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Zeichen an der Wand Höhlenmalerei – Felsbilder – Graffiti

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Weltweite Verbreitung von Felsbil<strong>der</strong>n<br />

„Felsbil<strong>der</strong> sind ein Elementarged<strong>an</strong>ke <strong>der</strong> Menschheit“<br />

Adolf Basti<strong>an</strong> (1826-1905), Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Völkerkunde<br />

Petra Pinkl<br />

Felsbil<strong>der</strong> <strong>–</strong> Botschaften <strong>der</strong> Vorzeit<br />

Noch vor <strong>der</strong> Einführung verschiedener Schriftsysteme entwickelten unsere prähistorischen<br />

Vorfahren <strong>Zeichen</strong> und Symbole zur Übermittlung von Nachrichten,<br />

die sie auf Felsuntergrund malten o<strong>der</strong> in verschiedenen Techniken eingravierten.<br />

Heute bezeichnen wir diese <strong>Zeichen</strong> als Petroglyphen, Felszeichnungen o<strong>der</strong> Felsbil<strong>der</strong>.<br />

Sie finden sich auf allen Kontinenten, von den subpolaren Regionen Sibiriens<br />

bis zur tropischen Inselwelt Polynesiens, in den Felswüsten <strong>der</strong> Sahara ebenso wie<br />

auf den Berggipfeln <strong>der</strong> Anden. Die Felsbildkunst, also die Malereien und Gravierungen<br />

<strong>an</strong> Höhlenwänden o<strong>der</strong> Felsen im Freien, wurde sowohl von Jägern und<br />

Sammlern als auch von Ackerbauern und Viehzüchtern praktiziert. Sie alle hinterließen<br />

Bil<strong>der</strong>, die die existentiellen Fragen ihrer Zeit ausdrücken: Leben und Sterben,<br />

Tod und Wie<strong>der</strong>geburt, Fruchtbarkeit, Jagdglück, die Welt <strong>der</strong> Geister und<br />

Götter, des Himmels und <strong>der</strong> Sterne.<br />

So diente <strong>der</strong> Fels dem Menschen in ferner Verg<strong>an</strong>genheit als Medium, als erste<br />

Leinw<strong>an</strong>d sozusagen, auf dem er seinen kreativen und f<strong>an</strong>tasievollen Ideen im Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

mit seiner Kultur in Form von Malereien und Gravierungen Ausdruck<br />

geben konnte. Die eingravierten o<strong>der</strong> aufgemalten <strong>Zeichen</strong>, Figuren und Symbole<br />

vermitteln uns tiefgehende und einzigartige Kenntnisse über das geistige und kulturelle<br />

Leben unserer Vorfahren.<br />

Felsbil<strong>der</strong> gibt es in großer Zahl auf <strong>der</strong> g<strong>an</strong>zen Welt. Das beweist, dass es vielen prähistorischen<br />

Völkern ein Bedürfnis war, ihr Denken und Tun visuell darzustellen.<br />

Als die ersten vorgeschichtlichen Felsdarstellungen in ihrer Bedeutung erk<strong>an</strong>nt<br />

wurden, knüpfte m<strong>an</strong> <strong>an</strong> diese Funde gewaltige Erwartungen. Aus einer Zeit, die<br />

uns nur wenige Überreste überliefert hat, besaß m<strong>an</strong> plötzlich Illustrationen des<br />

Lebens, die geeignet schienen, die g<strong>an</strong>ze Breite des Daseins jener Vorzeitmenschen<br />

zu erfassen. Die Hoffnung, ein „Bil<strong>der</strong>buch <strong>der</strong> Weltgeschichte“ zu besitzen, stieg.<br />

Dennoch blieb sehr vieles völlig unverständlich. Es stellte sich heraus, dass die Felsbil<strong>der</strong><br />

nicht in allen Fällen das Alltagsleben schil<strong>der</strong>ten, son<strong>der</strong>n das Bild als Mittel<br />

gewählt wurde um geistige Erlebnisse zu bewältigen. Es erwies sich aber oft als unmöglich,<br />

diese innere Sprache zu verstehen. Der Stoff <strong>der</strong> Felsbildforschung war<br />

zäher und unergiebiger als m<strong>an</strong> zunächst <strong>an</strong>genommen hatte und wirkte sich mehr<br />

im Negativen aus.<br />

Historischer Überblick<br />

In China gibt es Beschreibungen vorgeschichtlicher Felsbildkunst, die mehr als tausend<br />

