Zeichen an der Wand Höhlenmalerei – Felsbilder – Graffiti
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Die Br<strong>an</strong>dberg-Malereien finden sich meist in <strong>der</strong> Nähe von Wasserstellen und am<br />
R<strong>an</strong>de von Hochflächen. Die meist überhängenden Gr<strong>an</strong>itwände speichern die<br />
Sonnenwärme und schützen vor Witterungseinflüssen, wodurch sie zu beliebten<br />
Wohnstätten wurden. Die Malstätten dienten auch als Wohnplätze. Sehr häufig<br />
sind Tiere wie Antilopen, Springböcke, Giraffen, Zebras o<strong>der</strong> Elef<strong>an</strong>ten, vereinzelt<br />
auch Pfl<strong>an</strong>zen, am häufigsten aber Menschen in Bewegung, wie z. B. Männer mit Pfeil<br />
und Bogen, Frauen mit Körben o<strong>der</strong> Taschen, dargestellt. Die Felsmalereien des<br />
Br<strong>an</strong>dberges sind gegenständlich und kennen kaum abstrakte Motive. Die lebensnahen<br />
Tierdarstellungen belegen, wie hochentwickelt die Fähigkeit war, Naturbeobachtungen<br />
in detailgenaue Bil<strong>der</strong> umzusetzen; doch lassen sie auch stilistische<br />
Freiheiten <strong>der</strong> Maler erkennen. Im südwestlichen Afrika war die Tradition <strong>der</strong> Felsmalerei<br />
bei <strong>der</strong> Ankunft <strong>der</strong> Europäer offenbar schon erloschen. Zudem weisen archäologische<br />
Forschungen in <strong>der</strong> Umgebung des Br<strong>an</strong>dberges darauf hin, dass <strong>der</strong><br />
größte Teil <strong>der</strong> Malereien wohl in den zwei Jahrtausenden vor <strong>der</strong> Zeitenwende<br />
entst<strong>an</strong>den ist. Angesichts einer solchen Zeitsp<strong>an</strong>ne ist kaum <strong>an</strong>zunehmen, dass<br />
nur eine bestimmte ethnische Gruppe als Urheber in Frage kommt.Auf vielen Malereien<br />
des südlichen Afrikas sind Menschen häufig in Bewegung und in Reihen dargestellt,<br />
was von m<strong>an</strong>chen Forschern als Hinweis auf die W<strong>an</strong><strong>der</strong>bewegung <strong>der</strong> Jäger<br />
gedeutet wird. Ein <strong>an</strong><strong>der</strong>es häufig wie<strong>der</strong>kehrendes Motiv ist das <strong>der</strong> „Sagen-<br />
Frau“ (mythic wom<strong>an</strong>). Die Frau wird als Lebensspen<strong>der</strong>in dargestellt und dies<br />
wird mit <strong>der</strong> Ideologie <strong>der</strong> S<strong>an</strong> sprechenden Völker-Südafrikas in Verbindung gebracht,<br />
wonach die Frau nicht nur Leben spendet, son<strong>der</strong>n auch tödliche Kräfte<br />
besitzt. Malgeräte lieferte die Natur, vom Haarpinsel bis zum Knochenspatel, und<br />
sie bestimmte auch die Farbpalette. Diese umfasste überwiegend Erdfarben wie<br />
rote und gelbe Eisenocker o<strong>der</strong> schwarze M<strong>an</strong>g<strong>an</strong>erde, aber auch natürlichen Gips<br />
und Holzkohle.Als Bindemittel für diese Pigmente scheinen Tierblut sowie Eiweiß,<br />
Kasein o<strong>der</strong> Knochenleim verwendet worden zu sein. Die Frage nach dem Ursprung<br />
<strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> beschäftigt nach wie vor die wissenschaftliche Diskussion.Waren<br />
die Maler Erzähler, „Journalisten“, die so ihre Neuigkeiten illustrierten? Fungierten<br />
die Bil<strong>der</strong> als Lehrmittel, um die Jugend mit dem vertraut zu machen, was<br />
für ihr Überleben wichtig war? Gaben Chronisten so die Traditionen und Sagen ihres<br />
Volkes weiter? O<strong>der</strong> wurden die Höhlenwände, wie m<strong>an</strong>che glauben, einfach<br />
zu einem Erinnerungsalbum für beson<strong>der</strong>e Ereignisse und Jag<strong>der</strong>lebnisse? Vermutlich<br />
haben viele Bil<strong>der</strong> ihren Ursprung im magischen-religiösen Bereich o<strong>der</strong> sind<br />
im Zusammenh<strong>an</strong>g mit Tr<strong>an</strong>ce-Riten entst<strong>an</strong>den. Es ist aber auch nicht von <strong>der</strong><br />
H<strong>an</strong>d zu weisen, dass viele Felsbil<strong>der</strong> Alltagssituationen wi<strong>der</strong>spiegeln und nichtreligiösen<br />
Inhalts sind.Viele Zeichnungen sind durchaus realistisch und zeigen Darstellungen<br />
von Wirklichkeiten, sowie tägliche Begebenheiten, die die Künstler beson<strong>der</strong>s<br />
hervorheben wollten, und sie weisen eher auf Fakten hin. Sicher waren<br />
