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Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution

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Spinoza vergleicht unseren Willen mit der Vorstellung, <strong>die</strong> ein durch den Raum<br />

geschleuderter Stein haben könnte, wenn er dächte, er bewege sich und falle, weil<br />

er es so wolle. 196<br />

Wenn uns letztlich auch nur <strong>die</strong> Illusion eines freien Willens möglich sein sollte, so<br />

gibt es doch einen Unterscheid zwischen völligem Ausgeliefertsein an vitale Impulse<br />

und der relativen Freiheit, <strong>die</strong> in der Bewußtheit und der Hingabe an übergeordnete,<br />

"höhere" Motive besteht. Ähnlich meint auch Bergson, daß wir frei sind, insofern es<br />

uns gelingt, uns mit jenen Kräften zu identifizieren, <strong>die</strong> unsere Persönlichkeit in<br />

vollkommenem Einklang bestimmen, wenn es uns gelingt, sie durch uns wirken zu<br />

lassen, ohne daß sie durch andere Kräfte oder Motive gestört werden, d.h. wenn es<br />

uns gelingt, ganz wir selbst zu sein:<br />

"Wir sind frei, wenn unsere Handlungen aus unserer ganzen Persönlichkeit<br />

hervorgehen, wenn sie sie ausdrücken, wenn sie jene undefinierbare Ähnlichkeit<br />

mit ihr haben, wie man sie zuweilen zwischen dem Kunstwerk und<br />

seinem Schöpfer findet." 197<br />

Wenn nun auch der Wille nichts anderes ist <strong>als</strong> das Bewußtsein der Wirkung uns<br />

verborgener Ursachen (oder Motive), könnte es doch wenigstens zum Teil möglich<br />

sein, sich darüber zu erheben, sich von "der Knechtschaft der Begierden" ein Stück<br />

weit zu befreien und durch vernunftgemäße Einsicht eine Art von übergeordnetem<br />

Willen zu entfalten. 198<br />

Wenn das möglich ist, dann erfordert es ein Bewußtsein, das nicht einfach nur das<br />

Bewußtsein unseres Ich sein kann. Denn <strong>die</strong> Entwicklung übergeordneter Willensfunktionen<br />

setzt voraus, daß Wille und Bewußtsein nicht eine undifferenzierte<br />

Einheit bilden, sondern daß es hierarchisch geordnete Formen des Willens und<br />

Bewußtseins gibt. Auf <strong>die</strong>se Weise können hierarchisch niedere Funktionen von<br />

hierarchisch höheren gesteuert und verändert werden. Das verborgene Wirken<br />

höherer Funktionen kann es beispielsweise verständlicher machen, warum<br />

Menschen manchmal Ratschlägen oder Vorbildern folgen, <strong>die</strong> sie in eine Richtung<br />

drängen, <strong>die</strong> ihren momentanen Wünschen zu widersprechen scheint. Denn <strong>die</strong><br />

Entwicklung des Willens erfordert <strong>die</strong> Anerkennung oder Einsicht in <strong>die</strong> Autorität<br />

eines höheren Willens. In <strong>die</strong>sem Sinne äußerte sich Goethe gegenüber Eckermann:<br />

196 Vgl. Spinoza, Briefwechsel, LVIII, S. 236.<br />

197 Bergson 1911, S. 135-136.<br />

198 Vgl. Spinoza, Ethik, Buch V.<br />

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