29.10.2014 Aufrufe

Zeichen an der Wand Höhlenmalerei – Felsbilder – Graffiti

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

könnte.Alle diese Gravierungen müssen aus einer Zeit stammen, als in den Tälern<br />

des Djebel Auenat noch Giraffen und Strauße lebten und genügend Weideplätze<br />

für Rin<strong>der</strong> vorh<strong>an</strong>den waren. Mit <strong>der</strong> zunehmenden Wüstenwerdung müssen auch<br />

die Bewohner fortgezogen o<strong>der</strong> allmählich untergeg<strong>an</strong>gen sein.<br />

Durch die Einführung des Dromedars in Nordafrika ergaben sich jedoch neue Lebensmöglichkeiten<br />

und das verlassene L<strong>an</strong>d wurde noch einmal von nomadisierenden<br />

Stämmen besiedelt. So ist es denn nicht verwun<strong>der</strong>lich, dass auch sie die<br />

Felsen gravierten und sich überall dort aufhielten, wo schon ihre Vorgänger gelebt<br />

hatten.<br />

Beinahe alle Felszeichnungen im Gilf Kebir sind jägerischen Inhalts, das Rind<br />

kommt nur sehr selten vor. Daraus können wir schließen, dass die Bewohner dieser<br />

Region keine Rin<strong>der</strong>züchter waren, wohl aber das Rind von ihren Nachbarn<br />

her gek<strong>an</strong>nt haben. Das am häufigsten dargestellte Wildtier ist die Giraffe. Die<br />

Wie<strong>der</strong>gabe des Menschen fehlt auf den meisten Gravierungen vollständig o<strong>der</strong><br />

wird nur sehr formelhaft ausgeführt.<br />

Im Norden des Tschad gibt es neben zahlreichen <strong>an</strong><strong>der</strong>en Felsbil<strong>der</strong>n Abbildungen<br />

von 5 K rokodilen, lebendige Zeugen des im Quartär bis zu 600.000 km2 umfassenden<br />

Paläo-Tschadmeers. Im Verhältnis zu den Zeiträumen, in denen vermutlich<br />

Felsbil<strong>der</strong> hergestellt wurden, und zu <strong>der</strong> Menge von Menschen, die in diesen<br />

Perioden in den betreffenden Gebieten gelebt haben müssen, ist die Zahl <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong><br />

gering.Wir dürfen <strong>an</strong>nehmen, dass nicht je<strong>der</strong> Rin<strong>der</strong>züchter gemalt o<strong>der</strong> graviert<br />

hat, denn sonst müssten die Felsen voll von solchen Werken sein. Wahrscheinlich<br />

war nur ein beschränkter Personenkreis berufen und befugt, Felsbil<strong>der</strong><br />

herzustellen. Es bleibe dahingestellt, ob es sich dabei mehr um priesterliche o<strong>der</strong><br />

h<strong>an</strong>dwerkliche Eignung h<strong>an</strong>delte. Vielleicht war beides vereinigt, indem die Menschen<br />

mit darstellerischen Fähigkeiten als zum Priesterberuf beson<strong>der</strong>s befähigt<br />

galten. Was vermögen uns aber die Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Viehzüchter zu sagen? Aus <strong>der</strong> betonten<br />

und variationsreichen Darstellung <strong>der</strong> Fellfleckung <strong>der</strong> Rin<strong>der</strong> können wir<br />

schließen, dass auf dieses Züchtungsprodukt beson<strong>der</strong>er Wert gelegt wurde. Da<br />

nahezu alle Bil<strong>der</strong> auch gefleckte Felle zeigen, dürfen wir glauben, dass schon die<br />

ersten Einw<strong>an</strong><strong>der</strong>er solche Tiere mitbrachten, also schon l<strong>an</strong>ge vorher Rin<strong>der</strong> gezüchtet<br />

hatten. Die m<strong>an</strong>nigfachen Hörnerformen beweisen, dass diese Viehzüchter<br />

mehrere Rin<strong>der</strong>rassen besaßen, sowohl kurzhörnige, die die ältesten in Afrika sind<br />

und aus Asien stammen, als auch solche mit ausgesprochen l<strong>an</strong>gen Hörnern, die<br />

aus dem afrik<strong>an</strong>ischen Wildrind gezüchtet sein können. Des weiteren spielt die<br />

Darstellung des Menschen eine große Rolle. Die Freude des Viehzüchters <strong>an</strong> Tracht<br />

und Schmuck, Körperbemalung und Tätowierung, wie wir sie heute noch im Obernilgebiet<br />

und vielen in Teilen des Sud<strong>an</strong> finden, ist deutlich zu erkennen. Gravierungen<br />

und Malereien wurden wahrscheinlich längere Zeit hindurch nebenein<strong>an</strong><strong>der</strong><br />

hergestellt. Es ist aber <strong>an</strong>zunehmen, dass Gravierungen mit jägerischen Moti-<br />

ven den Anf<strong>an</strong>g bildeten, dass Rin<strong>der</strong>bil<strong>der</strong> wohl <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs meist graviert, später aber<br />

mehr und mehr gemalt wurden, und dass schließlich die Gravierungen g<strong>an</strong>z zurückgingen.Wir<br />

dürfen sagen, dass in Nordafrika die Gravierung die typische Kunst<br />

<strong>der</strong> Jäger, die Malerei die <strong>der</strong> Rin<strong>der</strong>züchter war, und dass vermutlich erst die Jäger<br />

die Kunstübung <strong>der</strong> Rin<strong>der</strong>züchter ausgelöst haben. Die Kunst ist somit aus einer<br />

intensiven Berührung <strong>der</strong> vom Süden in die Bergtäler eindringenden Viehzüchter<br />

mit den dort <strong>an</strong>sässigen, die Felsen gravierenden Jägern entst<strong>an</strong>den.<br />

Über Jahrtausende hinweg waren Felsbil<strong>der</strong> vor allem im südlichen Afrika eine<br />

wesentliche kulturelle Ausdrucksform und bieten so einen wichtigen Schlüssel<br />

zum Verständnis verg<strong>an</strong>gener Lebensweisen dieses Raumes. Sie können dazu beitragen,<br />

die Wurzeln heutiger, in l<strong>an</strong>gen Zeiträumen gewachsener Strukturen zu erkennen,<br />

und den Blick über den Horizont eines durch die Kolonialzeit geprägten<br />

Geschichtsverständnisses hinaus auf die eigenen Ursprünge zu richten.<br />

Die Dr<strong>an</strong>kensberge und das Br<strong>an</strong>denberg-Massiv in Namibia haben mit ihren relativ<br />

günstigen Umweltbedingungen am R<strong>an</strong>de <strong>der</strong> Namib-Wüste über Jahrtausende<br />

stets die menschliche Besiedlung begünstigt. Davon zeugen vor allem die<br />

unzähligen eindrucksvollen Malereien, die es zu einem <strong>der</strong> reichsten Felskunstgebiete<br />

<strong>der</strong> Erde machen (Abbildung 22).<br />

Abb. 22 Felsbild aus Br<strong>an</strong>dberg, Namibia. © Stonewatch<br />

54 55

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!