P.T. MAGAZIN 03/2009
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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5. Jahrgang Ausgabe 3 l <strong>2009</strong> ISSN 1860-501x l 3,oo Euro www.pt-magazin.de<br />
für Wirtschaft, Politik und Kultur<br />
Offizielles Magazin des Wettbewerbs „Großer Preis des Mittelstandes“<br />
Mittelstandspreis<br />
Neue Qualität<br />
im Jubiläumsjahr<br />
Finanzkrise<br />
Alternativplan<br />
gegen Spekulanten<br />
Heldentat<br />
Souverän<br />
wie Sully<br />
Wahnsinnsrallye<br />
Im Trabi<br />
nach Bamako
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 1/2008
Editorial 3<br />
Planmäßige Demontage<br />
des Scheiterns endgültig den Traum<br />
der eigenen Selbstständigkeit beendet<br />
haben?<br />
Das sind nun auch Menschen, die auf<br />
einen Arbeitsplatz warten, den ihnen<br />
„jemand“ zur Verfügung stellen und<br />
finanzieren soll. Menschen, die selbst<br />
keinen Arbeitsplatz für andere schaffen<br />
werden, obwohl sie zur seltenen,<br />
risikofreudigen und opferbereiten<br />
Spezies der Unternehmer (im Unterschied<br />
zu Unterlassern) gehören<br />
könnten?<br />
In den Jahren 2002 bis 2008 gab<br />
es 245 543 Firmeninsolvenzen, aber<br />
sogar 20mal mehr Gewerbeabmeldungen:<br />
4 836 298! Nur 20 Prozent<br />
davon sind Umzüge oder Übergaben.<br />
Vier Millionen Gewerbe wurden endgültig<br />
aufgegeben. Das ist ein Aderlass,<br />
den keine Existenzgründungsinitiative<br />
kompensieren kann. Das<br />
ist Mittelstands-Ausdünnung. Das<br />
schränkt die Märkte und die Beschäftigungszahlen<br />
ein, beschränkt die<br />
möglichen Innovationsvernetzungen,<br />
behindert einen selbsttragenden,<br />
breiten, Wohlstand schaffenden<br />
Wettbewerb.<br />
Nun könnte man einwenden, dass<br />
diese Sicht nur die eine Seite der<br />
Medaille darstellt. Schließlich gab es<br />
insgesamt in diesem Zeitraum auch<br />
5 953 349 Gewerbeanmeldungen, im<br />
Saldo des Jahres 2008 also 1 117 051<br />
mehr angemeldete Gewerbe als<br />
2002. Das ist doch ein Riesenerfolg,<br />
oder nicht? Doppelt so viele Neugründungen,<br />
wie Angela Merkel vom<br />
damaligen Bundeskanzler Gerhard<br />
Schröder forderte, als sie selbst noch<br />
Oppositionsführerin war!<br />
Dass bis 2008 doppelt so viele Unternehmen<br />
entstanden wie im Jahr<br />
2000 gefordert, schlägt sich natürlich<br />
auch positiv in der bisherigen<br />
Arbeitslosenstatistik nieder. Aber<br />
warum scheiterte in wenigen Jahren<br />
vier Millionen Mal der Versuch,<br />
unternehmerisch auf die Beine zu<br />
kommen? Wie viel Mut und Engagement<br />
ist erstickt worden, weil<br />
Freunde, Nachbarn, Bekannte der<br />
Betroffenen nach dem Miterleben<br />
Dass sich unsere Gesellschaft nach<br />
wie vor diesen Verschleiß leistet, hat<br />
nichts mit der Globalisierung zu tun.<br />
Es sind einzig und allein die deutschen<br />
Rahmenbedingungen. Nur<br />
die Besten stehen dauerhaft einen<br />
Zweifrontenkrieg im internationalen<br />
Wettbewerb einerseits und im<br />
eigenen Land andererseits durch. In<br />
einem Land, dessen Meinungsführer<br />
sich gerade im Zeichen eines „Manager-Versagens“<br />
im Finanzmarkt noch<br />
immer lieber auf die Zunge beißen<br />
als das von Merkel vor neun Jahren<br />
geforderte „Bekenntnis zum Unternehmer“<br />
zu abzulegen.<br />
Solange die nationalen Staaten die<br />
Scheingewinne des globalen Finanzmonopolys<br />
mit 30 bis 50 Prozent<br />
Ertragssteuer belegen konnten,<br />
wurde jede Regulierung vermieden,<br />
obwohl gesunder Menschenverstand<br />
das Fiasko seit Jahren kommen sah.<br />
Nun fährt man flugs in den anderen<br />
Straßengraben und versteift sich auf<br />
die kollektive Illusion, mit staatlichen<br />
Eingriffen nicht nur die globalen<br />
Finanzmärkte, sondern die Dynamik<br />
eines millionenfach vernetzten Wirtschaftssystems<br />
als Ganzes effizient<br />
steuern zu wollen.<br />
Das aber ist alles andere als eine<br />
Patentlösung. Es ist eine planmäßige<br />
Demontage der Marktwirtschaft. Sie<br />
wird weiteres unternehmerisches<br />
Scheitern, höhere Arbeitslosigkeit,<br />
weitere Wohlstands-, Freiheits- und<br />
Demokratieeinbußen bewirken.<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
4<br />
Inhalt<br />
Politik<br />
Wirtschaft<br />
Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
6 Wenn der Teufel die<br />
Hölle ausmistet<br />
Alternativplan gegen die<br />
Finanzkrise<br />
10 EU: Staat oder Zweckverband?<br />
Zerbrechliches Europa<br />
16 Im Leben Bruchpilot oder Held?<br />
Die Geheimnisse der Souveränität<br />
27 CRM-Software besser mieten<br />
SaaS schont Liquidität von<br />
Unternehmen<br />
32 Neue Qualität im Jubiläumsjahr<br />
2. Wettbewerbsstufe<br />
„Großer Preis des Mittelstandes“<br />
34 Fahrplan…<br />
…zum „Großen Preis des<br />
Mittelstandes“<br />
14 VWL-Mechaniker im<br />
Machbarkeitswahn<br />
Präzise Wirtschaftswissenschaft<br />
ist Illusion<br />
38 Die Legende von Peak Oil<br />
Warum das Erdöl nicht alle wird<br />
48 Wege aus der Energiekostenfalle<br />
Systemlösungen helfen Sparen<br />
35 Balleinladung<br />
…für die Auszeichnungsveranstaltungen<br />
der<br />
Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
(Cover-Foto: BP)<br />
EU: Staat oder<br />
Zweckverband?<br />
Im Leben Bruchpilot<br />
oder Held?<br />
Neue Qualität im<br />
Jubiläumsjahr<br />
(Foto: Wikipedia/Public Domain/JLogan)<br />
■ Die EU bildet einen neuen Staatstyp,<br />
der als Mehrebenensystem<br />
bezeichnet werden kann. Kontrollieren<br />
die nationalen Parlamente das<br />
Europa-Parlament oder umgekehrt?<br />
Paul Kirchof hat zum grundsätzlichen<br />
Prinzip der Subsidiarität<br />
Bedenkenswertes gesagt, und auch<br />
Peter Gauweiler ist beunruhigt.<br />
Der CSU-Abgeordnete hatte als<br />
Erster eine Verfassungsbeschwerde<br />
gegen den Vertrag von Lissabon<br />
angestrengt, über die die Karlsruher<br />
Richter im Juni entscheiden wollen.<br />
Auch in Irland und Tschechien ist<br />
noch nicht das letzte Wort gesprochen.<br />
Seiten 10-12<br />
■ New York, 15. Januar <strong>2009</strong>: Wenige<br />
Minuten nach dem Start des US-Airways-Fluges<br />
1549 melden die Piloten<br />
des Airbus A 320 einen Vogeleinschlag.<br />
Beide Triebwerke fallen aus.<br />
Kurz danach die spektakuläre Notwasserung<br />
auf dem Hudson River.<br />
Was 155 Passagieren das Leben rettete<br />
und als eines der schwierigsten<br />
Manöver in der Luftfahrt gilt, gelang<br />
dank eines Mannes: Chesley Sullenberger.<br />
Ob man im Leben Bruchpilot<br />
oder Held ist, ist eine Frage der Souveränität.<br />
Mayday! Wie oft senden<br />
wir innerlich dieses Notrufsignal<br />
aus? Wie sicher sind Sie selbst in<br />
Krisensituationen – persönlich und<br />
im Beruf?<br />
Seiten 16-17<br />
(Foto: Wikimedia Commons/Ingrid Taylar/CC)<br />
■ Für den 15. Wettbewerb um den<br />
„Großen Preis des Mittelstandes“<br />
<strong>2009</strong> wurden 3 366 Unternehmen<br />
und Persönlichkeiten von mehr als<br />
1 400 Kommunen, Institutionen,<br />
Kammern und Verbänden in den<br />
16 Bundesländern nominiert. Das<br />
ist auf beiden Seiten eine beachtliche<br />
Steigerung gegenüber dem Vorjahr.<br />
Nach Vorliegen der Erhebungsunterlagen<br />
und einem folgenden<br />
Grobcheck der Antworten auf die<br />
57 Juryfragen setzt sich die positive<br />
Gesamtentwicklung des Wettbewerbs<br />
fort: Bundesweit haben 1 028<br />
Unternehmen die 2. Wettbewerbsstufe,<br />
die sog. Juryliste, erreicht.<br />
Seite 32<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Inhalt 5<br />
Regionalia<br />
Kultur I Lifestyle<br />
50 Land unter?<br />
Regional-Special<br />
Norddeutschland<br />
(P.T.-Montage, Fotos: © Gerd Altmann,<br />
Moritz Apfelbaum/PIXELIO))<br />
60 AMI – eine Messenachlese…<br />
…von dem, was vor uns liegt<br />
62 Im Trabi von Budapest<br />
nach Bamako<br />
D-ROLF berichtet von seiner<br />
härtesten Rallye<br />
66 Leserbriefe / Impressum<br />
Die Legende<br />
von Peak Oil<br />
Im Trabi<br />
nach Bamako<br />
■ Während in der veröffentlichten<br />
Meinung seit Jahrzehnten das Erdöl<br />
alle wird, erschließen Konzerne<br />
weltweit neue Felder. Das weckt<br />
nicht nur Zweifel an der Peak-Oil-<br />
Theorie, sondern auch an der ihr<br />
zugrundeliegenden Hypothese der<br />
fossilen Herkunft des Erdöls. Schon<br />
Ende der 1940er kamen sowjetische<br />
Wissenschaftler zu einer ganz<br />
anderen Erkenntnis: Der Treibstoff<br />
der Weltwirtschaft entsteht tief<br />
im Erdinneren – und nicht aus<br />
Fossilien! Doch obwohl jüngste<br />
Forschungen diese „abiotische“<br />
Theorie stützen, ist sie der<br />
„westlichen“ Öffentlichkeit nahezu<br />
unbekannt.<br />
Seiten 38-43<br />
(Foto: BP)<br />
(Foto: Margrit Krüger)<br />
■ Marketing-Guerillero D-ROLF<br />
berichtet von seiner härtesten<br />
Rallye: „Über 250 Fahrzeuge gingen<br />
im Januar <strong>2009</strong> in der ungarischen<br />
Hauptstadt an den Start. Das D-ROLF-<br />
Team bestand aus zwei Trabis…<br />
Bei der Highway-Jagd fraß sich ein<br />
Motor fest, den wir bei Barcelona<br />
in drei Stunden wechselten. Bis<br />
Tanger war es immer eisig kalt, und<br />
wir verloren den Kontakt zum Feld.<br />
Bei El Ajun gerieten wir in eine<br />
gemeine könglich-marokkanische<br />
Radarfalle. Später machte uns ein<br />
Sandsturm Sorgen...Immer wieder ist<br />
es problematisch, Kraftstoff, Öl und<br />
Trinkwasser zu bekommen…“<br />
Seiten 62-63<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
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206<br />
September I Oktober<br />
Politik Regional<br />
Wenn der Teufel die<br />
Hölle ausmistet<br />
(Foto: © LucB7/PIXELIO)<br />
Ein Alternativplan gegen die Finanzkrise<br />
Es wird oft von einer Ähnlichkeit<br />
der aktuellen Krise mit der Weltwirtschaftskrise<br />
von 1929 gesprochen.<br />
Dem kann man näher treten,<br />
wenn man weiß, was man vergleichen<br />
kann und was nicht. Betrachtet<br />
man die bekannte Vorgeschichte<br />
von 1929 mit der von 2008, scheint<br />
es wenig Gemeinsamkeiten zu<br />
geben. Das täuscht jedoch, wie sich<br />
bei einem genaueren Blick hinter die<br />
Kulissen ergibt.<br />
Logik der Beuteökonomie<br />
Bereits 1914 war die Welt global und<br />
verflochten. Alle Herrscherhäuser<br />
Europas waren miteinander verwandt,<br />
ebenso die großen Bankhäuser<br />
und Konzerne fast dynastisch<br />
global verflochten. Die Ökonomien<br />
der herrschenden Länder England,<br />
Deutschland, Frankreich, USA usw.<br />
basierten auf Landwirtschaft, Industrie,<br />
Dienstleistungen und der Ausbeutung<br />
der Kolonien. Es gab Investmentbanking/Konsortialgeschäft,<br />
Spekulationsblasen, Börsenkrisen<br />
und die Entwicklung von Instrumenten<br />
der Staaten zur Regulierung<br />
von Geldmengen.<br />
Die Logik der Kolonien und der<br />
vergangenen Eroberungskriege entsprach<br />
einer Beuteökonomie. Man<br />
konnte Löhne und Preise im eigenen<br />
Herrschaftskreis beliebig bestimmen.<br />
Militär war erforderlich, um<br />
diesen ökonomischen Faktor zu<br />
realisieren. Mit der Zivilisierung<br />
überwog nach und nach eine Kontraktökonomie<br />
mit einem mehr oder<br />
minder gleichberechtigten Aushandeln<br />
von Verträgen.<br />
1914 war man aber noch nicht<br />
so weit und finanzierte z. B. in<br />
Deutschland den Krieg mit Kriegsanleihen,<br />
zurückzuzahlen mit Zins<br />
und Zinseszins durch den Besiegten.<br />
40 Mrd. Goldmark hoffte man von<br />
den künftig besiegten Franzosen zu<br />
erhalten.<br />
Von den Füßen auf den Kopf<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg forderten<br />
die siegreichen Alliierten von<br />
Deutschland in Versailles über 120<br />
Mrd. Goldmark Reparationen. Eine<br />
irre Summe, wenn man bedenkt,<br />
dass ein Reichshaushalt in Weimar<br />
z. B. 7,5 Mrd. Reichsmark Ausgaben<br />
pro Jahr aufwies. Die Politik blieb<br />
also in dieser Logik der Beuteökonomie<br />
verfangen, obwohl spätestens<br />
seit Karl Marx bekannt war, dass<br />
Kanonen keinen Mehrwert schaffen,<br />
sondern nur produktive Produkte,<br />
z. B. Maschinen.<br />
Diese industrielle und realwirtschaftliche<br />
Produktivität war der<br />
des Bauern, erst recht des Waldbauern,<br />
der Generationen warten muss,<br />
bis eine 100 Jahre alte Buche oder<br />
Eiche bestes Holz abgibt, überlegen.<br />
Leider operieren heutige Volkswirtschaftler<br />
lieber mit dem Begriff<br />
Kaufkraft und stellen die Ökonomie<br />
damit von den Füßen auf den Kopf.<br />
Denn Kaufkraft ist artifiziell herzustellen<br />
und besagt nichts über die<br />
Produktivität. In der Finanzbranche<br />
war früh bekannt, dass man mit<br />
Börsenspekulationen noch viel<br />
schneller Geld verdienen konnte.<br />
Reichsbankpräsident Hjalmar<br />
Schacht ließ 1927 eine überwiegend<br />
kreditfinanzierte deutsche<br />
Börsenhausse platzen, indem er<br />
den Banken ankündigte, die Reichsbank<br />
würde sie nicht stützen,<br />
wenn die Spekulationsblase platzt<br />
und die Banken ihre Kredite zur<br />
Aktienspekulation nicht schnell<br />
zurückbekämen, d. h., ihre Refinanzierungsschulden<br />
im Ausland nicht<br />
ausgleichen könnten.<br />
Verstaatlichung: Modell Weimar<br />
Als Schacht dies tat und sich eine<br />
Anlegerin bei ihm beschwerte, sie<br />
habe ihre kreditfinanzierten Aktien<br />
mit Verlust verkaufen müssen,<br />
zitierte er auf deutsch einen Spruch<br />
der amerikanischen Börse: „Wer<br />
verkauft, was nicht sein eigen, muss<br />
zahlen oder ins Kittchen steigen.“<br />
Die heutigen Leerverkäufer der Wall<br />
Street kannten diesen Spruch wohl<br />
auch nicht mehr.<br />
Schacht geißelte die Banken öffentlich<br />
für ihren Mangel an Verantwortungsgefühl.<br />
Ohne Erfolg: 1931<br />
hatten sich die vier Großbanken im<br />
Deutschen Reich mit faulen Krediten<br />
und Spekulationsgeschäften so<br />
übernommen, dass die Danat-Bank<br />
mit der Dresdner Bank zwangsfusioniert<br />
werden musste, die Dresdner<br />
Bank zu 90 und die Commerzbank<br />
zu 70 sowie die Deutsche Bank zu<br />
30 Prozent verstaatlicht wurden.<br />
Mit sehr hohen direkten Stützungszahlungen<br />
wurde die Insolvenz der<br />
Bankhäuser vermieden.<br />
Die heutige Agenda kopiert die damaligen<br />
Maßnahmen weitgehend, mit<br />
vier Ausnahmen (s. Kasten Seite 7),<br />
die die Souveränität des amtlichen<br />
Handelns in Frage stellen.<br />
Spekulationsgeschäfte damals<br />
und heute<br />
Heute wird die Geldmenge ausgeweitet,<br />
die Fehlallokation nicht in<br />
Frage gestellt, sondern beibehalten<br />
und mit frischem, meist virtuellem<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Politik 7<br />
„Langfristig gesehen sind wir alle tot.“<br />
Nach der Devise von John Maynard<br />
Keynes (1883-1946, Bildmitte) handelt<br />
auch die jetzige Bundesregierung: Mit<br />
der nur kurzfristig wirksamen Abwrackprämie<br />
wird die notwendige Neustrukturierung<br />
des Automobilmarktes auf<br />
Kosten des Steuerzahlers hinausgezögert.<br />
(Foto: Wikimedia Commons/NPG London)<br />
Geld versorgt. Unternehmen, gerade<br />
Banken, bleiben auch in eigentlich<br />
konkurrenzunfähigem Zustand<br />
stabil.<br />
Der Crash wird aus Angst vor den<br />
Reaktionen auf Unpopuläres verschoben,<br />
indem man die Voraussetzungen<br />
der Insolvenz künstlich,<br />
auch durch Änderung der Bilanzierungsgesetze,<br />
beseitigt. Daher bleibt<br />
auch die Intransparenz der Bankenbilanzen<br />
etc. bestehen, ebenso wie<br />
die jeweilige Führung. Der Markt<br />
kann so kein Vertrauen fassen.<br />
Mit den Arbeitsbeschaffungsprogrammen<br />
in Weimar war man seit<br />
1932 auf einer Linie mit Franklin D.<br />
Roosevelts New Deal und den staatsgetriebenen<br />
Konjunkturprogrammen<br />
von John Maynard Keynes. In<br />
beiden Fällen basierte die Finanzierung<br />
auf virtuellem Geld, gleichsam<br />
Wechsel auf die erhofft bessere<br />
Zukunft. Die Programme sind damit<br />
auch eher als Spekulationsgeschäfte<br />
denn als realwirtschaftliche Re <br />
strukturierungsmaßnahmen zu<br />
verstehen.<br />
Hätten die USA den Zweiten Weltkrieg<br />
nicht geführt und gewonnen<br />
und über die globale ökonomische<br />
Eroberung Europas und Asiens neue<br />
Märkte für ihre Wirtschaft geschaffen,<br />
im Sinne klassischer Beuteökonomie,<br />
aber im Kleid der Kontraktökonomie,<br />
darf bezweifelt werden,<br />
ob der New Deal Erfolg gehabt hätte.<br />
Japans Kampf gegen die Rezession<br />
der 1990er Jahre mit Billionen an<br />
Staatsgeldern ging jedenfalls gründlich<br />
schief. Seit Beginn 1992 hat sich<br />
Japan mit 130 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts<br />
(BIP) verschuldet.<br />
Ein Ende ist nicht abzusehen.<br />
Die neue Krise<br />
Führende Investmentbanker<br />
bezeichneten sich als „master of<br />
the universe“, und das war nicht<br />
ironisch gemeint. Über die Finanzinstrumente,<br />
die man nach und<br />
nach entwickelte (1969 wurde der<br />
erste HedgeFonds, im Februar 1970<br />
die ersten Asset backed securities<br />
aufgelegt), war man in der Lage,<br />
über das Finanzsystem Ökonomien<br />
ohne Panzer zu erobern.<br />
Mit einem Dollar Eigenkapital<br />
bekam man zehn Dollar Kredit,<br />
und über eine Optionskonstruktion<br />
übte man den 100fachen Hebel<br />
aus. Wer so über eine Milliarde verfügte,<br />
konnte eine Billion bewegen.<br />
Noch mehr über weitere Tricks wie<br />
Stimmrechtskäufe etc. Kein Aktienund<br />
kein Devisenkurs ist so mehr<br />
sicher. Es gibt keine Währung und<br />
kein Unternehmen mehr, das nicht<br />
latent bedroht wäre.<br />
Diese Chancen, in einem eigentlich<br />
dienenden Segment der Ökonomie,<br />
der Finanzwirtschaft, sehr schnelles<br />
Geld zu machen, ließ realwirtschaftliche<br />
Strategien als immer unattraktiver<br />
erscheinen. Die Bank oder der<br />
Unternehmer mit realwirtschaftlich<br />
basierter Eigenkapitalrendite<br />
Vier Ausnahmen<br />
Die heutige Bankenpolitik im Vergleich zur Weimarer Krise:<br />
erschienen als so antiquiert wie<br />
früher der Waldbauer. Der jahrzehntelange<br />
Trend zu einer gigantischen<br />
Fehlallokation entstand. Jede ökonomische<br />
Bodenhaftung ging verloren.<br />
Geld ohne Gegenwert<br />
Solange das Finanzsystem die<br />
Geldmengen an sich zog, für Billionenkredite<br />
und Billionenderivate,<br />
war die Realwirtschaft nicht in der<br />
Verlegenheit, für dieses finanzimperialistische<br />
Spielkasino zur Kasse<br />
gebeten zu werden. Ausnahme: Man<br />
war Opfer der Spekulationswellen,<br />
wie die Tigerstaaten in der Asienkrise<br />
1997 oder zuletzt Island in der<br />
Finanzkrise.<br />
Realwirtschaftlich erschufen die<br />
neuen Armeen keinerlei Mehrwert,<br />
reiche Investmentbanker mit vielen<br />
Sportwagen und Immobilien<br />
nährten die Realwirtschaft wenig.<br />
Im Prinzip fand eine globale Scheckoder<br />
Wechselreiterei statt, die wie<br />
jedes Schneeballsystem irgendwann<br />
ihr Ende finden musste.<br />
Wie eine Ware, die hundertmal zum<br />
selben Preis verkauft wird (Kettengeschäft)<br />
keine neuen Werte schafft,<br />
sondern nur einmal existiert, gibt<br />
es auch den Basiswert der diversen<br />
1.) Das Verbot von Spekulationsgeschäften und ihrer Finanzierung wird nicht übernommen.<br />
Es gibt keine Begrenzung der Kreditvergabe auf die Realwirtschaft.<br />
2.) Es wird keine Golddiskontbank gegründet, die im Interbankenverkehr Forderungen<br />
rediskontiert und damit absichert. Stattdessen wird Steuerzahlers Geld in den Kreislauf<br />
gepumpt.<br />
3.) Es wird keine umfassende Betriebsprüfung der betroffenen Banken vorgenommen, bevor<br />
man Staatsgelder investiert.<br />
4.) Man dringt nicht auf Ablösung derjenigen, die die Fehler produziert haben, sondern verlangt,<br />
bildlich gesprochen, „vom Teufel, dass er die Hölle ausmistet“.<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
208<br />
September I Oktober<br />
Politik Regional<br />
(Foto: Wikimedia Commons/Bundesarchiv)<br />
Hjalmar Schacht (1877-1970), von 1923 bis 1930 und 1933 bis 1939 Reichsbankpräsident<br />
neuen Derivate und Zertifikate nur<br />
einmal. Blieben die Geschäfte innerhalb<br />
der Kette, wäre dies für andere<br />
Waren und andere Marktteilnehmer<br />
unerheblich. Durch das Einlagenund<br />
Kreditgeschäft der Realwirtschaft<br />
verknüpft das Universalbankensystem<br />
aber beide Kreisläufe zur<br />
Finanzwirtschaft.<br />
Die Vernetzung führt also zu dem<br />
Problem von Handel ohne echte<br />
Gegenleistung, synallagmatisch<br />
verknüpft mit Warenhandel, der nur<br />
über existente Gegenleistung funktioniert:<br />
Der Sparer will seine Einlage<br />
zurück, der Arbeiter will seinen Lohn<br />
usw.<br />
Das Absurde der heutigen Situation<br />
ist, dass überall gewaltige Summen<br />
auf ihre Anlagechance warten,<br />
eigentlich gar keine Kredite mehr<br />
nötig wären, würde das vorhandene<br />
Geld realwirtschaftlich investiert,<br />
dass aber die Umfeldbedingungen<br />
dieses Kapital nicht freigeben und<br />
die Kredite für neue Gelddruckmechanismen<br />
ohne Gegenwert missbraucht<br />
werden.<br />
600 virtuelle Billionen<br />
Wie Kaufkraft in die Realwirtschaft<br />
geleitet werden kann, zeigt exemplarisch<br />
die Abwrackprämie zur Stützung<br />
der Autoindustrie, ein „Erfolg“,<br />
weil der Anreiz Eigenmittel der Käufer<br />
aktiviert. Wie Kaufkraft zwar in<br />
die Realwirtschaft, aber fehlgeleitet<br />
werden kann, zeigt die Schuldenrepublik<br />
USA, wo man mit bereitwilliger<br />
Kreditvergabe die Arbeitskraft<br />
der vermögenslosen Kreditnehmer<br />
als letzte Ressource (Versprechen,<br />
künftiges Vermögen qua Eigenleistung<br />
zu bilden) aktivierte und jetzt<br />
zugleich mit Rekordstaatsverschuldung<br />
und Rekord-pro Kopf-Verschuldung<br />
zu kämpfen hat. Die USA, die<br />
BRD und andere Staaten mutieren<br />
zugleich bedenklich zu überwiegend<br />
von politischem Wollen und damit<br />
ökonomischer Unvernunft determinierten<br />
Ökonomien. Statt die Marktteilnehmer<br />
und Akteure mit einem<br />
„Währungsschnitt“ in ihrem Teilsegment<br />
(auf das neu gedruckte Geld<br />
der Derivate etc.) angemessen auf die<br />
Ursprungsforderung und Deckung<br />
zu reduzieren, werden bisher alle<br />
zur Kasse gebeten. Man tut damit<br />
so, als seien die Volkswirtschaften in<br />
der Lage, die durch Zertifikate aufgeschichteten<br />
Volumina durch Gegenwert<br />
zu unterlegen.<br />
Dabei wird durch die Volumina die<br />
vertretbare Geldmenge bereits weit<br />
überschritten: 600 Bio. Dollar Derivate<br />
stehen einer Weltwirtschaftsleistung<br />
von 90 Bio. Dollar gegenüber.<br />
Sinnvoller wäre ein Maßnahmenpaket<br />
mit folgenden Grundzügen:<br />
Transparenz- statt Insolvenzstrafrecht<br />
Man kann es sich nicht leisten, weitere<br />
Unternehmen der Realwirtschaft<br />
zu zerschlagen. Der strafbewehrte<br />
Zwang, bei Zahlungsunfähigkeit und/<br />
oder Überschuldung ein Unternehmen<br />
aufzugeben und durch Anwälte<br />
abwickeln zu lassen (Insolvenzordnung),<br />
ist überholt. Der beabsichtigte<br />
Gläubigerschutz bei Kapitalgesellschaften<br />
(AG und GmbH) wird durch<br />
die Zerschlagung wirtschaftlicher<br />
Werte ins Gegenteil verkehrt.<br />
Wer die Insolvenzmechanik überlisten<br />
will, muss in den Bilanzen lügen.<br />
Umgekehrt ist mit zwei bzw. drei<br />
Jahren Höchststrafe für Bilanzvergehen<br />
dem Geschäftsverkehr nicht<br />
geholfen. Es gibt keine echte Strafe<br />
für Intransparenz und Lügen im Business.<br />
Besser wäre ein scharfes Transparenzstrafrecht,<br />
das mit zehn Jahren<br />
Höchststrafe zu maximaler Offenheit<br />
und Publizität mahnt, während ein<br />
entschärfter Insolvenzautomatismus<br />
es den Wirtschaftssubjekten überlässt,<br />
weiter Geschäfte zu machen.<br />
Chapter Eleven auch bei uns<br />
Ein Teil der Effizienz der Maßnahmen<br />
von Schacht ergab sich aus den<br />
kurzen Kündigungsfristen, die es<br />
vermieden, begrenztes Kapital langzeitig<br />
unproduktiv in Lohnfortzahlung<br />
zu binden. Man muss den nach<br />
heutigem Recht insolventen Unternehmen<br />
daher auch die Möglichkeit<br />
der Fortführung unter Suspendierung<br />
aller unproduktiver Faktoren<br />
eröffnen:<br />
Anpassung des Kündigungsschutzes,<br />
Sicherung der zur Fortführung<br />
nötigen Maschinen etc. gegen Vollstreckungsmaßnahmen,<br />
Kapitalentnahmeverbot<br />
für den Inhaber usw.,<br />
d. h, „Warteregeln“ im Interesse der<br />
Fortführung.<br />
Zwei Arten von Banken<br />
Die Infizierung der Realwirtschaft mit<br />
den Problemen der Gelddruckmechanismen<br />
der Finanzwirtschaft erfolgte<br />
über das Universalbankenmodell:<br />
jede Sparkasse als Global Player, die<br />
Finanzierung von Spekulanten und<br />
Realwirtschaft in einem Haus. Dieses<br />
Modell ist fundamental durch ein<br />
Zweibankenmodell zu lösen:<br />
Zwei Typen Bank sind also künftig<br />
als Ersatz der Universalbanken aufzustellen,<br />
die vorhandenen Unternehmen<br />
entsprechend aufzuspalten:<br />
Die Sicherung des Geldkreislaufs und<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Politik 9<br />
Anscheinend wollen die Deutschen<br />
den Sozialismus (zurück-)haben:<br />
Eine klare Mehrheit der Befragten will<br />
staatliche Geschenke für alle – bei gleichzeitigen<br />
Steuersenkungen. Das bedeutet<br />
noch mehr Schulden. Wo das endet?<br />
Siehe DDR.<br />
der Kredite für realwirtschaftliche<br />
Vorhaben (Hausbau, Autokauf etc.),<br />
d.h., die wirtschaftliche Versorgung<br />
von „Nichtvollkaufleuten“ (Privatpersonen,<br />
Kleinbetriebe, Selbstständige,<br />
Kleingewerbetreibende…) und der<br />
produktiven Realwirtschaft ist Aufgabe<br />
der einen Sorte Bank.<br />
Die Versorgung von Unternehmen<br />
und „Großkaufleuten“ im klassischen<br />
Investmentbanking ist die Aufgabe<br />
der anderen Sorte. Verboten sind in<br />
beiden Varianten Kreditvergaben<br />
für Spekulationsgeschäfte (Aktien,<br />
Devisen, Warenterminkontrakte,<br />
Optionen usw.) und das Verleihen<br />
von Stimmrechten ohne ausdrückliche<br />
Zustimmung der Inhaber vorab.<br />
Die EZB gründet für beide Gruppen je<br />
eine Abwicklungsbank.<br />
Rückabwicklung der Derivatgeschäfte<br />
und Anfechtbarkeit wegen Wuchers<br />
Um das wertlose gefälschte neue<br />
Geld, verkörpert in wertlosen Verbriefungen,<br />
einzuziehen, sind alle<br />
Maßnahmen zulässig, die der Realwirtschaft<br />
nicht schaden. Wie ein<br />
Hehlereigeschäft in der Kette rückabgewickelt<br />
wird, werden auch diese<br />
Geschäfte bis zu einem bestimmten<br />
Basiszeitpunkt (Zertifizierung des<br />
ersten Kredits) für nichtig bzw.<br />
anfechtbar erklärt.<br />
Der Geist geht wieder in die Flasche<br />
zurück. Rechtfertigung für den Eingriff<br />
ist die Abwehr des Angriffs auf<br />
das staatliche Finanzmonopol. Die<br />
Umsetzung erfolgt über die Außenprüfungen<br />
der zuständigen Behörden.<br />
Damit werden alle Geschäfte<br />
erfasst, die nicht freiwillig der Derivatabwicklungsbank<br />
(dort hinein<br />
ginge auch der Spekulationsteil der<br />
HRE) übertragen werden.<br />
Fiskalische und politische<br />
Maßnahmen<br />
Das Halten von Aktien ist im Falle<br />
der Ausschüttung von Dividenden<br />
o. ä. steuerbefreit. Gewinne und Verluste<br />
aus Aktiengeschäften sowie<br />
aus sonstigem Wertpapierhandel<br />
sind weder steuerpflichtig noch<br />
verrechenbar, wenn die Papiere an<br />
der Börse oder vergleichbar staatlich<br />
regulierten Märkten ge- und verkauft<br />
werden. Gewinne und Verluste<br />
aus Spekulationsgeschäften der Verbotsliste,<br />
nun nur aus Eigenkapital<br />
finanzierbar, sind einkommensteuerpflichtig<br />
und verlustabzugsfähig.<br />
Die Eurozone stellt innerhalb ihrer<br />
Grenzen nationale/regionale Währungen<br />
(wieder) her, um situativ<br />
Auf- und Abwertungen zu ermöglichen,<br />
im Gegenzug entfallen<br />
direkte Subventionen zur Stützung<br />
der einzelnen Volkswirtschaften.<br />
Dies erleichtert die Feststellung von<br />
Vermögens- und Warenwert in den<br />
einzelnen Wirtschaftszonen zur Festlegung<br />
der nötigen Geldmenge.<br />
Wo der Mindestlohn 60 Cent beträgt,<br />
ist keine Warenäquivalenz zu einer<br />
Zone vorhanden, wo der Mindestlohn<br />
20 Euro beträgt. Damit kann<br />
die Geldmenge im „Euroland“ nicht<br />
begründet begrenzt oder ausgeweitet<br />
werden.<br />
Über den Autor<br />
Schlussüberlegung<br />
Dr. Volker Gallandi (Jg. 1955) ist als Rechtsanwalt in Gorxheimertal<br />
