TECHNIK+ <strong>EINKAUF</strong> IM DIALOG Bild: Kärcher VITA Michael Stritzelberger Michael Stritzelberger studierte Luft- und Raumfahrt<strong>technik</strong> an der Universität Stuttgart. Er kam 2004 zu Kärcher und verantwortete die Produktentwicklung der gewerblichen Hochdruckreiniger. Seit 2007 ist er als Bereichsleiter verantwortlich für die Entwicklung der professionellen Reinigungsgeräte und -lösungen. Vita Heiko Braitmaier Heiko Braitmaier begann 1999 seine Laufbahn bei Kärcher als Einkäufer für Metallteile. 20<strong>03</strong> wurde er im Einkauf Gruppenleiter für Kaufgeräte, 2006 Abteilungsleiter für diese Kategorie. Seit 2009 ist er Bereichsleiter Sourcing and Procurement Management. Bild: Kärcher gehörige Steuerungs- und Arbeitsventile, das würden wir nie außer Haus geben. Die Teile aber, das Aluminiumdruckgussgehäuse, das lassen wir bei Lieferanten machen. Wie wirkt sich die Globalisierung für Sie aus? Stritzelberger: Wir haben weltweit 15 Entwicklungsstandorte und machen 85 Prozent unseres Umsatzes im Ausland. Unsere Philosophie heißt „local for local“. Von der Produktdefinition über die Entwicklung, die Produktion bis zu Vertrieb und Service. Hierfür brauchen wir harmonisierte globale Produktszenarien, die marktspezifische lokale Adaptionen jedoch berücksichtigen und die über globale Plattformsysteme zeit- und kosteneffizient realisiert werden. Dann kommt der Einkauf ins Spiel, der die relevanten Teile lokal beschaffen muss. Braitmaier: Wir haben lokale Einkaufsbüros in Asien und in Osteuropa. Ich sehe es nicht als zielführend, wenn wir aus Deutschland die Preise für Asien oder Amerika machen. Das können unsere Mitarbeiter vor Ort viel besser. Auch die Vorauswahl, die Beschaffungsmarktanalyse kommt von den lokalen Einkäufern. Die Kunst ist, die lokale Flexibilität zu erhalten, aber unter einer zentralen Strategie. Wie hat das Ihr Tagesgeschäft verändert? Stritzelberger: Ein Entwickler braucht heute interkulturelle Fähigkeiten, muss komplexe Prozesse, Systeme und deren Anwendung verstehen, verschiedene Entwicklungstools beherrschen, konfliktfähig sein und als globaler Teamplayer agieren. Das ist eine Herausforderung, die starke Projektmitarbeiter sowie einen starken Projektleiter erfordert. Wichtig ist auch, dass wir als Manager die relevante Strategie klar vorgeben und kommunizieren, um unsere Mitarbeiter zu integrieren. Wenn wir Hand in Hand gehen, dann folgen uns die Leute auch. Braitmaier: Auch die Arbeitswelt im Einkauf hat sich verändert. Die Diskussionen sind auf einem sehr hohen technischen Niveau. Einkäufer sollen Anregungen geben sowie Entwicklungslieferanten frühzeitig in den Produktentstehungsprozess integrieren, und sie sind heute Sparringspartner der Entwicklung. Und nach außen? Braitmaier: In der Außenwirkung gibt es eine klare Rollenzuteilung. Die Entwicklung macht die Technik, der Einkauf verhandelt. Das ist ja ein beliebtes Spiel der Lieferanten, dass sie in der Entwicklung einen Zugang suchen. Das trennen wir. Es gilt „one-face-to supplier“. Braitmaier: Beim C-Teile-Lieferanten müssen keine Kollegen aus dem Entwicklungsbereich dabei sein. Beim Entwicklungslieferanten sind dagegen alle Disziplinen anwesend. Stritzelberger: Aber auch hier gibt es eine klare Definition, die lautet: Die Entwicklung redet nicht über Preise und Liefertermine, das ist Part des Einkaufs. Verhandeln ist seine Kernkompetenz. Da reden wir nicht rein. Der Entwickler bleibt auf der technischen Arbeitsebene. Wie wollen Sie die Dinge für die Zukunft optimieren? Braitmaier: Wenn Sie die Globalisierung optimal umsetzen wollen, brauchen Sie einheitliche, automatisierte Prozesse, die die Mitarbeiter operativ entlasten, weltweit abgestimmt in den Standards. Im Einkauf haben wir ein Programm bis 2016, u.a. für das Materialgruppen- und Lieferantenmanagement, KPIs, Mitarbeiterentwicklung und die Kommunikation. Das setzen wir weltweit gemeinsam um. So dass sich alle mit dem Prozess identifizieren. Dann lebt das System auch. Welche Rolle spielen neue Technologien? Stritzelberger: Eine ganz zentrale. Robotik, Antriebs<strong>technik</strong>, Navigationssysteme, neue Motorentechnologien, Akku- und Batterie<strong>technik</strong>, dafür brauchen wir Know-how. Da treten wir natürlich auch an den Einkauf heran und sagen „Wir brauchen einen Navigationsspezialisten“, einen, der die Hardware liefert oder einen Entwicklungspartner, der uns in den Technologien weiterbringt. Braitmaier: Das technische Spektrum weitet sich damit natürlich auch für uns aus. Wir brauchen zum Beispiel Elektroniker. Oder wir schulen eigene Mitarbeiter. Da ist natürlich wieder die Zusammenarbeit mit der Entwicklung wichtig, die die neuen Technologien transferiert. Der Kunde im Mittelpunkt, welche Rolle spielt das für Sie? Braitmaier: Auch der Einkauf will heute den Kunden verstehen. Es geht schon lange nicht mehr um Menge und Preis. Wir nehmen zum Beispiel am Wochenende schon mal Geräte mit nach Hause, um die Anforderungen nachvollziehen zu können. Stritzelberger: Auch die Entwicklung beschäftigt sich heute intensiv mit den Prozessen des Kunden. Unsere Leute testen die Geräte beim Kunden, transportieren sie zum Einsatzort, laden sie ab, betanken sie, füllen Reinigungsmittel nach, reinigen vor Ort in der realen Kundenapplikation. Den Kunden in seiner Ganzheit zu verstehen, das ist unser gemeinsames Ziel. Wie treten Sie bei Lieferanten auf? Gemeinsam? Autor Annette Mühlberger 22 <strong>03</strong> / <strong>2013</strong>
An einem Antriebsstrang ziehen