Pater Michael Jungo - Gwick.ch
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<strong>Pater</strong><br />
<strong>Mi<strong>ch</strong>ael</strong><br />
(Emil)<br />
<strong>Jungo</strong><br />
* 26.Juni 1917<br />
† 26. November 1994<br />
Jahresberi<strong>ch</strong>t 1994/95<br />
Stiftss<strong>ch</strong>ule Einsiedeln<br />
Na<strong>ch</strong> langer Krankheit, die jahrelang alle seine Lebenskräfte<br />
mit Ausnahme seiner geistigen Reaktionsfähigkeit<br />
aufzehrte, ist am 26. November 1994<br />
im Kloster <strong>Pater</strong> Dr. <strong>Mi<strong>ch</strong>ael</strong> <strong>Jungo</strong> gestorben.<br />
Geboren wurde er in seiner Heimatstadt Freiburg<br />
am 26. Juni 1917 und am 1. Juli unter dem Namen<br />
Emil getauft. Sein Vater war Ar<strong>ch</strong>itekt, der fast<br />
sein ganzes Berufsleben im Dienst des Staates<br />
stand: Dienst<strong>ch</strong>ef des Städtis<strong>ch</strong>en Bauamtes der<br />
Stadt Freiburg, dann Kantonsar<strong>ch</strong>itekt von Freiburg<br />
und seit 1925 Direktor der Eidgenössis<strong>ch</strong>en<br />
Bauten in Bern. Mit a<strong>ch</strong>t Jahren kam Emil also<br />
na<strong>ch</strong> Bern und lernte hier die deuts<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>e,<br />
die er dann sein Leben lang ebenso gut beherrs<strong>ch</strong>te<br />
wie das Französis<strong>ch</strong>e. Am städtis<strong>ch</strong>en Gymnasium<br />
in Bern s<strong>ch</strong>loss er die Mittels<strong>ch</strong>ule 1937 mit<br />
bestem Erfolg ab.<br />
In Bern war er mit ganzem Herzen Pfadfinder und<br />
errei<strong>ch</strong>te dabei alle verbandsinternen Ämter, die<br />
seinem Alter entspra<strong>ch</strong>en. Seine Kameraden waren<br />
von ihm sehr beeindruckt. Für seinen Freundes-<br />
und Bekanntenkreis war es eine grosse Überras<strong>ch</strong>ung,<br />
dass si<strong>ch</strong> Emil na<strong>ch</strong> der Matura zum<br />
Eintritt in das Kloster Einsiedeln ents<strong>ch</strong>loss. Ein<br />
äusserer Grund mag gewesen sein, dass das Kloster<br />
bei dem sehr hart umstrittenen Bau einer<br />
Turnhalle für die Stiftss<strong>ch</strong>ule um das Urteil seines<br />
Vaters, des Bundesar<strong>ch</strong>itekten bat, dessen Rat<br />
dann au<strong>ch</strong> befolgt wurde. Der Bau dient heute<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr als Turnhalle, sondern als Theater und<br />
Raum für Grossanlässe, was er ursprüngli<strong>ch</strong> neben<br />
dem Turnen au<strong>ch</strong> sein musste.<br />
Der Klosterkandidat musste zunä<strong>ch</strong>st am Gymnasium<br />
ein Jahr lang den Philosophieunterri<strong>ch</strong>t besu<strong>ch</strong>en.<br />
Er ist im Jahresberi<strong>ch</strong>t als Hospitant der<br />
a<strong>ch</strong>ten Klasse 1937/38 aufgeführt. Programmgemäss<br />
begann er 1938 das Noviziat, legte 1939 unter<br />
dem Namen <strong>Mi<strong>ch</strong>ael</strong> die einfa<strong>ch</strong>e Profess ab,<br />
dur<strong>ch</strong>lief die theologis<strong>ch</strong>e Ausbildung an der<br />
klostereigenen S<strong>ch</strong>ule und wurde 1943 zum Priester<br />
