Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution
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das Zimmer auszumessen. ... An der Tafel entsteht ein Gemeinschaftsbild. In<br />
einer stillen Ecke schreiben zwei Mädchen mit Kopfhörern ihr Rechtschreibdiktat<br />
ab Tonband. Am Nebentisch wird gerechnet mit bunten Perlen und<br />
Holzstäbchen. Eine ausgestopfte Taube steht daneben, ein Mädchen schaut<br />
sie sich an und streicht ihr zärtlich über den Kopf. 'Ein stilloses schulisches<br />
Geschehen' nannte das eine bayerische Oberschulrätin. . . 'es fehlen<br />
Planung, Ordnung, Steuerung und Ziel des unterrichtlichen Geschehens.' ...<br />
Wer sich Zeit nimmt zu schauen, und wer vorurteilslos schauen kann, wird<br />
bald einmal merken, daß da <strong>auf</strong> Tischen und Fußböden, im Flur und an der<br />
Wandtafel sehr intensiv gearbeitet und gelernt wird, freiwillig und ohne Zwang<br />
und vor allem sehr selbständig.. Die Lehrerin ... ist da, wenn sie gebraucht<br />
wird. Sie hilft, wo Hilfe nötig ist, sie macht Vorschläge, wenn ein Kind sich<br />
selbst noch nicht entschließen kann, sie kontrolliert, wo das Arbeitsmaterial<br />
nicht aus sich heraus <strong>die</strong> Möglichkeit zur Kontrolle bietet."<br />
Allerdings zeigen sich auch <strong>die</strong> großen Unterschiede in den Fähigkeiten:<br />
"Da gibt es Kinder, <strong>die</strong> in der 4. Klasse bereits Wurzeln ziehen und quadrieren<br />
können, während ein anderes soeben mühsam den Zehnerübergang<br />
beim Ad<strong>die</strong>ren zu begreifen beginnt. Dennoch braucht das behinderte Kind<br />
nicht entmutigt zu werden: Seine Leistungen werden stets nur an seinen<br />
Fähigkeiten gemessen, niem<strong>als</strong> an denjenigen anderer, begabterer Kinder." 23<br />
Einen Sachverhalt zu durchdenken, bedeutet, ihn <strong>auf</strong>grund unserer begrenzten<br />
Bewußtseinskapazität darzustellen. 24<br />
Einen Sachverhalt differenziert und genau<br />
darzustellen, erfordert, <strong>die</strong> Darstellungsmittel differenziert zu beherrschen oder es<br />
zu lernen, gleichgültig, ob das modellhafte, zeichnerische oder schriftliche Darstellungen<br />
betrifft. Den Stil zu verbessern, heißt, nach Nietzsches Diktum, den<br />
Gedanken verbessern. Außerdem enthüllt der Versuch der Darstellung eines<br />
Gedankens sehr oft, daß <strong>die</strong>ser nur unklar und vage war, man stößt <strong>auf</strong><br />
Schwierigkeiten, <strong>auf</strong> unverstandene Zusammenhänge. Das kennt jeder an sich<br />
selbst. Man hört eine sehr einleuchtende Erklärung für irgendetwas und ist zunächst<br />
befriedigt. Versucht man aber, das Gehörte für eigene Zwecke zu verwenden und<br />
<strong>auf</strong>zuschreiben, muß man oft feststellen, daß es so klar doch nicht ist. Aber durch<br />
eigenes Formulieren und Umformulieren versteht man <strong>die</strong> Dinge allmählich besser;<br />
man lernt <strong>die</strong> Schwierigkeiten einer Sache kennen; man erkennt Sackgassen,<br />
Beziehungen und Verästelungen. So werden relativ stabile kognitive Ordnungen<br />
<strong>auf</strong>gebaut, und ein Sachverhalt, bzw. eine Sichtweise eines Sachverhalts wird<br />
sozusagen in <strong>die</strong>se individuelle Ordnung des Wissens eingewoben.<br />
23 Dies ist eine Beschreibung der Münchener Montessori-Schule durch Obermüller 1976, in<br />
Hellbrügge 1977, S. 173-174.<br />
24 Vgl. Aebli 1980-1981, der einen Überblick über Theorien und Formen des Denkens gibt.<br />
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