(Hessen) tätig. Seine Spezialgebiete sind Kapitalanlagerecht, Immobilien<br />
und Wertpapiere sowie Wirtschafts- und Steuerstrafrecht. Gallandi<br />
promovierte 1982 zum Thema „Staatsschutzdelikte und Pressefreiheit“<br />
beim späteren Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts Prof.<br />
Winfried Hassemer. 1984 arbeitete er für die Kanzlei Bossi in München<br />
und wurde 1985 Mitglied der Außensozietät. 1988 folgte die Gründung<br />
einer eigenen Kanzlei.<br />
Mit den Derivats-und Zertifikatsbastlern<br />
sind die privaten Gelddrucker<br />
wieder da, wie in London, im Mittelalter<br />
– und sie haben viel Macht. Sie<br />
beherrschen die staatlichen Organisationen,<br />
von denen sie eigentlich kontrolliert<br />
werden sollten. Die Finanzwirtschaft<br />
ist daher gemeinsam mit<br />
den Zentralbanken und Regierungen<br />
zu einem Moloch mutiert wie im Ostblock<br />
der Staatsapparat.<br />
In der offenkundigen Krise sollen z. B.<br />
politische Angriffe auf Boni-Empfänger<br />
und Steuerflüchtlinge oder die<br />
Gier-Debatte darüber hinwegtäuschen,<br />
dass alle gesetzlichen Maßnahmen,<br />
die effektiv den Moloch auf<br />
eine volkswirtschaftlich sinnvolle<br />
Größe zurechtschneiden, unterbleiben.<br />
Die Macht der Finanzwirtschaft<br />
wächst so weiter zum Schaden der<br />
Volkswirtschaft. Der Alternativplan<br />
greift in das Derivategeschäft und<br />
seine Produkte so ein wie der Währungsschnitt,<br />
aber zu Lasten nur der<br />
Verursacher, die Realwirtschaft erhält<br />
wieder Kapital. Er müsste eigentlich<br />
von den Teilen von Wirtschaft und<br />
Politik unterstützt werden, die nicht<br />
von der Finanzwirtschaft abhängig<br />
sind oder sein wollen. ■<br />
Dr. Volker Gallandi<br />
(www.gallandi.de)<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
20 10<br />
September I Oktober<br />
Politik Regional<br />
(Foto: Wikipedia/Public Domain/Brueghel d. Ä.)<br />
EU: Staat oder<br />
Zweckverband?<br />
Das Europa, das wir kennen, ist zerbrechlicher als wir denken<br />
1563 war ein friedlicher Staatenbund<br />
unvorstellbar<br />
Es gibt eine sichere Vermutung: Mit<br />
dem Staat identifizierte Funktionen<br />
werden durch den Integrationsprozess<br />
in Europa neu verteilt. Gehen vor<br />
allem Funktionen von der nationalstaatlichen<br />
Ebene auf die supranationale<br />
Ebene der EU über?<br />
Die EU mitsamt allen unter ihr liegenden<br />
staatlichen Ebenen bildet<br />
auf diese Art und Weise einen neuen<br />
Staatstyp, der als Mehrebenensystem<br />
bezeichnet werden kann. Wie sieht<br />
die EU im Grunde eigentlich aus?<br />
Kontrollieren die nationalen Parlamente<br />
das Europa-Parlament oder<br />
umgekehrt? Paul Kirchof hat zum<br />
grundsätzlichen Prinzip der Subsidiarität<br />
Bedenkenswertes gesagt: „Der<br />
europäische Staatenverbund trifft<br />
die wesentlichen Entscheidungen<br />
der Gemeinschaftspolitik, der Rechtsetzung<br />
und Rechtdurchsetzung im<br />
Rat. Er handelt dort durch die Regierungen<br />
seiner Mitgliedstaaten. Das<br />
Europäische Parlament ist auf die<br />
Zuständigkeit eines Mitwirkungsorgans<br />
beschränkt. Erwägungen,<br />
die legitimierende Kraft des Europäischen<br />
Parlaments dadurch zu<br />
stärken, dass dieses Parlament nicht<br />
von den Staatsvölkern gewählt, sondern<br />
von Mitgliedern der in den Mitgliedstaaten<br />
gewählten Parlamente<br />
gebildet wird, verdienen kritisches<br />
Bedenken…“<br />
lichtung<br />
manche meinen<br />
lechts und rinks<br />
kann man nicht velwechsern<br />
werch ein illtum<br />
(Ernst Jandl)<br />
Peter Gauweiler ist beunruhigt. Im<br />
SPIEGEL-Interview vom Anfang April<br />
als einer der Rebellen bezeichnet, die<br />
das große Wort von der Freiheit bemühen,<br />
antwortete Gauweiler: „Klar,<br />
sonst wären sie ja angepasste Arschlöcher<br />
geworden. Was mich beunruhigt<br />
ist, dass das Funktionieren im<br />
Sys tem so kritiklos hingenommen<br />
wird. Das gefährdet die Demokratie<br />
und nicht mein gelegentlicher Einspruch.“<br />
Der CSU-Abgeordnete hatte<br />
nach der Ratifikation des Vertrages<br />
von Lissabon durch Bundestag und<br />
Bundesrat als Erster eine Verfassungsbe<br />
schwerde gegen den EU-Vertrag angestrengt.<br />
Was bemängelt er konkret?<br />
Das Demokratiedefizit<br />
„Das schon lange bestehende Demokratiedefizit<br />
der Europäischen Union<br />
wird durch den Vertrag von Lissabon<br />
weiter verschärft. Europäisches Recht<br />
wird endgültig höherrangig eingestuft<br />
als nationales Recht. In den<br />
Mitgliedstaaten wird das Machtverhältnis<br />
von Regierung und kontrollierendem<br />
Parlament faktisch ‚gedreht’:<br />
Beispiel Deutschland – die Bundesregierung<br />
erlässt im neu geschaffenen<br />
Europäischen Rat als Teil des europäischen<br />
Richtliniengesetzgebers<br />
Vorschriften, die der Bundestag dann<br />
ausführen muss. Nach dem Grundgesetz<br />
sollte das Verhältnis Bundestag/<br />
Bundesregierung genau andersherum<br />
ablaufen. Der Lissabon-Vertrag<br />
enthält sogar eine Selbstermächtigung:<br />
Die ‚Union’ kann in Zukunft<br />
mit Hilfe einer ‚Flexibilitätsklausel’<br />
ihre Zuständigkeiten selbst erweitern.<br />
Das alles hat mit Gewaltentrennung<br />
nichts mehr zu tun.“<br />
Verfassungswidrig<br />
Gauweiler: „Die Bürger dürfen diejenigen<br />
wählen, die ihnen im öffentlichen<br />
Interesse etwas anschaffen<br />
und vorschreiben sollen – und sie<br />
müssen diese Leute auch wieder abwählen<br />
können. Darauf hat jeder Bürger<br />
ein Anrecht – in seiner Gemeinde,<br />
in seinem Landkreis, in seinem Bundesland<br />
und auf Bundesebene…“<br />
Die EU als globaler Partner, Haushaltsplan 2008<br />
(Quelle: © Europäische Gemeinschaften, 2008)<br />
Gauweiler weiter: „Der EU, die jetzt<br />
in alle Kerngebilde der Staatlichkeit<br />
vordringen soll, dürfen derartige<br />
quasistaatliche Entscheidungsrechte<br />
über die Bürgerinnen und Bürger nur<br />
dann übertragen werden, wenn den<br />
genannten fundamentalen Verfassungsprinzipien<br />
auch auf EU-Ebene<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Politik 11<br />
(Foto: Sylvia-Yvonne Kaufmann)<br />
(Foto: © Deutscher Bundestag-Lichtblick/Achim Melde)<br />
Rechnung getragen wird. Auch eine<br />
europäische Organisationsgewalt<br />
darf nicht weniger demokratisch legitimiert<br />
sein. Aber genau das ist nicht<br />
der Fall.“<br />
EU-Parlament<br />
Das EU-Parlament sei so lange nicht<br />
demokratisch legitimiert, meint Gauweiler,<br />
so lange die Abgeordneten<br />
nicht auf der Basis demokratischer<br />
Gleichheit gewählt sind. Und das<br />
sei nicht der Fall. Der ehemalige<br />
Verfassungsrichter Dieter Grimm<br />
analysiert: „Viel Entscheidungssubstanz<br />
wandert auf die internationale<br />
Ebene aus, da dürfe man nicht mehr<br />
alle Hoffnung auf das Grundgesetz<br />
richten.“ Inzwischen haben der<br />
ÖDP-Vorsitzende Klaus Buchner, die<br />
Bundesfraktion der Linkspartei sowie<br />
53 Bundestagsabgeordnete geklagt.<br />
Im Juni, dem Monat der Europa-Wahl<br />
will Karlsruhe dazu Recht sprechen.<br />
Außenseiter andersrum<br />
Was Gauweiler in der CSU, ist Sylvia-<br />
Yvonne Kaufmann in der PDS. Die<br />
Die Außenseiter<br />
gesamte Fraktion klagt gegen den<br />
EU-Vertrag, sie aber sagt: Der Lissabonner<br />
Vertrag sei „der fortschrittlichste,<br />
den es je gab“. Sie nahm als<br />
einzige deutsche Frau an dem Konvent<br />
teil, der den ersten EU-Vertragsentwurf<br />
aushandelte.<br />
Sie hält den EU-Vertrag nicht für<br />
grundgesetzwidrig. Damit steht sie<br />
im Gegensatz zur Partei-Linie. Deshalb<br />
bekam sie keinen Listenplatz<br />
mehr, ebenso wenig wie der Reformer<br />
André Brie. Er scheiterte, so heißt<br />
es in der Partei, an Oskar Lafontaines<br />
Veto. Der fährt einen scharfen Anti-<br />
EU-Kurs.<br />
Maximalkompromiss<br />
Kaufmann: „Dieser Vertrag ist…ein<br />
Maximalkompromiss vorrangig<br />
zwischen den politischen Kräften,<br />
die mehr Europa, mehr Integration<br />
wollen, und denen, die auf Renationalisierung<br />
und starke Nationalstaaten<br />
setzen. Verglichen mit der geltenden<br />
Rechtslage – dem Vertrag von Nizza –<br />
ist die EU-Verfassung ein großer Fortschritt.<br />
Sie steht dafür, was derzeit<br />
an europäischer Integration erreicht<br />
werden kann.“<br />
Zu der Befürchtung der PDS, der<br />
Bundestag gäbe sein alleiniges Recht<br />
über Bundeswehreinsätze zu entscheiden<br />
ab, meint sie: „Die EU-Verfassung<br />
verbietet Angriffs- und Präventivkriege.<br />
Gerade deshalb ist sie<br />
ja ein Instrument, um – für den Fall,<br />
dass die Politik über Präventivkriege<br />
entscheidet – rechtlich dagegen vorzugehen.<br />
Die Sicherheitspolitik bleibt<br />
außerdem weiterhin in nationaler<br />
Souveränität. Der Bundestagsvorbehalt<br />
für die Entsendung von Bundeswehrsoldaten<br />
ins Ausland bleibt also<br />
bestehen“, so Kaufmann. Damit muss<br />
sie sich politisch auf das Abstellgleis<br />
stellen lassen.<br />
Was kann diese Konstruktion leisten?<br />
Star-Ökonom Paul Krugman äußerte<br />
in der „New York Times“, seine Bedenken<br />
seien größer geworden. Vor allem<br />
Spezialist für Anlagenbau und Industriemontagen:<br />
Die ALWA Montagen AG bietet von der Planung bis<br />
zur Inbetriebnahme alle Leistungen aus einer Hand<br />
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20 12<br />
September I Oktober<br />
Politik Regional<br />
(Foto: Wikipedia/Public Domain/JLogan)<br />
27 unter einem Hut<br />
um Europa mache er sich Sorgen: Wie<br />
John Maynard Keynes im Schicksalsjahr<br />
1919 vermisst er ein Verständnis<br />
der europäischen Regierungen für<br />
das große Ganze, ermahnt sie zu Koordination<br />
und gemeinsamer Vorgehensweise<br />
und warnt vor dem Wiedererstarken<br />
nationaler Egoismen.<br />
Die Krise lege den großen Konstruktionsfehler<br />
der europäischen Integration<br />
schonungslos offen, meint dazu<br />
FAZ.NET: „Wirtschafts- und Währungsunion<br />
haben die politische Einigung<br />
längst überholt, und jetzt, wo<br />
schnelles und beherztes Eingreifen an<br />
zentraler Stelle gefordert wäre, fehlen<br />
uns dafür die zuständigen Institutionen.<br />
Trotz aller wirtschaftlichen und<br />
finanziellen Verbundenheit befinden<br />
sich die politischen Schaltzentralen<br />
Europas nach wie vor auf der Ebene<br />
der Nationalstaaten – dort, wo auch<br />
Wählerstimmen und Parlamentssitze<br />
vergeben werden und wo demzufolge<br />
die nationalen Egoismen blühen.<br />
Und natürlich auch dort, wo sich<br />
Steuerzahler die Frage stellen, was<br />
mit ihrem Geld geschieht.“<br />
EU als Dienstleister?<br />
Da stellt sich die Frage: Kann eine<br />
öffentliche Körperschaft wie ein<br />
Dienstleistungsunternehmen funktionieren?<br />
Die Existenz eines europäischen<br />
Staatsvolkes ist weder für die<br />
demokratische Legitimation noch für<br />
die effiziente Bedürfnisbefriedigung<br />
der Menschen erforderlich. Wenn<br />
die EU dann noch Steuern erhöbe –<br />
welch eine Vorstellung.<br />
Eine nationalstaatliche Vorstellung,<br />
sich die EU als großen Staat vorzustellen,<br />
geht geschichtlich zurück. Ein<br />
Casting „Wer wird der EU-Kaiser?“<br />
wäre nicht weit davon entfernt.<br />
Denn den Staatenverbund lediglich<br />
als Durchgangsstation zum europäischen<br />
Bundesstaat zu betrachten<br />
und die schrumpfende Staatlichkeit<br />
auf der nationalen Ebene auf der<br />
höheren europäischen Ebene wiederherzustellen,<br />
ist ein Modell der<br />
Vergangenheit.<br />
EU – Die größte Erfindung unserer Zeit<br />
Die FAZ z. B. hofft nun auf das, was in<br />
besseren Zeiten politisch undenkbar<br />
schien: die Schaffung echter europäischer<br />
Institutionen, die Vereinbarung<br />
einer gemeinsamen Haushaltsund<br />
Finanzpolitik, die Ablösung aller<br />
einzelstaatlichen Schuldverschreibungen<br />
durch eine gemeinschaftlich<br />
besicherte EU-Anleihe.<br />
Sitzverteilung im EU-Parlament<br />
■ EVP-ED, „Christdemokraten/<br />
Konservative“ (288)<br />
■ SPE, „Sozialdemokraten“ (217)<br />
■ ALDE, „Liberale“ (100)<br />
■ UEN, „Nationalkonservative“ (44)<br />
■ Grüne/FEA, „Grüne“ (43)<br />
■ GUE/NGL, „Linke“ (41)<br />
■ Ind/DEM, „Europakritiker“ (22)<br />
■ fraktionslos (30)<br />
Stand: 11. März <strong>2009</strong><br />
(Quelle Wikipedia)<br />
Anders sei ein gemeinsames Vorgehen<br />
zur Krisenbewältigung gar<br />
nicht vorstellbar, geschweige denn<br />
politisch zu vermitteln. Denn wenn<br />
sich etwa der deutsche Steuerzahler<br />
beim Gedanken sträubt, dass sein<br />
Geld für die Rettung der Griechen,<br />
Spanier oder Osteuropäer eingesetzt<br />
werden soll, um wie viel mehr würde<br />
es ihn dann bekümmern, wenn diese<br />
Hilfe ohne jegliche Möglichkeit zu<br />
politischer Einflussnahme und fiskalischer<br />
Kontrolle geleistet wird?, fragt<br />
auch die FAZ.<br />
Am seidenen Faden<br />
Die betreffenden Mitgliedstaaten<br />
ihrem Schicksal zu überlassen, würde<br />
bedeuten, den Euro zu Grabe zu tragen<br />
– und mit ihm auch das Jahrhundertprojekt<br />
eines politisch geeinten<br />
Europas.<br />
Der Lissabon-Vertrag hängt heute<br />
vom Ergebnis des Machtkampfes<br />
in Prag und vom Urteil der irischen<br />
Wähler ab. Glaubt man den Umfragen,<br />
stehen die Chancen nicht<br />
schlecht, dass es sich die Iren anders<br />
überlegen könnten und dem Vertrag<br />
in einem zweiten Anlauf im Herbst<br />
doch noch zustimmen. Fühlen sich<br />
die von der Krise gebeutelten Iren in<br />
dem Staatenverbund doch sicherer?<br />
Aber sollten in Prag die Anhänger des<br />
Präsidenten Václav Klaus den Lissabon-Vertrag<br />
kippen, wird es in Irland<br />
vermutlich gar keine Volksabstimmung<br />
mehr geben. Auch Deutschland<br />
hat die Ratifikation noch nicht<br />
hinterlegt. ■<br />
Anette Runge<br />
EU<br />
■ 27 Länder<br />
■ 23 Amtssprachen<br />
■ Rund 500 Millionen Menschen<br />
■ 736 Abgeordnete<br />
■ BIP: 16,83 Bio. US-Dollar (2007)<br />
■ Wahltag in Deutschland: 7. Juni<br />
(99 Abgeordnete für 5 Jahre)<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Einfach und schnell leasen -<br />
mit Dr. Weber Leasing GmbH<br />
Die Dr. Weber & Partner Leasing<br />
GmbH ist seit über 25 Jahren erfolgreich<br />
am Markt. 1983 wurde die<br />
Gesellschaft von Dr. Axel Weber in<br />
Mannheim gegründet.<br />
Von Beginn an ist es die Maxime der<br />
Firma, die Geschäftsvorgänge einfach<br />
und schnell abzuwickeln. Die Kunden<br />
schätzen dies sehr, genauso wie die<br />
flexible Vertragsgestaltung.<br />
Geschäftsführer Uwe Schumann<br />
bringt die Vorteile des Leasings auf<br />
den Punkt. „Sie schonen Ihre Liquidität,<br />
Ihre Eigenkapitalquote bleibt<br />
erhalten, Sie haben hohe finanzielle<br />
Sicherheit, und Sie sind mit<br />
Leasing immer auf dem neuesten<br />
technischen Stand. Leasing schafft<br />
auch die Möglichkeit, den Umsatz<br />
der Unternehmen zu sichern bzw.<br />
zu erhöhen.“ Ab einem Betrag von<br />
10.000 Euro können unter anderem<br />
Fahrzeuge, Medizintechnik, Produktions-<br />
und Büromaschinen geleast<br />
werden. Und getreu dem Geschäftsmotto<br />
der Dr. Weber Leasing GmbH<br />
„einfach und schnell“, werden<br />
Anfragen innerhalb von 24 Stunden<br />
bearbeitet.<br />
Neben dem bekannten Leasinggeschäft<br />
bis zum Mietkauf ist die Dr.<br />
Weber Leasing GmbH auch sehr<br />
engagiert in der Entwicklung innovativer<br />
Leasingprodukte. Eine weitere<br />
Stärke ist die intensive Bindung des<br />
Hersteller- und Händlernetzes. Im<br />
Bereich der Händlerabsatzfinanzierung<br />
steht den Kunden hier ein<br />
absolut kompetenter Partner zur<br />
Verfügung. Im Juli 2008 konnte die<br />
Volksbank Mittweida eG, die „Bank<br />
des Jahres 2008“, als neuer Inhaber<br />
gewonnen werden. Damit war das<br />
Thema Unternehmensnachfolge<br />
geregelt, und alle Arbeitsplätze konnten<br />
erhalten werden. Bisher zeigt<br />
sich die Geschäftsleitung mit dem<br />
reibungslosen Übergang und der<br />
Integration sehr zufrieden.<br />
Die Volksbank Mittweida eG möchte<br />
mit der Dr. Weber Leasing GmbH ein<br />
breiteres Spektrum an Leasingmöglichkeiten<br />
für ihre Kunden, aber auch<br />
Neukunden, abdecken. Die Koppelung<br />
von Leasing- und Bankgeschäft<br />
schafft positive Effekte bei den Konditionen<br />
und Preisen für die Kunden<br />
der Dr. Weber & Partner Leasing<br />
GmbH. ■
20 14<br />
September I Oktober<br />
Politik Regional<br />
(Foto: Peg Skorpinski/UC Berkeley)<br />
VWL-Mechaniker im<br />
Machbarkeitswahn<br />
Warum präzise Wirtschaftswissenschaft eine Illusion ist<br />
Nobelpreisträger George A. Akerlof erklärt,<br />
„wie Wirtschaft wirklich funktioniert”.<br />
(www.ne-na.de) - Eine neue Bescheidenheit<br />
der Ökonomen ist auf breiter<br />
Front nicht zu erkennen. So ist der<br />
Wirtschaftsnobelpreisträger Paul<br />
Krugman immer noch von der Wirksamkeit<br />
makroökonomischer Lenkungsmechanismen<br />
überzeugt. Die<br />
Politik müsse nur an den richtigen<br />
Stellschrauben drehen, um die Konjunktur<br />
wieder flott zu kriegen. So<br />
sieht die Geisteswelt der VWL-Mechaniker<br />
immer noch aus. Man schaut<br />
nach dem defekten Einspritzer oder<br />
einer kaputten Kurbelwelle – und<br />
schon kann der kapitalistische Reparaturbetrieb<br />
zur Geltung kommen.<br />
Animal Spirits<br />
Ganz anders positionieren sich die<br />
Ökonomieprofessoren George A.<br />
Akerlof und Robert J. Shiller in ihrem<br />
Opus „Animal Spirits – Wie Wirtschaft<br />
wirklich funktioniert” (Campus<br />
Verlag). Sie grenzen sich vom<br />
simplen Machbarkeitsglauben eines<br />
Paul Krugman ab, der sicherlich bei<br />
den staatsgläubigen Lenkern und<br />
Denkern Hochkonjunktur hat.<br />
Unternehmer und Verbraucher sind<br />
eben keine emotionslos kalkulierenden<br />
Roboter, wenn sie sich von<br />
Moden, Gruppendruck und Massenhysterie<br />
beeinflussen lassen. Deshalb<br />
kann das ständige Auf und Ab der<br />
Wirtschaftskonjunktur nur ungenügend<br />
durch makroökonomische<br />
Buch-Tipp<br />
Maßnahmen gesteuert werden. Mit<br />
diesem Konzept der Globalsteuerung<br />
ist man schon in den 1970er Jahren<br />
auf die Schnauze gefallen.<br />
Schuldenfinanzierte Materialschlacht<br />
„Die Finanzkrise hat nicht nur die<br />
Wirtschaft schwer gebeutelt, sondern<br />
auch die bislang herrschenden<br />
wirtschaftswissenschaftlichen Paradigmen<br />
rationaler Erwartungen<br />
und effizienter Finanzmärkte, die in<br />
den vergangenen drei Jahrzehnten<br />
die Arbeitsgrundlage für die Wirtschaftspolitik<br />
und die Geschäfte im<br />
Finanzsektor bildeten, stark beschädigt“,<br />
schreibt Thomas Mayer, Chefvolkswirt<br />
der Deutschen Bank, in<br />
einem Namensbeitrag für die FAZ.<br />
Wenn Wirtschaftspolitiker jetzt<br />
wieder auf die Rezepte von John<br />
Maynard Keynes zurückgreifen und<br />
glauben, eine schuldenfinanzierte<br />
Materialschlacht könne automatisch<br />
die Konjunktur wieder ankurbeln,<br />
fallen sie zurück in den Machbarkeitsglauben<br />
einer simplifizierten<br />
Interpretation des Keynesianismus.<br />
„Diejenigen, die Keynes’ Allgemeine<br />
Theorie nach ihrem Erscheinen weiterentwickelten,<br />
entfernten daraus<br />
fast gänzlichen die ‚Animal Spirits’<br />
– die nichtökonomischen Motive<br />
und die irrationalen Verhaltensmuster<br />
des Menschen – die den Kern<br />
von Keynes’ Erklärung der Großen<br />
Depression bildeten“, so Akerlof und<br />
Shiller.<br />
n George A. Akerlof ist Professor für Wirtschaftswissenschaften in Berkeley und<br />
erhielt 2001 den Wirtschaftsnobelpreis. Robert J. Shiller<br />
ist Ökonomieprofessor in Yale.<br />
Stimmen:<br />
„Ein wichtiges Buch. Denn es ist ein Versuch, die Finanzkrise zu nutzen, um die<br />
Wirtschaftstheorie umzukrempeln.“ (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung)<br />
„Akerlof und Shiller haben recht damit, die Zunft der Ökonomen an die Brüchigkeit<br />
ihrer psychologischen Basis zu erinnern.“ (NZZ)<br />
Schumpeter lässt grüßen<br />
Die Idee einer exakten Wirtschaftswissenschaft<br />
mit der Präzision der<br />
Physik oder Chemie war von Anfang<br />
an eine Illusion gewesen. Darauf<br />
machte bereits in den 1930er Jahren<br />
der Ökonom Joseph A. Schumpeter<br />
aufmerksam. Makroökonomen<br />
würden sich nur mit Aggregaten<br />
beschäftigen, also mit der Gesamtsumme<br />
der Mittel, die Volkswirtschaften<br />
für den Konsum und für<br />
Investitionen aufwenden.<br />
Im keynesianischen Modell wie auch<br />
in anderen makroökonomischen<br />
Modellen verschwinden einzelne<br />
Unternehmer, Firmen, Branchen<br />
und Konsumenten völlig aus dem<br />
Blickfeld. Die Rolle von Innovationen<br />
werde heruntergespielt, bemängelte<br />
Schumpeter. Er wendet ein, dass<br />
Keynes dadurch „das herausragende<br />
Merkmal des Kapitalismus“ abtue,<br />
durch das sowohl Technologie als<br />
auch Geschäftsmethoden „unaufhörlich<br />
revolutioniert werden“.<br />
Marktwirtschaft ist nicht genug<br />
Akerlof und Shiller holen den Faktor<br />
„Ungewissheit” wieder zurück in die<br />
Volkswirtschaftslehre, die immer<br />
noch glaubt, dass die Wirtschaft berechenbar<br />
sei und sich mehr dafür<br />
interessiert, an mathematischen<br />
Formeln zu feilen und die Beobachtung<br />
der Realität vernachlässigt.<br />
Das war bei den ordoliberalen<br />
Wirtschaftsdenkern ganz anders.<br />
Sie haben die angelsächsisch geprägte<br />
Mathematikgläubigkeit nie<br />
geteilt. „Aber genau diese Ökonomie<br />
wurde an den europäischen Universitäten<br />
ausgetrocknet“, kritisiert<br />
Dr. Gerhard Schwarz von der NZZ.<br />
Während Modellschreinerei sowie<br />
das Zählen, Messen und Berechnen<br />
von Korrelationen Reputation und<br />
eine akademische Karriere versprechen,<br />
friste die Ordnungstheorie ein<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Politik 15<br />
Marktwirtschaft ist nicht genug: Wilhelm Röpke, u. a.<br />
Berater von Ludwig Erhard, wusste das noch.<br />
Dasein in den Elendsvierteln der<br />
Nationalökonomie. Dabei könnten<br />
wir ein Denken in Ordnungen gerade<br />
jetzt gebrauchen. Denn diese<br />
Wirtschaftstheorie widersteht dem<br />
Glauben an eine präzise Vorhersagbarkeit<br />
und Steuerbarkeit der Wirtschaft.<br />
Die ordoliberale Sichtweise<br />
war immer viel breiter angelegt.<br />
„Sie hat Geschichte und Psychologie,<br />
Recht und Philosophie bis hin zur<br />
Theologie in die Analyse der Wirtschaft<br />
mit einbezogen, also nie nur<br />
Ökonomie betrieben. ‚Marktwirtschaft<br />
ist nicht genug’, wie der treffende<br />
Titel einer eben erschienenen<br />
Sammlung mit Aufsätzen von Wilhelm<br />
Röpke lautet“, so Schwarz.<br />
Zeit für Zukunftsprojekte<br />
„Nicht die Trägheit der Volksseele<br />
ist das Problem, sondern die freiwillige<br />
Entmündigung der führenden<br />
Köpfe des Landes”, bemängelt der<br />
Psychologe Stephan Grünewald.<br />
„Besonders die Eliten der Wirtschaft<br />
entmündigen sich selbst. Einen<br />
entsprechenden Befund haben wir<br />
in unserer Studie über die mangelhafte<br />
Reformbereitschaft von<br />
Entscheidungsträgern festgestellt“,<br />
so Grünewald, Geschäftsführer des<br />
Rheingold-Instituts in Köln.<br />
Fatal sei der um sich greifende<br />
Zweckpessimismus in der Wirtschaft,<br />
der zu einer zweiten krisenhaften<br />
Bugwelle führt. Viele Firmen<br />
würden sich vorsorglich schon so<br />
verhalten, wie es die düsteren Konjunkturprognosen<br />
voraussagen.<br />
„Das entwickelt sich schon fast zu<br />
einem Volkssport. Jeder Vorstandschef<br />
will nachweisen, dass er heftig<br />
gespart hat”, betont der Rheingold-<br />
Chef. Das sei alles andere als visionsfreudig.<br />
Die Wirtschaftselite verhalte<br />
sich prozyklisch. Besser wäre<br />
es, wenn man sich jetzt auf seine<br />
Kernwerte besinnen und stärker<br />
über Zukunftsprojekte nachdenken<br />
würde. ■<br />
Gunnar Sohn<br />
(www.gunnarsohn.wordpress.com)<br />
ONCOTEC Pharma Produktion<br />
Kontakt<br />
Oncotec Pharma Produktion GmbH<br />
Am Pharmapark<br />
06861 Dessau-Roßlau<br />
Telefon: +49 (0)34901 885-7861<br />
Telefax: +49 (0)34901 885-7871<br />
E-Mail: contact@oncotec.de<br />
Internet: www.oncotec.de<br />
Finalist<br />
„Großer Preis des Mittelstandes“<br />
2008<br />
Oncotec Pharma Produktion GmbH ist weltweit<br />
ein zuverlässiger Partner in der Herstellung<br />
und Entwicklung von aseptisch produzierten<br />
Zytostatika.<br />
Oncotec bietet einen Full-Service und ist der Ansprechpartner<br />
für die gesamte Wertschöpfung.<br />
Unser Spektrum reicht von der technologischen<br />
Produktentwicklung über die Wirkstoff- und<br />
Rohstoffbeschaffung, die Produktion bis hin zur<br />
Verpackung in marktspezifi sche Sekundärpackmittel.<br />
Seit Gründung im Jahr 1997 konnte Oncotec<br />
kontinuierlich die Produktion am Standort<br />
Dessau-Roßlau steigern. Ein Grund dafür: Die<br />
Herstellungsschritte werden auf modernsten<br />
Produktionsanlagen unter Isolatorschutz<br />
durchgeführt.<br />
Unser Entwicklungsservice umfasst<br />
folgende Leistungen:<br />
• Produktion von Klinikchargen<br />
• Produktion im Labormaßstab bis hin zu<br />
500 L – Ansätzen<br />
• Prozessoptimierung<br />
• Scaling-up<br />
• Prozessvalidierung<br />
• Entwicklung und Optimierung von<br />
Gefriertrocknungsprogrammen<br />
• Entwicklung und Validierung der analytischen<br />
Methoden<br />
• Stabilitätsuntersuchungen gemäß ICH<br />
• Untersuchungen von gestressten Proben mit<br />
erhöhtem Verunreinigungsgrad<br />
• CTD-Dokumentation<br />
• Entwicklung eines geeigneten<br />
Verpackungsdesigns
20 16<br />
September I Oktober<br />
Wirtschaft<br />
Regional<br />
Im Leben Bruchpilot<br />
oder Held?<br />
Der Held vom Hudson River:<br />
Chesley Burnett Sullenberger III<br />
(MM-PR) - New York, 15. Januar <strong>2009</strong><br />
um 15.27 Uhr: Wenige Minuten nach<br />
dem Start des US-Airways-Fluges<br />
1549 vom Flughafen La Guardia<br />
Richtung North Carolina melden<br />
die Piloten des Airbus A 320 einen<br />
Vogeleinschlag. Beide Triebwerke<br />
fallen aus. Kurz danach die Notwasserung<br />
auf dem Hudson River, dessen<br />
spektakuläre Bilder sicher in die<br />
Chroniken des Jahres <strong>2009</strong> eingehen<br />
werden.<br />
Was vorbildmäßig verlief, 155 Passagieren<br />
das Leben rettete und als<br />
eines der schwierigsten Manöver<br />
in der Luftfahrt gilt, gelang dank<br />
eines Mannes: Chesley Sullenberger,<br />
genannt „Sully“ und Pilot aus Leidenschaft,<br />
ging unvergleichlich souverän<br />
mit dieser äußerst kritischen<br />
Situation um.<br />
Verantwortung übernehmen<br />
(Foto: Wikimedia Commons/Ingrid Taylar/CC)<br />
MAYDAY! Wie oft senden wir<br />
innerlich das Notrufsignal aus? Wie<br />
sicher sind Sie selbst in Krisensituationen?<br />
Persönlich oder im Beruf?<br />
Ob man im Leben ein Bruchpilot<br />
oder ein Held wie Chesley Sullenberger<br />
ist, ist eine Frage der Souveränität.<br />
Der Souveränitäts-Experte Theo<br />
Bergauer hat die Geheimnisse rund<br />
um den Flugkapitän entschlüsselt<br />
und sagt Ihnen, wie auch Sie – nicht<br />
nur in kritischen Situationen –<br />
davon profitieren:<br />
Sully hatte ein hohes Commitment.<br />
Piloten tragen eine hohe Verantwortung,<br />
für ihre Passagiere ebenso wie<br />
für das ihnen übertragene Flugzeug<br />
Chesley Sullenberger und die Geheimnisse der Souveränität<br />
und die Verkehrssicherheit auch<br />
anderen gegenüber während der<br />
gesamten Reisedauer. Chesley Sullenberger<br />
hat diese Verantwortung<br />
übernommen und in der kritischen<br />
Situation bewiesen, dass er ihr auch<br />
gerecht wird.<br />
Willensstärke beweisen<br />
Genaue Informationen an die Passagiere<br />
beweisen seine Zuverlässigkeit<br />
ebenso wie sein zweimaliges<br />
Prüfen, ob nach der Notwasserung<br />
auch wirklich alle Passagiere das<br />
Flugzeug verlassen hatten. Der Kapitän<br />
geht als letzter von Bord und<br />
versichert sich, dass auch wirklich<br />
alle Menschen, für die er im Vorfeld<br />
Verantwortung übernommen hat,<br />
außer Gefahr sind.<br />
Für wen (Familienmitglieder, Mitarbeiter)<br />
tragen Sie Verantwortung?<br />
Werden Sie dieser Verantwortung<br />
gerecht? Souveräne Persönlichkeiten<br />
vereinbaren ein starkes Commitment<br />
(Vereinbarung) mit sich und<br />
ihren Partnern! Hätte Chesley Sullenberger,<br />
als ihm bewusst wurde,<br />
dass dieser Flug nicht so sein würde<br />
wie alle anderen davor, unsicher<br />
oder ängstlich reagiert, wer weiß,<br />
