Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution
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.. Der Eindruck war so stark gewesen, daß ich mich, langsam bergan<br />
steigend, fragte, ob es möglich wäre, daß Moses <strong>auf</strong> dem Sinai in intimerer<br />
Kommunikation mit Gott gestanden haben könnte. Ich halte es für gut,<br />
hinzuzufügen, daß Gott in <strong>die</strong>ser meiner Ekstase weder Form, Farbe, Geruch<br />
noch Geschmack hatte; außerdem, daß das Gefühl seiner Gegenwart von<br />
keiner bestimmten Lokalisierung begleitet war. Es war eher, <strong>als</strong> wenn meine<br />
Persönlichkeit durch <strong>die</strong> Gegenwart eines geistlichen Geistes umgewandelt<br />
worden wäre. Aber je mehr ich nach Worten suche, um <strong>die</strong>se intime<br />
Verbindung auszudrücken, desto mehr fühle ich <strong>die</strong> Unmöglichkeit, <strong>die</strong> Sache<br />
durch irgendeines unserer üblichen Bilder zu beschreiben. Letztlich ist der zur<br />
Wiedergabe meines Gefühls geeignetste Ausdruck <strong>die</strong>ser: Gott war gegenwärtig,<br />
obwohl unsichtbar; er fiel in keinen einzigen meiner Sinne, dennoch<br />
nahm mein Bewußtsein ihn wahr." 97<br />
Die beiden letzten Berichte zeigen, daß Erfahrungen <strong>die</strong>ser Art eine unbezweifelbar<br />
scheinende positive Realität betreffen. Während wir unsere Erfahrungen der<br />
physischen Wirklichkeit sehr wohl in Frage stellen können, scheint das bei <strong>die</strong>ser Art<br />
von Erfahrung nicht möglich. Diese Realität wird zudem deutlich <strong>als</strong> etwas erfahren,<br />
das von zentraler Bedeutung für das Leben ist. Sie wird <strong>als</strong> Macht erfahren, <strong>die</strong><br />
unendlich größer <strong>als</strong> <strong>die</strong> eigene ist und <strong>die</strong> - ganz unähnlich etwa der Macht der<br />
Umstände oder der Macht der sozialen Zwänge - <strong>als</strong> etwas "unaussprechlich Gutes"<br />
und offenbar auch Schönes wie ein Geschenk oder eine Gnade empfunden wird,<br />
und das man nicht missen möchte. So beeindruckend derartige Erfahrungen sein<br />
mögen, es kann wohl kaum irgendein Anspruch <strong>auf</strong> Wahrheit bezüglich der Inhalte<br />
der Erfahrung daraus abgeleitet werden.<br />
Viele Formulierungen im letzten Zitat - das ich stark gekürzt wiedergegeben habe -<br />
sind christlich geprägt. "Ich unbedeutender Sünder", "in Armut <strong>die</strong>nen" usw. sind<br />
Worte, <strong>die</strong> eine christliche Erziehung erkennen lassen. Aber bedeutet <strong>die</strong>s, daß <strong>die</strong><br />
Erfahrung eine christliche war? Könnte denn ein Atheist, ein Buddhist, ein<br />
Mohammedaner nicht <strong>die</strong> gleiche Erfahrung machen, und würde er sie nicht anders<br />
<strong>auf</strong>nehmen und darstellen? Wir brauchen hier nur <strong>die</strong> Analogie der sinnlichen<br />
Erfahrung anzuführen. Man denkt, ein Apfel z. B. wäre eben ein Apfel. Aber ein<br />
hungriges Kind wird einen Apfel anders sehen und empfinden <strong>als</strong> etwa ein<br />
Obstbauer. Und wie würde ihn ein Wüstenbewohner sehen und beschreiben, der<br />
zuvor nie einen Apfel gesehen hat? Die Wahrnehmung ist immer abhängig von<br />
unserem Wissen. Ein Biologieschüler, der nie zuvor einen Zellschnitt gesehen hat,<br />
wird beim ersten Blick durch das Mikroskop kaum etwas erkennen. Aber je mehr er<br />
97<br />
Zit. nach James 1979, S. 77-78.<br />
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