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Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution

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natürlich nicht, daß in jener Zeit nur <strong>die</strong> Auffassung eines souveränen Ich vertreten<br />

worden wäre. Der Liberalismus hat eine derartige Sichtweise zweifellos unterstützt<br />

und zu ihrer Verbreitung beigetragen. Aber es gab auch entgegengesetzte<br />

Meinungen, man denke nur an Schopenhauers Auffassung 185 , daß der Wille des<br />

Einzelnen nichts <strong>als</strong> <strong>die</strong> Puppe eines allgemeinen Weltwillens sei. Eine weitere<br />

breite Strömung wurde vom materialistischen Denken geformt und unterstützt; von<br />

Bedeutung sind hier vor allem La Mettrie, der wegen seiner Auffassung, der Mensch<br />

sei eine Maschine, aus Paris fliehen mußte und dessen erstes Buch vom Henker<br />

öffentlich verbrannt wurde. So muß man wohl grundsätzlich davon ausgehen, daß<br />

verschiedene, einander entgegengerichtete Ideen immer zu gleicher Zeit bestehen.<br />

Vielleicht ist es so, daß sie zusammengenommen so etwas wie ein Ganzes<br />

ergeben, was allerdings nur möglich ist unter Einführung eines ihnen übergeordneten<br />

Gesichtspunktes.<br />

Die Idee eines souveränen Ich ist heute nicht mehr akzeptierbar - zu vieles spricht<br />

dagegen. So wurde ja im letzten Kapitel ausgeführt, daß man kaum von einem Ich<br />

<strong>als</strong> einer Einheit sprechen kann, denn jeder Wunsch, jedes Gedankengebilde, jedes<br />

Besitztum ist ein Ich, wobei ein einzelnes Ich mit all den anderen Ich-en in einem<br />

Individuum nicht übereinzustimmen braucht. Der Wille wird <strong>als</strong> Funktion <strong>die</strong>ses Ich-<br />

Konglomerats wahrgenommen. Da aber das Ich selbst <strong>als</strong> eine Funktion anderer<br />

Instanzen erscheint, kann man annehmen, daß <strong>die</strong> Willensfunktionen des Ich<br />

ebenfalls von anderen Instanzen hervorgebracht, gelenkt oder beeinflußt werden.<br />

5.4.1 Wille <strong>als</strong> Identifikation des Selbst mit zielgerichteten Prozessen<br />

Beginnen wir mit dem einfachsten Fall: Ich habe Hunger, Durst und bin müde. Als<br />

erstes identifiziere ich mich (d.h. eigentlich das Selbst, aber der Vorgang bleibt mir<br />

unbewußt) mit meinem Hunger; in der Regel bin ich schon identifiziert, ich tue es<br />

nicht erst, denn ich habe ja überhaupt nicht das Empfinden, daß - wie für einen<br />

unbeteiligten Beobachter - sich ein Bedürfnis bemerkbar macht, das <strong>als</strong> Hunger,<br />

Durst oder Müdigkeit zu bezeichnen ist und das zu der Frage führt, was ich tun soll.<br />

Ich fühle mich <strong>als</strong>o, wenigstens zu einem Teil, identisch mit dem in meinem<br />

Bewußtseinsfeld <strong>auf</strong>tauchenden Hungergefühl usw., und <strong>die</strong>ses Gefühl (mit dem<br />

dahinter stehenden Bedürfnis) zwingt mich zum Essen, Trinken, Schlafen. Man mag<br />

einwenden, daß man ja selber Essen, Trinken oder Schlafen will. Aber häufiger sagt<br />

185 Vgl. Schopenhauer 1968<br />

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