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Zeichen an der Wand Höhlenmalerei – Felsbilder – Graffiti

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<strong>Zeichen</strong> und Symbole verg<strong>an</strong>gener Kulturen<br />

Der Mensch wird von Geburt <strong>an</strong> von <strong>Zeichen</strong> begleitet. <strong>Zeichen</strong>, Symbole und<br />

Sprache sind Wesenszüge <strong>der</strong> menschlichen Identität. Sie dokumentieren unsere<br />

Verg<strong>an</strong>genheit, ermöglichen unsere Gegenwart und öffnen den Blick in die Zukunft.<br />

Es ist <strong>an</strong>zunehmen, dass Felsritzbil<strong>der</strong> zumeist <strong>Zeichen</strong> und Symbole wie<strong>der</strong>geben,<br />

auch wenn uns häufig <strong>der</strong> Schlüssel zu <strong>der</strong>en Verständnis fehlt.<br />

Die Bedeutung und Wirkung <strong>der</strong> <strong>Zeichen</strong> und Zeichnungen können sich auf mehreren<br />

Ebenen abspielen. Eine Felsritzung k<strong>an</strong>n <strong>an</strong>gefertigt werden, um Informationen<br />

und Intentionen seines Urhebers <strong>an</strong><strong>der</strong>en Personen mitzuteilen. Dieser tritt<br />

dabei nicht in direkten Kontakt mit dem Betrachter. Der Fels wird zum Medium.<br />

Die Kommunikation kommt aber nur zu St<strong>an</strong>de, wenn ein späterer Betrachter im<br />

Besitz desselben Codes ist und das <strong>Zeichen</strong> entschlüsseln k<strong>an</strong>n. Da die Kommunikation<br />

mittelbar ist, hat <strong>der</strong> Betrachter keine Möglichkeit zu Rückfragen. Beherrscht<br />

<strong>der</strong> Empfänger diesen Code nicht, so ist eine Deutung zw<strong>an</strong>gsläufig fehlerhaft.<br />

Er wird jene ihm bek<strong>an</strong>nten Bedeutungen auf das Felsbild projizieren. <strong>Zeichen</strong><br />

und Zeichnungen können deshalb schweigen, wenn ihr Bedeutungsgehalt<br />

dem Betrachter unbek<strong>an</strong>nt ist. Eine Sprache k<strong>an</strong>n deshalb zwar sichtbar, aber nicht<br />

greifbar und noch weniger richtig deutbar sein, da die kulturellen Filter unserem<br />

Zeitgeist folgen. Damit ist bereits klar vorgezeichnet, dass Lösungen niemals objektiv<br />

sein können und einer hohen Fehler<strong>an</strong>fälligkeit unterliegen.<br />

Das „Kunsth<strong>an</strong>dwerk“ und die später auf Universitäten gelehrte „<strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dte<br />

Kunst“ stammen im Sinne <strong>der</strong> Renaiss<strong>an</strong>ce von ausgebildeten Künstlerpersönlichkeiten,<br />

wogegen die meist <strong>an</strong>onyme, kaum individuell tätige Volkskunst dem H<strong>an</strong>dwerk<br />

zugesprochen wird. Vereinfachend könnte m<strong>an</strong> <strong>der</strong> Volkskunst alle Alltagsgegenstände<br />

zuordnen, die gefällig und schön gestaltet wurden. Das trifft auf verziertes<br />

Werkzeug genauso zu wie auf Spielzeug, Hausbau und Hausrat. H<strong>an</strong>dwerker<br />

wie Hafner,Tischler, Zimmerleute, Schmiede und Maler sind Vermittler dieser<br />

vielfältigen Volkskunst gewesen. Im bäuerlichen Bereich wurden <strong>der</strong>en Techniken<br />

und Motive nachgeahmt.<br />

Volkskunst beginnt nach <strong>der</strong> allgemeinen Lehrmeinung <strong>der</strong> Volkskunde in <strong>der</strong> Zeit<br />

des Barocks. Zweifellos gab es aber auch im Mittelalter Volkskunst. Diese älteren<br />

Objekte sind heute seltener und <strong>der</strong>en Restbestände sind kaum typologisch einzuordnen<br />

(Abbildung 11). Unsere Felsritzbil<strong>der</strong> sind bis auf wenigen Ausnahmen<br />

dem einfachen Volk zuzuschreiben, das selbstverständlich auch Träger <strong>der</strong> Volkskunst<br />

war. Die Felsritzbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> letzten Jahrhun<strong>der</strong>te sollten deshalb auch von <strong>der</strong><br />

Volkskunde, im Sinne einer Wissenschaft vom Leben des Volkes in überlieferten<br />

Ordnungen, erforscht werden.<br />

Der Volkskundler Leopold Schmidt unterscheidet fünf Kategorien <strong>der</strong> <strong>Zeichen</strong><br />

und Sinnbildforschung: „Kreuze in allen nur denkbaren Variationen, Pfl<strong>an</strong>zenmo-<br />

Felsritzbild und Volkskunst<br />

Volkskunst bildete sich in naturnahen Kulturkreisen,<strong>der</strong>en Weltbild regionalen und<br />

lokalen Grenzen unterliegt. Gleiche Lebensbedingungen in verschiedensten Regionen<br />

ermöglichen jedoch eine Kollektivkunst sowie eine Kollektivarchitektur. Sie<br />

erreicht durch Stilisierung eine Bedeutung als <strong>Zeichen</strong> und Symbol. Die Qualität<br />

<strong>der</strong> Kunst ist unwesentlich.Als Volkskunst dürfen wir nicht nur Verzierungen von<br />

Haus, Möbel, Gerät sowie naive Zeichnungen und Figuren <strong>an</strong>sehen, son<strong>der</strong>n auch<br />

mehr o<strong>der</strong> weniger verzierte <strong>Zeichen</strong>, Symbole, Ziffern und Schriftzeichen. Allerdings<br />

sind die Felsritzbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> verg<strong>an</strong>genen Jahrhun<strong>der</strong>te zumeist mit viel mehr<br />

Sorgfalt in den Fels geritzt worden, als dies im letzten Jahrhun<strong>der</strong>t geschah. Rezente<br />

Ritzungen sind im Vergleich dazu meist als liebloses Gekritzel zu bezeichnen,<br />

dem es überdies <strong>an</strong> Vari<strong>an</strong>tenreichtum m<strong>an</strong>gelt. Damit ist ein künstlerischer Anspruch<br />

oft nicht mehr gegeben.<br />

Das Weltbild <strong>der</strong> Hochkultur und das Weltbild des einfachen Volkes entfremdeten<br />

sich mit zunehmen<strong>der</strong> gesellschaftlicher Differenzierung. Bildung und Beherrschung<br />

<strong>der</strong> Schrift vermochten Gegensätze zu schaffen, wie wir sie uns heute kaum<br />

noch vorstellen können. Der „Glaube“ <strong>der</strong> „Hochkultur“ st<strong>an</strong>d dem „Aberglauben“<br />

des „Volkes“ gegenüber.<br />

Abb. 11 Bluntautal. Reiter mit Pferd. Stark verwittert. Die Kleidung des Reiters ist typisch<br />

für das Spätmittelalter. Zeitstellung: Spätmittelalter. © ANISA<br />

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