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Zeichen an der Wand Höhlenmalerei – Felsbilder – Graffiti

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In Chile sind bisher die meisten und vielfältigsten Felsbil<strong>der</strong> Süd-Amerikas gefunden<br />

worden. Felsmalereien und Gravuren sind vor allem in Nordchile häufig, wo<br />

es hun<strong>der</strong>te ausgeschmückte Höhlen gibt. Die ältesten naturalistischen Darstellungen<br />

dürften vor rund zehntausend Jahren von den ersten Bewohnern <strong>der</strong> Andenregion<br />

geschaffen worden sein.Tiere wie Lama, Gu<strong>an</strong>ako und Puma sind exakt<br />

wie<strong>der</strong>gegeben und von Vögeln und geometrischen Motiven unbek<strong>an</strong>nter Bedeutung<br />

umgeben. Eine <strong>der</strong> bek<strong>an</strong>ntesten Felsbil<strong>der</strong>stationen liegt in Taira, am Oberlauf<br />

des Rio Loa in <strong>der</strong> chilenischen Atacamawüste. Diese Fundstelle gehört zweifellos<br />

zu den berühmtesten Zeugnissen vorgeschichtlicher Kunst im Andenmassiv.<br />

Die herrlichen Fresken von Taira illustrieren eine Gu<strong>an</strong>akojagd. Die Tiere sind beinahe<br />

zwei Meter l<strong>an</strong>g und in Seiten<strong>an</strong>sicht dargestellt, die Umrisse wurden graviert<br />

und die Körperflächen mit Ocker ausgemalt. Die bedeutend kleineren Jäger sind<br />

mit Pfeil und Bogen bewaffnet. Unter einem <strong>der</strong> Gu<strong>an</strong>akos sind weibliche Figuren<br />

in einer Art rituellem T<strong>an</strong>z zu erkennen.<br />

Die südlichsten Felsbil<strong>der</strong> Amerikas befinden sich in Argentinien <strong>an</strong> <strong>der</strong> Ostfl<strong>an</strong>ke<br />

<strong>der</strong> Anden in Patagonien. Die ältesten Darstellungen sollen rund zehntausend<br />

Jahre alt sein. In <strong>der</strong> Provinz S<strong>an</strong>ta Cruz ist vor allem die „Cueva de las M<strong>an</strong>os“,<br />

eine schwer zugängliche Halbhöhle oberhalb des Rio Pinturas, durch zahlreiche<br />

H<strong>an</strong>ddarstellungen bek<strong>an</strong>nt geworden. Es h<strong>an</strong>delt sich um Umrisse von Händen<br />

und um Symbole, wie punktierte Linien, Kreuze, konzentrische Ringe, usw.An<br />

einigen Fundstellen hat m<strong>an</strong> bis zu hun<strong>der</strong>t solcher Darstellungen gezählt. Überall<br />

im argentinischen Patagonien findet m<strong>an</strong> auch Jagd- und T<strong>an</strong>zszenen mit maskierten<br />

Personen. Unter den gravierten Motiven erscheinen fußförmige Abdrücke verschiedener<br />

Tiere, wie N<strong>an</strong>du, Gu<strong>an</strong><strong>an</strong>ko und Puma, sowie stark schematisierte Figuren,<br />

wie zum Beispiel Kreuze, Rä<strong>der</strong>, Kreise und Sonnen. Die Gravuren sind jünger<br />

als die Malereien. Mä<strong>an</strong><strong>der</strong>, gemalt o<strong>der</strong> geritzt, die verwickelte Gesamtmuster<br />

und komplexe Labyrinthe bilden, gehören einer noch jüngeren Kultur <strong>an</strong>. Sie können<br />

wohl als Ausdruck religiöser Vorstellungen gedeutet werden, doch die exakte<br />

Bedeutung all dieser Symbole ist nicht zu bestimmen.<br />

<strong>Graffiti</strong> in mo<strong>der</strong>nen Gesellschaften<br />

Harald Ecker<br />

Motive für zeitgenössische <strong>Graffiti</strong><br />

Gemalte <strong>Zeichen</strong> und Botschaften im öffentlichen Raum haben sich in den letzten<br />

