27.10.2014 Aufrufe

Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution

Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution

Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ein erstes und nicht unwesentliches Ergebnis <strong>die</strong>ser Übungen dürfte sein, daß man<br />

eine zunehmende Herrschaft über das Denken gewinnt oder verspürt, daß man sie<br />

gewinnen kann. Das bedeutet eine zunehmende Fähigkeit der Unterscheidung von<br />

Gedanken, Gefühlen, Handlungen in solche, <strong>die</strong> mit den allgemeinsten oder<br />

höchsten Idealen, <strong>die</strong> man hat, übereinstimmen, und in solche, <strong>die</strong> nicht damit<br />

übereinstimmen. Je besser es einem gelingt, "seine" Gedanken zu überblicken,<br />

umso besser kann man Unterschiede erkennen und eine Ordnung herstellen.<br />

Die Beherrschung des Denkens beinhaltet auch <strong>die</strong> Fähigkeit, Urteile zurückzuhalten,<br />

Gegenstände, Menschen, Worte usw. an sich zu betrachten und nicht so<br />

sehr in Bezug <strong>auf</strong> sich selbst und seine Vorstellungen. Dies ist, wie Goethe in<br />

seinem Wilhelm Meister ausführt, von grundlegender Bedeutung im Bildungsprozeß:<br />

"Das Schwerste finde ich <strong>die</strong> Art von Absonderung, <strong>die</strong> der Mensch in sich<br />

selbst bewirken muß, wenn er sich überhaupt bilden will; deswegen finden wir<br />

so viel einseitige Kulturen, wovon doch jede sich anmaßt über das Ganze<br />

abzusprechen ... Wie schwer ist es, was so natürlich scheint, eine gute<br />

Statue, ein treffliches Gemälde an und für sich zu beschauen, den Gesang<br />

um des Gesangs willen zu vernehmen, den Schauspieler im Schauspieler zu<br />

bewundern, sich eines Gebäudes um seiner eigenen Harmonie und seiner<br />

Dauer willen zu erfreuen. Nun sieht man aber meist <strong>die</strong> Menschen entschiedene<br />

Werke der Kunst geradezu behandeln, <strong>als</strong> wenn es ein weicher Ton<br />

wäre. Nach ihren Neigungen, Meinungen und Grillen soll sich der gebildete<br />

Marmor sogleich wieder ummodeln, das festgemauerte Gebäude sich<br />

ausdehnen oder zusammenziehen, ein Gemälde soll lehren, ein Schauspiel<br />

bessern, und alles soll alles werden. Eigentlich aber weil <strong>die</strong> meisten<br />

Menschen selbst formlos sind, weil sie sich und ihrem Wesen selbst keine<br />

Gestalt geben können, so arbeiten sie, den Gegenständen ihre Gestalt zu<br />

nehmen, damit ja alles loser und lockrer Stoff werde, wozu sie auch gehören.<br />

Alles reduzieren sie zuletzt <strong>auf</strong> den sogenannten Effekt, alles ist relativ, und<br />

so wird auch alles relativ, außer dem Unsinn und der Abgeschmacktheit, <strong>die</strong><br />

denn auch ganz absolut regiert." 80<br />

Wenn das Streben nach erweiterter Bewußtheit in <strong>die</strong>ser Weise zur besseren,<br />

willentlichen Beherrschung des Denkens führt, dann ist <strong>die</strong>s zweifellos kein kleiner<br />

Gewinn. Darüber hinaus läßt sich aber lernen, immer bewußter mit seinen Gefühlen<br />

und Handlungen umzugehen. Auf individueller Ebene kann man den Wert daher<br />

darin sehen, daß das Individuum nicht mehr in gleicher Weise seinen vielfältigen<br />

Impulsen ausgesetzt ist, sondern über Selbstbeherrschung verfügt. Man merkt<br />

80 Goethe 1977 (11795-1796), B. Buch, 7, Kap., S. 614-615.<br />

228

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!