <strong>von</strong><br />
256
Tiergruppen durchgeführt (z.B. durch Netzfang, Kastenkontrollen, Winterbegehungen<br />
usw.) [33].<br />
Zu den untersuchten Tiergruppen zählen:<br />
- Groß- <strong>und</strong> Mittelsäuger,<br />
- Fledermäuse,<br />
- Amphibien <strong>und</strong><br />
- Vögel.<br />
Zusätzlich wurden die vorliegenden Ergebnisse der Erfassung <strong>von</strong> xylobionten Käfern<br />
(„Totholzkäfer“) mit aufgenommen, da gerade diese Tiergruppe <strong>von</strong> sehr hoher<br />
naturschutzfachlicher Bedeutung <strong>für</strong> die im Umfeld des Flughafengeländes liegenden<br />
Waldgebiete ist. Um eine bessere Übersicht zu erhalten, wurde das Untersuchungsgebiet<br />
im Zuge einer umfassenden Raumanalyse in 14 Biotopkomplexe unterteilt<br />
[33].<br />
Aus den vorliegenden Raumordnungs- <strong>und</strong> Planfeststellungsunterlagen (Anl. 74 u.<br />
75) wurden die Gesamtauswirkungen gemäß der neuen Bewertungsmatrix abgeschätzt<br />
<strong>und</strong> in Tab. 33 übernommen. Da der Bereich der realen Außenzone aufgr<strong>und</strong><br />
der vorliegenden Unterlagen nicht exakt definiert werden kann (Anl. 74), wurde <strong>für</strong><br />
alle S/L-Bahn-Varianten als reale Bezugsfläche die standardisierte Bezugsfläche der<br />
Außenzone gem. Kap. 6.2.4.3 gewählt. Diese Fläche deckt ein größeres Gebiet als<br />
die reale Außenzone ab <strong>und</strong> liegt somit auf der sicheren Seite.<br />
Die Standardbezugsfläche A Bezug(Kern) berechnet sich zu:<br />
A Bezug(Kern) = (3.600 • 1,5) • 720 / 10.000 = 388,8 ha.<br />
257
Einstufung der flächenbezogenen Auswirkungen<br />
Bew.-<br />
Stufe<br />
j = 1 j = 2 j = 3<br />
(K) [ha] (A) [ha] (K) [ha] (A) [ha] (K) [ha] (A) [ha]<br />
1 – 156,0* – 208,0* – 116,0*<br />
2 5,0* 311,0* 24,0* 415,0* 19,0* 447,0*<br />
3 11,0* 72,2* 32,0* 103,2* 7,0* 52,2*<br />
4 21,0* 145,0* 39,0* 206,0* 11,0* 104,0*<br />
5 325,0* 864,0* 255,0* 608,0* 352,0* 826,0*<br />
6 50,0* 7,0* 22,0* 15,0* 23,0* 10,0*<br />
7 – – – – – –<br />
∑ 412,0 1555,2 372,0 1555,2 412,0 1555,2<br />
Tab. 33: FRA: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, flächenbezogene Auswirkungen, eigene<br />
Darstellung (selbst ermittelte Werte mit Stern)<br />
In Tab. 34 sind die weiteren Schritte zur Ermittlung der variantenabhängigen Bepunktung<br />
des Schutzgutes „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ dargestellt. Bei S/L-Bahn-<br />
Variante j = 3 (Süd) muss darauf hingewiesen werden, dass die Verinselung <strong>von</strong><br />
175,0 ha Waldfläche zwischen den bestehenden Parallelbahnen <strong>und</strong> der S/L-Bahn-<br />
Variante j = 3 (Anl. 31) als Erweiterungsfläche des Flughafens mittelfristig dienen<br />
wird <strong>und</strong> somit diese Fläche bei der neuen Bewertung nicht als beeinträchtigte<br />
Bannwaldfläche gewertet wurde.<br />
S/L-Bahn-<br />
Variante<br />
Bepunktung<br />
b j(K) [-] b j(A) [-] x 2j (K) [-] x 2j (A) [-] x 2j ges<br />
[Pkt]<br />
j = 1 1,06 1,0 4,98 3,82 4,55 55<br />
j = 2 0,96 1,0 4,59 3,41 3,91 61<br />
j = 3 1,06 1,0 4,86 3,71 4,43 56<br />
Tab. 34: FRA: Schutzgut „Tiere u. Pflanzen (Biotope)“, Bepunktung, eigene Darstellung<br />
258
• Schutzgut „Boden“<br />
Für die Bewertung des Schutzgutes „Boden“ ist es zunächst notwendig die variantenabhängigen<br />
betroffenen Teilflächen zu ermitteln <strong>und</strong> den Bewertungsstufen gemäß<br />
der Bewertungsmatrix in Anl. 47 zuzuordnen. Die einzelnen Teilflächen sowie<br />
die ausbaubedingten Veränderungen gegenüber dem Status quo (Auf- bzw. Abwertung)<br />
sind in Tab. 35 dargestellt. Tab. 36 enthält die Berechnungen der aus den Veränderungen<br />
resultierenden variantenabhängigen Bepunktungen (vgl. Kap. 6.2.4.3.3,<br />
A Bezug(Kern) = 388,8 ha).<br />
Anzumerken ist, dass innerhalb der Raumordnungsunterlagen die betroffenen Flächen<br />
hinsichtlich des Schutzgutes „Boden“ sehr detailliert nach den spezifischen Bodenfunktionen:<br />
- Lebensraumfunktion,<br />
- Regelfunktion,<br />
- Filter-/Pufferfunktion sowie<br />
- Archivfunktion<br />
untersucht wurden, jedoch eine Zusammenfassung <strong>und</strong> Überlagerung der einzelnen<br />
Teilflächen nicht durchgeführt wurde. Dementsprechend ist der reine Vergleich oder<br />
die Aufsummierung der einzelnen funktionsbezogenen Teilflächen nur bedingt aussagekräftig<br />
[33].<br />
S/L-<br />
Bahn-<br />
Variante<br />
Bewertungsstufe Ist-Zustand [-],<br />
Teilfläche [ha]<br />
1 2 3 4 5<br />
A Kern j<br />
[ha]<br />
Bewertungsstufe Nach-Ausbau [-],<br />
Teilfläche [ha]<br />
1 2 3 4 5<br />
j = 1 24,0* 223,0* 25,0* 140,0* - 412,0* 165,0* 237,0* 10,0* - -<br />
j = 2 34,0* 177,0* 23,0* 138,0* - 372,0* 161,0* 180,0* 31,0* - -<br />
j = 3 70,0* 129,0* 59,0* 154,0* - 412,0* 206,0* 187,0* 19,0* - -<br />
Tab. 35: FRA: Schutzgut „Boden“, Einstufung der betroffenen Flächen, eigene Darstellung (selbst<br />
ermittelte Werte mit Stern)<br />
259
S/L-Bahn-<br />
Variante<br />
b j [-] x 3j (v. A.) [-] x 3j (n. A.) [-] Δ x 3j Δ x 3j ges<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 1,06 2,68 1,62 1,06 1,12 76<br />
j = 2 0,96 2,71 1,65 1,06 1,02 77<br />
j = 3 1,06 2,72 1,55 1,17 1,24 74<br />
Tab. 36: FRA: Schutzgut „Boden“, Bepunktung, eigene Darstellung<br />
Die Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Boden“ sind bei allen S/L-Bahn-Varianten<br />
als erheblich einzustufen [57]. Im Vergleich der Auswirkungen schneiden die L-Bahn-<br />
Varianten j = 1 <strong>und</strong> j = 2 wegen der etwas geringeren Flächeninanspruchnahme bzw.<br />
der versiegelten Fläche günstiger ab als die S/L-Bahn-Variante j = 3 (Süd).<br />
• Schutzgut „Wasser (Gr<strong>und</strong>-/Oberflächenwasser)“<br />
Wie bereits bei den vorherigen Anwendungen des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> erwähnt,<br />
kommt es zu ausbaubedingten Voll- <strong>und</strong> Teilversiegelungen <strong>von</strong> Flächen <strong>und</strong><br />
somit zu Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts. Da die Entwässerungseinrichtungen<br />
der Flugbetriebsflächen dem aktuellen Stand der Technik entsprechen müssen,<br />
sind ausbaubedingte Schadstoffeinträge nicht zu erwarten. Potentielle Havariefälle<br />
können zwar nicht generell ausgeschlossen werden, doch sind sowohl ein evtl.<br />
Schadensausmaß als auch eine variantenabhängige Differenzierung nicht ableitbar.<br />
Die Miteinbeziehung <strong>von</strong> Flächen mit einer potentiellen Verschmutzungsempfindlichkeit<br />
ist <strong>für</strong> eine Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten folglich nicht aussagekräftig <strong>und</strong><br />
entfällt deshalb hier.<br />
In Tab. 37 sind die ausbaubedingten Konfliktpunkte hinsichtlich des Schutzgutes<br />
„Wasser“ zusammengefasst [33, 57].<br />
260
S/L-<br />
Bahn-<br />
Variante<br />
Verlust <strong>und</strong> Beeinträchtigung<br />
<strong>von</strong> Oberflächengewässern<br />
Beanspruchung <strong>von</strong> Gebieten <strong>für</strong> Gr<strong>und</strong>wasserschutz<br />
<strong>und</strong> -sicherung [ha]<br />
Beeinträchtigung <strong>von</strong> Gr<strong>und</strong>wassernutzungen<br />
durch Inanspruchnahme<br />
<strong>von</strong> Trinkwasserschutzgebieten<br />
[ha]<br />
j = 1 –<br />
376 ha („Bereiche <strong>für</strong> die Gr<strong>und</strong>wassersicherung“)<br />
54 ha in Schutzzone II<br />
242 ha in Schutzzone III A<br />
2 ha in Schutzzone III B<br />
j = 2<br />
–<br />
309 ha („Bereiche <strong>für</strong> die Gr<strong>und</strong>wassersicherung“)<br />
2 ha in Schutzzone III B<br />
363 ha („Bereiche <strong>für</strong> die Gr<strong>und</strong>wasser-<br />
j = 3<br />
Abschnittsweise Verlegung<br />
des „Gr<strong>und</strong>baches“<br />
sicherung“ sowie als „Tabuflächen“<br />
ausgewiesene Waldflä-<br />
2 ha in Schutzzone III B<br />
chen)<br />
Tab. 37: FRA: Schutzgut „Wasser“, variantenabhängige Betroffenheiten, eigene Darstellung<br />
Aufgr<strong>und</strong> der relativ großen Flächeninanspruchnahme sind bei allen S/L-Bahn-Varianten<br />
„deutliche“ bis „starke Auswirkungen“ zu erwarten (vgl. Anl. 48). Da beide L-<br />
Bahn-Varianten j = 1 <strong>und</strong> j = 2 keine Beeinträchtigungen <strong>von</strong> Oberflächengewässern<br />
zur Folge haben, ist aus dieser Sichtweise die S/L-Bahn-Variante j = 3 (Süd) die ungünstigste<br />
Variante. Betrachtet man die Inanspruchnahme <strong>von</strong> Trinkwasserschutzgebieten,<br />
so ist L-Bahn-Variante j = 1 (Nordost) eindeutig die schlechteste Variante.<br />
Abschließend können die Varianten j = 1 <strong>und</strong> j = 3 als in etwa gleichwertig eingestuft<br />
werden <strong>und</strong> erhalten jeweils eine Einstufung <strong>von</strong> X 4 = 5. Im Gegensatz dazu, erhält<br />
die in Bezug auf das Schutzgut „Wasser“ günstigste Variante j = 2 (Nordwest) eine<br />
etwas bessere Einstufung <strong>von</strong> X 4 = 4,75 (Tab. 38).<br />
Bepunktung<br />
S/L-Bahn-Variante Bew.-Stufe X 4<br />
[Pkt]<br />
j = 1 5<br />
40<br />
j = 2 4,75<br />
44<br />
j = 3 5<br />
40<br />
Tab. 38: FRA: Schutzgut „Wasser“, Einstufung <strong>und</strong> Bepunktung,<br />
eigene Darstellung<br />
261
• Schutzgut „Luft“<br />
Wie bereits in Kap. 6.2.4.3.5 erläutert, sind die Auswirkungen durch Immissionen im<br />
Wesentlichen variantenunabhängig (Tab. 3). Insgesamt gesehen, ist der durch die<br />
Emissionen des Flughafens verursachte Immissionsbeitrag relativ niedrig [57]. Die zu<br />
erwartenden Immissionswerte <strong>für</strong> NO 2 <strong>und</strong> PM 10 werden im Flughafenumfeld im<br />
Planungsjahr 2015 voraussichtlich um ca. 50 % überschritten (Annahme <strong>von</strong> verschärften<br />
Grenzwerten, „NEC-Richtlinie“). Die Grenzwertüberschreitungen sind jedoch<br />
auf nicht flughafenbezogene Quellen zurückzuführen <strong>und</strong> werden maßgeblich<br />
durch den Kfz-Verkehr verursacht [33]. Eine entsprechend ausgerichtete Gestaltung<br />
der landseitigen Anbindung des Flughafens verb<strong>und</strong>en mit einem angepassten Mobilitätsmanagement<br />
könnte in diesem Bereich Abhilfe schaffen.<br />
Der ausbaubedingte „Verlust an lufthygienischer Ausgleichsfunktion“ wird in Tab. 39<br />
anhand des erforderlichen Waldflächenverlustes zur Realisierung einer S/L-Bahn-Variante<br />
dargestellt. Anhand des Verhältnisses y j <strong>von</strong> Waldflächenverlust zur Standardbezugsfläche<br />
wird die variantenabhängige Bepunktung berechnet (A Bezug(Kern) =<br />
388,8 ha).<br />
S/L-<br />
Bahn-<br />
Variante<br />
Anlagebedingter<br />
Verbrauch <strong>von</strong><br />
Forstwirtschaftsfläche<br />
[ha]<br />