was passiert wäre.<br />
Auch in der Krise funktionierte sein<br />
Gehirn wie ein Computer. Keine<br />
Denkblockade ließ ihn zögern. In<br />
Sekundenbruchteilen musste er die<br />
verschiedenen Möglichkeiten prüfen,<br />
und er entschied sich, aus der<br />
Erfahrung und Analyse der aktuellen<br />
Gegebenheiten heraus, intuitiv<br />
genau für das Richtige.<br />
Sind Sie bereit, auch einmal über<br />
Ihre Grenzen hinaus zu gehen? Können<br />
Sie Ihre mentale Stärke nutzen?<br />
Souveräne Persönlichkeiten haben<br />
eine positive Vorstellungskraft und<br />
eiserne Willensstärke.<br />
Schnell die richtige<br />
Entscheidung treffen<br />
Werte bilden unser Fundament,<br />
die Vision ist unser Antrieb, Ziele<br />
bieten uns Orientierung. Das klare<br />
Ziel von Chesley Sullenberger war<br />
nicht nur die Rettung der Passagiere,<br />
sondern ganz konkret und unmittelbar<br />
erst einmal der Hudson River.<br />
Innerhalb weniger Sekunden hatte<br />
er sich dafür und gegen eine Notlandung<br />
auf dem Flughafen Teterboro<br />
entschieden. Ab diesem Zeitpunkt<br />
konzentrierte er sich voll und ganz<br />
darauf.<br />
Er fokussierte seine Aktivitäten: das<br />
Flugzeug möglichst sanft auf dem<br />
Wasser aufzusetzen und in der Nähe<br />
eines Schiffes zu landen, damit die<br />
Rettung schnell vonstatten gehen<br />
konnte. Diese Vision war sein persönliches<br />
Navigationssystem, das<br />
ihn leitete und ihn, seine Mannschaft<br />
sowie auch die Passagiere<br />
sicher ans Ziel führte.<br />
Zögern Sie manchmal unnötig<br />
lange, bevor Sie eine Entscheidung<br />
treffen? Haben Sie Ziele, die Ihnen<br />
Orientierung bieten? Souveräne<br />
Persönlichkeiten fokussieren und<br />
polarisieren ihre Aktivitäten.<br />
(Zurück-)Haltung demonstrieren<br />
An den Taten werden wir gemessen,<br />
nicht an den Worten! Diese Aussage<br />
trifft auch auf Chesley Sullenberger<br />
zu. Kein Mann der großen Worte,<br />
sagte er, nach seiner in vielen Augen<br />
verbrachten Heldentat, nur: „Das ist,<br />
wozu wir trainiert werden.“<br />
Haltung hat Sullenberger an diesem<br />
Tag vielfach bewiesen: durch<br />
die Ruhe, die er bewahrt und auch<br />
den Passagieren im Flugzeug vermittelt<br />
hat, durch die richtigen Entscheidungen,<br />
die er trotz Zeitdruck<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Wirtschaft 17<br />
getroffen hat, die Umsicht, dass<br />
nach der Notwasserung auch wirklich<br />
alle Passagiere das Flugzeug<br />
verlassen hatten, bis dahin, dass er<br />
sich offensichtlich überhaupt nicht<br />
als Held sieht.<br />
Seine Frau bezeichnet ihn als kontrolliert<br />
und sehr professionell. Ein<br />
weiterer Punkt, der ihn als ebenso<br />
wahren und zugleich stillen Helden<br />
in unseren Augen absolut souverän<br />
wirken lässt. Versprechen Sie<br />
manchmal zu viel (wohl wissend,<br />
dass Sie Ihre Zusagen nicht einhalten<br />
können)? Neigen Sie zu Übertreibungen,<br />
um im Mittelpunkt zu<br />
stehen? Souveräne Persönlichkeiten<br />
behalten stets den Überblick und<br />
demonstrieren auch in kritischen<br />
Situationen Haltung.<br />
Leidenschaft leben<br />
Chesley Sullenbergers Leidenschaft<br />
ist das Fliegen. Was begeistert Sie?<br />
Können Sie diese Leidenschaft in<br />
ihrem Beruf verwirklichen? Souveräne<br />
Persönlichkeiten investieren<br />
Zeit in ihre leidenschaftlichen<br />
Projekte. Souveränität bedeutet<br />
nicht, perfekt zu sein. Souveränität<br />
bedeutet, eigenständig und selbstbestimmt<br />
zu denken, zu fühlen und<br />
zu handeln.<br />
Gerade in schwierigen Situationen<br />
beweisen souveräne Menschen wie<br />
Chesley Sullenberger Eigeninitiative,<br />
weil sie ihre Ziele kennen und konsequent<br />
verfolgen. Vielleicht können<br />
wir alle etwas von dieser Souveränität<br />
profitieren. Dann können wir<br />
im Notfall Energie für andere spenden<br />
und auch dabei wieder Kraft<br />
aufnehmen, um auftauchende Hindernisse<br />
elegant zu überwinden.<br />
Souveräne Menschen wie Chesley<br />
Sullenberger tun genau dies, sind<br />
bewegende Beispiele und engagierte<br />
Vorbilder. Sie bewirken Vieles und<br />
prägen ihr Umfeld in entscheidendem<br />
Maße positiv. n<br />
Theo Bergauer<br />
Über den Autor<br />
(Foto: MM-PR)<br />
(Quelle: Wikimedia Commons/GFDL/S. Bollmann)<br />
n Der Souveränitäts-Experte Theo Bergauer ist seit 20 Jahren als Trainer und Coach für persönliche<br />
Entwicklung und unternehmerische Prozesse aktiv.<br />
n Namhafte Stars aus dem Sport sowie große deutsche und international tätige Unternehmen<br />
setzen auf seine persönliche Dynamik, sein breit gefächertes Erfahrungspotenzial und die<br />
Schulungskraft des Bau- und Wirtschaftsingenieurs.<br />
n Dabei geht es ihm um die Begleitung von Prozessen, die zu Souveränität und damit zur<br />
persönlichen Zufriedenheit und zum beruflichen Erfolg führen.<br />
n Mehr unter www.souveränität.com.<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
20 18<br />
September I Oktober<br />
Wirtschaft<br />
Regional<br />
Ein Unternehmen mit Tradition<br />
seit 1920<br />
Wenn das Kaninchen im<br />
Zylinder verschwindet<br />
Drei Schritte im Verkauf, um den Umsatzturbo einzuschalten<br />
(Foto: © Gerd Altmann/PIXELIO)<br />
● Medizintechnik<br />
● Elektronik, Elektrotechnik<br />
Automobilzuliefererindustrie<br />
● Lebensmittelverpackungen<br />
Süßwarenverpackungen<br />
● SB-Verpackungen<br />
● Produkte für den Haushalt<br />
Elektronik<br />
Elektrotechnik<br />
Automobilzulieferer<br />
Trillenberg GmbH Creative Verpackung<br />
Meißner Straße 65<br />
09629 Reinsberg OT Burkersdorf<br />
Germany<br />
fon: +49 37324 8<strong>03</strong>0<br />
fax: +49 37324 8<strong>03</strong>20<br />
eMail: info@trillenberg.de<br />
web: www.trillenberg.de<br />
Preisträger: Großer Preis<br />
des Mittelstandes 1998 und<br />
Premier-Finalist 20<strong>03</strong><br />
Für unsere Kunden produzieren wir tiefgezogene<br />
Trays in verschiedenen Abmessungen<br />
und Stärken angepaßt an das jeweilige<br />
Verpackungsgut. Wir können Ihre Trays auch<br />
aus ableitfähigem oder leitfähigem Material<br />
herstellen.<br />
(MM-PR) - Ich weiß nicht, ob es<br />
nur mir so geht, aber immer, wenn<br />
jemand einen Zaubertrick zeigt, fesselt<br />
mich das ungemein. Ich schaue<br />
genau hin, versuche, auch auf die<br />
versteckten Handgriffe zu achten<br />
und will unbedingt wissen, wie der<br />
Trick funktioniert.<br />
Ich muss es einfach wissen und<br />
grübele oft noch Tage später, wie<br />
der Zauberer das gemacht hat. Es<br />
ist ihm gelungen, meine Neugier zu<br />
wecken…<br />
1. Schritt: Neugierde erzeugen<br />
Da die meisten Menschen von Haus<br />
aus neugierig sind, ist es für einen<br />
Verkäufer gar nicht so schwer, diese<br />
unstillbare Neugier auch bei ihren<br />
Kunden zu wecken.<br />
Den Umsatzturbo können sie allerdings<br />
nur dann einschalten, wenn<br />
sie die Kunst beherrschen, das<br />
Kaninchen auf möglichst elegante<br />
Art und Weise verschwinden und<br />
wieder auftauchen zu lassen. Dabei<br />
helfen fünf Schritte (siehe Kasten<br />
Seite 19).<br />
Jetzt ist das Ka ninchen verschwunden<br />
– Sie haben die ungeteilte<br />
Aufmerksamkeit Ihres Kunden und<br />
haben ihn neugierig gemacht. Der<br />
Kunde hat bereits darüber nachgedacht,<br />
wie sein Leben mit dem<br />
neuen Produkt aussehen würde und<br />
was er verpasst, wenn er sich gegen<br />
den Kauf entscheidet. Sie haben<br />
sowohl die logischen Argumente<br />
geliefert als auch die Gefühlsebene<br />
angesprochen.<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Jetzt können Sie zusammen mit<br />
dem Kunden noch einmal schriftlich<br />
notieren, was für und was gegen den<br />
Kauf spricht. Stellen Sie sicher, dass<br />
die Liste mit den Argumenten für<br />
den Kauf länger ist als die Liste mit<br />
den Argumenten, die dagegen sprechen.<br />
Vergessen Sie nicht: Wir Menschen<br />
wollen verzaubert werden!<br />
2. Schritt: Eine Frage des Typs<br />
Das weitere Vorgehen ist immer<br />
eine Frage des Typs. Der auditive<br />
Kunde hört gerne viel über das<br />
Produkt oder die Dienstleistung<br />
und interessiert sich auch dafür,<br />
was andere Kunden sagen. Auditive<br />
Menschen sprechen langsam,<br />
achten auf Pausen und verwenden<br />
Worte wie „ganz Ohr sein“ oder „Ton<br />
angeben“, „informieren“, „vorschlagen“<br />
und „durchsprechen“.<br />
Der auditive Kunde ist vorsichtig<br />
und analytisch veranlagt, lässt sich<br />
aber gerne von Zitaten und Erfahrungsberichten<br />
anderer Kunden<br />
überzeugen. Der kinästhetische<br />
Typ hat eine weiche Stimme, seine<br />
Bewegungen sind langsam und<br />
geschmeidig, er ist friedfertig und<br />
braucht oft lange, um sich zu entscheiden.<br />
Der kinästhetische Typ beschreibt<br />
seine Welt mit Gefühlen, und man<br />
erkennt ihn an Worten wie „beim<br />
Schopfe packen“, „beeindrucken“,<br />
aber auch „festhalten“, „Instinkt“<br />
und „anpacken“. Um ihn zu überzeugen,<br />
sollten Sie ebenfalls mit<br />
Gefühlen arbeiten, diese beim Kunden<br />
direkt ansprechen, damit er sich<br />
wohlfühlt.<br />
Der visuelle Typ spricht schnell,<br />
ohne Punkt und Komma, trägt<br />
gerne auffallende Farben und ist<br />
extrovertiert. Der visuelle Typ ist ein<br />
Macher, ein Leistungstyp, bei dem<br />
es schnell gehen muss. Ihn überzeugen<br />
Sie am besten mit PowerPoint-<br />
Präsentationen, Bildern und Worten<br />
wie „abgrenzen“, aber auch „Entwurf“,<br />
„unter die Lupe nehmen“ und<br />
„voraus schauen“. Liefern Sie ihm<br />
Zahlen und Fakten, damit er eine<br />
schnelle Entscheidung treffen kann.
Wirtschaft 19<br />
3. Schritt: Die richtige Brille für<br />
jeden Anlass<br />
Wenn ein Kunde sich auf einen Einwand<br />
versteift, dann fokussiert er;<br />
d. h., er tilgt alle anderen Gedanken<br />
und sieht nur noch diesen einen<br />
Einwand.<br />
Spitzenverkäufern gelingt es aber,<br />
den Fokus zu verändern. Sie setzen<br />
dem Kunden eine andere Brille<br />
auf, und das ermöglicht eine vollkommen<br />
neue Sicht auf die Dinge.<br />
Arbeiten Sie mit der Neu-Fokussierung<br />
und sagen Sie: „Stellen Sie sich<br />
einmal vor, Sie hätten die neue Software<br />
bereits und würden dadurch<br />
nicht nur effizienter arbeiten, sondern<br />
auch noch Geld sparen.“<br />
Würde das Ihre Entscheidung jetzt<br />
positiv beeinflussen oder fragen Sie:<br />
„Was wäre, wenn wir diese Herausforderung<br />
meistern?“ Durch Formulierungen<br />
wie diese hebt der Verkäufer<br />
die Problem-Fokussierung des<br />
Kunden auf; der Kunde ist dadurch<br />
in der Lage, auch die positiven<br />
Aspekte zu sehen, kann durch die<br />
neue Brille ein Gefühl für das neue<br />
Produkt entwickeln. Und wir wissen<br />
ja, wenn das Gefühl erst einmal da<br />
ist, folgt die Kaufentscheidung oft<br />
bald. ■<br />
Marc M. Galal<br />
Über den Autor<br />
■ Marc M. Galal ist Vertriebs experte und lizenzierter<br />
NLP-Trainer.<br />
■ Auf dieser Grundlage hat er das Verkaufskonzept<br />
NLS® Neuro-Linguistic-Selling entwickelt.<br />
Weitere Informationen:<br />
Marc M. Galal Institut<br />
Rudolfstraße 13-17 | 6<strong>03</strong>27 Frankfurt/M.<br />
Tel. 069 74093270<br />
info@marcgalal.com | www.marcgalal.com<br />
(Foto: MM-PR)
20<br />
September I Oktober<br />
Wirtschaft<br />
Regional<br />
Führen von der<br />
Zukunft her!<br />
(Foto: Dr. oec. habil. Jörg Schumann)<br />
Ein „Konjunkturprogramm“ für Mittelständler –<br />
Teil 15 der Reihe „Führungskompetenz im Mittelstand“<br />
von Dr. oec. habil. Jörg Schumann<br />
Dr. oec. habil. Jörg Schumann<br />
„Yes, we can change“: Mit dieser<br />
kraftvollen Botschaft macht Präsident<br />
Barack Obama den Amerikanern<br />
Mut in der Krise. Er fordert<br />
sie auf, Engagement zu zeigen und<br />
Verantwortung zu übernehmen. An<br />
den deutschen Mittelstand gerichtet,<br />
könnte eine ähnliche Botschaft<br />
lauten: Hören Sie nicht auf das Krisengejammer!<br />
Lösen Sie sich von der Beliebigkeit<br />
und Austauschbarkeit Ihrer Unternehmen,<br />
Produkte und Leistungen,<br />
Workshopreihe<br />
vom sattsam bekannten Mittelmaß<br />
und von der verheerenden Allmacht<br />
des Preises („Billig ist geil“)! Bieten<br />
Sie stattdessen Ihren Kunden ein<br />
Mehr an Nutzwert! Aktivieren Sie<br />
Ihre unternehmerischen Tugenden:<br />
Ihren Weitblick, Ihre Kreativität,<br />
Ihren Mut, Ihre Menschlichkeit.<br />
Und: Führen Sie Ihr Unternehmen<br />
von der Zukunft her!<br />
Ihre Initiative ist gefragt<br />
Doch wer sollte eine derartige Botschaft<br />
in Deutschland loslassen? Die<br />
Politiker? Wohl kaum. Die sind zu<br />
Unter der Rubrik „Für die Zukunft gerüstet?“ bietet die Oskar-Patzelt-Stiftung die aus<br />
6 Modulen bestehende Work shop reihe zur Nutzung an<br />
(Durchführender: Dr. oec. habil. Jörg Schumann):<br />
n Führungspersönlichkeit und<br />
Unternehmenserfolg 06.<strong>03</strong>.<strong>2009</strong><br />
n Das Unternehmen in die Zukunft<br />
führen 27.<strong>03</strong>.<strong>2009</strong><br />
n Den Kunden mehr Nutzwert bieten<br />
17.04.<strong>2009</strong><br />
n Das Leistungspotenzial der Mitarbeiter<br />
erschließen 15.05.<strong>2009</strong><br />
n Die Wertschöpfungsprozesse<br />
effektivieren 05.06.<strong>2009</strong><br />
n Die Wirtschaftlichkeit des<br />
Unternehmens erhöhen 26.06.<strong>2009</strong><br />
Mehr: www.mut-zum-aufbruch.de | Information und Anmeldung: info@op-pt.de<br />
sehr mit ihrer Wiederwahl beschäftigt.<br />
Die Wirtschaftsführer? Eher<br />
nein. Ihr Interesse ist auf Banken<br />
und Konzerne gerichtet. Die Gewerkschaftsbosse?<br />
Wohl auch nicht. Sie<br />
müssen ihre Pfründe sichern. Die<br />
Kirchenmänner? Um Gottes willen!<br />
Also: Rundum Fehlanzeige.<br />
In dieser Situation ist unternehmerische<br />
Initiative gefragt. Liegt doch<br />
in jeder Krise auch die Chance für<br />
einen Wandel, für geistige Erneuerung<br />
und für das Gestalten einer<br />
erstrebenswerten Zukunft Ihrer<br />
Unternehmen mit eigener Kraft.<br />
Bringen Sie sich hier mit Kopf, Herz<br />
und Hand ein!<br />
Der Rahmen dafür ist gegeben. Als<br />
Mittelständler denken, fühlen und<br />
handeln Sie in Kategorien der Realwirtschaft.<br />
Dazu gehört, dass Sie die<br />
Regeln gesunden Wirtschaftens einhalten,<br />
sich nicht maßlos verzocken<br />
oder verheben und danach lauthals<br />
nach staatlichen Rettungsschirmen<br />
rufen. Das ist unwürdig.
Wirtschaft 21<br />
Vielmehr setzen Sie auf Führung,<br />
auf Zukunft, auf Nachhaltigkeit.<br />
Genau das praktizieren die Spitzenleister<br />
des deutschen Mittelstands.<br />
Weitgehend unabhängig von<br />
Branche, Unternehmensgröße und<br />
Eigentumsform entwickeln sie mit<br />
Vorbildwirkung eigene, innovative<br />
„Konjunkturprogramme“ und setzen<br />
diese in ihren Unternehmen konsequent<br />
um. Derart gerüstet, treten<br />
diese „Leuchtturm“-Unternehmen<br />
der Krise entgegen und geben ihr<br />
keine Chance.<br />
Ein „Konjunkturprogramm“<br />
für Mittelständler<br />
Ein solches „Konjunkturprogramm“<br />
möchte ich Ihnen vorstellen. Es ist<br />
an die Entscheidungs- und Verantwortungsträger<br />
im Mittelstand<br />
gerichtet und zielt auf einen Zugewinn<br />
an Führungskompetenz. Ich<br />
spreche hier von jener Kompetenz,<br />
welche erforderlich ist, um Ihr<br />
Unternehmen in eine erstrebens-<br />
werte Zukunft zu führen. Dabei<br />
geht es einerseits um Sie als Führungspersönlichkeit<br />
– um Ihre Ziele,<br />
Motive und Einstellungen sowie um<br />
Ihr Verhalten, Denken, Fühlen und<br />
Handeln.<br />
Und andererseits geht es um Ihr<br />
Führungs-Know-how – um Ihr<br />
Wissen und Können, um Ihre<br />
Fähigkeiten, Fertigkeiten und Erfahrungen<br />
sowie um Ihre Methoden<br />
und Instrumentarien. In dieser Dualität<br />
von Führungspersönlichkeit<br />
und Führungs-Know-how liegt der<br />
Schlüssel für nachhaltigen unternehmerischen<br />
Erfolg.<br />
Das Programm untersetzt neun<br />
Anforderungen an Ihre Führungskompetenz.<br />
Es vermittelt, wie<br />
und womit Sie die Anforderungen<br />
erfüllen können. Ferner bewertet<br />
es, inwieweit Sie den Kompetenzanforderungen<br />
gerecht werden und in<br />
welchen Anforderungsbereichen Sie<br />
einen Zugewinn erzielen sollten<br />
(s. Kasten oben).<br />
Anz_210x106_Anschnitt_12_08.qxd 02.12.2008 14:39 Uhr Seite 1<br />
Mein Konzept zur<br />
Unternehmensführung<br />
Führen Sie Ihr Unternehmen von<br />
der Zukunft her – von einer Zukunft,<br />
die Sie sich mit Realitätsbezug als<br />
erstrebenswert vorstellen (Vision).<br />
Legen Sie den Weg fest, um<br />
Ihre Vorstellung zu verwirklichen<br />
(Strategie). Bekunden und leben Sie<br />
Ihre Unternehmenswerte (Leitbild).<br />
Bestimmen Sie Ihre Unternehmensziele<br />
mit Mitarbeiter-, Kunden-,<br />
Prozess- und Wirtschaftlichkeitsbezug.<br />
Operationalisieren Sie die Zielerreichung<br />
mittels Leistungskennzahlen,<br />
Zielvorgaben und zielführender<br />
Maßnahmen. Messen, bewerten<br />
und steuern Sie die Zielerreichung.<br />
Verwirklichen Sie letztlich die im<br />
Heute entwickelte Unternehmensvision<br />
im morgigen Tagesgeschäft.<br />
Das ist Führung im eigentlichen<br />
Sinn des Wortes!<br />
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Ohne IT ist alles nichts nichts<br />
alles ist IT Ohne P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
(Fotos: © Klicker, Gerd Altmann, Kurt Michel/PIXELIO; obs/Panasonic, 1&1 Internet AG, Sennheiser electronic GmbH)
Wirtschaft 23<br />
Krise? Welche Krise?<br />
Die ITK-Branche als Krisenretter<br />
(Foto: © obs/Deutsche Messe AG Hannover)<br />
Die rasante Konjunktureintrübung<br />
ist auch an der Informationstechnikund<br />
Telekommunikationsbranche<br />
(ITK) nicht spurlos vorübergegangen.<br />
Unternehmen, Konsumenten und<br />
der öffentliche Sektor haben im Jahr<br />
2008 wieder rund 145 Mrd. Euro für<br />
Produkte und Dienstleistungen der<br />
ITK-Branche ausgegeben.<br />
Das Projektgeschäft, das fast die<br />
Hälfte der Umsätze mit IT-Dienstleistungen<br />
ausmacht, dürfte nach<br />
einem kräftigen Wachstum im Jahr<br />
2008 auch im laufenden Jahr noch<br />
ein leichtes Plus verzeichnen. Dafür<br />
spricht auch, dass nicht alle Abnehmer<br />
von IT-Lösungen gleichermaßen<br />
von der wirtschaftlichen Flaute<br />
erfasst werden.<br />
Ohne IT geht nichts<br />
Zu den IT-Anwenderbranchen, die<br />
voraussichtlich weniger hart betroffen<br />
sind, zählen z. B. die Versorgungsunternehmen<br />
und der gesamte<br />
öffentliche Sektor einschließlich des<br />
Gesundheitswesens. Der öffentliche<br />
Sektor macht mit einem Volumen<br />
von rund 18 Mrd. Euro pro Jahr rund<br />
ein Fünftel des IT-Gesamtmarktes<br />
aus.<br />
Fast alle Prozesse in größeren Organisationen<br />
laufen IT-gestützt ab.<br />
Deswegen kann es sich kein Betrieb<br />
mehr leisten, auf eine regelmäßige<br />
Modernisierung seiner IT-Systeme<br />
zu verzichten. Der Hardware-Markt<br />
wird im Jahr <strong>2009</strong> dagegen ein<br />
Minus verzeichnen. Hier sind die<br />
Margen so schmal, dass schon ein<br />
kleiner Rückgang der Nachfrage zu<br />
sinkenden Umsätzen führt.<br />
Rettungsanker<br />
n 7% Anstieg der Nachfrage nach<br />
Outsourcing-Leistungen<br />
n 20% der gesamten IT-Nachfrage über<br />
Investitionen der öffentlichen Hand<br />
n Anschub durch Konjunkturpaket<br />
n digitale Dividende für das flächendeckende<br />
Angebot mit schnellen<br />
Internetzugängen in ländlichen<br />
Räumen<br />
Schwarze Null <strong>2009</strong><br />
Die größte IT-Messe der Welt ist<br />
nur „zufrieden“. Die Prognose des<br />
Branchenverbandes BITKOM für das<br />
laufende Jahr: eine „schwarze Null“.<br />
Demonstrativer Optimismus wirkt<br />
ein wenig schal, ein Nachgeschmack<br />
war in der Presseberichterstattung<br />
der Cebit im März dennoch zu verspüren.<br />
Manche Bilanz las sich wie<br />
eine Nachricht aus einer längst vergangenen<br />
Zeit: Von „großer Zufriedenheit“<br />
vieler Unternehmen war die<br />
Rede und von wichtigen Impulsen.<br />
Ins gleiche Horn stieß der Präsident<br />
des Bundesverbandes Informationswirtschaft,<br />
Telekommunikation und<br />
neue Medien e.V. (BITKOM), August-<br />
Wilhelm Scheer: „Wirtschaftskrise<br />
hin oder her – diese Messe war für<br />
die übergroße Mehrheit der Unternehmen<br />
ein voller Erfolg.“ Die große<br />
Mehrheit der Fachbesucher sei mit<br />
sehr konkreten Kauf- und Investitionsabsichten<br />
nach Hannover gekommen.<br />
„Gerade weil die Reisebudgets<br />
knapp sind, wurde der Messebesuch<br />
in vielen Firmen gut vorbereitet.“<br />
Natürlich tue der Rückgang weh,<br />
sagte Ernst Raue, Vorstandsmitglied<br />
der CeBIT-Veranstalterin Deutsche<br />
Messe AG. Angaben über Einnahmeverluste<br />
der Cebit machte er nicht,<br />
doch könnten die Rückgänge für<br />
empfindliche Löcher in der Unternehmensbilanz<br />
sorgen. Wirtschaftskrise<br />
und Strukturwandel in der<br />
Hightech-Industrie haben der weltgrößten<br />
IT-Messe in Hannover in diesem<br />
Jahr stark zugesetzt, resümierte<br />
auch die sueddeutsche.de.<br />
Megatrends der Zukunft<br />
Die Cebit nach der Krise war also<br />
keine Katastrophe, aber Rekorde sind<br />
nicht mehr zu machen. Seit zehn<br />
Jahren seien die Zeiten zweistelliger<br />
Zuwachsraten des Gesamtmarktes<br />
vorbei, meinte Scheer im Handelsblatt-Interview.<br />
Aber es entstünden<br />
neue Segmente, die geradezu<br />
explosionsartig wachsen. Im Bereich<br />
„Embedded Systems“ entstehe<br />
derzeit ein neuer Multi-Milliarden-<br />
Markt mit großen Chancen für die<br />
deutsche Industrie. „Die ITK-Branche<br />
ist gereift…Und mit der Reife hat sie<br />
ihre Innovationskraft gesteigert. Die<br />
BITKOM-Branche bleibt spannend,<br />
und sie hat das Zeug, einzelne<br />
Unternehmen und die gesamte<br />
Wirtschaft aus der Krise zu ziehen“,<br />
hofft Scheer. n<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
20 24<br />
September I Oktober<br />
Wirtschaft<br />
Regional<br />
Telefoniert wird immer<br />
(Foto: © maçka/aboutpixel.de)<br />
…und günstiger denn je<br />
Marktsegmente ITK <strong>2009</strong><br />
Vor allem Software und IT-Dienstleistungen<br />
haben der ITK-Branche 2008<br />
ein positives Wachstum beschert.<br />
Die Zukunft ist unsicher, aber Axel<br />
Pohl vom Branchenverband BITKOM<br />
prognostiziert im Handelsblatt zuversichtlich:<br />
Informationstechnik sei<br />
auch in der Krise gefragt, und telefoniert<br />
werde immer. Im Gegensatz<br />
zum IT-Markt seien die konjunkturellen<br />
Einflüsse auf den Telekommunikationsmarkt<br />
eher gering. Laut<br />
Einschätzung Pohls könnte je nach<br />
der Schwere der Rezession ein Teil der<br />
Kunden versuchen, gezielt Ausgaben<br />
für TK-Dienstleistungen zu reduzieren,<br />
der generelle Trend hin zu mehr<br />
Kommunikation und intensiverer<br />
Internetnutzung würde dadurch aber<br />
nicht gebrochen werden. Da die Preise<br />
schneller schrumpften als die verkauften<br />
Telefoneinheiten wachsen,<br />
sänken dennoch die Umsätze. Der<br />
BITKOM rechnet für das Jahr <strong>2009</strong><br />
für den TK-Gesamtmarkt mit einem<br />
Minus von 1,2 Prozent, nach einem<br />
Rückgang von 1,6 Prozent 2008. Das<br />
Marktvolumen wird <strong>2009</strong> rund 65<br />
Mrd. Euro betragen.<br />
Tiefer Wandel<br />
Der Telekommunikationsmarkt ist<br />
weiterhin durch einen tiefgreifenden<br />
technologischen Wandel und einen<br />
scharfen Preiswettbewerb geprägt.<br />
Noch nie konnte man so günstig<br />
telefonieren oder im Internet surfen.<br />
Rund 4,3 Millionen Haushalte in<br />
Deutschland haben ihren Festnetzanschluss<br />
inzwischen abgeschafft und<br />
telefonieren ausschließlich mit dem<br />
Handy.<br />
Dennoch steigt das Gesprächsaufkommen<br />
über alle Netze kräftig an:<br />
allein in den letzten drei Jahren um<br />
fast zwölf Prozent. Überrascht haben<br />
die Zahlen im Mobilfunk, so Pohl im<br />
„Handelsblatt“. Ende 2008 gab es<br />
nach BITKOM-Schätzung 110 Millionen<br />
Mobilfunkkarten in Deutschland.<br />
Das ist in einem Markt, den viele für<br />
gesättigt hielten, ein Wachstum von<br />
13 Prozent. Eine anhaltend hohe Nachfrage<br />
gibt es bei den Datendiensten,<br />
also etwa Internetzugangsdiensten,<br />
SMS etc. Während der Umsatz mit<br />
Sprachdiensten sowohl im Festnetz<br />
als auch im Mobilfunk im Jahr 2008<br />
trotz intensiverer Nutzung weiter<br />
rückläufig war, verzeichneten die Datendienste<br />
ein kräftiges Umsatzplus.<br />
Exportrückgang<br />
Deutschland gehört zu den führenden<br />
ITK-Exporteuren, aber der Export<br />
von ITK-Hardware entwickelte sich<br />
im Jahr 2008 stark rückläufig. Diese<br />
Entwicklung ist neben der sich abschwächenden<br />
Konjunktur in wichtigen<br />
Abnehmerländern vor allem<br />
auf den Einbruch der Ausfuhren im<br />
Bereich der TK-Hardware (minus 42<br />
Prozent) zurückzuführen.<br />
Hier machen sich Standortverlagerungen<br />
bzw. Werksschließungen bemerkbar.<br />
Der Export von IT-Hardware<br />
und Consumer Electronics ging bis<br />
einschließlich Oktober gegenüber<br />
dem Vorjahreszeitraum um neun<br />
Prozent zurück. Das Auslandsgeschäft<br />
mit ITK-Dienstleistungen (Software,<br />
IT-Dienstleistungen, TK-Dienste) entwickelte<br />
sich dagegen mit plus zehn<br />
Prozent sehr positiv. n
Wirtschaft 25<br />
Internet der Dinge<br />
Zwischen Blabla-Tsunami und sinnvollen Anwendungen –<br />
Logistikbranche profitiert von Produkten mit intelligentem<br />
Gedächtnis<br />
IT gegen das Vergessen<br />
(Foto: © Viktor Schwabenland/PIXELIO)<br />
(www.ne-na.de) - Ein Konsortium<br />
unter Federführung des Deutschen<br />
Forschungszentrums für Künstliche<br />
Intelligenz hat es sich zur Aufgabe<br />
gemacht, Produkte mit Gedächtnis<br />
zu entwickeln. Das Projekt trägt den<br />
Namen „Semantic Product Memory“<br />
(SemProM).<br />
Neue Intelligenz<br />
„Die Forscher beschreiben einige<br />
Szenarien, in denen tagebuchschreibende<br />
Produkte zum Einsatz<br />
kommen könnten, etwa ein Einkaufsassistent<br />
für eine alte Dame,<br />
die schon ein wenig schusselig ist<br />
und manchmal etwas vergisst. Dem<br />
sollen merkfähige Dinge abhelfen.<br />
Wenn Oma nicht mehr weiß, was<br />
sie wollte, wird künftig ihr kluger<br />
Rollator die Kaufentscheidungen<br />
treffen. Erzeugnisse sollen bald ganz<br />
genau wissen, wem sie gehören und<br />
was sie schon alles erlebt haben,<br />
um auf diese Weise beispielsweise<br />
Produktpiraten entgegenzutreten“,<br />
so Technology Review-Blogger Peter<br />
Glaser.<br />
Der trostlose Anhauch des Anorganischen,<br />
unter dem die meisten<br />
Objekte bislang zu leiden hatten,<br />
könnte einer Art von Intelligenz<br />
weichen, die uns als eine neue, vielfältig<br />
hilfreiche mikromaschinelle<br />
Umwelt umgeben soll.<br />
Das Maß der Dinge<br />
„Dabei streift mich eine Vorstellung<br />
von murmelnden Schachtelreihen<br />
im Supermarkt, ein Geräusch wie<br />
in einem gut gefüllten Restaurant,<br />
zwischendrin ein paar übellaunige<br />
Dübel in der Elektroabteilung – mir<br />
wird schon jetzt zu viel kommuniziert.<br />
Sollten nun auch noch die<br />
Dinge äußerungsfähig werden, und<br />
ich meine nicht einfach nur einen<br />
piepsenden Sensor, sehe ich einen<br />
Blabla-Tsunami auf uns zufluten“,<br />
befürchtet Glaser.<br />
Unstrittig sind die logistischen Vorteile<br />
beim Internet der Dinge, denn<br />
Unternehmen können nur managen,<br />
was sie auch messen können. Dieser<br />
im Prinzip einfache Grundsatz stellt<br />
sich in der Praxis häufig als Problem<br />
dar. Wenn etwa ein Einzelhändler<br />
nicht in der Lage ist, den Füllstand<br />
seiner Regale genau zu messen,<br />
dann wird er auch nicht in der Lage<br />
sein, die Verfügbarkeit seiner Handelsware<br />
in der Filiale zu erhöhen.<br />
RFID arbeitet allein…<br />
So gehen bis zu acht Prozent des<br />
Umsatzes durch sog. Out-of-Stock-<br />
Situationen (OOS) verloren. Mit der<br />
RFID-Funktechnologie bekommen<br />
Informationssysteme erstmals<br />
„Augen“ und „Ohren“ und damit die<br />
Fähigkeit zur kostengünstigen Messung<br />
ihrer Umwelt.<br />
Sie haben das Potenzial, den Medienbruch<br />
zwischen physischen<br />
Prozessen und deren Informationsverarbeitung<br />
zu vermeiden. Sie<br />
ermöglichen eine vollautomatisierbare<br />
Maschine-Maschine-Beziehung.<br />
Die RFID-„Minicomputer“<br />
übernehmen die Aufgaben eines<br />
Mediators zwischen realer und virtueller<br />
Welt.
