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Zeichen an der Wand Höhlenmalerei – Felsbilder – Graffiti

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Die Themen<br />

An den Wänden <strong>der</strong> Höhlen sind Tiere dargestellt. Dies sind die häufigsten und bek<strong>an</strong>ntesten<br />

Themen. Mit Abst<strong>an</strong>d am häufigsten sind dabei die Pferde und die Wildrin<strong>der</strong><br />

(Wisent und Ur). Weniger zahlreich sind Mammut, Wollnashorn und Ren<br />

o<strong>der</strong>, in Sp<strong>an</strong>ien, Hirsch. Es gibt aber Höhlen, in denen gerade diese Tiere häufig<br />

sind o<strong>der</strong> dominieren: das Mammut in Rouffignac (Dordogne) und den Uralhöhlen,<br />

das Wollnashorn in <strong>der</strong> Grotte Chauvet, das Rentier in Les Combarelles (Dordogne),<br />

<strong>der</strong> Hirsch in Coval<strong>an</strong>as und <strong>an</strong><strong>der</strong>en k<strong>an</strong>tabrischen Höhlen.<br />

An<strong>der</strong>e Tiere <strong>–</strong> Steinbock, Riesenhirsch, Saiga-Antilope <strong>–</strong> kommen nur gelegentlich<br />

und meist nur in bestimmten Regionen und Zeiten vor.<br />

Die Raubtiere sind meist selten. Eine wichtige Ausnahme ist aber die Grotte Chauvet<br />

mit mehr als 70 und meist ph<strong>an</strong>tastischen Löwendarstellungen. Bär,Wolf und<br />

Fuchs sind dagegen überall selten (Abbildung 4).<br />

Zu den Ausnahmen gehören die Bil<strong>der</strong> von Fischen und Vögeln.<br />

Die in den Höhlen wie<strong>der</strong>gegebenen Tiere sind kein Querschnitt durch die damalige<br />

Tierwelt. Dies ist oft herausgestellt worden ; so gibt es etwa in Lascaux unter<br />

den wenigen bek<strong>an</strong>nten Siedlungsabfällen nur Rentierknochen während <strong>an</strong> den<br />

Höhlenwänden Pferde,Auerochsen und Hirsche, nur ein- bis zweimal ein Ren dargestellt<br />

sind. Und es wäre unsinnig, in <strong>der</strong> Umgebung <strong>der</strong> Grotte Chauvet eine solche<br />

Menge Löwen und Nashörner zu vermuten wie in <strong>der</strong> Höhle dargestellt.<br />

M<strong>an</strong> darf aber wohl sagen, dass die dargestellten Tiere bek<strong>an</strong>nt waren, also damals<br />

dort vorkamen. Ihre Auswahl und Anzahl folgt aber <strong>an</strong><strong>der</strong>en Gesichtspunkten und<br />

spiegelt die Rolle und Bedeutung wi<strong>der</strong>, die dieses o<strong>der</strong> jenes Tier in <strong>der</strong> <strong>an</strong> den<br />

Höhlenwänden erzählten Geschichte hatte.<br />

Die Tiere sind naturnah wie<strong>der</strong>gegeben und fast ausnahmslos eindeutig als Pferd,<br />

Wisent, Mammut etc zu erkennen. Doch nur selten h<strong>an</strong>delt es sich wirklich um ein<br />

naturgetreues, quasi fotografisches Porträt <strong>der</strong> Tiere. Oft sind die charakteristischen<br />

Merkmale betont und <strong>an</strong><strong>der</strong>e Attribute schematisch dargestellt o<strong>der</strong> auch<br />

weggelassen. So ist das Mammut oft nur mit seiner typischen Silhouette, gebildet<br />

durch die Rüssel-Kopf-Rückenlinie und die Stoßzähne, gezeichnet worden<br />

Es gibt stilistische Unterschiede in Raum und Zeit, die, abgesichert durch die Bil<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Plakettenkunst aus den Siedlungsschichten, eine chronologische Glie<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Höhlenbil<strong>der</strong> erlauben. So haben <strong>–</strong> als ein Beispiel <strong>–</strong> die Pferdedarstellungen<br />

in <strong>der</strong> Zeit 20 000 <strong>–</strong> 15 000 v.Chr. kleine Köpfe, einen großen Körper und<br />

dünne, meist auch kurze Beine, die in Lascaux in klumpenförmigen Hufen enden.<br />

In <strong>der</strong> Folgezeit (etwa 15 000 <strong>–</strong> 14 000 v.Chr.) sind sie richtig proportioniert und<br />

repräsentieren den schönen Stil. Und in <strong>der</strong> Endphase <strong>der</strong> eiszeitlichen Kunst sind<br />

die Pferde mit vielen <strong>an</strong>atomischen Details und oft in Bewegung wie<strong>der</strong>gegeben.<br />