Mit dem Ausbau<br />
verb<strong>und</strong>ene Rodungsfläche<br />
im<br />
südlichen Flughafenbereich<br />
[ha]<br />
Gesamtfläche<br />
[ha] [49]<br />
Verhältnis<br />
y j [-]<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 279,0 104,0 383,0 ≈ 0,9851 41<br />
j = 2 224,0 104,0 328,0 ≈ 0,8436 48<br />
j = 3 303,0 104,0 407,0 ≈ 1,0468 38<br />
Tab. 39: FRA: Schutzgut „Luft“, Bepunktung, eigene Darstellung [33]<br />
• Schutzgut „Klima“<br />
Der Flughafen Frankfurt Rhein Main liegt im dicht besiedelten Ballungsgebiet der<br />
Untermainebene innerhalb des Klimabezirkes „Südwestdeutschland“. Das Klima der<br />
Region wird durch atlantische Luftmassen bestimmt, die meist aus westlichen Win-<br />
262
den herangeführt werden [33]. Die Untermainebene gehört zu den bioklimatischen<br />
Belastungsbereichen in Deutschland. Aufgr<strong>und</strong> ihrer Beckenlage ist sie <strong>von</strong> Natur<br />
aus durch häufige Wärmebelastung im Sommer <strong>und</strong> milde Winter in Verbindung mit<br />
hoher Luftfeuchtigkeit <strong>und</strong> geringer Luftzirkulation (Schwüle) gekennzeichnet [57].<br />
Wie bereits gesagt, werden einerseits durch die erforderlichen Rodungen die Ventilationswirkung<br />
<strong>und</strong> Frischluftentstehung reduziert, andererseits wird durch die Versiegelung<br />
<strong>von</strong> Freilandflächen die allgemeine Kaltluftentstehung vermindert. In der<br />
Landesplanerischen Beurteilung des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 10.06.02<br />
heißt es:<br />
„Es kommt bei der Realisierung der Varianten in keinem Fall zu einer Veränderung<br />
der bioklimatischen Belastung <strong>von</strong> Wohn-, Gewerbe- <strong>und</strong> Industriegebieten (außerhalb<br />
des Flughafens) <strong>und</strong> Freiflächen außerhalb des Flughafens. Bei den Varianten<br />
werden lediglich die Freiflächen der Bahnvarianten sowie der Ausbaubereich Süd<br />
beeinträchtigt. Somit sind keine entscheidungserheblichen Umweltauswirkungen des<br />
Bioklimas vorhanden.“ [57]<br />
Weiterhin wird ausgeführt:<br />
„Es kommt zu keinem Verlust bzw. völligen Funktionsverlust <strong>von</strong> wirksamen Ausgleichsströmungen.<br />
Im Fall der Nordostvariante liegen keine erheblichen Beeinträchtigungen<br />
vor. Die Unterschiede zwischen den Varianten Nordwest <strong>und</strong> Süd sind gering.<br />
In beiden Fällen sind nur vergleichsweise schwach wirksame Ausgleichströmungen<br />
betroffen.“ [57]<br />
Aufgr<strong>und</strong> der geringen ausbaubedingten Klimaauswirkungen auf das Flughafenumland<br />
können alle S/L-Bahn-Varianten in Bezug auf das Schutzgut „Klima“ als gleichwertig<br />
angesehen werden. Gemäß der Bewertungsmatrix des Schutzgutes „Klima“<br />
werden sämtliche S/L-Bahn-Varianten insgesamt gesehen als „vertretbar“ eingestuft<br />
(Anl. 50, Bewertungsklasse 3) <strong>und</strong> erhalten eine Bewertung <strong>von</strong> jeweils 72 Punkten.<br />
• Schutzgut „Landschaft“<br />
Das Landschaftsbild im Bereich des Flughafengeländes wird hauptsächlich durch<br />
Waldflächen, insbesondere Mischwald, bestimmt. In diese Waldflächen sind teilweise<br />
263
übergangslos Siedlungen wie Zeppelinheim <strong>und</strong> Walldorf eingebettet. Auch der<br />
Flughafen Frankfurt Rhein Main liegt inmitten der Waldflächen.<br />
Die maßgeblichen Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ ergeben sich<br />
durch den relativ hohen Verlust <strong>von</strong> Bannwaldflächen der Bewertungsstufe X 7 = 5<br />
(> 277,0 ha, vgl. Kap. 6.2.4.3.7). Bei allen S/L-Bahn-Varianten ist deshalb <strong>von</strong> erheblichen<br />
Beeinträchtigungen auszugehen [57]. Weiterhin haben sämtliche S/L-Bahn-<br />
Varianten eine Verinselung <strong>von</strong> Wald zur Folge, die bei L-Bahn-Variante j = 2 aufgr<strong>und</strong><br />
der geringen Fläche der Waldinsel <strong>von</strong> ca. 26 ha mit in die Bewertung einbezogen<br />
wird. Abschließend kann gesagt werden, dass die L-Bahn-Variante j = 2 wegen<br />
der geringsten Flächeninanspruchnahme als günstigste der drei Varianten bewertet<br />
wird (Tab. 40).<br />
S/L-<br />
Bahn-<br />
Variante<br />
Bewertungsstufe [-],<br />
Teilfläche [ha]<br />
1 2 3 4 5<br />
A Kern j<br />
[ha]<br />
b j [-] x 7j [-] x 7j ges [-]<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
j = 1 - 14,5* 14,5* 16,0* 367,0* 412,0* 1,06 4,79 5,0 40<br />
j = 2 - 22,0* 22,0* 51,0* 303,0* 398,0* 1,02 4,60 4,69 44<br />
j = 3 - 2,5* 2,5* 32,0* 375,0* 412,0* 1,06 4,89 5,0 40<br />
Tab. 40: FRA: Schutzgut „Landschaft“, Zuordnung der betroffenen Flächen <strong>und</strong> Bepunktung, eigene<br />
Darstellung (selbst ermittelte Werte mit Stern)<br />
• Schutzgut „Kultur- u. sonstige Sachgüter“<br />
Zur Bewertung des Schutzgutes „Kultur- u. sonstige Sachgüter“ wurde im Rahmen<br />
der Vorbereitung der Unterlagen zum ROV eine umfassende „Raumanalyse <strong>und</strong><br />
Auswirkungsprognose“ durchgeführt [33]. Demnach sind <strong>für</strong> die Bewertung anlagebedingter<br />
Verluste <strong>und</strong> Beeinträchtigungen <strong>von</strong> Kultur- u. sonstigen Sachgütern drei<br />
Bereiche relevant:<br />
- der Bereich Bodendenkmäler,<br />
- der Bereich Naturdenkmäler <strong>und</strong><br />
- der Bereich Kulturlandschaft.<br />
264
Es muss darauf hingewiesen werden, dass historische Kulturlandschaften <strong>und</strong> Landnutzungsformen,<br />
die im Sinne des HeNatSchG als solche zu betrachten sind, keinen<br />
besonderen Schutzstatus im Hinblick auf ihre kulturhistorische Bedeutung aufweisen<br />
[49]. Deshalb kann die Gesamtheit der Auswirkungen bei allen S/L-Bahn-Varianten,<br />
trotz der relativ großen betroffenen Gesamtfläche, als „bedingt vertretbar“ eingestuft<br />
werden (Bewertungsmatrix, Anl. 52). In Tab. 41 sind die variantenabhängigen anlagebedingten<br />
Verluste <strong>und</strong> Beeinträchtigungen zusammengestellt:<br />
Bodendenkmäler<br />
Naturdenkmäler<br />
S/L-<br />
Bahn-<br />
Variante<br />
Kulturlandschaft (Wald)<br />
Verlust Beeinträch-<br />
Bew.-Stufe<br />
X 8<br />
Bepunktung<br />
[Pkt]<br />
[ha]<br />
tigung [ha]<br />
j = 1<br />
Verlust eines Hügelgrabes<br />
– 414,0 94,0 4,5 53<br />
j = 2 – – 315,0 90,0 4 58<br />
Verlust <strong>von</strong> 2 landschaftsprägenden<br />
j = 3 –<br />
422,0 15,0 4,25 55<br />
Einzelbäumen<br />
Tab. 41: FRA: Schutzgut „Kultur- u. sonstige Sachgüter“, Bepunktung, eigene Darstellung<br />
Vergleicht man die einzelnen S/L-Bahn-Varianten, so hat die Variante j = 2 (Nordwest)<br />
aufgr<strong>und</strong> des geringsten Verlustes an Kulturlandschaft offensichtlich die beste<br />
Eignung (X 8 = 4). Variante j = 3 (Süd) liegt an zweiter Stelle, da sie im Vergleich zu<br />
Variante j = 2 einen größeren Flächenverlust zur Folge hat. Variante j = 3 erhält eine<br />
etwas niedrigere Einstufung <strong>von</strong> X 8 = 4,25. Variante j = 1 (Nordost) hat in der Summe<br />
der Beeinträchtigungen die vergleichsweise schlechteste Eignung (vgl. Tab. 41) <strong>und</strong><br />
erhält die schlechteste Einstufung <strong>von</strong> X 8 = 4,5.<br />
7.3.3.2 Variantenreihung<br />
Die S/L-Bahn-Varianten erhalten in den Bereichen „Leistungsfähigkeit“ <strong>und</strong> „Umweltauswirkungen“<br />
folgende Gesamtbepunktungen:<br />
265
Bewertungskriterium<br />
Leistungsfähigkeit:<br />
S/L-Bahn-Variante<br />
j = 1 j = 2 j = 3<br />
(ohne<br />
S-Bahn 18)<br />
Kapazität 100 100 61 (83)<br />
Nutzungseinschränkungen 90 90 90<br />
Betriebliche Aspekte 59 59 59<br />
Nachhaltigkeit des Ausbaus 40 40 6 (27)<br />
Summe: 289 289 216 (259)<br />
Umweltauswirkungen (Schutzgüter):<br />
„Menschen“ 66 74 63<br />
„Tiere u. Pflanzen (Biotope)“ 55 61 56<br />
„Boden“ 76 77 74<br />
„Wasser (Gr<strong>und</strong>-/Oberflächenwasser)“ 40 44 40<br />
„Luft“ 41 48 38<br />
„Klima“ 72 72 72<br />
„Landschaft“ 40 44 40<br />
„Kultur u. sonstige Sachgüter“ 53 58 55<br />
Summe: 443 478 438 (+ 15 %)<br />
anzusetzende Bewertungspunkte: 128 132 109 (128)<br />
Tab. 42: FRA: Bepunktung der Bereiche Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltauswirkungen, eigene<br />
Darstellung<br />
Die bei S/L-Bahn-Variante j = 3 eingeklammerten Werte beziehen sich auf eine Nutzung<br />
des S/L-Bahn-Systems ohne die S-Bahn 18 (West). Die zu erwartenden positiven<br />
Umweltauswirkungen werden auf ca. 15 % abgeschätzt. Um diese Aussage zu<br />
verifizieren, sind jedoch zusätzliche, auf diese „neue“ Betriebssituation abgestimmte<br />
externe Begutachtungen der einzelnen Bewertungskriterien bzw. Schutzgüter notwendig,<br />
die im Rahmen dieser Arbeit nicht durchgeführt werden können.<br />
Wie aus Tab. 42 ersichtlich, liegen die Varianten j = 1, j = 2 <strong>und</strong> j = 3 (ohne S-<br />
Bahn 18) in Bezug auf die Gesamtbepunktung in einem vergleichbaren Niveau. Die<br />
266
S/L-Bahn-Variante j = 3 mit Nutzung der S-Bahn 18 liegt in der Gesamtbepunktung<br />
deutlich zurück.<br />
Die vom Flughafenbetreiber eingereichten Raumordnungs- <strong>und</strong> Planfeststellungsunterlagen<br />
enthalten keine variantenabhängige Zusammenstellung der Realisierungskosten<br />
[32, 33]. Es wird ausschließlich die Höhe der veranschlagten Investitionssumme<br />
<strong>für</strong> das gesamte Ausbauvorhaben (S/L-Bahn-Variante zzgl. Neubau Terminal<br />
3, Erweiterung CargoCity Süd usw.) mit 3,335 Mrd. € bis 3,393 Mrd. € angegeben<br />
[57].<br />
S/L-Bahn-Variante<br />
veranschlagte Investitionssumme<br />
[€]<br />
Variantenreihung<br />
(gem. Kap. 6.2.4.4.1)<br />
j = 1: Variante Nordost 0,0377 – 0,0384 Pkt / Mio. €<br />
j = 2: Variante Nordwest<br />
3,335 – 3,393 Mrd.<br />
0,0389 – 0,0396 Pkt / Mio. €<br />
j = 3: Variante Süd 0,0321 – 0,0327 Pkt / Mio. €<br />
Tab. 43: FRA: Variantenreihung, eigene Darstellung<br />
In Tab. 43 ist die anhand der Investitionssumme berechnete Variantenreihung dargestellt.<br />
Unabhängig <strong>von</strong> dem Kostenniveau innerhalb des Spektrums der veranschlagten<br />
Investitionskosten liegt die L-Bahn-Variante j = 2 an erster Stelle gefolgt<br />
<strong>von</strong> L-Bahn-Variante j = 1 an zweiter Stelle. Die S/L-Bahn-Variante j = 3 mit Nutzung<br />
der S-Bahn 18 liegt mit Abstand an dritter <strong>und</strong> somit letzter Stelle der Variantenreihung.<br />
Gesagt werden muss, dass durch die Stilllegung der S-Bahn 18 die S/L-Bahn-Variante<br />
j = 3 in der Variantenreihung vermutlich ebenbürtig mit der L-Bahn-Variante j = 1<br />
an zweiter Stelle liegen würde.<br />
7.3.3.3 Rangfolge <strong>und</strong> Einstufung<br />
Alle bewerteten S/L-Bahn-Varianten erfüllen die notwendigen flugbetrieblichen Anforderungen<br />