20 26<br />
September I Oktober<br />
Wirtschaft<br />
Regional<br />
(Foto: © Marcus Walter/PIXELIO)<br />
Logistik ist keine Zauberei<br />
Physische Ressourcen, wie Schachteln,<br />
Paletten, Lagerplätze, Regale<br />
und einzelne Produkte können ohne<br />
menschliche Eingriffe über die<br />
unternehmensinternen und externen<br />
Rechnernetze kommunizieren.<br />
…korrigiert Fehler<br />
Sobald eine mit einem RFID-Etikett<br />
versehene Ware von einem Kunden<br />
gekauft und ausgebucht wird, zeigt<br />
das System diese Information je<br />
nach Konfiguration im Lager und<br />
im Backoffice an. Das Servicepersonal<br />
kann zielgerichtet entstandene<br />
Lücken in den Regalen beseitigen<br />
und neue Ware einsortieren.<br />
Selbst falsch zurückgestellte Ware<br />
lässt sich lokalisieren und kann wieder<br />
an den richtigen Platz gebracht<br />
werden. Aber nicht nur das OOS-<br />
Management kann deutlich verbessert<br />
werden.<br />
…misst die Größe<br />
Die gesamte Logistikkette im Einzelhandel<br />
steht durch RFID vor einem<br />
Paradigmenwechsel:<br />
Neben der Erfassung des Gewichtes<br />
gewinnt auch die Bestimmung der<br />
Größe von Packstücken mehr und<br />
mehr an Bedeutung. Ob mit Blick<br />
auf das Versandvolumen oder für<br />
die Optimierung von Lager- und<br />
Transportvolumen – Länge, Breite<br />
und Höhe spielen eine immer größere<br />
Rolle.<br />
Der Logistikmarkt mit seiner kontinuierlich<br />
wachsenden Nachfrage<br />
setzt zunehmend auf RFID-Systeme,<br />
die mit einer Einheit gleichzeitig<br />
Gewicht und Volumen erfassen<br />
sowie die Packstücke erkennen und<br />
kennzeichnen.<br />
Mit einer Systemkombination aus<br />
Gewichts- und Volumenmessung,<br />
Etikettierung und Barcode-Scanning<br />
wird die Logistik in Zukunft<br />
weiter rationalisiert werden. n
Wirtschaft 27<br />
CRM-Software<br />
besser mieten<br />
Software as a Service (SaaS) schont<br />
die Liquidität von Unternehmen<br />
(Foto: © Viktor Schwabenland/PIXELIO)<br />
Die konjunkturelle Entwicklung hinterlässt schon Spuren.<br />
Unternehmen stellen wichtige Investitionen zurück, um die<br />
notwendige Liquidität zu erhalten. Dabei müssten sie gerade<br />
jetzt ihre Prozesse überprüfen und in neue Technologien<br />
investieren.<br />
Software as a Service (SaaS) bietet einen Ausweg aus dem<br />
Dilemma. Unternehmen können Software flexibel nutzen<br />
und die laufenden IT-Ausgaben senken.<br />
Auch vor der Wirtschaftskrise scheuten gerade kleinere<br />
und auch mittelständische Unternehmen die Investition<br />
in integrierte CRM-Lösungen. Einfacher Grund: die hohen<br />
Anschaffungskosten.<br />
Ein Beispiel<br />
Die TechConsult GmbH in Kassel hat es an einem Beispiel<br />
errechnet. Für zehn User schlagen schon die Lizenzen für<br />
eine komplette CRM-Suite mit rund 13.000 Euro zu Buche.<br />
Zur Software kommt die Implementierung, eventuell<br />
zusätzliche Hardware, Tools zur Anbindung an vorhandene<br />
Systeme, Kosten für die Bereitstellung der Lösung in einem<br />
gesicherten Rechenzentrum und für eine hohe Verfügbarkeit,<br />
die laufende Pflege und vieles mehr.<br />
VETTER<br />
„Rechnet man alle Kosten zusammen, kommen bei einer<br />
Laufzeit von mehr als fünf Jahren Gesamtkosten von rund<br />
50.000 Euro zusammen“, erklärt Alexander Kubsch, Director<br />
Consulting bei der TechConsult. Das ist viel Geld für einen<br />
Mittelständler. Pro Monat und User ergeben sich bei einer<br />
traditionellen Softwareimplementierung im eigenen Hause<br />
Kosten in Höhe von rund 78 Euro.<br />
Branchenlösung statt Standardversion<br />
Hinzu kommt ein anderer Aspekt. Jedes Unternehmen<br />
verändert permanent Strukturen und Prozesse. Neue User<br />
kommen hinzu, andere fallen weg. Würden dafür Lizenzen<br />
gekauft, können sich schnell Unter- oder Überlizenzierungen<br />
ergeben.<br />
Typische Lizenzmodelle sind eigentlich zu unflexibel, denn<br />
gebrauchte Software kann man nicht mehr zurückgeben<br />
oder einfach verkaufen.<br />
Was liegt da näher, als Software zu mieten und diese nur<br />
nach der tatsächlichen Nutzung zu bezahlen. In IT-Kreisen<br />
gilt das als einer der aktuellen Markttrends: Software as a<br />
Service (SaaS). Es geht dabei um viel mehr als um die Nutzung<br />
einer Software als Technologieplattform.<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
20 28<br />
September I Oktober<br />
Wirtschaft<br />
Regional<br />
(Foto: © Marcus Walter/PIXELIO)<br />
Anschluss nicht verpassen<br />
Mehr als mieten<br />
Einer der weltweiten Marktführer<br />
bei CRM-Systemen ist salesforce.com<br />
aus den USA. Über ein Portal werden<br />
die Nutzer der Lösung eingetragen.<br />
Nach Freischaltung kann sie sofort<br />
genutzt werden. Von Monat zu<br />
Monat kann die Userzahl dann dem<br />
tatsächlichen Bedarf in Vertrieb,<br />
Marketing und Kundendienst angepasst<br />
werden.<br />
Flexibler geht es kaum. Am Monatsende<br />
werden die User einfach<br />
abgerechnet. Die Kosten sind für<br />
Unternehmen stets überschaubar,<br />
sicher kalkulierbar und als Betriebsausgaben<br />
auch sofort absetzbar.<br />
Technische Voraussetzung ist lediglich<br />
ein Breitbandanschluss und ein<br />
Internetbrowser an jedem Arbeitsplatz.<br />
Strategie zählt<br />
Doch die Unternehmen wollen nicht<br />
nur Lösungen von der Stange. CRM<br />
ist ein strategisches Instrument<br />
zur Verbesserung von Kundenbeziehungen<br />
und Geschäftsprozessen<br />
mit dem Ziel, Unternehmen im<br />
Wettbewerb besser zu positionieren.<br />
„Waren es früher lediglich Anpassungen<br />
bei den Standardreports,<br />
fragen Kunden heute konkret nach<br />
Branchenlösungen“, weiß Karl-Heinz<br />
Plünnecke, Vertriebsdirektor für<br />
CRM beim Microsoft-Partner Qurius<br />
in Hamburg.<br />
Grundsätzlich spielt es keine Rolle,<br />
ob Standardsoftware oder Branchenlösung<br />
als gehostete Version<br />
zur Verfügung gestellt wird. Sie<br />
muss lediglich die technischen<br />
Voraussetzungen dafür bieten, und<br />
das können zumeist nur die neuesten<br />
Systeme.<br />
Flexibilität als größter Vorteil<br />
Lynn-Kristin Thorenz, Analystin<br />
bei der Pierre Audoin Consultants<br />
(PAC) GmbH in München, sieht die<br />
Nutzung einer SaaS-Variante als<br />
echte Alternative zu einer traditionellen<br />
Software-Einführung: „Insbesondere<br />
für den Mittelstand sind<br />
branchenspezifisch gehostete CRM-<br />
Lösungen sehr attraktiv und bieten<br />
in wirtschaftlich schwächeren<br />
Zeiten eine interessante Chance,<br />
Kundenansprache zu verbessern<br />
und Vertriebseffizienz zu erhöhen.<br />
Nach unserer Einschätzung wird es<br />
zukünftig eine Koexistenz beider<br />
Systeme geben.<br />
„Die Wettbewerbssituation wird auf<br />
absehbare Zeit für stabile Monatspreise<br />
sorgen. Und die liegen bei<br />
einem der marktführenden CRM-<br />
Systeme derzeit schon bei unter 60<br />
Euro, womit die SaaS-Variante bei<br />
kleineren Installationen die deutlich<br />
kostengünstigere Alternative<br />
ist. Steigt die Nutzerzahl im Laufe<br />
der Zeit, kann der Umstieg auf ein<br />
traditionelles Lizenzkaufmodell mit<br />
„on premise“-Installation sinnvoll<br />
sein. Die Daten werden vom IT-<br />
Dienstleister dann einfach auf das<br />
Inhouse-System übernommen. Zwischenzeitlich<br />
können sich Mittelständler,<br />
ohne große Investitionen<br />
tätigen zu müssen, von den Vorzügen<br />
ihrer neuen Lösung in der Praxis<br />
überzeugen. Die Hemmschwelle für<br />
den CRM-Einstieg ist dank SaaS sehr<br />
niedrig geworden. n<br />
Ingo H. Fleckenstein<br />
Volkswirtschaftliche<br />
Bedeutung der ITK-Wirtschaft<br />
ITK: Informationstechnik (Computer-Hardware, Software,<br />
IT-Dienstleistungen), TK (Hardware, TK-Dienste: Festnetz, Mobilfunk,<br />
Datenübertragung) und digitale Unterhaltungselektronik<br />
n 145 Mrd. Euro Marktvolumen<br />
n rund 800 000 Angestellte und Selbstständige<br />
n 1 Mio. ITK-Fachkräfte in anderen Branchen<br />
n Bruttowertschöpfung seit Mitte der 90er Jahre um fast<br />
50% gewachsen<br />
n Ca. 57 Mrd. Euro Exportvolumen<br />
n 5 600 Patentanmeldungen im Bereich ITK beim Europäischen<br />
Patentamt (europäischer Spitzenreiter, wird nur von den USA<br />
und Japan übertroffen)<br />
n Höchster Wertschöpfer Deutschlands (vor Automobil und<br />
Maschinenbau)<br />
(Quelle: BITKOM)<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
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Preise der Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
Ehrennadel<br />
Mit einer vergoldeten Ehrennadel würdigt die Oskar-Patzelt-<br />
Stiftung Persönlichkeiten, die die Arbeit der Stiftung besonders<br />
aktiv unterstützen oder sich in überzeugender Weise um den<br />
unternehmerischen Mittelstand in Deutschland verdient<br />
gemacht haben.<br />
Ehrenplakette<br />
Traditionell werden seit 1999 Sonderpreise an Persönlich<br />
keiten/Institutionen verliehen, die für bestechend<br />
positive Beispiele der Mittel standsförderung stehen<br />
– trotz der oft gescholtenen wirtschaftlichen<br />
Rahmen bedingungen:<br />
Unternehmerin des Jahres<br />
Jährlich für eine Unternehmerin, die die Kriterien<br />
des Wettbewerbs erfüllt und in besonderer<br />
Weise Hervorragendes als Unternehmerin<br />
geleistet hat.<br />
An ein Kreditinstitut:<br />
Bank des Jahres<br />
An eine Persönlichkeit/Institution<br />
der Kommunalpolitik:<br />
Kommune des Jahres<br />
jeweils für herausragende Leistungen,<br />
Engagement und Erfolge<br />
beim Aufbau und der Pflege<br />
gesunder mittelständi scher<br />
Wirtschaftsstruk turen.<br />
Großer Preis des Mittelstandes<br />
und Sonderpreise<br />
Finalist<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Premier-Ehrenplakette<br />
Bundesweit:<br />
Premier-Ehrenplakette<br />
Für besonders überzeugende<br />
Entwicklung von Unternehmen,<br />
die bereits Preisträger des „Großen<br />
Preises des Mittelstandes“ und des<br />
„Premier“ sind.<br />
Premier<br />
Die höchste zu vergebende Auszeichnung<br />
im Rahmen des Wettbewerbs für<br />
einen Preisträger, dessen Auszeichnung<br />
mindestens zwei Jahre zurück liegt und<br />
der sich seitdem bedeutend weiterentwickelt<br />
hat.<br />
Premier<br />
Premier-Finalist<br />
Für einen Preisträger, dessen Auszeichnung mindestens<br />
zwei Jahre zurück liegt und der sich seitdem<br />
bedeutend weiterentwickelt hat.<br />
Ehrenplakette<br />
Für die drei Preisträger des Jahres, die die Jurys am nachhaltigsten<br />
beeindruckt haben und für bemerkenswerte<br />
Unternehmensentwicklungen von Preisträgern der Vorjahre.<br />
Premier-Finalist<br />
In den 12 Wettbewerbsregionen:<br />
Großer Preis des Mittelstandes<br />
Jährlich für die drei Unternehmen je Wettbewerbsregion (i.d.R. ein Bundesland),<br />
die die fünf Wettbewerbskriterien am deutlichsten erfüllen.<br />
Finalist<br />
Jährlich für die fünf Unternehmen je Wettbewerbsregion, die fast ebenso gute Jurybewertungen<br />
erhielten wie die Preisträger.<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
32<br />
Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
Neue Qualität im<br />
Jubiläumsjahr<br />
(Foto: Igor Pastierovic)<br />
2. Wettbewerbsstufe „Großer Preis des Mittelstandes“:<br />
Bundesweit mehr Unternehmen im Finale als in den Vorjahren<br />
Für den 15. Wettbewerb um den<br />
„Großen Preis des Mittelstandes“<br />
<strong>2009</strong> wurden 3 366 Unternehmen<br />
und Persönlichkeiten (2008: 3 184)<br />
von mehr als 1 400 Kommunen,<br />
Institutionen, Kammern und Verbänden<br />
in den 16 Bundesländern nominiert.<br />
Das ist auf beiden Seiten eine<br />
beachtliche Steigerung gegenüber<br />
dem Vorjahr. Diese Unternehmen<br />
repräsentieren den wirtschaftlich<br />
erfolgreichen und sozial engagierten<br />
Mittelstand in seiner gesamten<br />
Spannbreite unterschiedlicher<br />
Branchen sowie Organisations- und<br />
Eigentumsformen.<br />
1 028 Firmen auf der Juryliste<br />
Kein anderer Mittelstandswettbewerb<br />
in Deutschland erreicht eine<br />
solch große und über mehrere Jahre<br />
anhaltende Resonanz. Dabei sind<br />
die Preise nicht dotiert. Es geht für<br />
die Unternehmen um Ehre und<br />
öffentliche Anerkennung – ohne<br />
finanzielle Anreize. Nach Vorliegen<br />
der unternehmensspezifischen Erhebungsunterlagen<br />
zum 16. April <strong>2009</strong><br />
Verteilung der 1 028 Unternehmen<br />
der Juryliste auf die 12<br />
Wettbewerbsregionen:<br />
Region/Bundesland <strong>2009</strong> 2008<br />
Baden-Württemberg 97 83<br />
Berlin/Brandenburg 129 113<br />
Mecklenburg-Vorpommern 34 37<br />
Nordrhein-Westfalen 91 92<br />
Sachsen 124 139<br />
Schleswig-Holstein/Hamburg 20 18<br />
Bayern 187 116<br />
Hessen 53 55<br />
Niedersachsen/Bremen 57 43<br />
Rheinland-Pfalz/Saarland 90 86<br />
Sachsen-Anhalt 76 86<br />
Thüringen 73 78<br />
und einem folgenden Grobcheck der<br />
Antworten der Unternehmen auf die<br />
57 Juryfragen (erfolgte mittels einer<br />
Online-SQL-Datenbank) setzt sich<br />
die positive Gesamtentwicklung des<br />
Wettbewerbs auch in diesem Jahr<br />
fort: Bundesweit haben 1 028 Unternehmen<br />
(2008: 946) die 2. Wettbewerbsstufe,<br />
die sog. Juryliste, erreicht.<br />
Diesen Unternehmen wird in den<br />
nächsten Wochen in feierlicher Form<br />
von Wirtschaftsministern, Staatssekretären<br />
und Kammer-Präsidenten,<br />
durch die Bundesgeschäftsstelle in<br />
Leipzig und von den bundesweit tätigen<br />
Servicestellen der Oskar-Patzelt-<br />
Stiftung – die den Wettbewerb seit<br />
1994/95 jährlich ausschreibt und<br />
organisiert – die „Urkunde zum Erreichen<br />
der Juryliste“ überreicht.<br />
Verbindung von Wirtschaftsförderung<br />
und Regionalmarketing<br />
Bis Ende Juni dieses Jahres entscheiden<br />
insgesamt zwölf regional organisierte<br />
Jurys mit etwa 100 Juroren,<br />
wer aus dem Kreis dieser kleinen<br />
und mittleren Firmen Finalist bzw.<br />
Preisträger des Wettbewerbs wird.<br />
In jeder der zwölf Wettbewerbsregionen<br />
können bis zu drei Preisträger<br />
und bis zu fünf Finalisten<br />
ausgezeichnet werden. Dr. Helfried<br />
Schmidt, Vorstand der Oskar-Patzelt-<br />
Stiftung, stellt u. a. fest:<br />
1. Gesamtentwicklung<br />
des<br />
Unternehmens<br />
5. Service und<br />
Kundennähe,<br />
Marketing<br />
5<br />
Kriterien<br />
4. Engagement<br />
in der Region<br />
2. Schaffung<br />
und Sicherung<br />
von Arbeits- und<br />
Ausbildungsplätzen<br />
3. Innovation und<br />
Modernisierung<br />
„Die Qualität der Einreichungen<br />
ist erneut beeindruckend. Von den<br />
Ergebnissen bei der Arbeits- und<br />
Ausbildungsplatzsicherung trotz<br />
gegenwärtiger Krisensituation, über<br />
Innovationen bis zum Engagement<br />
in den Regionen zeigt der Mittelstand,<br />
dass er die aktuellen Herausforderungen<br />
verantwortungsvoll<br />
meistert. Besonders erfreulich ist,<br />
dass bundesweit zahlreiche Kommunen<br />
und Institutionen die Arbeit mit<br />
diesem Wettbewerb als Instrument<br />
der Verbindung von Wirtschaftsförderung<br />
und Regionalmarketing<br />
aufgreifen und dass die Unternehmen<br />
selbst die Erstellung der Unterlagen<br />
für die Juroren als einfaches<br />
Management- und Führungsinstrument<br />
nutzen.“<br />
Spannend bis zum Schluss<br />
Wer Finalist oder Preisträger <strong>2009</strong><br />
wird, erfahren die Gewinner erst<br />
am Abend der Preisverleihungen<br />
im Rahmen regionaler Galas (siehe<br />
Kasten „Auszeichnungen“) bzw. auf<br />
dem Bundesball in Berlin, wo die<br />
Sonderpreise und Ehrenplaketten<br />
verliehen werden.<br />
Die Auflistung der 1 028 Firmen und<br />
Institutionen, welche die Juryliste<br />
<strong>2009</strong> erreicht haben, kann unter<br />
www.mittelstandspreis.com eingesehen<br />
werden. ■<br />
Auszeichnungen<br />
■ 5. September <strong>2009</strong> in Magdeburg:<br />
für Berlin-Brandenburg,<br />
Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Sachsen, Sachsen-Anhalt<br />
■ 12. September <strong>2009</strong> in Würzburg:<br />
für Baden-Württemberg, Bayern,<br />
Hessen, Thüringen<br />
■ 26. September <strong>2009</strong> in Düsseldorf:<br />
für Niedersachsen/Bremen, Nordrhein-<br />
Westfalen, Rheinland-Pfalz/Saarland,<br />
Schleswig-Holstein/Hamburg<br />
■ 24. Oktober <strong>2009</strong> in Berlin:<br />
Bundesball; Verleihung der<br />
Sonderpreise und Ehrenplaketten<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Oskar-Patzelt-Stiftung 33<br />
Kein Pessimismus!<br />
(Foto: Detlev Müller)<br />
Vergessen Sie mal die schlechten<br />
Nachrichten. Genießen Sie die zarten<br />
Schwalbenrufe, die ersten Anzeichen<br />
von Sommer, Sonne, blauem Himmel<br />
und lauen Abenden. Der Winter war<br />
in diesem Jahr doch verdammt lang.<br />
Aber ohne die Kälte funktioniert<br />
der Kreislauf der Natur überhaupt<br />
nicht. Nun versucht man wieder<br />
einmal mit politischen Mitteln, den<br />
wirtschaftlichen Winter in einen<br />
konjunkturellen Frühling zu verwandeln.<br />
Leider ist bisher noch kein<br />
funktionierendes Mittel gegen Krisen<br />
entwickelt worden.<br />
Hat nicht Angela Merkel auf der<br />
Hannover Messe einen ersten zarten<br />
Optimismus verströmt? Kurze Zeit<br />
später überholten sich die Wirtschaftsinstitute<br />
mit ihren Negativprognosen<br />
in den Medien. Was denn<br />
nun? Den vorsichtigen Optimismus<br />
der Kanzlerin kann man nicht nur<br />
als Trost oder Zuspruch auffassen.<br />
Die Wirtschaftsleistung insgesamt<br />
liegt doch nicht am Boden, wie wir<br />
alle wissen. Im Jahr 2006 sind wir<br />
jetzt angekommen. Wirtschaftlich<br />
gesehen.<br />
Da können sich die Unternehmer<br />
nicht unterkriegen lassen. Weihnachten<br />
ist vorbei. Der Winterspeck,<br />
davon zehren die meisten noch<br />
eine Weile. Aber gerade in solchen<br />
turbulenten Zeiten müssen wir uns<br />
neu sortieren und über den Tellerrand<br />
schauen. Wir wissen doch, die<br />
Flexibilität des Mittelstandes ist die<br />
Essenz des Unternehmertums: Chancen<br />
ergreifen, Risiken kalkulieren.<br />
Wir wissen genau, dass jede Branche<br />
unterschiedlich krisenanfällig ist,<br />
deshalb wird das ganze System aber<br />
nicht zusammenbrechen. Nicht der<br />
gesamte Mittelstand steht jetzt vor<br />
einer Radikalkur – das ist Ausdruck<br />
einer Stimmung, die von Sensationsgier<br />
getrieben wird. Wenn die<br />
Wirtschaftsinstitute mit minus sechs<br />
Prozent Wirtschaftsleistung drohen,<br />
weiß jeder, der Statistiken kennt, was<br />
das bedeutet. Natürlich wird jeder<br />
vernünftige Mensch seine Prioritäten<br />
den neuen Rahmenbedingungen<br />
anpassen. Aber verlassen Sie sich<br />
gerade in Zeiten der wirtschaftlichen<br />
Abkühlung am besten auf Ihr Bauchgefühl.<br />
Darauf zu zählen ist sicherer,<br />
als den Parolen der überzogenen Pessimisten<br />
zu folgen.<br />
Ihre Petra Tröger
34<br />
Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
Fahrplan zum „Großen Preis des Mittelstandes“<br />
■ November:<br />
Nominierungsaufforderung<br />
durch die Oskar-Patzelt-<br />
Stiftung<br />
■ bis 31. Januar:<br />
Einreichung der Vorschläge<br />
■ bis Ende Februar:<br />
Benachrichtigung der nominierten<br />
Unternehmen durch<br />
die Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
■ bis Ende März:<br />
auszugsweise Veröffentlichung<br />
nominierter Unternehmen;<br />
regionale Workshops<br />
■ bis 15. April:<br />
Übermittlung wettbewerbsrelevanter<br />
Daten durch die<br />
nominierten Unternehmen<br />
an die Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
via SQL-Datenbank<br />
■ bis Mitte Mai:<br />
Vorauswertung der Daten<br />
durch die Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
hinsichtlich Erfüllung<br />
der Wettbewerbskriterien<br />
■ bis Anfang Juni:<br />
Bei Erfüllung der Kriterien<br />
erhalten die nominierten<br />
Unternehmen eine Urkunde<br />
über die Erreichung der<br />
2. Stufe (Juryliste)<br />
■ bis Ende Juli:<br />
Auswahl der Preisträger und<br />
Finalisten durch 12 Landesund<br />
eine Abschlussjury<br />
■ Die Entscheidungen der<br />
Jurys bleiben bis zu den Auszeichnungsveranstaltungen<br />
geheim – kein Unternehmen<br />
wird vor der Preisverleihung<br />
informiert<br />
■ September/Oktober:<br />
Ehrung der Preisträger und<br />
Finalisten durch die Oskar-<br />
Patzelt-Stiftung auf mehreren<br />
regionalen Auszeichnungsveranstaltungen<br />
■ Verleihung der bundesweiten<br />
Sonderpreise und Ehrenplaketten<br />
der Oskar-Patzelt-<br />
Stiftung auf dem Bundesball<br />
in Berlin<br />
■ An den Auszeichnungsveranstaltungen<br />
können alle<br />
Unternehmen teilnehmen<br />
■ Preisträger und Finalisten<br />
werden im P. T. Magazin und<br />
im Internet veröffentlicht<br />
Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4<br />
■ Jedes Jahr im November fordert<br />
die Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
zahlreiche Kommunen, Kammern,<br />
Verbände und Institutionen<br />
auf, erfolgreiche Unternehmen<br />
für den „Großen Preis des<br />
Mittelstandes“ zu nominieren.<br />
Das dürfen aber auch Privatpersonen<br />
und Unternehmen,<br />
lediglich Selbstnominierungen<br />
sind ausgeschlossen.<br />
Stichtag ist der 31. Januar.<br />
Im Februar werden die nominierten<br />
Unternehmen von der<br />
Oskar-Patzelt-Stiftung schriftlich<br />
benachrichtigt und zur<br />
Einreichung wettbewerbsrelevanter<br />
Unterlagen aufgefordert.<br />
Nominierte Unternehmen<br />
werden auszugsweise veröffentlicht.<br />
■ In einer passwortgeschützten<br />
SQL-Datenbank kann jedes nominierte<br />
Unternehmen detaillierte,<br />
wettbewerbsrelevante<br />
Informationen bereitstellen,<br />
die für eine Jury-Entscheidung<br />
gebraucht werden. Stichtag ist<br />
der 15. April.<br />
Zusätzliches Material (Dokumente,<br />
Videos etc.) kann bis<br />
Ende April eingereicht werden.<br />
Danach erfolgt eine Vorauswertung<br />
der Daten hinsichtlich<br />
der 5 Preiskriterien. Sind diese<br />
erfüllt, verbleibt das Unternehmen<br />
im Wettbewerb und erhält<br />
eine Urkunde.<br />
Alle übrigen Unternehmen werden<br />
nicht gesondert informiert.<br />
■ Aus den Teilnehmern der<br />
im Wettbewerb verbliebenen<br />
Unternehmen wählen die<br />
regional aufgestellten Jurys die<br />
Preisträger und Finalisten aus.<br />
12 Landes- und eine Abschlussjury<br />
entscheiden dabei auf der<br />
Grundlage der eingesandten<br />
Unterlagen. Entscheidend sind<br />
die grundsätzliche Erfüllung<br />
und das qualitative Niveau der<br />
5 Bewertungskriterien.<br />
Die Regionaljurys entscheiden<br />
über die Kandidaten ihrer Wettbewerbsregion,<br />
die Abschlussjury<br />
über die Vergabe der<br />
Sonderpreise und Ehrenplaketten.<br />
Die Jury-Sitzungen finden<br />
i. d. R. zwischen Ende Mai und<br />
Ende Juli statt. Die Jury-Entscheidungen<br />
bleiben bis zur<br />
Preisverleihung geheim.<br />
■ Die Preisverleihungen finden<br />
im September und Oktober auf<br />
mehreren regionalen und einer<br />
bundesweiten Auszeichnungsveranstaltung<br />
statt. Erst dann<br />
erfahren die Gewinner von ihrer<br />
Ehrung. Pro Region werden<br />
i.d.R. 3 Preisträger und 5 Finalisten<br />
ausgezeichnet.<br />
An die jeweiligen Gala-Abende<br />
schließen sich ein Büfett und<br />
ein Ball mit abwechslungsreicher<br />
Unterhaltung an. Preisträger<br />
und Finalisten werden<br />
im P. T. Magazin und im Internet<br />
veröffentlicht.<br />
Teilnehmen kann jeder, also<br />
auch, wer nicht zum Wettbewerb<br />
nominiert wurde.<br />
(Fotos: eventDiary, © Thomas Pieruschek/aboutpixel.de, Archiv)<br />
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15. Oskar-Patzelt-Stiftungstage<br />
Bitte senden Sie mir für folgende Veranstaltungen Karten zu:<br />
■ 05. September <strong>2009</strong>, MARITIM Hotel Magdeburg<br />
Preisverleihung für Unternehmen aus Sachsen-Anhalt, Sachsen,<br />
Berlin/Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern<br />
Euro 140,– zzgl. MwSt. pro Karte<br />
*Zimmerreservierung unter: Tel. o391 5949-886<br />
Anz.:<br />
■ 12. September <strong>2009</strong>, MARITIM Hotel Würzburg<br />
Preisverleihung für Unternehmen aus Bayern,<br />
Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen<br />
Euro 140,– zzgl. MwSt. pro Karte<br />
*Zimmerreservierung unter: Tel. 0931 3053-819<br />
Anz.:<br />
■ 26. September <strong>2009</strong>, MARITIM Hotel Düsseldorf<br />
Preisverleihung für Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen,<br />
Niedersachsen/Bremen, Schleswig-Holstein/Hamburg und<br />
Rheinland-Pfalz/Saarland<br />
Euro 140,– zzgl. MwSt. pro Karte<br />
*Zimmerreservierung unter: Tel. 0211 5209-0<br />
Anz.:<br />
■ 24. Oktober <strong>2009</strong>, MARITIM Hotel Berlin<br />
(nicht im MARITIM proArte Hotel Berlin)<br />
Bundesball – Verleihung der Sonderpreise und Ehrenplaketten<br />
Euro 150,– zzgl. MwSt. pro Karte<br />
*Zimmerreservierung unter: Tel. <strong>03</strong>0 2<strong>03</strong>3-4410<br />
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Die von mir bestellte(n) Karte(n) bezahle ich per Überweisung an:<br />
Raiffeisen Landesbank Oberösterreich ZNdl Süddeutschland<br />
BLZ 740 20 100 • Konto-Nr. 830 39 50<br />
(Kennwort: Großer Preis des Mittelstandes)<br />
Die Karten werden ab 1. Juli und nach Zahlungseingang versandt. Die Anzahl der Plätze ist beschränkt.<br />
Bei Stornierung ab vier Wochen vor der jeweiligen Veranstaltung berechnen wir eine Stornogebühr von<br />
100%. Bei sonstigen Stornierungen berechnen wir eine Bearbeitungsgebühr von 20%.<br />
Generell bitten wir um Kartenrücksendung bei Stornierungen.<br />
