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Zeichen an der Wand Höhlenmalerei – Felsbilder – Graffiti

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Felswände und Nischen ihre Jagdzauber-Bil<strong>der</strong> und Idole ein. Eine beson<strong>der</strong>e Blüte<br />

erlebte die Felsbildkunst im Zeitalter des Buddhismus, <strong>der</strong> in diesem Raum von<br />

etwa 33 v. Chr. bis 700 n. Chr. die neue Hochreligion war. Die größte Konzentration<br />

von Felsbild-Zeichnungen befindet sich im Gebiet um Chilas, und die dort <strong>an</strong>zutreffenden<br />

ältesten buddhistischen Zeichnungen sind gelegentlich auch mit Inschriften<br />

verbunden, sodass sie genau datiert werden können.Viele hier <strong>an</strong>zutreffende<br />

Motive deuten darauf hin, dass immer wie<strong>der</strong> neue Völkerschaften durch das<br />

Industal gezogen sind, so z. B. das ir<strong>an</strong>ische Reitervolk <strong>der</strong> Saken o<strong>der</strong> reisende<br />

Künstler aus Zentral-Indien. Die Sogdier, alte ir<strong>an</strong>ische Feuer<strong>an</strong>beter, müssen sich<br />

ebenfalls hier aufgehalten haben, denn einige Felsbil<strong>der</strong> zeigen eindeutige Feueraltäre.Unglaublich<br />

vielfältig sind die buddhistischen Motive,etwa die Darstellung von<br />

Versuchungen Buddhas o<strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> eines buddhistischen Asketen, <strong>der</strong>, ähnlich wie<br />

<strong>der</strong> heilige Fr<strong>an</strong>z von Assisi, den Tieren predigt. Buddhistische Heiligtümer wie Stupas<br />

und Pagoden werden ebenfalls dargestellt und auch chinesische Reisende aus<br />

jener Zeit (aus dem ersten Jahrhun<strong>der</strong>t n. Chr.) haben sich mit ihrem Namen verewigt.<br />

Bisher sind in diesem 60 Kilometer l<strong>an</strong>gen Abschnitt mehr als 10.000 Zeichnungen<br />

und über 1.000 Inschriften registriert worden.Weitere sehr bedeutsame<br />

Felsbildzeichnungen wurden im Hunza-Tal, direkt unterhalb von Karimabad, in Haldeikish,<br />

unmittelbar am Karakorum-Highway entdeckt, die vor allem Jagdszenen<br />

mit <strong>der</strong> Ibex-Antilope und dem Markhor darstellen und Aufschluss über die Frühzeit<br />

<strong>der</strong> Besiedlung des Hunza-Gebietes geben können.<br />

Mehr als fünftausend Felsbil<strong>der</strong> im Industal zeigen Tiere mit l<strong>an</strong>gen gebogenen<br />

Hörnern, wie sie nur die männlichen Tiere des Steinbocks o<strong>der</strong> aber <strong>der</strong> Bezoarziege<br />

haben. Als Jagdwild begehrt waren eben die männlichen Tiere auf Grund ihrer<br />

Hörner, die einen erheblichen Prestigegewinn für den erfolgreichen Jäger bedeuteten.<br />

In gestalterischer Hinsicht variieren die Steinbockzeichnungen wenig.<br />

Die Regel sind einfache Strichzeichnungen, bestehend aus einer Rückenlinie, <strong>an</strong> die<br />

zwei Hörner und vier Beine <strong>an</strong>gesetzt sind. Oft ist <strong>der</strong> Kopf auch durch die<br />

Wie<strong>der</strong>gabe eines Halses abgesetzt, und ein kurzer, nach oben gebogener Schw<strong>an</strong>z<br />

ist erkennbar, <strong>der</strong> wie bei den Schraubenziegen einen Zust<strong>an</strong>d höchster Erregung<br />

ausdrückt. Die Darstellungen zeugen von genauer Beobachtungsgabe <strong>der</strong> Künstler.<br />

