Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution
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Der Berichterstatter fühlt und erfährt sich selbst offenbar <strong>als</strong> einen passiven<br />
Zuschauer "eines höchst erstaunlichen Prozesses, der von oben her an ihm<br />
vollzogen wird." 234 Der Wille, der ihn lenkt und seinem Leben eine "neue Richtung"<br />
gibt, ist zunächst jedenfalls nicht sein eigener, auch wenn er ihn dann akzeptiert<br />
bzw. sich damit identifiziert. Es ist nun zwar ein bewußter Wille, der aber vorher im<br />
Verborgenen bestanden haben muß.<br />
Wieso ist es nun möglich, <strong>die</strong>se Erfahrung <strong>als</strong> über- und nicht <strong>als</strong> unterbewußt zu<br />
klassifizieren? Wir können nur antworten: weil sie vom Subjekt der Erfahrung <strong>als</strong><br />
solche erlebt wird. Dies mag <strong>als</strong> eine schwache Begründung erscheinen, aber sie ist<br />
nicht schwächer <strong>als</strong> <strong>die</strong> uns selbstevident scheinende Empfindung der Überlegenheit<br />
und Übergeordnetheit der Vernunft gegenüber Trieben und Instinkten.<br />
Das obige Beispiel ist dem religiösen, oder genauer, dem christlichen Leben<br />
entnommen. Aber es gibt vermutlich auch Bekehrungen, d. h. Bewußtseinswandlungen<br />
nichtreligiöser Art. Möglicherweise könnten Erlebnisse oder Erfahrungen<br />
eines religiösen Menschen (im philosophischen Sinn), <strong>die</strong> ihn zum Materialisten<br />
"bekehren" ähnlich sein wie in <strong>die</strong>sem Bericht. Wenn wir Religion wie James <strong>als</strong><br />
"Gesamtreaktion eines Menschen <strong>auf</strong> das Leben" 235 verstehen, dann müssen wir<br />
allerdings auch <strong>die</strong> materialistische Haltung <strong>als</strong> Religion bezeichnen.<br />
Ein Beispiel <strong>die</strong>ser Art beschreibt Huxley in seinem Roman "Island". Er schildert<br />
zunächst <strong>die</strong> Kindheit des genialen Arztes Andrew MacPhail und seiner Geschwister,<br />
<strong>die</strong> bedrückende geistige Enge, <strong>die</strong> Blindheit, Grausamkeit und den finsteren<br />
und verstümmelnden Zwang von religiösem Dogmatismus, <strong>die</strong> obligatorischen<br />
Betstunden vor dem Frühstück und Mittagessen, das sture Auswendiglernen von<br />
Episteln, <strong>die</strong> abendliche Beichte der täglichen Sünden und das Knien <strong>auf</strong> groben<br />
Holzscheiten mit bloßen Beinen. Durch sein Medizinstudium entgeht Andrew der zu<br />
erwartenden Neurose. Im Sektionssaal hört er blasphemische Äußerungen,<br />
während er faulende Leichen seziert. Zuerst reagiert er mit Schrecken. Als er sieht,<br />
daß kein rächender Gott eingreift, wird er mutiger und schließlich riskiert er einen<br />
Fluch - "welch eine Befreiung, welch ein ursprünglich religiöses Erlebnis!" Und dann<br />
<strong>die</strong>se Theorien: der Mensch eine Maschine, Denken das Erzeugnis verschiedener<br />
Sekrete der Leber. So einfach ist das alles! So kann man sich aus dem Sumpf der<br />
234 James 1979, S. 219.<br />
235 Ders., S. 45.<br />
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