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Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution

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... Die Weltanschauung aller solcher in einer einzigen ausschließenden<br />

Richtung befangener Theoretiker hat ihre Unschuld verloren, und <strong>die</strong> Objekte<br />

erscheinen nicht mehr in ihrer natürlichen Reinheit. Geben sodann <strong>die</strong>se<br />

Gelehrten von ihren Wahrnehmungen Rechenschaft, so erhalten wir, ungeachtet<br />

der höchsten persönlichen Wahrheitsliebe des einzelnen, dennoch<br />

keineswegs <strong>die</strong> Wahrheit der Objekte; sondern wir empfangen <strong>die</strong> Gegenstände<br />

immer nur mit dem Geschmack einer sehr starken subjektiven Beimischung.<br />

Weit entfernt aber bin ich zu behaupten, daß ein unbefangenes<br />

rechtes Wissen der Beobachtung hinderlich wäre, vielmehr behält <strong>die</strong> alte<br />

Wahrheit ihr Recht, daß wir eigentlich nur Augen und Ohren für das haben,<br />

was wir kennen. . . Es gehört zur Naturbeobachtung eine gewisse ruhige<br />

Reinheit des Innern, das von gar nichts gestört und präokkupiert ist." 41<br />

Individuen mit der Bereitschaft, ihre eigenen Auffassungen <strong>als</strong> begrenzt zu sehen,<br />

werden ungewohnten Ideen vermutlich offener begegnen können, indem sie ihren<br />

eigenen Bezugsrahmen umformen oder versuchen, auch ihren Vorstellungen<br />

entgegengesetzte Gedanken oder Phänomene zumindest vorläufig zu akzeptieren<br />

und zu verstehen.<br />

Die Fähigkeit zu lernen, beruht zu einem guten Teil <strong>auf</strong> einer derartigen Haltung,<br />

und auch <strong>die</strong> wissenschaftliche Einstellung bedeutet ja, möglichst ohne Vorurteile<br />

an <strong>die</strong> Dinge heranzugehen, <strong>als</strong>o nicht immer nur das Bekannte, sondern im<br />

Bekannten das Neue, das noch nie Wahrgenommene zu sehen und staunen zu<br />

können. Das bedeutet, um einem Mißverständnis vorzubeugen, nicht, <strong>die</strong><br />

Vorstellungen unstrukturiert zu lassen, sondern im Gegenteil, <strong>die</strong> in hohem Maße<br />

vorhandene Bereitschaft zu haben, ständig neu zu strukturieren, zu erweitern,<br />

anstatt Informationen oder Eindrücke den schon vorhandenen Denkschemata<br />

anzupassen.<br />

Die Begrenzung der Aufmerksamkeit und Wahrnehmung <strong>auf</strong>grund von sehr<br />

partikularen Gefühlen, Wünschen, Annahmen oder Zielen ist vor allem auch für den<br />

Lehrer eine Quelle zahlreicher Behinderungen und Verfälschungen. Wenn man das<br />

Verhalten von Schülern (Partnern, Kollegen usw.) an den eigenen Vorstellungen<br />

mißt, fühlt man sich gestört, wenn es damit nicht übereinstimmt. Dann wird deren<br />

Verhalten zum eigenen Problem, das man glaubt, regeln zu müssen. Hätte man<br />

dagegen <strong>als</strong> Lehrer (<strong>als</strong> Partner, <strong>als</strong> Kollege usw.) <strong>die</strong> Fähigkeit, sich selbst<br />

herauszuhalten (d. h. <strong>die</strong> begrenzenden Maßstäbe, Gefühle usw.) und <strong>die</strong> Vorgänge<br />

sozusagen von höherer Warte aus zu beobachten, würde <strong>die</strong>s vermutlich helfen, <strong>die</strong><br />

41 Eckermann 1976 (11835), 18. Mai 1924.<br />

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