gemäß den Richtlinien der ICAO. Risiken <strong>für</strong> den Flugbetrieb sind daher<br />
267
zu vernachlässigen (vgl. Kap. 6.2.3.2) [41]. Die Mediationsgruppe hat in ihrem Ergebnis<br />
zur sicherheitstechnischen Machbarkeit der Bahnvarianten ebenfalls festgestellt,<br />
dass die Prüfung der Hindernisrichtlinien bzw. der Anfliegbarkeit nach CAT II/III<br />
keine Ausschlusstatbestände ergeben hat [51]. Die zusätzliche Betrachtung <strong>von</strong><br />
Störfallanlagen in Anlehnung zur Diskussion des externen Flugunfallrisikos lässt keinen<br />
per Störfallrecht definierten Schutzanspruch <strong>für</strong> die Eigentümer, Betreiber <strong>und</strong><br />
Nutzer <strong>von</strong> Störfallanlagen zu [32].<br />
Wie bereits beschrieben, sollte prinzipiell eine S/L-Bahn-Variante bevorzugt werden,<br />
die im Quervergleich das niedrigste externe Risikopotential zur Folge hat. Das Gelände<br />
des Chemieunternehmens Ticona liegt in einer Entfernung <strong>von</strong> ca. 700 m unmittelbar<br />
in Verlängerung der Bahnachse <strong>von</strong> L-Bahn-Variante j = 2 <strong>und</strong> bewirkt,<br />
dass das externe Risikopotential <strong>von</strong> L-Bahn-Variante j = 2 <strong>von</strong> den drei bewerteten<br />
S/L-Bahn-Varianten am höchsten ist (Anl. 76).<br />
Da jedoch gemäß dem neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> nur eine Änderung der Variantenreihung<br />
in Erwägung gezogen werden kann, wenn S/L-Bahn-Varianten mit einem<br />
annähernd gleichen Niveau bewertet wurden <strong>und</strong> sich zugleich eine wesentliche<br />
Verbesserung des externen Risikopotentials ergibt, lässt sich keine Änderung der<br />
Variantenreihung begründen.<br />
Weiterhin können keine variantenabhängigen Unterschiede hinsichtlich des Realisierungszeitraumes<br />
aufgezeigt werden. Sonstige Faktoren <strong>für</strong> eine evtl. Änderung der<br />
Variantenreihung könnten sich aus der Nachhaltigkeit des Ausbauvorhabens ergeben,<br />
da bereits nach ca. 20 Jahren ein weiterer Ausbau des S/L-Bahn-Systems erforderlich<br />
wird. Diese Überlegungen haben jedoch einen spekulativen Charakter <strong>und</strong><br />
lassen zz. keine Änderung der Variantenreihung zu (s. Fazit, Kap. 7.3.4).<br />
Die Variantenfolge entspricht somit der Variantenreihung aus Kap. 7.3.3.2. Gemäß<br />
dem neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> ist L-Bahn-Variante j = 2 (Nordwest) somit die<br />
„Bestvariante“.<br />
268
Da alle S/L-Bahn-Varianten mit weniger als 67 % der möglichen Gesamtpunktezahl<br />
bewertet wurden (vgl. Abb. 48), werden alle S/L-Bahn-Varianten <strong>für</strong> eine Realisierung<br />
gleichermaßen als „schlecht geeignet“ eingestuft.<br />
7.3.4 Fazit<br />
Die neue Bewertung bestätigt gr<strong>und</strong>sätzlich die Bewertung des Flughafenbetreibers<br />
<strong>und</strong> hat als Ergebnis die „Bestvariante“ L-Bahn-Variante j = 2: Variante Nordwest.<br />
Zwei wesentliche Faktoren sind jedoch vorhanden, die diese Einstufung nichtig machen<br />
könnten bzw. in Frage stellen:<br />
1. Das potentielle Flugunfallrisiko der L-Bahn-Variante j = 2 wird besonders <strong>von</strong><br />
Ausbaugegnern als nicht hinnehmbar bewertet. Gestützt wird diese Sichtweise<br />
durch das Votum der Störfallkommission des B<strong>und</strong>esumweltministeriums (BMU)<br />
vom 30.01.2004, dass die Vereinbarkeit des Ausbauvorhabens mit den existierenden<br />
Anlagen des Chemieunternehmens Ticona ausschließt [12].<br />
Sollten in diesem Konfliktpunkt keine zielführenden Lösungsansätze aufgezeigt<br />
werden können (z.B. die Verbunkerung <strong>von</strong> Lagertanks [32]), dann besteht die<br />
Gefahr <strong>für</strong> den Flughafenbetreiber, dass hiermit ein „K.o.-Kriterium“ <strong>für</strong> die L-<br />
Bahn-Variante j = 2 vorläge <strong>und</strong> somit die Realisierungsfähigkeit entfiele.<br />
2. Die Nachhaltigkeit des Ausbauvorhabens ist gemäß den prognostizierten Entwicklungsszenarien<br />
nur mittelfristig gegeben (max. 20 Jahre). Sollte mit der Realisierung<br />
der L-Bahn-Variante j = 2 der „Endausbau“ des S/L-Bahn-Systems am<br />
Flughafen Frankfurt Rhein Main verb<strong>und</strong>en sein, dann ist die L-Bahn-Variante<br />
j = 2 gemäß dem neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> zu bevorzugen.<br />
Da keine darüber hinausgehenden Planungen bekannt sind, stellt sich die Frage,<br />
ob in einem weiteren zweiten Ausbauschritt die Realisierung einer „Südbahn-Variante“<br />
notwendig sein wird. Die sog. „Atlanta-Variante“ (Variante 12 des ROV<br />
[33], Anl. 68) könnte beispielsweise gegenüber der Realisierung der L-Bahn-Variante<br />
j = 2 <strong>und</strong> einer „Südbahn-Variante“ bei einer langfristigen Betrachtung vorteilhafter<br />
sein. Dementsprechend müsste in die jetzige Bewertung bereits ein<br />
269
Endausbaukonzept mit mehreren Ausbauschritten einfließen (vgl. Bsp. Flughafen<br />
Madrid Barajas, Kap. 5.2.7).<br />
Zwar wird die Bedarfsbegründung als „gut“ bewertet, doch kann die Generierung der<br />
S/L-Bahn-Varianten maximal als „ausreichend“ eingestuft werden, da Alles-oder-<br />
Nichts-Forderungen vermeintlich „machbare“ S/L-Bahn-Varianten vorzeitig aus der<br />
Bewertung herausfallen lassen (z.B. Variante 13: S/L-Bahn-Variante j = 3 ohne S-<br />
Bahn 18 [33]).<br />
Erschwerend kommt hinzu, dass trotz der prognostizierten Entwicklungsszenarien<br />
<strong>und</strong> der daraus resultierenden fehlenden langfristigen Nachhaltigkeit des Ausbaus,<br />
keine Ausbaukonzepte mit mehreren Ausbauschritten in Erwägung gezogen werden.<br />
Ein positiver Planfeststellungsbeschluss sollte <strong>für</strong> die L-Bahn-Variante j = 2 (Nordwest)<br />
nur dann erfolgen, wenn einerseits die Frage des externen Flugunfallrisikos<br />
hinreichend geklärt ist <strong>und</strong> andererseits durch den Flughafenbetreiber ein Planungskonzept<br />
mit einem Planungshorizont über die Nutzung der L-Bahn-Variante j = 2 hinaus<br />
vorgelegt wird. Die Festlegung eines Ausbauziels bzw. des „Endausbaus“ wäre<br />
im Hinblick auf die Gesamtheit der Umweltauswirkungen <strong>und</strong> die bereits erreichte<br />
Größe des Flughafens Frankfurt Rhein Main mit einzubeziehen.<br />
270
8 Planungsgeschichte <strong>und</strong> Planungskontinuität<br />
Unabhängig <strong>von</strong> der Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten bei einem Flughafenausbau<br />
wird allgemein erwartet, dass die Ausbauplanungen des Flughafenbetreibers einem<br />
Entwicklungskonzept (landseitig/luftseitig) mit einerseits klaren Entwicklungszielen<br />
<strong>und</strong> -absichten entsprechen <strong>und</strong> andererseits mehrere Ausbauoptionen beinhaltet<br />
<strong>und</strong> flexibel an die Flughafenentwicklung angepasst werden kann (vgl. Kap. 3.5.5)<br />
[18, 43].<br />
Um einen möglichst geringen Widerstand gegen ein Ausbauvorhaben zu erreichen,<br />
sollte der Flughafenbetreiber bestrebt sein, seine eigene Glaubwürdigkeit gegenüber<br />
den <strong>von</strong> einem Ausbau betroffenen Anwohnern zu erhalten. Dazu sollten – wie auch<br />
bei der Bewertung <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten – die Planungen logisch nachvollziehbar<br />
sein <strong>und</strong> dem allgemeinen Gr<strong>und</strong>satz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Findet<br />
z.B. in einem ersten Schritt eine Bewertung verschiedener Flughafenstandorte statt<br />
<strong>und</strong> wird ein Flughafenstandort aufgr<strong>und</strong> seines bestehenden S/L-Bahn-Systems <strong>und</strong><br />
dessen Zustand ausgewählt, dann kommt es offensichtlich zu einem logischen Bruch<br />
in der Planungskontinuität, wenn im folgenden zweiten Schritt das bestehende S/L-<br />
Bahn-System als nicht ausbaubar verworfen wird [27, 28].<br />
Im Folgenden werden anhand der Planungsentwicklungen an den Beispielen Flughafen<br />
Frankfurt Rhein Main <strong>und</strong> Flughafen Leipzig/Halle „Planungsbrüche“ aufgezeigt,<br />
die die Frage nach der Nachhaltigkeit einer Planung, der Beständigkeit <strong>und</strong><br />
Verlässlichkeit <strong>von</strong> Bewertungen – zu Recht? – aufwerfen.<br />
8.1 Beispiel: Flughafen Frankfurt Rhein Main (FRA)<br />
Das derzeitige S/L-Bahn-System am Flughafen Frankfurt Rhein Main ist in<br />
Kap. 5.2.4.2 bereits ausführlich beschrieben (Anl. 31). Zur Betrachtung der Planungskontinuität<br />
wird auf die Entscheidung zur Realisierung der S-Bahn 18 zurückgeblickt.<br />
271
Bereits Ende der 1950er wurden Studien über die Ausbaumöglichkeiten des damaligen<br />
Parallelbahnsystems erstellt, die im Zuge des fortwährenden Luftverkehrswachstums<br />
Anfang der 1960er Jahre wieder aufgegriffen wurden [108].<br />
Aus kapazitiver <strong>und</strong> flugbetrieblicher Sicht bot sich eine neue parallele S/L-Bahn im<br />
Süden des Flughafengeländes mit einem Achsabstand <strong>von</strong> ca. 2.000 m an. Als Alternative<br />
stand eine, die Parallelbahnen vor den Schwellen 07 kreuzende, S-Bahn-<br />
Variante in Nord-Süd Richtung (sog. S-Bahn 18 „West“) zur Diskussion (Abb. 61)<br />
[72]. Als Ausbauziel wurde eine Erhöhung der Kapazität des S/L-Bahn-Systems auf<br />
einen Koordinationseckwert <strong>von</strong> mind. 70 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e festgesetzt<br />
(vgl. Staatsanzeiger <strong>für</strong> das Land Hessen, 03.05.1971 [124]).<br />
Abb. 61: Studie über die Ausbaumöglichkeiten des S/L-Bahn-Systems am Flughafen Frankfurt<br />
Rhein Main <strong>von</strong> 1958 [72]<br />
S/L-Bahn-Varianten nördlich der A 3 sowie östlich der A 5 wurden verworfen, da:<br />
272
- die Anbindung an das bestehende Vorfeld als problematisch beurteilt wurde<br />
(Querungen der jeweiligen Autobahn mit Rollwegen),<br />
- Eingriffe in den sog. Frankfurter Stadtwald nördl. der A 3 gr<strong>und</strong>sätzlich vermieden<br />
werden sollten <strong>und</strong><br />
- gegenüber den in Erwägung gezogenen Varianten keine entscheidenden Vorteile<br />
zu erkennen waren.<br />
Aufgr<strong>und</strong> des zunehmenden Widerstands der Flughafenanwohner gegen einen Ausbau<br />
des S/L-Bahn-Systems am Flughafen Frankfurt Rhein Main <strong>und</strong> den mit der Realisierung<br />
der parallelen Südbahnvariante verb<strong>und</strong>enen erheblichen Lärmbelästigungen,<br />
wurde diese S/L-Bahn-Variante aufgegeben [72, 100]. Hinzu kam, dass die Anbindung<br />
einer südlich gelegenen Varianten aufgr<strong>und</strong> der Nutzung des südlichen<br />
Flughafenbereichs durch die US Air Force sicherlich problematisch gewesen wäre.<br />
