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„aus Spuren von früheren Konstruktionsprozessen. Es gibt keine gespeicherten<br />

Kopien fertiger geistiger Ereignisse, wie Vorstellungen oder Sätze, sondern nur<br />

Spuren früherer konstruktiver Aktivität.“ (NEISSER 1974, S. 357-358)<br />

Diese Fragmente werden - wie NEISSER ausführt - benutzt wie <strong>die</strong><br />

Knochensplitter durch einen Paläontologen, um daraus das Tier zu<br />

rekonstruieren, dessen Knochengerüst sie einmal bildeten (vgl. NEISSER<br />

1974, S. 358). Man kann nicht sagen, wie groß <strong>die</strong>se „Splitter“ oder „Spuren“<br />

sind. Es ist eben nicht so klar, was nun genau gespeichert wird; aber<br />

<strong>die</strong> Annahme, es seien fertige Kopien, ist sehr unwahrscheinlich. Deshalb<br />

spreche ich weiter von „Spuren“, was freilich etwas vage ist, und ich<br />

verwende auch weiterhin den Begriff „Wissen“ oder „kognitive Struktur“,<br />

was nach den obigen Ausführungen vermutlich ebenso vage ist.<br />

Wenn nun im Gedächtnis nur Spuren von früheren Konstruktionsprozessen<br />

gespeichert sind, dann ist Erinnerung <strong>die</strong> Rekonstruktion von<br />

Bedeutungen oder Ideen, von Wörtern, Sätzen, Bildern usw. aus<br />

Gedächtnis“spuren“. Jede Erinnerung erfordert also einen konstruktiven<br />

Akt, der gelingen oder auch mißlingen kann, und in <strong>die</strong>sem Sinne ist<br />

Erinnerung auch Problemlösen. Ausgehend von einigen Gedächtnisfragmenten<br />

erzeugen <strong>die</strong> präattentiven Mechanismen versuchsweise<br />

Interpretationen oder Deutungen. Diese Deutungen von Gedächtnisfragmenten<br />

erhält das Bewußtsein als plötzliche „Einfälle“, als flüchtige<br />

Gedanken, <strong>die</strong> einem durch den Kopf schießen. Sie werden dann nach<br />

kritischer Prüfung von den Aufmerksamkeitsmechanismen weiterverarbeitet.<br />

Versucht man beispielsweise sich an einen vor längerer Zeit gesehenen<br />

Film zu erinnern, fallen einem zunächst nur einige einzelne Ereignisse<br />

oder Bilder dazu ein, das heißt, von den präattentiven Mechanismen<br />

versuchsweise rekonstruierte Erinnerungen, <strong>die</strong> plötzlich da sind, ohne<br />

daß man weiß, wie man dazu gekommen ist. Man benutzt <strong>die</strong>se Einfälle<br />

nun bewußt, um den Abl<strong>auf</strong> der Handlung zu rekonstruieren: <strong>die</strong> Personen,<br />

<strong>die</strong> Gegend, in der der Film spielt, <strong>die</strong> Stimmung usw. Während<br />

<strong>die</strong>ser Tätigkeit fallen einem ständig weitere Details ein, d. h. wiederum,<br />

von den präattentiven Prozessen rekonstruierte Erinnerungselemente.<br />

Diese werden <strong>auf</strong> ihre Stimmigkeit mit der schon fortgeschrittenen<br />

Rekonstruktion geprüft, vielleicht verändert und dann für weitere<br />

Synthesen verwendet.<br />

Diese Methode der Rekonstruktion wird nicht nur bei der individuellen<br />

Erinnerung vergangener Ereignisse angewandt, sondern auch in den<br />

historischen Wissenschaften und anderen Bereichen. Sie besteht immer<br />

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