40 Jahren zu einer neuen Stadtsprache entwickelt. Die Gestalter von <strong>Graffiti</strong> in<br />

Wort und Bild sind großteils junge Männer zwischen 15 und 22 Jahren. Diese jugendlichen<br />

Sprayer und Schreiber gehören unterschiedlichsten subkulturellen Szenen<br />

<strong>an</strong>. Ebenso m<strong>an</strong>nigfaltig sind ihre Stile und Motive. Das illegale Sprayen o<strong>der</strong><br />

Malen gilt oft als Mutprobe, als adoleszentes Imponiergehabe gegenüber Mädchen<br />

o<strong>der</strong> Kollegen aus den eigenen Reihen. Durch zahlreiche, großflächige und stilistisch<br />

ausgefeilte Werke wächst <strong>der</strong> Ruhm (häufig auf Englisch „fame“ gen<strong>an</strong>nt) und<br />

Bek<strong>an</strong>ntheitsgrad des Gestalters in seiner Szene und seiner Stadt. <strong>Graffiti</strong> dienen<br />

als Markierungen in <strong>der</strong> Stadtl<strong>an</strong>dschaft sowie zur Revierabgrenzung von Jugendb<strong>an</strong>den.<br />

Ein gezielter Affront gegen Kollegen ist in diesem Sinne das „Crossen“ eines<br />

Bildes, das Übermalen von <strong>Graffiti</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>er Sprayern.<br />

Häufig schreiben die Maler mehr o<strong>der</strong> weniger aufwändig den eigenen Namen, ihren<br />

Künstler- o<strong>der</strong> Gruppennamen. Die zentrale Botschaft dieser <strong>Graffiti</strong> lautet<br />

„Ich bin“. Die Schreiber wollen von <strong>an</strong><strong>der</strong>en wahrgenommen werden, auffallen und<br />

ihre schiere Existenz bezeugen. M<strong>an</strong>che Sprayer erzählen von dem als Kick erlebten<br />

Adrenalinausstoß beim nächtlichen, illegalen Sprühen, <strong>der</strong> auch ein Suchtpotential<br />

berge. An<strong>der</strong>e, erprobte Maler wetteifern zunehmend mit ihrer Erfahrung<br />

eher um künstlerische Anerkennung <strong>–</strong> wer malt das schönste <strong>Graffiti</strong> im L<strong>an</strong>d. Einige<br />

von ihnen entwickeln sich zu gefragten Künstlern, die auch grafische Auftragsarbeiten<br />

von privaten Unternehmen und öffentlichen Institutionen gestalten.<br />

An<strong>der</strong>e <strong>Graffiti</strong> dienen nach wie vor als Protest- und Unmutsäußerungen gegen<br />

tatsächliche o<strong>der</strong> vermeintliche gesellschaftliche Missstände, wie etwa gegen<br />

Atomkraftwerke und Asylpolitik.<br />

Wurzeln und Formen zeitgenössischer <strong>Graffiti</strong><br />

Zu den Vorläufern zeitgenössischer <strong>Graffiti</strong> gehören Namensgravuren von Touristen<br />

<strong>an</strong> berühmten Bauwerken, vermeintlich witzige Sprüche auf Toilettenwänden<br />

o<strong>der</strong> Zinken, mit denen fahrende Händler freigiebige Gasthöfe markierten.W<strong>an</strong>dmalerei<br />

auf Hausgiebeln wurde in Deutschl<strong>an</strong>d seit den 1920-er Jahren von Markenartikelherstellern<br />

als Werbeträger genutzt. Politische Parolen wie<strong>der</strong>um wurden<br />

seit <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösischen Revolution von den Anhängern unterschiedlichster<br />

Fraktionen auf öffentliche Wände gemalt.<br />

In <strong>der</strong> jüngsten Verg<strong>an</strong>genheit entdeckten Jugendliche in den Tagen <strong>der</strong> Studenten-<br />

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