TuE_2013_03 - technik + EINKAUF
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<strong>EINKAUF</strong> PRAXIS<br />
Interview<br />
„Konflikte sind vorprogrammiert“<br />
Die Akquise von Einkaufsberatungen durch große Wirtschaftsprüfungsgesellschaften verändert zunehmend<br />
den Beratermarkt. TECHNIK+<strong>EINKAUF</strong> sprach mit Gerd Kerkhoff, Geschäftsführer der Kerkhoff<br />
Consulting, über die Entwicklung im Einkaufs-Consulting.<br />
Bild: Kerkhoff Consulting<br />
Herr Kerkhoff, Sie beobachten den Aufkauf von Einkaufsberatungen<br />
durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften seit geraumer<br />
Zeit. Was steckt Ihrer Meinung nach dahinter?<br />
Kerkhoff: Grundsätzlich muss man erst einmal sehen, dass die großen<br />
Wirtschaftberatungsgesellschaften nicht nur Beratungen für<br />
den Einkauf und die Supply Chain kaufen, sondern auch Beratungsgesellschaften<br />
anderer Metiers. TellSell Consulting ist beispielsweise<br />
einer der Hidden Champions im Sales Bereich und<br />
wurde von KPMG übernommen. Das heißt, dass die großen<br />
Wirtschafts prüfungsgesellschaften mittelständische Beratungsgesellschaften<br />
übernehmen, die ein klares Profil haben und für ein<br />
bestimmtes Thema stehen.<br />
Was soll das Ziel dieser Akquisitionen sein?<br />
Kerkhoff: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wollen sich ein<br />
zusätzliches Standbein in der klassischen Unternehmensberatung<br />
aufbauen. Das ist schwierig über organisches Wachstum, deshalb<br />
werden bewusst Brands und Companies akquiriert. Das ist der<br />
Einstieg in das klassische Beratungsgeschäft, das bisher von Roland<br />
Berger, Boston, McKinsey und anderen besetzt war.<br />
Wie passen da mittelständische Einkaufsberatungen hinein?<br />
Kerkhoff: Wenn eine Unternehmensberatungssparte aufgebaut<br />
wird, dann gibt es verschiedene Disziplinen, von denen eine der<br />
Gerd Kerkhoff ist Vorsitzender der Geschäftsführung von Kerkhoff Consulting. Der<br />
Diplom-Kaufmann war nach seinem Studium zunächst Geschäftsführer in einem<br />
mittelständischen Betrieb und Gründer von Handelsunternehmen für Markenartikel.<br />
1999 gründete er die Einkaufsberatung Kerkhoff Consulting.<br />
Einkauf und die Supply Chain ist. Es wird sich eine Expertise und<br />
relevante Unternehmensgröße zugekauft, die es möglich macht, in<br />
diesem Segment Projekte durchführen zu können.<br />
Was bedeutet das für die Kunden der Einkaufsberatungen?<br />
Kerkhoff: Es ändert sich nicht nur der Name, der hinter der Einkaufsberatung<br />
steckt, sondern vor allem auch die Unternehmenskultur<br />
der Berater. Frühere eigentümergeführte Beratungen mit<br />
einer überschaubaren Anzahl von Mitarbeitern gehören jetzt zu<br />
einem multinationalen Konzern, der aufgrund der Ausrichtung<br />
einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft innerhalb des Konzerns divergierende<br />
Interessen vertritt.<br />
Das birgt Konfliktpotenzial?<br />
Kerkhoff: Ich halte das für einen großen Konflikt. Wenn eine<br />
Rechtsanwaltskanzlei beauftragt wird, dann wird doch auch als<br />
erstes geprüft, ob es ein mögliches Kollisionsproblem gibt. Die Frage<br />
ist: Gibt es nicht ein Kollisionsproblem, wenn eine Steuerberatungsgesellschaft<br />
mit angeschlossener Unternehmensberatung für<br />
einen Mandanten auf der Einkaufsseite tätig wird und dann mit<br />
Lieferanten verhandelt, die aber gleichsam Kunden des eigenen<br />
Hauses sind. Das ist nicht gerade vertrauensfördernd.<br />
Ergibt sich da nicht ein großer Interessenskonflikt?<br />
Kerkhoff: Natürlich. Auf der einen Seite soll der Mandant im Einkauf<br />
beraten werden. Auf der anderen Seite hat man durch den Prüfungsprozess<br />
beim Lieferanten dessen gesamte Zahlen de tailliert im<br />
Blick, von den Margen beginnend bis hin zum Deckungsbeitrag.<br />
Das ist sozusagen ein hundertprozentiger finanztechnischer Überblick<br />
beim Prüfungskunden. Wenn dann der Lieferant durch Verhandlungen<br />
mit dem Einkauf unter Druck gesetzt wird, bezweifle<br />
ich, dass der Lieferant nicht die Chinese Walls in der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
hinterfragt, die zwischen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
und dem Beratungshaus bestehen sollten. Gleichzeitig<br />
wird es unter diesen Voraussetzungen schwierig für den<br />
Kunden (Einkauf) das wirtschaftlich Maximale zu erzielen.<br />
Wie verändert sich der Markt für Sie als spezialisierte Einkaufsberatung?<br />
Kerkhoff: Ich sehe die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
nicht als große Wettbewerber, was aber die eigenständigen Einkaufsberatungen<br />
schon waren. Somit hat sich der Wettbewerb für<br />
uns minimiert und unsere Position im Markt verstärkt. Vor allem<br />
weil die großen Gesellschaften nicht so mittelstandskompatibel<br />
sind wie wir.<br />
Autor<br />
Kathrin Irmer<br />
30 <strong>03</strong>/<strong>2013</strong>