* Die Reservierung von Hotelzimmern erfolgt nur direkt bei den Hotels<br />
bis spätestens vier Wochen vor Veranstaltung.<br />
(Kennwort: Großer Preis des Mittelstandes)<br />
Unterschrift
36<br />
Wirtschaft<br />
Das System Finanzkrise<br />
(Foto: © Kladu/PIXELIO)<br />
Politisch geplante Umverteilung zu Lasten des Mittelstandes<br />
Zehn Milliarden Steuergelder für<br />
die IKB, 18,2 Milliarden für die Commerzbank,<br />
bald 150 Milliarden für die<br />
Hypo Real Estate (HRE) usw. Hunderte<br />
von Milliarden zur Begleichung der<br />
Wettschulden und der fortlaufenden<br />
Boni für Investmentbanker. Wessen<br />
Geld wird da eigentlich verteilt? Richtig:<br />
Das Geld der Bürger.<br />
Sicherer als Liechtenstein<br />
Bei jedem Sanierungskredit einer<br />
Bank für ein marodes Unternehmen<br />
gibt es harte Auflagen: Senkung von<br />
Gehältern, Sparsamkeit bei Privatausgaben,<br />
Streichung von Gewinnausschüttungen,<br />
Verzicht auf verlustreiche<br />
Casino-Geschäftsmodelle.<br />
Im Falle der Finanzhäuser passiert<br />
gerade dies nicht.<br />
Das Geld der Bürger wird mit beiden<br />
Händen zum Fenster hinaus geworfen,<br />
und das Casino geht weiter.<br />
Auch die staatlich kontrollierten<br />
Banken sind mit von der Partie: Als<br />
Vorbild helfen ihre Auslandstöchter<br />
Kunden bis in die jüngste Gegenwart<br />
bei der Steuerhinterziehung. Dort<br />
scheint Schwarzgeld sicherer zu sein<br />
als in Liechtenstein.<br />
Das Märchen von der Überraschung<br />
Misstrauen ist angesagt, denn Politiker<br />
erfanden kurzerhand das Märchen<br />
von der Überraschung einer<br />
Finanzkrise aus den USA seit 2008.<br />
Doch bereits am 24. Februar 20<strong>03</strong> berichtete<br />
das „Handelsblatt“, dass die<br />
Bundesregierung mit den Spitzen der<br />
Banken und Versicherungen zusammengesessen<br />
hat, um eine Lösung<br />
für die Milliarden schlechter Risiken<br />
zu suchen, die damals schon unsere<br />
ehrenwerten Banken und Versicherungen<br />
angehäuft hatten.<br />
Und die Finanzhäuser wussten bereits<br />
seit 1999 aus der „New York<br />
Times“, dass verschiedene US-Banken<br />
auf politischen Druck hin begonnen<br />
hatten, Hauskredite an Käufer<br />
ohne Bonität zu vergeben. Das Gewinnspiel-Casino<br />
für Finanzhäuser<br />
funktioniert nur mit dem Segen der<br />
Politik, und natürlich nur, wenn der<br />
Steuerzahler am Ende für die Verluste<br />
gerade stehen darf.<br />
Plünderung deutscher Unternehmen<br />
steuerlich gefördert<br />
„Bad Bank“ kommt von „Bad Banking“:<br />
Eine zentrale Verantwortung<br />
dafür liegt im Bundesfinanzministerium,<br />
denn dieses hat aktiv an der<br />
Entwicklung und Einführung der<br />
Schrottpapiere mitgearbeitet. Die<br />
Verpackung von schlechten Forderungen<br />
in besser klingende Wertpapiere<br />
wurde erleichtert. Hedge-Fonds<br />
wurden in Deutschland im Jahr 2004<br />
zugelassen.<br />
Die Plünderung deutscher Unternehmen<br />
durch deutsche und ausländische<br />
sog. Investoren, genauer gesagt<br />
„Heuschrecken“, wurde ab dem<br />
1. Januar 2002 steuerlich gefördert.<br />
Bis heute bestehen diese Regelungen<br />
so gut wie unverändert; eine hervorragende<br />
Grundlage dafür, dass die<br />
nächste Finanzkrise so sicher scheint<br />
wie das Amen in der Kirche.<br />
Bank-Geschenke auf Kosten des<br />
Steuerzahlers<br />
Die politisch Verantwortlichen tun<br />
so, als würden sie sorgfältig mit<br />
unserem Geld umgehen. Der Finanzminister<br />
schreitet zur Rettung der<br />
HRE mit staatlichem Geld genau<br />
einen Tag, nachdem die Haftung des<br />
früheren Eigentümers HypoVereinsbank<br />
am 28. September 2008 ausgelaufen<br />
ist. Faktisch ein Geschenk für<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Wirtschaft 37<br />
Ist Ihre Bank auch kaputt?<br />
(Foto: © Kurt F. Domnik/PIXELIO)<br />
diese Bank, auf Kosten des Steuerzahlers,<br />
leider ohne Gegenleistung an<br />
den Minister?<br />
Die Politik hat den Ausverkauf des<br />
„Finanzplatzes Deutschland“ erst<br />
ermöglicht: Heuschrecken erzielen<br />
hohe Renditen dadurch, dass sie mit<br />
einem minimalen Anteil von ca.<br />
20 Prozent Eigenkapital ein Unternehmen<br />
übernehmen, Schulden mit<br />
hohen Zinsen zu Lasten des Unternehmens<br />
aufnehmen und es mit Beratungsverträgen<br />
zusätzlich belasten.<br />
So in Variationen bei Grohe, Märklin,<br />
Hugo Boss, Altana alias Nycomed<br />
und vielen anderen Unternehmen.<br />
Die daraus folgenden Arbeitslosen<br />
darf dann wieder der Steuerzahler<br />
durchfüttern.<br />
„Schauprozesse!“<br />
komplexe Finanzprodukte (z. B. Derivate<br />
und Zertifikate) um ihr Geld<br />
gebracht. Die Verantwortlichen einschließlich<br />
des Josef Ackermann werden<br />
nicht zur Rechenschaft gezogen.<br />
Mittelständler: Lasst die „Bad Banks“<br />
fallen!<br />
Der Mittelstand sollte Geschäftsverbindungen<br />
zu solchen Finanzhäusern<br />
suchen, die gesund sind, bei üblichen<br />
fünf bis acht Prozent Eigenkapitalrendite<br />
– und die „Mitglieder“ haben,<br />
also etwa Genossenschaften und<br />
Versicherungsvereine. Niemand ist<br />
gezwungen, Casino-Institute durch<br />
eine eigene Geschäftsverbindung zu<br />
fördern. Auch langfristige und unkündbare<br />
Verträge lassen sich, wenn<br />
das Finanzhaus etwa durch Börsenwetten<br />
wirtschaftlich schlechter dasteht,<br />
fristlos beenden.<br />
Wir haben keine Liquiditätskrise, sondern<br />
eine Bonitätskrise: Schon immer<br />
galt die Bankiers-Regel: „Wer Geld<br />
hat, der bekommt Kredit.“ Schuldenabbau<br />
hat an Bedeutung zugenommen:<br />
Wertschöpfende Unternehmen<br />
der mittelständischen Realwirtschaft<br />
können dann leichter zu soliden Finanzhäusern<br />
wechseln. Solange der<br />
Mittelstand jedoch die „Bad Banks“<br />
nicht fallen lässt, finden Politiker<br />
weiter Gründe dafür, das „Bad Banking“<br />
mit dem Geld der Bürger zu<br />
sponsern. n<br />
Dr. Johannes Fiala/Albrecht Müller<br />
Auf die Frage, was nun geboten ist,<br />
sagte jüngst der Ex-Hedge-Fonds-<br />
Manager Jim Cremer: „Schauprozesse!“<br />
In der Tat, die Verantwortlichen<br />
gehören an den Pranger. Die<br />
politisch Verantwortlichen erzählen<br />
uns hingegen, wir bräuchten mehr<br />
Transparenz und mehr Regulierung<br />
– Rechtswirklichkeit ist das Gegenteil.<br />
Auch die Hilfspakete der Regierung<br />
änderten daran nichts: Das Casino<br />
wurde nicht geschlossen. Hunderttausende<br />
Anleger wurden über<br />
Über die Autoren<br />
Dr. Johannes Fiala:<br />
n Rechtsanwalt, MBA (Univ.), MM<br />
(Univ.), Lehrbeauftragter für<br />
Bürgerliches und Versicherungsrecht<br />
(Univ.), Bankkaufmann (www.fiala.de)<br />
Albrecht Müller:<br />
n Dipl.-Volkswirt, Industriekaufmann,<br />
Autor der Bestseller „Die<br />
Reformlüge“ und „Machtwahn“,<br />
Herausgeber der Internetseite<br />
www.NachDenkSeiten.de, früher:<br />
Leiter der Planungsabteilung im<br />
Bundeskanzleramt<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
„Mit fast 70% Energieeinsparung<br />
bezahlt sich die Investition in die<br />
Hallenheizung von selbst.“<br />
Hans-Peter Kauderer, mateco AG<br />
In der Mannheimer Niederlassung der mateco AG hat<br />
sich ein innovatives Hallenbeheizungskonzept bewährt.<br />
Die neuartige Wärmestrategie von Kübler öffnet auch für<br />
andere Unternehmen interessante Perspektiven für nachhaltig<br />
mehr Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Umweltschutz.<br />
Intelligente Wärme.<br />
Erfahren Sie mehr: www.kuebler-hallenheizungen.de
38<br />
Wirtschaft<br />
Die Legende von Peak Oil<br />
Warum das Erdöl nicht alle wird<br />
(Foto: BP)<br />
Ölpreis<br />
Auf den ersten Blick scheint die<br />
Sache sonnenklar: Wenn Erdöl im<br />
Laufe von Jahrmillionen aus Fossilien<br />
entstand, dann muss es bei<br />
fortlaufender Förderung irgendwann<br />
einmal zur Neige gehen. Damit wir<br />
auf diesen Tag vorbereitet sind,<br />
dachte sich schon in den 1950er Jahren<br />
ein kluger Mann namens Marion<br />
King Hubbert eine Methode aus, mit<br />
der man das Fördermaximum – Peak<br />
Oil – eines Ölfeldes ermitteln kann.<br />
Demnach ähnelt die zeitliche Entwicklung<br />
der Ölproduktion eines<br />
Feldes einer Glockenkurve, deren<br />
Maximum erreicht ist, wenn das Feld<br />
zur Hälfte entleert ist. Und weil Hubbert<br />
ein studierter Geologe, Mathematiker<br />
und Physiker war, erlangte<br />
er Berühmtheit, nachdem seine<br />
Vorhersage für die Ölproduktion der<br />
USA Anfang der 1970er Jahre eintrat.<br />
Lotterie der Alarmisten<br />
Brent Blend, USD/bbl.<br />
Doch irgendetwas konnte mit der<br />
Hubbert-Kurve nicht stimmen. Die<br />
weltweite Ölförderung nahm immer<br />
weiter zu, und gleichzeitig stiegen<br />
00 02 04 06 08<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Quelle: Deutsche Bank, Global Insight<br />
auch die Reserven an technologisch<br />
und wirtschaftlich förderbarem Öl.<br />
Allein in den letzten 20 Jahren gab<br />
der englische Geologe Colin J. Campbell<br />
fünf Prognosen für das Erreichen<br />
des weltweiten Fördermaximums<br />
ab: 1989 für das gleiche Jahr, 1998<br />
für 20<strong>03</strong>, 2000 für 2010, was er 2006<br />
noch einmal bestätigte, um sich zwei<br />
Jahre später erneut zu revidieren –<br />
diesmal auf 2008.<br />
Und Campbell ist nur einer von<br />
vielen Experten, die sich an einer<br />
Vorhersage versuchten. Hinzu kommen<br />
Institute und<br />
Organisationen wie<br />
die Internationale<br />
Energieagentur, die<br />
Bundesanstalt für<br />
Geowissenschaften<br />
und Rohstoffe oder die<br />
Energy Watch Group.<br />
Gegen so viel globale<br />
Fachkompetenz<br />
mutet die Kritik des<br />
BP-Chefökonomen Dr.<br />
Christoph Rühl fast<br />
schon ketzerisch an:<br />
„Ich sehe keinen<br />
Grund, die ‚Peak-Oil’-Theorie als<br />
stichhaltig anzuerkennen, weder auf<br />
theoretischer, noch wissenschaftlicher<br />
oder ideologischer Basis…Tatsächlich<br />
ist die ganze These, wonach<br />
es nur eine gewisse Menge Öl im<br />
Boden gibt, das mit einer gewissen<br />
Rate verbraucht wird und dann zu<br />
Ende geht, mit nichts gerechtfertigt…<br />
Peak Oil wird seit 150 Jahren prophezeit.<br />
Es hat sich nie bewahrheitet,<br />
und so wird das auch zukünftig<br />
bleiben.“<br />
Jedes Jahr mehr Öl<br />
So deutliche Worte hört man selten<br />
in der Branche. Da wäre es doch interessant,<br />
wie denn die Zweifel an der<br />
Wissenschaftlichkeit der Peak-Oil-<br />
Theorie begründet werden. Doch leider<br />
war Dr. Rühl kurzfristig nicht für<br />
P.T. zu sprechen. Immerhin ließ uns<br />
Pressesprecherin Dr. Claudia Braun<br />
wissen: „Die Probleme, an mehr Öl zu<br />
kommen, liegen derzeit nicht unter,<br />
sondern über der Erde…BP hat seit<br />
14 Jahren in Folge seine Reserven zu<br />
über 100 Prozent erneuert, d. h., wir<br />
haben jedes Jahr mehr Öl gefunden<br />
als wir produziert und verkauft<br />
haben.“<br />
Merkwürdig, denn BP ist kein Einzelfall.<br />
Während in der veröffentlichten<br />
Meinung seit Jahrzehnten das Öl<br />
alle wird, erschließen private wie<br />
„Der Irrglaube, dass unsere Energieversorgung<br />
auf Basis von Wind-, Wasser-,<br />
Sonnen- und Biomassekraftwerken zu<br />
realisieren sei, wird bereits in den Schulen<br />
vermittelt und in den meisten Medien<br />
verbreitet…Das kostet uns derzeit<br />
allerdings bereits jährlich 7 Mrd. Euro,<br />
zusätzlich zu den notwendigen Stromerzeugungskosten<br />
von etwa 30 Mrd. Euro.“<br />
Prof. Dr.-Ing. Helmut Alt <strong>2009</strong> in einem<br />
Leserbrief an die FAZ<br />
staatliche Konzerne auf der ganzen<br />
Welt neue Felder. Zwischen 2000<br />
und 2007 wurden 69 sog. „Elefanten“<br />
entdeckt – Felder mit jeweils über<br />
500 Mio. Barrel (1 Barrel = 159 Liter).<br />
2007 kam noch ein „Gigant“ vor der<br />
Küste Brasiliens hinzu. Geschätztes<br />
Volumen: 33 Mrd. Barrel. Und diese<br />
Zahlen stellen nur einen winzigen<br />
Ausschnitt der Realität dar: Insgesamt<br />
sind rund 43 000 (!) Ölfelder<br />
über den Globus verteilt.<br />
Noch mehr Ungereimtheiten<br />
Das weckt Zweifel. Nicht nur an der<br />
Peak-Oil-Theorie, sondern vor allem<br />
an der ihr zugrundeliegenden Theorie<br />
der fossilen Herkunft des Erdöls.<br />
Für den österreichischen Geowissenschaftler<br />
Dr. Siegfried Emanuel<br />
Tischler ist die Sache klar:<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Wirtschaft 39<br />
Prof. Nikolai A. Kudrjawzew (1893-1971),<br />
Mitbegründer der abiotischen Theorie<br />
der Erdöl-Entstehung<br />
„Es ist offensichtlich, dass die Ölindustrie<br />
selber die Theorie der fossilen<br />
Treibstoffe schon seit Jahrzehnten<br />
nicht mehr als relevant betrachtet.<br />
Wie sonst ist es erklärbar, dass die<br />
immensen Ölfelder in der Nordsee<br />
jemals gesucht und gefunden wurden?<br />
Es gibt dort keine mächtigen<br />
Sedimentformationen, innerhalb<br />
derer sich Öl hätte bilden können,<br />
und eine laterale Wanderung von Öl<br />
hätte über Hunderte von Kilometern<br />
zu erfolgen gehabt – noch dazu in<br />
vollkommen dichten, magmatischvulkanischen<br />
Gesteinen!“<br />
Starker Tobak für den konsensorientierten<br />
Mitteleuropäer. Schließlich<br />
„weiß“ doch jeder schon aus der<br />
Schule, dass sich Erdöl aus abgestorbenen<br />
Lebewesen bildet, unter<br />
Sauerstoffentzug, bei hohem Druck<br />
und hohen Temperaturen, auf dem<br />
Meeresgrund…oder so ähnlich.<br />
Ein Unding<br />
Wer sich einmal die Mühe macht,<br />
den Ursprung der biogenen Theorie<br />
zu erforschen, der stößt auf zwei<br />
Namen: Der deutsche Wissenschaftler<br />
Georgius Agricola prägte den<br />
Begriff „Fossil“ Mitte des 16. Jahrhunderts.<br />
Vom lateinischen „fossilium“<br />
stammend, bedeutet es nichts<br />
weiter als „ausgegraben“. Gut 200<br />
Jahre später soll der russische Universalgelehrte<br />
Michail Lomonossow<br />
bezüglich des Erdöls die Hypothese<br />
vom „fossilen Treibstoff“ aufgestellt<br />
haben.<br />
Und bei dieser Hypothese ist es bis<br />
heute geblieben. In der Encyclopedia<br />
Britannica heißt es lapidar: „Trotz<br />
des enormen Volumens wissenschaftlicher<br />
Arbeiten, die sich mit<br />
Erdöl befassen, verbleiben viele<br />
unbeantwortete Fragen hinsichtlich<br />
seiner Herkunft.“<br />
In seinem Beitrag „Der Erdöl-Schwindel“<br />
fragt Tischler daher provokant:<br />
„Kann es sein, dass eine seit Jahrhunderten<br />
unbewiesene Theorie<br />
als Basis der grundlegendsten ökonomischen<br />
Entscheidungen auf der<br />
Welt verwendet wird?“ Völlig unvorstellbar,<br />
mag man spontan antworten.<br />
Aber in der Wissenschaft gelten<br />
glasklare Regeln, wie Tischler weiter<br />
ausführt:<br />
„Die wissenschaftliche Methode gibt<br />
vor, dass das Verständnis natürlicher<br />
Vorgänge mit Naturbeobachtung<br />
und der Erstellung einer Hypothese<br />
beginnt. Wenn rigorose Versuchsreihen<br />
den fraglichen Prozess im<br />
Laborversuch bestätigen, dann wird<br />
die Hypothese zur Theorie. Doch<br />
wo sind diese Versuche im Fall der<br />
Theorie fossiler Treibstoffe? Nicht<br />
ein einziges Experiment kann ihre<br />
Annahmen stützen, ohne dabei noch<br />
mehr Fragen aufzuwerfen. Dass die<br />
Geowissenschaften trotz des vollständigen<br />
Fehlens wissenschaftlich<br />
ernstzunehmender Beweise noch<br />
immer an dieser Theorie festhalten,<br />
stellt ihnen ein sehr schlechtes Zeugnis<br />
aus und ist wissenschaftstheoretisch<br />
ein Unding.“<br />
Die russische Theorie<br />
Erdölförderung (in Mio. t)*<br />
200 Jahre nach Lomonossow war<br />
die Frage der Herkunft des Erdöls für<br />
seine Landsleute von existenzieller<br />
Bedeutung. Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
verfügte die neue Supermacht<br />
Sowjetunion auf ihrem Territorium<br />
über ziemlich alle wichtigen Industrierohstoffe<br />
– nur nicht über genügend<br />
Öl. Deshalb wurde Ende der<br />
1940er Jahre die Frage nach dessen<br />
Herkunft grundlegend untersucht.<br />
Staat 1980 1990 2000 2006<br />
Saudi-Arabien 1 496,4 321,9 450,6 525,0<br />
Russland 6<strong>03</strong>,0 2 548,8 2 323,3 485,0<br />
USA 482,2 414,5 352,6 313,6<br />
Mexiko 106,8 147,7 171,2 185,5<br />
Iran 1 76,6 157,1 187,5 198,0<br />
China 106,0 137,6 162,6 186,0<br />
Venezuela 1 112,9 110,6 171,6 151,0<br />
Norwegen 24,4 81,8 160,5 130,4<br />
Kanada 83,0 92,2 126,9 152,0<br />
Vereinigte Arabische Emirate 1 82,6 102,0 117,0 137,0<br />
Kuwait 1 81,4 58,7 1<strong>03</strong>,3 135,0<br />
Welt (insgesamt) 3 059,1 3 158,1 3 601,3 3 942,2<br />
1) OPEC-Länder<br />
2) UdSSR, einschließlich flüssigen Erdgases<br />
(*Quellen: Meyers Lexikon online, Stat. Jahrbücher, UN Statistics Division, Joint Oil Data Initiative)<br />
(Foto: Wikipedia/Public Domain/NASU Kiew)<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
40<br />
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Das Ergebnis verkündete Prof. Wladimir<br />
Porfirjew 1956: „Rohöl und<br />
natürliches Erdgas stehen mit der<br />
biologischen Materie in den oberen<br />
Erdschichten in keinem wesentlichen<br />
Zusammenhang. Es handelt<br />
sich bei ihnen um ursprüngliche<br />
Stoffe, die aus großer Tiefe aufstiegen.“<br />
Prof. Nikolai A. Kudrjawzew<br />
fügte 1959 hinzu, dass man kein Öl<br />
aus pflanzlichem und tierischem<br />
Material im Labor erzeugen kann,<br />
welches natürlich vorkommendem<br />
Erdöl ähnlich ist.<br />
Darüber hinaus erkannte Kudrjawzew,<br />
dass Erdöl unter jedem Ölfeld in<br />
größerer oder kleiner<br />
Menge in allen Horizonten<br />
und nicht nur<br />
in einer spezifischen<br />
Blase gefunden<br />
werden kann. Weiterhin<br />
zeigte er, dass<br />
Ölvorkommen oft mit<br />
Grundgebirgsstrukturen<br />
in Verbindung<br />
stehen und listete<br />
die damals schon<br />
bekannten Vorkommen<br />
in kristallinen Gesteinsformationen<br />
auf, die eine gebirgsbildenende<br />
Phase durchliefen, z. B. in Kalifornien,<br />
Kansas, Marokko und Venezuela.<br />
Aufstieg zum Ölriesen<br />
Gestützt auf ihre „abiotische“ Theorie,<br />
nahmen die sowjetischen<br />
Wissenschaftler Probebohrungen in<br />
vermeintlich aussichtslosen Gebieten<br />
vor und erschlossen so u. a. in Sibirien<br />
mehrere große Lagerstätten und<br />
einen sog. Giganten. Rund 30 Jahre<br />
nach Beginn eigener Grundlagenforschung<br />
war die UdSSR der größte<br />
Erdölproduzent der Welt. Bis heute<br />
fragt im Westen niemand danach,<br />
wie das möglich war.<br />
In den 1980er Jahren testeten<br />
sowjetische Geologen vor der vietnamesischen<br />
Küste ihre Theorie und<br />
erschlossen ein Ölfeld, das „Weißer<br />
Tiger“ genannt wurde. „Die Bohrung<br />
ging direkt in den Basaltfelsen in<br />
5 200 Meter Tiefe und erbrachte eine<br />
Förderleistung von täglich 6 000<br />
Barrel Öl“, schreibt der Wirtschaftsjournalist<br />
F. William Engdahl in<br />
seinem Bericht „Bekenntnisse eines<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
ehemaligen ‚Peak Oil’-Gläubigen“.<br />
Darin zeigt Engdahl, dass die abiotische<br />
Theorie mittlerweile nicht nur<br />
in Russland populär ist:<br />
„Dr. J. F. Kenney ist einer der wenigen<br />
westlichen Geologen, die in Russland<br />
gelehrt und gearbeitet haben. Er studierte<br />
unter Vladilen Krajuschkin, der<br />
das gewaltige Don-Dnjepr-Becken<br />
erschlossen hatte. In einem Interview<br />
erklärte mir Kenney vor kurzem, dass<br />
‚nur um die Menge Öl zu fördern, die<br />
das (saudi-arabische) Ölfeld Ghawar<br />
bis heute produziert habe, ein Quader<br />
von fossilen Überresten von Dinosauriern,<br />
30,5 Kilometer tief, breit<br />
„Während es Kohle noch für Jahrtausende<br />
gibt, gibt es Öl nur noch für wenige<br />
Jahrzehnte. Die verschiedenen Schätzungen<br />
der Vorräte ergeben kein übereinstimmendes<br />
Bild, aber dass die Vereinigten<br />
Staaten in höchstens 20 Jahren kein Öl<br />
mehr haben werden, steht fest.“<br />
Anton Zischka 1939 in „Ölkrieg“,<br />
gefunden unter www.maxeiner-miersch.de<br />
und lang erforderlich gewesen wäre,<br />
wenn man von einer 100-prozentigen<br />
Umsetzung der vorhandenen<br />
Materie ausgeht.’ Mit anderen Worten:<br />
eine Absurdität.“<br />
Krautköpfe oder Dinosaurier?<br />
Kenney wird auch von Tischler<br />
zitiert: „Öl stammt nicht von toten<br />
Pflanzen und/oder Tieren, sondern<br />
wird in der Hydrierung von gemeinen<br />
Gesteinen produziert, unter<br />
den Druck- und Temperaturbedingungen,<br />
wie sie 100 Kilometer unter<br />
der Erdoberfläche herrschen.“ Laut<br />
Tischler wird das sogar von manchen<br />
Ölgeologen akzeptiert, jedoch<br />
nur mit einer typischen Einschränkung:<br />
„Dies ist eine exzellente und rigorose<br />
Behandlung der theoretischen und<br />
experimentellen Aspekte abiotischer<br />
Ölbildung in der Tiefe der Erde.<br />
Schade nur, dass damit nichts über<br />
die Herkunft der kommerziellen<br />
Erdölvorkommen fossiler Treibstoffe<br />
ausgesagt wird“, zitiert „Geotimes“<br />
Scott Imbus von der Chevron Texaco<br />
Corporation. Derartiger rhetorischer
Wirtschaft 41<br />
Akrobatik erteilt der Österreicher<br />
Tischler eine sarkastische, aber<br />
durchaus treffende Abfuhr:<br />
„Wir sehen uns also vor folgender<br />
Situation: Die führenden Geochemiker<br />
der Welt…können keinen Fehler<br />
im mathematischen Modell von<br />
Kenney finden. Dennoch haben sie<br />
die unübliche Strategie adoptiert,<br />
zu behaupten, Öl könne sich auf<br />
mehr als nur eine Art und Weise<br />
bilden…sowohl unter den extrem<br />
hohen Temperaturen und Drücken<br />
des Erdinneren als auch unter den<br />
moderaten Bedingungen in Oberflächennähe…Man<br />
kann es in Gesteinen<br />
machen. Man kann Öl genauso<br />
gut in einer Experimentalanordnung<br />
machen, man kann es hier oder dort<br />
machen – besser sogar: überall! Diese<br />
heile Welt wird nur von einem<br />
Faktum überschattet: Es gibt keine<br />
einzige experimentelle Versuchsanordnung,<br />
mittels der Öl aus Plankton,<br />
Fischen, Krautköpfen oder Dinosauriern<br />
gemacht werden kann! All jene,<br />
die mit dem Argument der Kerogene<br />
auffahren, können aber keinen Nachweis<br />
von deren organischer Herkunft<br />
beibringen.“<br />
Kerogene sind kohlenstoffhaltige<br />
Makromoleküle, die in Rohöl gefunden<br />
werden. Dass sie nicht organischen<br />
Ursprungs sein müssen,<br />
erörterte der Astrophysiker Prof. Thomas<br />
Gold in seinem Buch „Biosphäre<br />
der heißen Tiefe“.<br />
Ölregen im Golf von Mexiko<br />
Es gibt zahlreiche Argumente, die<br />
gegen eine biogene Entstehung des<br />
Erdöls sprechen. Eines davon ist die<br />
Existenz sog. sich selbst erneuernder<br />
Felder. Natürlich werden diese nicht<br />
von Geisterhand wieder aufgefüllt.<br />
Wie das funktioniert, schilderte Dr.<br />
Jean K. Whelan 1995 in der „New<br />
York Times”.<br />
Die Wissenschaftlerin von der<br />
Woods Hole Oceanographic Institution<br />
in Massachusetts bezog sich<br />
dabei auf Untersuchungen des<br />
Ölfelds „Eugene Island 330” im Golf<br />
von Mexiko. In dem Artikel von Malcolm<br />
W. Browne berichtet Whelan,<br />
dass an bestimmten Stellen offenbar<br />
permanent Öl aus Reservoirs in großer<br />
Tiefe nach oben gelangt – und<br />
zwar so schnell wie es abgepumpt<br />
wird („replenished by deeper reserves<br />
as fast as oil is pumped out”).<br />
Acht Jahre später, im Juni 20<strong>03</strong>,<br />
wurden die Darstellungen Whelans<br />
von „Geotimes“ unter der Überschrift<br />
„Raining hydrocarbons in the Gulf“<br />
bestätigt und erweitert. Im Fachmagazin<br />
des American Geological Institute<br />
erklärte der Geochemiker Larry<br />
Cathles, dass unter dem Golf von<br />
Mexiko Kohlenwasserstoffe durch<br />
ein kompliziertes Netzwerk an Verbindungswegen<br />
und Reservoirs nach<br />
oben fließen – „jetzt“ – und nicht vor<br />
Millionen Jahren:<br />
„We‘re dealing with this giant flowthrough<br />
system where the hydrocarbons<br />
are generating now, moving<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
42<br />
Wirtschaft<br />
through the overlying strata now,<br />
building the reservoirs now and<br />
spilling out into the ocean now”, so<br />
Cathles wörtlich.<br />
Nie gehört?<br />
Öl im Überfluss, aus schier unerschöpflichen<br />
Quellen im Erdinneren,<br />
und all das ist schon lange bekannt?<br />
Möglicherweise fragen Sie sich jetzt,<br />
warum Sie davon noch nie etwas<br />
gehört, gesehen oder gelesen haben.<br />
Nun, die Antwort ist so einfach wie<br />
ernüchternd: Weil die Massenmedien<br />
in Deutschland nicht darüber<br />
berichten. Abgesehen von ganz seltenen<br />
Ausnahmen: FOCUS-Redakteur<br />
Michael Odenwald stellte im Januar<br />
dieses Jahres neben der biogenen<br />
auch die abiotische Theorie der<br />
Erdöl-Entstehung im Online-Portal<br />
des Nachrichtenmagazins vor. In<br />
dem vorwiegend sachlichen, teilweise<br />
detaillierten Beitrag kommt der<br />
Autor zu dem Schluss: „Vermutlich<br />
treffen also beide Theorien zu…“<br />
Gerade nach seiner Darstellung ist<br />
dieses Fazit jedoch mehr als vorsichtig.<br />
Odenwald beschreibt nämlich<br />
gleich mehrere Experimente und<br />
Beobachtungen, welche die abiotische<br />
Theorie stützen. Über einen<br />
Laborversuch, welcher die biogene<br />
Variante untermauert, berichtet er<br />
dagegen nichts.<br />
Einige Jahre zuvor meldeten große<br />
Tageszeitungen, dass Prof. Henry<br />
Scott den experimentellen Nachweis<br />
der Methanbildung unter Bedingungen,<br />
wie sie im Erdmantel herrschen,<br />
erbrachte.
