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Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution

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von Unterdrückern, hilflose alte Menschen, ihren Kindern zur verhaßten<br />

Bürde geworden - <strong>die</strong> ganze Welt der Verlassenheit, der Armut, des Leids, all<br />

das macht ein hohnvolles Zerrbild aus dem, was Menschenleben eigentlich<br />

sein soll. Es verlangt mich danach, dem Übel zu steuern, allein ich vermag es<br />

nicht und so leide auch ich.<br />

So war mein Leben. Ich habe es lebenswert gefunden, und ich würde es mit<br />

Freuden noch einmal leben, wenn sich mir <strong>die</strong> Möglichkeit dazu böte." 188<br />

So offenherzig nun <strong>die</strong>ses Bekenntnis eines großen Philosophen ist, von seinen<br />

Leidenschaften "in einem launenhaften Zickzackkurs" "bald hier-, bald dorthin<br />

geweht" worden zu sein, scheint es doch absurd, behaupten zu wollen, ein Mensch<br />

wie Russell sei von seinen Leidenschaften getrieben gewesen und habe sein Leben<br />

nicht nach eigenem Willen bestimmt.<br />

Dieser Eindruck von Absurdität mag nichts anderes sein <strong>als</strong> der Ausdruck unseres<br />

Widerstrebens, <strong>die</strong> Illusion eines eigenen Willens <strong>auf</strong>zugeben. Der individuell<br />

autonome Wille mag ein Bild sein, das wir gerne <strong>auf</strong>rechterhalten würden. Sagt man<br />

beispielsweise jemandem, er erliege einer Illusion, wenn er glaube, einen eigenen<br />

Willen zu haben, dann kann er antworten, "gut, dann kann ich Sie ja ungestraft<br />

beleidigen." Hat er damit gezeigt, daß er doch einen eigenen Willen hat, oder nur,<br />

daß er sich mit dem von der Behauptung und <strong>auf</strong>grund vorhandener "Programmierungen"<br />

ausgelösten Gefühl, nicht ernst genommen zu werden und sich wehren zu<br />

müssen, identifiziert hat? Dann wäre eben <strong>die</strong>se Identifikation der Auslöser für das<br />

Tätigwerden eines schon vorhandenen Motivs geworden, einer Willenskraft <strong>als</strong>o, <strong>die</strong><br />

er nicht wirklich beherrscht, weil der Prozeß ja weitgehend unbewußt und<br />

automatisch ablief.<br />

Russell sieht, daß <strong>die</strong> letzten Gründe seines Handelns und Wollens nicht in seinem<br />

Bewußtsein oder Ich liegen, sondern jenseits. Er erkennt <strong>die</strong>se Abhängigkeit <strong>als</strong><br />

nicht hintergehbar. Das Verlangen nach Liebe, der Drang nach Erkenntnis und das<br />

unerträgliche Mitgefühl stellen eine Gegebenheit dar, wie auch der Körper eine<br />

solche Gegebenheit ist. Derartige Gegebenheiten nehmen wir in der Regel und im<br />

Gegensatz zu Russell eher unreflektiert hin. In Russells Leben waren <strong>die</strong> drei<br />

genannten "Leidenschaften" <strong>die</strong> "übermächtigen" Motive, <strong>die</strong> sein Denken, Fühlen<br />

und Tun beherrschten. Sie stellten sozusagen <strong>die</strong> höchsten Autoritäten seines<br />

Daseins dar, <strong>die</strong> er akzeptierte und denen er sein Leben mit allem, was darin war,<br />

188 Russell 1972, Bd. 1, S. 7-8.<br />

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