Die S-Bahn 18 machte zwar erhebliche Rodungsmaßnahmen notwendig, doch einerseits<br />
erfüllte sie das Kapazitätskriterium <strong>von</strong> 70 Flugbewegungen pro St<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />
andererseits stellte sie die lärmgünstigste Variante dar. Deshalb beantragte Ende<br />
1965 die Flughafen Frankfurt/Main AG (seit 11.06.2001 Fraport AG) beim Hessischen<br />
Ministerium <strong>für</strong> Wirtschaft <strong>und</strong> Verkehr die Genehmigung zum Bau der S-<br />
Bahn 18 [72].<br />
Obwohl bereits am 23.03.1971 der positive Planfeststellungsbeschluss erfolgte, dauerte<br />
es aufgr<strong>und</strong> einer Vielzahl <strong>von</strong> Einsprüchen <strong>und</strong> Protesten bis zum 12.04.1984,<br />
ehe die S-Bahn 18 in Betrieb genommen werden konnte.<br />
Der Planfeststellungsbeschluss vom 23.03.1971 beinhaltet folgende Aussage:<br />
„Die Be<strong>für</strong>chtungen, daß später eine weitere <strong>Start</strong>- oder Landebahn – etwa parallel<br />
zur 18-West – errichtet werden könnte, entbehren jeder Gr<strong>und</strong>lage. Die Genehmigung<br />
einer solchen Maßnahme wird auf keinen Fall erteilt.“ (Staatsanzeiger <strong>für</strong> das<br />
Land Hessen, 03.05.1971 [114])<br />
Mit diesem Votum des Hessischen Ministeriums <strong>für</strong> Wirtschaft <strong>und</strong> Verkehr wurde im<br />
Zuge der Realisierung der S-Bahn 18 der Endausbau des S/L-Bahn-Systems am<br />
Flughafen Frankfurt Rhein Main „verbindlich“ festgelegt. Um diese Festlegung zu<br />
273
manifestieren, wurde bis Ende der 1990er Jahre quasi die gesamte, das Flughafengelände<br />
umfassende, Waldfläche gemäß dem Hessischen Forstgesetz (HeForstG)<br />
zu Bannwald erklärt (vgl. Anl. 75).<br />
Bannwald ist in der Regel in allen B<strong>und</strong>esländern die höchste Schutzstufe <strong>für</strong> einen<br />
Wald <strong>und</strong> legt ihn als besonders schützenswert fest. Bis zur Änderung des HeForstG<br />
am 18.06.2002 war das Roden <strong>von</strong> Bannwald verboten. Seit dieser Änderung sind<br />
Rodungen zulässig, wenn „überwiegende Gründe des Gemeinwohls dies erfordern“<br />
[124]. Die in das derzeitige Planfeststellungsverfahren eingereichte L-Bahn-Variante<br />
Nordwest (Anl. 31) würde zum Verlust <strong>von</strong> ca. 224 ha Bannwald führen (s. Kap. 7.3).<br />
Der Rückblick auf die Planungsgeschichte am Flughafen Frankfurt Rhein Main verdeutlicht<br />
die fehlende – veröffentlichte – Planungskontinuität in Bezug auf die Entwicklung<br />
des S/L-Bahn-Systems. Aus heutiger Sicht wäre es sicherlich <strong>von</strong> Vorteil<br />
gewesen, den vermeintlichen Endausbau des S/L-Bahn-Systems nicht vorzeitig zu<br />
propagieren, sondern diese Aussage mit der Luftverkehrsentwicklung zu verknüpfen.<br />
Inwieweit das stetige Wachstum im Luftverkehr bereits damals absehbar war ist jedoch<br />
fraglich. Zudem hat offensichtlich der immense Ausbauwiderstand der politischen<br />
Ebene Eingeständnisse „abgerungen“.<br />
Nichtsdestoweniger hatte der Flughafenbetreiber prinzipiell über 30 Jahre Zeit, Alternativen<br />
ohne den weiteren Ausbau des S/L-Bahn-Systems am Standort Frankfurt<br />
Rhein Main zu erarbeiten <strong>und</strong> als festen Bestandteil in die Entwicklungsplanungen<br />
aufzunehmen. Durch den jetzt beabsichtigten Ausbau des S/L-Bahn-Systems kommt<br />
es aufgr<strong>und</strong> der bestehenden Planungsgeschichte zu einem „Planungsbruch“.<br />
Um das jetzige Ausbauvorhaben überhaupt zu ermöglichen, hat die Hessische Landesregierung<br />
offensichtlich die Novelle des HeForstG an die politischen Forderungen<br />
bzw. Notwendigkeiten angepasst <strong>und</strong> damit ein Zeichen <strong>für</strong> die zz. positive politische<br />
Haltung gegenüber dem Ausbauvorhaben gegeben.<br />
Da zum jetzigen Zeitpunkt bereits die Auslastung des beabsichtigten, ausgebauten<br />
S/L-Bahn-Systems mit der L-Bahn Nordwest absehbar ist, wäre es ratsam, die mittel<strong>und</strong><br />
langfristigen Planungsabsichten offen darzulegen <strong>und</strong> zu diskutieren, damit in<br />
274
Zukunft „Planungsbrüche“ vermieden werden können. Beispiele <strong>für</strong> langfristige <strong>und</strong><br />
kontinuierliche Planungen stellen die analysierten ausländischen Flughäfen Wien-<br />
Schwechat (Kap. 5.2.5), Zürich-Kloten (Kap. 5.26), Madrid-Barajas (Kap. 5.2.7) <strong>und</strong><br />
London Heathrow (Kap. 5.2.8) dar.<br />
8.2 Beispiel: Flughafen Leipzig/Halle (LEJ)<br />
In Kap. 5.2.3 wird ausschließlich die Variantenbewertung, die zur Norderweiterung<br />
des Flughafens Leipzig/Halle <strong>und</strong> zum Neubau der S/L-Bahn 08/26 geführt hat, analysiert<br />
(Anl. 29/2) [59]. Bei der Betrachtung der Planungskontinuität wird die derzeitige<br />
Aus- bzw. Neubaumaßnahme der S/L-Bahn Süd näher betrachtet [60].<br />
Der Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Leipzig vom 10.07.1997<br />
zum Neubau der sog. Nordbahn 08/26 basiert im Wesentlichen auf folgenden Punkten<br />
(vgl. Kap. 5.2.3) [59]:<br />
- erforderliche S/L-Bahn-Länge zur Abwicklung <strong>von</strong> Interkontinentalverkehr,<br />
- notwendige Leistungsfähigkeit (Vorfeld, Rollwege usw.),<br />
- Realisierbarkeit des Ausbauvorhabens unter laufendem Betrieb,<br />
- Optimierung der Fluglärmbelastung.<br />
Die S/L-Bahn-Variante Nordbahn 08/26 mit einer Länge <strong>von</strong> 3.600 m erfüllt sämtliche<br />
Nutzeranforderungen <strong>und</strong> stellt zugleich hinsichtlich der Fluglärmbelastung die vergleichsweise<br />
beste Alternative dar. Deshalb wurde sie gegenüber sämtlichen anderen<br />
S/L-Bahn-Varianten favorisiert [59]. Der Neubau der Nordbahn 08/26 fand im<br />
Zeitraum <strong>von</strong> Anfang 1998 bis zur offiziellen Inbetriebnahme am 24.03.2000 statt<br />
[126].<br />
Die S/L-Bahn-Variante Südbahn 08/26 mit einer Länge <strong>von</strong> 3.200 m bzw. 3.600 m<br />
wurde trotz Vorteilen im Bereich der Flächeninanspruchnahme/-versiegelung sowie<br />
beim Eingriff in Natur <strong>und</strong> Landschaft als nicht planfeststellungsfähig angesehen, da<br />
einerseits die Gemeinde Kursdorf voll im Lärmschutz- <strong>und</strong> Sicherheitsbereich liegen<br />
würde <strong>und</strong> somit Umsiedlungen in Frage kämen <strong>und</strong> andererseits der Flughafen<br />
während der Bauphase um mindestens 5 Monate geschlossen werden müsste.<br />
275
Das bestehende S/L-Bahn-System mit der S/L-Bahn 10/28 (2.500 m Länge) wurde<br />
aufgr<strong>und</strong> der erheblichen funktionalen <strong>und</strong> strukturellen Mängel gr<strong>und</strong>sätzlich abgelehnt.<br />
Weiterhin wurden die relativ hohen Fluglärmbelastungen als Ausschlussgr<strong>und</strong><br />
angeführt [59].<br />
Die derzeitige Aus- bzw. Neubaumaßnahme der S/L-Bahn Süd bedeutet die Realisierung<br />
eines Parallelbahnsystems <strong>und</strong> beinhaltet den Neubau einer Südbahn 08/26<br />
(08R/26L) mit einer Länge <strong>von</strong> 3.600 m [60].<br />
Die Rahmenbedingungen <strong>für</strong> die Bewertung dieser Südbahn 08/26 haben sich <strong>von</strong><br />
dem Planfeststellungsbeschluss im Jahr 1997 bis zum Planfeststellungsbeschluss im<br />
Jahr 2004 nur in zwei Punkten geändert:<br />
1. Die Schließung des Flughafens während der Bauphase ist nicht mehr erforderlich,<br />
da mittlerweile die Nordbahn 08/26 existiert.<br />
2. Die Entwicklung der Flugbewegungszahlen ist rückläufig (Abb. 62).<br />
Flugbewegungen<br />
Flughafen Leipzig-Halle<br />
60.000<br />
55.000<br />
50.000<br />
45.000<br />
40.000<br />
35.000<br />
30.000<br />
25.000<br />
Flugbewegungen<br />
20.000<br />
15.000<br />
10.000<br />
5.000<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Jahr<br />
Abb. 62: Entwicklung der Flugbewegungszahlen am Flughafen Leipzig/Halle [126]<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser Planungsgeschichte <strong>und</strong> der Luftverkehrsentwicklung am Flughafen<br />
Leipzig/Halle drängt sich die Frage auf, ob nach der Realisierung der Nordbahn<br />
08/26 zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt noch eine weitere S/L-Bahn erforderlich ist.<br />
276
Der im Planfeststellungsbeschluss <strong>von</strong> 1997 formulierte Verzicht auf einen Vergleich<br />
des S/L-Bahn-Systems am Flughafen Leipzig/Halle mit dem S/L-Bahn-System am<br />
Flughafen Stuttgart wird ausschließlich mit der Notwendigkeit einer S/L-Bahn am<br />
Flughafen Leipzig/Halle mit einer Länge <strong>von</strong> 3.600 m begründet.<br />
Da diese Begründung zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses am<br />
04.11.2004 nicht mehr gültig war, hätte ein Vergleich zwischen den Flughäfen Leipzig/Halle,<br />
Stuttgart sowie Frankfurt-Hahn die vermeintlich fehlende Notwendigkeit des<br />
weiteren Ausbaus aufzeigen können (vgl. Kap 5.2.1 u. Kap. 7.1). Evtl. wäre es sogar<br />
möglich gewesen, aus dem Vergleich der Flughäfen einen Planungshorizont <strong>für</strong> die<br />
Auslastung des bestehenden S/L-Bahn-Systems am Flughafen Leipzig/Halle auszuloten<br />
<strong>und</strong> das vermeintlich zweckmäßige Datum <strong>für</strong> einen evtl. weiteren Ausbau zu<br />
bestimmen.<br />
Anzumerken ist, dass durch die Entscheidung <strong>für</strong> den Ausbau des Flughafens Berlin<br />
Schönefeld zum sog. Single-Airport Berlin Brandenburg International (BBI) <strong>und</strong> die<br />
offizielle Genehmigung des Ausbaus am 13.08.2004 durch das Brandenburger Verkehrsministerium<br />
[92], die Perspektiven <strong>für</strong> eine adäquate Auslastung eines Parallelbahnsystems<br />
am Flughafen Leipzig/Halle, – mit zwei S/L-Bahnen mit einer Länge<br />
<strong>von</strong> jeweils 3.600 m – wenn überhaupt, nur noch langfristig vorstellbar sind.<br />
277
278
9 Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />
Die in dieser Arbeit dargestellte Entwicklung des Luftverkehrs zeigt den weiteren, an<br />
das zukünftige Luftverkehrsaufkommen angepassten Ausbaubedarf der Luftverkehrsinfrastruktur<br />
an deutschen Verkehrsflughäfen – besonders im Bereich der S/L-Bahn-<br />
Systeme – auf.<br />
Theoretisch können bei einem Flughafenausbau alle in Betracht kommenden <strong>Planungsvarianten</strong><br />
<strong>von</strong> S/L-Bahnen realisiert werden. Grenzen werden zunächst nur<br />
durch die technische Realisierbarkeit sowie den finanziellen Aufwand gesetzt. Die<br />
Entscheidung <strong>für</strong> eine bestimmte S/L-Bahn-Variante ist jedoch, besonders wegen<br />
den variantenabhängigen Umweltauswirkungen <strong>und</strong> des damit verb<strong>und</strong>enen Widerstandspotentials<br />