Wirtschaft 43<br />
Abschied vom grünen Weltbild nötig<br />
Auch dürfte sich in den Wissenschaftsredaktionen mittlerweile<br />
herumgesprochen haben, dass die in den Methanhydratvorkommen<br />
der Ozeane eingeschlossenen mehreren<br />
Hundert Milliarden Tonnen Kohlenstoff – ältere Schätzungen<br />
gehen von zehn Billionen Tonnen aus – wohl kaum<br />
biologischen Ursprungs sein können. Trotzdem erfährt die<br />
Öffentlichkeit davon so gut wie nichts. Woran das liegt,<br />
skizziert der Hydrobiologe und Publizist Edgar Gärtner in<br />
seinem Beitrag „Energie: Abschied vom grünen Weltbild“<br />
(www.ef-magazin.de): „Das grüne Weltbild beruht auf<br />
der Annahme, der Kohlenstoffkreislauf (C-Zyklus) sei im<br />
Wesentlichen biologischer Natur…Es gibt aber auch einen<br />
rein geochemischen C-Zyklus…“<br />
Richtig. Aber<br />
weil die veröffentlichte<br />
Meinung<br />
hierzulande<br />
maßgeblich von<br />
grünen Ideologen<br />
bestimmt<br />
wird, werden<br />
wir täglich mit<br />
politisch motivierten,<br />
wissenschaftlich nicht haltbaren und zuweilen vollkommen<br />
blödsinnigen Meldungen von „menschengemachtem<br />
Waldsterben“, „menschengemachten Treibhausgasen“<br />
und „menschengemachter Klimakatastrophe“ zugemüllt.<br />
Dass eine solche Ideologie lebensgefährlich ist, zeigt Gärtner<br />
am Beispiel des Biosphäre-2-Experiments:<br />
„Schon eine unvoreingenommene Auswertung des beinahe<br />
tragischen Ausgangs des Biosphäre-2-Experiments in der<br />
Sonora-Wüste von Arizona hätte meines Erachtens nur den<br />
Schluss zugelassen, das grüne Weltbild zu begraben. Das auf<br />
100 Jahre angelegte Experiment eines autonomen Lebens<br />
in einem…Nachbau der irdischen Lebewelt in einer Glaskuppel…musste<br />
schon nach knapp zwei Jahren abgebrochen<br />
werden – kurz vor dem absehbaren Hungertod der acht<br />
Bewohner des künstlichen Öko-Paradieses.“<br />
Und welche Lehren hat man daraus gezogen? Überhaupt<br />
keine, wie Gärtner feststellt: „Aber das gegen Ende der<br />
80er Jahre…in die Welt gesetzte Projekt wurde aus ideologischen<br />
Gründen bis heute nicht umfassend analysiert und<br />
be wertet.“ ■<br />
Ullrich Rothe<br />
Heißer Tipp<br />
Thomas Gold (1920-2004) beantwortet in<br />
„Biosphäre der heißen Tiefe“ u. a. folgende Fragen:<br />
■ Warum findet man Erdöl unter Urgestein?<br />
■ Warum gibt es viel mehr Erdöl, als sich auf-<br />
grund der biologischen Überreste aus früheren<br />
Zeiten erwarten und berechnen lässt?<br />
■ Warum füllen sich Ölfelder wieder auf?<br />
■ Warum erstrecken sich Erdöl vorkommen oft<br />
über geographische Räume, die viel größer<br />
sind als irgendeine Sedimentablagerung in<br />
diesem Gebiet?<br />
„Energie ist heute zu billig…<br />
Es müssen aus meiner Sicht<br />
gezielt die Steuern auf Energie<br />
angehoben werden, sei es über<br />
Mineralöl, Heizgas oder Strom.“<br />
Angela Merkel<br />
(damals Umweltministerin) am 17. Juni<br />
1997 in der „Frankfurter Rundschau“<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
44<br />
Wirtschaft<br />
„Was ist die G 20?“<br />
Klappt die Neuordnung des Finanzsystems?<br />
(Foto: Wikipedia/CC/Regierung Argentiniens)<br />
Diplomatie: ein Spiel mit dem Teufel<br />
Gipfeltreffen, Krisenkonferenzen,<br />
Sondergipfel, Bi-, Multilateral, Informell,<br />
G8, G20…Wirtschaftsdiplomatie<br />
war schon immer auch Krisendiplomatie.<br />
Das eigentliche Anliegen<br />
hinter der Diplomatie scheint in<br />
aller Regel zu sein: Wie lässt sich<br />
die unangenehme Message so verpacken,<br />
dass sie möglichst unverfänglich<br />
und schonend rüberkommt<br />
– und dass es keinen Ärger gibt?<br />
Diplomatisches Verhalten ist aber<br />
Kompromissbereitschaft und zeigt<br />
den Willen, die Absichten und Wünsche<br />
jedes Beteiligten zu berücksichtigen.<br />
Wie man weiß, ist das ein<br />
hehres Ideal. So hat die Krisendiplomatie<br />
neben diesem Ideal eben auch<br />
eine teuflische Seite: das Scheitern.<br />
1933, London-Kensington<br />
Diese Weltwirtschaftskonferenz im<br />
Geologischen Museum scheiterte<br />
fulminant. Präsident Franklin D.<br />
Roosevelt entzog ihr die Unterstützung,<br />
es gab keine Kompromisse.<br />
Eine einzige Person setzte dann<br />
einen Lernprozess in Gang. Ferdinand<br />
Pecora, Sohn eines sizilianischen<br />
Schusters, arbeitete ab 1933<br />
Bedenken<br />
n Die Märkte fielen bisher regelmäßig<br />
in die alten Muster zurück, die<br />
vom Streben nach kurzfristiger<br />
Gewinnmaximierung geprägt waren.<br />
n Die US-Regierung hat mit<br />
öffentlichem Kapital das alte<br />
Bankengeschäft gerettet.<br />
n USA, Großbritannien und Spanien,<br />
Irland oder manche Osteuropäer<br />
werden Einfuhren bremsen und<br />
Ausfuhren ankurbeln müssen.<br />
n Überschussproduzenten wie China,<br />
Japan und Deutschland müssten runterfahren.<br />
n Aus den Schwellenländern gibt es<br />
Widerstand.<br />
n Die Proteste mehren sich.<br />
den großen Börsencrash für den<br />
Senat auf. Der Ex-Staatsanwalt aus<br />
New York deckte einen Skandal nach<br />
dem anderen auf. Er ebnete den Weg<br />
für die Regulierungsvorschriften<br />
Glass-Steagall Act und Securities<br />
Exchange Act.<br />
22. Juli 1944, Bretton Woods<br />
Die Geldexperten, die sich vor 65<br />
Jahren im Nordosten der USA trafen,<br />
waren mehr Luxus gewohnt. Das<br />
Hotel im Skiort Bretton Woods wirkte<br />
ramponiert. Doch wer wollte klagen?<br />
Im Jahr 1944 lag Europa in Trümmern.<br />
Die Fachleute machten sich<br />
daran, eine Finanz-Architektur für<br />
eine bessere Zukunft zu entwerfen.<br />
Nach jahrelanger Vorbereitungszeit<br />
und mehreren Wochen Konferenzmarathon<br />
entstanden im legendären<br />
Mount Washington Hotel das<br />
System fester Wechselkurse, Weltbank<br />
und der IWF. Der Zusammenbruch<br />
dieses Systems erfolgte nach<br />
rund 30 Jahren in den 70ern.<br />
6. Juni 2007, Heiligendamm<br />
Eine Chance, die keiner wahrnahm.<br />
Das 33. Gipfeltreffen der G8 im<br />
edlen Hotel Kempinski mit einem<br />
zwölf Kilometer Schutzzaun dauerte<br />
drei Tage. Die Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel forderte damals, die<br />
Finanzmärkte stärker zu regulieren.<br />
Eine Forderung, die sowohl bei den<br />
Briten als auch den Amerikanern auf<br />
Ablehnung stieß.<br />
7. Oktober 2008, Brüssel<br />
Es war das siebte Gipfeltreffen seit<br />
Beginn der französischen Ratspräsidentschaft<br />
im Juli. Die EU pochte<br />
auf einen Verhaltenskodex für die<br />
Finanzbranche, der unverantwortliche<br />
Risiken und auf kurzfristige<br />
Rendite ausgerichtete Bonusvergütungen<br />
für Manager und Händler<br />
unterbindet.<br />
Zudem sollen auch Hedge-Fonds und<br />
Steueroasen Regeln und einer Aufsicht<br />
unterliegen. Eine international<br />
verzahnte Aufsicht soll die weltgrößten<br />
grenzüberschreitenden Banken<br />
kontrollieren. Schließlich soll der IWF<br />
zu einer globalen Finanzpolizei ausgebaut<br />
werden.<br />
16. November 2008, Washington<br />
Dieser außerordentliche G20-Gipfel<br />
im National Building steht als Zeichen,<br />
dass die Staatenlenker die<br />
Ursachen der Krise verstanden<br />
haben. Immerhin, keineswegs ein<br />
zweites Bretton Woods.<br />
2. April <strong>2009</strong>, London<br />
„Was ist die G 20?“ Ex-Präsident<br />
Georg W. Bush hatte selbst in seinen<br />
Regierungszeiten davon keinen Plan.<br />
Die anderthalbtägige Konferenz im<br />
ExCeL-Konferenzzentrum in den<br />
Docklands im Osten der Stadt hatte<br />
mit 4 000 Demonstranten zu tun.<br />
Ein Toter war zu beklagen, und Bankern<br />
wurde geraten, in der Stadt den<br />
Schlips abzulegen. Ein historischer<br />
Kompromiss sei erzielt, sagte die<br />
Bundeskanzlerin zum Abschluss. Ein<br />
Wendepunkt sei erreicht, ergänzte<br />
US-Präsident Barack Obama.<br />
Aber: Die G-20-Staaten bekämpfen<br />
die Krise, indem sie die nächste vorbereiten:<br />
Mit neuen Billionen auf<br />
Pump soll die Weltwirtschaft angekurbelt<br />
werden. Der SPIEGEL titelte:<br />
„Das offizielle Gipfelmotto lautete<br />
Stabilität/Wachstum/Arbeitsplätze –<br />
das wahre müsste heißen: Verschuldung/Arbeitslosigkeit/Inflation.<br />
Ihr<br />
Beschluss, in absehbarer Zeit fünf<br />
Billionen Dollar in die kollabierende<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Wirtschaft 45<br />
(Quelle: Wikipedia CC Marcin n®)<br />
Reicht das Quantum Hoffnung noch?<br />
Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer<br />
Weltwirtschaft zu pumpen, könnte<br />
sich in der Tat als historischer Wendepunkt<br />
erweisen, aber als Wendepunkt<br />
nach unten.“ Ein fulminantes<br />
Scheitern wie in Kensington 1933?<br />
2. Juni <strong>2009</strong>, London<br />
Auf der Weltwirtschaftskonferenz<br />
soll der Grundsatz beschlossen<br />
werden, dass jeder Akteur auf dem<br />
Finanzmarkt, jedes Produkt zukünftig<br />
einer Aufsicht unterliegen wird.<br />
Diesmal hat kein Krieg die Erde<br />
verwüstet, doch die Probleme sind<br />
ebenfalls gewaltig. Das schlimmste<br />
Finanzchaos seit 1929 hat das Geldhandelssystem<br />
der ganzen Welt<br />
kollabieren lassen, die Lebensbedingungen<br />
könnten sich auf Jahrzehnte<br />
verschlechtern.<br />
Die Gefahr ist nicht gebannt,<br />
befürchtete die sueddeutsche.de<br />
Anfang November und stellte die<br />
entscheidenden Fragen: Selbst wenn<br />
die Regierungen den Unfall vorerst<br />
abgewendet haben sollten, werden<br />
ihnen weitere Großtaten abverlangt.<br />
Können Sie eine lange Weltrezession<br />
verhindern, die Millionen Arbeitsplätze<br />
vernichtet? Wie sind existenzielle<br />
Krisen wie die vom Herbst<br />
2008 künftig zu vermeiden?<br />
Eine historische Aufgabe<br />
Die sueddeutsche.de fasste schon<br />
damals präzise zusammen: „Im Kern<br />
geht es darum, ein Finanzsystem ins<br />
Gleichgewicht zu bringen…Mit einem<br />
Wimpernschlag werden Werte in der<br />
Größe zerstört, wie sie alle Deutschen<br />
in einem langen Arbeitsjahr schaffen.<br />
Die neuen Gewalten zerren selbst an<br />
großen Industriestaaten. Ihre Kräfte<br />
müssen gezähmt werden, damit die<br />
Bürger die Kontrolle über ihr Dasein<br />
zurückerlangen – statt ständig in der<br />
Furcht zu leben, dass anonyme Mächte<br />
mit ihrer Existenz spielen.“<br />
Die Regierungen sind sich einig,<br />
dass gemeinsame Rahmenbedingungen<br />
unumgänglich sind, meint<br />
Michael Hüther, Direktor des Instituts<br />
der deutschen Wirtschaft Köln.<br />
„Der Befund des kranken Patienten<br />
‚Finanzsystem‘“, diese extreme Krise,<br />
ist zu eindeutig“, so Hüther.<br />
Schaffen das die Diplomaten?<br />
Das Scheitern scheint dieser historischen<br />
Aufgabe innezuwohnen.<br />
Wieder einmal ist man hinterher<br />
schlauer, nach dem Crash. Wie lange<br />
hält das historische Krisengedächtnis,<br />
Zurzeit sieht es nicht gut aus.<br />
Stimmen rufen schon jetzt nach<br />
einem Mann wie Ferdinand Pecora,<br />
der schonungslos den großen<br />
Finanzcrash aufarbeitete. „Die ersten<br />
Erfahrungen mit globalisierten Verhandlungsrunden<br />
dagegen zeigen:<br />
Es dauert. Auf ein Welthandelsabkommen<br />
wartet der Erdball nach<br />
einem Jahrzehnt weiterhin vergeblich“,<br />
so die sueddeutsche.de. ■<br />
Anette Runge
46<br />
Wirtschaft<br />
(Fotos: © Rainer Sturm/PXELIO, Wikimedia Commons/<br />
Public Domain/Dorle Gribl)<br />
Ohne Energiesparlampen geht es ab<br />
ins Fegefeuer!<br />
„Das offenbar konstante Bedürfnis<br />
nach Seelenheil sucht sich in unseren<br />
ach so weltlich emanzipierten Kreisen<br />
lediglich andere Wege“, meinten<br />
Dirk Maxeiner und Michael Miersch<br />
schon vor Jahren im „Cicero“. „Der<br />
Ökologismus ist heute eine der einflussreichsten<br />
Religionen der westlichen<br />
Welt“, diagnostiziert Michael<br />
Crichton, der in seinen Thrillern<br />
immer wieder gutes Gespür für die<br />
Befindlichkeit der westlichen Zivilisation<br />
bewiesen hat. „Es scheint die<br />
bevorzugte Religion urbaner Atheisten<br />
geworden zu sein.“<br />
Die LOHAS wurden entdeckt<br />
LOHAS (Lifestyle of Health and<br />
Sustainability) sind die Anhänger<br />
des „Lebensstils auf der Basis von<br />
Gesundheit und Nachhaltigkeit“.<br />
Angeblich seit 2000 ein „Megatrend“,<br />
der von dem amerikanischen Soziologen<br />
Paul Ray ausgemacht wurde.<br />
Nach Angaben der „New York Times“<br />
ist dies die am schnellsten wachsende<br />
Community. In Deutschland<br />
wurde das Phänomen 2007 durch<br />
Eike Wenzel und durch Matthias<br />
Genaue Analyse bei<br />
Bio-Käufern:<br />
■ Green Indulgence: Genießer, hohes<br />
Einkommen, kauft mehr als 50% Bio,<br />
Kaufpotenzial: ca. 530 Mio. Euro pro<br />
Jahr<br />
■ Organic Qualityseeker:<br />
Qualitätskäufer, hohes Einkommen,<br />
kauft 50 % Bio, Kaufpotenzial: ca. 360<br />
Mio. Euro<br />
■ Green Attitude: durchschnittliches<br />
Einkommen, Kaufpotenzial: ca. 2,44<br />
Mrd. Euro pro Jahr<br />
■ Organic Mainstream: grüner<br />
Mainstream, durchschnittliches<br />
Einkommen, kauft weniger als 50%<br />
Bio-Produkte, Kaufpotential: ca. 2,15<br />
Mrd. Euro.<br />
= ca. 60 % der Bio-Käuferschaft,<br />
geschätztes Potential von derzeit 3,3<br />
Mrd. Euro Bio-Kaufkraft<br />
(Quelle: Strategieagentur diffferent)<br />
Moderner Ablasshandel<br />
Die umschwärmten LOHAS:<br />
Das Geschäft mit dem schlechten Gewissen<br />
Horx‘ Zukunftsinstitut mit der Studie<br />
„Zielgruppe Lohas“ populär. 68 Prozent<br />
der Deutschen glauben, dass sie<br />
durch ihr Kaufverhalten wesentlich<br />
zum Umweltschutz beitragen können.<br />
98 Prozent fordern mehr energiesparende<br />
Produkte von der Industrie<br />
(Quelle: TNS Emnid 2007).<br />
Verwässerung<br />
Wolfgang Gutberlet ist einer der<br />
ersten, die in großem Stil in den<br />
Bio-Markt eingestiegen sind. Er ist<br />
seit Anfang der 80er ein Pionier der<br />
Bio-Supermärkte und Chef der Kette<br />
tegut. „Ich freue mich, dass Bio von<br />
so vielen angenommen wird. Solche<br />
Bewegungen bieten immer Chancen,<br />
haben aber auch etwas Kritisches<br />
in sich. Wenn die Masse etwas<br />
ergreift, interessiert sie sich leider<br />
meist nur für das Ergebnis, begreift<br />
aber nicht das Wesen einer Sache.“<br />
Gutberlet: „Alle Gütezeichen werden<br />
im Zeitablauf verwässert. Das läuft<br />
immer gleich ab: Es bildet sich eine<br />
Bewegung, die Kriterien aufstellt für<br />
etwas Besseres. Das bringt naturgemäß<br />
viele Gegner auf den Plan. Diese<br />
verfolgen dann zwei Strategien. Die<br />
erste ist, das Bessere zu ignorieren<br />
und zu diffamieren. Wenn das nicht<br />
funktioniert, folgt die Gegenstrategie:<br />
Alles was wir machen, ist ohnehin<br />
genauso gut. Damit beginnt die Verwässerung<br />
der Standards, damit der<br />
Bessere in der Masse untergeht.“<br />
Ende mit Expansion<br />
Die Suche nach dem richtigen Leben<br />
ist ein großer Markt geworden. Die<br />
Modebranche profitiert: „Wir haben<br />
derzeit ein starkes Wachstum“, sagt<br />
auch Christoph Dahn, der in Freiburg<br />
den Online-Shop GTB (Good<br />
True Beautiful) aufgezogen hat und<br />
internationale Marken vertreibt.<br />
Und doch ist er skeptisch, was die<br />
Geschwindig keit der weiteren Entwicklung<br />
angeht: „Die Kleiderproduktion<br />
ist komplexer als die Lebensmittelproduktion.<br />
Nicht nur der Anbau<br />
der Wolle, sondern auch die Farben,<br />
die Waschungen und der Transport<br />
müssen ökologisch sein.“<br />
Gute Produkte, böse Produkte<br />
Die LOHAS seien vor allem weltoffen,<br />
überdurchschnittlich gebildet (sie<br />
zögen das Buch als Medium dem<br />
Fernsehen vor) und finanzkräftig.<br />
Sie definierten sich über Erfahrung,<br />
Engagement, Freundschaft, Authentizität<br />
und Natürlichkeit und folgen<br />
der Kommunikation unter Konsumenten<br />
und der Mund-zu-Mund-<br />
Propaganda. Wer möchte da kein<br />
LOHAS sein?!<br />
Eine Studie im Auftrag der Stratum-<br />
Agentur und der Deutschen Bundesstiftung<br />
Umwelt legte 2008 dar, dass<br />
diese kaufkräftigen Menschen zwischen<br />
35 und 50 nicht die Welt verändern<br />
wollen, sondern einen hedonistischen<br />
Lifestyle pflegen wollen,<br />
ohne die Produkte zu hinterfragen.<br />
Das „manager magazin“ kritisiert:<br />
„Vor uns liegt ein hypermoralisches<br />
Zeitalter, in dem Marketing, Ökonomie<br />
und moralisches Engagement<br />
zunehmend konvergieren.“<br />
Klima-Boulevard<br />
Auch der SPIEGEL titelte sehr kritisch:<br />
„Feigenblätter für Planetenretter“.<br />
„Wer bewusst lebt, der hilft: Das ist<br />
die Kernbotschaft des neuen ‚Klima-<br />
Magazins’ von 2008. Zeitschriften<br />
werden aber schon lange nicht mehr<br />
aus einer Idee geboren, sondern als<br />
‚Anzeigenumfeld’ konzipiert. Mit den<br />
Mitteln des Edel-Boulevard versucht<br />
das Heft, den heiß umworbenen Lifestyle-Ökos<br />
zu einem guten Gewissen<br />
zu verhelfen. Grün vor Neid müssen<br />
die anderen Verlage deswegen aber<br />
nicht werden“, meint der Mitbewerber.<br />
Die zweite Ausgabe gibt es nun<br />
seit Februar dieses Jahres.<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Wirtschaft 47<br />
(Foto: © schemmi/PIXELIO)<br />
Der willige Kunde achtet auf Öko-Siegel und fair trade.<br />
Megatrend?<br />
Als solcher ist er bei den Marketingprofis<br />
gerade in Zeiten der<br />
Finanzkrise in aller Munde. Sie interessieren<br />
sich sehr für die Fragen, ob<br />
Konsum gegen die Rezession hilft<br />
oder wie echte Nachhaltigkeit von<br />
Greenwashing zu unterscheiden<br />
ist. Dialoq z. B. ist eine Initiative der<br />
GPRA, der Gesellschaft führender PR-<br />
Agenturen. Sie lädt, unterstützt von<br />
Stockheim-Gruppe bis Coca Cola, am<br />
13. Mai <strong>2009</strong> in den „museum kunst<br />
palast“ Düsseldorf unter dem Motto<br />
„LOHAS – Strohfeuer oder Dauerbrenner?“<br />
ein.<br />
heißt. Wenn der neue Stadtteil im<br />
Jahr 2015 fertig ist, wird er 50 Hochhaustürme<br />
von 46 bis 59 Stockwerken<br />
umfassen, und in den 21 500<br />
neuen Wohnungen werden rund 58<br />
000 frischgebackene Lohasianer ihr<br />
„Happy Life“, so die Übersetzung ins<br />
Chinesische, genießen, so taz.de.<br />
Spreu vom Weizen trennen<br />
(Foto: © Rainer Sturm/PIXELIO)<br />
Ist es gut, Zwischenhändler zu<br />
umgehen, fair gehandelte Waren zu<br />
kaufen, Energiesparlampen oder die<br />
richtigen Äpfel mit einer guten Energiebilanz;<br />
und müssen es die Erdbeeren<br />
im Winter sein?<br />
Wir finden Lösungen!<br />
Alternativer Holzschutz<br />
Hohlraumdämmung<br />
Energieeinsparung<br />
Gebäudediagnose<br />
Schimmelpilzanalyse<br />
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Preisträger „Großer Preis des Mittelstandes“ 20<strong>03</strong><br />
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Spiegelbild<br />
Wenn man wissen will, was in<br />
Europa abgeht, schaut man sich<br />
am besten in China um, dem Land,<br />
das den Westen kopieren will. Das<br />
heißeste Suchwort auf Yahoo in<br />
China war schon 2007 „LOHAS“:<br />
820 924 Suchanfragen an einem<br />
Tag. In Hongkong entsteht gerade<br />
ein Wohngebiet, das – nachdem<br />
es zunächst „Dream City“ genannt<br />
werden sollte – jetzt „Lohas Park“<br />
Die Gefahr besteht, dass das<br />
erwachte Interesse an sinnvollem<br />
Konsum professionell benutzt wird:<br />
Leute, die genug Geld ausgeben<br />
können, werden auf die „guten“ Produkte<br />
orientiert. Sachliche Informationen<br />
geraten in den Hintergrund,<br />
verwässern. Da dürfen die Politik<br />
nicht nur CO2-Zahlen abrechnen, die<br />
Medien nicht nur moralisieren und<br />
der Konsument nicht nur glauben. ■<br />
Anette Runge<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
48<br />
Wirtschaft<br />
Wege aus der<br />
Energiekostenfalle<br />
Energiesparende Systemlösungen machen drastische<br />
Kostensenkungen möglich<br />
In dieser Halle heizen Luftheizgeräte mit<br />
kostenloser Abwärme von Maschinen.<br />
Kältemaschine im Winterschlaf: Die notwendige<br />
Kühlenergie wird über eine Winterentlastung<br />
erzeugt.<br />
Von Oktober 2008 bis März <strong>2009</strong><br />
sind die Rohölpreise um ganze 75 Prozent<br />
gefallen! Die Kosten für Strom<br />
dagegen haben sich eher weiter nach<br />
oben bewegt oder sind im besten Fall<br />
konstant geblieben. Die Preise für<br />
Benzin und Diesel sind lediglich um<br />
ca. 25 Prozent gefallen.<br />
Einhellige Meinung aller Marktteilnehmer<br />
ist, dass die Energiepreise<br />
mittel- und langfristig wieder ansteigen<br />
werden. Demnach wird sich zukünftig<br />
die Kostensituation auch für<br />
die mittelständischen Betriebe weiter<br />
verschlechtern. Die einzige Chance,<br />
dieser Kostenschraube den Druck zu<br />
nehmen, ist der konsequente Einsatz<br />
energiesparender Systemlösungen.<br />
Hohe Einsparpotenziale bei extrem<br />
kurzen Amortisationszeiten<br />
(Fotos: ONI)<br />
Im Bereich der Medienversorgung,<br />
von der Kühlwasser- bis zur Druckluftversorgung,<br />
lassen sich gerade in<br />
mittelständischen Betrieben durch<br />
den Einsatz effizienter Technik gewaltige<br />
Energiesparraten erzielen. Ein<br />
Spezialist auf diesem Gebiet kommt<br />
aus dem oberbergischen Lindlar und<br />
realisiert für seine Kunden weltweit<br />
Projekte, die bis zu 95 Prozent Heizenergiekosten<br />
und bis zu 80 Prozent<br />
der Stromkosten für den Betrieb von<br />
Kältemaschinen einsparen.<br />
Durch die hohen Einsparraten lassen<br />
sich in den meisten Fällen Amortisationszeiten<br />
zwischen ein und zwei<br />
Jahren realisieren. Darüber hinaus<br />
bietet die Firma, die 2008 den „Großen<br />
Preis des Mittelstandes“ gewann,<br />
ein unvergleichliches Leistungsspektrum<br />
von der Fachberatung und<br />
Planung bis zur schlüsselfertigen<br />
Erstellung von komplexen Anlagen.<br />
Höchste Priorität hat dabei immer<br />
das Thema „Effizienzverbesserung“.<br />
Heizkosten um bis zu 95 Prozent<br />
reduzieren<br />
Die Einsparpotenziale in mittelständischen<br />
Betrieben sind enorm. Ein<br />
Beispiel dafür ist die Reduzierung der<br />
Heizkosten durch die Nutzung von<br />
Abwärme aus der Maschinenkühlung<br />
von Spritzgussmaschinen, Pressen<br />
oder Getrieben von Extrudern.<br />
Diese kostenlose Abwärme im Niedertemperaturniveau<br />
wird durch den<br />
Einsatz von Wärmerückgewinnungsgeräten<br />
für die Beheizung von Hallen<br />
oder Büroräumen nutzbar.<br />
Dadurch lassen sich in der Praxis die<br />
Heizkosten um bis zu 95 Prozent reduzieren.<br />
Bei diesen Systemlösungen<br />
wird einfach der Kühlwasserrücklauf<br />
von Maschinen angezapft und<br />
auf speziell ausgelegte Heizflächen<br />
geführt, die damit Büroräume, Lagerund<br />
Versandhallen oder einen Werkzeugbau<br />
beheizen. Für die Nutzung<br />
von 100 Prozent Wärme wird dabei<br />
lediglich ein Prozent an Stromeinsatz<br />
notwendig! Aus Abwärme wird<br />
durch den Einsatz von Wärmerückgewinnungssystemen<br />
kostenlose Heizwärme,<br />
die stetig teurer werdende<br />
Primärenergieträger wie Heizöl oder<br />
Erdgas ersetzt. Damit wird über das<br />
Jahr nicht nur sehr viel Primärenergie<br />
für die Heizung eingespart, sondern<br />
zusätzlich auch die Energie, die<br />
für die Rückkühlung des Kühlwassers<br />
eingesetzt werden müsste.<br />
Neben der Energiekosteneinsparung<br />
leisten die Wärmerückgewinnungssysteme<br />
einen wesentlichen Beitrag<br />
zum aktiven Umweltschutz, da unnötige<br />
Umweltbelastungen durch<br />
Abwärme und die Verbrennung von<br />
Erdgas und Heizöl zur Erzeugung von<br />
Heizwärme vermieden werden.<br />
Winterentlastung spart bis zu<br />
80 Prozent Strom<br />
Weitere Beispiele für effiziente Energiespartechnik<br />
sind die glykolfreie<br />
Winterentlastung für Kältemaschinen,<br />
die mit einer Stromeinsparrate<br />
von bis zu 80 Prozent aufwartet<br />
sowie besonders energieeffiziente<br />
Kältemaschinen. Bei der sog. Winterentlastung<br />
liefert in der Übergangs-<br />
und Winterzeit die Außenluft<br />
die Kühlenergie, die ansonsten von<br />
Kältemaschinen unter hohem Einsatz<br />
von elektrischem Strom erzeugt wird.<br />
Die Winterentlastung benötigt lediglich<br />
zwei bis drei Prozent des für den<br />
Betrieb einer Kältemaschine notwendigen<br />
elektrischen Energiebedarfs. n<br />
Fragen?<br />
Aufschluss über realisierbare<br />
Einsparpotenziale gibt ein kurzer<br />
Energiesparcheck, der durch die<br />
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P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
(P.T.-Montage, Fotos: © Gerd Altmann, Moritz Apfelbaum/PIXELIO)
Regional-Special 51<br />
Ganz oben in<br />
Deutschland<br />
Schleswig-Holstein geht unter<br />
(Abbildung: HSH Nordbank)<br />
Auch wenn die Länder Bremen,<br />
Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Niedersachsen und Schleswig-<br />
Holstein keine politische Gemeinsamkeit<br />
darstellen, so sind sie doch<br />
ein geografischer und geschichtlicher<br />
Begriff. Die gemeinsame Sprache,<br />
Kultur und Wirtschaft schafft eine<br />
neue und einheitlich verbundene<br />
Region.<br />
Allerdings kommt der Slogan „ganz<br />
oben in Deutschland“ dank der<br />
Schlagzeilen um die HSH Nordbank<br />
ziemlich in Verruf. Die Probleme des<br />
Geldinstituts haben Auswirkungen<br />
auf die Haushalte von Hamburg und<br />
Schleswig-Holstein.<br />
Das Fiasko<br />
Obwohl der Kieler Finanzminister<br />
Rainer Wiegard Vorwürfe der Opposition<br />
im Zusammenhang mit der<br />
HSH Nordbank u. a. mit den Worten<br />
„Die Opposition vermischt ebenso<br />
wie der ‚Stern’ Äpfel und Birnen, um<br />
daraus angeblich reinen Apfelsaft<br />
anzubieten“ zurückgewiesen hat,<br />
bleibt es ein Fiasko. Da nützt auch<br />
sein Verweis auf den weltweiten<br />
Zusammenbruch der Märkte wenig.<br />
Nicht zuletzt der Hinschmiss des<br />
Wirtschaftsministers Werner Marnette<br />