Jahre zurückliegen. Darin werden die in Fels eingravierten Figuren als merkwürdig<br />

bezeichnet, und m<strong>an</strong> misst ihnen magische Kräfte zu. In Europa tauchte <strong>der</strong><br />

erste bek<strong>an</strong>nte Bericht im Jahre 1458 in Sp<strong>an</strong>ien auf. Einer <strong>der</strong> Borgia-Päpste erließ<br />

ein Verbot, Kultzeremonien in einer Höhle mit Pferdedarstellungen abzuhalten.<br />

Berichte über Felszeichnungen in <strong>der</strong> Neuen Welt kamen zuerst von Portugiesen<br />

in Brasilien. Zumeist waren es sp<strong>an</strong>ische Missionare, die die Felsbil<strong>der</strong> oft<br />

als Werke böser Zauberei betrachteten und über den „heidnischen <strong>Zeichen</strong>“ ein<br />

Kreuz einritzten. Das Zeitalter <strong>der</strong> Aufklärung brachte die ersten wissenschaftlichen<br />

Untersuchungen und auch eine große Zahl neuer Fundstellen. Nun wurden<br />

auch verstärkt Versuche gemacht, den Sinn und Zweck dieser Darstellungen zu<br />

deuten.<br />

Im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t, nach <strong>der</strong> Errichtung europäischer Stützpunkte <strong>an</strong> afrik<strong>an</strong>ischen<br />

Küstenabschnitten, kamen erste Berichte über die Felsbil<strong>der</strong> Süd-Afrikas nach Europa.<br />

Im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t beg<strong>an</strong>n mit <strong>der</strong> Kolonialisierung die Zeit <strong>der</strong> Entdeckung<br />

<strong>der</strong> reichen Felsbil<strong>der</strong>welt Nordafrikas und <strong>der</strong> Sahara. Gleichfalls im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

f<strong>an</strong>d in Asien mit <strong>der</strong> Vermessungstätigkeit <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> die Entdeckung zahlreicher<br />

Felsbil<strong>der</strong> in Indien und Pakist<strong>an</strong> statt. Berichte über Felsbil<strong>der</strong> brachten<br />

auch verschiedene Expeditionen im Nahen Osten. Australiens Felsbil<strong>der</strong> wurden<br />

zwar schon im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t mit dem Vordringen <strong>der</strong> meist englischen Forscher<br />

entdeckt, doch erst im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t dokumentiert. Die Inselwelt des Pazifiks<br />

wurde im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t geografisch erforscht, doch auch hier stammen Berichte<br />

über Felsbil<strong>der</strong> erst aus dem 19. Jahrhun<strong>der</strong>t und sind noch immer nicht sehr zahlreich.<br />

Das 20. Jahrhun<strong>der</strong>t brachte weltweites Interesse <strong>an</strong> <strong>der</strong> Erforschung <strong>der</strong> Felsbil<strong>der</strong>welt<br />

und beg<strong>an</strong>n mit <strong>der</strong> Erforschung <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>ko-k<strong>an</strong>tabrischen Höhlen. Inzwischen<br />

wurden auch immer mehr Fundstellen in den Alpen bek<strong>an</strong>nt. Weltweit<br />

werden ständig neue Felsbil<strong>der</strong> entdeckt.<br />

Wo und wie sind Felsbil<strong>der</strong> entst<strong>an</strong>den?<br />

Betrachtet m<strong>an</strong> die Felsbil<strong>der</strong> in ihrer Gesamtheit, so liegt <strong>der</strong> Großteil von ihnen<br />

in Wüsten- o<strong>der</strong> Halbwüstengebieten. Dabei bleibt festzuhalten, dass Gravuren in<br />

nie<strong>der</strong>schlagsreichen Gegenden häufiger erhalten sind, da sie nicht so stark unter<br />

Verwitterung leiden, während sich Malereien eher in Wüstenregionen sowie in<br />

Höhlen, <strong>der</strong>en Klima nicht gestört wurde, befinden. Glatte Felswände o<strong>der</strong> als Abris<br />

bezeichnete Halbhöhlen boten den vorzeitlichen Künstlern günstige Malflächen<br />

und Schutz vor Witterungseinflüssen. Die Wahl des „<strong>Zeichen</strong>felsens“ spielte eine<br />

bedeutende Rolle.Während harte Gesteinsarten bei Gravuren nur flache Punzungen<br />

zuließen, waren weichere, z. B. Tonschiefer o<strong>der</strong> Kalk, für Gravuren und Rit-<br />

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