der betroffenen Bevölkerung, schwierig <strong>und</strong> sollte nur auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage einer umfassenden, nachvollziehbaren <strong>und</strong> schlüssigen Bewertung erfolgen.<br />
Hier setzt die vorliegende Arbeit an. Ausgangspunkt <strong>und</strong> gleichzeitig thematische<br />
Abgrenzung des entwickelten <strong>Bewertungsverfahren</strong>s ist ein bestehender Verkehrsflughafen<br />
oder Verkehrslandeplatz, dessen Betreiber aufgr<strong>und</strong> seiner individuellen<br />
Unternehmenszielsetzung einen Ausbau des S/L-Bahn-Systems beabsichtigt. Ein<br />
Flughafenneubau oder eine zivile Nutzung bzw. Mitnutzung eines Militärflugplatzes<br />
(sog. Konversion) <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Standortuntersuchung sind nicht Gegenstand<br />
des Verfahrens, da <strong>für</strong> diesen Fall zahlreiche weitere Betrachtungsparameter<br />
hinzukommen, andere wiederum stark differieren. Deshalb kann das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
auch nicht dazu verwendet werden, temporäre S/L-Bahn-Varianten<br />
im Zuge einer S/L-Bahn-Sanierung o.ä. zu bewerten.<br />
Den eigentlichen Planungsanstoß bildet die Ausbauabsicht <strong>für</strong> eine S/L-Bahn-Erweiterung,<br />
die durch den Flughafenbetreiber, basierend auf einem Bedarfsnachweis,<br />
formuliert wird. Ist die Ausbauabsicht genügend konkretisiert, mündet sie in ein ROV<br />
als erster Schritt eines mehrstufigen Planungsprozesses. Für das ROV werden verschiedene<br />
S/L-Bahn-Varianten generiert <strong>und</strong> in Bezug auf raumplanerische Gesichtspunkte<br />
„kritisch analysiert“. Die Bewertung dieser S/L-Bahn-Varianten <strong>und</strong> die<br />
279
abschließende Entscheidung <strong>für</strong> eine „Vorzugsvariante“ [33] sind wesentlicher Bestandteil<br />
des als weiteren Planungsschritt folgenden Antrags auf Planfeststellung.<br />
Das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> bildet eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die objektive <strong>und</strong> standardisierte<br />
Bewertung der in das Planfeststellungsverfahren eingebrachten <strong>Planungsvarianten</strong><br />
<strong>von</strong> S/L-Bahnen, <strong>und</strong> zwar in Bezug auf:<br />
- Leistungsfähigkeit (Kapazität/Funktionalität),<br />
- Umweltauswirkungen,<br />
- Wirtschaftlichkeit.<br />
Auf der Basis der Analyse bereits angewendeter Bewertungsschemata werden zunächst<br />
der äußere Rahmen <strong>und</strong> die Struktur des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s festgelegt.<br />
Sowohl die erfassten Schwachstellen als auch die positiven Aspekte der bereits<br />
angewendeten <strong>Bewertungsverfahren</strong> dienen zur Verifizierung der standardisierten<br />
Bewertungskriterien des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s.<br />
Folgende Gr<strong>und</strong>sätze bilden das F<strong>und</strong>ament des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s:<br />
- Das Kriteriengerüst (Abb. 28) sowie das Ablaufschema (Abb. 29) sind vorab<br />
definiert, vollständig <strong>und</strong> während der Verfahrensanwendung unveränderbar.<br />
- Die lückenlose Bearbeitung aller Bewertungskriterien ist zwingend notwendig.<br />
- Die thematische Struktur des Kriteriengerüstes ist so festgelegt, dass einerseits<br />
alle relevanten Kriterien erfasst <strong>und</strong> berücksichtigt sind, andererseits eine<br />
„mehrfache Bewertung“ ein <strong>und</strong> desselben Kriteriums bzw. Tatbestandes ausgeschlossen<br />
wird („konsistentes Kriteriengerüst“).<br />
Das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> teilt sich in drei Schritte auf. Im ersten Schritt erfolgt<br />
die Bewertung der Voraussetzungen <strong>für</strong> das Ausbauvorhaben, d.h. die Stichhaltigkeit<br />
der konkreten Ausbaubegründung wird überprüft. Den zweiten Schritt bildet die Prüfung<br />
der Variantengenerierung. Schwerpunkt ist dabei, den logischen Aufbau der<br />
Generierung der S/L-Bahn-Varianten kritisch zu hinterfragen <strong>und</strong> erforderlichenfalls<br />
zu korrigieren. Den Hauptteil des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s bildet der dritte Schritt. Auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage eines standardisierten Kriteriengerüsts wird eine NWA angewendet, da<br />
eine anerkannte Monetarisierung aller Bewertungskriterien derzeit nicht möglich ist.<br />
280
Sollten sich während der einzelnen Verfahrensschritte Optimierungsmöglichkeiten<br />
einer S/L-Bahn-Variante herauskristallisieren, werden diese mit betrachtet.<br />
Um <strong>von</strong> einer dimensionsbehafteten Messgröße (Indikator) zu einer neutralen Bewertung<br />
bzw. Bepunktung zu kommen, werden <strong>für</strong> jedes Bewertungskriterium Bewertungsfunktionen<br />
definiert. Es werden Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Maßstäbe auf Basis der<br />
analysierten bestehenden <strong>Bewertungsverfahren</strong> abgeleitet, die <strong>für</strong> jede Bewertungsfunktion<br />
den äußeren Rahmen darstellen. Die Bepunktung der Bewertungskriterien<br />
erfolgt in einer einheitlich definierten Skala <strong>von</strong> jeweils 1 bis 100 Punkten.<br />
Die im UVPG geforderte Gleichwertigkeit aller Umweltschutzgüter ist im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
insofern implementiert, als eine formale 1:1-Gewichtung eingeführt<br />
<strong>und</strong> ebenfalls <strong>für</strong> die Bewertungskriterien im Bereich der Leistungsfähigkeit<br />
übernommen wird.<br />
Da es der Gr<strong>und</strong>gedanke des neuen Verfahrens ist, die Bereiche Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Umweltauswirkungen gleichgewichtet in das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong> einfließen<br />
zu lassen (1:1-Gewichtung), ist es aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Bepunktungsspannweiten<br />
<strong>von</strong> 0 bis 400 Punkte im Bereich Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> 0 bis 800<br />
Punkte im Bereich Umweltauswirkungen notwendig, die Bepunktungen an ein identisches<br />
Niveau anzupassen („anzusetzende Bewertungspunkte“, vgl. Kap. 6.2.4.4.1).<br />
Die Miteinbeziehung des Bereichs Wirtschaftlichkeit ermöglicht die Bildung eines variantenabhängigen<br />
Quotienten in Form <strong>von</strong> „Investitionskosten pro Bewertungspunkt“<br />
[€/Pkt] <strong>und</strong> somit eine Variantenreihung; je niedriger die Kosten pro Bewertungspunkt<br />
sind, desto wirtschaftlicher ist die S/L-Bahn-Variante (Abb. 47).<br />
Die Rangfolge der S/L-Bahn-Varianten ergibt sich unmittelbar aus der Variantenreihung,<br />
wonach die zu favorisierende „Bestvariante“ die S/L-Bahn-Variante mit dem<br />
betragsmäßig niedrigsten Quotienten aus Investitionskosten pro Bewertungspunkte<br />
ist. Sollten sich bei einem annähernd gleichen Quotienten aus Investitionskosten pro<br />
Bewertungspunkt <strong>von</strong> S/L-Bahn-Varianten das potentielle Flugunfallrisiko (intern/extern),<br />
der Realisierungszeitraum oder sonstige Faktoren wesentlich unterscheiden,<br />
dann kann in begründeten Ausnahmefällen eine Veränderung der Rangfolge<br />
vorgenommen werden. Zu sagen ist, dass diese Faktoren keine Bewertungs-<br />
281
kriterien darstellen <strong>und</strong> im Bereich „individueller Ermessensentscheidungen“ anzusiedeln<br />
sind. Sowohl <strong>für</strong> den Bereich Leistungsfähigkeit als auch <strong>für</strong> den Bereich<br />
Umweltauswirkungen spielen diese Faktoren keine aussagekräftige Rolle.<br />
Die Höhe der Gesamtbepunktung („Nutzenpunkte“) einer S/L-Bahn-Variante ermöglicht<br />
unabhängig <strong>von</strong> der Einbeziehung der Wirtschaftlichkeit eine Aussage über die<br />
generelle Eignung der S/L-Bahn-Variante. Diese Aussage komplettiert das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
(Abb. 48).<br />
Unabhängig <strong>von</strong> dem neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> soll keinesfalls verhindert oder<br />
ausgeschlossen werden, dass sowohl Ausbaube<strong>für</strong>worter als auch -gegner Sensitivitätsanalysen<br />
zur Überprüfung der Gewichtung der Einzelkriterien durchführen können.<br />
Diese müssen jedoch auf Gr<strong>und</strong>lage der neuen standardisierten Bewertung erfolgen,<br />
damit individuelle Gewichtungen transparent werden <strong>und</strong> die Nachvollziehbarkeit<br />
gewährleistet bleibt. Damit kann ein wesentlicher Kritikpunkt an den analysierten<br />
bestehenden Bewertungsschemata im neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong> ausgeschlossen<br />
werden.<br />
Ökonomische Faktoren, z.B. die direkten <strong>und</strong> indirekten Beschäftigungseffekte am<br />
Flughafen sowie die Gesamtbeschäftigungseffekte in der Region sind Nebenwirkungen<br />
des Ausbauvorhabens (Sek<strong>und</strong>äreffekte) <strong>und</strong> können innerhalb einer Bewertung<br />
<strong>von</strong> S/L-Bahnen nicht herangezogen werden. Diese Faktoren können lediglich die<br />
politische Entscheidungsebene beeinflussen <strong>und</strong> als „Verkaufsargument“ dienen; ansonsten<br />
ergäbe sich eine Verzerrung der Bewertung <strong>und</strong> der Objektivitätsanspruch<br />
des <strong>Bewertungsverfahren</strong>s wäre gefährdet. Unabhängig da<strong>von</strong> gilt: Je mehr positive<br />
ökonomische Effekte mit dem Ausbauvorhaben verb<strong>und</strong>en sind, desto eher können<br />
negative Umweltauswirkungen den Betroffenen vermittelt werden.<br />
Bei der Anwendung des neuen <strong>Bewertungsverfahren</strong>s sind <strong>für</strong> einige Bewertungskriterien<br />
Fachgutachten erforderlich. Dadurch können einerseits qualifizierte <strong>und</strong><br />
zugleich detaillierte Aussagen über den Ist-Zustand vor dem Ausbau <strong>und</strong> andererseits<br />
die prognostizierten Auswirkungen nach dem Ausbau objektiviert werden. Eine<br />
allgemein gültige Zertifizierung <strong>von</strong> zugelassenen, unabhängigen Fachgutachtern auf<br />
B<strong>und</strong>esebene wäre erstrebenswert, damit die notwendigen fachlichen Kompetenzen<br />
282
<strong>und</strong> Standards festgesetzt sowie die Objektivität der Aussagen gewährleistet werden<br />
können. Leider existieren derzeit keinerlei Organisationsstrukturen oder Regelwerke,<br />
die diesen Mangel im allgemeinen Konsens zwischen Ausbaube<strong>für</strong>wortern <strong>und</strong> Ausbaugegnern<br />
beseitigen könnten.<br />
Für zukünftige Ausbauvorhaben an Flughäfen werden die enge Miteinbeziehung des<br />