gab der Fahrt der Regierung<br />
des Landes ein neues Fahrwasser.<br />
Sein Vertrauen in die Arbeit der Landesregierung<br />
sei in den vergangenen<br />
Monaten zunehmend erschüttert<br />
worden, sagte Marnette.<br />
Keine Kontrolle<br />
Weder habe sie eine interministerielle<br />
Arbeitsgruppe zur Bewältigung<br />
des Problems eingesetzt, noch habe<br />
die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
KPMG einen Auftrag zur Sonderprüfung<br />
bei der HSH Nordbank erhalten,<br />
so Marnette: „Daher bin ich davon<br />
überzeugt, dass die Landesregierung<br />
in ihrer Rolle als Miteigentümer der<br />
HSH Nordbank unser Land durch<br />
schlechtes und unprofessionelles<br />
Krisenmanagement, durch Vernachlässigung<br />
der Kontroll- und Sorgfaltspflicht<br />
in eine sehr schwierige Lage<br />
gebracht hat.“<br />
Blitz-Minister<br />
Jörn Biel ist Schleswig-Holsteins<br />
Blitz-Minister: „Ich weiß über die<br />
Länderhilfe für die HSH Nordbank<br />
kaum mehr als jeder Zeitungsleser.<br />
Das spielt aber auch keine Rolle. Um<br />
die HSH kümmert sich der Finanzminister,<br />
nicht der Wirtschaftsminister.<br />
Das ist nicht meine Baustelle.“<br />
„Ganz großes Kino.“<br />
Finanzminister Rainer Wiegard hat<br />
die große Zustimmung des schleswig-holsteinischen<br />
Landtages zum<br />
Rettungspaket für die HSH Nordbank<br />
begrüßt:<br />
„Die vorgeschlagene Lösung der Fortführung<br />
der Bank ist alternativlos.<br />
Schließungs- oder Abwicklungsszenarien<br />
bergen nicht planbare Risiken<br />
für die gesamte Finanzwirtschaft,<br />
für die schleswig-holsteinische Wirtschaft<br />
und für die Vermögenswerte<br />
unseres Landes in sich.“<br />
Dies hätten auch die Chefs des Sonderfonds<br />
Finanzmarkstabilisierung<br />
(Soffin) und der Bankenaufsicht<br />
ausdrücklich bestätigt. Soffin-Chef<br />
Hannes Rehm habe zudem das<br />
Geschäftsmodell der Bank als tragfähig<br />
und zukunftsfähig bezeichnet, so<br />
Wiegard.<br />
Nur rote Zahlen<br />
Laut stern.de ist seit Mitte Februar<br />
jedoch klar, dass die HSH im vergangenen<br />
Jahr 2,8 Mrd. Euro Miese<br />
gemacht hat. Abschreibungen auf<br />
das Kreditersatzgeschäft, Verluste<br />
aus dem Engagement in Island und<br />
bei der insolventen US-Investment-<br />
Bruttoinlandsprodukt, preisbereinigt, verkettet (Index: 2000=100)<br />
Umfrage Nordland.de<br />
110,0<br />
105,0<br />
100,0<br />
108,5<br />
105,8<br />
104,4<br />
1<strong>03</strong>,0<br />
102,1 102,9 101,0 101,2 101,2 101,0<br />
100,0<br />
100,3 100,5<br />
99,1 99,3<br />
Wären Sie dafür, dass das Nordland ein<br />
gemeinsames Bundesland wird?<br />
Ja<br />
61.3%<br />
Indexwert<br />
95,0<br />
90,0<br />
85,0<br />
80,0<br />
97,3 96,9<br />
95,2<br />
95,8<br />
95,0<br />
92,5<br />
93,6<br />
93,1<br />
91,4<br />
90,5 90,5<br />
89,4<br />
88,9<br />
86,6<br />
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 20<strong>03</strong> 2004 2005 2006 2007<br />
Schleswig-Holstein<br />
Deutschland<br />
Quelle: Arbeitskreis<br />
VGR der Länder<br />
(Quelle: IHK Schleswig-Holstein)<br />
Nein<br />
26.3%<br />
8.6%<br />
Nur bestimmte Bundesländer<br />
3.6%<br />
Weiß nicht / egal<br />
Abgegebene Stimmen: 3961<br />
Nordland – ein Bundesland?<br />
(Quelle: nordland.de)<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
20 52<br />
September I Oktober<br />
Regional-Special<br />
(Foto: © www.lizenzfreie-bilder.at/PIXELIO)<br />
Milliarden vom Staat<br />
bank Lehman Brothers haben die<br />
Landesbank tief in die roten Zahlen<br />
rutschen lassen.<br />
Zudem muss sie ihre Risikovorsorge<br />
auf 1,4 Mrd. Euro erhöhen. Eine Kapitalspritze<br />
von 3 Mrd. Euro ist nötig,<br />
um das Institut am Leben zu erhalten.<br />
Dafür kommen die Anteilseigner<br />
Schleswig-Holstein und Hamburg<br />
auf – und sie stehen für weitere<br />
Risiken gerade: 10 Mrd. Euro umfasst<br />
die Ausfallgarantie, die sie übernehmen<br />
müssen. Beide Länder haben<br />
damit etwa einen halben Jahresetat<br />
im Feuer. Ein erneuter Einbruch der<br />
Bank würde alle Bemühungen der<br />
vergangenen Jahre, die Landeshaushalte<br />
zu sanieren, Makulatur werden<br />
lassen, so stern.de.<br />
Noch mehr rote Zahlen<br />
Wegen der nachlaufenden Gewährträgerhaftung<br />
kämen auf die Anteilseigner<br />
dann Verbindlichkeiten in<br />
Höhe von 65 Mrd. Euro zu – die über<br />
die vergangenen Jahrzehnte angesammelten<br />
Schulden Hamburgs<br />
und Schleswig-Holsteins könnten<br />
sich glatt verdoppeln. Dabei ist die<br />
schwarz-grüne Koalition in Hamburg<br />
im vergangenen Frühjahr mit dem<br />
Versprechen angetreten, nicht weiter<br />
Miese zu machen.<br />
Es scheint nur eine Frage der Zeit<br />
zu sein, bis die Bank wieder Kapital<br />
braucht, befürchtet stern.de. Wenn<br />
sie in den kommenden Jahren weitere<br />
Milliardenverluste schultern<br />
und an Kiel und Hamburg jährliche<br />
Gebühren von 400 Mio. Euro für<br />
die Ausfallgarantie zahlen muss,<br />
erscheine die „Kapitalausstattung<br />
durch die Länder nicht besonders<br />
komfortabel“, sagt Bankenexperte<br />
Stefan Best von der Ratingagentur<br />
Standard & Poor‘s. Offen ist, ob der<br />
Soffin erneut einspringen würde,<br />
wenn der Bank die Mittel ausgingen.<br />
Im vergangenen November hatte der<br />
Fonds bereits Garantien in Höhe von<br />
30 Mrd. Euro bereitgestellt.<br />
Neue Aufgaben<br />
Der vormalige Hauptgeschäftsführer<br />
der Kieler IHK Biel stellt sich<br />
seine Ziele: „Ich werde versuchen,<br />
große Projekte wie die A20 oder die<br />
Fehmarn-Belt-Querung voranzutreiben.<br />
Das ist im Sinne der Wirtschaft<br />
und war auch immer eine Forderung<br />
der IHK. Das gleiche gilt für ein<br />
anderes großes Projekt. Hamburg<br />
und Schleswig-Holstein brauchen<br />
und ergänzen einander. Sie müssen<br />
noch enger zusammenarbeiten.“<br />
Natürlich muss auch das Konjunkturpaket<br />
II gemanagt werden. In<br />
Schleswig-Holstein werden mehr<br />
als 430 Mio. Euro aus dem Konjunkturpaket<br />
des Bundes investiert. Die<br />
Mittel sollen vor allem in Straßenbauprojekte,<br />
Hochschulausbau sowie<br />
in Forschung und Lehre fließen.<br />
Neuer Dreiklang<br />
Außerdem hat das Land das größte<br />
Förderprogramm in seiner Geschichte<br />
aufgelegt. Rund 1,4 Mrd. Euro an<br />
öffentlichen Fördergeldern stehen<br />
für die Jahre 2007 bis 2013 bereit, mit<br />
denen ein Investitionsvolumen von<br />
mehr als 3 Mrd. Euro bewegt werden<br />
soll.<br />
Die Landesregierung will damit den<br />
von ihr eingeleiteten Politikwechsel<br />
fortsetzen: Sie handelt nach dem<br />
Dreiklang Sparen, Reformieren,<br />
Inves tieren und ordnet deshalb ihre<br />
zentralen Förderprogramme neu.<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
IHK-Konjunkturklimaindikator/ Indexwerte für Mittelstand und Großunternehmen<br />
Großunternehmen<br />
Mittelstand<br />
Herbst 1999<br />
Februar 2000<br />
Frühsommer 2000<br />
Herbst 2000<br />
Februar 2001<br />
Frühsommer 2001<br />
Herbst 2001<br />
Februar 2002<br />
Frühsommer 2002<br />
Herbst 2002<br />
Februar 20<strong>03</strong><br />
Frühsommer 20<strong>03</strong><br />
Herbst 20<strong>03</strong><br />
Februar 2004<br />
Frühsommer 2004<br />
Herbst 2004<br />
Februar 2005<br />
Frühsommer 2005<br />
Herbst 2005<br />
Februar 2006<br />
Frühsommer 2006<br />
Herbst 2006<br />
Februar 2007<br />
Frühsommer 2007<br />
Herbst 2007<br />
Februar 2008<br />
Frühsommer 2008<br />
Differenz KM Us - Großunternehmen mehr als 1000 Beschäftigte (linke Achse) bis 499 Beschäftigte (linke Achse)<br />
(Quelle: © DIHK-Mittelstandsreport 2008)<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
-20<br />
-30<br />
BIP<br />
n BIP Schleswig-Holstein: 73,6 Mrd. Euro<br />
(2008)<br />
n BIP Hamburg: 89,6 Mrd. Euro (2008)<br />
Aufgeschnappt<br />
n EU-Kommission bescheinigt<br />
Schleswig-Holstein gutes Verwaltungs-<br />
und Kontrollsystem im<br />
Fischereibereich<br />
n Prüfung hinsichtlich der Verwendung<br />
der ca. 9,8 Mio. Euro aus dem Finanzinstrument<br />
zur Ausrichtung der<br />
Fischerei (FIAF) mit Lob absolviert<br />
n Prüfbericht enthält keine einzige<br />
finanzielle Beanstandung<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Regional-Special 53<br />
(Foto: © Gerritje Deterding/PIXELIO)<br />
Existenziell<br />
Hamburg will nicht mit untergehen.<br />
Auch die Hamburgische Bürgerschaft<br />
hat das Rettungspaket<br />
für die schwer angeschlagene HSH<br />
Nordbank gebilligt.<br />
Das sei die größte Summe, die die<br />
Bürgerschaft jemals beschlossen<br />
hat, so GAL-Fraktionschef Jens Kerstan.<br />
Bei einer Insolvenz der Bank<br />
sei das Risiko für Hamburg um ein<br />
Vielfaches höher.<br />
„Wir haben es hier mit einer existenziellen<br />
Situation zu tun, und<br />
Familienunternehmen vor!<br />
zwar nicht nur für die Bank, sondern<br />
auch für die beteiligten Länder“,<br />
so Kerstan. Denn sollte die Landesbank<br />
pleitegehen, müssten die<br />
Hansestadt und Schleswig-Holstein<br />
über die Gewährträgerhaftung für<br />
65 Mrd. Euro bürgen. Da mit dem<br />
klammen nördlichen Nachbarn<br />
kaum zu rechnen sei, bliebe alles an<br />
Hamburg hängen.<br />
Der Mittelstand soll’s richten<br />
Der neue Minister legt großes Vertrauen<br />
in den Mittelstand des Nordens.<br />
Biel: „Ich gehe aber davon aus,<br />
dass wir das Tal – bei vielen ist es<br />
ein Jammertal – gemeinsam überwinden.“<br />
Schließlich sei Schleswig-<br />
Holstein sehr robust und verfüge<br />
über einen stabilen Mittelstand.<br />
„Ich vertraue auf die Familienunternehmen,<br />
die in den letzten Jahren<br />
ihre Stärke unter Beweis gestellt<br />
haben.“<br />
In den nächsten zwei bis drei Monaten<br />
stehe vor allem die Umsetzung<br />
des Konjunkturpakets II im Mittelpunkt,<br />
so Biel. „Wir müssen das Geld<br />
schnell an die Märkte bringen und<br />
Arbeitsplätze schaffen.“ Ob sich das<br />
der Ex-Wirtschaftsminister Marnette<br />
so vorgestellt hat? n<br />
Niedersachsen<br />
Das 30-Jahres-Tief<br />
(Foto: Deutsche Messe Hannover)<br />
In der 30-jährigen Geschichte des niedersächsischen Konjunkturindex hat es<br />
noch nie einen Stimmungseinbruch in dieser rasanten Geschwindigkeit gegeben.<br />
Die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung der nächsten<br />
Monate hat sich in vielen Branchen weiter verfestigt. Angesichts einer hohen<br />
Exportquote und einer weltweiten Konjunkturschwäche brechen vielen Unternehmen<br />
die Aufträge weg. Über ein Drittel der befragten Unternehmen geht<br />
von einem rückläufigen Auslandsgeschäft in den kommenden Monaten aus.<br />
Das ist der schlechteste Wert der vergangenen drei Jahrzehnte. Die Beschäftigungslage<br />
soll bei der Mehrheit der befragten Unternehmen (64 Prozent) immer<br />
noch stabil gehalten werden.<br />
Der Anteil der Unternehmen, die ihre Belegschaft reduzieren werden, stieg Ende<br />
2008 zwar auf 29 Prozent (Vorquartal: 17 Prozent), viele Unternehmen überbrücken<br />
diese Phase aber derzeit über Kurzarbeit sowie den Abbau von Zeitarbeit<br />
und befristeter Beschäftigung. Bei der Versorgung mit Krediten ergibt sich<br />
dieses Bild: Nur bei 2,3 Prozent der befragten Unternehmen wurden im vierten<br />
Quartal Kredite abgelehnt oder nicht verlängert; jedes fünfte Unternehmen meldet<br />
Verschlechterungen bei den Kreditkonditionen. Drei Viertel der befragten<br />
Unternehmen haben bei ihren Hausbanken derzeit unveränderte Konditionen.<br />
Die Auftragseingänge der Industrie waren bei mehr als der Hälfte der Unternehmen<br />
rückläufig. Das Auftragspolster ist vor allem bei den Vorleistungs- und<br />
Investitionsgüterherstellern kräftig geschrumpft. n<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
54<br />
Regional-Special<br />
Bremen<br />
Ariane-4-Rakete im Space Park:<br />
Subventionen in den Wind geschossen<br />
(Foto: © Harry HautummI/PIXELIO)<br />
Der größte private Arbeitgeber der<br />
Stadt hatte eine Idee, die auf großes<br />
Missfallen stieß: Die Daimler AG<br />
schüttete seinen Eigentümern für<br />
das vergangene Jahr eine, wenn<br />
auch gekürzte, Dividende aus. Hier zu<br />
streichen wäre besser gewesen, als<br />
über Kurzarbeiterregelung staatliche<br />
Hilfen in Anspruch zu nehmen. Nicht<br />
nur in Krisenzeiten unanständig,<br />
meint der „Weser-Kurier“. Daimler fertigt<br />
in seinem Mercedes-Benz-Werk<br />
in Bremen u. a. die Automodelle der<br />
C-Klasse, das T-Modell und den Roadster<br />
SL. Das Mercedes-Werk speicherte<br />
außerdem illegal Krankendaten<br />
von Mitarbeitern. Noch eine Datenschutzaffäre<br />
in den Schlagzeilen. Die<br />
Lage in Bremen ist angespannt.<br />
Vom Space Park zur Investitionsruine<br />
Danebengegangen ist auch eine Idee,<br />
die sich ganz logisch anhört. Auch die<br />
Luft- und Raumfahrtindustrie prägt<br />
heute Bremen. Einer der größten<br />
Ein Stadtstaat in der Krise<br />
deutschen Technologieparks beschäftigt<br />
rund 6 000 überwiegend hochqualifizierte<br />
Menschen. Ein Space<br />
Park dagegen ging fulminant pleite.<br />
Das Space Center wurde im Februar<br />
2004 als erster überdachter<br />
(„Indoor“-) Freizeitpark Deutschlands<br />
im Space Park Bremen eröffnet und<br />
aufgrund mangelnder Besucherzahlen<br />
bereits im September 2004 wieder<br />
geschlossen. Das Projekt wurde<br />
Anfang der 90er geplant. Der Kerngedanke<br />
war dabei die Verbindung von<br />
Unterhaltung und Einzelhandel.<br />
Die Rettung<br />
Um aus den verlorenen Subventionsmillionen<br />
doch noch etwas zu<br />
machen, wurde die Idee recycelt.<br />
Ankermieter wird der britisch-irische<br />
Textilhändler Primark, eine Tochter<br />
des Lebensmittelkonzerns Associated<br />
British Foods, der damit seine erste<br />
Niederlassung in Deutschland eröffnet.<br />
Die Eröffnung soll im Mai <strong>2009</strong><br />
stattfinden. Jetzt heißt das Unternehmen<br />
Waterfront Bremen, ist nach<br />
amerikanischem Vorbild gestaltet,<br />
hat die Finanzkrise im Nacken und<br />
einen Konzern im Rücken.<br />
Doch breit aufgestellt<br />
Nur auf wenigen Beinen stehen die<br />
Innovationssysteme von Bremen.<br />
Fällt eine Branche weg, ist so ein System<br />
angreifbar. Ein etwas anderes<br />
Bild ergibt sich aber, wenn man die<br />
„innovative Basis“ nicht in absoluten<br />
Werten, sondern in Relation zur<br />
Einwohnerzahl misst. Bei relativer<br />
Betrachtung ist Bremen das am<br />
breitesten aufgestellte Bundesland;<br />
auch der Stadtstaat Hamburg ist<br />
ähnlich strukturiert.<br />
Eine neue Idee ist nun, ein weiteres<br />
Standbein zu etablieren, die Nanotechnologie.<br />
Sie gilt als eine der<br />
Zukunftstechnologien, von der<br />
mittel- bis langfristig enorme Wachstumspotenziale<br />
erwartet werden.<br />
Daher setzen bereits heute viele Regionen<br />
auf die Stärkung dieser Technologie<br />
– so auch das Land Bremen.<br />
Deshalb wurde eine Regionalstudie<br />
in Auftrag gegeben, die feststellte:<br />
Die Aussage, dass Bremen bislang<br />
zwar kein explizites Nanotechnologie-Cluster<br />
sei, sich aber auf dem<br />
Weg dorthin befände, kann auf Basis<br />
der dargelegten Ausführungen bestätigt<br />
werden – wobei jedoch noch<br />
deutliche Weiterentwicklungen erreicht<br />
werden müssen. Im Klartext:<br />
Da ist noch viel zu tun. n<br />
Bremen nur im Mittelfeld<br />
Basics<br />
n wichtiger Standort der<br />
Automobil-, Schiffbau-, Stahl- und<br />
Elektronikindustrie<br />
n Schiffbau- und Stahlindustrie haben<br />
in den vergangenen Jahrzehnten<br />
einen Strukturwandel durchgemacht:<br />
4 von 8 Werften blieben übrig<br />
n Endmontage der Airbusflügel findet<br />
in Bremen statt<br />
n führend in Lebensmittelbranche: Beck<br />
& Co., Kellogg’s, Kraft Foods, Milka,<br />
Vitakraft, Nordmilch<br />
n BIP 2008 27,7 Mrd. Euro<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Regional-Special 55<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
Von nichts kommt nichts<br />
(Foto: © Thomas Max Müller/PIXELIO)<br />
Laut Bertelsmanns-Studie „Bundesländer<br />
im Innovationswettbewerb“<br />
liegt MV sowohl beim Innovationserfolg<br />
als auch bei Innovationsbedingungen<br />
am Schluss der Statistik.<br />
In keinem anderen Bundesland ist<br />
die unternehmerische Umsetzung<br />
so schlecht wie in Mecklenburg-<br />
Vorpommern: Hier sind die Firmen<br />
bundesweit am wenigsten aktiv. Bei<br />
ihnen hat sich viel getan – doch die<br />
Voraussetzungen liegen immer noch<br />
auf einem niedrigen Niveau.<br />
Der Osten Deutschlands hat immer<br />
noch vor allem ein Problem: seine<br />
schwache privatwirtschaftliche<br />
Basis. „In den neuen Ländern werden<br />
weit weniger neue Produkte entwickelt<br />
und in Markterfolg umgesetzt<br />
als im Westen“, so Studienleiter Eric<br />
Thode. In den ostdeutschen Ländern<br />
mangele es an großen und mittelständischen<br />
Unternehmen als „Innovationstreiber“.<br />
Kühle Prognose<br />
Zum Jahresbeginn <strong>2009</strong> kühlte sich<br />
das Geschäftsklima in Mecklenburg-<br />
Vorpommern kräftig ab, die Unternehmen<br />
schätzen ihre derzeitige<br />
Situation dennoch überwiegend<br />
befriedigend bis gut ein. Das besagen<br />
die Antworten der über 2 500<br />
Unternehmen, die von den Industrieund<br />
Handelskammern Neubrandenburg,<br />
Rostock und Schwerin im<br />
Steckt in MV mehr als man denkt?<br />
Rahmen der IHK-Konjunkturumfrage<br />
befragt wurden. Zwar fällt jede fünfte<br />
Beurteilung zur Geschäftslage<br />
negativ aus, dies ist im Vergleich<br />
zum Herbst 2008 jedoch keine Verschlechterung.<br />
Die insgesamt gute<br />
Einschätzung ist vor allem auf die<br />
Industrie und auf den Dienstleistungssektor<br />
zurückzuführen. Beide<br />
Wirtschaftsbereiche verzeichnen<br />
weiterhin eine überwiegend stabile<br />
Auftragslage.<br />
Mau mit Maut<br />
Relativ schlecht schätzen dagegen<br />
Verkehrsunternehmen ihre Situation
56<br />
Regional-Special<br />
(Foto: © Andreas Zöllick/PIXELIO)<br />
ein. Als Gründe werden die Maut<br />
und hohe Kraftstoffpreise während<br />
der vergangenen Monate genannt.<br />
Branchenübergreifend fallen die<br />
Geschäftserwartungen für die kommenden<br />
zwölf Monate im Saldo<br />
negativ aus. 43 Prozent der Unternehmen<br />
befürchten, vom allgemeinen<br />
konjunkturellen Abschwung erfasst<br />
zu werden. Konsum- und Investitionszurückhaltung<br />
sowie mögliche<br />
Kundeninsolvenzen sind die Hauptgründe<br />
für die Einschätzung. Vereinzelt<br />
haben Unternehmen bereits<br />
starke Auftragseinbrüche erfahren.<br />
Besonders heftig hat sich die Zuversicht<br />
im Verkehrs- und Baugewerbe<br />
sowie im Handel eingetrübt.<br />
Der Fels in der Brandung?<br />
Wegen des insgesamt starken Rückgangs<br />
der Geschäftserwartungen<br />
verschlechtert sich der Wert des<br />
IHK-Geschäftsklimaindexes, welcher<br />
die Salden von Geschäftslage und<br />
Geschäftserwartungen mittelt. Seit<br />
Herbst 2007 ist der Indikator stetig<br />
gesunken und mit 86 Punkten nun<br />
auf den tiefsten Stand seit 2005<br />
gefallen. Eine nicht zu vernachlässigende<br />
Minderheit der befragten<br />
Unternehmen in Mecklenburg-<br />
Vorpommern gibt jedoch an, wegen<br />
Produktinnovationen und Markterweiterung<br />
auch im kommenden<br />
Jahr mit einem stabilen, wenn nicht<br />
sogar zunehmenden Geschäft zu<br />
rechnen. Zudem betrachten sich<br />
viele mittelständische Unternehmen<br />
aufgrund einer diversifizierten Kundenstruktur<br />
und Modernisierungsmaßnahmen<br />
in vergangenen Jahren<br />
als in der Krise gut aufgestellt.<br />
Alles bestens<br />
Sie schätzen die weitere Entwicklung<br />
ihrer Exporte im Januar <strong>2009</strong> sehr<br />
ähnlich ein wie im Herbst 2008. So<br />
gehen 70 Prozent nach wie vor von<br />
steigenden oder gleichbleibenden<br />
Auslandsabsätzen aus. Sie haben<br />
sich einen ausländischen Markt<br />
gerade erst neu erschlossen und bauen<br />
diesen durch verstärkte Vertriebsaktivitäten<br />
noch weiter aus – oder<br />
sie vertiefen ihre Kundenstruktur<br />
durch Produktinnovation.<br />
Im Auslandsgeschäft etablierte<br />
Unternehmen verfügen oft über<br />
feste Lieferverträge und betrachten<br />
ihr Exportgeschäft in den nächsten<br />
zwölf Monaten als weitgehend gesichert.<br />
Wichtigste Handelspartner der<br />
Exporteure aus Mecklenburg-Vorpommern<br />
sind die Mitgliedstaaten<br />
der Europäischen Union. Neben<br />
Frankreich, Belgien und Skandinavien<br />
gewinnen mittel- und osteuropäische<br />
Handelspartner an Gewicht.<br />
Wer arbeitet, bleibt drin<br />
Die konjunkturelle Abschwächung<br />
ist auch in den Beschäftigungsplänen<br />
der Unternehmen sichtbar. So<br />
ist der Anteil der Unternehmen, die<br />
· ganzjährige Vermietung<br />
von Ferienhäusern & Wohnungen,<br />
· Vielfältige Animation,<br />
· Kinder & Seniorenfreundlich,<br />
· anspruchsvolle Gastronomie,<br />
· 200 m vom Strand entfernt<br />
Landessieger 2005,<br />
Goldmedallie Bundeswettbewerb 2006,<br />
Umweltmanagement nach EMAS,<br />
5 Sterne<br />
Dr. Wachsmann-Str. 40<br />
D-17454 Ostseebad Zinnowitz<br />
Tel.: +49 (0) 3 83 77 - 4 <strong>03</strong> 48<br />
Fax: +49 (0) 3 83 77 - 4 <strong>03</strong> 49<br />
camping-pommernland@m-vp.de<br />
www.camping-pommernland.m-vp.de<br />
Finalist „Großer Preis des Mittelstandes“ 2007<br />
Nominiert für „Großer Preis des Mittelstandes“ 2008/<strong>2009</strong><br />
Mill. EUR<br />
1 200<br />
1 000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
Umsatz<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Verarbeitendes Gewerbe<br />
Umsatz (ohne Umsatzsteuer)<br />
2007 2008 <strong>2009</strong><br />
darunter: Auslandsumsatz<br />
Daten eingeschränkt<br />
vergleichbar<br />
J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D<br />
(Quelle: StatA MV Zahlenspiegel)
Regional-Special 57<br />
Der neue Rügendamm<br />
(Foto: © Ralf Luczyk/PIXELIO)<br />
angeben, in den kommenden Monaten<br />
Personal abbauen zu müssen,<br />
mit 26 Prozent zwar etwas höher als<br />
noch im Herbst 2008. Gleichzeitig<br />
geben jedoch fast drei Viertel aller<br />
Unternehmen an, ihre Beschäftigung<br />
halten oder sogar steigern zu<br />
wollen.<br />
Besonders positiv fällt das Ergebnis<br />
für das Dienstleistungsgewerbe<br />
aus: In dieser Branche gehen 73<br />
Prozent der Unternehmen von einer<br />
gleichbleibenden Mitarbeiterzahl<br />
in den kommenden zwölf Monaten<br />
aus, während elf Prozent sogar Neueinstellungen<br />
planen. Im Bau- und<br />
Verkehrsgewerbe dagegen glauben<br />
35 bzw. 39 Prozent der Unternehmen,<br />
dass sie Mitarbeiter entlassen<br />
müssen.<br />
Konjunkturpaket sei Dank<br />
Die Aussichten für die wirtschaftliche<br />
Entwicklung haben sich weiter<br />
verschlechtert. Die Unternehmen<br />
in MV sehen einen wirtschaftlichen<br />
Abschwung auf sich zukommen. Es<br />
gehen aber von den rückläufigen<br />
Rohstoffpreisen und von dem noch<br />
stabilen Binnenkonsum stützende<br />
Impulse aus.<br />
Zudem helfen Leitzinssenkungen<br />
und die nun von der EU-Kommission<br />
genehmigten milliardenschweren<br />
Konjunkturpakete der<br />
europäischen Regierungen, die<br />
wirtschaftliche Lage zu stabilisieren.<br />
Da Mecklenburg-Vorpommern<br />
außerdem nur begrenzt durch ein<br />
einbrechendes Exportgeschäft<br />
betroffen ist, ist trotz der negativen<br />
Geschäftsaussichten in allen Wirtschaftsbereichen<br />
zu erwarten, dass<br />
der hiesige Wirtschaftsraum weniger<br />
stark als die meisten anderen<br />
deutschen Regionen von den aktuellen<br />
weltwirtschaftlichen Entwicklungen<br />
erfasst wird, prognostiziert<br />
die Studie.<br />
Die Überraschung<br />
Im sechsten Bundesländerranking<br />
von Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft<br />
(INSM) und Wirtschafts-<br />
Woche belegt Mecklenburg-Vorpommern<br />
mit 56,1 Punkten Platz zwei<br />
bei der Wirtschaftsdynamik. Die von<br />
der IW Consult GmbH im Auftrag<br />
von INSM und WiWo erstellte Studie<br />
berücksichtigt zahlreiche ökonomische<br />
und strukturelle Indikatoren<br />
wie Bruttoinlandsprodukt, Kaufkraft,<br />
Kitabetreuungsquote oder Investitionsquote.<br />
Das liest sich quer zur<br />
Bertelsmann-Studie:<br />
MV liegt im Ranking sehr gut in<br />
der Dynamik, hat aber noch Probleme<br />
bei der Wirtschaftsleistung.<br />
Positiv: Die Arbeitsplatzversorgung<br />
stieg, Straftaten gingen zurück,<br />
das Arbeiterentgelt stieg, und MV<br />
hat viele Lehrstellen zu vergeben.<br />
Negativ: die meisten Schüler ohne<br />
Abschluss, fast die meisten ALG-II-<br />
Empfänger, das BIP und immer noch<br />
der Einwohnerrückgang. Ein Land<br />
mit Zukunft? n<br />
Anette Runge<br />
BIP<br />
n BIP MV 35,8 Mrd. Euro (2008)<br />
Dynamikranking 2008<br />
n Hamburg<br />
n Mecklenburg-Vorpommern<br />
n Bayern<br />
n Baden-Württemberg<br />
n Brandenburg<br />
n Sachsen<br />
n Hessen<br />
n Berlin<br />
n Schleswig-Holstein<br />
n Sachsen-Anhalt<br />
n Thüringen<br />
n Rheinland-Pfalz<br />
n Niedersachsen<br />
n Saarland<br />
n Nordrhein-Westfalen<br />
(Quelle: Bundesländerranking 2008/<br />
INSM, WirtschaftsWoche)<br />
Montage von:<br />
· mechanischen und elektromechanischen<br />
Sicherungsanlagen<br />
· Gleisbildstell werken und<br />
Spurplanstellwerken<br />
· Wegübergangssicherungs<br />
anlagen<br />
· Zugbeeinflussung s-<br />
anlagen<br />
Generalauftragnehmer<br />
für Komplettbauten<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
58<br />
Innovation<br />
(Foto: © ThyssenKrupp)<br />
Rechtzeitige<br />
Wartung garantiert<br />
Neue Elektronik überwacht teure Maschinen und Geräte<br />
Eine Maschine rammt einen schweren<br />
Stahlträger in den Boden. Künftig überwacht<br />
eine neue Elektronik diese teuren<br />
Geräte und gibt Hinweise auf eine fällige<br />
Wartung.<br />
