Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution
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vermutlich das gewählte Ziel, d.h. es ist bedingt durch Meinungen oder Kriterien<br />
unserer Umwelt. Aufgrund unseres begrenzten Wissens (sicherlich gibt es<br />
individuell unterschiedliche Grenzen) können wir in der Regel nur für recht bescheidene<br />
Ziele differenzierte Begründungen angeben. Ist das Ziel oder Ideal sehr weit<br />
gesteckt, müssen wir eigentlich von einem Glauben sprechen. 225 So hielt Einstein<br />
das Ziel der Grundlagenforschung - <strong>die</strong> Erkenntnis der Wahrheit - für ein religiöses<br />
Ziel:<br />
"Sie werden schwerlich einen tiefer schürfenden wissenschaftlichen Geist<br />
finden, dem nicht eine eigentümliche Religiosität eigen ist ... Der Forscher ...<br />
ist von der Kausalität allen Geschehens durchdrungen. Die Zukunft ist ihm<br />
nicht minder notwendig und bestimmt wie <strong>die</strong> Vergangenheit. Das Moralische<br />
ist ihm keine göttliche, sondern eine rein menschliche Angelegenheit. Seine<br />
Religiosität liegt im verzückten Staunen über <strong>die</strong> Harmonie der Naturgesetzlichkeit,<br />
in der sich eine so überlegene Vernunft offenbart, daß alles Sinnvolle<br />
menschlichen Denkens und Anordnens dagegen ein gänzlich nichtiger Abglanz<br />
ist. Dies Gefühl ist das Leitmotiv seines Lebens und Strebens, insoweit<br />
<strong>die</strong>ses sich über <strong>die</strong> Knechtschaft selbstischen Wünschens erheben kann.<br />
Unzweifelhaft ist <strong>die</strong>s Gefühl nahe verwandt demjenigen, das <strong>die</strong> religiös<br />
schöpferischen Naturen aller Zeiten erfüllt hat." 226<br />
Ein derartiger Glaube ist aber, der Natur eines zu realisierenden Zieles entsprechend,<br />
dynamisch, d.h. er ist <strong>auf</strong> eine Ausweitung der Bewußtheit gerichtet. Was zunächst<br />
geglaubt wird, weil man es nicht wissen kann, dessen versucht man sich<br />
zunehmend bewußter zu werden. Der Glaube etwa an eine Hypothese, <strong>die</strong> völlig<br />
neue, <strong>als</strong>o den bisherigen Vorstellungen widersprechende Wege weist, kann durch<br />
entsprechende Untersuchungen zu Wissen werden. So ist auch <strong>die</strong> Idee des<br />
Fortschritts nichts anderes <strong>als</strong> ein kollektiver Glaube 227 , denn ob Fortschritt wirklich<br />
möglich ist, kann recht zweifelhaft sein, aber unzweifelhaft hat <strong>die</strong>se Idee das<br />
Fühlen, Denken und Handeln der Menschen inspiriert und geleitet; sie tut es sicher<br />
noch, wenngleich <strong>die</strong> Schwungkraft <strong>die</strong>ser Idee nachgelassen hat, und wir ihr nicht<br />
mehr mit ungeteilter Begeisterung folgen mögen. So meinte Bury schon vor dem<br />
Zweiten Weltkrieg, eine Schwächung der Idee des Fortschritts erkennen zu können<br />
und sagt voraus:<br />
225 Vgl. hierzu etwa <strong>die</strong> Ausführungen von Polanyi (in Schwartz 1974), S. 67ff. u. S. 116ff.,<br />
sowie Polanyi 1976 (11958), S. 266-267.<br />
226<br />
Einstein 1974, S. 18.<br />
227<br />
Vgl. Bury 1955, S. 346, der <strong>die</strong> Idee des Fortschritts <strong>als</strong> einen allgemeinen Glaubensartikel<br />
(general article of faith) bezeichnet.<br />
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