Flughafenumlandes <strong>und</strong> ein offener Dialog eine zunehmende Voraussetzung <strong>für</strong> die<br />
zeitgerechte oder sogar gr<strong>und</strong>sätzliche Realisierbarkeit sein. Jedem Flughafenbetreiber,<br />
der als Wirtschaftsunternehmen fungiert, sollte jedoch in der viel propagierten<br />
„freien Marktwirtschaft“ in der BRD das prinzipielle Recht zugesprochen werden, einen<br />
max. wirtschaftlichen Gewinn („Profit“) anzustreben. Dazu gehört auch die Anpassung<br />
der Infrastruktur an den Bedarf. Im Gegensatz dazu kann vom Flughafenbetreiber<br />
erwartet werden, dass, wenn öffentliche Mittel zur Realisierung des Ausbauvorhabens<br />
beansprucht werden, ein Nachweis der finanziellen Tragfähigkeit erbracht<br />
wird. Dieser Nachweis sollte ggf. ein fester Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens<br />
werden.<br />
Bei der Analyse der <strong>Bewertungsverfahren</strong> der ausländischen Flughäfen hat sich gezeigt,<br />
dass langfristige Konzepte mit einer konkreten Zielstruktur des S/L-Bahn-Systems<br />
(Final Configuration) anvisiert werden, was faktisch einem „Endausbau“ entspricht.<br />
Weiterhin werden Belastungsobergrenzen behördlich festgesetzt, die die allgemeinen<br />
Betroffenheiten durch den Luftverkehr limitieren (vgl. Flughafen London<br />
Heathrow, Kap. 5.2.8). Diese Konzepte müssten analog in der BRD übernommen<br />
werden, so dass einerseits Entwicklungsflächen <strong>für</strong> die Flughafenstandorte gesichert<br />
werden können <strong>und</strong> andererseits Transparenz, Kontinuität <strong>und</strong> Verlässlichkeit in der<br />
Flughafenplanung <strong>für</strong> die Anwohner gewährleistet werden.<br />
Ein erster Ansatz dazu bildet die Initiative „Luftverkehr <strong>für</strong> Deutschland“ [122]. Dieser<br />
Zusammenschluss <strong>von</strong> Flughäfen, Fluggesellschaften <strong>und</strong> Flugsicherung auf nationaler<br />
Ebene hat das Ziel, eine höhere Effizienz des Luftverkehrsstandorts Deutschlands<br />
zu erreichen. Schirmherr ist der B<strong>und</strong>esminister <strong>für</strong> Verkehr, Bau <strong>und</strong> Stadtentwicklung,<br />
Wolfgang Tiefensee.<br />
283
Innerhalb der Bewertung <strong>von</strong> Flughafenstandorten kann das neue <strong>Bewertungsverfahren</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Planungsvarianten</strong> <strong>von</strong> <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnen bei einem Flughafenausbau<br />
einen Mosaikbaustein darstellen <strong>und</strong> einen Beitrag <strong>für</strong> ein zukünftiges Gesamtkonzept<br />
<strong>für</strong> den Flughafenstandort Deutschland leisten.<br />
284
Quellenverzeichnis<br />
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[26] FLUGHAFEN NÜRNBERG GMBH (Hrsg.): „Masterplan 1990”, Büro Wilke,<br />
Nürnberg, 07.12.1990<br />
[27] FLUGHAFEN GMBH KASSEL (Hrsg.): „Ausbau Verkehrsflughafen Kassel-Calden<br />
(Raumordnungsverfahren)“, Kassel-Calden, 17.12.2001<br />
[28] FLUGHAFEN GMBH KASSEL (Hrsg.): „Ausbau Verkehrslandeplatz Kassel-<br />
Calden zu einem Verkehrsflughafen“, Planfeststellungsverfahren, Kassel,<br />
17.05.2005<br />
[29] FORSCHUNGSGESELLSCHAFT FÜR STRASSEN- UND VERKEHRSWE-<br />
SEN (FGSV, Hrsg.): „Empfehlungen <strong>für</strong> Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an<br />
Straßen“ (EWS), Aktualisierung der RAS-W 86, Arbeitsgruppe Verkehrsplanung,<br />
1997<br />
287
[30] FORSCHUNGSGESELLSCHAFT FÜR STRASSEN- UND VERKEHRSWE-<br />
SEN (FGSV, Hrsg.): „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Straßen“, Stand<br />
<strong>und</strong> Entwicklung der EWS, Arbeitsgruppe Verkehrsplanung, 2002<br />
[31] FRANKFURT HAHN AIRPORT GMBH (Hrsg.): „Verlängerung der <strong>Start</strong>- <strong>und</strong><br />
Landebahn“, Antrag auf Planfeststellung, Hahn-Flughafen, 01.07.2003<br />
[32] FRAPORT AG (Hrsg.): „Ausbauprogramm Flughafen Frankfurt Main“, Unterlagen<br />
zum Planfeststellungsverfahren, Frankfurt am Main, 02. November 2004<br />
[33] FRAPORT AG (Hrsg.): „Ausbauprogramm Flughafen Frankfurt/Main“, Unterlagen<br />
zum Raumordnungsverfahren, Frankfurt/Main, 08. Oktober 2001<br />
[34] FRAPORT AG (Hrsg.): „Generalausbauplan 2000 – Flughafen Frankfurt Main“,<br />
Flughafenleitplanung (APF-KF), Frankfurt am Main, Stand: August 2002<br />
[35] FRIEND, J., HICKLING, A.:“ Planning <strong>und</strong>er Pressure: The Strategic Choice<br />
Approach“, Butterworth-Heinemann, Third Edition, 2005<br />
[36] HAMMER, G.: „Bauordnung im Bild“, Baden-Württemberg – Bayern, Bd. 1-3,<br />
WEKA MEDIA GmbH & Co. KG, März 2004<br />
[37] HARTMANN, R.: „Genehmigung <strong>und</strong> Planfeststellung <strong>für</strong> Verkehrsflughäfen<br />
<strong>und</strong> Rechtschutz Dritter“, Schriften zum Öffentlichen Recht, Band 654, Universität<br />
Erlangen-Nürnberg, 1992<br />
[38] HEINEN, E.: „Industriebetriebslehre – Entscheidungen im Industriebetrieb“,<br />
9. Auflage, Gabler, Wiesbaden, 1991<br />
[39] HÖSL, G. G.: „Mediation – die erfolgreiche Konfliktlösung – Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong><br />
praktische Anwendung“, 2. Auflage, Kösel-Verlag GmbH & Co., München,<br />
2004<br />
[40] HORONJEFF, R., McKELVEY, F. X.: „Planning & Design of Airports”, McGraw-<br />
Hill Company, Fourth Edition, 1994<br />
288
[41] INTERNATIONAL CIVIL AVIATION ORGANIZATION (ICAO, Hrsg.): „Aerodromes<br />
– Annex 14”, Volume I, Aerodrome Design and Operations, 4 th Edition,<br />
Montreal, July 2004<br />
[42] INTERNATIONAL CIVIL AVIATION ORGANIZATION (ICAO, Hrsg.): „Aerodrome<br />
Design Manual“, Part 1-5, aktuelle Ausgaben der einzelnen Teile (Parts)<br />
[43] INTERNATIONAL CIVIL AVIATION ORGANIZATION (ICAO, Hrsg.): „Airport<br />
Planning Manual, Part 1, Master Planning”, Second Edition, 1987<br />
[44] JACOBY, C.: „Die Strategische Umweltprüfung (SUP) in der Raumplanung“,<br />
Erich Schmidt Verlag, Berlin, 2000<br />
[45] KAULE, G.: „Arten- <strong>und</strong> Biotopschutz – Giselher Kaule“, Verlag Eugen Ulmer,<br />
2. Auflage, Stuttgart, 1991<br />
[46] KAULE, G.: „Umweltplanung – Giselher Kaule“, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart,<br />
2002<br />
[47] KÄFER, A.: „Luftverkehr <strong>und</strong> Umweltauswirkungen“, Informationen zur Umweltpolitik,<br />
Wien, 1994<br />
[48] LÄNDERAUSSCHUSS FÜR IMMISSIONSSCHUTZ (Hrsg.): „Leitlinie zur Ermittlung<br />
<strong>und</strong> Beurteilung der Fluglärmimmissionen in der Umgebung <strong>von</strong> Landeplätzen<br />
durch die Immissionsbehörden der Länder (LAI-Fluglärmleitlinie)“,<br />
1997<br />
[49] LANDESANSTALT FÜR UMWELTSCHUTZ BADEN-WÜRTTEMBERG<br />
(Hrsg.): „Leitfaden <strong>für</strong> die Eingriffs- <strong>und</strong> Ausgleichsbewertung bei Abbauvorhaben“,<br />
Karlsruhe, September 1997<br />
[50] MEDIATIONSGRUPPE FLUGHAFEN FRANKFURT/MAIN (Hrsg.): „Vergleichende<br />
Darstellung der Entwicklung der internationalen Verkehrsflughäfen<br />
Amsterdam, Frankfurt, London <strong>und</strong> Paris“, Erarbeitet <strong>von</strong> der Flughafen Frankfurt/Main<br />
AG, Frankfurt, 26.20.1999<br />
289
[51] ÖKO-INSTITUT e.V. (Hrsg.): „Ergebnisse der Arbeiten zu V 11a: Sicherheitstechnische<br />
Machbarkeit der Bahnvarianten 9a, 9b, 11a, 12 <strong>und</strong> 13“, Vorschlag<br />
der AG Flugsicherung <strong>und</strong> Navigation vom 16. November 1999, Beschluss der<br />
Mediationsgruppe, 27.11.1999<br />
[52] ÖKO-INSTITUT e.V. (Hrsg.): „Untersuchungen an internationalen <strong>und</strong> nationalen<br />
Verkehrsflughäfen zum Mediationspaket – State-Of-Practice-Analyse –“,<br />
Darmstadt/Berlin, April 2003<br />
[53] ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR GEOMECHANIK (Hrsg.): „ÖGG-<br />
Richtlinie – Kostenermittlung <strong>für</strong> Projekte der Verkehrsinfrastruktur (unter Berücksichtigung<br />
relevanter Projektrisiken)“, Pöttler R., Schweiger H. F., Vavrovsky<br />
G.-M., Oktober 2005<br />
[54] ÖKOLOGIE-ZENTRUM DER CHRISTIAN-ALBRECHTS-UNIVERSITÄT ZU<br />
KIEL (Hrsg.): „Entwicklung einer Arbeitsanleitung zur Berücksichtigung der<br />
Wechselwirkungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung“, Prof. Dr. Dierßen, im<br />
Auftrag des Umweltb<strong>und</strong>esamtes, März 2001<br />
[55] PEARMAN, H.: „Airports - A Century of Architecture“, Laurence King Publishing<br />
Ltd., London, 2004<br />
[56] PIEHLER, C.: „Erarbeitung eines Handlungsrahmens <strong>für</strong> die Entwicklung <strong>von</strong><br />
Fluglärmkontingentierungen“, Veröffentlichung des Verkehrswissenschaftlichen<br />
Instituts der RWTH Aachen, Heft 62, Aachen, 2003<br />
[57] REGIERUNGSPRÄSIDIUM DARMSTADT (Hrsg.): „Raumordnungsverfahren<br />
Flughafen Frankfurt Main – Landesplanerische Beurteilung“, Darmstadt,<br />
10.06.2002<br />
[58] REGIERUNGSPRÄSIDIUM KASSEL (Hrsg.): „Raumordnungsverfahren Flugplatz<br />
Kassel-Calden – Landesplanerische Beurteilung“, Kassel, 18.12.2003<br />
[59] REGIERUNGSPRÄSIDIUM LEIPZIG (Hrsg.): „Planfeststellungsbeschluß Flughafen<br />
Leipzig-Halle – Ausbauvorhaben: Norderweiterung des Flughafens Leipzig-Halle“,<br />
Leipzig, 10.07.1997<br />
290
[60] REGIERUNGSPRÄSIDIUM LEIPZIG (Hrsg.): „Planfeststellungsbeschluss <strong>für</strong><br />
das Vorhaben – Ausbau des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle <strong>Start</strong>-/Landebahn<br />
Süd mit Vorfeld“, Leipzig, 04.11.2004<br />
[61] RIEDEL, G.: „Flughafenplanung in Entwicklungsländern – Flughafenplanung<br />
aus Sicht eines Auftraggebers“, Information - Verkehrsplanung <strong>und</strong> Straßenwesen,<br />
Hg. Schmuck A., Heft 5, Universität der B<strong>und</strong>eswehr München, 1981<br />
[62] SCHAFRANSKI, F.: „Landschaftsästhetik <strong>und</strong> räumliche Planung“, Lehr- u.<br />
Forschungsgebiet Landschafts- <strong>und</strong> Grünordnungsplanung, Prof. Dipl.-Ing.<br />
Wüst, Dissertation, Fachbereich Architektur, Raum- <strong>und</strong> Umweltplanung, Bauingenieurwesen,<br />
Univ. Kaiserslautern, 1996<br />
[63] SCHMUCK, A.: „Straßenerhaltung mit System – Gr<strong>und</strong>lagen des Managements“,<br />
Kirschbaumverlag, Bonn, 1987<br />
[64] SCHWEIZERISCHER VERBAND DER STRASSEN- UND VERKEHRSFACH-<br />
LEUTE (Hrsg.): „Kosten-Nutzen-Analyse im Strassenverkehr“, 5. Entwurf, SN<br />
671 800, Zürich, 07.01.2005<br />
[65] STADT FREIBURG (Hrsg.): „Fortschreibung des Landschaftsplans der Stadt<br />
Freiburg – Konzept zum Schutz des Bodens <strong>und</strong> des Gewässers“, Erläuterungsbericht,<br />
Umweltschutzamt der Stadt Freiburg, 19.05.2004<br />
[66] STADT KÖLN (Hrsg.): „Bewertungshandbuch zur Umweltverträglichkeitsprüfung“,<br />
