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Zeichen an der Wand Höhlenmalerei – Felsbilder – Graffiti

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entfernt ist. Dennoch lässt sich eindeutig <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ungscharakter <strong>der</strong> Ritzungen<br />

feststellen, <strong>der</strong> dazu geführt hat, dass <strong>an</strong> ein und denselben Bildstellen immer<br />

wie<strong>der</strong> Neues dazu- o<strong>der</strong> darrübergeritzt wurde.<br />

Die Reste <strong>der</strong> Verewigung, des „Ich-war-hier“ verg<strong>an</strong>gener Jahrhun<strong>der</strong>te, spiegeln<br />

eine für uns meist verloren geg<strong>an</strong>gene Glaubenswelt wi<strong>der</strong>, die es mit unseren bescheidenen<br />

Mitteln zu erforschen gilt. Pilger aus fernen Orten, einheimische Bauern<br />

und Jäger haben sich <strong>der</strong>selben <strong>Zeichen</strong> und Symbole bedient (Abbildung 17).<br />

Diese aus den Grundbedürfnissen des physischen und geistigen Lebens des einfachen<br />

Menschen entst<strong>an</strong>dene Verständigungsform war schlicht und <strong>an</strong>scheinend allgemein<br />

verständlich. Ähnliche Motive zieren auch Bauelemente, Möbel, Hausrat<br />

und Werkzeug in den Gebirgsregionen. So gesehen, finden wir im alpinen Raum immer<br />

wie<strong>der</strong> Parallelen zu unseren Felsritzbil<strong>der</strong>n, die Ansatzpunkte unserer Forschungen<br />

darstellen. Ebenso lassen sich ähnliche Motive im „inoffiziellen“ religiösen<br />

Bereich finden. Beson<strong>der</strong>s in Wallfahrtskirchen k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> Ritzungen auf Fresken,<br />

auf Bildtafeln, auf <strong>der</strong> Rückseite von Altären, auf Kirchenbänken und -mauern<br />

entdecken.Anh<strong>an</strong>d von begleitenden Jahreszahlen ist <strong>der</strong>en massives Einsetzen ab<br />

dem 16./17. Jahrhun<strong>der</strong>t festzustellen.<br />

Typologie <strong>der</strong> Felsritzbil<strong>der</strong><br />

Die häufig <strong>an</strong>zutreffenden „Ausschläge“ auf dem Fels könnten bereits als vereinfachtes<br />

„Ich-war-hier“-<strong>Zeichen</strong> gesehen werden. Aber auch eine verloren wirkende<br />

„Linie“ o<strong>der</strong> ein „Schälchen“ sind wahrscheinlich nicht immer nur aus L<strong>an</strong>geweile<br />

<strong>an</strong>gefertigt worden. Sie besitzen die universalste Symbolik.<br />

„Liniengefüge“ und „geometrische Kombinationen“ bis zu so gen<strong>an</strong>nten „abstrakten<br />

Liniengefügen“, die unterschiedlichste Kombinationen von „Stilelementen“ aufweisen<br />

können, haben bereits komplizierte und ausführliche Interpretationsversuche provoziert.Aber<br />

auch hier ist die Grenze zwischen Spieltrieb und tiefgründiger mystischer<br />

Bedeutung nicht wirklich zu ziehen. „Näpfchen“ finden wir vor allem <strong>an</strong> den Enden<br />

von „Kreuzen“ aber auch auf den Kreuzungspunkten von „Mühlespielen“ und figürlichen<br />

Darstellungen.Wir dürfen diese Näpfchen sehr wahrscheinlich als einfache Verzierungsmuster<br />

betrachten, die als Elemente <strong>der</strong> Volkskunst <strong>an</strong>zusehen sind. „Schalen“<br />

sind meist in Gruppen <strong>an</strong>zutreffen.Auch hier gibt es bereits ein Fülle von Interpretationsversuchen,<br />

die aber kaum zufrieden stellende Lösungen <strong>an</strong>bieten.<br />

Ritzungen sind als „<strong>Zeichen</strong>“ o<strong>der</strong> „Symbole“ zu werten, wenn ihre Codes uns<br />

noch bek<strong>an</strong>nt sind. Hier ist unter vielen <strong>an</strong><strong>der</strong>en Darstellungen das „Mühlebrett“<br />

als Glückssymbol, das „IHS“ (Jesus, Heiligmacher, Seligmacher), die „Raute“ in vielen<br />

Variationen als Sexualsymbol sowie Grenz- und „Hausmarken zu erwähnen<br />

(Abbildung 18). Sakrale Darstellungen wie „Kirchen“, „Pilgerfahnen“ und „Kreuze“<br />

sind ein wesentlicher Best<strong>an</strong>dteil <strong>der</strong> Felsritzbil<strong>der</strong>. Auch politische Symbole aus<br />

dem vorigen Jahrhun<strong>der</strong>t sind bek<strong>an</strong>nt. Zu den figürlichen Darstellungen zählen<br />

Abbil<strong>der</strong> von Menschen,Tieren und Pfl<strong>an</strong>zen sowie von Objekten wie Gebäuden,<br />

Waffen und Arbeitsgeräten.<br />

Einfache <strong>Zeichen</strong> sind zeitlich und räumlich naturgemäß weiter verbreitet als<br />

komplexe Darstellungen, die häufig einzigartig sind. Das Prinzip <strong>der</strong> „ewigen<br />

Wie<strong>der</strong>kehr“ bestimmter Grundformen ist auch für Felsritzbil<strong>der</strong> relev<strong>an</strong>t. Schalen,<br />

K reuzzeichen, Rauten, Quadrate, Kreise und Spiralen finden sich unter den<br />

Felsritzbil<strong>der</strong>n in aller Welt (Abbildung 19).<br />

Denkmalschutz<br />

Viele <strong>der</strong> Felsritzbildstationen wurden unter Denkmalschutz gestellt.Alle bisher in<br />

den Medien bek<strong>an</strong>nt gemachten Felsritzbil<strong>der</strong> wurden von unverständigen Besuchern<br />

o<strong>der</strong> von ungeschulten Forschern durch Nach- und Überritzungen zerstört.<br />

Deshalb werden von <strong>der</strong> ANISA keine genauen Fundort<strong>an</strong>gaben bek<strong>an</strong>nt gegeben.<br />

Heute werden Felsritzbil<strong>der</strong> als das mystische Erbe <strong>der</strong> Menschheit bezeichnet,die<br />

son<strong>der</strong>bare K raftfel<strong>der</strong> aufweisen sollen. Diese Interpretation för<strong>der</strong>t zwar bisweilen<br />

den Tourismus in den einzelnen Regionen, führt aber zur Zerstörung und<br />

den unwie<strong>der</strong>bringlichen Verlust von Felsbil<strong>der</strong>n.<br />

Abb. 19 Wolfg<strong>an</strong>gtal. Bil<strong>der</strong>w<strong>an</strong>d mit verschiedensten <strong>Zeichen</strong> und Symbolen. Gut sichtbar<br />

sind gefel<strong>der</strong>te Quadrate und Rechtecke, ein „Pentagramm“, „Rä<strong>der</strong>“, Schalen und Näpfchen,<br />

ein Sexualsymbol und eine „Leiter“. Rechts unten erkennt m<strong>an</strong> eine stark verwitterte<br />

„Mühle“. Zeitstellung: Mittelalter/Neuzeit. © ANISA<br />

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