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Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution

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Heiligen Jungfrau, das es trug. Oh, wirklich, sie war es! Es war wirklich sie!<br />

[Was er gesehen hatte, war eine Vision der Heiligen Jungfrau gewesen.] Ich<br />

wußte nicht, wo ich war; ich wußte nicht, ob ich Alphonse war oder ein<br />

anderer. Ich fühlte mich nur verwandelt und hielt mich für ein anderes Selbst;<br />

ich suchte in mir nach mir, aber fand mich nicht. In der Tiefe meiner Seele<br />

fühlte ich eine Explosion glühendsten Jubels; ich konnte nicht sprechen; ich<br />

hatte keinen Wunsch, mir zu erklären, was geschehen war. Aber ich fühlte<br />

etwas Feierliches und Heiliges in mir … Ich konnte mir selbst keine<br />

Rechenschaft von der Wahrheit geben, in <strong>die</strong> ich Einsicht und zu der ich<br />

Vertrauen gewonnen hatte. Alles, was ich sagen kann, ist, daß in der Kürze<br />

eines Augenblicks <strong>die</strong> Binde von meinen Augen gefallen war; und nicht nur<br />

eine Binde, sondern eine ganze Menge von Binden, in denen ich erzogen<br />

worden war. Rapide verschwand eine nach der anderen, so wie schmutziger<br />

Schnee und Eis unter den Strahlen der brennenden Sonne verschwinden. Ich<br />

kam heraus wie aus einem Grab, aus einem dunklen Abgrund; und ich war<br />

lebendig, vollkommen lebendig. … <strong>auf</strong> dem Boden jener Schlucht sah ich das<br />

äußerste Elend, aus dem ich durch eine unendliche Gnade gerettet worden<br />

war; und mich schauderte beim Anblick meiner Schlechtigkeit, betäubt,<br />

<strong>auf</strong>gelöst, überwältigt von Erstaunen und Dankbarkeit. Sie mögen mich<br />

fragen, wie ich zu <strong>die</strong>ser neuen Einsicht kam, denn ich hatte in der Tat<br />

niem<strong>als</strong> zu einem religiösen Buch gegriffen oder auch nur eine einzige Seite<br />

der Bibel gelesen; und das Dogma von der Ursünde wird im zeitgenössischen<br />

Judentum entweder geleugnet oder ist vergessen, so daß ich so wenig über<br />

alles nachgedacht hatte, daß ich nicht einmal weiß, ob ich überhaupt seinen<br />

Namen kannte. Aber wie gelangte ich dann zu <strong>die</strong>ser Wahrnehmung des<br />

Sachverhalts? Ich kann dar<strong>auf</strong> nichts antworten außer <strong>die</strong>sem: Als ich in <strong>die</strong><br />

Kirche eintrat, befand ich mich in völliger Dunkelheit, und <strong>als</strong> ich herauskam,<br />

sah ich <strong>die</strong> Fülle des Lichts. Ich kann den Wandel nicht besser erklären <strong>als</strong><br />

durch das Gleichnis eines tiefen Schlafes oder <strong>die</strong> Analogie eines Blindgeborenen,<br />

dessen Augen sich plötzlich im Tageslicht öffnen. Er sieht, aber<br />

er kann das Licht nicht definieren, das ihn umflutet und vermittels dessen er<br />

<strong>die</strong> Gegenstände sieht, <strong>die</strong> seine Bewunderung erregen. Wenn wir das<br />

physische Licht nicht erklären können, wie können wir das Licht erklären, das<br />

<strong>die</strong> Wahrheit selber ist? Und ich bleibe, denke ich, in den Grenzen der<br />

Aufrichtigkeit, wenn ich sage, daß ich jetzt ohne irgendeine Kenntnis des<br />

Buchstabens der religiösen Lehre <strong>auf</strong> intuitive Weise deren Sinn und Geist<br />

durchschaute. Besser, <strong>als</strong> wenn ich sie gesehen hätte, fühlte ich <strong>die</strong>se<br />

verborgenen Dinge; ich fühlte sie durch <strong>die</strong> unerklärliche Wirkung, <strong>die</strong> sie in<br />

mir hervorriefen. Alles vollzog sich im Inneren meines Geistes; und <strong>die</strong>se<br />

Eindrücke - schneller <strong>als</strong> das Denken - erschütterten meine Seele, kehrten<br />

das Unterste zuoberst und lenkten sie gewissermaßen in eine neue Richtung,<br />

<strong>auf</strong> neue Wege, zu neuen Zielen." 233<br />

233 Biografia del Sig. m.A. Ratisbonne, Ferrara 1843, zit nach James 1979, S. 216-218.<br />

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