(idw-online/eigBer.) - Bauvibratoren<br />
werden stark beansprucht und müssen<br />
regelmäßig gewartet werden.<br />
Dabei wechselt ein Techniker das Öl<br />
und erneuert die Dichtungsringe.<br />
Je länger ein Gerät im Einsatz war,<br />
desto häufiger ist eine Wartung<br />
fällig – ähnlich wie bei einem Auto,<br />
das zur Inspektion muss, wenn es<br />
eine bestimmte Kilometerleistung<br />
erbracht hat.<br />
Verleihunternehmen können jedoch<br />
nur grob abschätzen, wie lange ein<br />
Gerät bei den Kunden insgesamt in<br />
Betrieb war und wann dementsprechend<br />
die nächste Wartung fällig<br />
ist. Ein elektronischer Wächter des<br />
Fraunhofer-Instituts für Mikroelektronische<br />
Schaltungen und Systeme<br />
IMS in Duisburg soll hier künftig<br />
Abhilfe schaffen:<br />
„Er zählt die Betriebsstunden des<br />
Geräts“, erklärt Frederic Meyer, Projektleiter<br />
am IMS. Der Betriebsstundenzähler<br />
ist in einem Kästchen von<br />
fünf mal sieben Zentimetern untergebracht,<br />
kann an jeden Bauvibrator<br />
anmontiert werden und schwingt in<br />
derselben Frequenz mit. „Die Elektronik<br />
bestimmt in jeder Minute über<br />
einen Beschleunigungssensor und<br />
eine interne Uhr, ob die Maschine<br />
gerade schwingt und bei welcher<br />
Frequenz“, sagt Meyer.<br />
Prototyp erfolgreich getestet<br />
Ein Techniker liest den Zähler über<br />
Funk aus und sieht so, ob er die<br />
Maschine warten muss, bevor sie<br />
an einen anderen Kunden geht. Die<br />
Elektronik überwacht auch die Temperatur<br />
des Bauvibrators. Denn ist<br />
die Maschine überbeansprucht, läuft<br />
sie heiß und verschleißt schneller.<br />
„Bereits ab 85 Grad Celsius entstehen<br />
Schäden an den Dichtungen“, weiß<br />
Meyer. Künftig hält der Wächter fest,<br />
wenn bedrohlich hohe Temperaturen<br />
aufgetreten sind. In diesem Fall<br />
erhält der Techniker eine Warnung<br />
und kann eine zusätzliche Wartung<br />
veranlassen. Einen Prototypen haben<br />
die Forscher bereits erfolgreich<br />
getes tet. Ihr Auftraggeber erprobt<br />
das System zurzeit. n<br />
XEye sieht alles<br />
Strahlungsstabile Röntgenkamera für industrielle Anwendungen<br />
(Foto: Fraunhofer IIS)<br />
(idw-online/eigBer.) - Für die Prüfsicherheit<br />
in der industriellen Röntgenprüfung<br />
ist eine hohe Bildqualität<br />
entscheidend, denn nur damit<br />
können kleinste Fehlstellen sicher<br />
erkannt werden. Die am Fraunhofer<br />
IIS entwickelte Röntgenkamera XEye<br />
bietet auch im Dauereinsatz über<br />
mehrere Jahre höchste Bildqualität.<br />
Bereits seit August 2006 arbeitet die<br />
erste industriell eingesetzte XEye<br />
Röntgenkamera störungsfrei.<br />
Ohne Degradation der Bildqualität<br />
arbeitet sie bei bis zu 220 kV Röhrenspannung<br />
rund um die Uhr in der<br />
Schweißnahtprüfung. Ermöglicht<br />
wird dies durch die vollständige<br />
Abschirmung sämtlicher elektronischer<br />
Komponenten vor Röntgenstrahlung.<br />
XEye verbindet hohe Auflösung<br />
mit großer Abbildungsfläche,<br />
der modulare Aufbau ermöglicht<br />
prinzipiell beliebige Baugrößen.<br />
Funktionsprinzip<br />
Die hohe Bildqualität und Dauerstabilität<br />
der XEye Röntgenkamera<br />
wird durch die optische Abbildung<br />
eines Szintillatorschirms auf mehrere<br />
optische Kameramodule ermöglicht.<br />
Die Teilbilder werden dann<br />
elektronisch zu einem Gesamtbild<br />
verarbeitet. Dieses Funktionsprinzip<br />
bringt eine Reihe von Vorteilen<br />
mit sich, z. B. sehr hohe Bildqualität,<br />
keine Pixeldefekte, keine Geisterbilder<br />
(image lag), Positionierung des<br />
Objekts unmittelbar vor und nach<br />
der Bildaufnahme möglich sowie frei<br />
wählbare Abbildungsfläche durch<br />
modularen Aufbau. Die Röntgenkamera<br />
wurde vom Fraunhofer IIS auf<br />
der Messe „Control <strong>2009</strong>“ in Stuttgart<br />
präsentiert. Mehr unter<br />
www.vision.fraunhofer.de. n<br />
Technische Daten<br />
n Wählbare Pixelgrößen: 100, 200 und<br />
400 µm<br />
n Bildwiederholrate: bis 13 fps<br />
n Belichtungszeit: frei wählbar ab 1 ms<br />
n Dynamik: ca. 10 000:1 @ 4 fps; ca.<br />
8 000:1 @ 7 fps; ca. 5 000:1 @ 13 fps<br />
n Bildformate: beliebig, bereits realisiert:<br />
200 x 50 mm; 192 x 192 mm;<br />
384 x 192 mm<br />
n Triggermodus: externer Trigger oder<br />
frei laufend<br />
n Szintillator: je nach Anwendung<br />
wählbar<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Innovation 59<br />
3D-Bilder mit<br />
einem „Schuss“<br />
SPARC ermöglicht die Analyse bewegter Objekte<br />
(Foto: Hochschule für Angewandte<br />
Wissenschaften Rosenheim)<br />
(idw-online/eigBer.) - Ein seit langem<br />
verfolgtes und wichtiges Ziel in der<br />
industriellen Bildverarbeitung ist die<br />
schnelle dreidimensionale Erfassung<br />
von Szenen. Derzeit ist dieses Problem<br />
noch nicht allgemein gelöst,<br />
denn die meisten optischen 3D-Verfahren<br />
erfordern etliche Einzelaufnahmen<br />
oder arbeiten scannend. Das<br />
neue System SPARC (Surface Pattern<br />
Analyzer and Roughness Calculator)<br />
basiert auf dem Prinzip „Shape-from-<br />
Shading“ (SfS) und ist in der Lage, mit<br />
nur einer einzigen Aufnahme dreidimensionale<br />
Bilder von Objekten<br />
zu liefern, wodurch auch die Analyse<br />
bewegter Objekte möglich wird. Es<br />
wurde von der Firma In-Situ gemeinsam<br />
mit der Hochschule für angewandte<br />
Wissenschaften Rosenheim<br />
entwickelt.<br />
Synchrone Bildaufnahme<br />
Bisher mussten mit einer senkrecht<br />
auf das zu vermessende Objekt<br />
gerichteten Kamera nacheinander<br />
mindestens drei aus unterschiedlichen<br />
Winkeln beleuchtete Bilder<br />
aufgenommen werden. Aus den Einzelbildern<br />
konnte dann die 3D-Oberfläche<br />
rekonstruiert werden. Mit dem<br />
modifizierten Verfahren werden die<br />
Mehrfachaufnahmen durch eine<br />
einzige synchrone Bildaufnahme mit<br />
drei Kameras und speziellen Lampen<br />
mit teildurchlässigen, dielektrischen<br />
Spiegeln ersetzt.<br />
Der SPARC-Messkopf: Zu erkennen sind die drei<br />
Leuchten und die drei Kameras mit Filterbox.<br />
Da die Belichtungszeit nur ca. 100 µs<br />
beträgt, können so auch bewegte<br />
Objekte aufgenommen werden.<br />
Außerdem wurde das Analyseverfahren<br />
so weiterentwickelt und parallelisiert,<br />
dass die Auswertegeschwindigkeit<br />
auf 20 Messungen pro Sekunde<br />
erhöht werden konnte.<br />
Anwendungen<br />
Das Messsystem ist dazu geeignet,<br />
dreidimensionale, stetige Oberflächen<br />
ohne Löcher und scharfe Kanten<br />
in Echtzeit zu erfassen. Anwendungsbeispiele<br />
sind die Kontrolle von<br />
Prägeschriften, Gravuren, Blindenschrift-Punkten<br />
und Schlagzahlen.<br />
Die Analyse erhabener Texturen von<br />
Leder, Textilien, Kunststoff oder Kartonagen<br />
sind weitere typische Applikationen.<br />
■<br />
Nominiert für den<br />
„Großen Preis des<br />
Mittelstandes“ <strong>2009</strong><br />
Unsere Erfahrung seit 1931<br />
Wärmetechnik steht für technische Kompetenz<br />
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Die Wärmetechnik Wilkau-Haßlau GmbH &<br />
Co. KG startet Russlandgeschäft<br />
Die Wärmetechnik Wilkau-Haßlau<br />
Im GmbH ersten Quartal & Co. <strong>2009</strong> KG hat startet die Wärmetechnik Russlandgeschäft<br />
Wilkau-Haßlau<br />
GmbH & Co. KG den Auftrag zur Montageplanung Gewerk<br />
Lüftung Im ersten für den Quartal Neubau <strong>2009</strong> des hat föderalen die Wärmetechnik wissenschaftlich-klinischen<br />
Wilkau-Haßlau<br />
Zentrums GmbH & für Co. Kinderhämatologie, KG den Auftrag zur Onkologie Montageplanung und Immunologie<br />
Gewerk<br />
Moskau Lüftung erhalten.<br />
für den Neubau des föderalen wissenschaftlichklinischen<br />
Zentrums für Kinderhämatologie, Onkologie und<br />
Damit Immunologie wird das Moskau Know-how erhalten.<br />
des Anlagenbauers aus dem Zwickauer<br />
Land auch auf einer der größten Moskauer Baustellen eingesetzt.<br />
Damit wird das Know-how des Anlagenbauers aus dem Zwickauer<br />
Land auch auf einer der größten Moskauer Baustellen<br />
Die eingesetzt.<br />
Entscheidung in den russischen Markt zu gehen traf das<br />
Unternehmen Mitte 2008. Nach einer kurzen intensiven Vorbereitungsphase<br />
Die Entscheidung, konnten in im den Januar russischen <strong>2009</strong> Markt erste zu konkrete gehen, Verhand-<br />
traf<br />
lungen das Unternehmen zu dem Projekt Mitte in Moskau 2008. Nach aufgenommen einer kurzen werden intensiven<br />
und im<br />
März Vorbereitungsphase wurden diese erfolgreich konnten im abgeschlossen.<br />
Januar <strong>2009</strong> erste konkrete<br />
Verhandlungen zu dem Projekt in Moskau aufgenommen wer-<br />
Das den. zeigt, Im März dass unsere <strong>2009</strong> wurden Fähigkeiten diese und erfolgreich Leistungen abgeschlossen.<br />
auch in wirtschaftlich<br />
schwierigen Zeiten in anderen Ländern nach wie vor<br />
gefragt Das zeigt, sind.<br />
dass unsere Fähigkeiten und Leistungen auch in<br />
wirtschaftlich schwierigen Zeiten in anderen Ländern nach wie<br />
vor gefragt sind.
60<br />
Kultur | Lifestyle<br />
AMI – eine Messenachlese<br />
von dem, was vor uns liegt...<br />
Die Automobilmesse AMI in Leipzig<br />
ist inzwischen eine etablierte Messe<br />
ohne die übertriebenen Markentempel<br />
der Fahrzeughersteller wie<br />
in Frankfurt. Die AMI ist näher am<br />
Verbraucher und damit näher am<br />
Autofahrer. Leipzig hat auch als Messestandort<br />
einiges zu bieten.<br />
Architektonisch konnte sich die<br />
Messe Leipzig ausbreiten, was sich<br />
in riesigen Hallen mit atriumartiger<br />
Verbindung zeigt. Die Logistik, die<br />
sich für die Messebesucher in Form<br />
von guten Anfahrtswegen und riesigen<br />
Parkflächen äußert, beinhaltet<br />
die Infrastruktur, die einer kleinen<br />
Stadt gleicht. Autobahnanbindung<br />
und Flugplatznähe unterstützen den<br />
Standort positiv.<br />
BMW fehlte gänzlich. Das wirft Fragen<br />
auf und hielt die Diskussionen<br />
um das fehlende Standortbekenntnis<br />
Leipzig am Laufen. Mini wurde vermisst.<br />
BMW ist Autobauer in Leipzig,<br />
umso mehr suchten die Leipziger<br />
die Propellermarke vergeblich. Die<br />
Weltwirtschaftskrise mit den Auswüchsen<br />
der Automobilkrise wurde<br />
diskutiert. Das Selbstverständnis, die<br />
Innovationskraft und der Energieausblick<br />
standen im Fokus der Betrachtungen.<br />
Audi und Opel waren die Gewinner<br />
Die Highlights dieser Messe waren<br />
u. a. Audi und Opel. Audi stellte sein<br />
neues A5 Cabrio vor und glänzte<br />
mit einer Premiumproduktpalette,<br />
die jedem Autofan das Herz höher<br />
schlagen ließ. Das A5 Cabriolet wird<br />
künftig das Cabrio A4 ersetzen. Der<br />
Wagen ist nicht nur eine Designikone,<br />
sondern setzt neue Maßstäbe<br />
in seinem Segment.<br />
Die Entscheidung für ein Stoffdach<br />
ließ die Verwandtschaft zum A5<br />
Coupè bestehen, während die klappbaren<br />
Stahldächer anderer Hersteller<br />
meist völlige Neukonstruktionen<br />
erfordern, die dann unglückliche<br />
Silhouetten mit ihrem Rucksackheck<br />
erzeugen. Die Eleganz der A5-Familie<br />
bleibt bei Audi erhalten und kürt<br />
das Cabrio zu einem der schönsten<br />
Wagen der Messe.<br />
Opel hat mit der Studie Ampera,<br />
einem Elektroauto und dem neuen<br />
Insignia die Journalisten um sich<br />
versammelt. Die fließenden Formen<br />
des Insignia, die neuen hochwertigen<br />
Materialien und der Gesamtauftritt<br />
des Automobils sind gelungen und<br />
rücken diesen Wagen, der den Vectra<br />
ablöst, in den Premiumbereich.<br />
Im Innenbereich setzen sich die fließenden<br />
Formen fort und umschmeicheln<br />
den Fahrer mit hochwertig<br />
anmutenden Materialien und<br />
De signlösungen, die in sich sehr<br />
harmonisch wirken. Der große Bildschirm,<br />
steuerbar über einen Knopf<br />
in der Mittelkonsole unterhalb der<br />
Armlehne, lehnt sich an die Erfahrungen<br />
der großen Automobilmarken<br />
im Luxussegment an.<br />
Erstmalig wurde auch der Sportstourer,<br />
also der Insignia Combi,<br />
Die Oldtimershow<br />
Subaru Forester Allradlady<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
Kultur | Lifestyle 61<br />
(Fotos: Prof. Arnd Joachim Garth)<br />
Audi A1 Studie<br />
Der Opel Insignia<br />
vorgestellt. Ein Raumwunder mit<br />
martialischer Heckklappe lässt jeden<br />
Zweifel verschwinden, dass Opel<br />
nicht doch auf dem richtigen Weg ist<br />
und weckt den Wunsch der Befreiung<br />
vom amerikanischen GM-Diktat.<br />
Porsches Cayman innen in rotem Leder<br />
Porsches Stand war ebenfalls ein<br />
Erlebnis. Der Cayman, überarbeitet<br />
und innen gänzlich in rotem Leder,<br />
gab die große Ausstrahlungskraft<br />
der Marke gebührend wieder. Der<br />
Dieselporsche als Cayenne war ebenfalls<br />
ein Besuchermagnet. Gegenüber<br />
befand sich der Stand von Subaru.<br />
Subaru sucht alljährlich die Allradlady,<br />
die auch zur Pressekonferenz<br />
erschien und das Subaru Foresterjahr<br />
2008 verkörpert. Anmutig, blond und<br />
dynamisch erfüllte sie alle Klischees<br />
einer schönen Allradlady, die sich mit<br />
zwei Dalmatinern auf dem Messestand<br />
zeigte. Eine Überraschung auf<br />
dem Hyundai-Stand war der Genesis<br />
im S-Klasse-Format. Nicht nur die<br />
Proportionen, auch die Designlinie<br />
hat die Formensprache der Mercedes-<br />
Klasse aufgenommen. In Amerika<br />
wird dieser Wagen bereits verkauft.<br />
Ob er nach Deutschland kommt, um<br />
den Kampf mit den Etablierten aufzunehmen,<br />
bleibt abzuwarten.<br />
Mercedes selbst stellte seine neue<br />
E-Klasse vor, die sich mit einer<br />
aufregenden, sehr ansprechenden<br />
Front in einem langweiligen Heck<br />
verliert. Das Hutschachteldesign<br />
innen ist alles andere als angenehm<br />
gestaltet und enttäuscht eher, als es<br />
begeistert.<br />
Auch die AMI-Tech ist eine Attraktion<br />
Was eine Messe auch immer angenehm<br />
macht, dass sind die Attraktionen<br />
wie der ADAC sie anbietet. Z. B.<br />
ein Fahrtrainer, der über eine Echtzeitdynamik<br />
aller Bedienelemente<br />
verfügt und somit auch Kindern<br />
oder Fahranfängern ein gutes Gefühl<br />
für Gefahrensituationen und deren<br />
Bewältigung bereitet. Beispielsweise<br />
wurden Reaktionstests durchgeführt<br />
und entsprechend ausgewertet.<br />
Neben der Ami ist auch die AMI-Tech<br />
besuchenswert. Teiledienste, Tuner,<br />
Veredler und Werkstattausstatter<br />
zeigten sich rund um das Thema<br />
Automobil. Ich entdeckte einen<br />
Dodge Challenger, der von dem<br />
Tuner EMMA „europäisiert“ wurde.<br />
Der Experte zeigte mir, wie Amerikaner<br />
unzulänglich innerhalb eines<br />
Automobils beispielsweise Kabelbäume<br />
verlegen und wie Bleche aufbereitet<br />
sind.<br />
Leipzig ist schon einen Besuch wert<br />
– und diese Automesse allemal.<br />
Vielleicht sehen wir uns im nächsten<br />
Jahr wieder – in der Freude auf<br />
Design in Lack und Leder, auf Pferdestärken<br />
vergangener Zeiten und den<br />
Ausblick in die Energie- und Emissions-Zukunft,<br />
begleitet vom Charme<br />
der Leipziger Studentinnen, die sich<br />
als automobile Hostessen in dieser<br />
Zeit verdient machen. ■<br />
Prof. A. J. Garth<br />
Flo Tack im Cayman<br />
Dodge Challenger<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong>
62<br />
Kultur | Lifestyle<br />
Im Trabi von Budapest<br />
nach Bamako<br />
tausende<br />
Zuschauer<br />
Weltweite Medien und tausende<br />
Zuschauer am Start<br />
Marketing-Guerillero D-ROLF berichtet P.T. von seiner mit<br />
Abstand härtesten Rallye<br />
Gibraltar<br />
Im Hafen von Gibraltar ist die Welt<br />
noch in Ordnung<br />
„Monument Valley“<br />
Das „Monument Valley“ Malis:<br />
Mit Guerillastrategie durchs<br />
Guerillagebiet<br />
Über 250 Fahrzeuge gingen im Januar<br />
<strong>2009</strong> in der ungarischen Hauptstadt<br />
an den Start. Das D-ROLF-Team<br />
bestand aus zwei Trabis namens<br />
„Georg Friedrich Händel“ aus Halle<br />
und „Theodor Fontane“ vom motorsportlichen<br />
Bäckermeister Willi<br />
Jahnke aus Brandenburg. Unser Ziel<br />
war es, Bamako zu erreichen und<br />
für unsere Regionen und Partner<br />
zu werben sowie neue Kontakte zu<br />
schaffen.<br />
Die üblichen Verluste<br />
Die beiden Trabis waren überall<br />
Medienstars. Das erste Etappenziel<br />
bei Venedig erreichten wir nachts.<br />
Täglich ging es vor Sonnenaufgang<br />
weiter nach Marseille, San Remo,<br />
Barcelona, Gibraltar, Tanger, Casablanca,<br />
Agadir, Nuakschott, Kiffa und<br />
schließlich Bamako.<br />
Bei der Highway-Jagd fraß sich ein<br />
Motor fest, den wir bei Barcelona in<br />
drei Stunden wechselten. Bis Tanger<br />
war es immer eisig kalt, und wir<br />
verloren den Kontakt zum Feld. Bei<br />
El Ajun gerieten wir in eine gemeine<br />
könglich-marokkanische Radarfalle.<br />
Später machte uns ein Sandsturm<br />
Sorgen.<br />
Abkürzungen durch die Sahara,<br />
die gefährlichen Serpentinen des<br />
Hohen Atlas sowie verschiedene<br />
Kamelmärk te brachten gewaltige Bilder.<br />
Der mauretanische Grenzübergang<br />
inkl. seiner Wächter erinnern<br />
an Ali Baba und die 40 Räuber. Unsere<br />
„Cherry Lady“-Reserve wird aus<br />
„Glaubensgründen“ beschlagnahmt.<br />
Mit den letzten Spritreserven erreichten<br />
wir das Fahrerlager in Nuakschott<br />
direkt am Atlantik. Schlimme<br />
Sanitäranlagen. Übernachtung im<br />
Beduinenzelt mit schwer bewaffneten<br />
Turbanträgern.<br />
Geheimwaffe Weihnachtsstollen<br />
Bakschisch oder Cadeaus (Geschenke)<br />
verkürzen die Wartezeiten erheblich.<br />
Mauretanische „Hotelbesitzer“ haben<br />
jeden Maßstab verloren. Für schmutzige<br />
Buden verlangen sie über 50 US-<br />
Dollar. Einer von ihnen gab sich noch<br />
verwundert, als ich sagte, dass ich<br />
das Loch ja nicht kaufen will, sondern<br />
nur eine Nacht mieten!<br />
Die Trabis arbeiten sich dank unserer<br />
Beharrlichkeit immer weiter im Feld<br />
vor. In Kiffa, dem letzten größeren<br />
Ort, einer Oase in Mauretanien,<br />
liegt ein großes ungepflegtes Camp.<br />
Übernachtung im eigenen oder im<br />
Beduinenzelt soll pro Kopf zehn Euro<br />
kosten. Eine Ekeldusche für 400 Leute.<br />
Ich mache den Kassierer „rund“. Er<br />
bekommt zehn Euro für unser ganzes<br />
Pole Position<br />
Krokodile<br />
Exot in Pole Position auf der<br />
Fähre über den Niger<br />
nach Timbuktu<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
„Embedded Journalist“ Margrit Krüger weiß,<br />
dass der Niger voller Krokodile ist<br />
Autowracks in der verminten<br />
Todeszone zwischen<br />
Westsahara und Mauretanien<br />
Todeszone
Kultur | Lifestyle 63<br />
Sächsisches und afrikanisches<br />
Wüstenschiff<br />
Wüstenschiff<br />
(Fotos: D-ROLF, Margrit Krüger)<br />
Team. Die Leute im Ort sind freundlich,<br />
aufgeschlossen und interessiert.<br />
Im Camp holt der Bäckermeister seine<br />
Geheimwaffe raus: Brandenburger<br />
Weihnachtsstollen. Mauretanier und<br />
Ungarn, ja selbst Südafrikaner sind<br />
wild darauf.<br />
Schwierige Verhandlungen<br />
Später werden wir alle in ein geräumiges<br />
Beduinenzelt gerufen. Selbst<br />
die „Häuptlinge“ von Zoll und Grenzkontrolle<br />
haben sich eingefunden. Sie<br />
rücken einen Tisch unter eine freihängende<br />
Glühbirne und stempeln<br />
unsere Ausreisedokumente. Ohne<br />
Bakschisch – toller Service!<br />
Immer wieder ist es problematisch,<br />
Kraftstoff, Öl und Trinkwasser zu<br />
bekommen. Eine mauretanische<br />
Kassier- und Stempelfalle ist noch<br />
zu bewältigen. Die Grenzkontrolle in<br />
Mali ist erfreulich schnell. Doch ausgerechnet<br />
jetzt macht sich an Willis<br />
Hinterachse ein Problem bemerkbar.<br />
Im „Parc Fermé“ des Zolls von Mali<br />
beginnen wir zu bauen. Ich fahre<br />
in den nächsten Ort, um ein Hotel<br />
„aufzuklären“. Primitiv und teuer,<br />
aber das einzige. Die Achse scheint<br />
repariert, als ich zurückkomme. Beim<br />
Bezahlen geht ein großes Palaver los.<br />
Willi hatte vorher den Preis nicht<br />
ausgehandelt. Am Ende zahlen wir<br />
50 Dollar und mein Autoradio – hier<br />
unten nützt es mir sowieso nichts.<br />
Ziel erreicht – Abenteuer geht weiter<br />
Auf der Fahrt zum Hotel stellt<br />
sich raus, dass die Achse wieder<br />
geschweißt werden muss. Dann<br />
suchen wir noch eine Kneipe, um<br />
etwas zu essen. Die Open-Air-Kneipe<br />
passt in eine Piratengeschichte: Im<br />
heimatlichen Halle hätte ich den<br />
Wirt, der mir Ekelreis und so ein<br />
Huhn serviert, erschlagen. Hier war<br />
ich froh. Bei den warmen Getränken<br />
gab es dafür Auswahl: ungeklärtes<br />
warmes Wasser, warme Cola oder<br />
warmes Bier.<br />
Nur noch eine Etappe nach Bamako.<br />
Diesmal fanden wir eine saubere<br />
Herberge. Der Wirt hatte im Rostocker<br />
Hafen gearbeitet. Als Dinner gab<br />
es gegrillten Fisch. Zwei Tage später<br />
hatten wir es geschafft – 10 000<br />
Meilen gegen 350 PS starke Allrader,<br />
von denen 40 Prozent unterwegs<br />
ausfielen. Dafür erfreute sich unser<br />
Trabi nach dem Rennen so großer<br />
Beliebtheit, dass er von ganz besonderen<br />
„Fans“ einbehalten wurde.<br />
Deshalb mussten wir Mali mit einem<br />
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66<br />
Impressum<br />
Zu: Editorial<br />
„Das ist natürlich eine sehr gewagte<br />
These, dass Bin Laden den ‚(für ihn)<br />
billigsten Krieg der Welt’ geführt hat.<br />
Der Westen hat zwar die wirtschaftliche<br />
Zerstörung durch die Weltfinanzkrise<br />
selbst herbeigeführt. Aber<br />
das hat doch nichts mit Bin Laden zu<br />
tun!“<br />
Matthias Krumke (per E-Mail)<br />
Zu: „Täuschen, tricksen, tarnen“<br />
„Endlich deckt mal jemand auf, wie<br />
die ‚offizielle’ Statistik tatsächlich<br />
funktioniert. Kein Wunder, dass die<br />
‚gefühlte Inflation’ und die Regierungsverlautbarungen<br />
immer mehr<br />
auseinanderklaffen. Solche Realitätsverleugnung<br />
wird vom Leben auf<br />
Dauer immer bestraft werden. Ein<br />
kluger Mann hat schon vor vielen<br />
Jahren gesagt, man kann entweder<br />
alle Menschen für eine kurze Zeit<br />
oder einzelne Menschen ein Leben<br />
lang täuschen. Aber man kann nicht<br />
alle Menschen ein Leben lang hinters<br />
Licht führen.“<br />
Horst Brinzig (per E-Mail)<br />
Zu: „Lehren aus der Finanzkrise“<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
leserbriefe<br />
Leser-Tel.: <strong>03</strong>41 24061-00 n Leser-Fax: <strong>03</strong>41 24061-66<br />
Leserbriefe auch unter: www.pt-magazin.de/service/leserbriefe<br />
„Heute haben wir eine völlig neue<br />
Situation, die wir auch wieder zu<br />
meistern versuchen müssen! Wichtig<br />
ist es, dass man gerade bei schwierigen<br />
Wegen Partner an seiner Seite<br />
weiß…Ich habe die Bundesregierung<br />
– den Bundeswirtschaftsminister –<br />
auf die Problematik der Industrie<br />
und auch speziell der Textilindustrie<br />
in Deutschland hingewiesen. Mir ist<br />
nicht gegeben zu meckern, sondern<br />
Probleme zu erkennen, Lösungswege<br />
vorzuschlagen! Leider wurde in der<br />
Vergangenheit sehr wenig, ja fast<br />
gar nicht auf diese Hinweise reagiert.<br />
Heute sehen wir aber, was es heißt,<br />
keine Wertschöpfung in Deutschland<br />
zu haben! Unser größtes gemeinsames<br />
Ziel muss es sein, Deutschland<br />
in der gesamten Industriebreite<br />
wieder als einen akzeptablen Partner<br />
darzustellen und nicht nur als Importeur,<br />
Veredler und dann Exporteur im<br />
industriellen Geschehen Europas und<br />
der Welt bestehen zu lassen.“<br />
Helmut Peterseim, Mühlhausen<br />
Zu: „Der Preis des Geldes“<br />
„Tristan Abromeit fordert ‚Marktwirtschaft<br />
statt Kapitalismus’ und<br />
will hierzu ‚das sachlich richtig<br />
manipulierte Papiergeld in Umlauf’<br />
setzen, um dadurch ‚die monetäre,<br />
zinsbedingte Expansion und Vermögenskonzentration’<br />
zu bekämpfen.<br />
Dies ist in gleich mehrfacher<br />
Hinsicht bemerkenswert: Erstens<br />
beantwortet es nicht die Frage,<br />
wer genau in dieser Theorie das<br />
Papiergeld ‚manipulieren’ soll. Eine<br />
Zentralbank? Zweitens sagt es uns<br />
nicht, was ‚sachlich richtig’ ist: Das,<br />
was der Sache eines Staates, eines<br />
Politikers oder eines Bankenkonsortiums<br />
dient? Drittens befürchtet<br />
seine Theorie die Unsicherheiten der<br />
‚Goldfunde’. Was, muss man fragen,<br />
ist wohl eher manipulierbar? Die<br />
Definition der ‚sachlichen Richtigkeit’<br />
oder die Menge des nachweisbar gewonnenen<br />
Goldes?“<br />
Carlos A. Gebauer (per E-Mail)<br />
Zu: P.T. Magazin<br />
„Zu meinen Lieblings-Wirtschaftszeitungen<br />
zählt das P.T. Magazin.<br />
Es ist das offizielle Magazin des<br />
Wettbewerbs ‚Großer Preis des<br />
Mittelstandes’. Ein Beitrag mit der<br />
Überschrift ‚Die Elite, die niemand<br />
kennt’ berichtet über die knapp 3 200<br />
Unternehmen, die im Jahr 2008<br />
für diesen Preis nominiert wurden.<br />
Dabei blieben sie von den Medien<br />
weitgehend unbeachtet. Überall gibt<br />
es Menschen, die unbeeindruckt von<br />
suggestiven Horrorszenarien bleiben<br />
und in ihren Netzwerken täglich das<br />
Nötige und das Mögliche tun, um<br />
das Leben in Wirtschaft und Gesellschaft<br />
voranzubringen. So erzielen<br />
sie Schritt für Schritt Leistungen, die<br />
sich sehen lassen können. Und die<br />
gesehen werden sollten!“<br />
Eckehard W. Rechlin (per E-Mail)<br />
Das P.T. Magazin ist das offizielle Maga zin<br />
des Wettbewerbs „Großer Preis des Mittelstandes“<br />
der Oskar-Patzelt-Stiftung,<br />
eingetragen im Stiftungsregister des Regie<br />
rungs be zir kes Leipzig unter Nr. 2/1998.<br />
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Johannes Fiala, Albrecht Müller, Prof.<br />
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Regionalkorrespondent:<br />
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