Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution

Schüler beobachten, z. B. eines beliebigen Schülers, eines "Lieblingsschülers" und
eines "schwarzen Schafes". Weiter kann man untersuchen, warum man in
verschiedenen Situationen, bei Unruhe oder Unverständnis in dieser bestimmten
Weise und nicht irgendwie anders gehandelt hat. Was hält man von diesem und
jenem Schüler, den man zurechtgewiesen hat? Welches Bild hat man von ihm?
Welche eigenen Auffassungen von Unterricht, von Disziplin im Unterricht hat man,
daß man so handelt, wie man handelt? Welche Auffassungen haben die Kollegen,
die Schüler, die Eltern der Schüler und welche Erwartungen haben sie an den
Lehrer? Inwiefern ist man von diesen Erwartungen beeinflußt? Der Lehrer hat also
nach und nach das zu entwickeln, was wir (in Kap. 7.2) als Selbst-Bewußtheit
beschrieben haben. Selbst-Bewußtheit steigert allmählich die Fähigkeit der Selbst-
Kontrolle.
8.2.2 Selbst-Kontrolle statt Fremd-Kontrolle
Man kann nicht lehren und man kann nicht erziehen. Man kann vielmehr nur selber
lernen und andere zum Lernen anregen und man kann auch nur sich selbst
erziehen und andere zur Selbsterziehung ermutigen. Machen wir uns das an einem
einfachen Beispiel deutlich. Wenn ich als Lehrer selbst Schwierigkeiten habe, mich
zu konzentrieren, diszipliniert bei einer Sache zu bleiben, was immer an
Ablenkungen auch auftreten mag, werde ich mich auch im Unterricht beständig von
dem Tun einiger Schüler gestört fühlen und in einer Form darauf reagieren, die die
Schüler spüren läßt, daß ich nicht wirklich konzentriert bin. Wenn ich nun von den
Schülern Konzentration und Arbeitsdisziplin fordere, spüren sie genau, daß ja ihr
Lehrer diese Forderung selbst nicht erfüllt. Vollends unglaubhaft mache ich mich,
wenn ich die Schüler wegen mangelnder Arbeitsdisziplin bestrafe. Sie können mich
nicht mehr ernst nehmen, denn diese Strafmaßnahme macht deutlich, daß ich mir
meiner eigenen Fehler und Mängel nicht bewußt bin – obgleich die Schüler das
vielleicht nicht formulieren können. Wenn ich mich jedoch selbst um Disziplin
bemühe und den Schülern gegenüber zugeben kann, dass mir die Konzentration in
der Klasse schwer fällt und dann versuche, mit ihnen gemeinsam das Problem zu
meistern, dann ist es sehr wahrscheinlich, daß ich sogar sehr viel mehr in dieser
Hinsicht erreiche als ein äußerst disziplinierter Lehrer, der gleiches von seinen
Schülern fordert, d.h. als ein Lehrer der seine Schüler „erziehen“ will.
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