die Künstler, die die Zeichnungen malten, Menschen mit beson<strong>der</strong>en Beobachtungsgaben<br />
und hatten eine gute H<strong>an</strong>d zum Zeichnen. Es gibt aber zu viele Zeich-<br />
nungen <strong>an</strong> den Felsen, meistens mit <strong>der</strong> gleichen Methode und gleichem Grundmaterial<br />
gemalt, als dass sie alle nur von Magiern stammen könnten.<br />
Bei den S<strong>an</strong>dawe in T<strong>an</strong>s<strong>an</strong>ia sind einige Bil<strong>der</strong>höhlen Treffpunkte eingeweihter<br />
Erwachsener, die unterein<strong>an</strong><strong>der</strong> kleine Geheimbünde bilden. Die Malereien, darunter<br />
viele sehr alte, werden als übernatürliche Werke <strong>an</strong>gesehen, die neuen werden<br />
im Tr<strong>an</strong>cezust<strong>an</strong>d erzeugt. Das Betreten <strong>der</strong> Räume, in denen sie verborgen<br />
sind, ist Außenstehenden strengstens verboten. Es sind die Wohnstätten <strong>der</strong> Geister,<br />
gefüllt mit unermesslicher Zauberkraft, die Schrecken einjagen und denen sich<br />
kein Unbefugter zu nähern wagt. An<strong>der</strong>e bemalte Höhlen sind dagegen Orte, wo<br />
sich die Jungen auf die Initiation vorbereiten. Die Gruppe <strong>der</strong> Einzuweihenden verbringt<br />
hier l<strong>an</strong>ge Zeit, m<strong>an</strong>chmal einige Wochen, und die bemalten Wände werden<br />
vom Lehrer als „synoptische Tafeln“ gebraucht, um die junge Generation über die<br />
Geheimnisse des Lebens und <strong>der</strong> Natur aufzuklären.Auch diese Höhlen sind geheim,<br />
und <strong>der</strong> Zug<strong>an</strong>g ist ausschließlich den Einzuweihenden vorbehalten, in<br />
Gegenwart des Lehrers und nur während <strong>der</strong> Zeiten, in denen sich die Initiation<br />
abspielt.Viele dieser Höhlen sind <strong>an</strong> schwer zugänglichen Orten gelegen, und <strong>der</strong><br />
Weg, <strong>der</strong> zu ihnen führt, ist oft durch Warnzeichen in Form von gemalten Ideogrammen<br />
gekennzeichnet, mit <strong>der</strong> Absicht, eventuelle Ahnungslose vom Weitergehen<br />
abzuhalten.<br />
Das Ende <strong>der</strong> Felsbildkunst in Süd-Afrika scheint mit <strong>der</strong> Ankunft <strong>an</strong><strong>der</strong>er Bevölkerungsgruppen<br />
zusammenzuhängen. Die zunehmende Trockenheit <strong>der</strong> Sahara beschleunigte<br />
wahrscheinlich die W<strong>an</strong><strong>der</strong>bewegung vom Norden in den Süden und<br />
führte zur Zurückdrängung <strong>der</strong> nomadisierenden Jäger, die nach einer l<strong>an</strong>gen friedlichen<br />
und ungestörten Periode Fremden mit unbek<strong>an</strong>nten Tieren und Waffen<br />
gegenüberst<strong>an</strong>den. In ihren Bil<strong>der</strong>n tauchten in <strong>der</strong> Endphase neben vielen Fremden<br />
und ihren Haustieren auch Kampf- und Begräbnisszenen auf.Vielleicht auch ein<br />
Sinnbild für das nahende Ende.<br />
Das relative Alter <strong>der</strong> Malereien lässt sich beispielsweise dort bestimmen, wo<br />
mehrere Malschichten überein<strong>an</strong><strong>der</strong>liegen und es gelingt, diese bestimmten Zeitabschnitten<br />
zuzuweisen. Das absolute Alter von Felsbil<strong>der</strong>n k<strong>an</strong>n in einigen Fällen<br />
durch das Dargestellte selbst eingegrenzt werden. Das gilt zum Beispiel für das Erscheinen<br />
von Europäern in Malereien Südafrikas, die somit nach 1487 <strong>an</strong>zusetzen<br />
sind, o<strong>der</strong> etwa einzelne Abbildungen von Schafen im Br<strong>an</strong>dberg, die nach bisheriger<br />
Kenntnis erst vor 2000 Jahren im südlichen Afrika eingeführt wurden. Prinzipiell<br />
wäre es möglich, die org<strong>an</strong>ischen Best<strong>an</strong>dteile <strong>der</strong> Malfarben auf chemischphysikalischem<br />
Wege zu datieren, doch erfor<strong>der</strong>n die <strong>der</strong>zeitigen naturwissenschaftlichen<br />
Methoden bis zu 5000 cm 2 Farbfläche für ein Datum <strong>–</strong> und m<strong>an</strong> müsste<br />
zerstören, was m<strong>an</strong> erhalten und erforschen will. So bleibt nur die Möglichkeit<br />
einer direkten Altersbestimmung dort, wo sich die Bil<strong>der</strong> mit datierbaren Ablage-<br />
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