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Zeichen an der Wand Höhlenmalerei – Felsbilder – Graffiti

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In dieser Gruppe sollen aber die <strong>Zeichen</strong> zusammengefasst werden, die nicht, o<strong>der</strong><br />

doch von uns nicht von konkreten Dingen,Tieren o<strong>der</strong> Menschen, abgeleitet werden<br />

können.<br />

Die einfachsten, fast überall vorkommenden <strong>Zeichen</strong> sind Punkte und Striche.<br />

Rote, seltener schwarze Punkte, die meist mit dem Blasrohr o<strong>der</strong> dem Mund gesprüht<br />

wurden, bedecken m<strong>an</strong>chmal größere Flächen, auf denen sie unterschiedlich,<br />

oft aber strukturiert <strong>–</strong> in einfachen, doppelten o<strong>der</strong> mehrfachen Linienbündeln,<br />

als Punktwolken etc <strong>–</strong> <strong>an</strong>geordnet sind. Nur selten <strong>–</strong> Chauvet, Marsoulas (Ariège)<br />

<strong>–</strong> formen sie dabei eine Tierdarstellung (Abbildung 7). Im Bildfeld <strong>der</strong> Pferde<br />

von Pech Merle (Lot) sind die Punkte jedoch auf die Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Pferde bezogen und<br />

diesen zugeordnet. Hier ist auch ein Bezug zu den H<strong>an</strong>d- und Daumennegativen<br />

vorh<strong>an</strong>den.<br />

Die Striche können doppelt und dreifach sein.Winklig <strong>an</strong>geordnete Striche werden<br />

zu Wi<strong>der</strong>haken und leiten über zu pfeilförmigen <strong>Zeichen</strong>, die in <strong>der</strong> Verg<strong>an</strong>genheit<br />

als Wie<strong>der</strong>gabe von Waffenspitzen im Rahmen <strong>der</strong> Jagdmagie beson<strong>der</strong>s<br />

diskutiert wurden.<br />

Komplexere <strong>Zeichen</strong> haben eine in Raum und Zeit definierte Verbreitung, sind für<br />

die Ordnung <strong>der</strong> Darstellungen und auch für weitergehende Fragen beson<strong>der</strong>s<br />

interess<strong>an</strong>t.<br />

Hierzu gehören die claviformen (beilförmigen) <strong>Zeichen</strong>, die im oberen Teil eine<br />

Verdickung haben; im zweiten Teil des Mittleren Magdalénien, etwa 15-<br />

14 000 v.Chr., finden wir sie in einem breiten Streifen nördlich <strong>der</strong> Pyrenäen und<br />

des k<strong>an</strong>tabrischen Gebirges zwischen <strong>der</strong> Ariège und Asturien. Die aviformen (vogelförmigen)<br />

<strong>Zeichen</strong> gibt es dagegen um 20 000 v.Chr. zwischen <strong>der</strong> Charente (Le<br />

Placard) und dem Lot (Pech Merle, Cougnac). Die tectiformen (hausförmigen) <strong>Zeichen</strong><br />

kommen dagegen um 15 000 v.Chr. im Gebiet von Les Eyzies in <strong>der</strong> Dordogne<br />

(Font de Gaume, Bernifal, Rouffignac) und die wappenförmigen <strong>Zeichen</strong> etwas<br />

früher in Lascaux und Gabillou vor.Trapezförmige <strong>Zeichen</strong> mit seitlichen Fortsätzen<br />

am oberen Ende (Trapeze mit Ohren) finden wir in <strong>der</strong> Kapovahöhle im<br />

Ural, und die komplizierten Leitermuster sind ein Charakteristikum einiger k<strong>an</strong>tabrischer<br />

Höhlen (Altamira, Castillo).<br />

Die deutliche Gruppierung dieser <strong>Zeichen</strong> in Raum und Zeit ließ André Leroi-<br />

Gourh<strong>an</strong> und Michel Lorbl<strong>an</strong>chet überlegen, ob es sich bei diesen Formen vielleicht<br />

um Stammeszeichen h<strong>an</strong>dele.Vielleicht k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> noch etwas weitergehen.<br />

Es scheint sicher, dass die Höhlenbil<strong>der</strong> auch damals von Eingeweihten erklärt<br />

werden mussten. D<strong>an</strong>n ist es auch wahrscheinlich, dass die gen<strong>an</strong>nten komplexeren<br />

<strong>Zeichen</strong> jeweils einen bestimmten Begriff beinhalteten, <strong>der</strong> mit ein und demselben<br />

Wort ausgedrückt wurde. Dies lässt vermuten, dass die durch solche <strong>Zeichen</strong><br />

gekennzeichneten Gruppen auch die gleiche Sprache hatten, also Sprachgruppen<br />

waren.<br />

Die beschriebenen Themen <strong>der</strong> eiszeitlichen Höhlenkunst, die Tiere, Menschen<br />

und Symbole, sind in den Bildfel<strong>der</strong>n <strong>an</strong> den Höhlenwänden gemeinsam dargestellt<br />

und bilden eine Einheit. Oft sind die <strong>Zeichen</strong> den Tierbil<strong>der</strong>n zugeordnet, worauf<br />

beson<strong>der</strong>s André Leroi-Gourh<strong>an</strong> hingewiesen hat. Die Menschen, die Ph<strong>an</strong>tome<br />

und die ph<strong>an</strong>tastischen Wesen sind in den Ablauf <strong>der</strong> Darstellungen integriert.<br />

Wenn m<strong>an</strong> so will sind die Tiere die vermeintlich verständlichste, die natürliche Dimension.<br />

Die verfremdeten Menschen und menschenartigen Wesen könnte m<strong>an</strong><br />

als menschliche Dimension auffassen. Die symbolischen <strong>Zeichen</strong> stünden d<strong>an</strong>n für<br />

eine dritte, ged<strong>an</strong>kliche Dimension.Wichtig ist aber, dass alle diese Komponenten<br />

zusammengehören und eine unauflösbare Einheit bilden.<br />

Abb. 7 Das große Bildfeld <strong>der</strong> roten Punkte aus <strong>der</strong> Höhle Chauvet.<br />

Erstreckt sich über mehrere Meter <strong>an</strong> <strong>der</strong> linken Felsw<strong>an</strong>d. Bemerkenswert ist, dass rote<br />

<strong>Zeichen</strong> im Eing<strong>an</strong>gsbereich <strong>der</strong> Höhle wesentlich zahlreicher und vielfältiger sind als in<br />

hinteren Bereichen. © Je<strong>an</strong>-Marie Chauvet & Éliette Brunel Deschamps & Christi<strong>an</strong> Hillaire<br />

Die Interpretationen<br />

Die eiszeitliche Höhlenkunst ist eine faszinierende Erscheinung und seit den ersten<br />

Entdeckungen in vielfältiger und unterschiedlichster Weise interpretiert worden.<br />

Hier sollen nur drei verbreitete Erklärungsversuche referiert werden.<br />

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