So wurde beispielsweise oft <strong>der</strong> Ziegenbart mit abgebildet, und zuweilen sind<br />

die Hufe abgesetzt. Selbst das Sozialverhalten <strong>der</strong> Tiere (Gruppenszenen, Kämpfe<br />

mit Artgenossen, Bock und Geiß zusammen) f<strong>an</strong>d nicht selten künstlerischen Ausdruck.<br />

Nach dem Steinbock/Bezoarziege ist das Pferd, neben dem Markhor das mit<br />

Abst<strong>an</strong>d am häufigsten auf den Felsbil<strong>der</strong>n dargestellte Tier. Dies nicht zuletzt aufgrund<br />

<strong>der</strong> Tatsache, dass das Pferd früher als ausgesprochenes Statussymbol galt.<br />

Von den über tausend in die Felsen des Oberen Indus geritzten Pferden tragen<br />

mehr als die Hälfte einen Reiter <strong>–</strong> häufig sind sie Teil von Jagd- o<strong>der</strong> Kampfszenen.<br />

Vielfach ist auch die Mähne <strong>an</strong>gedeutet, als mit einigen Strichen charakteristische<br />

Stehmähne, wie sie auch das Urwild- o<strong>der</strong> Przewalski-Pferd besaß. Die uns bek<strong>an</strong>nte<br />

Hängemähne tritt erst beim Hauspferd auf. Schließlich gibt es zahlreiche,<br />

vom künstlerischen St<strong>an</strong>dpunkt aus gesehen hervorragend ausgeführte Pferdemotive,<br />

die fast immer ohne Reiter, aber teilweise mit Sattel und Zaumzeug<br />

wie<strong>der</strong>gegeben sind. Diese Tiere sollten, möglicherweise die Verkörperung einer<br />

einheimischen Gottheit darstellen. Es bleibt festzuhalten, dass <strong>der</strong> Ph<strong>an</strong>tasie <strong>der</strong><br />

Felsbildzeichner bei den Pferdedarstellungen offenbar keine Grenzen gesetzt waren.<br />

Bei keinem <strong>an</strong><strong>der</strong>en Tier variieren die Darstellungsweise sowie <strong>der</strong> szenische<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g in einem solchen Maße. Die große Zahl von Pferde- und<br />

Reiterdarstellungen machen sichtbar, welch hohe Bedeutung diesem Tier und dieser<br />

Art <strong>der</strong> Fortbewegung im schwierigen Gelände <strong>der</strong> Nordgebiete Pakist<strong>an</strong>s bis<br />

vor kurzem noch beigemessen wurde. Erst mit <strong>der</strong> Erschließung <strong>der</strong> Bergwelt<br />

Nordpakist<strong>an</strong>s für den motorisierten Verkehr hat das Pferd zunehmend <strong>an</strong> wirtschaftlicher<br />

und politischer Bedeutung verloren.<br />

Die wohl interess<strong>an</strong>teste Felsbil<strong>der</strong>-Fundstelle in Indien befindet sich im Bundesstaat<br />

Madhya Pradesh im Höhlengebiet <strong>der</strong> bewaldeten Ausläufer des Vindhyage-<br />

Abb. 25 Felsbild Kathotia Deerfrieze vom Fundort Kathotia; Madhya Pradesh, District Bopal,<br />

Indien. Zeit: ungefähr 3000 bis 500 v. Chr. L<strong>an</strong>ge Prozessionsszenen von Wildtieren und<br />

domestizierten Tieren sind typisch für die Felsbildkunst <strong>der</strong> Kupfersteinzeit. Diese l<strong>an</strong>gen<br />

Prozessionsszenen laufen oftmals über mehrere Meter einer Felsw<strong>an</strong>d o<strong>der</strong> hier über die<br />

unebene Decke eines Felsvorsprunges. © Erwin Neumayer<br />

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