geweiht.<br />
Na<strong>ch</strong> damaliger Gewohnheit wurde er auf das<br />
S<strong>ch</strong>uljahr 1943/44 als Klassenlehrer für die 2.<br />
Klasse b in den Fä<strong>ch</strong>ern Religion, Latein und<br />
Deuts<strong>ch</strong> bestimmt. Französis<strong>ch</strong> sollte er in beiden<br />
Abteilungen erteilen. Aber das dauerte nur bis<br />
Weihna<strong>ch</strong>ten.<br />
Im Collegio Papio in Ascona, das damals vom<br />
Kloster geführt wurde, fiel infolge s<strong>ch</strong>werer Erkrankung<br />
<strong>Pater</strong> Augustin S<strong>ch</strong>äfer als Französis<strong>ch</strong>lehrer<br />
aus. Für ihn wurde <strong>Pater</strong> <strong>Mi<strong>ch</strong>ael</strong> zum Einspringen<br />
berufen. Geda<strong>ch</strong>t war das nur für kurze
Zeit, blieb aber bis zum S<strong>ch</strong>luss des S<strong>ch</strong>uljahres<br />
bestehen. Die Betreuung der 2. Klasse b in Einsiedeln<br />
war lange Zeit «vorläufig»; erst auf das letzte<br />
Trimester wurde endgültige Abhilfe ges<strong>ch</strong>affen, als<br />
es si<strong>ch</strong> herausstellte, dass <strong>Pater</strong> <strong>Mi<strong>ch</strong>ael</strong> in Ascona<br />
bleiben werde.<br />
Na<strong>ch</strong> einem weiteren S<strong>ch</strong>uljahr in Ascona kam<br />
<strong>Pater</strong> <strong>Mi<strong>ch</strong>ael</strong> zum Studium der Romanistik an die<br />
Universität Freiburg. Er s<strong>ch</strong>loss das Studium<br />
s<strong>ch</strong>on 1945 mit einer hervorragenden Dissertation<br />
in französis<strong>ch</strong>er Spra<strong>ch</strong>e über den Worts<strong>ch</strong>atz<br />
Pascals ab.<br />
Von Herbst 1945 bis Sommer 1954 blieb er in<br />
Ascona und betätigte si<strong>ch</strong> neben der S<strong>ch</strong>ule zunehmend<br />
mit S<strong>ch</strong>riftstellerei und den Pfadfindern.<br />
Aber im Herbst 1954 wurde er na<strong>ch</strong> Menzingen<br />
versetzt, und zwar als Spiritual bei den S<strong>ch</strong>western<br />
und als Religionslehrer am dortigen Lehrerinnenseminar.<br />
Au<strong>ch</strong> diese Zeit nützte er aus als<br />
S<strong>ch</strong>riftsteller.<br />
Auf Herbst 1960 wurde er an die Stiftss<strong>ch</strong>ule<br />
zurückgerufen, die er an Weihna<strong>ch</strong>ten 1943 verlassen<br />
hatte. Er unterri<strong>ch</strong>tete Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te, Französis<strong>ch</strong>,<br />
Rhetorik (damals no<strong>ch</strong> ein eigenes Fa<strong>ch</strong>)<br />
und Religion in vers<strong>ch</strong>iedenen Klassen. Während<br />
des S<strong>ch</strong>uljahres 1962/63 begann er, die S<strong>ch</strong>üler,<br />
zunä<strong>ch</strong>st in der sogenannten Rhetoris<strong>ch</strong>en Akademie,<br />
für die Fragen des Films zu interessieren.<br />
Daraus entstand, in Zusammenarbeit mit <strong>Pater</strong><br />
Kassian Etter, der neue Filmclub. In regelmässigen<br />
Abständen wurden berühmte Filme im Kino<br />
Etzel im Dorf gezeigt und einleitend kommentiert,<br />
und zwar meistens von Mitgliedern des Filmclubs.<br />
Der Filmclub erhielt ein eigenes Zimmer für Sitzungen<br />
