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Zeichen an der Wand Höhlenmalerei – Felsbilder – Graffiti

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ziellen Waschstraßen ausgestattet, in denen die Züge chemisch gereinigt werden.<br />

Dies geschieht einerseits aus Sicherheitsgründen.An<strong>der</strong>erseits will m<strong>an</strong> durch die<br />

rasche Säuberung möglichst das Erfolgserlebnis <strong>der</strong> Writer verhin<strong>der</strong>n, ihre bemalten<br />

Waggons auf öffentlichen Strecken zu wissen, was noch mehr Nachahmer<br />

zum Sprayen <strong>an</strong>imieren könnte. In m<strong>an</strong>chen Städten wurden Son<strong>der</strong>komissionen<br />

<strong>der</strong> Polizei gegründet, die sich ausschließlich <strong>der</strong> Verfolgung jugendlicher Sprayer<br />

widmen.Wird ein Writer <strong>der</strong> Sachbeschädigung überführt, drohen ihm je nach Alter<br />

und nachgewiesenen Delikten immense Geldstrafen, im Wie<strong>der</strong>holungsfall<br />

aber auch Haftstrafen bis zu fünf Jahren.Aus <strong>der</strong> Sicht vieler adoleszenter Sprayer<br />

wie<strong>der</strong>um ist gerade die Überschreitung des gesetzlich Erlaubten ein wesentlicher<br />

Best<strong>an</strong>dteil des <strong>Graffiti</strong>-Malens. Sie schil<strong>der</strong>n das illegale Sprühen als berauschende<br />

Mutprobe.<br />

Modelle zur Schadensbegrenzung und legale Sprayflächen<br />

Das illegale Sprühen jugendlicher Maler und ihre Verfolgung durch Behörden und<br />

Gesetzeshüter stellt auch einen aktueller Ausdruck des Generationenkonfliktes<br />

dar, eine Problematik, die wohl nicht gänzlich zur allseitigen Zufriedenheit gelöst<br />

werden k<strong>an</strong>n.<br />

In jüngster Zeit jedoch suchen immer mehr Gemeinden und Institutionen nach<br />

konstruktiven Modellen <strong>der</strong> Schadensbegrenzung, die den <strong>Graffiti</strong>-Künstlern Möglichkeiten<br />

jenseits <strong>der</strong> Kriminalisierung ihrer Leidenschaft bieten. M<strong>an</strong>che Richter<br />

streben nach Möglichkeit einen außergerichtlichen Tatausgleich auch für bereits<br />

volljährige Sprayer <strong>an</strong>. Dies bedeutet meistens eine bestimmte Stunden<strong>an</strong>zahl von<br />

gemeinnütziger Arbeit. Eine Form dieser Wie<strong>der</strong>gutmachung ist auch das Säubern<br />

von Zügen und Wänden.<br />

Eine weitere Möglichkeit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gutmachung stellt das Modell des Solidar-<br />

Konzeptes dar. Erfolgreiche <strong>Graffiti</strong>-Künstler, die mittlerweile bezahlte Auftragsarbeiten<br />

ausführen, verwenden freiwillig einen Teil ihres Honorars in einer Solidargemeinschaft<br />

für die Begleichung von Schäden durch illegales Sprühen. Die Interessensgemeinschaft<br />

„Wiener <strong>Graffiti</strong>-Union“ folgt diesem Prinzip.<br />

In Los Angeles integriert die Stadtverwaltung erfolgreich straffällig gewordene jugendliche<br />

Sprayer in Kunstprojekte zur Gestaltung von Murals. Diese W<strong>an</strong>dbil<strong>der</strong><br />

sind das Ergebnis einer Kooperation mehrerer Künstler und einer Gruppe von<br />

Writern. Die beteiligten professionellen Künstler helfen den Jugendlichen, die<br />

künstlerische Herausfor<strong>der</strong>ung des Mediums zu meistern. Zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en unterstützen<br />

sie die Jugendlichen im Umg<strong>an</strong>g mit Ämtern, Behörden und <strong>der</strong> Öffentlichkeit.<br />

In fast allen größeren Städten Europas stellen die Kommunen inzwischen den<br />

<strong>Graffiti</strong>-Künstlern legale Sprayflächen zur Verfügung, oft sind das Kaimauern, Betonwände,<br />

aufgelassene Fabriken o<strong>der</strong> Brückenpfeiler (Abbildung 42).Viele Writer<br />

schätzen es, auf solch einer legalen Fläche <strong>–</strong> auch „Hall of Fame“ gen<strong>an</strong>nt <strong>–</strong> endlich<br />

ausreichend Zeit für die gestalterische Ausarbeitung ihrer Werke zu haben.<br />

Die öffentlichen Verkehrsbetriebe in Wien gehen einen Schritt weiter:Die U-Bahn-<br />

Züge sind zwar beliebte Objekte illegaler Writer, und die „Wiener Linien“ gehören<br />

zu den Hauptklägern. Die Ver<strong>an</strong>twortlichen suchen aber auch den Dialog mit<br />

den Sprayern. So sponserten sie bereits einen <strong>Graffiti</strong>-Kongress, ver<strong>an</strong>stalteten<br />

eine Ausstellung von <strong>Graffiti</strong>-Bil<strong>der</strong>n im Westbahnhof und gaben vier großflächige<br />

W<strong>an</strong>dgemälde im Bereich einer U-Bahn-Station bei Sprayern in Auftrag.<br />

Abb. 42 <strong>Graffiti</strong> auf W<strong>an</strong>d, Linz. © Skero<br />

<strong>Graffiti</strong> <strong>–</strong> KünstlerInnen<br />

Spätestens seit Beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts beeinflussten Trends aus unterschiedlichen<br />

Subkulturen die Entwicklung des zeitgenössischen Kunstschaffens maßgeblich.<br />

Die künstlerische Qualität vieler <strong>Graffiti</strong> sowie ihre Impulse für die aktuelle<br />

grafische Formensprache ist unbestritten.<br />

In ihrem Selbstverständnis sehen sich längst nicht alle Sprayer als Künstler. M<strong>an</strong>che<br />

Writer jedoch machen ihre Leidenschaft zum Beruf und beginnen, großflächige<br />

Pieces auf Leinw<strong>an</strong>d zu malen.<br />

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