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unerwartete Ereignisse erregen <strong>die</strong> Aufmerksamkeit (vgl. VERNON<br />

1974, S. 81). Insbesondere reagieren Organismen <strong>auf</strong> Bewegungen von<br />

Objekten. Das tun schon Säuglinge unmittelbar nach der Geburt (vgl.<br />

VERNON 1974, S. 24; BALL und TRONICK 1971). Sie werden also mit<br />

der Erwartung oder der Theorie geboren, daß bewegte Objekte von<br />

besonderer Bedeutung für sie sind. Tatsächlich ist ja ihr körperliches und<br />

seelisches Wohl von Menschen abhängig, <strong>die</strong> sich ihnen nähern, da sie<br />

selbst sich kaum fortbewegen können 15 .<br />

Die teils angeborenen und teils durch Lernen erworbenen kognitiven<br />

Strukturen lassen sich beschreiben als ein inneres Modell der Welt oder<br />

als ein Netz, um <strong>die</strong> Welt einzufangen 16 . Auf Grund <strong>die</strong>ses Modells<br />

begegnet das Indidividuum der Welt mit bestimmten Erwartungen. Diese<br />

treffen jedoch nicht immer zu. Nicht jeder Hund läßt sich von einem<br />

Kind streicheln. Um nicht gefährdet zu werden, muß das Kind seine<br />

Erwartungen den Umständen anpassen. So differenziert es seine<br />

kognitive Struktur, korrigiert und erweitert sie.<br />

Ich will versuchen, <strong>die</strong>sen Vorgang an einem Beispiel etwas genauer<br />

darzustellen. Jedes Lebewesen. scheint mit der (zunächst nicht bewußten)<br />

Erwartung geboren zu werden, daß seine Umwelt Regelmäßigkeiten<br />

<strong>auf</strong>weist, <strong>die</strong> ihm Halt und Sicherheit geben 17 . Ohne <strong>die</strong>se Erwartung<br />

15<br />

Die Hypothese angeborener Erwartungen wurde von einer Reihe von Vertretern<br />

verschiedener Disziplinen erhärtet, z. B. EIBL-EIBESFELDT 1973; T. G. BOWER 1971 a,<br />

1971 b; HUBEL und WIESEL 1962, 1963, 1968; GIBSON und WALK 1960; SINZ 1974;<br />

VERNON 1974; NICKEL 1972 (Bd. 1). Ober endogene Programme zur Steuerung der<br />

Sprachentwicklung vgl. CHOMSKY 1970; McNEILL 1968, 1970 a, 1970 b; LENNEBERG<br />

1972.<br />

16 Die kognitiven Strukturen kann man auch als „semantische Netze" <strong>auf</strong>fassen; vgl. DORNER<br />

1976; KINTSCH 1974; RUMELHART, LINDSAY und NORMAN 1972; LINDSAY und<br />

NORMAN 1972. Elektronenrechner, denen man derartige semantische Netze einspeicherte,<br />

können intelligentes und/oder „menschliches" Verhalten zeigen. Sie können z. B. Sätze<br />

„verstehen", d. h. durch Beziehung des Inputs <strong>auf</strong> das semantische Netz (<strong>die</strong> kognitive<br />

Struktur) <strong>die</strong> Bedeutung von Sätzen richtig erfassen.<br />

Zur Theorie der kognitiven Strukturen gibt es eine umfangreiche Literatur; vgl. ARGYLE<br />

1972; NEUBAUER 1975; LAING u. a. 1971; JAHNKE 1975; SCHRODER, DRIVER,<br />

STREUFERT 1975; SEILER 1973. SEILER gibt auch eine Zusammenfassung der Literatur<br />

über kognitive Strukturen.<br />

17 Die Annahme, daß Lebewesen mit einer derartigen Erwartung oder Theorie geboren werden,<br />

ist eigentlich eine Folge von POPPERs logischer Lösung von HUMES psychologischem<br />

Induktionsproblem, vgl. POPPER 1973, S. 13 f. Er gibt <strong>die</strong>ses Problem durch <strong>die</strong> Frage<br />

wieder: Warum vertrauen wir dar<strong>auf</strong>, "daß noch nicht vorliegende Erfahrungen den<br />

vorliegenden entsprechen werden"? (S. 16) Wie POPPER zeigt, können wir ihnen nicht<br />

deshalb vertrauen, weil <strong>die</strong>se Ereignisse sich mehrmals wiederholt haben: Wiederholung<br />

beruht <strong>auf</strong> der Ähnlichkeit zweier Ereignisse, da auch wiederholte Ereignisse kaum jemals<br />

völlig identisch sind. Ähnlichkeit aber ist nur möglich <strong>auf</strong> Grund eines Gesichtspunktes,<br />

einer Erwartung. Daraus folgt, daß Erwartungen den Beobachtungen sowohl logisch als<br />

auch psychologisch vorausgehen müssen (S. 36).<br />

18

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