und Fa<strong>ch</strong>material.<br />
Weil <strong>Pater</strong> <strong>Mi<strong>ch</strong>ael</strong> 1964 zum Italienerseelsorger<br />
in Einsiedeln ernannt wurde, verringerte si<strong>ch</strong> sein<br />
Pensum an der Stiftss<strong>ch</strong>ule. Mit dem S<strong>ch</strong>uljahr<br />
1966/67 hörte die Tätigkeit von <strong>Pater</strong> <strong>Mi<strong>ch</strong>ael</strong> an<br />
der Stiftss<strong>ch</strong>ule zum zweiten Mal auf. Er wurde<br />
Religionslehrer am Lehrerinnenseminar in Heiligkreuz<br />
bei Cham. Do<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> diese Tätigkeit hörte<br />
bereits 1970 wieder auf. Er übernahm wieder die<br />
Italienerseelsorge in Einsiedeln, und zwar mit<br />
staunenswertem Einsatz dur<strong>ch</strong> die Gründung<br />
eines Asilos für italienis<strong>ch</strong>e Gastarbeiterkinder,<br />
wofür er italienis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>western zur Führung des<br />
Hauses gewinnen konnte.<br />
Im S<strong>ch</strong>uljahr 1971/72 erteilte er das Fa<strong>ch</strong> Französis<strong>ch</strong><br />
in einer Klassenabteilung an der Stiftss<strong>ch</strong>ule.<br />
Dann übernahm er für die folgenden Jahre Unterri<strong>ch</strong>t<br />
im Kollegium Nuolen, das um eine Aushilfe
gebeten hatte, ohne allerdings deswegen die Italienerseelsorge<br />
in Einsiedeln aufzugeben.<br />
Zum vierten Mal trat er in den Lehrkörper der<br />
Stiftss<strong>ch</strong>ule ein mit dem S<strong>ch</strong>uljahr 1976/77. Laut<br />
Jahresberi<strong>ch</strong>t übernahm er Medienkunde, Freifa<strong>ch</strong><br />
Italienis<strong>ch</strong> und die Betreuung des Filmclubs.<br />
Von 1978/79 an besorgte er nur no<strong>ch</strong> den Filmclub.<br />
Dies bleibt vermerkt bis 1987/88. Während<br />
dieser ganzen Zeit und no<strong>ch</strong> darüber hinaus versah<br />
er die Italienerseelsorge.<br />
<strong>Pater</strong> <strong>Mi<strong>ch</strong>ael</strong> hat also viermal an der Stiftss<strong>ch</strong>ule<br />
gewirkt. Die letzten neun Jahre besorgte er nur<br />
no<strong>ch</strong> den Filmclub, bis dieser am 30. Juni 1987<br />
von der Lehrerkonferenz mit seinem Einverständnis<br />
aufgehoben wurde.<br />
Was an diesem Leben auffällt, ist der häufige<br />
We<strong>ch</strong>sel der Aufgaben. Tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> ist dies ein<br />
s<strong>ch</strong>wer lösbares Rätsel. <strong>Pater</strong> <strong>Mi<strong>ch</strong>ael</strong> war auf<br />
geisteswissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>em Gebiet im eigentli<strong>ch</strong>en<br />
Sinne ho<strong>ch</strong>begabt, und seine Interessen waren<br />
dabei sehr weitgespannt, viellei<strong>ch</strong>t zu weitgespannt<br />
für die praktis<strong>ch</strong>en Aufgaben, wel<strong>ch</strong>e die<br />
Führung von Mittels<strong>ch</strong>ulklassen mit si<strong>ch</strong> bringt.<br />
Bei allen Aufgaben ging er mit vollem Optimismus<br />
ans Werk. Aber immer tau<strong>ch</strong>ten wieder S<strong>ch</strong>wierigkeiten<br />