Eigentlich hat jede Bil<strong>der</strong>höhle ihre stilistischen Beson<strong>der</strong>heiten; dies sollte nicht<br />

überraschen, denn wenn wir die 20 000 Jahre <strong>der</strong> altsteinzeitlichen Kunst durch<br />

die bisher bek<strong>an</strong>nte Zahl <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>höhlen teilen und außerdem das große Gebiet<br />

berücksichtigen, d<strong>an</strong>n ist es rein statistisch sehr unwahrscheinlich, dass auch nur<br />

zwei Höhlen in genau <strong>der</strong> gleichen Zeit o<strong>der</strong> gar von ein und <strong>der</strong>selben Menschengruppe<br />

verziert wurden.<br />

Menschen und menschenartige Wesen sind viel seltener als die Tiere dargestellt<br />

worden. An<strong>der</strong>s als bei den Tieren sind es auch niemals Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> damals lebenden<br />

Menschen son<strong>der</strong>n in dieser o<strong>der</strong> jener Weise verfremdete Wie<strong>der</strong>gaben.<br />

Ohne jeden Zweifel wurden die Menschen <strong>an</strong><strong>der</strong>s dargestellt und spielten eine <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />

Rolle als die Tiere.<br />

Dabei sind die Bil<strong>der</strong> von Frauen ungleich häufiger als die vereinzelten Männer. In<br />

Laussel (Dordogne), La Magdelaine (Tarn) und Angles-sur-l’Anglin (Vienne) gibt es<br />

aus dem Fels gearbeitete Frauenfiguren mit betonten sexuellen Attributen. Am<br />

Ende des Höhleng<strong>an</strong>gs von Gabillou (Dordogne) ist gegenüber von einem Stiermenschen<br />

eine liegende, vielleicht schw<strong>an</strong>gere Frau dargestellt. Eine beson<strong>der</strong>e<br />

und separat zu wertende Gruppe sind die schematischen Frauenfiguren ohne Kopf<br />

und ohne Füße vom Typ Gönnersdorf, die in <strong>der</strong> Endphase <strong>der</strong> eiszeitlichen Kunst<br />

in einigen engen Höhlengängen wie<strong>der</strong>gegeben sind.<br />

Häufiger wurden die Frauen auf sexuelle Symbole reduziert. Schamdreiecke, oft<br />

mit Vulvenspalte, kommen in vielen Bil<strong>der</strong>höhlen unterschiedlicher Zeitstellung<br />

vor. Seltener sind Vulven o<strong>der</strong> Brüste.<br />

Die wenigen Männerbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Höhlenkunst könnte m<strong>an</strong> einzeln beschreiben.Am<br />

bek<strong>an</strong>ntesten ist die männliche Figur mit vogelartigem Kopf in <strong>der</strong> Schachtszene<br />

von Lascaux.Auch die Männer sind mehrfach durch ihre sexuellen Symbole <strong>–</strong> Phallusdarstellungen,<br />

oft unter Ausnutzung entsprechen<strong>der</strong> Vorsprünge <strong>an</strong> den Höhlenwänden<br />

<strong>–</strong> vertreten.<br />

Geschlechtsneutral sind die in <strong>der</strong> älteren Phase <strong>der</strong> Höhlenkunst häufigen H<strong>an</strong>ddarstellungen.<br />

Meist sind es negative Hände, für <strong>der</strong>en Darstellung die Hände auf<br />

die Felsw<strong>an</strong>d gelegt und mit Farbe übersprüht wurden. Nach Form und Größe sind<br />

es die Hände von Männern, Frauen und Kin<strong>der</strong>n.<br />

M<strong>an</strong>chmal <strong>–</strong> in Gargas (Hautes- Pyrénées) und Pech Merle (Lot) <strong>–</strong> wurde auch nur<br />

<strong>der</strong> umgeknickte Daumen mit Farbe übersprüht. Diese hakenförmige Daumennegative<br />

sollen <strong>an</strong>geblich von Frauenhänden stammen, da nur Frauen den Daumen so<br />

biegen könnten.<br />

Positive Hände, bei denen die eingefärbte H<strong>an</strong>dfläche auf dem Fels abgedrückt<br />

wurde, sind viel seltener. In <strong>der</strong> Grotte Chauvet gibt es darüber hinaus auch Abdrücke<br />

von H<strong>an</strong>dballen, die auf den ersten Blick wie große Punkte aussehen.<br />

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