Amt <strong>für</strong> Umweltschutz, 3. Auflage, Stand: August 2003<br />
[67] STEIN, V., WOLFFRAM, U.: „Infrastruktur-Erfordernisse <strong>für</strong> einen STOL-Luftverkehr<br />
in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland“, Arbeitsgemeinschaft Deutscher<br />
Verkehrsflughäfen, Stuttgart, 1975<br />
[68] TOEPEL, W.: „Anmerkungen zu der Stellungnahme der DFS Deutsche Flugsicherung<br />
vom 26.11.1999 betreffend Ausbau des Flugplatzes Kassel-Calden“,<br />
Holzkirchen, 29.01.2000<br />
[69] TOEPEL, W.: „Die Institutionelle Situation auf europäischen Flughäfen“, Heft<br />
Nr. 25, Universität der B<strong>und</strong>eswehr München, 1986<br />
291
[70] TOEPEL, W.: „Gutachterliche Stellungnahme zu den Auswirkungen <strong>von</strong> Ausbauvarianten<br />
<strong>für</strong> die <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahn des Verkehrslandeplatzes Kassel-<br />
Calden“, Holzkirchen, August 1999<br />
[71] TOEPEL, W.: „Raumordnungsverfahren <strong>für</strong> den geplanten Ausbau des Verkehrslandeplatzes<br />
Kassel-Calden zum Verkehrsflughafen – Stellungnahme zu<br />
den Raumordnungsunterlagen“, Bürgeranhörung am 07.02.2002 in der Gemeinde<br />
Ahnatal, Holzkirchen, Februar 2002<br />
[72] TREIBEL, W.: „Die deutsche Luftfahrt, Geschichte der deutschen Verkehrsflughäfen“,<br />
Bernhard & Graefe Verlag, Bonn, 1992<br />
[73] UMWELTBUNDESAMT (Hrsg.): „Entwicklung einer Arbeitsanleitung zur<br />
Berücksichtigung der Wechselwirkungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung“,<br />
Ökologie-Zentrum der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Forschungs-<br />
<strong>und</strong> Entwicklungsvorhaben 297 13 180, März 2001<br />
[74] UVP-REPORT (Hrsg.): „Umweltverträglichkeitsprüfung <strong>für</strong> Flughäfen“, UVP-<br />
Gesellschaft e.V., 18. Jahrgang, Nr. 4, November 2004<br />
[75] VDI-GESELLSCHAFT BAUTECHNIK, OLSHAUSEN (Hrsg.): „VDI-Lexikon<br />
Bauingenieurwesen“, 2. Auflage, Springer-Verlag, Berlin, 1997<br />
[76] VEREIN DIALOGFORUM FLUGHAFEN WIEN (Hrsg.): „Ergebnisse zum<br />
Mediationsverfahren“, Mediationsverfahren Wien – Überblick, Wien, Juni 2005<br />
[77] WELLS, A. T., YOUNG, S. B.: „Airport Planning & Management“, Fifth Edition,<br />
McGraw-Hill Company, 2004<br />
[78] WITTSCHIER, B. M.: „30 Minuten <strong>für</strong> erfolgreiche Mediation im Unternehmen“,<br />
2. Auflage, GABAL Verlag GmbH, Offenbach, 2004<br />
[79] WULF, A. J.: „Die Eignung landschaftsökologischer Bewertungskriterien <strong>für</strong> die<br />
raumbezogene Umweltplanung”, 1. Auflage, Books on Demand GmbH, Kiel,<br />
2001<br />
292
Internetquellen (Stand: 01.09.2006):<br />
[80] www.aena.es : Aeropuertos Españoles y Navigación Aérea<br />
(span. Flughafenbetreiber)<br />
[81] www.aeroflight.co.uk : sog. Aviatik-Website<br />
[82] www.adv-net.org : Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen<br />
(ADV)<br />
[83] www.airbus.com : Airbus Deutschland GmbH<br />
[84] www.airliners.net : sog. Aviatik-Website<br />
[85] www.airport-bremen.de : Flughafen Bremen<br />
[86] www.airport-cgn.de : Flughafen Köln/Bonn<br />
[87] www.airport-nuernberg.de : Flughafen Nürnberg<br />
[88] www.aufbau-ffm.de : Frankfurt: Dokumentation zur Nachkriegszeit<br />
[89] www.baa.com : British Airport Authority plc (brit. Flughafenbetreiber)<br />
[90] www.barig.org : Board of Airline Representatives in Germany<br />
(BARIG e.V.)<br />
[91] www.bdli.de : B<strong>und</strong>esverband der Dt. Luft- u. Raumfahrtindustrie<br />
e.V.<br />
[92] www.berlin-airport.de : Berliner Flughafengesellschaft mbH<br />
[93] www.bmvbs.de : B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong><br />
Stadtentwicklung<br />
[94] www.bmu.de : B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz u.<br />
Reaktorsicherheit (BMU)<br />
[95] www.boeing.com : Boeing Commercial Airplanes<br />
[96] www.b<strong>und</strong>.net : B<strong>und</strong> <strong>für</strong> Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz e.V.<br />
[97] www.centralchauffeur.com : brit. Fahrdienstanbieter<br />
[98] www.concordesst.com : Brooklands Museum, Concorde Website<br />
[99] www.davvl.de : Deutsche Ausschuss zur Verhütung <strong>von</strong><br />
Vogelschlägen im Luftverkehr e.V.<br />
[100] www.dfld.de : Deutscher Fluglärmdienst e.V.<br />
[101] www.dfrc.nasa.gov : NASA Dryden Flight Research Center<br />
[102] www.dfs.de : Deutsche Flugsicherung<br />
293
[103] www.dft.gov.uk : Department for Transport (brit. Verkehrsministerium)<br />
[104] www.dresden-airport.de : Flughafen Dresden<br />
[105] www.duesseldorf-international.de: Flughafen Düsseldorf<br />
[106] www.ecac-ceac.org : European Civil Aviation Conference<br />
[107] www.faa.gov : Federal Aviation Administration (US-amerik.<br />
Luftfahrtbehörde)<br />
[108] www.fes.de : Friedrich-Ebert-Stiftung / Internet-Bibliothek<br />
[109] www.flughafen-fmo.de : Flughafen Münster/Osnabrück<br />
[110] www.flughafenkassel.de : Flughafen Kassel-Calden<br />
[111] www.flughafen-stuttgart.de : Flughafen Stuttgart<br />
[112] www.flughafen-zuerich.ch : Flughafen Zürich-Kloten<br />
[113] www.fluglaerm.de : B<strong>und</strong>esvereinigung gegen Fluglärm e.V.<br />
[114] www.frankfurt-airport.de : Flughafen Frankfurt Rhein Main<br />
[115] www.german-airports.de : sog. Flughafenportal<br />
[116] www.hahn-airport.de : Flughafen Frankfurt-Hahn<br />
[117] www.ham.airport.de : Flughafen Hamburg<br />
[118] www.hannover-airport.de : Flughafen Hannover<br />
[119] www.heathrowairport.com : Flughafen London Heathrow<br />
[120] www.iata.org : International Air Transport Association (IATA)<br />
[121] www.icao.int : International Civil Aviation Organization<br />
(ICAO)<br />
[122] www.initiative-luftverkehr.de : Initiative „Luftverkehr <strong>für</strong> Deutschland“<br />
[123] www.jaa.nl : Joint Aviation Authorities (JAA)<br />
[124] www.juris.de : Juristisches Informationssystem <strong>für</strong> die BRD<br />
[125] www.lba.de : Luftfahrt-B<strong>und</strong>esamt<br />
[126] www.leipzig-halle-airport.de : Flughafen Leipzig/Halle<br />
[127] www.lufthansa.de : Deutsche Lufthansa AG<br />
[128] www.manchesterairport.co.uk : Manchester Airport<br />
[129] www.mediationflughafen.de : Mediationsgruppe Flughafen Frankfurt<br />
[130] www.munich-airport.de : Flughafen München Franz Josef Strauß<br />
[131] www.oeko.de : Öko-Institut e.V.<br />
[132] www.physik.uni-wuerzburg.de : Universität Würzburg, Fakultät <strong>für</strong> Physik <strong>und</strong><br />
Astronomie<br />
294
[133] www.region-muenchen.com : Regionaler Planungsverband München<br />
[134] www.rpda.de : Regierungspräsidium Darmstadt<br />
[135] www.salzburg-airport.com : Flughafen Salzburg W. A. Mozart<br />
[136] www.sfk-taa.de : Störfall-Kommission <strong>und</strong> Technischer Ausschuss<br />
<strong>für</strong> Anlagensicherheit (TAA) beim BMU<br />
[137] www.star-alliance.com : Allianz verschiedener Fluggesellschaften (Star<br />
Alliance)<br />
[138] www.stmugv.bayern.de : Bayr. Staatsministerium <strong>für</strong> Umwelt, Ges<strong>und</strong>heit<br />
u. Verbraucherschutz<br />
[139] www.umwelt.org : ROBIN WOOD (Gewaltfreie Aktionsgemeinschaft<br />
<strong>für</strong> Natur <strong>und</strong> Umwelt e.V.)<br />
[140] www.umweltb<strong>und</strong>esamt.de : Umweltb<strong>und</strong>esamt<br />
[141] www.unique.ch : Flughafen Zürich AG<br />
[142] www.vcockpit.de : Vereinigung Cockpit e.V.<br />
[143] www.vie-umwelt.at : Informations-Plattform Luftfahrt <strong>und</strong> Umwelt<br />
der Flughafen Wien AG<br />
[144] www.viemediation.at : Mediationsteam Flughafen Wien-Schwechat<br />
[145] www.viennaairport.com : Flughafen Wien-Schwechat<br />
[146] www.zrhwiki.ch : sog. Wiki-Website zum Sammeln <strong>von</strong> Wissen<br />
r<strong>und</strong> um die Luftfahrt in der Schweiz<br />
Gesetze <strong>und</strong> Verordnungen:<br />
AzB 99:<br />
BBodSchG:<br />
BBodSchV:<br />
BImSchG:<br />
„Anleitung zur Berechnung <strong>von</strong> Lärmschutzbereichen“, Fortschreibung<br />
der AzB 84 durch das Umweltb<strong>und</strong>esamt, Anlage zu § 3 FluLärmG<br />
„Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen <strong>und</strong> zur<br />
Sanierung <strong>von</strong> Altlasten (B<strong>und</strong>es-Bodenschutzgesetz)“, BGBl. I,<br />
S. 502, 17.03.1998, zuletzt geändert am 09.12.2004, BGBl. I, S. 3214<br />
„B<strong>und</strong>es-Bodenschutz- <strong>und</strong> Altlastenverordnung“ vom 28.08.1999, zuletzt<br />
geändert am 23.12.2004, BGBl. I, S. 3758<br />
„Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch<br />
Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen <strong>und</strong> ähnliche Vor-<br />
295
gänge (B<strong>und</strong>es-Immissionsschutzgesetz)“ vom 26.09.2002, zuletzt<br />
geändert am 25.06.2005, BGBl. I, S. 1865<br />
BNatSchG:<br />
„Gesetz über Naturschutz <strong>und</strong> Landschaftspflege (B<strong>und</strong>esnaturschutzgesetz)“<br />
vom 25.03.02, BGBl. I, S. 1193, zuletzt geändert am<br />
21.06.2005, BGBl. I, S. 1818<br />
BodSchätzG: „Bodenschätzungsgesetz“ vom 16.10.1934, RGBl. I, S. 1050, zuletzt<br />
geändert am 11.10.1995, BGBl. I, S. 1250<br />
DIN 18005-1: „Schallschutz im Städtebau – Teil 1: Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Hinweise <strong>für</strong> die<br />
Planung“, Einführung gem. R<strong>und</strong>schreiben des Ministeriums der Finanzen<br />
vom 30.11.1988 (4096 – 456), Stand: 07.2002<br />
FluLärmG:<br />
FlUUG:<br />
„Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (Fluglärmgesetz)“ vom<br />
30.03.1971, BGBl. I, S. 282, zuletzt geändert am 25.09.1990, BGBl. I,<br />
S. 2106<br />
„Gesetz über die Untersuchung <strong>von</strong> Unfällen <strong>und</strong> Störungen bei dem<br />
Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz)“ vom<br />
26.08.98, BGBl. I S. 2470, zuletzt geändert durch Artikel 286 am<br />
29.10.2001, BGBl. I, S. 2785<br />
HeForstG: „Hessisches Forstgesetz“ vom 10. November 1954, GVBl. I, S. 211,<br />
zuletzt geändert am 10.09.2002 (GVBl. I, S. 582)<br />
HeNatSchG:<br />
LuftVG:<br />
„Hessisches Gesetz über Naturschutz <strong>und</strong> Landschaftspflege (Hessisches<br />
Naturschutzgesetz)“ vom 16. April 1996, GVBl. I, S. 145, zuletzt<br />
geändert durch Gesetz vom 17.10.2005 (GVBl. I, S. 674)<br />
„Luftverkehrsgesetz“ vom 27.03.99, BGBl. I, S. 550, zuletzt geändert<br />
durch Artikel 48 des Gesetzes vom 21.06.05, BGBl. I, S. 1818<br />
LuftVZO: „Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung“ vom 27.03.99, BGBl. I, S. 610,<br />
zuletzt geändert durch die Verordnung vom 04.08.05, BGBl. I, S. 2275<br />