auf, die si<strong>ch</strong> unaufhaltsam steigerten. Es<br />
gelang ihm ni<strong>ch</strong>t, die Freude, die er am Stoff und<br />
an seiner Vermittlung empfand, auf die S<strong>ch</strong>üler zu<br />
übertragen, so dass er selbst mit den S<strong>ch</strong>ülern die<br />
Freude verlor. Deshalb su<strong>ch</strong>te er si<strong>ch</strong> immer wieder<br />
neue Gebiete zu erobern.<br />
Zwar versu<strong>ch</strong>te er stets, si<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> tiefer in den<br />
Stoff einzuarbeiten. Aber genau dur<strong>ch</strong> seine dabei<br />
neu gewonnenen Einsi<strong>ch</strong>ten verlor er die Verbindung<br />
mit dem eigentli<strong>ch</strong> beabsi<strong>ch</strong>tigten S<strong>ch</strong>ulstoff.<br />
Es ist von diesem Gesi<strong>ch</strong>tspunkt aus geradezu<br />
tragis<strong>ch</strong>, dass er, angeregt dur<strong>ch</strong> seine zum Teil<br />
leidvollen Erfahrungen mit dem S<strong>ch</strong>ulunterri<strong>ch</strong>t,<br />
ganz hervorragende Werke ges<strong>ch</strong>affen hat auf dem<br />
Gebiet der Hagiographie, der Romanistik und vor<br />
allem dur<strong>ch</strong> seine riesige Bibliographie über die<br />
pädagogis<strong>ch</strong>en Probleme der frühen Zweispra<strong>ch</strong>igkeit.<br />
Der Religionsunterri<strong>ch</strong>t führte ihn dazu,<br />
si<strong>ch</strong> sehr ausgiebig mit den Qumrantexten zu<br />
befassen. Der Unterri<strong>ch</strong>t in der Medienkunde<br />
ma<strong>ch</strong>te ihn zum eigentli<strong>ch</strong>en Filmspezialisten.<br />
Alle Werke können hier ni<strong>ch</strong>t aufgeführt werden,<br />
aber es sind viele.<br />
Die We<strong>ch</strong>sel in den Arbeitsgebieten sind ni<strong>ch</strong>t<br />
zuletzt dur<strong>ch</strong> die immer wieder neuen Interessen<br />
veranlasst worden, die ihn so erfasst hatten, dass<br />
Früheres daneben sozusagen plötzli<strong>ch</strong> verblasste.
Eine weitere S<strong>ch</strong>wierigkeit bestand darin, dass er<br />
den persönli<strong>ch</strong>en Zugang zu kleinen Gruppen oder<br />
Einzelmens<strong>ch</strong>en zum Teil hervorragend fand, was<br />
sein grosser und dankbarer Freundeskreis beweist,<br />
dass er aber gegenüber einer Klassenabteilung,<br />
die ni<strong>ch</strong>t das glei<strong>ch</strong>e Interesse für die Fragen<br />
aufbra<strong>ch</strong>te, die ihn jeweilen sehr stark fesselten,<br />
au<strong>ch</strong> selber den Mut und das Interesse verlor.<br />
Dieser Na<strong>ch</strong>ruf ist etwas lang geworden, aber<br />
<strong>Pater</strong> <strong>Mi<strong>ch</strong>ael</strong> hat es verdient, dass man ihn an<br />
dieser Stelle einigermassen zutreffend und teilnehmend<br />
und do<strong>ch</strong> sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> würdigt. Gebe Gott,<br />
dass sein Interesse an den Mögli<strong>ch</strong>keiten des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />
Geistes und Herzens im Jenseits ers<strong>ch</strong>öpfend<br />
befriedigt worden ist und wird. Er ruhe<br />
im Frieden Gottes.<br />
<strong>Pater</strong> Rupert Ruhstaller