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Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution

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mich zu den Kindern <strong>auf</strong> den Boden setze. 'Ist das ein Mercedes 200?' -<br />

Empörtes Gemurmel meiner Zuhörer. Ich werde fachmännisch belehrt, um<br />

welche Typen es sich bei <strong>die</strong>sen beiden wundervollen Exemplaren handelt.<br />

Während <strong>die</strong> Kinder mir erklären, woran man <strong>die</strong> Typen unterscheiden kann,<br />

überlege ich mir, welchen Vorschlag ich ihnen machen könnte. Als ich ihnen<br />

sage, daß ihr Spiel ruhiger sein müßte, weil <strong>die</strong> Kinder, <strong>die</strong> schreiben, sonst<br />

gestört werden würden, sehen das zwar alle ein, aber sie finden, daß Autos<br />

eben fahren müssen. Mein Vorschlag, ein Brett zu nehmen und <strong>die</strong> Wagen<br />

<strong>auf</strong> einer schiefen Ebene herunterfahren zu lassen, findet Beifall. 'Dann<br />

können wir auch richtig sehen, daß meiner der Bessere ist' sagt Jan 1 voller<br />

Ehrgeiz. Ich halte es für richtig, solchen Unsinn nicht zu verstärken. 'Es ist<br />

völlig gleichgültig, wessen Auto besser ist', sage ich entschieden, 'aber der,<br />

der besser ist, der ist irgendwie anders gebaut. Ihr solltet lieber überlegen,<br />

wie man den langsameren Wagen so umbauen kann, daß er ebenso schnell<br />

ist.' Am Ende der Stunde sieht der Wagen vom zweiten Jan höchst sonderbar<br />

aus: Er ist mit Knete beladen und trägt einen Ra<strong>die</strong>rgrummi <strong>auf</strong> seinem<br />

Rücken. Im Ganzen ähnelt er mehr einem buckligen Maikäfer <strong>als</strong> einem<br />

schnittigen Rennwagen, aber alle sind stolz <strong>auf</strong> ihr Werk. Sie haben in <strong>die</strong>ser<br />

halben Stunde mehr miteinander gesprochen <strong>als</strong> in den vergangenen drei<br />

Wochen zusammen." 101<br />

Nach und nach bildet sich z.T. auch durch <strong>die</strong> Bedürfnisse und <strong>auf</strong>grund der Beiträge<br />

der Schüler eine Ordnung heraus, <strong>die</strong> nicht <strong>als</strong> einengend, sondern <strong>als</strong> sinnvoll<br />

strukturierend empfunden wird und dadurch <strong>die</strong> Lernprozesse unterstützt.<br />

Die beiden Lehrer kommen zu folgendem Schluß:<br />

"Wir haben - wie andere Lehrer in anderen Klassen leistungsstarke und<br />

-schwache Schüler. Wir haben keinen Schüler, der nicht lernen will, und<br />

keinen, der in seinen Bemühungen entmutigt ist. Kollegen, <strong>die</strong> unseren Plan<br />

übernommen haben, machen ähnliche Erfahrungen. Gemeinsam sind auch<br />

negative Beobachtungen: Fachlehrer, <strong>die</strong> einen anderen Unterrichtsstil praktizieren,<br />

können nur schwer mit unseren Schülern zusammenarbeiten. Einige<br />

Eltern guter Schüler hätten es lieber gesehen, wenn im L<strong>auf</strong>e der Jahre <strong>die</strong><br />

jeweils 3 'schlechteren' Schüler sitzengeblieben wären ..." 102<br />

Unser Beispiel zeigt, wie zunächst ein Problem (Lustlosigkeit der Schüler) gesehen<br />

und akzeptiert wird. Das Verhalten der Schüler könnte ja auch mit der Vor<strong>auf</strong>fassung<br />

gesehen werden, daß sie faul seien und sich nur anzustrengen hätten, was<br />

man durch entsprechende Maßnahmen eben erzwingen müsse. Aber <strong>die</strong>se beiden<br />

101 Bert/Guhlke 1977, S. 14.<br />

102 Bert/Guhlke 1977, S. 71.<br />

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