296
ROG:<br />
„Raumordnungsgesetz“ vom 18. August 1997, zuletzt geändert am<br />
25.06.2005, BGBl. I, S. 1746<br />
TA Lärm: „Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ vom 26.08.1998,<br />
GMBl. 1998, S. 503<br />
TrinkwV 2001: „Verordnung über die Qualität <strong>von</strong> Wasser <strong>für</strong> den menschlichen<br />
Gebrauch (Trinkwasserverordnung)“ vom 21.05.2001, BGBl. I, S. 24,<br />
zuletzt geändert am 25.11.2003, BGBl. I, S. 2304<br />
UVPG:<br />
„Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)“ vom<br />
12.02.1990, BGBI. I, S. 205, Neugefasst durch Bek. v. 25.06.2005<br />
12. BImSchV: „Zwölfte Verordnung zur Durchführung des B<strong>und</strong>es-Immissionsschutzgesetzes<br />
– Störfall-Verordnung (StörfallVO)“, BGBl. I, Nr. 33,<br />
S. 1598, 16.06.2005<br />
16. BImSchV: „Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des B<strong>und</strong>es-Immissionsschutzgesetzes<br />
– Verkehrslärmschutzverordnung“, BGBl. I, S. 1036,<br />
12.06.1990<br />
22. BImSchV: „Zwei<strong>und</strong>zwanzigste Verordnung zur Durchführung des B<strong>und</strong>es-<br />
Immissionsschutzgesetzes – Verordnung über Immissionswerte <strong>für</strong><br />
Schadstoffe in der Luft“, BGBl. I, S. 3626, 11.09.2002<br />
79/409/EWG: „Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten<br />
(Vogelschutzrichtlinie)“ vom 02.04.1979, ABl. Nr. L 103, S. 1<br />
92/43/EWG:<br />
„Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der<br />
wildlebenden Tiere <strong>und</strong> Pflanzen – Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie<br />
(FFH-Richtlinie) vom 21.05.1992, ABl. Nr. L 206, S. 7, zuletzt geändert<br />
durch Beitrittsakte 2003, VO (EG) 1882/2003 - ABl. Nr. L 284, vom<br />
31.10.2003<br />
297
298
Schriftenreihe des Instituts <strong>für</strong> Verkehrswesen <strong>und</strong> Raumplanung<br />
ISSN 0172-8326<br />
Heft 1 (1978)<br />
A. Schmuck: Verkehrsplanung <strong>und</strong> Straßenwesen an der Hochschule der B<strong>und</strong>eswehr<br />
München (vergriffen)<br />
Heft 2 (1979)<br />
C. Pingel: Die Verbesserung der Wohnqualität städtischer Quartiere durch verkehrliche<br />
Maßnahmen <strong>und</strong> ihre Bewertung - Materialien <strong>für</strong> die Entwicklung eines<br />
Zielsystems als methodischer Ansatz <strong>für</strong> ein Planungs- <strong>und</strong> Bewertungskonzept (vergriffen)<br />
Heft 3 (1979)<br />
A. Schmuck, G. Oefner: Investitionsrechnung als Entscheidungshilfe bei straßenbautechnischen<br />
Fragestellungen (vergriffen)<br />
Heft 4 (1980)<br />
A. Schmuck, G. Oefner: Gr<strong>und</strong>lagen zur Entwicklung <strong>von</strong> Verhaltens- <strong>und</strong> Managementmodellen<br />
<strong>für</strong> den Straßenoberbau (vergriffen)<br />
Heft 5 (1981)<br />
G. Riedel, W. Toepel: Flughafenplanung in Entwicklungsländern - Vortragsveranstaltung<br />
am 23. Juni 1981 (vergriffen)<br />
Heft 6 (1981)<br />
C. Pingel: Zur Methodik der systematischen Vorbereitung <strong>von</strong> Entscheidungen im<br />
Bereich der Straßenerhaltung (vergriffen)<br />
Heft 7 (1981)<br />
M. Löffler: - Weißenburg in Bayern - Eine Studie zur verkehrlichen Situation in der<br />
Altstadt <strong>und</strong> Gedanken zur Verbesserung der Stadtqualität durch verkehrliche Maßnahmen<br />
(vergriffen)<br />
Heft 8 (1981)<br />
H. Becker, G. Oefner, H. Rohling, W. Scherer: Beiträge zu Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />
im Straßenwesen (vergriffen)<br />
Heft 9 (1982), 2. verb. Auflage (1983)<br />
H. Becker: Ein gesamtwirtschaftlicher Berechnungsansatz zur Optimierung straßenbautechnischer<br />
Entscheidungen<br />
Heft 10 (1982)<br />
H. Becker, J. Gutschker, G. Oefner, A. Schmuck, G. Schönberger: Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />
in der Straßenbautechnik (vergriffen)<br />
Heft 11 (1983)<br />
B. Breiter: Energieverbrauch im Straßenbau - Exemplarischer Vergleich der Auswirkungen<br />
bautechnischer <strong>und</strong> entwurfstechnischer Parameter
Heft 12 (1983)<br />
G. Oefner: Ein Beitrag zur modellgestützten Vorbereitung <strong>von</strong> straßenbautechnischen<br />
Entscheidungen (vergriffen)<br />
Heft 13 (1983)<br />
A. Böker, A. Schmuck: Verkehrsstärkenspezifische aktualisierte Baulastträgerkosten<br />
- Daten zur Wirtschaftlichkeit <strong>von</strong> Straßennetzelementen (vergriffen)<br />
Heft 14 (1983)<br />
H. Becker, W. Emde, H. Hamester, A. Schmuck: Verkehrsablauf <strong>und</strong> Unfallgeschehen<br />
an Autobahnbaustellen<br />
Heft 15 (1983)<br />
H. Koch: Füllernachbildung an Sanden durch thermische <strong>und</strong> mechanische Beanspruchungen<br />
bei der Herstellung <strong>von</strong> bituminösem Mischgut<br />
Heft 16 / 17 / 18 (1984)<br />
G. Maerschalk, C. Pingel: Visuelle Zustandsaufnahme, Zustandsbewertung <strong>und</strong><br />
Dringlichkeitsreihung auf zweistreifigen Außerortsstraßen mit bituminöser Befestigung.<br />
Teil I: Vorbereitende Umfragen <strong>und</strong> praktische Untersuchungen Teil II:<br />
Methodisches Gesamtkonzept <strong>und</strong> praktische Anwendung Teil III: Darstellung <strong>von</strong><br />
Einzelergebnissen<br />
Heft 19 (1984)<br />
C. Pingel: Entwurf eines Leitfadens <strong>für</strong> die visuelle Zustandsaufnahme <strong>und</strong> Zustandsbewertung<br />
auf zweistreifigen Außerortsstraßen mit bituminöser Befestigung<br />
Heft 20 (1984)<br />
G. Schönberger: Entwicklung <strong>von</strong> Empfehlungen <strong>für</strong> eine rationale Straßenerhaltung<br />
(vergriffen)<br />
Heft 21 (1984)<br />
B. Breiter: Untersuchungen zur Bestimmung optimaler Bauabschnittslängen <strong>für</strong> Erhaltungsmaßnahmen<br />
auf Autobahnen<br />
Heft 22 (1984)<br />
A. Schmuck u. a.: 10 Jahre Verkehrsplanung <strong>und</strong> Straßenwesen an der Hochschule<br />
der B<strong>und</strong>eswehr München (1974 - 1984) - Berichte, wissenschaftliche Beiträge, Dokumentation<br />
-<br />
Heft 23 (1984)<br />
M. Löffler: Thermisch bedingtes Längenänderungsverhalten <strong>von</strong> Stoffen unter besonderer<br />
Berücksichtigung <strong>von</strong> straßenbautechnischen Aspekten<br />
Heft 24 (1986)<br />
B. Breiter: Ein Beitrag zur Optimierung straßenbautechnischer Entscheidungen unter<br />
energiewirtschaftlichen Aspekten<br />
Heft 25 (1986)<br />
W. Toepel: Die institutionelle Situation auf europäischen Flughäfen. The Institutional<br />
Scene in European Airports
Heft 26 (1987)<br />
F. Hofmann: Ein Beitrag zur Beurteilung der Beanspruchung <strong>von</strong> Betonfahrbahnplatten<br />
unter besonderer Berücksichtigung des Fugenbereiches<br />
Heft 27 (1988)<br />
G. Oefner: Handbuch <strong>für</strong> die wirtschaftliche Vergleichsrechnung im Management der<br />
Straßenerhaltung – Baulastträger- <strong>und</strong> Nutzerkosten –<br />
Heft 28 (1988)<br />
A. Schmuck: Straßenbaubedarf <strong>und</strong> Finanzierung des Straßenbaues (vergriffen)<br />
Heft 29 (1988)<br />
Festschrift zum 60. Geburtstag <strong>von</strong> Univ.-Prof. Dr.-Ing. Alfred Schmuck (vergriffen)<br />
Heft 30 (1989)<br />
W. Emde, U. Gerz, G. Maerschalk, G. Oefner, A. Schmuck: Straßenerhaltung mit<br />
System – Einführung in neuzeitliche Planungsmethoden –<br />
Heft 31 (1989)<br />
W. Ressel: Diagramme zur Ermittlung <strong>von</strong> Straßennutzerkosten<br />
Heft 32 (1991)<br />
B. Steinauer: Stochastische <strong>und</strong> periodische Unebenheiten auf Fahrbahnen<br />
Heft 33 (1991)<br />
M. Sršen: Das HDM-III-Modell (The Highway Design and Maintenance Standards<br />
Model) – Untersuchung zur Übertragbarkeit auf mitteleuropäische Verhältnisse<br />
(vergriffen)<br />
Heft 34 (1992)<br />
Vorträge, Seminar- <strong>und</strong> Arbeitsberichte I<br />
Heft 35 (1993)<br />
A. Schmuck: Kommunaler Straßenbau - Beiträge zum Bau- <strong>und</strong> Erhaltungsmanagement<br />
- (vergriffen)<br />
Heft 36 (1993)<br />
F. Hehenberger: Gr<strong>und</strong>lagen zur Entwicklung <strong>von</strong> Expertensystemen <strong>für</strong> das Management<br />
der Straßenerhaltung<br />
Heft 37 (1994)<br />
W. Ressel: Untersuchungen zum Verkehrsablauf im Bereich der Leistungsfähigkeit<br />
an Baustellen auf Autobahnen (vergriffen)<br />
Heft 38 (1994)<br />
B. Steinauer: Harmonisierung zwischen Befahrbarkeitszustand <strong>und</strong> Ausbaustandard<br />
<strong>von</strong> Straßen<br />
Heft 39 (1994)<br />
A. Schmuck, G. Krause: Langzeitverhalten <strong>von</strong> ungeb<strong>und</strong>enen Standardbauweisen<br />
der ländlichen Neuordnung in Bayern (vergriffen)
Heft 40 (1994)<br />
Aus Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis - Zum Ausscheiden <strong>von</strong> Universitätsprofessor Alfred<br />
Schmuck<br />
Heft 41 (1996)<br />
E. Kienlein: Funktionale Relativierung <strong>von</strong> Zustandsgrößen <strong>und</strong> Zustandsreihung in<br />
der Straßenerhaltung (vergriffen)<br />
ISSN 1436-9982<br />
Heft 42 (1999)<br />
Ch. Ferchland: Interaktive Fahrplanerstellung <strong>für</strong> den intermodalen ÖPV mit Methoden<br />
der Netzplantechnik<br />
Heft 43 (2000)<br />
K. Klingberg: Das Straßenzustands- <strong>und</strong> Wetterinformations-System (SWIS): Einsatzbeispiel<br />
Autobahndirektion Nordbayern<br />
Heft 44 (2001)<br />
E. Kienlein, C. Nußrainer, R. Sobotta: Dringlichkeitsreihung <strong>von</strong> streckenbezogenen<br />
Erhaltungsmaßnahmen<br />
Heft 45 (2001)<br />
G. Gräfe, H. Heister, M. Meschik, C. Nußrainer, R. Sobotta, W. Wirth: Schleppkurven-Symposium<br />
2001<br />
Heft 46 (2003)<br />
M. Pfeifle: Verkehrsplanung in Stadt <strong>und</strong> Region Stuttgart - Fazit aus 150 Jahren<br />
Planungsgeschichte<br />
Selbstkostenpreis 9,50 EUR<br />
Heft 47 (2004)<br />
R. Biel: Verkehrswirtschaftliche Standortuntersuchung<br />
Heft 48 (2006)<br />
W. Wirth: Planfreie Knotenpunkte <strong>und</strong> Stadtautobahnen: Bausteine <strong>für</strong> die RAA<br />
Selbstkostenpreis 7,50 EUR<br />
Heft 49 (2006) – in Vorbereitung<br />
R. Sobotta: Überprüfung <strong>von</strong> Entwurfsparametern <strong>für</strong> Kreisverkehre mit empirischen<br />
Schleppkurven<br />
Selbstkostenpreis 9,50 EUR<br />
Heft 50 (2007)<br />
A. Opel: Laboranalytische Überprüfung der Rezepturtreue bei der Asphaltherstellung<br />
im praktischen Mischanlagenbetrieb<br />
Selbstkostenpreis 9,50 EUR<br />
Heft 51 (2007)<br />
U. Häp: <strong>Bewertungsverfahren</strong> <strong>für</strong> <strong>Planungsvarianten</strong> <strong>von</strong> <strong>Start</strong>- <strong>und</strong> Landebahnen bei<br />
einem Flughafenausbau<br />
Selbstkostenpreis 9,50 EUR