BDA Informationen 2.12 - Bund Deutscher Architekten BDA
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jedenfalls hat niemand ein Fahrrad, einen<br />
Hund oder eine Brennesel zu einem Werk<br />
der Architektur erklärt. Das macht es für den<br />
Architekturkritiker in gewisser Weise leichter:<br />
Es gibt ein Programm, eine Funktion, der sich<br />
der Architekt zu stellen hat. Und der Kritiker<br />
kann sich daran abarbeiten, ob und wie ihm<br />
das gelingt. Umgekehrt hat es der Kunstkritiker<br />
leichter, weil sich die Kunstwerke meistens<br />
gut abbilden lassen und zudem mobil sind,<br />
sich also in Ausstellungen und Büchern auch<br />
für das breite Publikum erschließen lassen. Mit<br />
anderen Worten: Kunstwerke gewinnen leichter<br />
an Bekanntheit und Popularität. Der neue<br />
Kindergarten in Jever oder das architektonisch<br />
interessante Autohaus in Herne haben es da<br />
schon schwerer. Das heißt für den Kritiker:<br />
Er muss in seinen Rezensionen besonders anschaulich<br />
argumentieren und herausarbeiten,<br />
warum Kindergarten und Autohaus so ungemein<br />
bedeutsam sind, dass man sich auch in<br />
Freiberg oder Garbsen dafür interessieren soll.<br />
Oder er lässt es besser mit dem Schreiben.<br />
weniger umfassenden Rahmen, Ähnliches zuschreiben – das Erkennbarmachen<br />
von architektonischen und gesellschaftlichen Konzepten,<br />
ihrer Umsetzung in der Architektur und ihrer Bedeutung<br />
oder auch Irrelevanz für die Gesellschaft. Welche Schwerpunkte<br />
setzen Sie, wenn Sie über Architektur schreiben?<br />
Mich interessiert vor allem die Architektur als Bedeutungsträger,<br />
wie Günter Bandmann das einst nannte. Natürlich, auch wie ein<br />
Gebäude gemacht ist, mit welcher Sorgfalt, welcher Raffinesse<br />
es gestaltet wurde, ob es seinem Zweck gehorcht, all das sind<br />
gewichtige Fragen. Doch vor allem möchte ich wissen, was mir<br />
die Architektur erzählt: über den <strong>Architekten</strong>, den Bauherren und<br />
mehr noch über unsere Zeit, über unsere Gesellschaft. Was zeigt<br />
sich dort, welche Vorstellungen von Behaustsein? Von Geborgenheit?<br />
Von Machtanspruch? Von Sicherheitsdenken? Von Sozialität?<br />
Um ein Beispiel zu nennen: Die Unibibliothek in Lausanne, geplant<br />
von Sanaa, will ein Freiraum sein, also das, was Universität eigentlich<br />
bedeutet. Ein Freiraum, der von den strengen Üblichkeiten des<br />
Denkens und Bauens in Horizontalen und Vertikalen nichts hält<br />
und lieber eine Landschaft sein will. Hier zeigt sich sehr anschaulich,<br />
wie sich unsere Vorstellungen von dem, was Wissen und<br />
Wissenserwerb bedeuten, verändern. Solche Veränderungen zu<br />
beschreiben, dort, wo sie Architektur werden, das interessiert mich.<br />
Gilles Deleuze hat einmal über Philosophie<br />
gesagt, dass eine ihrer Kernaufgaben die<br />
Entdeckung von Konzepten sei, die Teile der<br />
Realität beschreiben und deuten könnten. Der<br />
Architekturkritik könnte man, in einem etwas<br />
Manche Kritiker, wie beispielsweise Friedrich Achleitner, meinen<br />
die Architekturvermittlung sei inzwischen die wichtigere Aufgabe<br />
als die Urteilsfindung. Teilen Sie diese Meinung?<br />
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